Aurora: Aus Tokio, mit Liebe!
INHALTSVERZEICHNIS:
Einleitung
Prolog
Kapitel 1 – Der Chicago-Vorfall
Kapitel 2 – Jagdfieber
Kapitel 3 – Wölfe vor der Tür
Kapitel 4 – Kein Land für tote Polizisten
Kapitel 5 – Die schwarze Brücke
Kapitel 6 – Rote Ampeln und Wiedergänger
Kapitel 7 – Der Buchhalter des Schmerzes
Kapitel 8 – Digitale Geister
Kapitel 9 – Die Eiskönigin von Osaka
Kapitel 10 – Der Messerfresser von Kyoto
Kapitel 11 – Der Geist im Wind
Kapitel 12 – Der gefrorene Gott
Kapitel 13 – Der Drache schläft allein
Kapitel 14 – Asche und Geister
EINFÜHRUNG
Das Licht der Automaten ergoss sich blau in die Gasse. Nagatomi Nagasaki stand schweigend im Hof eines Tempels, unter einer Statue seiner Vorfahren brannte Weihrauch.
Sein Sohn Sammie war tot – aus kürzester Distanz in Chicago erschossen. Erschossen von einer Polizistin. Ausgerechnet einer Frau.
Ihr Name? Detective Sophia Blake. Chicago Police.
Sammie war nicht nur Blut. Er war sein Erbe. Die Zukunft der Liga. Aufgewachsen mit Stahl und Geheimnissen, kampferprobt in den Gassen Shibuyas, und von Bangkok bis Berlin wurde über ihn geflüstert. Und jetzt? Kalt erwischt von einer Kugel aus der Glock irgendeiner amerikanischen Schlampe.
Nagatomi kniete nieder und flüsterte etwas auf Japanisch. Seine Stimme war ruhig. Seine Augen nicht.
„Aurora“, murmelte er.
Der Name, den sie sich in der Tokioter Unterwelt verdient hatte. Kalt. Hell. Tödlich.
Er stand auf und nickte den Männern hinter ihm zu. Sieben Bosse der Liga saßen schweigend da.
„Setzen Sie das Kopfgeld aus“, sagte Nagatomi.
Eine Pause.
„Wie viel?“
„Zehn Millionen. Für ihren Kopf.“
PROLOG
Tokio – Mitternacht
Regen perlte von den Neonreklamen wie Blut von einer Klinge.
Die Stadt schlief nie wirklich – hielt nur zwischen den Verbrechen den Atem an. Irgendwo im Herzen von Shibuya, in einer als Gentlemen’s Club getarnten Festung, saß Nagatomi Nagasaki unter einem riesigen Drachengemälde, trank ein Glas 60-jährigen Yamazaki und dachte über den Tod seines Sohnes nach.
Die Nachricht hatte ihn in körnigen, verwackelten Bodycam-Aufnahmen erreicht. Eine Kugel. Aus kürzester Distanz. Direkt durch Sammies Schädel.
Überbracht von einer Frau.
Sie zuckte nicht zusammen. Sie zögerte nicht. Sie drückte einfach ab, stieg über seinen Körper und feuerte weiter, als wäre es ein ganz normaler Arbeitstag. Die Kameraübertragung endete in einem verschwommenen Bild aus Blut und Rauschen. Doch Nagatomi hatte sich ihr Gesicht bereits eingeprägt.
Detective Sophia Blake.
Ihr Name hatte sich in sein Gehirn eingebrannt wie eine alte Brandnarbe. Chicagoer Polizei, dekoriert, berüchtigt, unerbittlich. Sie war ein Problem. Eines, mit dem die Liga nicht gerechnet hatte. Eines, das sie nicht ignorieren durften.
Sammie war seine Erstgeborene. Seine Erbin. Sein Fleisch und Blut. Und nun war er nur noch Asche und Knochen in einer Kiste. Nagatomi war nicht für Gnade bekannt. Er war dafür bekannt, Exempel zu statuieren.
„Bringt mir ihren Kopf“, sagte er in fließendem Englisch, während der Raum um ihn herum still war.
Eine Pause.
„Ich will nicht, dass sie gefangen genommen wird. Ich will nicht, dass sie verhaftet wird. Ich will ihren Tod“, knurrte er und stellte das Glas ab.
Er griff in seine Jacke und ließ einen schwarzen Kreditchip auf den lackierten Tisch fallen.
