LETZTER ZUG NACH BUDAPEST
INHALTSVERZEICHNIS:
Einleitung
Prolog
Kapitel 1: Wien im Frühling
Kapitel 2: Der Weckruf
Kapitel 3: Blut auf Marmorböden
Kapitel 4: Zurücktreten oder sterben
Kapitel 5: Fracht mit Puls
Kapitel 6: Notausschalter
Kapitel 7: Des Teufels Wartezimmer
Kapitel 8: Blut im Marmorhaus
Kapitel 9: Asche und Echos
Kapitel 10: 1. Phase
Kapitel 11: Ankunft in der Hölle
Kapitel 12: Lenkows Reichweite
Kapitel 13: Der Geist von Warschau
Kapitel 14: Schwarzmarktheilige
Kapitel 15: Die Mädchen von Wladiwostok
Kapitel 16: Der Wolf von Moskau
Kapitel 17: Der Frachtturm von Wladiwostok
Kapitel 18: Der Bluthafen
Kapitel 19: Der Feuersturm von Istanbul
Kapitel 20: Der Schwarze Gericht
Kapitel 21: Rauch an der Grenze
Kapitel 22: Kappa erwacht
Kapitel 23: Stadt der Gräber
Kapitel 24: Dreißig Stockwerke tiefer
Kapitel 25: Die Welt brennt sauber
Kapitel 26: Geisterprotokoll
Kapitel 27: Der Vermittler
Kapitel 28: Nächte in Lagos
Kapitel 29: Das Londoner Protokoll
Kapitel 30: Blutlinie
Einführung
Als die dienstfreie Detektivin Sophia Blake mit ihrer besten Freundin Ashley einen längst überfälligen Urlaub in Wien macht, ändert ein brutaler Hinterhalt in einem Einkaufszentrum alles. Sophia wird bewusstlos geschlagen. Ashley wird entführt. Die lokalen Behörden machen ein mächtiges transnationales Verbrechersyndikat dafür verantwortlich – ein Schattenimperium, das von korrupten Polizisten, Straßengangs und sogar abtrünnigen Interpol-Agenten unterstützt wird. Und deren Spezialität? Blonde Frauen wie Ashley in die dunkelsten Winkel des globalen Menschenhandels zu schmuggeln.
Als man ihr sagt, sie solle sich zurückhalten, tut Sophia das Gegenteil.
Von Wiens Kanalisation in die Prager Unterwelt, von Feuergefechten in Berlin bis zum Showdown an Bord des letzten Zuges nach Budapest bahnt sich Sophia ihren rachsüchtigen Weg durch Europa. Leichen fallen. Hochburgen des Syndikats stürzen ein. Doch nichts bereitet sie auf die Wahrheit vor – das Netzwerk ist größer, tiefer und älter, als sie es sich je vorgestellt hatte.
Aber sie schwor, ihnen allen klarzumachen, dass sie das falsche Mädchen entführt hatten.
Sophias Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit beginnt mit einer Fahrt im letzten Zug nach Budapest. Die Zugfahrt ist eine Falle. Dort warten alle auf sie. Doch sie alle werden bald erfahren, wie selbstmörderisch ihr Plan war!
Prolog
Budapest – 2:47 Uhr
Der Regen prasselte auf das rissige Kopfsteinpflaster wie ein Flüstern aus der Hölle. Die Donau floss dunkel und schnell hinter dem alten Rangierbahnhof und verbarg Geheimnisse wie die Stadt selbst – kalt, brutal und schlaflos.
Sophia Blake stand regungslos im Schatten, den Trenchcoat durchnässt, die Glock 19 in der einen Hand, ein blutiges Springmesser in der anderen. Ihr Atem kam in scharfen, dampfenden Wolken, und ihre Knöchel waren wund, die Haut aufgerissen von den letzten beiden Kämpfen. Es war ihr egal. Der Schmerz war vorübergehend. Gerechtigkeit war absolut.
Vor ihnen wartete der Zug.
Der letzte. Budapest ins Nirgendwo. Oder vielleicht direkt zum Teufel.
