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Nr. 1

 

Benjamin ist 54 Jahre alt und hat eigentlich alles im Leben geschafft, was man als Mann so schaffen muss. Er hat seiner Ehefrau ein großes Haus gebaut und eine Tochter gezeugt, hat im Garten eine Eiche gepflanzt und seine Sanitärfirma gewinnbringend an seinen Schwiegersohn in spe verkauft. Das hat alles Kraft gekostet. Überwindung kostet es ihn mit seiner mittlerweile äußerst in die Breite gegangenen und zufriedenen Alten die Couch zu teilen und sinnlose TV-Formate zu schauen. Tja, so hatte sich Benjamin seinen Lebensabend nicht vorgestellt.  Bevor er sich jedoch über seine viel zu fette Frau (die sich aus Zeltplanen Kleider schneidern lässt) und überhaupt diese ganze beschissene Welt aufregt, geht er lieber jeden Abend früh und zwar sehr früh, nämlich zur Sandmännchenzeit, ins Bett. Während seine Olle im Wohnzimmer bekloppte TV-Serien glotzt und einen Schnaps nach dem anderen in sich kippt, dreht sich Benjamin Ohrenwachs ins Ohr und fängt an zu träumen. Denn seine Träume sind allemal besser als so mancher Fernsehfilm.

 

Die Augen geschlossen und der Stille lauschend versinke ich mit jedem Atemzug tiefer und tiefer in die weichgepolsterten Gänsedaunenkissen. Der beruhigende Duft von Lavendel umgibt mich. Ein herrliches Gefühl von Sorglosigkeit umhüllt mich. Noch tiefer und tiefer versinke ich in die Dunkelheit und warte auf die ersten aufkommenden Traumbilder. Eines hüpft von oben herein. Es ist ein rosafarbenes Schaf mit großen Kulleraugen, ein türkisfarbenes schwebt aus der linken dunklen Ecke heran und aus der rechten kommt ein großes, neongelbes Schaf angeflogen und dieses blökt aufgeregt und steckt die zwei anderen belämmert schauenden Artgenossen an. Diese lassen es sich nicht natürlich nicht nehmen und stimmen munter mit ein. „Blök. Blök. Blök.“ Sie springen vor mir kreuz und quer, werden immer schneller, hin und her. Ein absolutes Durcheinander. Meine Augen flimmern, ich habe Mühe ihnen zu folgen. Plötzlich hellt sich die schwarze Umgebung um mich herum auf. Und ich stehe auf einer grünen Wiese, umgeben von Gänseblümchen, Klee und rot leuchtenden Mohnblumen, neben mir grast Anton, der neongelbe Schafsbock, und wir zwei diskutieren mit vollem Mund über die Qualität der Blumen und Kräuter in diesem Jahr, so als würden wir uns schon Ewigkeiten kennen und uns mit dieser Materie hervorragend auskennen. Melanie, das türkisfarbene Schaf rechts neben mir, mustert mich spöttisch. Ich merke das natürlich, lasse mir aber nichts von meiner aufkommenden Wut anmerken. (Fällt mir gerade ein, dass ich morgen einen Termin beim Onkel Doc habe, zwecks meines in letzter Zeit viel zu hohen Blutdruckes.)

 

„Bllööök.“ Melanie will wohl ein Gespräch mit mir anfangen? Besonders helle scheint sie aber nicht zu sein. Ich blöke zurück. „Blöööök.“

 

„Blööök. Blööök.“ Kommt als Antwort.

 

Darauf folgt die meine. „Blööök. Blööök.“

 

Stille. Wahrscheinlich überlegt sie jetzt und zählt bis drei. Wieder schaut sie mich mit ihren großen schwarzen Augen an. Na, soll sie ruhig so dreist weiter schauen, ich weiß von Anton, dass sie ein hinterlistiges Tratschweib ist. Weiber eben. Wenn ich mir sie so anschaue, dann ist es doch nur der blanke Neid der mir entgegenblitzt. Kein Wunder bei meiner 1A Wolle. So weich und schwarz wie diese ist.  Das Geheimnis liegt an der richtigen Gerätschaft, ich bürste mich jeden Tag mit einem speziellen Ahornholzkamm, und bei der Kämmtechnik, immer schön mit dem Haarwuchs, nie dagegen striegeln. Ja, und gegen erste graue Haare hilft ein hausgemachter Bio-Brennessel-Sud – nach einem streng geheimen Familienrezept. Hilft auch gegen wunde Stellen in der Achselgegend.  Ja, schaut nur weiter so blöd. Jetzt begafft mich auch noch das Gender-Schaf Peter-Mandy (kann sich noch für kein Geschlecht entscheiden), das pinkfarbene

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: GAB, Romy van Mader, Tom Rotheleier
Bildmaterialien: GAB, CC0 Creative Commons, Portraitbild Romy van Mader: Romy van Mader
Cover: GAB, Romy van Mader
Lektorat: K. Armenti
Tag der Veröffentlichung: 16.09.2017
ISBN: 978-3-7438-3299-2

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle dienigen unter ihnen, die es vorm Schlafengehen kurz und durchgeknallt mögen.

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