An einem Tag im September, Nebel macht sich über die Felder breit und irgendwie liegt mal wieder eine seltsame Ruhe in der Luft, trotz des täglichen Wahnsinns auf Vierrädern, der sich unterhalb meines Büros, unter nervigen Hupen und Bremsen in der vorgeschriebenen 30er Zone – wo man sich besser auch an die vorgeschriebene Geschwindigkeit hielt – langsam Bahn brach. Ja, es ist seltsam ruhig, die Ruhe vor dem Sturm. Nur, vor welchem? Ich blicke gelangweilt in die blickdichte Nebelfront, die nun meine Fensterscheiben erreicht hat, sehen konnte ich nun gar nichts mehr, dafür leider immer noch sehr gut hören: HUPP! HUPP! HUPP! HUPP und HUPP, HUPP! Diese bescheuerte Ampel, welche mit einem Sensor versehen war und sich gerne einige Male am Tage von Grün auf Rot stellte, ohne dass irgendein Fußgänger über die Straße gehen wollte. Sie musste ein Eigenleben haben, anders konnte ich mir das nicht erklären. Und sie stellte sich auch erst dann wieder auf Grün, wenn die Vorderreifen der Mobile genau auf einem gewissen Fühlpunkt für den Sensor standen. Und diese Stelle war für ungeübte Autofahrer nicht leicht ausfindig zu machen, somit sorgte diese kleine Ampel für ein tägliches Hupkonzert, was mich manchmal schon zur Überlegung brachte, mir eine Kettensäge zu holen und sie umzubringen. Jedoch wollte ich in meinem Leben nicht für so eine Schlagzeile „Die Ampel-Massakriererin ist gefasst und geständig“ sorgen, sondern einfach in Frieden und in Hülle und Fülle leben. Es gab da nur ein Problem, den Frieden gab es bei mir zuhause schon lange nicht mehr und so blieb ich lieber – auch wenn es nichts zu tun gab – bis zum späten Abend in meinen Geschäftsräumen. Alleine bei dem Gedanken, zu ihm fahren zu müssen, da drehte sich mir der Magen um. Irgendwo hatte ich noch einen Magenbitter stehen. Genau vor zwei Jahren fing es an und irgendwie bin ich da hineingerutscht und habe mich aus einem Netz von Manipulation, Lügen, Kontrollwahn, Entwertung, Vertrauensverlust und Abhängigkeit verheddert, verheddern lassen. Wie da nur wieder entfliehen? Wer einmal mit einem Narzissten (egal welchen Typs) zusammen war, weiß, dass nur einer lebend aus diesem Psycho-Gefängnis herauskommt. Und dieser jemand, der wollte ich sein! Aufgeregt nage ich an meinem MONTBLANC Füllfederhalter, er hat sogar seinen eigenen Namen, meinen: Kirstin. Ein Geschenk von ihm, aus besseren, aus unseren Anfangszeiten. Ich sollte ihn wegschmeißen, womöglich ist er verwanzt! Mit angewidertem Gesicht spuke ich in den Abfalleimer und werfe „Kirstin“ hinterher. Zweimal in die Hände geklatscht, stehe ich von meinem roten Drehstuhl auf und laufe geradewegs in die kleine Küche. Irgendwo hier musste noch eine Flasche RAMAZOTTI sein, Roswitha wüsste bestimmt wo. Leider war Roswitha aber nicht mehr hier, ich hatte ihr mit den Worten gekündigt: „Du kannst Deine sieben Sachen packen! So eine neidische Kuh brauche ich an meiner Seite nicht! Du bist doch nur eifersüchtig auf meine Beziehung mit Neubert! Schau Dich mal an, so fett und träge wie Du bist, bekommst Du doch eh keinen! Hau bloß ab!“ Im Nachhinein könnte ich im Erdboden versinken und mir selber eine dafür klatschen. So blöd wie ich war. Recht hatte Roswitha und wie! Ich gebe allen Frauen und Männern einen mit auf den Weg: „Machen Sie die französische Nummer!“ So Sie jemanden kennengelernt haben, stellen Sie gleich am Anfang denjenigen oder diejenige ihren engsten Freunden vor! Sie sollen ihn/sie mustern, denn der Start ist das Entscheidende! Hat man den versäumt und die Warnsignale ignoriert, bedingt durch die Fick-Hormonbrille, die man auf der Nase trägt, dann ist man blind und für eine ganze Weile verloren. Glauben Sie mir! Also vertrauen Sie dem Gespür von Außenstehenden, auf die Sie sich verlassen und denen Sie vertrauen können! Erst dann wagen Sie weitere Schritte. Die deutsche Variante ist eher die: „Wir heiraten morgen, Ihr seid alle eingeladen!