Sie spürte Augen aus den Schatten, mehr als ein Dutzend Leichen an Bord – Bewaffnete, Vollstrecker, Menschenhändler. Und Schlimmeres. Interpol-Agenten, die zu Söldnern geworden waren. Ex-Polizisten, die ihre Dienstmarke für Blutgeld verkauft hatten. Einige von ihnen trugen früher dieselbe Uniform wie sie. Früher nannten sie sich Beschützer.
Sie zündete sich eine Zigarette an und ließ sie zwischen ihren Fingern brennen.
„Sie denken, ich tappe in eine Falle.“ Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Gut. Sollen sie das doch denken.“
Der Wind heulte wie ein verwundetes Tier und wirbelte loses Metall und Müll über den Hof. Ein schwarzer Lieferwagen hielt hinter dem Zug. Sie sah zu, wie zwei Soldaten des Syndikats ein Mädchen herauszerrten – blond, gefesselt, das Gesicht voller Blutergüsse.
Sie hieß nicht Ashley. Aber sie hätte genauso gut Ashley heißen können.
Sophia schloss für eine Sekunde die Augen. Ein Herzschlag. Eine Erinnerung: Ashley schreiend im Einkaufszentrum. Blut. Schüsse. Das letzte Mal, als sie sah, wie ihre Freundin in die Dunkelheit gezerrt wurde.
Jetzt öffnete Sophia die Augen. Kalter Stahl in ihnen.
Heute Abend ging es nicht ums Überleben. Es ging nicht um Verhaftungen oder Diplomatie. Dies war kein Polizeieinsatz. Es gab keine Verstärkung, keine Gerichtsbarkeit. Keine Regeln.
Es ging um Rache.
Und dieser Zug, dieser stählerne Sarg, der dem Morgengrauen entgegenkroch, würde Schauplatz eines Massakers werden.
Sophia nahm einen letzten Zug an der Zigarette, warf sie zu Boden und zertrat sie unter ihrem Stiefel.
Dann trat sie vor, auf die offene Waggontür zu und bestieg den letzten Zug nach Budapest.
Kapitel 1: Wien im Frühling
Wien war so schön, wie poliertes Glas nur sein konnte – sauber, kalt und etwas Scharfes unter seiner Oberfläche verbergend.
Detective Sophia Blake war noch nie eine Urlauberin gewesen. Ihre Therapeutin in New York hatte sie praktisch angefleht, diesen zu machen. „Raus aus dem Land. Werde gesund“, hatte sie gesagt. „Ruhe dich aus.“ Ruhe dich aus. Was für ein Witz.
Jetzt stand Sophia auf einem Balkon mit Blick auf den Stephansplatz, den prächtigen Dom, der im goldenen Morgenlicht aufging. Ihre Glock war in einem Koffer unter dem Bett im Hotelzimmer eingeschlossen. Sie trug Jeans, eine Lederjacke und einen leicht misstrauischen Blick. Die Luft roch nach Kaffee und frisch gebackenem Brot. Zu ruhig.
Ashley sprang hinter ihr hervor mit einem so strahlenden Lächeln, dass Sophia fast die Augen zusammenkniff. Blond, quirlig und absolut vertrauensvoll – der Typ, den die Welt bei lebendigem Leib verspeiste.
„Komm schon“, sagte Ashley und drehte ihre Sonnenbrille. „Wir sind nicht den ganzen Weg von New York gekommen, um auf einem Balkon zu grübeln. Ich will shoppen. Etwas maßlos Überteuertes essen. Normal sein.“
Sophia grinste. „Normal ist ein Mythos. Aber okay. Los geht’s.“
Das Einkaufszentrum war eine Luxuskathedrale des Kapitalismus.
Vier Stockwerke Marmor, Kronleuchter und sanfter Jazz. Jede Oberfläche glänzte. Touristen irrten wie Beute umher, die Taschen voller Euros, die Augen voller Staunen.
Ashley hüpfte bereits zwischen den Geschäften hin und her. Sie kicherte über ein Paar Stiefel und verschwand dann mit ein paar Kleidern in einer Umkleidekabine.
Sophia blieb draußen und musterte die Umgebung.
