Dieser Milchkaffee ist jedes Mal ein Genuss. Stehender, cremig-weißer Schaumberg auf einem sanft gebrühten braunen Mokkateich. Porzellangeklapper, um mich herum angeregte Gespräche. Umrahmt von großen Spiegeln in barocken, goldenen Bilderrahmen sitze ich nahe der schwingenden Ein- und Ausgangstür an einem der vielzähligen runden Tische mit darauf befindlicher floraler Jugendstilleuchte und lausche den Gesprächen.
„Bitte keine Namen, du weißt doch: in der heutigen Zeit…“, klingt es zu meiner Rechten und „Oh, Liebes, du hast so wunderschöne Augen…“ zu meiner Linken. Sobald ein Name von einer liebenden Person oder einer betrügerischen Firma oder der Name des verhassten Chefs oder, oder an mein Ohr dringt, lege ich los. Zusammen mit weiteren aufgeschnappten Informationen gebe ich die Daten sofort ins Netz ein – das ist, WLAN sei Dank, kein Problem heutzutage -, um mehr über die Person respektive Personen zu erfahren.
Ah, der Platz am großen Panoramafenster mit den bunten Mosaikeinlassungen wird gerade frei. Mein Lieblingsplatz! Sonntags ist hier ganz schön viel los. Ich gebe der Kellnerin ein Signal, dass ich mich umsetze, und schnappe mir meine pastellblaue Tasse, nehme mir noch die Boulevard-Zeitung – auf Tagesnachrichten verzichte ich seit einiger Zeit gut und gerne freiwillig, um mir nicht die Laune zu verderben -, greife mein großes Viskosetuch, schnappe meine kleine Tasche mit meinen Zähnen - hey, ich bin ein Großstadtkind, mir sind die Augen Fremder auf meine Person so ziemlich egal. Das habe ich mir in 30 Jahren in Berlin angeeignet, mir fiel dies anfangs zwar auch merklich schwer, da ich in einer kleinen Stadt -vielmehr am Rande einer Stadt, am Anfang eines Dorfes, geboren und aufgewachsen bin. Jedoch habe ich beides, Klein- und Großstadt überlebt. Nun lebe ich seit knapp einem Jahr – nach Berlin kommt in Deutschland nichts Größeres mehr – in einer mittelgroßen, aber ganz prächtigen Stadt namens Hamburg. Nicht Leipzig, nicht Lübeck, auch nicht Köln und schon gar nicht Frankfurt am Main, nein! Mir war es wichtig, dass ich zum einen in einem von mir gewählten Lieblings-Café mit, “Hallo, möchten Sie einen Milchkaffee wie immer?“, begrüßt werde, zum anderen mich unter einem anonymen Mantel der Verschwiegenheit auch mal nicht ganz normalen Vergnügungen hingeben kann. Beispielsweise in einem homophoben „Penis-Club“ tanzen zu gehen, frei nach dem Motto: „Hier bin ich Frau und keinen interessiert´s“. Ein balancierendes Wechselspiel zwischen einem persönlichen DU und einem anonymen SIE, gepaart mit den Möglichkeiten von ausschweifenden Partys und seriösem Business, das war mir bei meiner Heimatwahl wichtig. Nicht, dass ich von unkontrolliertem Zwang nach Rudelbumserei oder Sexspielchen in DARK ROOMS getrieben bin, aber die „KÖNNTE-Option“ war mir wichtig. Also ist es Hamburg geworden, meine heimliche Hauptstadt der nach außen hin kalt wirkenden, aber im Inneren sehr ehrlichen und warmen Herzen. Da, wo das Leben noch von A-Z bunt-kokett und nicht einspurig pulsiert. Mal sehen, wie lange die geschichtsträchtige und von Mythen beseelte Hansestadt noch in den restlichen verbliebenen Hafenecken und alten Kaschemmen ungezwungen wüten und feiern darf wie einst das legendäre Berlin. Irgendwann kommt auch hier die große „Alles-mach-neu-und-investigative-Abrisskugel“, und die macht alles platt, was nicht rentabel ist.
Doch wie heißt es so schön: „Stetige Veränderung ist das Gesetz des Lebens“. Das haben nun Gregor und Lissy gehört, jene neuen Tischnachbarn, die sich unbedacht in meiner Nähe beim Vornamen nennen - „Oh, Lissy, ich kann heute aber nur eine Stunde, meine Familie wartet“ - und mir bestimmt gleich noch mehr Eckdaten für meine GOOGLE-Recherche verraten werden. Leute zu belauschen, um mehr von ihnen zu erfahren à la Inspektor POIROT - allerdings ohne Mordaufklärungsauftrag (aber ich wäre gewappnet, wenn es dazu kommen würde), war mein sonntägliches Hobby. Andere lesen Krimis, ich bastle mir selber welche in meiner Birne zusammen. Neben meinem Hang andere zu belauschen, neige ich dazu, Selbstgespräche in meinen Oberlippen-Milchbart hinein zu murmeln. Entsprechend schauen mich Lissy und Gregor mit hinauf gezogenen Brauen verächtlich an: „Schon wieder eine Irre, die auf den ersten Blick so normal scheint“. Aber was kümmert´s mich. Gerade möchte ich das Magazin aufschlagen, da entdecke ich auf dem Fußboden ein bordeauxrotes Büchlein, in Leder gebunden, mit einem silbernen Stift an einem ebenfalls im tiefenrot getünchten Gummiband hängend. Ein attraktiver Mann, so was checke ich binnen Millisekunden, stürmt just in diesem Augenblick zur schwingenden Tür herein und läuft aufgeregt zur Bedienung, welche heute einmal mehr ihre üppigen Hupen - größer als meine und das heißt schon was - zur Schau stellt. Saskia mit Namen, süß, verträumt, engagiert, auch was das Tische Abräumen anbelangt. Kaum hat man ausgetrunken, schon wird einem die Kaffeetasse aus der Hand gerissen. (Drum halte ich meine Tasse hier auch immer schön am Henkel fest.) Aber man soll ja mit warmen Händen geben.
