Chayenne Sommer ist überglücklich mit ihrer großen Liebe Robin. Doch weder Robin noch ihre Freunde ahnen, dass Chayenne ein großes Geheimnis hat, das niemand jemals erfahren soll. Vor Jahren ist sie aus ihrer alten Heimat geflüchtet und versucht nun im Hier und Jetzt zu leben.Als jedoch jemand von früher auftaucht, muss Chayenne erkennen, dass man die Vergangenheit nicht so einfach vergessen kann und es alles andere als leicht ist, ein Geheimnis vor anderen zu haben.Chayennes Geheimnis ist ein abgeschlossener Fantasyroman.
Vorwort der Autorin
In diesem Fantasyroman habe ich eine wahre Begebenheit eingebaut. Die Sache mit Emanuel hat sich so ähnlich bei einer Bekannten von mir ereignet. Zu dieser Zeit habe ich gerade an diesem Buch geschrieben und als ich davon gehört habe, habe ich sie gefragt, ob ich es in Chayennes Geheimnis verwenden darf. Die Erlaubnis habe ich, jedoch darf ich die richtigen Namen nicht nennen, was ich gut verstehe.
Vielen Dank, dass ich deine unglaubliche Geschichte in meinem Buch schreiben durfte.
Alle anderen Handlungen und Personen sind frei erfunden.
Vom Schreibstil ist Chayennes Geheimnis anders als meine anderen Bücher. So spricht die Protagonistin öfters den Leser direkt an, was in Klammern und Kursivschrift steht.
Es schüttete wie aus Kübeln an diesem Samstagabend. Eine zierliche Person schlich durch den Regen, die Regenkappe tief ins Gesicht gezogen. Es war Chayenne Sommer. Die Zwanzigjährige wollte nur noch weg - weg von ihrer Familie, weg von diesem Ort - einfach nur weg, so weit es möglich war. Sie hoffte, dass ihr Verschwinden niemand so schnell bemerken würde. Kurz blickte sie zurück. Sie konnte nichts erkennen. Wann würde ihre Familie sie vermissen?
„Nie, nie, nie“, sagte Chayenne laut und hielt sich sofort die Hand vor den Mund. Hatte das jemand gehört?
Wer ist schon so verrückt und läuft bei so einem Wetter draußen herum?, dachte sie und lachte auf.
Nein, die Bewohner saßen wahrscheinlich gemütlich vor dem Kamin, tranken Tee oder spielten Brettspiele mit ihren Kindern. Niemand würde ihr begegnen. So stapfte sie tapfer weiter.
Nur nicht wieder zurückschauen, überlegte sie.
Als sie bereits eine Stunde unterwegs war, blieb sie einen Moment stehen. „Hoffentlich hört der Regen bald auf“, murmelte sie.
Da klingelte ihr Handy und zeigte eine eingegangene SMS an. Erschrocken las sie die Nachricht, aber es war nur der Hinweis ihres Mobilfunkanbieters, dass sie ihr Guthaben bald wieder aufladen sollte.
Chayenne warf das Handy fort. Man konnte sonst vielleicht noch zurückverfolgen, wo sie war, und gefunden werden wollte sie unter keinen Umständen.
„Jetzt beginnt mein neues Leben“, wisperte sie zuversichtlich.
- Fünf Jahre später -
„Oh nein, nicht schon wieder Montag“, stöhnte ich, als der Wecker um 5:30 Uhr klingelte und mich aus meinen Träumen riss.
Ich blickte mich um, Robin war natürlich schon längst auf. Er war ein Frühaufsteher, während ich der Gattung Morgenmuffel angehörte.
Robin Winter war seit sechs Monaten mein Freund und achtundzwanzig Jahre alt. Vor einem Jahr hatten wir uns kennengelernt und uns sofort gut verstanden. Wir hatten die gleichen Interessen. So liebten wir beide das Schwimmen - auch wenn er mir da nie hinterherkam, wenn ich durch das Wasser flog.
Vielleicht sollte ich mich kurz vorstellen, bevor sich die Leser noch fragen, wer diese Geschichte überhaupt erzählt.
Mein Name ist Chayenne Sommer. (Dass mein Freund mit Nachnamen Winter heißt, ist wirklich ein Zufall!!!) Ich bin fünfundzwanzig Jahre alt oder jung, je nachdem, wie man das sieht. Ich wohne hier seit fünf Jahren. Meine alte Heimat liegt über vierhundert Kilometer entfernt. Meine Familie habe ich seit dem Umzug nicht mehr gesehen und das ist auch gut so. Ich habe mir hier ein neues Leben aufgebaut und arbeite in der Exportabteilung eines großen Industrieunternehmens, der Dream Sky GmbH, die Elektronikteile herstellt.
