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Meine kleine Gute Nacht Geschichte (Für Erwachsene): Nr. 6

 

Einmal München und zurück, ohne Bahncard, zweite Klasse ist ausreichend und jetzt die „Enter Taste“ gedrückt. Ist schon eine Weile her, dass ich mit dem Zug gefahren bin, da ich aber erahne, was für eine Geburtstagsparty das werden wird, verzichte ich besser auf mein Automobil. Denn – da bin ich eisern – mit Restpromille setze ich mich nicht hinters Steuerrad. Wenn alles rund läuft, Pufferzeiten (bei der DB kommt ja gerne mal etwas dazwischen) einberechnet, dann stehe ich morgen mit vollen Geschenktüten in den Händen pünktlich 15 Uhr am Schlosspark in Nymphenburg. So, Tickets sind online gebucht und bezahlt, jetzt heißt es nur noch ran an die Klamotten. Was nehme ich für zwei Tage alles mit? Auf alle Fälle meinen großen Hartschalenkoffer. In einem bestimmten Münchner-Kreis, so heißt es und ich weiß es, muss man im 24/7 optisch Vollgas geben.  Und bei meiner Freundin weiß ich auch nur zu gut, dass ich mehr als nur ein Abendoutfit brauche. Als wir uns vor vier Jahren das allererste Mal auf einer privaten Alm-Party kennenlernten (damals war ich noch verknallt in Miroslav, einen strammen Eishockeyspieler, für den ich extra nach München gezogen war), ich sie (nach der Trennung von Miroslav) ein halbes Jahr später wieder einmal besuchte, mit einer kleinen Reisetasche im Schlepptau, gab sie mir schonungslos zu verstehen, dass ich mit dieser nicht weit käme: „Und was willst Du heute Nachmittag und heute Abend tragen. Du willst DAS noch nicht etwa länger anbehalten? Darin haben Dich heute beim Brunchen schon ALLE (ganz München?) gesehen! Und morgen ist ja auch noch ein Tag. Also, nein. Da muss ich mit Dir gleich mal shoppen gehen!“

Wenn es nicht schon damals eine meiner besten Freundinnen gewesen wäre, dann hätte ich im Handumdrehen und für immer die Biege gemacht.

Aber sie hat abgesehen von diesem „Seht-mich-und-meine-Freunde-an-Tick“ auch noch wunderschöne Seiten. Mir fällt jetzt gerade keine ein, aber ich bin jetzt auch im Stress. So, was nehme ich alles mit? Am besten ALLES! Ich falte Bluse für Bluse, Kleid für Kleid, Hose für Hose zusammen, Shirt für Shirt und Jacke für Jacke und Schuhe nehme ich auch noch mit, so an die 7 Paar - und natürlich Handtaschen, Schmuck und weiß der Kuckuck was noch alles, in meinen Koffer passt ´ne Menge rein. Mein ganzer Schrankinhalt wie ich gerade bemerke. Naja, diesmal kann sie sich jedenfalls nicht aufregen, ich hätte für zwei Tage zu wenig dabei. Na klar, ich hatte wie alle Mädchen auch unfassbar tollen Spaß an Mode, nicht, dass das hier irgendwie falsch aufgefasst wird, ich ziehe mich nur normalerweise nicht an die 100x am Tag um. Aber was soll`s.  

In München angekommen, steige ich ins Taxi und lasse mich zu meinem Hotel in Windeseilen fahren. Heute habe ich Glück, heute ist mal ausnahmsweise kein Stau. Dann heißt es geschwind Einchecken und im Zimmer hurtig den Koffer aufklappen und alle Klamotten, Schmuckteile, Schuhe kunterbunt aufs Bett streuen und dann als weiteren Schritt sich unter die Regenbrause stellen. Atmen nicht vergessen. Flink zu meinem Lieblingsduschschaum „PCC by Ricarda M.“ gegriffen und den Duft von erquickenden Orangen genossen. Hach. Herrlich. Auf das Hotelduschzeug hatte ich noch nie Lust. Ich brauche, egal ob auf Kurz- oder Langreisen, meine eigene Pflege, meine „Ricarda M. Home-SPA-Beauty-Box“ und zwar in den Originalverpackungen - auch wenn das zusätzliche Schlepperei bedeutet, das ist es mir, das bin ich mir wert. So, jetzt noch die dazu passende Vitamin C Bodylotion aufgeschraubt, im 300ml Luxustiegel, und von unten bis oben und von oben bis unten schön eingecremt. Wunderbar. Wie neugeboren. Jetzt noch die Haare handtuchtrocken gerubbelt und dann tief Luft holen und sich vor dem Bett stehend eine Übersicht machen. Hm. Ich tippe mir mit dem rechten Zeigefinger mehrmals aufs Kinn und schaue dabei sehr oberlehrerhaft. Seltsame Angewohnheit, die ich mir von meinem Papa, einem Professor für anorganische Chemie abgeschaut habe.  