Saskia schüttelt den Kopf, dann schaut der aufgeregte und athletisch ausgereifte – sieht der lecker aus - Herr zu mir. Gänsehaut pur, und zwar den ganzen Rücken hinab bis in die Zehenspitzen ich habe. Ich rede schon wie Meister YODA: „Gänsehaut du hast“. Dieses Ebenbild eines Mannes, gehüllt in einen Kaschmirpullover und eine maßgeschneiderte Hose, beides in der Farbe „Deep, deep, very deep Black“ und mit wie aus Ebenholz geschnitztem, schimmerndem und leicht gewelltem Haar - mit zwei, drei keck hervorblitzenden Silberstreifen, die sich nicht haben färben lassen wollen – zu mehr Scanning reicht die Zeit nicht - läuft nun schnellen Schrittes zu mir. Lächeln. Ich blöd schauend auf der innerlichen Suche nach einem sexy Schlafzimmerblick. Zu spät. Ernst. Ernst heißt er nicht, aber nunmehr ernst fragt er mich: „Hast du ein Notizbuch gesehen? Ein rotes. Kannst du mal aufstehen? Ich muss es hier verloren haben!“
Ähm, normalerweise würde ich jedem dahergelaufenen Typen, der mir ungefragt mein SIE stibitzt, links liegen lassen und einfach gehen. Aber erstens will ich hier meinen Milchschaum weiter auslöffeln, der mittlerweile in sich zusammengesackt ist wie ein Schneehäuflein in der Sonne, und zweitens mache ich bei diesem Prachtburschen gerne mal eine Ausnahme und stehe auf. „Aber klar!“
Das Büchlein halte ich dabei hinter meinem Rücken versteckt und stecke es geschwind unter meinen rosa Puschel-Long-Pulli - welcher an ein „Flokati-Schaf aus Zuckerwatte“ erinnert. Sonntag ist mein individueller Schlabberlook angesagt, ich muss mich schon immer in der Woche auf Sexy-Business-Mieze trimmen - und klemme das Büchlein, schließlich habe ich früher nicht umsonst den Namen „Flinkes Fingerchen“ gehabt, zwischen Leggings und Schlüpferbund. „Ähm, ich sehe hier nichts. Sie können auch gerne noch eine Leibesvisite vornehmen“. Ich strecke die Arme willig aus und mache dabei ein Hohlkreuz, so dass sein Notizbuch gut von dem oberen ersten Drittel meiner trainierten Backen abgestützt wird.
Ein Gentleman wie er würde niemals Hand anlegen, sollte ja auch ein Spaß sein, der bei ihm aber nicht ankommt. Er zögert, schaut mich skeptisch an. Himmel, lass ihn jetzt nur nicht, zumindest nicht hier und jetzt, auf die Idee kommen, mich wirklich abzutasten! Mein Gebet wurde erhört, er schiebt eine Augenbraue fragend nach oben, schaut mich von oben nach unten und von unten nach oben an und tastet schließlich mit seinen Augen nicht mich, sondern lieber den Fußboden weiter ab.
Nicht einmal ansatzweise hat er auf meine Aufforderung reagiert. Kein Lächeln. Kein „Nein“. Kein „Ja, an sich gerne, vielleicht später“. Nichts! Der weiß wohl nicht, welche heiße Nymphe vor ihm steht?! Entweder ist ihm sein rotes Büchlein so wichtig wie der Heilige Gral den Christen oder er ist halbblind und erkennt meine Schönheit nicht. Ich betrachte mich, während er halb gebückt vor mir herumläuft, im Spiegel. Gut, die bunt geblümten, im Stile der 80er gehaltenen Leggings und mein toupierter Zopf tun ihr Übriges zu meinem rosa Zuckerschafpulli. Mein Spiegelbild lässt keine Zweifel zu. Ich sehe heute einfach scheiße aus! Gerade wie eine Kerze, Brust raus, Bauch rein lehne ich an der Wand und schiebe das Notizheft behutsam noch etwas tiefer nach unten. So, dass es nur noch ein Fingerbreit über den Bund meiner Leggings schauen würde, hätte ich heute - Gott sein Dank - nicht meinen Schlabberpulli an. Hat ja doch was Gutes, mein heutiger Look. Das Büchlein gebe ich so schnell nicht wieder her! Jetzt ist mein detektivischer Spürsinn geweckt. Und ein Mann wie er, der wie der leibhaftig gewordene Götteradonis aussieht und sexuelle Funken sprüht, gleichermaßen interessant für Weiblein und Männlein, und zusätzlich auch noch so einen verdammt johannisbeerig-moschusig-zitronigen Duft an sich trägt, der hat nicht nur etwas Kleines zu verbergen!! Und dieses Geheimnis finde ich, wenn ich Glück habe - und das sieht ganz danach aus, wenn ich ihn mir so suchend um meine Beine herum betrachte - in diesem zwischen meinen Arschbacken steckenden roten Heftchen. Rot steht bekanntlich für die Liebe. Jetzt mach hin, ich fange an zu schwitzen und bete, dass die Tinte nicht verläuft. Scheiße, wo ist der Stift? Ich spüre ihn nicht und schaue an meinen Leggings hinunter. Nicht, dass der mich jetzt verrät, oder ist er mir schon vorhin entglitten? Nervös, aber gerade wie eine Kerze suche ich jetzt mit, immer schön mit dem Rücken zur Wand, und rücke synchron zu ihm die Stühle hin und her. Gregor und Silke oder Lissy - Name in der Aufregung vergessen, passiert mir sonst nicht - schauen schon ganz genervt. Könnten ja auch mitsuchen? Sehen doch, dass es wichtig ist. Hauptsache, ich finde den Stift aus gusseisernem Silber vor ihm. Gefunden! Er ist soeben aus dem Gummiband herausgeflutscht und steckt in meiner Poritze. Jetzt heißt es, die Backen fest zusammenzukneifen und dem weiter hinabgleiten wollenden Stift zu zeigen, wo hier der Hammer hängt. Wobei „hängen“ ist hier der falsche Begriff. Schließlich sind meine Backen hart wie Stahl und härter als dieser doofe Stift, der jetzt meine überhitzte Körpertemperatur angenommen hat und dem ich den Eingang – wie früher Muttis blödes Fieberthermometer –in mein Inneres verwehre. Schweißtropfen perlen von meiner Stirn.
