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Kapitel 1

 

„Jeannette Ellena Marone, komm sofort her!“ Oho nicht gut, wenn meine Mutter mich so nennt ist nicht gut Kirsche essen mit ihr. Ich bin, wie meine Mutter mich ja bereits vorgestellt hat, Jeannette Ellena Marone. Ich bin 15 Jahre alt, von Sternzeichen Skorpion und habe Blutgruppe B. Was ist noch wichtig? Ach ja; ich habe schwarze hüftlange Haare die sich gegen unten locken. Ich habe sehr dunkle Augen, sie wirken fast schwarz. Ich bin halb Koreanerin halb Amerikanerin, abgesehen von dem bisschen Mexikanischen und Japanischen Blut bin ich ein Halbling, wie meine Nana immer sagt. Als ich unten ankomme, wedelt meine Mutter mit einem Zettel in der Hand. „Du hast die Schule schon wieder geschwänzt? Warum machst du das? Du weisst doch genau wie wichtig die Schule ist!“, schreit mich meine Mutter an. „Ich weiss aber…“, weiter komme ich nicht, denn mein Vater unterbricht mich. „Nichts aber. Du weisst genau warum wir nicht wollen, dass du die Schule wegen Musik schwänzt.“ „Ihr versteht mich einfach nicht!“, brülle ich wütend, „Ich will nicht Immobilienmaklerin werden, so wie ihr zwei. Ich will Musik machen und die Menschen damit verzaubern. Ich will auf einer Bühne stehen und singen!“ Ich stehe vom Tisch auf, renne die Treppe rauf in mein Zimmer und knalle die Tür zu. Dann schalte ich die Musikanlage auf voll Lautstärke auf und lasse meine „Agromusik“ (wie ich es nenne) laufen. Schon wird die Tür auf gemacht und meine Mutter steht in meinem Zimmer. „Ach mein Schatz. Wir wissen doch das du nicht Immobilienmaklerin oder sonst was werden willst. Aber es ist wichtig, dass du wenigstens einen Schulabschluss hast.“, sie lächelt mich sanft an, „Ausserdem haben dein Vater und ich beschlossen dich auf ein Internat zu schicken. Dort lernst du vielleicht auch etwas Verantwortung zu übernehmen.“ Wie können sie es nur wagen! Ich werde noch wütender. „Ihr wollt mich also abschieben? Natürlich, denn dann habt ihr ja nicht mehr so viele Probleme! Weisst du was Mom? Ich hab keine Lust mehr auf dich und Dad!“ Himmel bin ich wütend. Ich renne aus meinem Zimmer, die Treppe wieder runter und bleibe vor der Eingangstür stehen um mir meine Schuhe und eine Jacke anzuziehen. Dann mach ich die Tür auf und gehe raus. Leider bemerke ich erst jetzt, dass ich meinen IPod im Zimmer gelassen hab. „Ach scheiss drauf.“, murmle ich vor mich hin. Ich laufe Richtung Fluss. Dort hatten mein grosser Bruder, mein Dad und ich ein Baumhaus gebaut, das war vor etwa acht Jahren. Die Baumhütte ist auf einem grossen Baum direkt am Waldrand, dort wo der Fluss aus dem Wald fliesst. Ich zieh mich immer dorthin zurück wenn ich meine Ruhe brauche oder wenn ich nachdenken will. Um zur Baumhütte zu gelangen muss ich jedoch zuerst in den Park, das Problem jedoch ist nicht die Tageszeit, nein sondern die Leute die um diese Zeit dort rum lungern. Mit einem zweiten Blick versichere ich mich nochmals ob es tatsächlich schon 23.00 Uhr ist. „Dann sollen sie sich doch noch etwas Sorgen machen, bald müssen sie es ja nicht mehr. Ich stecke mein Hände in die Hosentaschen und setzte mich in Bewegung. Die ganze Zeit über dachte ich wann ich in das Internat gesteckt werde, wie es so sein wird und was dort für Personen leben würden. Ich muss nur noch eine Strasse überqueren um in den Park zu gelangen. Ich gehe also über die Strasse, immer noch ganz in meinen Gedanken, als ein Auto angefahren kommt. Wie es bei mir so üblich ist bleibe ich stehen und kann mich nicht bewegen. Das Auto hält gerade noch rechtzeitig. Die Fensterscheibe wurde herunter gelassen und der Fahrer streckte seinen Kopf raus. Ich kann erkennen das in dem Auto noch mindestens zwei weitere Personen sitzen, und sie alle schauen mich sauer an. „Sang mal bist du völlig bescheuert? Pass doch auf wo du hinläufst oder bist du etwa lebensmüde?“ Ich will gerade weiter gehen als ich höre wie er Schlampe sagt. Ich war sofort wieder auf 180. Ich drehe mich um gehe auf das Auto zu und mache die Tür des Fahrers auf, dieser schaut mich ganz verdutzt an. Ich hole mit der rechten Hand aus balle sie zur Faust und verpasse ihm eine. „Ich hoffe du stehst auf blaue Augen, denn das wird garantiert eins. Arschloch!“ Ich drehe mich um und will eigentlich gehen, damit ich endlich im Baumhaus ankomme, doch eine Hand packt mich am Arm und hält mich fest. „Was soll’n die Scheisse? Spinnst de? Ein gratis Tipp: Lauf das nächste Mal über den Fussgängerstreifen!“ Er lässt meinen Arm los steigt ein und fährt weiter.

Endlich bin ich im Park aber vor mir ist schon das nächste Problem das ich überwinden muss. Ich hab vor Jahren gelernt, dass man den Leuten besser aus dem Weg geht um solche Zeit, wenn man nicht weiss wie man sich verteidigen muss. Was bei mir ganz bestimmt nicht der Fall ist. Drei Jahre Judo, vier Jahre Karate und ein Jahr Aikido reichen um einen Typen der zwei Köpfe grösser ist als ich fertig zu machen. Ja ich bin ein gefährliches Mädchen selbst wenn es nicht so aussieht. Einer der Typen schwankt auf mich zu und betucht meinen Hintern. Ich balle meine Hände zu Fäusten. „Was für ein hübsches Mädchen du doch bist. Wills du dich nicht etwas zu uns gesellen? Ich bin mir sicher wir werden eine Menge Spass haben.“, lallt der Typ und seine Freunde beginnen zu grölen. „Ich glaub das einfach nicht. Wer will mich heute alles sonst noch ärgern?“ Ich reisse mich los, packe seinen Arm und werfe ihn zu Boden. Er bleibt jedoch nicht lange liegen, sondern steht auf und zieht ein Butterfly aus seiner Hosentasche. Er will gerade zustechen als sich ein Arm um meine Hüften schlingt und eine tiefe, raue Stimme sagt: „Lasst doch die Kleine in Ruhe.“ Derjenige mit dem Messer lässt sich nicht stoppen holt aus und will das Messer in meinen Leib stechen, wird jedoch abgeblockt. Ich kick ihm in den Arm und der, der hinter mir steht starrt mich verdutzt an. „Hast wohl nicht gedacht, dass die Kleine sich auch verteidigen kann was?“, mit diesen Worten wende ich mich ab und marschiere zur Baumhütte. Ich klettere den Baum hinauf und zünde gleich als erstes die kleine Laterne an die vor der Tür steht. Dann nehme ich den Schlüssel aus dem Versteck und schliesse auf, drinnen zünde ich die Kerzen an und hänge die Laterne an die Decke. Ja es ist gefährlich mit den Kerzen, aber da wir Vorsichtsmassnamen getroffen hatten ist das kein Problem. Ich setzte mich auf die Matratze und lasse den Tränen, die ich jetzt schon eine Weile unterdrückt habe, freien Lauf. Sie wollen mich wegschicken, sie wollen mich abschieben. Ich glaube ich war noch nie in meinem Leben so enttäuscht gewesen wie jetzt. Ich meine ich sehe sie nur am Wochenende sonst fast nie. Ich war nicht mal so enttäuscht als Joel mit mir Schluss machte weil ich nicht mit ihm schlafen wollte. Ich war nicht so enttäuscht als Lea sich den heissesten Jungen der gesamten Schule angelte und nun kaum Zeit mehr für mich hat. Ich war nicht mal so enttäuscht als mein Bruder mich mit meinen Eltern allein liess. Das ist gerade mal ein Monat her, wir waren wie Pech und Schwefel solange bis er auszog. Gut er ist schon 18 aber trotzdem, er hätte ruhig noch etwas warten können. Ich stehe auf gehe zum Tisch, hole aus einer Schublade ein Puzzle und Leim hervor, und beginne ein neues. Ich tapeziere die Wände seit drei Jahren nicht mehr mit Poster sondern mit Puzzles. Es sind kleinere die man innerhalb ein bis zwei Stunden fertig hat und maximal 20 cm auf 10 cm sind. Während ich puzzle singe ich. Ich singe Sabotage von Honey, White Flag von Dido und so weiter. Um drei Uhr morgens beschliesse ich wieder nach Hause zu gehen, schliesslich habe ich morgen beziehungsweise heute wieder Schule.

 

Kapitel 2

Um halb sieben Uhr wirft mich mein Wecker aus dem Bett. Der Ton ist ein total bescheuerter, welcher einem so richtig auf die Nerven geht. Ich bin zwar kein Morgenmuffel aber ich würde heute, dennoch lieber ausschlafen. Ich zieh mich an, geh ins Badezimmer, schminke mich und frisiere mich. Dann geh ich runter und esse mein Frühstück, welches meine Mom mir schon hingestellt hat. Nach zwanzig Minuten gehe ich rauf und pack meine Schulbücher und Hefter ein. Dann geh ich zur Bushaltestelle. Da meine ABF krank im Bett liegt höre ich Musik bis der Schulbus kommt. Sie hat mir heute Morgen eine SMS geschickt („Ich soll dir von meinem Bett ausrichten, dass es mich gekidnappt hat und mich erst wieder gehen lässt, wenn ich wieder gesund bin ;) wünsch dir einen schönen Tag) Normalerweise muss ich keine Musik hören, da mich Lea immer voltextet, aber wenn sie mal nicht da ist wird es ganz schön langweilig. Die erste Stunde ist Englisch bei der Schreckschraube hoffentlich überstehe ich den Tag.

Tatsächlich lebe ich noch, so gehe ich wieder zur Bushaltestelle und steige in den Bus. Zu Hause mache ich die Tür auf, gehe direkt auf mein Zimmer und schalte die Musik an. Da meine Eltern ja noch nicht zu Hause sind kann ich mit Musik meine Hausaufgaben erledigen. Kaum bin ich mit meinen Hausaufgeben fertig geht die Haustür auf und meine Eltern rufen nach mir. Nah das kann ja heiter werden. Sie wollen mit mir über das Internat reden. „Also wegen dem Internat Jeannette. Dein Vater und ich haben uns das genau überlegt, es mag dir vielleicht etwas überflüssig vorkommen, aber wir halten das für etwas Gutes für dich.“, sagt meine Mutter und mein Vater ergänzt: „Schätzchen, du sollst wissen, dass wir dich nicht einfach abschieben wollen. Wir wollen nur das Beste für dich und wir sind davon überzeugt, dass du davon nur profitieren wirst. Und es wird dir bestimmt gefallen.“ „Woher willst du das wissen? Was ist das überhaupt für ein Internat?“, frage ich zickig, ich will nicht weg und ich kann es noch immer nicht glauben. „Das ist ein Förderinternat. Es Fördert dich in allen Wichtigen Fächern. Mehr sagen wir nicht. Du wirst dieses Schuljahr noch hier beenden, das ist ja nur noch diesen Monat, dann wirst du aufs Internat gehen. Ach ja die Sommerferien wirst du von den fünf Wochen zwei mit uns verreisen, zwei kannst du mit deinen Freunden verbringen und in der letzten Woche musst du deine Sachen packen und umziehen. Du musst dort an einer Tour teilnehmen und dich in verschiedenen AGs einschreiben. Du kannst selbst aussuchen was du wählst.“, meine Mutter hat sich ja verdammt gut informiert. „Wie viele Stunden habe ich pro Tag?“, frage ich, wobei es mich nicht im Geringsten interessiert. „Du hast jeden Tag um halb acht Unterricht, bis zwanzig nach Zwölf, dann gibt es Mittagessen, du hast genau eine Stunde dann beginnt der Unterricht wieder. Am Nachmittag hast du immer drei Stunden dann bist du frei. Wir haben beschlossen, dass du nur über die Ferien nach Hause kommst ansonsten bist du im Internat. Es sei denn du willst mit deinen Freunden etwas unternehmen, das kannst du am Samstag aber am Sonntag bist du wieder im Internat. Du wirst am Sonntag eine Stunde Nachhilfe erhalten, wir werden noch abklären bei wem. Wenn du krank bist bleibst du ebenfalls im Internat es sei denn es wäre etwas Schlimmes oder etwas längerfristiges, dann kommst du selbstverständlich nach Hause.“, mein Vater machte eine etwas längere Pause, „Wir sind davon überzeugt, dass du davon nur profitieren wirst.“ Mir wird schlecht und ich muss mir das Weinen verkneifen. Die Hoffnung, dass es nur ein Alptraum sein würde oder dass das alles nur ein schlechter Witz sei habe ich schon längst aufgegeben. „War’s das?“, frage ich erschöpft. „Ja du darfst nun gehen. Hast du schon zu Abend gegessen?“, antwortet meine Mom. „Ja.“, lüge ich, mir ist der Appetit vergangen. In meinem Zimmer schaue ich auf die Uhr und versichere mich, dass es tatsächlich erst viertel vor acht ist. Ich bin so hundemüde, dass ich beschliesse schlafen zu gehen. Also mache ich mich bettfertig und krieche unter die Bettdecke. Ich schalte noch meine Schlafmusik ein. Ich weiss, dass meine Mom sie immer abschaltet bevor sie selbst schlafen geht. Ich schlafe nach kurzer Zeit ein und träumte von dem Internat.