Also, es bleibt dabei“, rede ich mit meinem unsichtbaren Publikum, dass hier ziehe ich zum Nachmittag an. Diese Kombi mit den opulenten Ohrringen am Abend und wenn es heißt: „Wir rocken die Münchner Nacht!“, dann werde ich diese schwarze Kombi mit den schwarzen Velourleder-Overknee-Stiefeln und einem schwarzen Satinmantelkleid tragen. Den Ring dazu, die Uhr hierzu, Glitzerpumps zum Abendspaß und hier und so und nimm noch das und fertig. Gut. Alles schön zugeteilt, haben wir es. Puh. Noch gute zwei Stunden dann treffen wir uns zum Nachmittags-Sekt-Brunch. Schnell mal bei meiner Freundin angerufen – die zwar ein großes Haus hat, aber kein einziges Gästezimmer oder gemütliches Bett. Sie hasst es, andere bei sich übernachten zu lassen. Selbst Familienmitglieder müssen sich ein Hotelzimmer nehmen.  Party ja, Übernachtung nein. Jedem seine Macke. Ich bin mittlerweile aber auch so eingestellt, dass ich zuhause lieber meine Ruhe anstatt Gäste habe. Im Alter wird man kauziger. Als Single schreitet der „Verkauzungs-Prozess“ noch schneller voran.  „Hallo. Ich bin es, ich wollte nur kurz anfragen…“

Doch bevor ich noch meinen Satz zu Ende fabulieren kann, ruft meine Freundin *Bea* hysterisch in mein Ohr: „OOOh, Liebelein, schön, dass Du anrufst. Ich muss Dir dringend etwas mitteilen. Beinahe vergessen. Du, die Party fällt leider heute ins Wasser. Und zwar tutto completto. Mein Sohnemann kränkelt. Aber Du kannst natürlich gerne auf eine Tasse Tee vorbeikommen. Morgen oder so?“

„Ähm, wie bitte?“ frage ich etwas verdutzt zurück.

„Naja, was soll ich machen. Familie geht vor. In diesem Fall die Gesundheit meines Sohnes.“ Ich kann sie verlegen schmunzeln hören und antworte: „Dann erholt Euch mal. Ich kümmere mich schon. Kenne  mich in München ja bestens aus.“

„Schön, dass Du so viel Verständnis hast.“

Was bleibt mir auch anderes übrig, denke ich bei mir und mit einer Miesepetrigen Miesepeter-Flappe lasse ich mich rücklings aufs Bett, auf meine sorgfältig ausgewählten Klamottenberge knallen. Scheiße! Und nun? Mein Unterbewusstsein flüstert mir aufmunternd zu: He, jetzt bist Du schon mal hier, dann machst Du auch das Beste draus. Sieh es als Städteausflug. Sich zu ärgern macht nur Falten.

Gut. Recht so. Ich werfe mich also in Schale und greife zu meinem Nachmittags-Sekt-Brunch-Outfit. Soll heißen. In rote Shape-Wonder-Hosen (ausschmücken) mit exakt passenden wildlederroten Stiefeletten. Obendrüber eine bunt pastellig, aufregend gemusterte Seidenbluse der Firma „Farfetch“ und einen sandfarbenen Trench. Vorm Spiegel betrachtet sieht das Ganze an mir irgendwie Scheiße aus. Ach was. Raus aus dem roten Ensemble und hinein in was Bequemes. Hier, die hellblaue Jeans und dazu schwarze Glitzerpailetten-Sneaker (werde meinen Frust ablaufen) und meinen Lieblings-Sommer-Trench drüber, fertig. Schnell noch im Spiegel gemustert, Puder, Mascara und Schnickschnack aufgelegt und los geht´s. Wohin? Auf zum Viktualienmarkt. „Taxiiii“. Ich winke ein vorm Hotel parkendes Vehikel zu mir und steige ein.  Während der Fahrt kommt mir ein anderes Ziel in den Sinn.  Jetzt habe ich doch keine so rechte Lust auf das bunte Treiben und gebe dem Taxifahrer freundlich Anweisung, mich doch bitte in Richtung Leopoldstraße zu fahren. Mit einem Lächeln im Gesicht

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: GAB, Romy van Mader
Bildmaterialien: GAB, Romy van Mader, Danke an Pexels & Pixabay
Cover: GAB, Romy van Mader
Lektorat: K. Armenti
Tag der Veröffentlichung: 14.01.2019
ISBN: 978-3-7438-9332-0

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Max von Gaja bedanken und für seinen fantastischen Power-Love-Blog: http://liebe-das-ganze.blogspot.com/

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