Gustav ist eine Laufente, meine Laufente. Ich habe ihn im letzten Sommer bekommen, zusammen mit dem Laufentenmädchen Lilly. Wir haben noch ein paar Hühner, die sich mit Gustav und Lilly den Auslauf teilen.
Gustav ist verliebt, aber nicht in Lilly, sondern in Clara. Clara hat rabenschwarze Federn und goldfarbene Augen – und sie ist ein Huhn.
Gustav schaut Clara immer an und manchmal läuft er ihr auch nach. Aber Clara mag so etwas nicht. Sie flüchtet immer vor Gustav und fliegt auf einen Ast. Gustav sieht dann immer traurig nach. Er würde ihr so gerne sagen, dass er sie gern hat. Aber Clara versteht ihn nicht. Sie spricht eine andere Sprache. Armer Gustav.
„Oh nein, er will mich schon wieder jagen“, denkt Clara, als Gustav auf sie zuwatschelt.
Schnell läuft sie fort. Sie weiß nicht, warum dieser Erpel (so nennt man männliche Enten) das macht. Sie hat ihm doch gar nichts getan. Sie fliegt auf eine Bank. Fliegen kann Gustav nicht. Er ist ja eine Laufente und keine Flugente.
Der Erpel bleibt vor der Bank stehen und schaut Clara an.
„Warum kommt sie denn nicht wieder herunter? Ich will ihr doch gar nichts tun“, denkt er und seufzt.
„Hallo Clara, hast du nicht Lust, ein bisschen mit mir spazieren zu gehen?“, fragt Gustav.
Für Clara klingt das nur so: „Quak, quaaak, quak.“
Clara denkt: „Hilfe! Er will mir bestimmt wehtun.“
Sie zittert und hofft, dass Gustav wieder geht.
Tatsächlich, nach kurzer Zeit gibt der Erpel auf und verschwindet. Traurig betrachtet er das Huhn aus der Ferne. Er würde sich so gerne mit ihr anfreunden.
Eines Tages kommt eine neue Henne in die Gruppe. Sie heißt Luna.
Sie merkt, dass Gustav traurig ist und geht zu ihm.
„Was ist denn los? Warum bist du so traurig?“, fragt sie.
Gustav ist verwundert. „Du verstehst mich?“
„Ja, ich wurde von einer Laufente großgezogen und kann deshalb auch die Entensprache“, antwortet Luna.
Gustav schüttet Luna sein Herz aus. „Ich bin so traurig, weil die Clara immer vor mir wegrennt. Dabei mag ich sie und würde einfach nur gerne mit ihr spazieren gehen.“
Luna lächelt: „Ich kann dir helfen und dir ein wenig die Hühnersprache beibringen.“
Gustav freut sich. „Das ist wirklich sehr nett von dir.“
Die nächste Zeit übt Gustav fleißig mit Luna. Er macht schnell Fortschritte. Luna ist stolz auf ihn.
Gustav pflückt eine Blume und watschelt damit auf Clara zu.
„Hallo Clara“, begrüßt der Erpel das schöne Huhn.
Clara ist verwirrt. Sie hat ihn verstanden.
„Hallo“, sagt sie.
Gustav gibt ihr die Blume. „Bitteschön.“
„Für mich?“, fragt Clara.
Gustav nickt fröhlich.
„Danke. Das ist sehr nett von dir“, bedankt sich Clara freundlich.
„Hast du vielleicht Lust, mit mir über die Wiese spazieren zu gehen?“, fragt der Erpel.
„Aber du jagst mich doch immer“, meint Clara.
„Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich wollte nur freundlich sein. Leider konnte ich damals noch nicht die Hühnersprache“, erklärt Gustav.
„Ich verstehe“, antwortet Clara. „Ich würde gerne mit dir spazieren gehen.“
So spazieren Gustav, die Laufente, und Clara, das Huhn, zusammen. Das machen sie seitdem jeden Tag. Sie sind jetzt Freunde.
Tag der Veröffentlichung: 13.09.2014
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