Zeitsprung

 

 Zeitsprung

Kapitel 3

Das ist jetzt die letzte Ferienwoche. Von meinen Freunden habe ich mich schon längst verabschiedet, doch bin ich mir einem sehr bewusst. Und zwar, dass ich sie in diesem Jahr nur selten sehen werde, und es möglich ist, dass wir uns später nicht mehr treffen werden. Es kann sein, dass das Band der Freundschaft durchtrennt wird und das alles nur wegen diesem bescheuerten Internats. So sitze ich im Auto und warte auf meine Hinrichtung. Um mich nicht mit meinen Eltern unterhalten zu müssen höre ich Musik. Ich habe extra meine Kopfhörer mit dem Schaldämpfer aufgesetzt und die Musik fast voll aufgedreht. Das Lied wechselt gerade und es wird „the final countdown“ von Europe wiedergegeben. Wie passend, denke ich, da mir nur noch 13 Minuten und 43 Sekunden bleiben. Kaum ist das Lied fertig so schaltet mein IPod auch schon ab. Von wegen kein Akku mehr! Da mir gerade noch 10 Minuten bleiben erzähle ich doch am besten gleich noch wie der Morgen war.

Als ich endlich aus dem Bett kam, zog ich mir schwarze Jeans, ein weisses T-Shirt, mit schwarzem Totenkopf und Kopfhörern aus Pailletten, und ein schwarzen Jäckchen an. Dann ging ich nach unten und stopfe Cornflakes in mich rein, ich kann ja nicht ohne Frühstück dorthin fahren (mir wird immer übel wenn ich ohne etwas zu essen Autofahren muss, erstrecht wenn es über drei Stunden sind.). Nach dem Essen musste ich helfen mein Gepäck ins Auto zu verfrachten, dauerte leider nicht all zulange. Meine Mom betrachtet meine Kleidung missbilligend. „Was denn? Glaubst du ich würde mich anders anziehen als sonst auch nur weil es ein Internat ist und ich noch nie dort war?“, fragte ich sie. Sie seufzte als Antwort, da sie weiss was meinen Modegeschmack betrifft lasse ich mich auf keine Diskussionen ein. Mein ganzes Gepäck landete im Kofferraum ausser meiner Umhängetasche. Ich habe sie selbst genäht und bin stolz drauf, da ich einfach nicht nähen kann. Sie ist aussen schwarz und innen rot, die Bändel sind auch schwarz, jedoch habe ich darauf Bilder von allen möglichen Marken drauf genäht (bis ich die in Folie gewickelt hatte waren über vier Stunden vorbei). Ich liebe sie über alles! In ihr habe ich meinen Laptop, mein Handy, ein Fläschchen Wasser und ein Buch verstaut. Der Rest des Morgens verbrachte ich mit schmollen, und Musik hören. Wenn meine Eltern mich etwas fragten, so tat ich so als könne ich sie nicht hören und sie liessen mich in Ruhe.

 

Das Auto hält an und ich schaue heute zum ersten Mal aus dem Fenster. Das Internat sieht unglaublich aus. Es ähnelt einem Schloss, gross mit zwei Türmen, die Dächer sind dunkelbraun und die Wände weis. Vor dem Eingang ist ein grosser Bereich wo sich Schüler tummeln. Alle in Begleitung von ihren Eltern und Geschwistern. Mein Bruder ist nicht zu Hause und konnte somit nicht mittkommen. Ich merke wie meine Hände kalt wurden und das Blut in die Beine fliest, das ist bei Menschen so wenn sie Angst haben um schneller zu fliehen. Ob ich jetzt tatsächlich fliehen könnte? Wäre ich schnell genug? Ich will es gerade versuchen, doch mein Vater hat das wohl schon geahnt. „Denk nicht einmal dran, jetzt fort zulaufen! Du weiss ja gar nicht wie es hier ist. Versuch es wenigstens.“, meint er. „Was wenn es mir nicht gefällt, wenn ich alles versuche aber ich mich hier einfach nicht einleben kann?“, frage ich meine Eltern. Meine Mom lächelt und antwortet: „Wir können es ja so machen: wenn du dich nach einem halben Jahr noch immer nicht wohlfühlst kannst du nach Hause kommen. Die Bedingung ist jedoch, du darfst die Schule nicht schwänzen du wirst dich an die Regeln halten und du wirst dich in mindestens einer AG einschreiben.“ „Das würdet ihr wirklich machen?“, frage ich sie ungläubig. „Natürlich, aber wir sind fest davon überzeugt, dass es dir hier gefallen wird.“, sagt mein Dad. Ich gebe mir einen Stoss und gehe mit meinem Gepäck (mit dem was ich tragen kann) in den Hof. Ich werde von einer jungen Lehrerin empfangen: „Hallo und willkommen auf dem Internat Raven. Ich bin Madame Javier. Und wie heisst du?“ Die Frau hat einen französischen Akzent aber sie scheint sehr sympathisch zu sein. „Ich heisse Jeannette Marone.“ , antworte ich ihr, sie nickt nur. „Luana, könntest du mal kurz kommen?“, ruf sie einem Mädchen zu, welches in unserer Nähe mit einem anderen redet. Das Mädchen, welches mit Luana angesprochen wurde, hat schwarze, kurze Haare, rehbraune Augen und ist ca. 1.60 m gross. Das Mädchen kommt auf uns zu und begrüsst uns freundlich. „Luana könntest du sie auf ihr Zimmer bringen und ihr nachher alles zeige? Das wäre sehr nett.“, fragt die Frau das Mädchen. „Natürlich kommen sie mit. Äh welche Zimmernummer hast du denn?“ Ich krame in meiner Tasche herum und hole zwei Zettel hervor. Der eine ist der Provisorische Stundenplan und auf dem anderen steht meine Zimmernummer. „317 ist die Nummer.“, sage ich etwas schüchtern. Komisch normaler weise bin ich doch auch nicht so schüchtern. Sie nickt und führt uns zu meinem neuen Zimmer. „Du kannst dein Zimmer so einräumen wie du es willst, du darfst alles damit machen, nur nicht es in die Luft jagen.“ Ich muss lachen. „Das ist nicht witzig, tatsächlich ist das schon einmal passiert. Gut es war kein Schlafzimmer sondern das Chemiezimmer aber dennoch.“, jetzt lacht auch sie. Wir müssen in den vierten Stock. „So da wären wir, am besten legst du deine Sachen einfach mal hin und dann werde ich dir zuerst etwas erklären, erzählen müssen.“, sie dreht sich zu meinen Eltern um und fährt fort, „Sie können in die Cafeteria runter, es ist gross beschrieben, oder aber, für den Fall dass sie schon wieder gehen möchten, können sie sich jetzt von ihrer Tochter verabschieden.“ Sie zwinkert meinen Eltern zu. „Ich glaube wir werden uns jetzt verabschieden. Sei brav ja? Und denk an unsere Abmachung.“, ermahnt mich meine Mom. Sie drücken mich beide noch mal und geben mir einen Kuss auf die Stirn, dann gehen sie. „Also du hast ein zweier Zimmer deine Mittbewohnerin ist wohl noch nicht da, aber das ist egal. Wie gesagt du kannst das Zimmer so einrichten wie du willst, du musst keine Kleidervorschrift beachten und du hast den ganzen Tag Internet. Also dann werde ich dir mal das ganze Areal zeigen. Ich werde dir wohl am besten noch einen Plan geben und noch Notizen zu den Lehrern.“ Luana ist echt nett, wie sich heraus stellt ist sie im selben Jahr wie ich aber schon zwei Jahre hier. Sie hat mir das ganze Areal gezeigt da fällt mir ein, dass ich gar nicht weiss was das für ein Internat ist. „Luana, was ist das eigentlich für ein Internat? Meine Eltern haben nur gesagt, dass es ein Förderinternat sei.“, frage ich sie. Sie starrt mich entsetzt an. „Das ist ein Internat um die Kinder so zu fördern, wie sie es brauchen. Ein Bespiel: Ich will Designerin werden und bin in den Fächern Textiles Werken und Kunst sehr gut, jedoch habe ich so meine Schwierigkeiten mit Mathematik. Also werde ich hier in den normalen Schulischen Fächern gefördert jedoch kann jeder Schüler auswählen welche anderen Fächer man noch zusätzlich wählt. Wie viele Stunden und welchen AGs du beitreten möchtest. Viele Fächer sind zwar vorgegeben aber es wird jeder Schüler anders gefördert. Damit meine ich seine persönlichen Interessen werden nicht unterdrückt sondern gefördert. Man sorgt hier dafür, dass du einen guten Abschluss hast, deinen Traumberuf ausüben könntest, falls das jedoch nichts wird, dass du jedoch auch einen anderen Beruf ausüben könntest. Es ist toll hier.“ Ich hätte mir wirklich nicht so voreilig eine Meinung bilden sollen. „Wo kann man sich für die AGs einschreiben?“, frage ich weiter. „Komm mit, das müssen wir unbedingt erledigen.“ Sie führt mich hinter das Gebäude wo eine grosse Rasenfläche ist. Auf dem Rasen reihen sich Stände aneinander. Wir laufen durch die Reihen und sie schlängt mir einige AGs vor, von anderen wiederum rät sie mir ab. Ich komme zu einem Stand der mit „Schüler Band“ beschriftet ist. „Spielst du ein Instrument, oder kannst du gut singen? Dann bist du hier an der richtigen Stelle.“, fragt mich der Junge der am Stand steht. Luana schaut mich an und sagt: „Die Schüler Band ist toll sie brauchen immer wieder neue Leute. Stimmt’s Toby?“ Der June nickt und strahlt über beide Backen. „Ich spiele Klavier bzw. Keyboard, Violine, Querflöte, Gitarre und kann singen.“ Toby streckt mir eine Liste entgegen und einen Stift. Ich schreibe mich ein und bin richtig happy. „Willkommen in der Schüler Band Jeannette. Wir werden sicher eine Menge Spass haben. Wir treffen uns immer Mittwochs nach der Schule im Musikzimmer.“

Luana und ich schlendern noch weiter durch die Reihen aber ich finde keine weitere AG die mir gefällt also gehen wir wieder zurück zum Eingang um ins Sekretariat zu gehen. Dort bekomme ich meinen Definitiven Stundenplan nachdem ich noch ein Formular ausgefüllt habe. Es geht um die Wahlfächer/ Wahlpflichtfächer und Förderkursen. Mein Stundenplan sieht jetzt so aus:

 

Lehrer:

Mrs. Keusch: Biologie, Chemie, Physik

Mrs. McAcons: Geschichte, Literatur,

Mr. Schäfels: Mathematik, Geografie

Madame Javier: Französisch, Latein, Spanisch

Ms. Chimelli: Sozialkunde, Kunst, Musik, Chor

Mr. Scholvien: Englisch, Italienisch

Mr. McGarrett: Sport

 

 

 

Luana gibt mir noch eine Beschreibung zu jedem Lehrer.

  • McAcons ist vielleicht alt aber sehr nett, wenn man ihr gegenüber jedoch keinen Respekt hat, so steht man schnell auf der roten Liste.
  • Schäfels ist eigentlich in Ordnung, melde dich so viel wie möglich bei ihm. Er mag Schüler die sich aktiv am Unterricht beteiligen.
  • Keusch ist eine Hexe, sie kann zwar mach Mal nett sein aber nur wenn sie nicht mies gelaunt ist. Falls sie schlecht gelaunt ist, ist dein Tag hinüber. Achte darauf, dass du nicht in der ersten Reihe sitzt bei ihr, denn sie spuckt häufig beim Sprechen
  • Madame Javier ist nett aber streng. Sie macht gerne Überraschungsprüfungen. Es lohnt sich wenn du den Stoff am Abend immer repetierst.
  • Chimelli ist die jüngste Lehrperson des Internats. In Sozi solltest du möglichst keine Schimpfwörter benutzten sie wirft mit Nachsitzzetteln nur so um sich. Grund ist die erst Klasse die sie hier hatte, sie sollen sie angeblich in der ersten Woche zum Heulen gebracht haben. Aber sie ist total cool.
  • Scholvien ist häufig etwas verpennt. Du darfst während einer Prüfung bei ihm Kaugummikauen. Aber mach nicht zu viel Mist bei ihm. Er schickt dich schneller zum Internatsleiter/ Schulleiter als dir lieb ist. Es macht vielleicht den Anschein, dass er nicht der schnellste ist, lass dich davon nicht täuschen.
  • McGarrett ist der coolste von allen. Lass dich nicht zwei Mal ermanne, sonst musst du 10 Mal ums Internat rennen und du hast 45 Minuten Zeit. Schaffst du es nicht so musst du gleich nochmals.