„Ganz schön heiß hier drin ...“, versuche ich ein Gespräch zu beginnen und tupfe mir dabei mit meinem flauschigen Ärmel die Stirn.
„Scheinbar habe ich es doch woanders verloren!“ Der unbekannte Schöne, der zu seiner äußeren Vollkommenheit auch noch ein „tiefbässiges“ Organ in sich trägt und mir damit abermals einen Schauer über den Körper jagt, schüttelt mir die Hand. Er erwidert meinen Blick leider nicht so lange, wie ich seinem diesmal gerne standgehalten hätte, und mit einem „Entschuldige“ verlässt er mich und das Café durch die Tür.
Ui, was war das? Wer war das? Aber, der liebe Gott hat es abermals gut mit mir gemeint. Als ich mich vollkommen außer Atem auf dem gepolsterten Stuhl darnieder setze, lässt er mich spüren, dass es sich nicht um eine einmalige Begegnung handeln müsse. Mit geübten Fingern ziehe ich das Notizheft und den Stift, der wie ein dünner Pinsel zwischen zwei dicken Betonwänden festsitzt, heraus und lasse beides unbemerkt dank meiner „flinken Fingerchen“ in meine Tasche verschwinden: „Saskia, bitte die Rechnung!“
Schnurstracks und ungeachtet dessen, was ich heute noch über Gregor und Lissy herausgefunden hätte - jetzt habe ich den Namen wieder -, verlasse ich das Café und laufe an der Alster entlang, kaum abwarten könnend, was in dem geheimnisvollen Büchlein steht, und setze mich auf eine durch den Vormittagsregen noch feuchte Parkbank. Ich ziehe meine Leopardenbrille, ein billiges Kassengestell, welches sich unter meiner kreativen Lack-Bemalung zu einem Unikum gemausert hat, samt dem roten Lederband aus meiner Tasche und schlage das Büchlein auf.
Dieses Heft gehört: _____________________________
Nicht ausgefüllt. Schade. Wäre ja auch zu einfach gewesen. Nächste Seite. Da steht was: HAMBURGER BILANZ – ab 301 … Ich stutze und blättere weiter.
301
Frau: Babett, 38 Jahre
Beruf: Sommelière
Beschreibung: kurze, glatte Haare, brünett, sportlich, drahtiger Typ, kein Gramm Fett, diszipliniert und kontrolliert, Nichtraucherin (Selbstdisziplin, Geschmackssinn!), 1,68 m groß, kleine Brüste, große Schamlippen
Duft am Nacken: nach frisch gebrühtem Kaffee mit einem Hauch von Grapefruit
Geschmack des Schoßes: doppelter Espresso ohne Zucker, säuerlich, bitter...
301-1 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: Bei einer Veranstaltung im „Vier Jahreszeiten“ kennengelernt, eingeladen auf Suite, zwei Stunden über Weine philosophiert, ermüdend, wollte ihr schon ein Taxi bestellen, dann ließ sie doch noch ihr Kleidchen fallen, zwischen ihren Schenkeln gelegen, habe mir eingebildet, ich trinke einen Tropfen Espresso – schmeckte danach -, nachdem ich sie endlich etwas feucht bekam (anstrengend), nur eine Stellung möglich...
