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Der Teufel und die Fliegen
Zur Not frisst der Teufel Fliegen, ich fress sie zum Spaß.
Der D. saß im Wohnzimmer und ich wusste, dass es nicht viel gibt was ich dagegen tun kann. Wo er schon mal da ist beschließe ich ihn mir anzusehen. Ich schaue hinter der Gardine hervor und merke, dass er, die Beine angewinkelt, auf dem Boden sitzt und Fussel aus dem Teppich zupft. Er hat mich noch nicht bemerkt und die Kekse, die meine Frau ihm hingestellt hat sind unberührt. Ich bin nicht sicher ob ich mit ihm reden will. Ein dünner Speichelfaden hängt von seinem Kinn herab. Er murmelt etwas und kichert. Ich weiss, dass er ein Monster von Mensch ist und zu allem fähig. Er ist der letzte große Anführer, der es noch nicht in die Geschichtsbücher geschafft hat. Gemordet hat er noch nicht, noch nicht einmal Anhänger hat er. Könnte er aber jeder Zeit. Ich überlege ob es klug wäre mich ihm vorzustellen. Er scheint sich wohl zu fühlen und es wäre möglich, dass er mich zu etwas hohem ernennt. Statthalter oder Minister, so was in der Art. Ich könnte Einfluss haben, Macht. Angst wär meine Waffe. Ich verwerfe den Gedanken; Es ist gefährlich mit Diktatoren anzubändeln, versuchen sie zu zähmen, zu dressieren. Menschen wie ich, die einfachen, nüchternen sind dazu nicht geschaffen. Und wie gesagt: Er ist ein Monstrum und wenn ich versuchte ihn zu streicheln könnte er mich ganz verschlingen, von der Hand an angefangen, Arm, Schulter, Kopf und schließlich alles. Dann wär ich von Anfang an Untertan. Nein Danke sag ich mir und meine dabei wieso nicht. Dieser Augenblick hier scheint von Belang zu sein. In diesem Wohnzimmer. Meine Frau ist oben, die Kinder in der Schule und D. hat das Wohnzimmer besetzt. Ich könnte was sagen und damit allen zeigen was ich von ihrer Angst halte und von meiner. Ich denke mich fort, hinter der Gardine, hinter die Berge, über die Wolken. Wie war das nochmal mit dem Neubeginn. „Wir stehen mit gezogenen Pistolen am Abgrund. Dem Krater des anderen Planeten aus dem unsere Welt neu entsteht . Und alles nur um zu zeigen, dass es funktioniert. Um zu zeigen wie viel, wenig ist und wie wenig das ist worum wir uns scheren.“ Ich atme leise, ich habe eine Chance gewittert und wäge ab. Angst über Risiko und der Schutz nur eine Ausrede? Ich weiss, dass er ein Monster ist und zu allem fähig. Ich weiss auch, dass ich ein Messer in meiner Hand halte. Ich weiss, dass ich mit meinem Handeln profitieren kann oder zugrunde gehen. Wenn ich D. erdolche, dann passiert nichts. Mein Nachbar ist Polizist und er sagt, bei solchen Leuten werden keine Fragen gestellt, wenn was passiert. Ich mag meinen Nachbarn, ich glaube ihm. Ich könnte die Welt verändern, ich könnte etwas tun. Es ist gefährlich. Er erhebt sich und schaut mich direkt an, er räuspert sich und setzt sich auf die Couch. Ich hasse ihn, weil er sie vollsabbert, weil er guckt wie ein Kind und dabei größer ist als ich. Ich hasse ihn, weil ich Angst vor ihm habe obwohl er so erbärmlich wirkt. Es ist so wenig wert, dass ich das alles weiss. Er weiss es nämlich auch und deswegen lächelt er und pisst. Er macht das ganze Sofa voll und grinst breit. Ich koche, regungslos. Muss abwägen. 1. Ja 2. zum 3. Und letzten Mal. Ich hebe das Messer hoch über meinen Kopf, versuche nicht zu blinzeln. Er schaut mich an, sieht wie ich vor ihn trete und zusteche. Er lächelt nicht mehr, er atmet schwer, er weiß was ich gerade verpasse. Aber ich habe Frau und Kinder und sonst auch viel woran mir etwas liegt. Er weiß, was ich für ihn hätte lassen müssen. Ich weiss, dass ich wahrscheinlich nicht in der Lage gewesen wäre ihn zu zähmen. Es muss so sein. Er sinkt zusammen, die Gefahr ist gebannt., doch die Angst bleibt. Egal, alles bleibt, der Anflug von Unberechenbarkeit in meinem Leben ist fortgeweht worden. Das ist ein Euphemismus. Ich hab ihn niedergestochen und muss ihn nun entsorgen, den Anflug. Mein Nachbar ist Polizist, der weiss wie man mit sowas umgeht. Ich beschließe bei ihm zu klingeln.

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Tag der Veröffentlichung: 11.11.2010

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