 

 

Kapitel 4

 

Mit den Infos gehe ich auf mein Zimmer. Luana scheint ganz in Ordnung zu sein.

Kaum mache ich die Zimmertür auf werde ich beinahe von einem Mädchen überrannt. „Du musst meine Zimmerpartnerin sein.“, sagt sie voller Freude. Das Mädchen ist gross, schlank und hat braune, lockige Haare und ist blau Äugig. Ich schau sie von unten an, sie hat mich tatsächlich über den Haufen gerannt. Ich bin direkt auf mein Hinterteil gefallen. „Ouh tut mir leid.“, sie reicht mir die Hand um mir aufzuhelfen, „Ähm also ich bin Shanaia und du?“ „Jeannette, freut mich dich kennen zu lernen.“ Sie scheint etwas durchgeknallt zu sein aber sehr nett. Im Zimmer fragt sie mich welches Bett ich wolle. „Würde es dir was ausmachen wenn ich das Rechte nehme?“, frage ich worauf sie heftig den Kopf schüttelt. Wir beginnen mit auspacken. Als erstes packe ich meine Kleider aus und verstaue sie im Schrank. Als nächstes richte ich meinen Schreibtisch ein, danach stelle ich meine Boxen auf und meine Stereoanlage. Shanaia scheint von meiner Stereoanlage begeistert zu sein. Dann Stelle ich meine Gitarre und meine Violine an den richtigen Platz. „Du hast nicht zufällig Reisnägel dabei?“, frage ich Shanaia. „Loko habe ich die dabei.“ Sie wirft mir eine Packung mit Reisnägeln zu. „Du machst also hauptsächlich Musik?“, fragt sie mich. „Jap, und was machst du?“, frage ich sie, während ich meine Posters aufhänge. „Sport. Zu Hause war ich im Weit- und Hochsprungteam, und im Volleyball Team.“

Wir vergleichen gerade unsere Stundenpläne als es an der Tür klopft und eine junge Frau herein kommt. „Na ihr zwei, ich bin Ms. Chimelli. Ich bin für dieses Stockwerk verantwortlich. Das heisst ich muss wegen der Nachtruhe kontrollieren, falls ein Lehrer krank sein sollte muss ich euch das mitteilen und ihr könnt euch mit all euren Problemen an mich wenden.“ Nach einer kleinen Vorstellungsrunde verschwand sie wieder. Ich und Shanaia haben leider nur Sport gemeinsam und Sozialkunde. Um 19.00 Uhr gibt es Abendessen. Da wir erst sechs Uhr haben, beschliessen wir noch etwas raus zu gehen. „Meinst du, du könntest mir mal was vorspielen?“, fragt mich Shanaia ganz schüchtern. "Natürlich. Wie wär es nach dem Abendessen. Welches Instrument? Du darfst wählen.“ „Kannst du Klavier spielen?“, fragt sie mich, ich nicke nur. „Gut, dann spiel mir doch auf dem Klavier etwas vor.“

Die Stände sind schon fast alle abgeräumt und mehrere Schüler sitzen im Gras. „Jeannette, Jeannette!“ Ich drehe mich um und sehe Luana bei einigen anderen Schülern. Darunter auch Toby. Sie winkt uns zu sich. Um nicht alleine dazustehen gehen wir zu ihr. Luana steht gleich auf und kommt auf mich zu. „Du musst Jeannettes Zimmerpartnerin sein. Hallo ich bin Luana.“, Luana streckt ihr die Hand hin und Shanaia ergreift sie. „Hallo ich bin Shanaia.“ „Ach ja, das sind Juliette, Fabio, Toby, Valerie. Leute das sind Jeannette und Shanaia.“ Juliette ist ziemlich klein, hat blonde Haare die leicht gewellt sind und hat grüne Augen. Juliette hat etwas Feenhaftes an sich. Toby ist gross hat kurze dunkle Haare und seine Augen sind beinahe so dunkel wie seine Haare. Anscheinend ist er der Freund von Juliette. Valerie ist mittelgross, hat rote Haare die Kerzengerade sind und hat wie Shanaia blaue Augen. Fabio, nun Fabio ist gross, mindestens einen Kopf grösser als ich (ich bin 1.67 m gross), hat kurze Haare die hellbraun sind und hat die schönsten Augen auf der Welt, um ehrlich zu sein sieht er einfach hammer aus! Ich glaube er ist der beliebteste Junge auf dem Internat. Zumindest bei den Mädchen, bei den Jungen weiss ich nicht so recht. „Ey Leute!“, zwei weitere Jungen kommen in Begleitung von drei Mädchen. „Oh mein Gott nicht die“, murmeln Luana und Valerie gleichzeitig. Ich will gerade fragen da gibt mir Juliette eine halbe Antwort auf meine ungestellte Frage. „Das sind Jules und Leander. Die drei Girls die sie dabei haben sind, Moira, Janine und Nina.“ Luana erklärt mir, dass die drei die grössten Zicken und Schlampen und überhaupt die Monster des gesamten Internates sind. Um ehrlich zu sein sehen sie auch ganz danach aus, wasserstoffblonde Haare, übertrieben geschminkt (in den Farbtopf gefallen). Ja das beschreibt sie sehr gut. Janine setzt sich direkt neben Fabio und flüstert ihm irgendetwas ins Ohr. Ich verdrehe meine Augen und beginne ein Gespräch mit Valerie. „Tut mir leid aber das muss ich einfach loswerden. Du hast hammer Haare!“, sage ich zu ihr. Sie lacht und meint: „Vielen Dank aber ich finde deine sind viel toller! Ich meine schwarz, lang…“ Meine Befürchtung am Anfang sie könne eine falsche Schlange sein verfliegen sofort. Einer der zwei Jungs sieht ihr sehr ähnlich aus, als ich sie darauf anspreche atmet sie einmal tief durch bevor sie sagt: „Jules ist mein Zwilling, mein jüngerer. Es ist manchmal eine echte Katastrophe mit ihm. Ich meine er lässt sich auf jedes weibliche Wesen ein. Man könnte beinahe sagen, was weiblich und bei drei nicht auf dem Baum ist, wird angebaggert.“ Man merkt, dass es sie belastet. Da ich die Jüngste in unserer Familie bin kenne ich dieses Problem nicht, da ich immer diejenige war die genervt hat und nicht mein Bruder. Ich bin froh meinen Bruder als Bruder zu haben, denn er beschützt mich vor allem was mir was böses anhaben will. Als ich klein war, gerade mal fünf Jahre und sowohl mein Dad als auch mein Mom am Abend gearbeitet haben musste mein Bruder jeden Abend im Wandschrank und unter dem Bett nachschauen ob sich dort nicht doch ein Monster versteckt hat. Mehr als einmal schlief ich bei ihm weil ich Angst hatte und nicht schlafen konnte. Erst jetzt bemerke ich wie sehr ich ihn vermisse. Ich muss unbedingt nach dem Abendessen meinen Eltern anrufen und ihnen danken, dass sie mich hierher gebracht haben. Nina hat sich an Jules gehängt und Moira hat sich an Leander rangemacht. Solche Mädchen sind echt ätzend. „Ey Luana wer sind denn diese zwei Mädchen?“, ruft Jules. „Das sind Jeannette und Shanaia.“ Während sie uns den Neuankömmlingen vorstellt zeigt sie zuerst auf mich, dann auf Shanaia. Plötzlich klingelt das Handy von Juliette. Ihr Klingelton ist I love it von Icona Pop. Ich kann nicht anders und beginne es vor mich hin zu summen. Valerie und Luana beginnen zu lachen und wir singen es alle drei. „You’re on a different road I’m in the milky way you want me down on earth but I am up in space. You’re so damn hard to pleas we gotta kill this switch you’re from the 70s but I’m a 90s bitch!“ Beinahe alle starren uns an. Wodurch wir nur einen Lachanfall bekommen. „Mein Gott deine Stimme ist der Wahnsinn! Sag mir bitte, dass du in der Schülerband dabei bist!“, fleht mich Valerie an. Ich grinse, wobei mir mein Versprechen gegenüber Shanaia in den Sinn kommt. „Ähm Leute, das Musikzimmer, ist das den ganzen Tag offen oder braucht man da den Schlüssel einer Lehrperson?“ Toby antwortet mir: „Nein man kann nicht einfach so rein man brauch einen Schlüssel. Warum meinst du?“ „Sie hat mir versprochen etwas auf dem Klavier vorzuspielen. Aber das wird wohl nichts.“, sagt Shanaia etwas enttäuscht. „Ach wenn’s nur das ist. Ich habe einen Schlüssel und ich wäre dazu geneigt dir aufzuschliessen wenn wir auch zuhören dürfen.“, sagt Toby mit einem schelmischen Grinsen. „Ach wenn’s nur das ist. Das wäre grossartig.“, ich überlege kurz, „Wer wäre denn alles mit von der Partei?“ Juliette, Toby, Luana, Valerie und Fabio sagen sie kämen. Kaum hat Fabio gesagt er komme auch, sagt Janine sie wolle auch mit kommen. Es ärgert mich etwas aber was soll’s, ich bin ja doch nur auf sie neidisch weil sie anscheinend die Freundin von Fabio ist.

Kurze Zeit später stehen wir schon vor dem Musikzimmer. Toby schliesst die Tür auf und wir treten ein. Ich komme beinahe nicht mehr aus dem Staunen raus. Ein wunderschöner schwarzer Flügel steht in mitten des Raumes. „Was spielst du uns denn schönes vor?“, fragt mich Janine. Ich meine einen spöttischen Unterton zu vernehmen, aber ich gehe nicht drauf ein. „Ich glaube ich spiele Mononoke Hime dazu brauche ich keine Musiknoten.“ So setzte ich mich auf den Hocker und beginne. Wie immer bei diesem Lied kann ich nicht anders, ich muss einfach singen. So spiele ich auf dem Flügel und singe, ich nehme die anderen schon gar nicht mehr wahr. Kaum verklingt die letzte Note beginnen alle zu klatschen, alle ausser Janine. Als Fabio es bemerkt schaut er sie durchdringen an, sie dreht sich um und verschwindet. „Dieses Misst Stück hat wohl nicht gedacht, dass ich so gut bin.“, denke ich. „WOW! Das war unglaublich! Ich dachte mir ja dass du gut bist, aber doch nicht soooo gut!“, schwärmt Juliette. Ich werde rot aus Verlegenheit. „Ähm danke.“, sage ich etwas kleinlaut. „Würdest du noch was vorspielen?“, werde ich von Valerie gefragt. „Wenn ihr wollt kann ich noch eines spielen.“, sage ich schüchtern. Alle nicken eifrig. „Wobei ich könnte euch auch etwas auf meiner Gitarre oder meiner Violine vorspielen, wenn ihr wollt. Dann würde ich aber sagen wir treffen uns draussen im Garten. So kann ich noch schnell meine Instrumente holen gehen.“ Wir einigen uns auf zwanzig Minuten im Garten. In meinem Zimmer angekommen, rufe ich als erstes meinen Eltern an. „Josephine Maron. Wer ist am Apparat?“, werde ich von meiner Mutter begrüsst. „MAMA! Ich bin es.“, ich bin so froh sie erreicht zu haben. „Mein Schatz, wie geht es dir?“ „Mir geht’s gut. Übrigens danke, dass ihr mich hierher gebracht habt.“ „Na siehst du es gefällt dir ja doch.“

Ich telefoniere eine Ganze weile mit meiner Mom, danach noch kurz mit meinem Dad. Als ich bemerke, dass die zwanzig Minuten schon fast vorbei sind klopft es an der Zimmertür. Ich packe meine Sachen zusammen und mache auf. Vor mir stehen Janine, Moira und Nina. Oho, na das kann ja heiter werden. „Willst du dich an Fabio ran machen, du kleine Schlampe?!“, keift mich Janine auch schon an. „Warum sollte ich mich an deinen Freund ran machen? Dazu habe ich erstens keinen Grund und zweitens will ich ihn doch gar nicht.“ Aus dem Augenwinkel sehe eine Bewegung, ich drehe meinen Kopf dort hin und entdecke Fabio und Shanaia. Fabio kommt direkt auf uns zu. „Janine was soll die Scheisse eigentlich? Lass sie in Ruhe.“, sagte er zu ihr, er schreit nicht aber seine Stimme klang so bestimmt, dass es sich wie ein Schrei anhört. Ich bin zusammen gezuckt als ich ihn sprechen hörte. Zuvor habe ich ihn keine Sätze sprechen hören, aber seine Stimme jagt mir einen heissen Schauer über den Rücken und ich bekomme Gänsehaut. Janine und ihre Freundinnen suchen das Weite. „Übrigens Janine und ich sind kein Paar.“, sagt er. „Warum bist du eigentlich hier?“, frage ich ihn. „Weil Shanaia mir gesagt hat du hättest mit meiner >Freundin< stress.“ „Also ganz der edle Ritter?“

 

Wir sind gerade im Garten angekommen da kommt gerade Ms. Chimelli um die Ecke. „Dachte ich mir doch, dass da welche rausgegangen sind. Was macht ihr denn umso späte Stunde noch hier draussen?“ „Nun Jeannette spielt uns etwas vor. Sie können ja auch hier bleiben wenn sie wollen.“, antwortet ihr Juliette. Sie und Toby sitzen im Grass aneinander gekuschelt. Sie sind einfach süss die zwei. „Ja warum auch nicht? Was spielst du denn schönes Jeannette?“ „Das weiss ich noch nicht so genau, hat jemand einen Vorschlag?“ „Kannst du Dust in the wind?“, fragt mich Ms. Chimelli. „Meinen sie das von Kansas?“ Sie nickt. Ich hole meine Gitarre hervor und beginne zu spielen und setze mit singen ein. „I close my eyes. Only for a moment and the moment’s gone. All my dreams… »

Ich spiele noch drei weitere Lieder, dann gehen wir schlafen.