Klassische Stellung und Gequatsche: „Normalerweise mache ich so etwas nicht, aber Du bist etwas Besonderes. Ich hoffe, ich auch für Dich…“
Nimmt keine Schwänze in den Mund (abwarten!): „Ich blase nicht!“
Ausgaben: 3 Flaschen Wein á 70 Euro, Frühstück: 45 Euro, Taxi für sie: 80 Euro, meine Wartezeit auf ihre Bereitschaft: 2 Stunden à 400 Euro = 800 Euro
Lustgewinn: 2,0
Hä? Was macht der da?? Ich blättere zügig durch das Heftchen, an die insgesamt 100 vollgeschriebene Seiten erwarten mich. Ich verschaffe mir, ganz die Studentin die ich einst war, einen kurzen Überblick und ziehe mir die wichtigen Anhaltspunkte wie aus einem Prüfungsheft, das man der halbblinden Professorin Dr. Viegelmayr klaut, die mit einem gutaussehenden Kommilitonen abgelenkt ist. Die Skala dechiffrierend, eine Übersicht gewinnend, analysiere ich auf die Schnelle, dass die Skala von 1-10 (10 das Beste, eine Punktzahl, die ich zumindest auf den ersten Gesamtblick nicht entdecken konnte) reicht, und die Anzahl der Nächte, welche die 5er Marke nie überschreitet. Frauenattribute, Geschlechtsteile, Bettverhalten werden stichpunktartig aufgezählt, und ein Gesamtresümee erfolgt in Zahlen, damit komme ich klar. Werde gleich mal seine komische Formel rechnerisch überprüfen. Ich gehe zurück auf Anfang und blättere um. …
301-2 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: Hat mich in ihr Weinkontor geladen. Hoffte auf eine Nummer zwischen Fässern im Gewölbe. Gab sich wieder spröde und verklemmt: „Ich dachte, wir können heute mal mehr miteinander reden. Und uns besser kennenlernen…“ Anruf fingiert, wollte schon gehen. Mit einer ausgezeichneten Champagnerflasche in der Hand fuhren wir zu ihr. Über 1 Stunde blödes Gelaber über ihre Freunde, hauchte ihr dann ein „Jaaa“ ins Ohr auf ihre Frage „Suchst Du etwas Festes?“ Dumme Gans! 30 Minuten lang von hinten genommen, dank eines mitgebrachtes Feuchtigkeitsgels ohne zeitintensives Vorspiel möglich, auf den Rücken gespritzt.
Ausgaben: 0 Euro für Essen & Trinken, Feuchtigkeitsgel: 8,00 Euro, Anfahrt Taxi: 20 Euro
Lustgewinn: 2,5
301-3 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: In ihrer Wohnung. Wieder viel Gequatsche. Nimmt meinen Schwanz nicht in den Mund. Abbruch!
Ausgaben: 2 Flaschen Wein á 34 Euro, Bestellung von Antipasti für 70 Euro (Von „Flamando“, NICHT MEHR KAUFEN!)
Praktisch, mit dem Heft habe ich auch gleich einen Restaurantführer „erworben“. Soll ich mitschreiben? Quark! Das Heft muss ich schließlich nicht wie einst die heimlich stibitzten Prüfungsaufgaben zurück in die Tasche von Frau Dr. Viegelmayr stecken. Diese blöde bayrische Dampfnudel, die uns Studentinnen hat immer auflaufen lassen. Uns an die glatten, strammen Waderln - im übertragenen Sinne – hat gepinkelt, obwohl wir anfangs immer nett und lieb gesessen sind. (Kurz mal im bayerischen Modus gefangen gewesen.) Im Gegensatz zu unseren männlichen Mitstreitern, die sie durch ihre 1:100 Lupengläser - Brille genannt – mehrmals an die Tafel gebeten und mit ihren großen Augen förmlich ausgezogen hat. Zwangsläufig kam mir dann immer das Märchen vom Rotkäppchen und dem bösen Wolf in den Sinn:
„Frau Dr. Viegelmayr, warum haben Sie so große Augen?“
„Damit ich dein Wölflein besser sehen kann!“
Dem Grafischen während meines ersten Studiums der Informationswissenschaften schon nicht abgeneigt, zeichnete ich während der Viegelmayrischen Softporno-Vorlesung meine geistigen Ergüsse auf. Unverkennbar war die Alte mit ihren großen Augen und ihrem großen Maul und dem Häubchen, was ich ihr verpasste. In einer Szene schnappte sie sich den armen Benjamin und nahm ihn sich zu Leibe. Anders als im Märchen der Brüder Grimm allerdings. In meinem ging es anders zur Sache. Das war für mich auch der schlüssige Grund, warum ausgerechnet der etwas dumpfe Benjamin bei der alten Schreckschraube immer ein „Gut mit Plus“ bekam.
Dieser Real-Comic ging dann auch durch sämtliche Reihen bis er dann von dem alten Pfrapfen einkassiert und ich in der Pause zu ihr gebeten wurde. Ab diesem Zeitpunkt brauchte ich dann gar nichts mehr für ihr Fach zu lernen, besser als 4 wurde es nicht mehr. Naja. Meine Ideen vom dem Viegelmayr´schen Wolf und dem armen Benjamin, dessen Käppchen bereits feuerrot leuchtete, habe ich dennoch weiteraufgemalt. Die Lacher blieben dann festgesteckt in der hintersten Reihe, da saß ich, mit anderen Abgemahnten und brauchte fast eine Lupe, um an der Tafel noch irgendwas zu erkennen. Die Alte schrieb mit Absicht so schön klein und verweigerte den Projektor. Meine Sehstärke habe ich da eingebüßt, das ist sicher!