Alte Gewohnheiten. Zu viele misslungene Einsätze. Zu viele Operationen, die nicht sauber endeten.
Ihr Polizisteninstinkt zuckte. Da – zwei Männer an der Rolltreppe. Dicke Mäntel bei warmem Wetter. Einer mit einem Blumenkohlohr und einer Beule unter der Schulter.
Sophias Puls beschleunigte sich.
Dann – Knack! Glas zersplitterte. Schreie brachen aus. Und die Hölle brach los.
Sie kamen schnell und brutal.
Fünf von ihnen. Vielleicht mehr. Sie bewegten sich, als hätten sie genau für dieses Szenario trainiert. Waffen unter Mänteln versteckt. Kein Raubüberfall. Kein zufälliger. Gezielt.
Sophia drehte sich um und griff nach ihrem Hosenbund – leer. Ihre Waffe war im Hotel.
Zu spät.
Eine Faust schlug ihr über den Kiefer. Dann noch eine. Jemand schlug ihren Kopf gegen ein Geländer. Die Welt drehte sich.
Vom Boden aus sah sie Ashley schreien, die Arme um sich schlagend, als zwei Männer sie packten und durch das Chaos zogen. Sophia versuchte aufzustehen.
Ein weiterer Schlag traf sie.
Die Dunkelheit brach schnell und brutal herein.
Sie war bewusstlos, bevor sie auf dem Boden aufschlug.
Und als sie aufwachte, war ihre beste Freundin verschwunden.
Kapitel 2: Der Weckruf
Sophias Augen öffneten sich vor Schmerz. Kein sanftes Ziehen. Etwas Scharfes, Gemeines, wie eine Flasche, die ihr über den Schädel geschlagen worden war. Ihr Mund schmeckte nach Blut, und die Luft stank nach Desinfektionsmittel.
Weiße Lichter. Piepende Maschinen. Krankenhaus.
Sie blinzelte, ihr Blick verschwamm. Ihre Rippen schmerzten. Ihr Kopf pochte. Doch ein Name bohrte sich durch den Nebel.
Ashley.
Sie richtete sich ruckartig auf.
„Miss Blake, bitte –“
Eine Hand stieß sie sanft zurück. Ein Mann in Uniform. Österreichische Polizei. Mit kantigem Kinn. Zu geschliffen. Zu ruhig.
„Wo ist sie?“ Sophias Stimme klang wie zerbrochenes Glas. „Ashley – wo zum Teufel ist meine Freundin?“
Der Polizist blickte die Krankenschwester an, dann wieder Sophia. „Bitte. Atmen Sie. Sie wurden verletzt. Es gab einen Angriff –“
„Ich weiß“, fauchte sie. „Ich war dort. Blondes Mädchen. Amerikanerin. Anfang zwanzig. Wo ist sie?“
Der Polizist zögerte. Nur ein Wimpernschlag. Aber es reichte. Sophia hatte diesen Blick tausendmal bei der Mordkommission des New Yorker Polizeidiensts gesehen. Er bedeutete das Schlimmste.
„Sie wurde entführt“, gab der Beamte zu. „Vom Tatort. Zeugen sagten –“
„Von wem?“
Eine weitere Pause. Dann ein Name, den sie lange nicht gehört hatte.
„Die Streicher.“
Das österreichische Verbrechersyndikat. Ein Name, der in den Korridoren von Interpol geflüstert wurde, immer hinter verschlossenen Türen. Sophia hatte die Akten gelesen, damals, als sie von Paris aus an einem Fall von Menschenhandel arbeitete. Eine Schlange mit zu vielen Köpfen – osteuropäische Mafiabosse, Bikergangs, abtrünnige Polizisten, sogar Gerüchte über hochrangige Interpol-Agenten, die auf beiden Seiten spielten.
Sie handelten nicht nur mit Mädchen. Sie spezialisierten sich auf Blondinen. Eine Marktnische, aufgebaut auf Horror.
Ashley hatte perfekt zu ihrem Typ gepasst.
Sophias Herz wurde kalt.
„Was haben Sie getan, um sie zurückzubekommen?“, fragte sie.