Kapitel 5

Erster Schultag bedeutet: früh aufstehen, sich bei jedem Lehrer vorstellen und in diesem Jahr niemanden in den Kursen zu kennen. Na toll, das sind ja vielleicht schöne Aussichten! Mit dieser Einstellung gehe ich und Shanaia (sie jedoch total gutgelaunt) in den Speisesaal. Shanaia ist irgendwie immer gut gelaunt, ich habe sie jedenfalls noch nie schlecht gelaunt gesehen. Gut ich kenne sie mit heute erst zwei Tage, aber trotzdem. Wir setzten uns zu Luana und den anderen und quatschen über die belanglosesten Themen. „Erste Stunde Geschichte, na das kann ja heiter werden. Denn in Geschichte langweile ich mich zu Tode weil es mich nicht interessiert. Dann war Napoleon eben ein Kaiser und Hitler ein Genie und Abraham Lincon eben irgendein Bürgermeister. Dann soll doch Louis der XVII, oder so, eben Kaiser oder König oder was auch immer von Frankreich im Absolutismus gewesen sein. Es ist einfach zu langweilig.“, murre ich. Alle am Tisch lachen. „Tja dann wünsche ich dir viel Spass. Übrigens ich werde auch dort sein.“, versucht mich Luana auf zu muntern. Ich lächle sie an. „Na dann wird es vielleicht ja gar nicht so schlimm.“ Wieder lachen alle und ich zucke nur mit den Schultern. „Ach übrigens war es Ludwig der XVI und nicht Louis der weiss Gott was. Und es heisst Abraham Lincoln.“, schallt mich Luana. Ich verdrehe die Augen.

 

Tatsächlich ist Geschichte bei Mrs. McAcons ist eigentlich noch sehr interessant. Ob es nun am Thema liegt oder nicht. Sie hat das Thema Mythologie gewählt, da sie meint: „Ihr kennt euch jetzt schon mit den Weltkriegen und deren Folgen aus, ihr wisst über die Französische Revolution Bescheid und über einiges mehr. Was mich daran vielleicht interessiert ist für euch langweilig. Daher hoffe ich, dass dieses Thema etwas spannender für euch ist. Es ist wichtig, dass ihr wisst welche Mythischen Wesen wo leben, denn in einigen Kulturen und Religionen werden manche davon sogar verehrt. Wir beginnen in Asien und Europa, da auf dem Eurasischen Kontinent der Ursprung der zahlreichsten „Vielfalt“ der Wesen unseres Themas ist. Dann gehen wir nach Australien, Afrika, Amerika und Südamerika. Natürlich soll es auch an den Polen, also Süd- und Nordpol, Legenden und Sagen geben. Wir werden auch einige Vorträge hören, denn ich will, dass ihr in Gruppen je einen Kontinent auswählt und über die Mythologie von dort berichtet. Dann wird jeder einzelne von ihnen einen Vortrag über das Wesen halten, welches ihm oder ihr am besten gefallen hat.“ Oh einen Vortrag das liebe ich. Ich sitze an einem Tisch mit Luana, Brian und Logan.

 

Englisch: Wie ich es erwartet habe ruft Mr. Scholvien jeden auf, damit der sich vorstellen kann. „Jeannette Marone.“, schon werde ich aufgerufen. „Ich bin Jeannette Marone, ähm meine Hobbys sind: Musizieren, lesen. Ich habe mehrere Jahre Kampfsport. Ja ich glaub das ist alles.“ Ich hasse es mich vorzustellen, erst recht auf Englisch. Mein Banknachbar ist eigentlich ganz in Ordnung. Henry ist zwar ein etwas komischer Kauz aber er ist in Ordnung. In diesem Kurs ist auch Moira. Juhu juhu.

Mathe: Auch hier darf ich mich wieder vorstellen. Ich sitze neben Lisa. Lisa ist ein richtiges Mathematik Genie. Luana ist auch wieder hier, leider aber auch Jeanine. Während der gesamten Stunde versucht dieses Miststück mich mit ihren Blicken zu erdolchen.

Franz: Mal was ganz neues ich muss mich auf Französisch vorstellen. Ich sitze neben Chloë. Sie ist irgendwie komisch. In diesem Kurs kenne ich niemanden sonst.

Latein: Wir müssen uns nicht vorstellen. Mein Banknachbar ist Fabio. Uhuuuuu bin ich nervös. Ich kann auch Brian erkennen. Fabio hilft mir zwar wenn ich nicht mittkomme aber ansonsten schweigt er. Fabio scheint zwar im Allgemeinen ein eher Ruhiger Junge zu sein. Ich beschliesse ebenfalls ruhig zu sein, um nicht gleich am ersten Tag schlecht aufzufallen. Die Stunde war leider viel zu schnell fertig. Jedoch habe ich jetzt Mittagspause. Ich stopfe meine Bücher in meine Tasche. Ich will gerade das Zimmer verlassen, da werde ich von Madame Javier aufgehalten. Ich gehe davon aus, dass Fabio nicht auf mich warten würde. Als ich jedoch das Zimmer zehn Minuten später verlasse, laufe ich beinahe in Fabio hinein. „T- tut mir leid.“, stammle ich. Ein Lächeln spielt um seine Lippen und mir stockt der Atem. „Lass uns essen gehen, sonst verhungere ich.“, sagt er. Ich nicke und wir gehen.

 

Mittagspause: Endlich wieder ein paar bekannte Gesichter. Wir sitzen wieder an unserem Tisch. Es gibt zum Mittagessen Spagetti Bolognese. In der Cafeteria ist es sehr laut (Stühle kratzen über den Boden, das Gejohle der Schüler).

 

Bio, Chemie und Physik: Kein Vorstellen. Meine Banknachbarin bzw. Laborpartnerin ist Jaqueline, ich werde wohl das Referat mit ihr haben. Jaqueline ist eine typische Streberin: zwei Zöpfe, Brille, Sommersprossen und ist auf alles vorbereitet. In diesem Kurs sind auch gleich noch Janine, Moira, Nina und Jules. Na toll das kann ja mal was werden. Tatsächlich ist diese Lehrerein gar nicht mal so schlimm. Trotzdem ersehne ich das Ende des Unterrichts. So packe ich meine Sachen zusammen als es endlich klingelt und verschwinde.

 

Bevor ich in mein Zimmer gehe, schaue ich im Musikzimmer vorbei. Es ist niemand drin also beschliesse ich noch kurz an den Flügel zu gehen. Ich habe immer Musiknoten dabei. Ich vergesse die Zeit völlig. Musik zu spielen entspannt mich einfach und ich vergesse alle meine Sorgen. Ich lebe nur im Hier und Jetzt. Das Lied klingt aus und ich höre eine Person hinter mir sagen: „Du bist unglaublich! Ich hab noch nie so etwas Schönes gehört.“ Ich drehe mich um und erblicke ein Mädchen, welches sich gerade eine Träne aus dem Gesicht wischt. Sie kommt mir irgendwie bekannt vor. „Ähm danke.“ „Ich bin Mia wir haben zusammen Geschichte. Du bist mit meinem Freund in der Gruppe.“, sagt sie. „Du bist die Freundin von hmmm… Logan oder?“, rate ich. „Ja, wie hast du das erraten?“, fragt sie mich nun erstaunt. „Nun da ich mit Logan und Brian in einer Gruppe bin, und du eher Logans Typ bist. Er starrt dich häufig im Unterricht an. …Ausserdem trägst du ein Armband mit seinem Namen drauf.“ Wir lachen beide. „Hallo Jeannette.“, ertönt da eine Stimme hinter mir. Ohne mich umzudrehen weiss ich, dass es Janine ist, womöglich sind da auch noch Moira und Nina. Tatsächlich sind die anderen zwei auch bei ihr. „Das letzte Mal hat dich Fabio gerettet, aber dieses Mal hast du nicht so viel Glück.“, sagt sie böse. Na toll und was mache ich jetzt? Ich will Mia da nicht mir rein ziehen. „Mia, ich hab gehört, dass du dich hier aufhältst. Oh hei Jeannette.“ Ich glaube ich habe noch nie so viel Glück gehabt. Gestern und war Fabio mein Held und heute ist es Logan. „Du hast auch nur mehr Glück wie Verstand, du kleines Miststück!“, faucht Janine. „Janine du solltest dich besser verpissen. Sonst verprügle ich dich. Das würde dir vielleicht eine Tonne Schminke für die nächsten acht Tage ersparen aber es würde dir trotzdem nicht gefallen.“, sagt Mia drohend. Nun bin ich verwirrt, wahrscheinlich schaue ich genau so dumm aus der Wäsche wie Janine. „Mia geht ins Judo. Das solltest du vielleicht noch wissen.“, klärt mich Logan auf. Ach so. „Ich habe ihm wohl öfters seinen knackigen Hintern gerettet als ihm lieb ist.“, scherzt Mia. Ich stelle mich in Angriffsposition neben sie. „Ich habe mehrere Jahre Aikido, Kickboxen und Karate gemacht.“, sage ich und fixiere dabei Janine und ihre Zickenschwestern. „Ich knöpf mir Janine vor, mit der habe ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen“ Ich nicke und erwidere: „Ich zwar auch aber das wird sicher nicht das letzte Mal gewesen sein.“, ich mache eine kleine Pause und fahre fort, „Dann über nehme ich Moira und Nina. Und was macht Logan?“ „Ich werde Cheerleader spielen und rufen: gebt mir ein F. gebt mir ein I. gebt mir ein G. gebt mir ein H. gebt mir ein T. gebt mir ein E. gebt mir ein R. Gebt mir ein Fighter!“ Dabei tut er so als halte er Pompons in den Händen. „Sag mal Schatz wie kommst du auf Fighter? Ich meine es ist ja schön dass du uns anfeuerst aber trotzdem?“ „Ach weisst du Baby, das weiss ich selbst nicht.“, Logan grinst Mia frech an. Ich bemerke wie sich die Zickenklique aus dem Staub machen. „Sie sind weg. Danke für eure Unterstützung ich hätte es nie alleine geschafft. Trotz Kampfsportunterricht.“, bedanke ich mich. Und das Paar vor mir antwortet mir Zeitgleich: „Keine Ursache, haben wir gern gemacht.“ Mia ergänzt noch: „Freunden muss man schliesslich helfen.“, sie runzelt die Stirn, „Das sind wir doch oder?“ Ich lächle. „Natürlich.“ Sie schliesst mich in die Arme. Logan kommt zu uns und umarmt uns beide, dann sagt er feierlich: „Gruppenkuscheln.“ Und wir lachen alle zusammen.