Durchatmen! Dieses rote Heft gehört nun mir und ich werde es nimmer nicht mehr zurückgeben. Nö. Viel spannender, als sich in meinem Lieblingscafé die Zeitungen von der Garderobe zu angeln, um interessiert die Pupillen darin kreisen zu lassen, um in eigentlicher Absicht den Smalltalk hinter aufgeschlagenen Seiten gespannt zu verfolgen. Mit dem überstreckten Mittelfinger meiner linken Hand - auch eine Angewohnheit, die ich mir bei der Vorlesung von Viegelmayr aus Trotz angewöhnt hatte. Allerdings brauchte ich damals noch keine Lesebrille, ich erfand eine Art Gedankenfinger, mit jenem ausgestreckten Mittelfinger kratze ich mich dann an der Schläfe -, schob ich meine Brille wieder hinter mein leicht gewölbtes Nasenbein. Den Höcker habe ich mir bei einer kleinen, einer winzig kleinen Schlägerei zugezogen. Man(n) darf mich nicht reizen.
Gut, damals war ich 16 und mein Gegner ein breitschultriger und frecher Kerl von 12 Jahren, aber ich habe es bis heute nicht fertig gebracht, mich deswegen unter das Messer zu legen. Was bei einer Nasenoperation alles schieflaufen kann, dafür gibt es beste, lebende Beweise. So ein Chirurg im Zeichen von Beauty und Glam denkt doch: „Ach, wenn wir schon einmal dabei sind, da können wir dieser armen Frau ihren unzeitgemäß großen Zinken nicht nur begradigen, sondern auch gleich mittels Hammer, Brecheisen und Bolzen verschmälern, verkürzen und anheben.“ Als Selina geh ich rein und als Bella-Sina komme ich wieder raus. Und ich sehe nicht nur mir nicht mehr ähnlich, sondern renne dann wochenlang mit Mullbinden in Nasenlöchern, die bis zum Gehirn reichen, herum. Egal, ob ich einen Zettel mit rotem Pfeil „BITTE NUR BEGRADIGEN“ auf meine Stirn kleben würde oder nicht. So ein Nasenkünstler macht doch, was er will.
„Selina, bist du´s? Ich habe dich gar nicht wiedererkannt!“
„Geht nicht nur dir so!“, muss ich dann jedem Bekannten mit einem Lächeln entgegen zischeln. Und mir Vergleiche gefallen lassen: „Jetzt siehst du aus wie…“
Ja, wie jede andere, die bei Prof. Dr. "Fang" in Behandlung war. Wie jede andere x-Beliebige sieht sie dann aus, meine Nase. Zumindest die ersten Jahre! Mit einer Nase ist es wie mit einem von unbegnadeter Menschenhand begradigten Flussbett. Der Fluss strebt immer zu seinem Ursprungszustand zurück. Mit der Nase verhält es sich genauso. Wie das Wasser sehnt sich das Nasenfleisch an seine angedachte Stelle. Und es wächst wieder in die Breite und Länge und hängt dann wie ein übergroßer Handschuh schlapp über dem verkürzten Knorpelbein hinab. Und man sieht wieder so aus wie vorher – wenn nicht noch schlimmer. Das wissen die wenigsten, erst danach dämmert es denen und sie rennen dann wegen jedem Furz zum Nasenfuzzi, der dann immer beschönigt: „Diesmal machen wir Ihren Zinken noch kürzer und heben den noch mehr an, dann dauert das etwas länger bis zum wieder erreichten Ursprungszustand. Versprochen.“ Und irgendwann sieht man aus wie Michael Jackson. Dann gibt es allerdings auch kein Flussbett mehr, denn wo nur noch Knorpel, da auch kein Wasser. Manchmal staune ich über mich selber. Wie bin ich jetzt auf diesen Gedanken gekommen? Wahrscheinlich habe ich wieder - und etwas lauter als sonst - vor mich hingemurmelt, selbst die herannahende Omi, mit ihrem Einkauf im vorderen Verladestauraum ihres schwarzen 1-PS-Rollators, nickt mir verständnisvoll zu. Schnell wische ich mit dem Ärmel meines Pullis über meine Lippen. Bisweilen hatte ich die These aufgestellt, dass mich die Leute immer nur dann hören, wenn ich im Café sitze und den vom Café au lait bedingten milchigen Flaumbart trage. Wo war ich? Ich blättere um, und da hatte sich das mit Barbette auch schon erledigt.
Lustgewinn: 0
301-4
Nacht: Abgesagt (übliche Begründung)
301-5
Nacht: E.
Ich sollte diesem Damen- und Zahlenjongleur einen Namen geben oder hat er sich auch irgendwo selber beschrieben? Die Seiten durch meine Finger sausen lassend wie bei einem Daumenkino, versuche ich den Namen des Unbekannten hastig ausfindig zu machen. Nix zu finden. Bekommt er eben wie beim Zahnarzt eine Interimslösung verpasst. Manuel nenne ich ihn. Und dieser Interims-Manuel zählt nun unter Barbette alles zusammen und nennt diese Endsumme…
DECKUNGSBEITRAG: - 4500,00€
Wie kam er auf diese Summe? Ausgaben (in Euro) minus Lustgewinn (in Eiern?) - hat er in Mathe nicht aufgepasst? - sind gleich Gesamtkosten. Und die betragen bei Barbie summa summarum 345 Euro. Hat er da jetzt ein Plus oder ein Minus gemacht? Ist das nun gut oder schlecht? Die nächsten Zahlen werden es zeigen. In diesem Moment sehe ich drei Räder gefolgt von zwei braunen Mokassins dicht an mir vorbei roll-laufen. Ich blicke nach oben und sehe, wie die Omi mir ihre Einkäufe unfreiwillig nah im Korb präsentiert. Spitzkohl, Schokoladenpudding und eine Flasche Korn. Warum nicht? Ihren Kopf, der sich wie der eines Wackeldackels verhält, der auf der Hutablage neben einer gehäkelten Klorollenfrau in einem Trabbi sitzend, bei der Überfahrt über große Wackersteine (ach nee, das war bei Rotkäppchen) Pflastersteine dramatisch hin und her wippt, dreht sie zu mir. Zwinkert sie mir zu? Ich zwinkere zurück. Und noch einmal. Und fange aus Sympathiegründen an, meinen Kopf synchron mit ihrem mit wippen zu lassen. Und im Sekundentakt zwinkere ich ihr zu und wippe und wackele...bis es mir in den Kopf schießt, dass sie vielleicht einen altersbedingten Tick hat und ich einen an der Waffel habe. Zumindest signalisiert mir das, ein an uns vorbeilaufender Jogger.