„Wir haben Ermittlungen eingeleitet“, sagte der Beamte. „Interpol wurde benachrichtigt. Sie werden angewiesen, unter Aufsicht zu bleiben und unsere Behörden …“
Sophias Lachen war hohl. „Glauben Sie, ich sitze da einfach so herum?“
Der Polizist versteifte sich. „Das liegt außerhalb Ihrer Zuständigkeit. Sie sind hier Touristin. Sie sind nicht …“
„Was bin ich nicht?“, blaffte sie. „Nicht Ihr Problem? Ich werde nicht den Mund halten und Ashley in irgendeinem Drecksloch verschwinden lassen, während Sie Papierkram erledigen und so tun, als ob Sie zusehen würden? Sie wissen, was mit den Mädchen passiert, die sie mitnehmen.“
Er schaute weg. Schweigen war die Antwort.
Sophia schwang die Beine vom Bett. Ihre Seite schrie. Egal.
„Ich gehe ihnen hinterher.“
Der Polizist trat vor. „Wenn Sie sich einmischen …“
„Wollen Sie mich verhaften?“ Sie war jetzt auf den Beinen, Blut befleckte den Verband an ihrer Schläfe. „Versuchen Sie es.“
Im Zimmer wurde es still.
Sie schnappte sich ihren Mantel, zog erst einen Stiefel an, dann den anderen. Und mit einem letzten Blick verließ Sophia das Krankenhaus, hinein in den Sturm, der auf den Straßen Wiens auf sie wartete.
Sie hatte keine Dienstmarke. Keine Verstärkung.
Nur Wut. Und ganz besondere Fähigkeiten.
Und sie würde jeden Hurensohn in Europa bereuen lassen, Ashley jemals berührt zu haben.
Kapitel 3: Blut auf Marmorböden
Der erste Ort, den sie aufsuchte, war nicht die Polizeiwache.
Es war das Hotel.
Zimmer 413. Eine bescheidene Suite mit Blick auf die Stadt, halb gepackte Taschen auf dem Bett, zwei Espressotassen auf dem Nachttisch von jenem Morgen, als Ashley über ein überteuertes Croissant gekichert hatte.
Sophia stand schweigend da.
Dann öffnete sie die Minibar, schenkte sich zwei Fingerbreit Whisky ein und trank ihn pur.
Sie setzte sich auf die Bettkante und zog den Geldschrank aus ihrem Koffer.
Darin: eine Glock 19, zwei Ersatzmagazine, ein Klappmesser und ein Wegwerfhandy.
Ihr Urlaub war offiziell vorbei.
Zwei Stunden später betrat sie das wahre Geheimnis.
Der Club hieß Eisen und lag versteckt hinter einem Bahnhof am Rande von Wien. Er war auf keiner Touristenkarte verzeichnet. Aber Sophia wusste, wie man solche Orte fand. Man hörte auf das Getuschel. Man folgte dem Geld. Man suchte nach Schatten, die von Körperwärme und zu viel Kölnisch Wasser bedeckt waren.
Der Türsteher bemerkte sie, bevor sie die Tür erreichte – breit, mit einem Hals wie ein Reifen, tschechischen Tattoos.
„Keine Touristen“, knurrte er in deutsch akzentuiertem Englisch.
Sophia antwortete nicht. Sie rammte nur ihren Daumen in den weichen Nervenknoten unter seinem Kinn und rammte ihr Knie in seine Leistengegend. Der große Mann ging zu Boden wie ein Sack Ziegelsteine.
Sie stieg über ihn hinweg und ging hinein.
Eisen war die Hölle im Stroboskoplicht.
Dunkelroter Samt, Stahlkäfige, mit Gaze verhüllte VIP-Räume. Die Luft roch nach Schweiß, Rauch und Verzweiflung. Körper, die sich zu Industrial-Bass bewegten. Mädchen, die nicht alt genug zum Wählen aussahen, tanzten, als hinge ihr Leben davon ab.
Eines der Mädchen sah Sophia, hielt mitten im Tanz inne und nickte kurz und knapp nach
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 03.07.2025
ISBN: 978-3-7554-8089-1
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