Kapitel 6

Nach dem ich mich von den beiden verabschiedet habe gehe ich in mein Zimmer. Schliesslich gibt es bald Abendessen. So gehe ich alleine durch die leeren Flure in mein Zimmer. Dort werde ich schon erwartet. „Hallo. Und wie war dein Tag so?“, werde ich auch gleich von Shanaia gefragt. „Eigentlich ganz gut und wie war deiner?“ „Naja er war ganz in Ordnung. Mich hat es nur genervt, dass man sich in jedem Kurs neu vorstellen muss. Stell dir vor das wird wenn’s blöd läuft noch eine ganze Woche so sein.“ Shanaia jammert noch eine Weile vor sich hin. Ich schalte meine Stereoanlage an. Industrial und Hard Rock sind auf der ersten CD drauf und da es auf voller Stufe ist erschrecken wir beide fürchterlich. Ich schalte die Musik sofort aus und wir beginnen zu lachen. Es geht so weit, dass wir uns sogar auf dem Boden wälzen. Ich wechsle die CD und wir hören, jetzt leiser als zuvor, Hero von Skillet. „Also deine Stereoanlage hat’s wirklich drauf!“, schwärmt Shanaia. „Ich weiss, hab sie ja auch selbst gekauft. Musste ein Jahr lang sparen um diese Stereoanlage samt Mischpult zu kaufen.“ Tatsächlich haben meine Eltern keinen Cent gezahlt. Es klopft an der Tür und ich öffne sie. Vor der Tür stehen Luana, Juliette, Mia und Valerie. „Heii Leute!“, begrüsse ich sie. „Na was geht, wir haben von Mia gehört was passiert ist und dachten wir können dich davon ablenken.“ Ich lächle und erwidere: „Das ist nett von euch, aber Shanaia hat mich bereits aufgeheitert.“ „Äh habe ich das? Ich weiss noch nicht mal um was es geht.“, wendet sie ein. Wir lachen alle nur Shanaia schaut uns verwirrt an. „Die Zickenklique, also Moira, Nina und Janine, haben mir im Musikraum einen Besuch abgestattet. Mia war auch da und hat mich unterstützt. Und dann komme ich so geladen in unser Zimmer zurück, sehe dich und zack ich bin total happy.“, grinse ich sie an. „Wow ich wusste ja gar nicht, dass ich so gut bin.“, zwinkert sie mir zu. „Also gut. Aber damit wir nicht überflüssigerweise gekommen sind spielen wir ein Spiel.“, sagt Juliette. „Also gut, welches Spiel?“, frage ich sie. „Wahrheit oder Pflicht, was denkst du denn?“, gibt mir Valerie die Antwort. „Gut aber vielleicht sollten wir ja zuerst etwas essen. Wir können ja später mit den Jungs spielen.“, meint Luana. Also gehen wir in die Cafeteria.

Zum Abendessen gibt es Schnitzel und Pommes. Angeblich nur deswegen weil heute der erste Schultag ist. Ansonsten gäbe es eigentlich immer Kalt. Da kein Lehrer sonst noch etwas zu sagen hat und wir bald fertig gegessen haben, gehen wir raus. Draussen ist es etwas kühl aber noch einigermassen angenehm.

Ich summe vor mich hin ohne es zu merken bis mich Juliette darauf aufmerksam macht. „Jeannette, sing!“ Und so erhob ich meine Stimme und begann zu singen. „Skin to bone, steel to rust. Ash to ashes dust to dust. Will tomorrow have it's way. with the promises we made. Skin to Bone, steel to rust…” Ich gab mir keine allzu grosse Mühe und doch konnte ich sagen, keine schlechte Leistung.

Wir beschlossen am nächsten Wochenende einen Filmabend zu machen, und verabschiedeten uns um unsere Aufgaben für den nächsten Tag zu erledigen. Ausserdem war bald Nachtsperre, welche wir am Abend zuvor nur verletzen durften weil eine Lehrperson dabei war. So schlendern Shanaia und ich alleine zu unserem Zimmer, nachdem wir uns von den anderen getrennt und verabschiedet haben. Da ich im Unterricht schon begonnen habe, bin ich in kürzester Zeit fertig, Shanaia jammert vor sich her. „Soll ich dir helfen?“, frag ich sie. „Du wärst meine Heldin“, lacht sie. So helfe ich und in weniger als einer halben Stunde haben wir die Aufgaben bewältigt. Shanaia gähnt ausgiebig, sie muss müde sein, ja gut das ist verständlich, denn es ist der erste Tag und es war anstrengend. „Willst du schlafen? Ich bin noch hellwach und würde raus gehen um dich nicht zu stören“ „Tut mir leid Jeannette aber ich muss das Angebot dankend annehmen. Ich bin hundemüde und wir müssen morgen früh raus. Und für mich als wasch echter Morgenmuffel brauche meinen Schönheitsschlaf.“, sie lächelt mich verlegen an, „wenn es dir nichts ausmacht?“ Ich lächle sie verständnisvoll an, „Natürlich, ist doch kein Problem. Ich wünsch dir eine gute Nacht, schlaf gut.“ Mit diesen Worten gehe ich aus dem Zimmer. Zuerst weiss ich nicht wohin ich gehen soll, so laufe ich einfach drauf los. So kommt es, dass ich vor dem Musikzimmer stehe. „Na das ist ja mal wieder typisch ich, es ist genauso logisch dass ich hier lande wie auch dass ich den Schlüssel nicht habe.“, gluckse ich vor mich hin. Ich will gerade die Tür aufmachen da erstarre ich. Langsam drehe ich mich um, und da steht er. Fabio. Gott ist das peinlich, ich muss echt psychisch gestört wirken wenn ich Selbstgespräche führe und vor mich hin lache. Der beste Beweis ist seine nach oben gezogene Augenbraue. „Eeeeehh… ich hab nicht gewusst dass hier noch jemand ist.“, sage ich verlegen. Fabio dreht den Kopf und ich sehe noch eine weitere Person. Eine Person die mich mit Verachtung in den Augen anfunkelt. Ohweh. Ein ungutes Gefühl breitet sich in mir aus. Feurige Hitze steigt in mir auf und ich werde wütend und eifersüchtig, was beides bescheuert ist, da er nicht mir gehört. „Ich wollte euch nicht stören, tut mir leid wenn ich euch bei irgendwas unterbrochen habe.“, sage ich angesäuert. Na toll jetzt ist mir auch noch die Lust aufs Klavierspielen vergangen, das soll mal jemand schaffen. Naja so schwer ist es nun auch nicht, wenn der Typ das schon ohne grosse Mühe hinkriegt. Ich stapfe den Flur entlang, erschrecke jedoch gewaltig als mich jemand an der Schulter packt. „Was ist los?“, fragt mich eine nur allzu bekannte Stimme. Eine Stimme die dunkel ist, leicht rauchig klingt eine wunderschöne Melodie in sich birgt, die sexy ist und einfach nur zum niederknien… Moment mal was denk ich da!? Ich reisse mich los und fauche ihn an: „Nichts und selbst wenn, es ginge dich nichts an.“ Nun starre ich ihm direkt in seine Augen, die Augen welche sich gefährlich zusammen kneifen. Will der mir etwa Angst einjagen? Ich schaue ihn unverwandt an, wir werden jedoch jäh unterbrochen als Janine uns unterbricht. Sie versucht sich zwischen uns zu schieben um Fabios Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wir bieten uns ein filmreifes Blickduell. Was sie dabei jedoch nicht bemerkt ist, dass Fabios Blick die ganze Zeit über auf mir liegt und er sie geflissentlich ignoriert. „Leg dich nicht mit mir an! Es würde deinem hübschen Gesicht nicht wohl bekommen.“, sage ich in viel zu ruhigen und beherrschtem Ton. Ich kann sehen wie sich ihre Züge verändern und sie auf mich losgehen will, wenn da nicht Fabio wäre. Sie will ja nicht gewalttätig da stehen und versucht sich zu beherrschen. Fabio packt mich am Arm und zieht mich von ihr weg. „So jetzt gehen wir mal raus und kühlen uns etwas ab bevor wir uns noch aufregen.“, sagt er in einem Ton der keinen Wiederspruch erduldet.

Kapitel 7

„Was sollte das?“, zischt mich Fabio an. „Ich weiss nicht wovon du redest.“, antworte ich ihm trotzig. Gut das war vielleicht keine so gute Idee, dennoch es stört mich, dass er mich hinter sich her schleif als wär ich ein Hund. Er bleibt abrupt stehen, dreht sich langsam um und blickt mir entnervt in die Augen. „Oh ich glaube du weisst ganz genau wovon ich rede. Ich dachte du seist erwachsener und lässt dich auf so etwas nicht ein, aber was tust du?“, er macht eine Pause und seufzt, „Ja sie provoziert dich aber DU lässt dich auf ihr Niveau hinab. Willst du vom Internat fliegen nur weil sie dich provoziert? Du hast es vielleicht noch nicht mitbekommen, aber sie wird alles dran geben dass du fliegst! Sie wird dich immer weiter provozieren und es wird nicht immer jemand bei dir sein und dich davon abhalten sie zu vermöbeln. Ich weiss, dass du das locker kannst und du warst eben kurz davor. Sie wird nicht zögern zum Direx zug…“ Ich schneide ihm das Wort ab. „Wer hat gesagt, dass ich hier sein WILL?! Ich musste all meine Freunde zurück lassen, ich werde sie vielleicht nie wieder sehen. Dass sie mich provoziert weiss ich, aber du spielst da nicht gerade eine kleine Rolle. Hast du denn eine Ahnung warum sie mich los werden will?“ Er blickt mir direkt in die Augen, fest und entschlossen. „Weil ich ihr einen Korb gegeben habe und sie der Meinung ist, wenn sie mich nicht haben kann, dann soll es auch keine andere. Das war schon immer so.“ Was meint er mit schon immer? „Wir sind schon lange in einer Klasse, sie ist mir hierher gefolgt als ich das Schulhaus gewechselt habe. Hör zu, ich hab dich singen gehört, ich hab gehört wie du auf dem Flügel spielst, du legst so viel Gefühl hinein und ich will nicht dass du wegen einer Zicke fliegst nur weil sie dich hasst. Du sollst dein Talent fördern können.“, ein schiefes Lächeln stiehlt sich auf seine Lippen. „Worauf willst du hinaus?“, frage ich ihn und versuche dem Lächeln zu wiederstehen. „Halt dich von ihr fern, wenn du sie siehst, dann geh ihr aus dem Weg oder versuche in einer Gruppe zu sein, so wird es für sie schwieriger dich zu provozieren.“, sagt er ernst, das Lächeln ist verschwunden. „Du willst, dass ich mich wie ein Feigling verhallte?“, ich werde wieder sauer. „Wenn du es so nennen willst, ja.“ Ich blicke auf meinen Arm hinab, den er immer noch fest hält, und reisse mich mit einem Ruck von ihm frei. Ich dreh mich noch im gleichen Moment um und renne davon. Ich versuche die heissen Tränen zu verdrängen die mir die Sicht vernebeln. Ich bin so enttäuscht von ihm, wie konnte ich mich nur in ihm irren, hat der etwa das Gefühl ich hätte keine Selbstachtung keinen Ehrgeiz und keinen Stolz. Sehe ich für ihn so schwach aus? Ich bremse mein Lauftempo ab und will gerade um die Ecke biegen und finde mich kurz darauf am Boden wieder. Verdattert blick ich auf. Graue Augen mit einem Rand der genauso dunkel ist wie die Pupille blicken mir entgegen. Ich rapple mich auf und blicke die mir entgegen gestreckte Hand missbilligend an. „Ich wollte dich nicht verletzen.“, sagt er klein laut. „Du hast mich nicht verletzt.“, schnaube ich. „Und warum hast du dann geweint?“, fragt er mit einem Blick den ich nicht deuten konnte. Ich fasse mir an einen Augenwinkel und spüre etwas Warmes, Nasses. Er hat Recht, ich konnte sie nicht einmal verdrängen. Ich blicke zu Boden und flüstere klein laut. „Jedes Wesen hat sein Leben, seine Seele seinen Stolz. Wenn du willst dass ich mich feige verhallte, dann vergiss nicht dass mir das mein Stolz niemals erlauben wird. Ich laufe vor Problemen nicht davon wie es andere machen würden. Ich stelle mich meinen Feinden, wenn es heisst dass ich verletzt werde dann bitte aber ich lerne daraus und werde Stärker.“ Ich drehe ihm den Rücken zu, damit er meine Tränen nicht sehen kann, denn auch das lässt mein Stolz nicht zu, mit fahrigen Fingern versuche ich sie wegzuwischen. Ich will nicht, dass mich jemand so sieht. Noch nicht mal meine beste Freundin hat mich jemals so gesehen. Ich sie sehr oft, doch ich wollte immer das mich alle für das taffe Mädchen halten, dass ich nach aussen gebe. Ich wollte niemanden mit meinen Problemen belästigen aber für alle ein offenes Ohr haben. Ich hab so oft die Probleme anderer auf meine Schultern genommen, und zerbreche nun an den Worten eines Jungen. Das darf nicht passieren. Er dreht mich zu sich um und nimmt mich in seine starken Arme. Seinem Gesichtsausdruck nach weiss er wie ich fühle und was ich denke ohne dass ich es ihm sagen muss. „Es tut mir leid.“, sagt er noch einmal und ich glaube ihm. Ich weiss nicht wie lange wir so da standen aber es tat gut. Nach einer gefühlten Ewigkeit lässt er mich los und ich stelle mit Entsetzen fest, dass auf seinem Shirt ein nasser Fleck mit meiner verloffenen Mascara ist. „Macht nichts.“, beschwichtigt er mich. „Tut mir leid und danke.“ Er lächelt mich an. „Gern geschehen.“ Er setzt sein schiefes Lächeln auf nickt und geht. Ich gehe ganz langsam auf mein Zimmer, da meine Beine noch immer zittern und ich kauf noch Kraft habe die Treppen nach oben zu steigen. Als ich es dann doch endlich auf mein Zimmer geschafft habe und ich die Tür geöffnet habe empfängt mich die Dunkelheit und das leise Schnarchen von Shanaia. Ich ziehe mein Pyjama an und gehe schlafen.