302
Frau: Doreen, 23 Jahre
Beruf: Verkäuferin in Parfümerie
Beschreibung: stramme Biene aus der brandenburgischen Provinz, rot gefärbte, lange Haare, größere Nase, schmale Lippen, sportlicher Body, Triple Tattoo am Fußgelenk, knackige Apfelbrüste, Bauchnabel-Piercing, unterwürfig, Sehnsucht nach Sicherheit und Familie, Kinderwunsch
Duft am Nacken: schokoladig süß mit einem Hauch von Pfannkuchen
Geschmack des Schoßes: schokoladig nach ostdeutscher Schokolade Nudossi, ne wahr ;-)
302-1 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: ohne langes Hin und Her in ihrer WG zur Sache gekommen, zweimal abgespritzt Plusfaktor: kein Vorspiel nötig
Ausgaben: 1 Flasche Champagner zu 400 Euro
Lustgewinn: 3,0
302-2 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: erst Shopping, danach an die 8 h wilde Sexspielchen mit Vibrator aus ihrer Schublade und leichtem Bondage…habe sie in einige Stellungen eingewiesen und aufgeklärt…
Ausgaben: Für Kleidchen, Schuhe, Unterwäsche, Spielzeug: 4775,50 Euro
Lustgewinn: 4,0
302-3 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: ihre Freundin und Mitbewohnerin kam eher vom Auslandsaufenthalt zurück, Tanja, süße Studentin, dicke Titten, vulgäre Mundpartie. Ich hatte großen Bock auf einen Dreier und habe beide Mädels mit Champagner gefügig machen wollen, hatte diesmal zwei Flaschen dabei, leider kam Tanjas Freund dazu, kurz vorm Eklat. Habe dafür dann die kleine Doreen ordentlich in ihrem Zimmer gevögelt: „Oh, Alexander, so stelle ich mir meinen Mann vor!“ Lag natürlich an meinem großen und überzeugenden Zauberschwanz und an den Geschenken. Noch jung und manipulierbar, austauschbar, gutgläubig
Ausgaben: 2x Champagner und Konfekt rund 900 Euro
Lustgewinn: 3,9
302-4 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: hat mich ausgeladen, da nicht alleine in der WG, Freundin war noch da und sie hatte wohl Angst, dass ich auch mit ihrer Freundin ficke, daher nur Telefonsex, 2x in meine Hand gespritzt
Ausgaben: 0
Lustgewinn: 2,4
302-5 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: Sturmfrei. Zum Essen ausgeführt im neuen Designerfummel, danach endlich ihr hinteres Loch penetrieren und darin abspritzen dürfen, 2x unbezahlbar! Eng und geil!
Ausgaben: Restaurantrechnung – 500 Euro inkl. Trinkgeld
Lustgewinn: 7,8
DECKUNGSBEITRAG: - 3000,70 Euro
Mir kommt die Idee, ob man sich nicht dieser Art des Frauenverständnisses bedienen und ein Heft für jederMANN in Druck geben sollte, wo bereits alle wichtigen Felder vorgegeben sind. Ähnlich wie bei einem Stundenplan, nur statt der Unterrichtsfächer und der Wochentage das Ganze entsprechend austausche mit:
Frau:
Attribute:
Kosten:
Summasummarum:
und so weiter. Ist doch eine Marktlücke. Dann je nach Casanova noch in small, medium oder large oder xxl Ausgabe (umfasst die Seitenzahlen) und je nach Geldbeutel auch in goldener oder bordeauxroter Leder- oder in gelber Kunstlederausgabe. Signalfarben fand ich gut. Damit die Herrschaften ihr Heftchen auch gleich wiederfanden. Räusperer. In meinem Kopf designte ich drauf los und überlegte mir einen passenden Namen. Am besten wäre es, man bedruckte nach Wunsch, ganz individuell oder für den kleineren Geldbeutel dann einfach nur Kunstleder, no name, 20 Seiten. Aber… Mal Hand aufs Herz…jemand der nur eine Kunstlederausgabe bestellt, der ist doch auch nicht meine Zielgruppe. Nein, wir machen das für die Schönen und Reichen. Ganz speziell und ganz individuell und ganz verschwiegen. Wie mache ich dann nur die Werbung?
