EIN MONOLOG ÜBER EINE ZWISCHENSTATION MEINES ZAUBERHAFT IRDISCHEN LEBENS
Ist es denn zu glauben? Nun muss ich, ausgerechnet ich, mich vor meinem Stalker-Lebensgefährten verstecken. Was habe ich – als ich noch Single war – meinen Freundinnen immer Feuer unterm Arsch gemacht, wenn sie mir etwas vorsülzten:
„Ach, ich weiß nicht. Ich bin irgendwie so unglücklich, der macht mich noch krank…" Meine Antwort daraufhin fiel kurz und prägnant aus: „Dann schieß den Heini endlich ab!" Meistens bekam ich daraufhin noch ein „Ja, aber...“ zu hören, auf dieses habe ich dann gar nicht mehr reagiert. Ich konnte und wollte Isabell, Luisa, Katrin, Barbara (Biggi) und Antje nicht verstehen, dass sie lieber halb traurig mit Kerlen die Zeit verbrachten als- so wie ich- lieber alleine, dafür sauglücklich und frei. Ich mache keine halben Dinge! Klar brauchte auch ich ab und an mal einen Kerl, aber mich deswegen auf Kompromiss-Zweck-Verzweiflungs-Beziehungen einlassen? Nö! Niemals im Leben! Dafür bin ich viel zu stark und viel zu taff, und zwar beruflich und privat! Ich bin eine Löwin „BUAARH", hört alle mein Gebrüll!
Aber irgendwie hatten die letzten fünf Jahre ganz schön an meinen Kräften gezerrt. Auch der Ausblick auf die kommende Jahresabschlussbilanz und meine nicht mehr ganz so jugendlich strahlende Schönheit – Hyaluronfiller hin oder her – gaben die letzten Tropfen in mein „Ich-glaube-ich-verliere-die-Leichtigkeit-in-meinem-Leben-Fass“. Apropos Tropfen. An meiner Gemütsfassung war der Alkohol nicht ganz unschuldig. Schier unbemerkt kippte ich mir allabendlich aus Frust und Langeweile- ja, Scheiße, ich gebe es zu- und aus Einsamkeit ein, zwei, drei Gläser Sekt hinter die Binde. Ein warmes Gefühl überkam mich dann und ich war wieder ganz guter Dinge. Wie gesagt, es fing schleichend an. Anfangs schön stilvoll am Abend und irgendwann griff ich auch tagsüber zur Flasche, zu einer Flasche Sekt, manchmal durfte es auch Wein sein. Die Kundenanfragen ließen dank der aktuellen Wirtschaftslage und meiner „Leckt-mich-alle-am-Arsch-Haltung" sichtlich nach. Einmal schlief ich, die Tastatur meines Firmenrechners als Kopfkissen nehmend, kurz nach dem Mittagessen (es gab Perlwein im Glas an rosa Trauben) ein und wachte mit der Buchstabenkombination „A-S-D-F-J-K-L-Ö“ auf meiner Stirn wieder auf. Meine letzte verbliebene Angestellte wies mich in einem viel zu schroffen Ton- für meine dröhnende Rübe- unwirsch darauf hin, als sie mir wie beiläufig ihre Kündigung überreichte. Ich rubbelte sogleich mit einem „Needle-Roller“ (Empfehlung meiner Kosmetikerin- ich probiere alles aus, was den Alterungsprozess irgendwie aufhalten kann) über meine Stirn und war von dem Kündigungsschreiben nicht sonderlich überrascht und traurig schon mal gar nicht. Erstens kam sie mir mit diesem Wisch zuvor und zweitens hatte ich auf ihre mitleidigen Blicke, wenn ich mir bereits 11 Uhr mittags eine Flasche Promillewasser zur Brust nahm, keinen Bock mehr- auch nicht auf ihre Kommentare: „Frau Flammer, ist es nicht dafür jetzt viel zu früh?“
"PAH! Ansprechverbot!" Saufe ich mir eben alleine das Leben schön. Das Blöde war nur, der Alkoholkonsum macht irgendwann sehr hungrig, denn der Körper muss das Gift ja irgendwie vermarmeln und dafür brauchte er Energie. So fett wie meine Freundin Renate wollte ich aber nun wirklich nicht werden und da ich schlau wie ein Fuchs war und immer noch bin, griff ich kurzerhand zum Nikotin. Jetzt, wo ich ganz alleine im Büro war, konnte ich ja auch hemmungslos alles vollqualmen. Schwupp di wupp, eine Kippe an und verflogen war der Appetit. Darauf erstmal ein Gläschen. Prösterchen! Mitten im Stoff und unter Dunst stehend- das Leben ist schön, schön doof - hätte es auch ruhig so weitergehen können, wären da nicht diese Rechnungen auf meinem Tisch und die ungemein hilfreichen Weisheiten und Ratschläge meiner Tante- die einzige, die ich noch an meinem Leben teilhaben ließ- gewesen: „Liebling, wie siehst Du denn aus? Du hast aber ganz schön abgenommen! Jetzt musst Du aber aufpassen, dass Du nicht zu dünn wirst. Als ich in Deinem Alter war, da hatte ich noch keine solchen Falten..." Danke, danke und Tschüss! Dir erteile ich ab sofort ANSPRECHVERBOT! Blöde Kuh!
Gedanklich reise ich zurück zu glanzvollen Zeiten. Einst war ich die Königin des Tages und der Nacht und alle lagen mir zu Füßen. Und jetzt? Jetzt musste ich schauen, dass ich überlebe und zwar so, wie es sich auch weiterhin für eine Frau wie mich geziemt. Bald werde ich 43 und
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: GAB, Romy van Mader
Bildmaterialien: GAB, Romy van Mader
Cover: GAB, Romy van Mader, Danke an: Alexandra Haynak (St.Petersburg/Russia )
Lektorat: K. Armenti
Tag der Veröffentlichung: 08.03.2018
ISBN: 978-3-7438-6006-3
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für meine liebe Freundin und für alle diejenigen, die wieder voller Vertrauen leben und lieben wollen ...