Kapitel 8

Im Traum dränge ich mich an eine Wand, vor mir ein Mensch, ich vermute ein Mann bin mir jedoch nicht ganz sicher da es so dunkel ist, dass ich gerade noch die Umrisse erkennen kann. Ich will weiter ausweichen doch es geht nicht und ich presse mich noch fester an den Beton hinter mir. Die Wolken am Himmel geben den hellen Mond frei und etwas Silbernes blitzt in der Hand meines gegenüber auf. „Ein Messer, er wird mich erstechen… ich werde hier und jetzt sterben!“ schiesst es mir durch den Kopf. Ich wimmere auf und kaure mich zusammen. Eine Angst wie ich sie noch nie gefühlt habe. Eine Hand packt mich an meiner Schulter und zieht mich hoch. Ich fühle etwas kaltes Stählernes in meiner Brust. Ein schriller schrei entweicht meiner Kehle, mein Körper sackt zusammen, ich verliere die Kontrolle über ihn und mir wird kalt. Ich spüre wie der Tod mich holen kommt, schleichend langsam, schmerz voll und unaufhaltsam. „Bevor ich sterbe, sag mir warum!“, fordere ich die Person vor mir auf. „Muss es denn einen Grund geben?“

Ich wache mit einem Ruck auf, schreiend, schluchzend, verängstigt und schweiss gebadet. Shanaia wird durch das Geschrei wach und ist mit einem Satz bei mir. „Jeannette was ist los? Was ist mit dir?“ Tränen rinnen mir über das Gesicht und sie schliesst mich fest in ihre Arme. „Schscht alles ist gut, es ist alles in Ordnung. Egal was du geträumt hast es war nur ein übler Traum. Es wird alles gut Jeannette.“ „Ich hab Angst.“ Die Tür geht auf und Ms. Chimelli tritt in das Zimmer. „Was um alles in der Welt ist denn hier los? Und was sollte das Geschrei vorhin?“ Bevor ich antworten kann tut es Shanaia: „Jeannette hatte einen Alptraum, das ist alles.“ „Was war es denn?“ Shanaia zuckt mit den Schultern, „sie hat bisher noch nicht darüber gesprochen. Als sie geschrien hat und ich zu ihr hingegangen bin, war sie zu aufgelöst um überhabt etwas ausser sie hätte angst heraus zu bringen.“ „Er hat mich umgebracht! Und er hatte noch nicht mal einen Grund.“, schluchzte ich vor mich hin. „Wer?“, fragt mich Ms. Chimelli. „Ich weiss es nicht.“, ich beginne zu zittern. Shanaia drückt mich noch fester und die Angst verschwindet langsam. Als ich mich endlich beruhigt habe und das Zittern nachgelassen hat, erzähle ich den beiden was ich geträumt habe. „Ich weiss nicht warum ich so aufgelöst war, vielleicht weil es so realistisch war, ich dachte wirklich ich würde sterben.“, beendete ich meine Erzählung.

Diese Nacht konnte ich nicht mehr einschlafen und am Morgen bin ich so müde, dass ich das Gefühl habe mein Kiefer renkt sich aus wenn ich gähne. Ganz zu schweigen von den Augenringe die ich habe, jetzt mal ernsthaft die Dinger sind so fett und dunkel die abzudecken wird ein Kampf auf verlorenem Posten. Auf dem Weg zur Mensa um zu Frühstücken begegne ich den sorgevollen Blicken meiner Freunde und weiche denen von Fabio so gut es geht aus auch wenn es mir nicht immer gelingt. Als ich auf blicke und zum Tisch uns gegenüber blicke, sehe ich in ein paar Augen das mich gehässig anschaut, der Gesichtsausdruck des Mädchens ändert sich schlagartig, sie hat wohl meine Augenringe und meine übermüdeten Augen gesehen. Mir bleibt aber auch gar nichts erspart. Da ich meinen Freunden nicht sagen wollte und auch nicht zugeben wollte dass ich es war die in der Nacht geschrien hatte, hielt es Shanaia für ihre Pflicht es den anderen zu erzählen. Dabei mal ausser Acht gelassen, dass es die Jungs nicht gehört haben in ihrem Trakt und Fabio an unserem Tisch sitzt. Ich seufze und murre: „Leute jetzt hört schon auf mich so besorgt anzustarren. Das ist erstens unhöflich und zweitens es geht mir gut.“ „So siehst du aber gar nicht aus Jeannette. Ausserdem hat Shanaia eben gesagt du seist total aufgelöst gewesen.“ Ich seufze und ignoriere die Blicke weiter. „Na hat das arme kleine Mädchen einen Alptraum gehabt und musste heulen? Sollten wir deiner Mami anrufen und ihr sagen sie soll herkommen und dich trösten?“ Ich senke den Blick auf den Tisch und beisse die Zähne aufeinander. Wenn ich zu wenig geschlafen habe und provoziert werde ist das keine gute Mischung. "Na was ist los, du wirst doch wohl nicht gleich wieder zu flennen beginnen?“ Meine Hände verkrampfen sich und meine Fingernägel graben sich fest in meine Oberschenkel. Mein ganzer Körper ist angespannt. „Oder ist es vielleicht so, dass dich deine Eltern nicht richtig lieben?“ Ich bin plötzlich hell wach, schnelle herum und sehe nur einen Rücken. Fabio hat sich vor mich gestellt und mir so den Weg versperrt. „Jetzt reicht‘s! Entweder du lässt den Scheiss jetzt oder ich halte sie nicht mehr davon ab deine hässliche Visage zu polieren und glaub mir sie würde da einiges gerade rücken! Und wenn es so weit geht dass sie sich vor den Lehrern zu verantworten hat werden sie und ich nicht zögern sie zu verteidigen. Denn wir kennen die Wahrheit und wissen wer mit dem ganzen angefangen hat. Somit hat sich Jeannette nur gewehrt! Hast du verstanden?“ Janine reisst die Augen auf, anscheinend ist sie so einen Ton nicht gewohnt. Ihre gerade Haltung sackt in sich zusammen und sie verschwindet mit ihren Freundinnen. Fabio ist so laut geworden dass der gesamte Lärm in der Mensa verstummt und alle zu uns schauen. Irgend ein Lehrer hat das Gefühl zu uns kommen zu müssen um nach zu fragen was das gerade gewesen war doch ich bekomme es nicht mal richtig mit. Mir ist übel und mein Kopf schmerzt. „Sagt seht ihr das auch?“, frage ich verwirrt. „Was meinst du?“, fragt mich Juliette. „Na die schwarzen und weissen punkte die überall herum schwirren.“, antworte ich ihr fasziniert. Der Lehrer der zu uns gekommen ist unterbricht seine Standpauke abrupt und blickt mich entsetzt an. „Wieder hol das bitte noch ein Mal.“, fordert er mich auf und da erkenne ich den Lehrer. Mr. McGarrett der sonst so gelassene Lehrer scheint dieses Mal etwas nervös. „Da sind weisse und schwarze Punkte überall, etwa so wie der Ameisenkanal im TV nur mit wenigen Punkten.“, wiederhole ich mich diesmal etwas ausführlicher. Ich beginne leicht zu schwanken und jemand stützt mich damit ich nicht vom Stuhl falle. Alle blicken mich entsetzt, besorgt und geschockt an. „Fabio du bringst sie mit mir zusammen zur Krankenschwester, aber schnell. Jules lauf schon mal vor und sag ihr Bescheid, dass wir kommen. Ihr restlichen meldet die drei solange als entschuldigt bis sie nicht mehr gebraucht werden.“, er ist schon mit mir und Fabio auf dem Weg als er sich noch einmal umdreht und ihnen zuruft, „jemand von euch soll zu Mr. Scholvien gehen und ihm sagen er soll meine erste Stunde vertreten da er eine Freistunde hat.“ Zuerst versuchen sie mich nur zu stützen, was sie jedoch sehr schnell wieder aufgeben da ich meine Beine immer wieder nachgeben. Mr. McGarrett hebt mich schliesslich auf seine Arme und trägt mich zur Ärztin. Dabei werde ich so durchgeschüttelt, dass mein Kopf auf und abhüft. „Ich glaub ich übergebe mich gleich.“, sage ich. „Ich wär dir dankbar würdest du es nicht tun.“, bittet er mich. Fabio stösst das Krankenzimmer auf, in welchem Jules und unsere Schulärztin bereits auf uns warten. „Jules hat mir alles gesagt ist auf dem Weg sonst noch was passiert?“, fragt diese sachlich. „Ihr sei speiübel aber das kann auch davon kommen, dass ich sie hierher getragen habe und ihr Kopf auf und ab gehüpft ist.“, antwortet ihr der Turnlehrer.

Alles verschwimmt um mich herum und ich drifte ab. Von dem was die anderen im Raum noch sagen oder tun bekomme ich schon fast nichts mehr mit. Da wird auch schon alles schwarz und ich sacke in mich zusammen.

Kapitel 9

„DA! Ich glaube sie wacht auf!“ Ich zucke zusammen und denke: „Welche Person muss denn mit einer solch hohen Stimme herum schreien, mein armer Kopf tut mir jetzt schon weh.“ Ich öffne die Augen und schliesse sie gleich wieder. „Hell.“, will ich sagen, doch aus meiner Kehle kommt nur ein krächzen. Eine kühle Hand berührt meine Wange. Ich versuche die Augen ein weiteres Mal zu öffnen, diesmal jedoch zuerst nur einen kleinen Spalt breit. Jemand muss wohl das Licht gedimmt haben also öffne ich die Augen ganz. Ich blicke um mich und sehe in ein paar sehr vertraute Gesichter. Die Person neben mir zieht die Hand weg und ich gebe einen protestierenden Laut von mir. „Was ist passiert?“, flüstere ich fragend. Es ist mir egal wer mir antwortet solange es jemand tut der keine allzu schrille Stimme hat. „Kannst du dich denn an gar nichts erinnern?“, kommt eine Gegenfrage von Shanaia. Ich schüttle den Kopf, was eine sehr schlechte Idee ist, denn sogleich durch fährt ein stechender Schmerz meinen Kopf. Eine tiefe Stimme die mir viel zu sehr gefällt antwortet mir: „Du hast schwarze und weisse Punkte gesehen und du hast geschwankt. Wir haben dich hier her auf die Krankenstation gebracht. Auf dem Weg hierher wurde dir übel und du hast den Anschein gemacht dich in jedem Moment zu übergeben. Kaum waren wir hier angelangt wurdest du ohnmächtig.“ „Wenn wir schon gleich dabei sind, du hast Fieber und deine Augen tränten als du weg warst. Weisst du woher das kommt?“ Ich verneine obwohl mir da ein Gedanke kommt den ich immer wieder versuche zu unterdrücken. „Wenn dir was einfällt dann sag es mir bitte.“ Ich verspräche der Schulärztin, dass ich es ihr mitteilen werde wenn mir was einfällt. Ich will gerade nach einem Glas Wasser fragen, da wird mir auch schon eins entgegen gestreckt. Dankend nehme ich es entgegen und trinke es gierig aus. „Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht. Bitte tue das nie wieder ja?!“ „Es tut mir so leid, ich wollte euch nicht erschrecken.“, sage ich entschuldigend. „Ach du bist doch nicht schuld, tue es einfach nicht mehr es sah nicht besonders gesund aus. Ein glück ist dein Dickkopf nicht auf dem Boden aufgeschlagen.“ Mit einem Ruck drehe ich mich um, was mich vor Schmerzen auf keuchen liess. „Castian!“, schluchze ich auf und Tränen rinnen mir schon wieder über die Wangen. Mein Bruder kommt auf mich zu setzt sich neben mich aufs Bett und zieht mich in meine Arme. Ich heule mich aus. Ich vergesse alles und jeden um mich, da ist nur noch mein Bruder. Mein Bruder der mich so hält wie früher, der mir genauso wie damals über den Rücken streicht und mich versucht zu beruhigen. „Du warst nicht da. Du bist dich nicht mal verabschieden kommen als ich gehen musste. Du hast mich ebenso im Stich gelassen wie alle anderen!“, schluchze ich in sein T-Shirt. „Es tut mir so leid. Ich hätte da sein sollen. Es hat wohl wieder begonnen was?“ Ich nicke. „Alpträume von der Nacht?“ Ein weiteres nicken von mir folgt. „Du solltest nach Hause kommen.“, meint mein Bruder. „Nein, Mom und Dad sollten hier her kommen. Und du solltest dich öfters blicken lassen.“ „Du hast recht, das sollte ich.“, Castian streicht mir über den Kopf, „Und du bist müde du solltest dich hinlegen, die Augen schliessen und dich etwas ausruhen. Du wirst sehen wenn du wieder aufwachst wird es dir besser gehen.“ Er muss die Angst in meinen Augen gesehen haben. Die Angst davor, dass er wieder weg sein würde wie damals als er auszog. „Ich werde da sein versprochen.“ Kaum habe hat mein Kopf das Kissen berührt so schlafe ich auch schon.