Aber jetzt weiter zur Geschichte…
„Chayenne, aufstehen!“, dröhnte die Stimme von Robin. „Es ist so ein wunderschöner Tag.“ Mit seiner gut gelaunten Stimmung schon am frühen Morgen machte er mich nur noch muffeliger.
„Noch zwei Minuten“, nuschelte ich noch halb im Tiefschlaf und drückte das Kopfkissen gegen mein Gesicht.
Robin lachte und riss es an sich. „Nichts da, das Frühstück steht schon auf dem Tisch.“
Er sah mich mit seinen braunen Augen an. Das rechte war dunkler als das linke, doch das konnte man nur erkennen, wenn man ihm tief in die Augen blickte. Er reichte mir die Hand und zog mich aus dem Bett. „Möchtest du zuerst duschen?“, fragte er, nahm eine meiner rötlichen Haarsträhnen (meine Naturhaarfarbe, nur so am Rande) und wickelte sie um seinen Zeigefinger.
„Lass das!“, sagte ich leicht mürrisch. „Ich gehe jetzt duschen. Heute Abend schläfst du bitte wieder bei dir zu Hause.“
Ich zog den Ring an, den mir Robin zu meinem Geburtstag geschenkt hatte, und streifte das schwarz-weiße Freundschaftsarmband von meiner besten Freundin Hannah über, anschließend ging ich ins Badezimmer.
Nein, wir hatten keine gemeinsame Wohnung, er hatte nur bei mir übernachtet. Wir waren ja erst seit einem halben Jahr zusammen. Ob wir jemals zusammenziehen würden, war fraglich, ich brauchte meinen Freiraum.
Wenigstens fragte er mich nicht nach der Zeit vor dem Umzug. Einmal hatte er es versucht, aber ich hatte sofort abgeblockt. Ich wollte einfach nicht darüber sprechen. Robin gab sich damit zufrieden, er meinte, wenn ich soweit wäre, würde ich ihm schon alles erzählen. Naja, sollte er schön weiterträumen.
Ich griff nach dem Etui mit meinen Kontaktlinsen, denn ohne sie war ich blind wie ein Maulwurf. Als ich sie endlich an der richtigen Stelle im Auge hatte, schaute ich in den Spiegel.
(Ja, ich hatte immer noch Schwierigkeiten, sie einzusetzen.)
Sofort fiel mein Blick auf die riesige Narbe, die quer über meine ganze Stirn verlief. Ich versuchte sie manchmal zu überschminken, obwohl Robin meinte, diese Narbe würde mich einzigartig machen. Er säuselte auch immer, dass er meine roten Haare und grünen Augen - so grün wie Algen - liebte. Doch er musste das sagen, schließlich war er mein Freund.
Auf der Arbeit sah ich im 5-Minuten-Takt auf die Uhr. Der Tag zog sich wie Kaugummi. Im Moment gab es kaum etwas zu tun, sodass ich froh war, wenn wenigstens einmal das Telefon klingelte. Das geschah heute leider nur selten.
Endlich erklang der Feierabendton. Richtig gelesen, um Punkt 16:00 Uhr ertönte die Klingel, damit auch wirklich jeder verstand, dass nun Feierabend war und die Mitarbeiter sich ausstempeln sollten. Unsere Chefin Nathalie Sinclair hasste es, wenn sie Überstunden bezahlen musste und verlangte, dies soweit möglich, zu vermeiden.
Ich eilte zur Stempeluhr, vor der sich eine kleine Schlange gebildet hatte. Offenbar wollte heute jeder schnell nach Hause, es war aber auch ein herrlicher Frühlingstag.
Vera stiefelte auf mich zu. „Hey Chayenne“, grüßte sie mich.
Vera war eine nette Arbeitskollegin, die im Einkauf tätig war. Sie war sechsundzwanzig, hatte gürtellange, rabenschwarze Haare und bernsteinfarbene Augen. Ihre Haut war auch im Sommer stets blass und sie erinnerte mich immer an Schneewittchen.
(Das war wirklich nicht böse gemeint. He, schon vergessen? Schneewittchen war die Schönste im ganzen Land, außerdem war ich selbst ein heller Hauttyp.)