„FÜR DIE GEILSTEN SCHWÄNZE DIESER WELT!“
Nein! Geht ja nicht, meine Zielgruppe (Männer quatschen untereinander über das Thema wie Frauen über die Neuigkeiten aus Bunte und Gala) muss mittels exklusiver Qualität überzeugen, und meine Werbestrategie wird ganz althergebracht klassisch auf Mund-zu-Mund- oder Schwanz-zu-Schwanz-Propaganda fußen. Et voilà. Fertig gedacht, will ich gerade zum Telefon greifen und meinem befreundeten Werbefachmann mein neuestes Projekt vorstellen, da dämmert es mir, dass ich mal wieder meiner Zeit voraus bin und mich besser mal der nächsten Seite, der nächsten Dame widmen sollte. Kurz noch aufgeblickt: Omi ist außer Sichtweite, das heißt, ich habe 15 Minuten mit voreiligen Gedankenspielen verbracht. Wenn das so weitergeht, dann sitze ich in vier Wochen noch hier, und bis dahin ist mir dann tatsächlich ein Bart gewachsen und ich womöglich in die Bank hinein oder ich bin dann die Bank.
„Selina, konzentriere dich!“ Ein Satz, den mein immer noch aktueller Lebensgefährte Philip-Theodor, ohne von und zu, dann immer zu sagen pflegt. Im Alltag ist er immer ganz bei der Sache und sehr konzentriert, im Bett ist er leider nur redlich bemüht und schießt dann wie ich mit meinen Gedanken immer leider zu schnell voraus. Ein Jammer, dass ich den immer noch nicht in den Wind schießen und gegen ein besseres Exemplar austauschen konnte. Mit dem Alter wird man gnädig. Der eigentliche Grund meiner „Ja, ich spüre dich, du bist der Größte!“ - und „Oh ja und wie ich gekommen bin, mit Dir zusammen, mein Hengst!“ - Bettnummer ist der, dass ich einfach scharf auf seinen Nachnamen und eines seiner Familienanwesen bin.
„Herzlich willkommen zu Hause, liebe Frau Selina Gebbhardt-Wagenstein in Ihrem nach Ihrer Vorstellung neu getünchten Landhaus. Maximilian (Anmerkung: mein zukünftiger Sohn) wird in einer Stunde von der Nanny gebracht, und bis dahin möchte ich Ihnen mit einem Kir Royal die Wartezeit versüßen.“ Schnips, schnips. „Karl, bitte bringen Sie das Gepäck der gnädigen Frau in den Westflügel.“
„Danke, Zacharias!“ Ich stolziere in einem roten Hosenanzug von Escada mit schwarzen Schuhen, passend zu meinem schwarzen Seidenrollkragenpulli (es ist Herbst) die Sandsteinstufen empor und platziere mich, das Eingangsportal hinter mich wissend, rechterhand in den Ledersessel des Lesesaals. Klopf, klopf. „Ja, bitte?“
„Ihr Kir Royal. Bitte sehr. Ach, Ihr Mann lässt sich entschuldigen, er ist noch für eine Woche dienstlich unterwegs. Gerne richte ich für Sie und Ihre Freundinnen ein kleines Abenddinner aus?“
„Das ist eine wundervolle Idee, Zacharias…“
Bis dahin ist aber noch einiges zu tun. Ohne Zögling im Bauche, keine kurfürstlich anmutende Sause. In den vielzähligen Anwesen der Familie Gebbhardt-Wagenstein bin ich eine gern gesehene Schwiegertochter. Wie all die anderen vor mir auch. Mittlerweile war es den Wagensteins und Gebbhardts ganz gleich, wen ihr Sohn in die Familie brachte. Hauptsache, die Frau brachte bald ein Kind, einen Stammhalter oder eine Stammhalterin zur Welt! Und da war auch der große Haken. Wie soll eine Frau geschwängert werden, wenn nur ein müdes Rinnsal aus dem goldenen Wasserhahn widerspenstig sickerte und das zumeist, bevor alles anfängt oder gar nicht. Ich habe schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, ihm eine Saugglocke auf das Zepter zu setzen, auf Höchstleistung zu schalten und mit dem milchig trüben Inhalt im Becherchen dann in der Besenkammer respektive im Badezimmer zu verschwinden. Mit den Königsjuwelen ist es nicht weit her, das liegt – so wurde mir aus erster und hinter vorgehaltener Hand skizziert – in der Familie. Die glitzern nicht einmal dann, wenn man sie ordentlich poliert, da kommt nur ein kleines Funkeln heraus und das reicht nicht, um meine Eierstöcke zum Glänzen und meinen Mutterkuchen zum Anschieben zu bringen. Der Ofen bleibt weiterhin kalt wie im Wienerwald. Da lobe ich mir dann schon, was mein Interims-Manuel mit der dritten Dame alles so gemacht hat. Ich komme mir beim Lesen vor wie eine angetrocknete Hausdürrpflaumenfrau, die sich mit 1-Euro-Heftchen „Piratenliebe – Emanuel & Renoi“ pulsierende Hitze in ihr Herz und zwischen ihre Schenkel liest.
303
Frau: Maria, 31 J.
Beruf: Slowenische Hotelfachfrau
Beschreibung: schmale, aber weiche Lippen (oben und unten), von vorne wie hinten verführerische Kurven, praller Po und pralle Brüste
Duft am Nacken: süßer Chili
Geschmack des Schoßes: Eintopf mit weißen Bohnen und scharfem Paprika
303-1 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: In meiner Suite 10 Minuten Quickie
Ausgaben: Piccolo Flasche aus der Minibar – 24 Euro
Lustgewinn: 4,5
303-2 Ausgaben und Lustgewinn
Nacht: Wieder in Suite; diesmal als mein Gast mit Übernachtung – hemmungsloser Sex in alle Öffnungen, steht auf versauten Verbalsex, Hardcore-Beschimpfungen!! Vom Hotelmanagement abgemahnt und in anderes Hotel (Berlin) versetzt.