Als ich die Augen wieder öffne fühlt sich meine Hand taub an, ich drehe den Kopf und sehe Castian der auf meinem Arm eingeschlafen ist. „Es war also kein Traum.“, seufze ich. „Nein, das war es nicht. Gott Jeannette du hast uns einen riesen Schrecken eingejagt tu das nie wieder.“, ich drehe meinen Kopf und blicke in die Gesichter meiner Freunde. „Ich versuche es.“, verspreche ich ihnen. Die Schulärztin kommt ins Zimmer mit einem Thermometer in der Hand. „Sehr gut deine Temperatur ist fast wieder normal.“, auch sie klingt sehr erleichtert. Als sie das Zimmer wieder verlässt öffnet mein Bruder die Augen und gähnt herzhaft. „Könntet ihr uns mal kurz alleine lassen? Ich muss mit ihr unter zwei Paar Augen sprechen und ihr solltet vielleicht wieder in den Unterricht, den ihr ja eigentlich schwänzt. Keine Sorge ich passe auf sie auf.“, bittet mein Bruder die anderen im Raum. Nur wiederwillig verliessen diese das Zimmer und ich kann sie vor der Tür diskutieren hören ob sie nicht einfach dort warten sollten. Anscheinend entscheiden sie sich dagegen und fassen sich ein Herz in den Unterricht zu gehen. „Was war da los?“, fragt mich Castian so gleich mit strenger Stimme, welche keinen Wiederspruch erduldet. Ich füge mich in mein Schicksal ein und erzähle es ihm. „Es hat ja doch keinen Sinn mit dir zu diskutieren.“, stöhne ich, „Also da war der Alptraum wieder, du weisst ja heute auf den Tag sind es sieben Jahre seit Luisa… tot ist.“ Selbst nach all diesen Jahren macht es mir zu schaffen über den Tod von Luisa zu sprechen, erst recht das Wort auszusprechen, welches mir immer wieder bestätigt, dass meine ältere Schwester nicht mehr da ist. „Ich weiss, es war auch meine Schwester.“, antwortet mein Bruder betrübt. „Was damals passiert ist, ich gebe mir noch heute schuld daran und werde immer wieder von diesem Traum verfolgt. Der Zusammenbruch heute wurde durch eine Auseinandersetzung hervorgerufen. Ich war wie in eine Ecke gedrängt worden und es wurde auf einmal einfach zu viel.“ „Es war gestern, ich bin sofort losgefahren als ich davon hörte und war erst gestern Abend da.“, flüstert Castian. So lange war ich also weg. Ich sehe ihn dankbar an. „Bitte sieh mich nicht so an. Ich war seit ich ausgezogen bin einfach nicht mehr für dich da. Du musst dich einsam und verraten gefühlt haben. Es tut mir so leid. Mom und Dad haben mir erzählt was in letzter Zeit alles vorgefallen ist.“, er klingt beschämt und traurig. Eine Träne stiehlt sich aus meinem Auge und er wischt sie mir weg. „Ich hab dich vermisst.“, flüstere ich mit brüchiger Stimme. „Ich werde versuchen dich hier öfters zu besuchen, oder wir können am Wochenende Skypen und wenn du mich mal brauchst oder die Zimmer wechseln willst kann ich dich hier holen kommen.“ „Das wäre schön, wir zwei so wie in alten Zeiten, nur halt nur noch zu zweit.“, ich lächle und immer mehr Tränen rinnen meine Wangen hinunter. Ich beginne zu schluchzen und greife nach Castians T-Shirt. Er nimmt mich in seine Arme und drückt mich fest an sich. Ich weiss nicht wie lange wir, uns aneinander geklammert wie zwei Ertrinkende, da sassen. Als ich jedoch den Kopf wieder hebe sehe ich, dass auch er geweint hat. Ich hole zittrig Luft und streiche die nassen Spuren auf seinem Gesicht weg und gebe ihm einen Kuss auf die Stirn. Es war bei uns immer so, dass Luisa die vernünftige mit dem kühlen Kopf war, Castian unser Fels in der Brandung und ich das kleine Schwesterchen das von den beiden beschützt werden musste. Jetzt da Luisa nicht mehr da war und mit ihr der Sauberkeitskomplex, die Geschichtenerzählerin und mein Vorbild verschwunden sind, fühle ich mich so oft alleine. Und auch wenn Castian nicht fehlt weiss ich, dass auch er das Gefühl hat, als wäre ihm ein Stück seines Herzen aus der Brust gerissen worden. Unsere geliebte Schwester die uns trotz ihres schwachen Körpers vor allem zu beschützen versuchte.

Kapitel 10

 

Nur mit wieder willen habe ich meinen Bruder am späten Nachmittag gehen lassen. Und mit demselben Wiederwillen entlässt mich die Schulärztin mich aus dem Krankenzimmer, nicht aber ohne mir noch das Versprechen abzunehmen, sofort zu ihr zu kommen wenn es mir wieder schlechter geht. „Und das bevor du zusammen klapst, hast du mich verstanden?“, ich nicke zur Bestätigung, „Na dann entlass ich dich jetzt.“ Ich kann das nach Desinfektionsmittel stinkende Zimmer gar nicht schnell genug verlassen. Im Gang atme ich zuerst gierig die fast frische Luft ein und seufze wohlig. Ich kann sehen wie sich etwas in meinem Augenwinkel bewegt und drehe mich um. „Warum bist du zusammen geklappt? Ich hab dir noch nicht mal was getan, ich hab nur ein paar doofe Sprüche fallen lassen.“ Ich werde ganz bleich. „D…das…das hat nichts persönliches mit dir zu tun und auch nicht direkt mit dem was du gesagt hast.“ Jeanine kneift die Augen zu, zuckt dann mit den Schultern und meint: „Auch gut, dann muss ich mich ja auch nicht entschuldigen.“ Mit diesen Worten geht sie davon. Ich gehe in die entgegengesetzte Richtung, komme allerdings nicht weit, da ich mich vor Anstrengung an der Wand abstützen muss. Ich gehe noch ein paar Schritte ehe ich es auf gebe und mich gefrustet an der Wand anlehne und hinunterrutsche. Ich bekomme wieder Kopfschmerzen und überlege mir schon zurück ins Krankenzimmer zu gehen. Da ich jedoch keine Kraft habe aufzustehen beschliesse ich sitzen zu bleiben, die Augen etwas zu schliessen und mich kurz zu erholen. Ich spüre wie ich hoch gehoben werde und öffne die Augen ein wenig. Ich schwebe über den Boden, gehalten von zwei starken Armen, so wie man ein kleines Kind trägt. Ich drehe den Kopf etwas und sehe das was ich erwartet habe, Fabio der mich erschöpft ansieht. Ich lasse meine Stirn auf seine Schulter sinken und lege meine Arme um seinen Nacken. „Kann ich bei dir schlafen?“, nuschle ich an seine Brust. „Solltest du nicht in dein eigenes Bett? Wenn uns ein Lehrer erwischt bekommen wir Ärger.“, antwortet er mir sanft. „Ist mir egal, ich sage ihnen ich sei in dien Zimmer geschlichen du hättest es nicht mal gemerkt.“, mein Zustand lässt mich zaghaft werden. „Warum?“, fragt er mich. „Ich brauche jemanden der da ist, der neben mir liegt und der mir das Gefühl gibt mich zu beschützen.“ Er ist bei der Tür die den Mädchentrakt von dem Jungentrakt abtrennt angekommen. „Du kannst bei mir schlafen, unter einer Bedingung.“, er stellt mich kurz ab um die Tür zu öffnen und fährt sich durch seine Haare, „Du erzählst mir was mit deiner Schwester vorgefallen ist.“ Ich reisse die Augen auf, dann kneif ich sie zusammen. „Woher weisst du von meiner Schwester?“ „Du hast in deinen Fieberträumen geredet dabei fiel der Name Luisa immer wieder. Ich bin vor der Tür stehen geblieben als du und dein Bruder geredet habt.“, er will mich wieder hoch heben, doch ich halte ihn mit einer Handbewegung davon ab. „Ich weiss nicht ob ich mich an die Bedingung halten kann.“, flüstere ich. „Es muss ja nicht jetzt sein. Ich bekomme ein flaues Gefühl im Magen, schlucke jedoch den bitteren Geschmack im Mund runter und verdränge die kalten Füsse. Ich werde doch jetzt keinen Rückzieher machen. Ich lass ihn mich wieder auf die Arme nehmen und er stellt mich das nächst Mal ab um seine Zimmertür zu öffnen. „Kann ich ein Shirt von dir ausleihen?“, frage ich schüchtern. Da ich nicht noch eine Nacht in meinen Jeans verbringen will und ich nichts da habe bleibt mir nichts anderes übrig. Jetzt wo ich so darüber nachdenke, wenn ich in meinen Kleidern geschlafen habe, dann müssen diese auch dem entsprechend stinken. Sofort laufe ich rot an und bin dankbar, dass er mir den Rücken zu dreht um ein Shirt aus seinem Kleiderschrank zu fischen. „Wenn du duschen willst, du weisst ja wo das Bad ist.“, meint er und drückt mir eine Jogginghose und ein Trägershirt in die Hand. Ich nicke und tapse auf die Dusche zu. So kommt es, dass ich zwanzig Minuten später, mit nassen Haaren und seinem Shampoo Geruch auf seinem Bett sitze, während er im Bad verschwindet. Sein Duschmittel hat einen wunderbaren Geruch, der nun nicht nur an mir sondern im ganzen Zimmer hängt. Ich rolle mich in seinem Bett zusammen und kuschle mich in die Laken. Ich bin sofort weg gedämmert und merke gerade noch wie sich jemand neben mich und seinen Arm um mich legt. Fabio zieht mich ganz nahe an sich so dass ich seinen Herzschlag in meinem Rücken fühle. Sein regelmässiger Atem, seine Wärme und sein Herzschlag machen mich schläfrig und ich schlafe ein mit dem Wissen, dass jemand da ist und mich beschützt. „Gute Nacht.“, murmle ich noch, dann war ich auch schon im Land der Träume.

Ich renne durch eine dunkle Gasse, mein Bruder hält meine Hand und zieht mich mit, direkt hinter uns ist Luisa und drängt uns schneller zu laufen. Ich weiss dass die Gasse bald nicht mehr weiter geht, doch zuerst wird das Schlagloch kommen. Ich beobachte das Geschehen wie immer von oben und schrei meiner Schwester, meinem Bruder und mir selbst zu sie sollen aufpassen, vorsichtig sein und um Hilfe schreien…doch wie immer hören sie mich nicht. Da es ist schon wieder zu spät! Ich stolpere, kann mich aber gerade noch fangen und renne weiter, meine Schwester hat das Glück nicht und schlägt der Länge nach hin. „Nicht, bitte ich will das nicht mehr sehen!“, schluchze ich. Mein Castian ruft Luisa zu sie solle aufstehen und weiter rennen, sie dürfe nicht stehen bleiben. Doch sie kann nicht, ihr Knöchel ist verletzt. „Lauft weiter, macht euch keine Sorge um mich!“, Ich kann die Tränen in den Augen meiner Schwester sehen und weiss, dass sie in Wirklichkeit schreien wollte, nehmt mich mit wartet auf mich oder helft mir doch aber lasst mich nicht zurück. Sie tat es damals nicht und wird es auch in meinen Träumen nie machen. Sie hatte so mein Leben und Castians gerettet, indem sie ihr eigenes geopfert hatte. Durch einen Strudel verändert sich das Bild und ich renne mit Castian weiter nun aus dem Blickfeld von meinem Traum ich. „Dreh dich nicht um, renn weiter!“, ermahnt mich Castian und dann hören wir einen Schrei. Einen gellenden, markerschütternden Schrei…. Ich schrecke auf, schweiss gebadet liege ich im Bett. Etwas schweres drückt mich in die Matratze. Ich habe das Gefühl zu ersticken, es wird mir alles zu viel. Da bewegt sich das schwere etwas und setzt sich mit mir auf. „Schscht. Ich bin da. Alles ist gut, du hast nur geträumt.“, Fabio hat mich so zwischen seine Beine gezogen, dass er sich mit mir vor und zurück wiegen kann. Ich zittere und fühl mich wie ein Häufchen Elend. „Sie ist meinetwegen gestorben.“, schluchze ich. „Ich bin in den Sommerferien davon gelaufen und Castian und Luisa sind mir hinterher gefolgt. Meine Eltern haben es nicht mal gemerkt. Wär ich nicht abgehauen, wären wir nicht von diesen Schlägertypen verfolgt worden und wären nicht in diese Gasse gerannt. Somit wäre Luisa nicht gefallen und hätte sich den Knöchel nicht verletzt. Sie hätten sie nicht getötet wäre ich nicht gewesen. Castian und sie waren Zwillinge, du musst wissen, es wirkte als seien sie eine Seele aufgeteilt in zwei Körper. Unterschiedlicher wie sie nur sein könnten doch waren wie Kaugummi. Wäre ich nicht gewesen dann… dann würde Luisa noch…“, meine Stimme bricht ab. Ich atme tief durch denn ich will, dass er weiss was geschehen ist. „Sie starb da draussen, in meinen Träumen höre ich noch immer den Schrei, das letzte was ich von ihr hörte. Castian und ich haben nur überlebt, weil die Polizei auf uns aufmerksam wurde und die zwei noch gerade aufhalten konnte bevor sie uns auch noch töten konnten. Castian und ich wurden von den beiden in eine Ecke gedrängt. Der Grund warum ich zusammen gebrochen bin, hat damit zu tun, dass ich mich in eine Ecke gedrängt fühlte und dass macht mir mehr Angst als sonst etwas.“ Fabio sagt nichts er wiegt mich einfach weiter. Ich drehe mich um, lege meine Beine um seine Hüften und vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Er ist einfach nur da und hält mich fest. Fabio streicht mir über den Rücken und erdet mich, ich fühle mich verstanden und zum ersten Mal wusste ich zu 100 Prozent, dass da jemand war der mich nicht verurteilt und mich dafür nicht verabscheute. „Du bist nicht schuld daran Jeannette.“ Ich beginne hemmungslos zu weinen und mein Körper wird von Schluchzern geschüttelt. Er drückt mich nur noch mehr an sich und sagt immer wieder dass ich nicht schuld sei.