Ich hielt meinen Chip an die Stempeluhr und drückte auf Ende. „Oh hallo Vera. Na, bist du auch froh, dass endlich Feierabend ist?“
Sie nickte. „Und wie! Wie sieht´s aus? Hättest du Lust, nachher mit mir ins Tazzo zu gehen? Wir könnten mal wieder so richtig abtanzen.“
„Normalerweise gerne, aber ich bin nachher schon mit Hannah verabredet. Wir wollten Eis essen gehen.“
Vera sah enttäuscht aus. „Schade, dann vielleicht ein anderes Mal. Wir sehen uns.“
„Vera, warte!“ Okay, Hannah würde nicht begeistert sein. Sie konnte Vera nicht besonders gut leiden und zog immer über sie her. Wir hatten uns zweimal zu dritt getroffen und meine beste Freundin hatte hinterher gesagt, dass Vera eine blöde Kuh wäre.
(Und andere Dinge, die ich hier besser nicht erwähne.)
Ich wusste nicht, was Hannah gegen meine Arbeitskollegin hatte. Robin meinte, dass sie eifersüchtig wäre. Drei Mädels zusammen, das würde nämlich nie gut gehen, denn eine würde sich immer ausgeschlossen fühlen. Aber ich hatte Mitleid, außerdem mochte ich Vera und unternahm auch in meiner Freizeit gerne etwas mit ihr.
„Du könntest ja vielleicht mitkommen“, schlug ich vor.
Sofort drehte sich Vera um. „Wirklich? Das würde dir auch nichts ausmachen?“
„Nein, nein, und Hannah freut sich bestimmt auch. Sie kann dich doch so gut leiden.“
„Abgemacht. Wann und wo treffen wir uns denn?“, wollte sie wissen.
„He Tratschtanten, versperrt hier nicht den Weg! Andere wollen heim“, maulte da Ben, der Leiter der Marketing-Abteilung. Ich mochte ihn nicht. Ja, vielleicht hasste ich ihn sogar. Er war so ein Stinkstiefel. Um weiteren Stress zu vermeiden, ging ich zur Seite, um dem werten Herrn Abteilungsleiter den Heimweg freizugeben. Dieser stapfte sofort los, wobei er irgendetwas murmelte. Wenn ich ihn richtig verstanden hatte, war es „Tratschweiber“.
(War er nicht wirklich entzückend nett?)
„Also… wo waren wir stehengeblieben?“, fragte ich und schritt auf die Tür zu, schließlich wollte ich selber endlich nach Hause.
Vera folgte mir. „Wo und wann wir uns treffen.“
„Ach ja… um 18:00 Uhr… Eisdiele Fragola.“
„Schön. Ich freue mich.“
„Na dann, bis heute Abend“, sagte ich und stieg in mein Auto, ich musste mir auf der Heimfahrt überlegen, wie ich das Hannah beibringen sollte.
Meine Wohnung lag in Baumwald, einer kleinen Stadt in der Nähe von Willental. Hier waren die Mieten viel niedriger, was der Hauptgrund gewesen war, warum ich mich gerade hier niedergelassen hatte. Baumwald hatte rund 15.000 Einwohner, während in Willental fast eine halbe Million Menschen lebten.
Ich brauchte eine gute halbe Stunde bis nach Hause, was normal für diese Strecke und diese Uhrzeit war. Ich parkte mein Auto, einen blauen Kleinwagen, vor dem Haus, suchte nach dem Haustürschlüssel und ging auf die Tür zu.
„Chayenne, he Chayenne. Bist du taub?“ Robin lief auf mich zu.
„Was machst du hier?“, fragte ich verdutzt. „Heute ist Mädelsabend, keine Männer erlaubt. Das wusstest du doch. Ich komme morgen direkt nach der Arbeit bei dir vorbei. Bitte geh! Ich rufe dich später an.“
Er lachte. „Ich weiß, ich weiß. Ich wollte dir nur noch schnell die Reiseprospekte vorbeibringen.“
„Wofür?“, wollte ich wissen.
„Na, für unseren ersten gemeinsamen Urlaub.“
„Robin, dafür habe ich im Augenblick keine Zeit. Lass uns das doch am Wochenende in Ruhe klären! Dann können wir das auch zusammen nachschauen.“
„In Ordnung. Bis morgen.“
„Bis morgen.“
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Tina Waldt
Bildmaterialien: Tina Waldt/ Corey McDaniel
Tag der Veröffentlichung: 30.03.2015
ISBN: 978-3-7368-8646-9
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