Ausgaben: Minibar, Frühstück, Übernachtung: 360,00 Euro
Lustgewinn: 5,0
*Eventuell Fortsetzung, wenn ich in Berlin bin.
DECKUNGSBEITRAG: - 1900,00€
Ist ja interessant, gib ihr Tiernamen! Und mir bitte, bitte auch! Ich möchte auch eine Nummer sein, vielmehr möchte ich fünf geile Nummern mit dir machen, und du mit mir alles. Ich möchte ein maximaler Gewinn für dich sein, du wirst bei mir ein fettes Plus machen und mich wahrscheinlich noch ein 6. Mal wie wild begatten wollen, oh Manuel! Manuel? Klingt dermaßen bescheuert, gab es da nicht auch einen Film? Oh, Emanuelle, daran erinnert mich gerade mein Gestöhne. Oh Gott! Stöhne ich laut? Im mittlerweile aufkommenden Abendlicht sollte ich mal lieber meine Begierde samt Buch in die Tasche stecken und den Heimweg antreten. Heute hatte ich meinen Elektroschocker nämlich nicht dabei, wusste ja nicht, dass ich mich heute noch im Park einfinde.
Auf dem Schotterweg entlang laufend, die Tasche unter dem Oberarm eingeklemmt haltend, beachtete ich ganz beflissen den „Eine-Armlänge-Abstand“ zu Joggern und Joggerinnen, zu Opis mit Wuffis und zu Paaren mit und ohne Kinderwagen, die an mir vorbei wollten. Zur Not habe ich noch meinen „Ein-Bein-Abstand“, it means, dass jeder der meinen Abstand nicht respektieren und mit Zudringlichkeiten überschreiten möchte, mein Bein als passenden Abstandhalter als Antwort darauf auf die Klöten und mit einem Nachschlag in die Fresse bekommen würde. Bei meinem „Selbst-verteidigt-sich-die-Frau“- Kursus haben wir eingebläut bekommen, es gibt bei dieser Kombination, mit einem Bein mit Karacho zwischen die Schenkel des Opfers zu treten, welches sich dann zwangsmäßig vornüberbeugen muss, nur eine richtige Vollendkombination: den zweiten Tritt mit angewinkeltem Bein als Nachschlag ins Gesicht. Da kann man nichts falsch machen. Das sitzt. Denn die Reaktion auf den ersten Tritt lässt gezwungenermaßen keine Wahl, frei nach Miss Sophie und James: „the same procedure as every time“. Im geistigen Kopfe nochmal die etwaig aufkommende Situationskombination durchspielend entraunt mir ein: „Well, i‘ll do my very best.“
Am Kiosk meines alkoholischen Vertrauens kehre ich schwungvoll ein: „Herr Ober, eine Flasche Riesling bitte.“ Ein kleiner Witz, den ich immer mit Boris Karloff, dem ehemaligen Schießbudenbetreiber und nun Kioskbesitzer mache, der leider heute nicht hinter dem Vorhang lächelnd und mit einem Glas Wodka in der Hand hervorkommt. Nanu? Stattdessen ein Jüngling mit struppig blonden Haaren, buschigen Augenbrauen. Das muss Igor, der jüngste Spross der Karloff-Familie sein, alle anderen der insgesamt fünf Stammhalter verweilen wieder bei Väterchen Frost in der Ukraine. Gibt es da auch noch das Väterchen oder sagt man nun anders dazu? Keine Ahnung.
„Mein Vater ist im Krankenhaus, Bandscheiben haben sich beim Auftürmen der Bierkisten quergelegt.“
„Oh“, sage ich, „dann bestelle mal viele Grüße von Selina. Weißt du, wo er den trockenen Riesling hat? Ich kann ihn nirgendwo entdecken?“
„Nee. Kenn mich da nisch so gut aus.“
„Okay, dann nehme ich vier Astra.“
„Hier.“
„Astra Rotlicht? Okay. Danke. Dasswidan'ja“
„Дозавтра!“
Warte, während die Tür quietschend ins Schloss fällt, das heißt doch „bis morgen“! Der denkt wohl, ich komme hier jeden Tag hin, um mir meinen Sprit abzuholen. Selina, die Alkoholikerin. Klar. Ob ich noch einmal umdrehe und dem Bürschchen die Rübe wasche? Wenn sein Vater schon nicht da ist, da muss sich doch einer um den Jungen kümmern und ihm nicht irgendwelche Flausen in den Kopf setzen. Nur weil eine Frau die Kioskbude betritt und vier Flaschen Rotlicht Astra mitnimmt, heißt das noch lange nix. Alkohol ist auch keine Lösung!
Damit Igor nicht auf dumme Gedanken kommt, dass jeder und jede sich in seinem Umkreis betrinken und er das also auch machen kann, drehe ich um.
„Ähm, Igor?“ Abermals tritt er mit einem müden, mürrischen Blick hinter seinem Vorhang hervor. Ich weiß bis heute nicht, was sich dahinter
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: GAB, Romy van Mader, Ersterscheinung: April 2016
Bildmaterialien: GAB, Romy van Mader
Cover: GAB, Romy van Mader
Lektorat: R. Andrich, Hamburg
Tag der Veröffentlichung: 14.04.2018
ISBN: 978-3-7438-6545-7
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle diejenigen, die gerne lachen und spinnen … ;-)