“ STOPP!! Falsche Reihenfolge! Die frische „Liebe“ nicht verstecken, sondern präsentieren! Diesen guten Vergleich habe ich aus einem YOUTUBE-Video der Profilerin Suzanne Grieger-Lange. Gut, im Nachhinein ist man immer schlauer. Ah, hier ist er! Zu meinem Erstaunen ist die Flasche noch randvoll. Erstmal einen kräftigen Schluck genommen. Vielleicht sollte ich auch gleich die halbe Flasche in mich kippen? Nein, Kirstin! Sage ich zu mir. Ich erinnere mich nur gut daran, wie ich einmal vom Büro kommend, in Richtung Home fahrend, von einem Mann in dunkelblauer Uniform rechts heran gewunken wurde und blasen musste, in ein Röhrchen. Und das zur Hauptstoßzeit. Wie peinlich. Fleppen weg und schön doof stand ich da. Das war an einem ähnlichen Tag wie heute, damals hatten wir uns auch am frühen Morgen mal wieder lautstark gestritten, nach zwei Sekunden übernahm er eh immer das Wort und verfiel in sein typisch cholerisches Monolog-Geschrei! Die Fratze, die er dann auflegte, machte mir immer wieder Todesangst und ich verfiel in Panik, meine Stimme versagte und ich stand leblos und sprachlos wie eine sich auflösende Nebelsäule vor ihm. Nach zwei Jahren dieser cholerischen Tobsuchts-Tortur, die immer hinter verschlossen Türen stattfindet, ist meine Stimme nun komplett weg. Sprachlos, ausgemergelt, geschäftlich fast ruiniert, bin ich nur noch ein Schatten meiner selbst. An jenem Tag damals, ich stand seit Anbeginn unter seiner Kontrolle, egal wo ich war, er war schon da. Er wusste immer, wo und mit wem ich unterwegs war. Anfangs schmeichelte es mir, meine Vorgänger hatten mit Eifersucht wenig am Hut, dabei hätten sie allen Grund dazu gehabt. Bei Neubert dachte ich mir: man, der muss mich wirklich lieben! Hätte ich damals nur auf Roswitha gehört: „Das ist keine Liebe, der stalkt Dich!“ Jedenfalls – wie es der Zufall wollte beziehungsweise es mein Psychofreund einfädelte – an jenem Tag der Verkehrskontrolle, stand er, noch ehe ich ein Taxi rufen konnte, auch schon neben mir und zog einen Mundwinkel nach oben: „Na, Darling, mal wieder einen im Büro gekippt? Soll ich Dich mitnehmen?“ Damals schob ich seine prompte Anwesenheit in der „Not“ auf einen Zufall, heute weiß ich es besser: Er wusste, dass ich ohne Führerschein schön doof dastand, wie sollte ich zu meinen Kunden fahren, Wege des täglichen Bedarfs erledigen? In öffentliche Verkehrsmittel würde ich nie freiwillig steigen – auch das wusste er – und für ein Vierteljahr auf Taxifahrten angewiesen zu sein, war einfach viel zu teuer. Freunde hatte ich zu diesem Zeitpunkt auch keine mehr, mein Sohn Tobias war mit seinem Erzeuger am anderen Ende der Welt unterwegs und so war es nur logisch, dass ich einstieg und ihn darum bitten musste, meinen Chauffeur zu mimen. Zeit genug hatte er ja, als freier Immobilienmakler. An jenem Morgen noch, hatte ich ihn mit den Worten, „Du nimmst mir die Luft zum Atmen! Ich will, dass Du heute noch ausziehst!“, vor meine Türe gesetzt und nun war ich ein viertel Jahr lang fahrtechnisch abhängig von ihm! So krank konnte man doch nicht sein, so etwas mit Vorsatz zu planen?! Er wusste um meine Schwäche, wenn es mir nicht gut ging, öfter mal zum Gläsl Sekt oder Wein – mittlerweile hatte er mich dazu gebracht auch Härteres zu trinken – zu greifen. Vor allem dann, wenn er nicht in meinen Nacken atmete. Zuhause war das kaum möglich, hier in meinem Büro hatte nur ich den Schlüssel und den – so hatte ich mir selber geschworen – würde ich ihm nie freiwillig geben! Dies hier war meine kleine Oase der Ruhe. Abgesehen von dem Hupkonzert vor der Türe, war es hier in meinen heiligen Hallen – so nannte ich das früher einmal als sich noch die Kunden im Sekundentakt die Klinke in die Hand gaben - sehr ruhig geworden. Weder an der Türe klingelte es noch auf den zwei großen, weißen Schreibtischen; auch die Telefone schwiegen. Mein Handy vibrierte öfter am Tag, er war so lästig! Ich nahm doch noch einen kleinen Schluck aus der RAMAZOTTI-Flasche. Vielleicht sollte ich mir hier auch mein Nachtlager einrichten? Genügend Platz hätte ich ja im Nebenzimmer. Aber wieso sollte ich freiwillig mein Haus, mein Hab und Gut verlassen, mein Haus, welches er mir zwar vermittelt hatte, ich aber vollständig alleine bezahlen durfte. Seit zwei Jahren versprach er
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG Texte: GAB, Soja Bruns, Romy van Mader Alle Rechte vorbehalten Widmung:Impressum
Bildmaterialien: GAB, Romy van Mader, Creative Commons: Danke an Pexels & Pixabay
Cover: Covergestaltung: Romy van Mader
Lektorat: K. Armenti
Tag der Veröffentlichung: 20.09.2019
ISBN: 978-3-7487-1589-4
Wahre Liebe macht schön und beflügelt.
Giftige Liebe beutet aus und macht krank.
ARCHONTEN FREI UND SPASS DABEI! ;)