„Zehn Millionen. Nur für den Kopf. Ich will ihn auf einem Silbertablett.“
Chicago – Eine Woche später
Sophia Blake hatte seit 36 Stunden nicht geschlafen. Das Revier roch nach altem Kaffee und Reue. Leichen stapelten sich – erst in Gassen, dann in Hotelzimmern und jetzt am helllichten Tag.
Jeder einzelne Attentäter von hier bis Hongkong war aus seinem Versteck gekrochen. Namen, die sie bisher nur geflüstert aus den Akten der Geheimdienste gehört hatte, tauchten plötzlich in ihren Spiegeln auf. Einer griff sie in einem Parkhaus an. Ein anderer schlitzte ihre Motelmatratze beim Zähneputzen auf.
Jeder Einzelne wollte die Beute.
Sie hatte neun in fünf Tagen getötet.
Den zehnten ließ sie nicht einmal sprechen. Nur ein sauberer Doppelschlag durch die Schläfe. Sie konnte sich keine Freundlichkeit mehr leisten. Kein Vertrauen. Verdammt, sie konnte es sich nicht einmal leisten, stillzuhalten.
Denn dies war nicht nur ein weiterer Fall. Dies war ein Krieg.
Sie wollten keine Gerechtigkeit. Sie wollten ihren Kopf.
Tokio – Gegenwart
Sie nannten sie jetzt einen Geist.
Ein Fluch im Trenchcoat. Ein Flüstern im Wind. Niemand sah sie kommen. Und selbst wenn doch, ging niemand weg.
Sieben Bosse.
Das war die Zahl.
Sieben Köpfe der Tokioter Verbrecherliga. Sieben Symbole der Macht, Korruption und des Todes.
Und sie würde sie alle finden.
Einen nach dem anderen.
Die Straßen Tokios würden rot werden. Die Nacht würde ihren Namen kennen.
Sie würde kommen.
KAPITEL 1: Der Chicago-Vorfall
Die Luft stank nach Kordit und verbranntem Gummi. Leichter Regen prasselte gegen die zerbrochenen Fenster des alten Fleischverarbeitungslagers an der Ecke 39. und Halsted, doch drinnen herrschte die Hölle.
Sophia Blake bewegte sich wie ein Rasiermesser durch den Rauch – ohne zu zögern, ohne zu zögern. Die taktische Weste auf ihrer Brust war blut- und schweißgetränkt, doch nichts davon gehörte ihr. Noch nicht.
„Blake, sechs Uhr!“, rief jemand hinter ihr.
Sie wirbelte herum, sank auf ein Knie und feuerte zweimal. Der Yakuza-Soldat erschlaffte mitten im Lauf, sein Körper schlitterte blutrot über den Betonboden.
„Räumt die Ecke!“, bellte sie mit scharfer, befehlender Stimme durch das Funkgerät. „Und jemand soll das Dach im Auge behalten. Diese Mistkerle mögen ihre Ausgänge.“
Das Lagerhaus war seit Monaten ein Gespenst auf ihrem Radar – Lieferprotokolle, Scheinfirmen, Geldspuren führten alle zu einem Schluss: Illegale Waffen aus Tokio flossen wie billiger Schnaps durch Chicago. Heute Abend würden sie es schließen.
Sie hatte den Anruf getätigt. Die Informationen waren wackelig, die Operation überstürzt. Aber es war ihr egal. Das war persönlich.
Die Männer in diesem Lagerhaus hatten Kinder von der Straße geholt. Die South Side mit modifizierten Schusswaffen und Drogen überschwemmt, die mit Gott weiß was versetzt waren. Sie waren nicht nur Kriminelle – sie waren Parasiten.
Sophia würde keine Parasiten am Leben lassen.
Wieder knallte es. Sie bewegte sich schnell und geduckt und duckte sich hinter einen Stapel Metallkisten, die mit Kanji-Schriftzeichen markiert waren. Eine davon sprang im Feuergefecht auf – darin: mattschwarze Gewehre, frisch aus Asien. Keine Seriennummern, keine Papierspur. Nur Geister aus Stahl und Tod.
Sie biss die Zähne zusammen.
Dann sah sie ihn – Sammie Nagasaki.
Er stand am anderen Ende der Lagerhalle, sauberer Anzug, goldene Ringe, und hatte den Mut, mitten in einer Schießerei zu lächeln, als
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 03.07.2025
ISBN: 978-3-7554-8088-4
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