Die Wanderung
Kindergeschichte von
Michl Schendi
Nachdem ich so viele Stunden an Horrorgeschichten geschrieben hab, versuchte ich mal das andere Extrem. Ich wollte eine “süße” Geschichte schreiben und das ist dabei rausgekommen.
Es war einmal in einem weit entfernten Land ein Kätzchen.
Ihr Name war Schnurli und sie war gerade ein halbes Jahr alt geworden.
Schnurli war eine sehr verspielte und neugierige Hauskatze. Sie bekam oft große Augen und zischte dann wie verrückt im Haus umher, auf der Suche nach etwas das sie jagen konnte.
Der Alltag war ihr langweilig geworden. Zwar hatte sie einen Ball und eine Stoffmaus mit langem Schwanz, doch der Reiz einmal aus ihrem Revier zu kommen und die Welt zu erkunden war groß.
Deshalb wartete sie auf den richtigen Moment um abzuhauen.
Als einer der Menschen die ihr das Futter meist gaben einmal unvorsichtig das Fenster öffnete, sprang Schnurli auch schon zwischen seinen Füßen durch und ab durch das Fenster nach draussen.
Sie landete weich auf dem grünen Rasen des Hofes.
Um sie herum hörte sie viele Geräusche, die sie zuerst nicht kannte und sie erschrak sich.
Als sie ihre Ohren zurücklegte und den Geräuschen lauschte, erkannte sie im Blickwinkel ein Eichhörnchen auf dem Stamm eines Baumes hinaufklettern.
Schnurli sprang sofort auf und jagte dem Eichhörnchen hinterher, sie sprang den Baum hinauf, als wäre es der größte Kratzbaum der Welt.
Auf dem Baum angekommen sprach das Eichhörnchen:
"Bitte tu mir nichts", worauf die Katze antwortete "Hallo, wer bist du denn?"
"Ich bin Eichi und das ist mein Baum und wer bist du?"
"Ich heiße Schnurli und ich wohne da drüben in dem Haus."
"Oh, wie bist du denn da rausgekommen?" fragte das Hörnchen neugierig.
"Durch das eckige Dings da, das die Menschen manchmal öffnen." erklärte Schnurli.
"Toll und was hast du jetzt vor?", das Kätzchen zögerte und dachte nach.
"Ich weiß es noch nicht. Ich werde mich mal umschauen. Hat mich gefreut dich kennen zu lernen Eichi, viel Spaß noch!"
Schnurli winkte dem Eichhörnchen noch zum Abschied und sprang elegant vom Baum herunter.
Sie hatte sich langsam an die vielen Geräusche hier draussen gewöhnt und dachte daran weiter zu wandern. Sie kam aus dem Hof heraus, auf die Straße, wo der Lärm von Autos in ihren Ohren dröhnte. Sie blieb vorsichtig stehen und blickte um sich. Links sah sie ein paar Menschen die Gasse entlang kommen. Rechts war niemand zu sehen und geradeaus war die Straße mit vielen geparkten Autos. Als einer der vorbeigehenden Menschen sich herunterbückte um Schnurli zu streicheln, versteckte sie sich erst unter einem Auto. Der Mensch blieb stehen und holte ein Leckerli aus seiner Hosentasche. Er lockte Schnurli damit an. Sie näherte sich ganz vorsichtig, schnappte mit ihrem kleinen Mäulchen das Leckerli aus der Hand des Menschen und kletterte wieder zurück unter das Auto. Der Mensch ging einfach weiter.
Schnurli freute sich über den kleinen Snack und schaute weiter um sich. Da kam ein Mensch mit einem Hund an einer Leine auf sie zu. Sie blieb unter dem Auto sitzen und wartete. Als der Hund an ihr vorbei kam, erschnüffelte er die Katze und zog seine Menschen Richtung Auto.
"Hallo, was machst du denn da?" fragte er die Katze.
"Ich wandere nur umher und du?", sie blickte ihn neugierig an.
Aus seiner Schnauze lief Sabber heraus, er hatte scheinbar noch nichts gegessen heute.
"Ich muss Gassi gehen damit ich endlich Futter bekomme.", genervt rollte der Hund die Augen.
"Na dann, viel Vergnügen noch und lass dir nicht zu viel Zeit", Schnurli blinzelte ihn an.
Der Hund wandte sich ab und ging mit seinen Menschen weiter.
Plötzlich kam Schnurli ein Geruch in die kleine Katzennase. Es roch nach etwas Süßem. Sie huschte dem Geruch hinterher, vorsichtig spurtete sie von Auto zu Auto und versteckte sich jedes Mal unter einem bis die Luft rein war und sie weiter schnüffeln konnte.
Der Geruch war jetzt ganz stark und sie war direkt vor einer Bäckerei.
Der Duft des süßen Gebäcks lockte sie sehr an, dass sie ohne Rücksicht auf Verluste einfach drauf los lief und vor der Glasscheibe des Fensters stehen blieb. Mit ihren Pfoten klopfte sie vorsichtig. Eine Frau im Laden wurde aufmerksam und blickte sie durch die Scheibe nach draussen an.
Schnurli bückte sich, doch die Frau hat sie längst bemerkt. Dann ging die Dame Richtung Tür. Schnurli erschrak und lief schnurstracks zurück unter das Auto.
Als die Frau die Tür öffnete drang noch mehr des süßlichen Duftes heraus und Schnurli war hungrig. Die Dame hatte etwas in ihrer Hand. Es war eine kleine Schüssel mit Milch.
Sie stellte die Schüssel vor der Tür ab und ging zurück in den Laden. Als die Tür sich hinter ihr schloss huschte Schnurli schnell zur Schüssel und fing an die Milch heraus zu schlecken.
Schnell war alles getrunken und Schnurli hatte sich am Kinn einen Milchbart eingefangen. Sie schleckte über ihren Mund und wischte sich mit der Pfote das Schnäuzchen.
"Danke!" rief die Katze in die Richtung der netten Dame im Laden.
Dann drehte sie sich zufrieden um und merkte, dass sie langsam müde wurde.
Achtsam trappelte sie unter das Auto und huschte den selben Weg zum Hof zurück auf dem sie gekommen war. Im Hof angekommen, saß das Eichhörnchen auf einem Ast des Baumes.
"Hallo Eichi, ich bin wieder da.", grüßte sie das Nagetier.
"Und wie war die Reise?", fragte Eichi und richtete sich dabei auf.
"Es macht Spaß und man trifft nette Leute da draussen", rief sie mit einem Lächeln zurück.
Die Sonne war bereits am untergehen und die Luft wurde kühler. Schnurli sprang auf den Ast des Baumes und weiter zum Fenster ihrer Menschen. Dort klopfte sie an die Scheibe. Das Fenster wurde geöffnet und Schnurli sprang fröhlich zurück in ihr warmes Heim, wo schon eine Schüssel mit Katzenfutter bereit stand.
Nachdem sie ihre Schüssel zur Hälfte leer gefuttert hatte fielen ihr langsam und immer öfter die Augen zu. Mit der letzten Kraft schaffte sie es noch auf das Bett zu springen und sich dort auszustrecken. Dann schlief sie ein und ihre Gedanken wanderten im Katzentraumland weiter.
Texte: Michl Schendi
Bildmaterialien: Michl Schendi
Tag der Veröffentlichung: 22.11.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Im Gedanken an Nichten und Neffen