Kapitel 11

Ich werde durch das Gepiepe eines Weckers unsanft aus den Federn geworfen und schlage hart auf dem Boden auf. Verwundert blicke ich aufs Bett. Wo ist Fabio? Der hat doch die ganze Nacht neben mir verbracht, wo ist er hin und seit wann ist er nicht mehr da? Ich blicke auf den Wecker, 7 Uhr morgens, wenn ich in die Schule will bin ich jetzt zu spät dran. Ich nehme den Wecker in die Hand und versuche ihn auszuschalten. „Wie um alles in der Welt schaltet man den ab?“, murre ich vor mich hin. Im Schneidersitz sitze ich auf dem Boden mit dem Rücken zur Tür und dem Kopf frustriert aufs Bett gelegt, in meiner Hand, welche ich aufs Bett gelegt habe, halte ich noch immer den piependen Wecker. Eine Hand greift über meine Schulter und schaltet den Wecker aus. Ich blicke auf und sehe direkt in die wunderschönen, grauen Augen, die mich müde und besorg ansehen. „Wo warst du?“, frage ich ihn. „Ich hab dir was zu essen geholt, nicht dass du verhungerst, ausserdem hat ich die Schulärztin gebeten dir diese Tabletten zu geben und dir zu sagen, dass du heute den Unterricht nicht besuchen solltest.“ Ich will ihm wieder sprechen und sagen dass es mir gut geht, dass er sich keine Sorgen zu machen braucht und dass ich fit bin für den Unterricht, ganz anders als er es zu sein scheint. Doch etwas in seinem Blick hält mich zurück, brav nicke ich und krabble in sein Bett zurück. Wenn ich schon nicht in den Unterricht darf bleib ich eben hier. „Wa… was machst du denn?“, mit weit aufgerissenen Augen starrt er mich an. „Ich hab mich ins Bett gelegt damit ich bald wieder auf dem Damm bin.“ Ich grinse ihn an, denn ich weiss genau, dass eigentlich gemeint hat dass ich zurück in mein eigenes Zimmer gehe. „Aber du kannst doch nicht hier bleiben! Wenn dich ein Lehrer erwischt sind wir beide dran!“, murrt er vor sich hin, macht jedoch keine Anstalten mich aus dem Bett und aus seinem Zimmer zu werfen. „Wenn du nichts sagst und ich ruhig bin erfährt es schon keiner!“ „Ja aber warum willst du denn hier bleiben?“, fragt er nun mit gerunzelter Stimme. „Weil es hier nach dir riecht und es mir das Gefühl gibt in Sicherheit zu sein.“, antworte ich ihm, als mir dann jedoch klar wird was ich da gesagt habe laufe ich feuerrot an. Ich ziehe die Decke über meinen Kopf und hoffe er möge gehen oder dass sich zumindest ein Loch auftut in welchem ich versinken kann. Doch nichts der Gleichen geschieht, stattessen fragt Fabio: „Was hast du gesagt?“ Ich schüttle unter der Decke heftig den Kopf. Ich spüre wie er sich neben mich auf das Bett setzt und sagt: „Sieh mich an und sag das nochmal“ Trotzig wie ein kleines Kind, das nicht zugeben will einen Keks aus der Dose geklaut zu haben, sage ich nein. Kurz darauf merke ich wie Fabio an der Decke zieht, ich versuche noch die Decke fest zuhalten doch mit einem Ruck ist die Decke weg. Ich quicke auf und halte beide Hände vor mein Gesicht. „Sieh mich an, bitte.“, flüstert Fabio mir leise in mein Ohr. Ich schüttle wieder den Kopf. „Bitte Jeannette.“ Vielleicht war es seine Stimme die schon beinahe einen flehenden Unterton hat oder es war sein Flüstern das mich in den Ohren kitzelt. Gut vielleicht wollte ich einfach nur in seine wunderschönen Augen blicken. So nehme ich langsam meine Hände von meinem Gesicht runter und blicke ihn an, dabei beisse ich mir auf die Lippen. Er bemerkt es und sagt mit ruhiger Stimme: „Tu das nicht.“ „Warum?“ „Sie sind viel zu schön als dass du auf sie beissen solltest.“, flüstert er mit bebender Stimme, leicht beugt er sich zu mir runter und unsere Lippen berühren sich beinahe. Wie in Zeitlupe schliesse ich meine Augen und für einen flüchtigen Moment küsst er mich sanft. Mit flatternden Liedern öffne ich meine Augen wieder, viel zu kurz dauerte der Kuss und ich sehne mich bereits wieder nach diesem unbeschreiblichen Gefühl. Als wolle er meine Reaktion abwarten blickt er mich gespannt an. Langsam hebe ich die Hand und lege sie auf seine Wange. Diesmal nähere ich mich ihn und als sich unsere Lippen wieder berühren nimmt er mich fest in seine starken Arme. Das Gefühl ist unbeschreiblich schön, denn ich fühle mich geliebt und geborgen, gehalten, verstanden und beschützt. „Lass mich nie wieder los.“, diesmal bin ich es die flüstert. Er legt Eine Hand auf meinen Rücken, die andere in meinen Nacken und seine Stirn an meine. In diesem Moment brauchte es keine Worte mehr, sowohl er als auch ich wussten um die Gefühle des jeweils anderen. Die Zeit die uns noch geblieben war ist viel zu schnell vergangen, so muss ich Fabio schweren Herzen loslassen. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fällt, fühle ich wieder die Einsamkeit in mir hochsteigen. Ich weiss Fabio hat mir gesagt ich solle versuchen noch etwas zu schlafen um neue Energie zu tanken, doch kann ich nicht einschlafen. Der Songtext von Hillsong United, all I need is you, schwirrt mir durch den Kopf. Ein schönes Lied, langsam, ruhig und fast ein bisschen traurig wirkt es und doch ist es auf eine Art sehr passend. Denn alles was ich in diesem Augenblick brauche ist Fabio, ich möchte nur noch einen flüchtigen Blick von ihm erhaschen. Ich verkrieche mich, ein weiteres Mal an diesem Tag, unter der Decke. Und irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich dann endlich weggedöst. Zu meinem grössten Glück hatte ich weder einen Alptraum noch sonst einen. Es war einfach eine Schwärze, die sich anfühlte als wäre ich in Watte eingehüllt und alles dringt nur langsam und… ja fast verschwommen zu mir durch.

 

Es mussten wohl schon einige Stunden vergangen sein, denn ich nahm am Rande wahr dass sich etwas neben mich legt und seine Arme um mich schlingt. Mein Kopf liegt nun auf einer muskulösen Brust und ich kann einem ruhigen aber doch starken und stetigen Herzschlag lauschen. Es tut so gut ihn bei mir zu wissen. „Würdest du mit mir in den Musikraum kommen?“, frage ich ihn. „Klar, wenn du was singst.“ Ich klettere über ihn und steuere die Tür an, da räuspert er sich. Auf einmal wird mir bewusst was ich anhabe. Ich blicke an mir runter, obwohl Fabio gross ist reicht mir sein Shirt gerade mal bis zur Mitte meiner Oberschenkel. Ich reisse die Augen auf, wie weit ist es wohl hochgerutscht als ich auf dem Boden sass?! Ich laufe wieder rot an, Fabio schaltet und grinst mich spitzbübisch an. „Ach weisst du, dass ich diese Nacht kaum ein Auge zugetan habe.“ Mir ist klar, dass er mich nur provozieren will, ob mir sehr wohl bewusst war wie wir neben einander gelegen haben und beide nicht besonders viel anhatten. Ich drehe mich um und schlage die Hände vors Gesicht. Wenige Sekunden Später trifft mich etwas weiches am Kopf und noch etwas am Rücken. Ich drehe mich um und sehe eine kurze Baggys und ein schwarzes Shirt mit V-Ausschnitt. „Zieh das an, das könnte dir gehen.“ Ich tue wie geheissen.

 

Im Musikraum setze ich mich ans Klavier und schaue ihn gespannt an. Als er mich nur unverwandt ansieht seufze ich und frage: „Was wünschen sie, Milord?“ „Ich wünsche, dass Sie mich überraschen und verzaubern, Milady.“ Ich kichere und überlege was ich denn spielen könnte. Dann beginne ich, eine langsame und melancholische Melodie zu spielen. Ich singe die ersten Strophen nur leise mit wenig kraft und steigere mich im Refrain etwas. Don't make me sad, don't make me cry. Sometimes love's not enough. When the road gets tough. I don't know why. Keep making me laugh, let's go get high. Road's long, we carry on. Try to have fun in the meantime… Erstaunt hörte ich auf zu spielen und zu singen als ich merke, dass Fabio mitsingt. Er hat eine schöne Stimme, passend zum Lied. „Warum hörst du auf?“ Ich schüttle den Kopf und spiele weiter. Nun singen wir gemeinsam: Come and take a walk on the wild side. Let me kiss you hard in the pouring rain. You like your girls insane. Choose your last words, this is the last time. ‘Cause you and I, we were born to die.

Die letzten Noten verklingen und ich spüre zwei warme Hände auf meinen Schultern, sanft lehne ich meinen Rücken an ihn und schliesse die Augen. In der Hoffnung diesen Moment gefangen halten zu können.

Kapitel 12

Am Mittwoch bin ich ganz hibbelig, da ich das erste Mal die Bandmittglieder treffen werde. Endlich werde wir aus dem Unterricht entlassen und ich stopfe so schnell wie möglich meine Schulsachen in meine Tasche und rausche aus dem Zimmer. Doch bevor ich drei Schritte aus der Zimmer gemacht habe packt mich jemand an meinem T-Shirt. Logan hält mich fest, Brian und Luana schauen mich an. „Wo hin so eilig?“, schallt mich Luana. „Du weisst doch… Mittwoch… Band… Musikraum… ich will da hin und das so schnell wie möglich!“, jammere ich. Alle drei lachen laut los. „Gott Jeannette du bist wieder fröhlich.“ Ich kann die Erleichterung in der Stimme von Logan hören. Er lässt mich los, mit einem knappen bis später renn ich los und ich könnte schwören eine Staubwolke hinter mir zu lassen. Ja, so eilig habe ich es in den Musikraum zu kommen. Auf dem Weg dorthin, werde ich an die drei Mal von den Lehrern ermahn nicht in den Gängen zu rennen. Endlich angekommen, stosse ich die Tür voller Vorfreude auf. Da ein Fenster offen steht kracht die Tür hinter mir ins Schloss und die drei bisher Anwesenden zucken zusammen. Toby schaut mich vorwurfsvoll an und ich grinse in scheinheilig an. „Zu spät!“, klagt er mich an. „Ich wurde von zwei Schlägertypen und einer Maffia Braut aufgehalten!“, lache ich. „Ich wusste gar nicht dass Luana eine Maffia Braut ist und Logan und Brian zwei Schlägertypen.“, lacht Valerie. „Das ist mir gerade so ziemlich egal. Wir haben ein riesen Problem und zwar sind wir bis jetzt zu viert! Bis jetzt sind wir so aufgeteilt: Valerie am Keyboard und Klavier, Nico am Schlagzeug, Jeannette du an der Gitarre und Geige und ich an der Bass. Der Gesang geht an Jeannette, der Background hauptsächlich an Valerie.“ Ich lache. „Toby was fehlt deiner Meinung denn noch?“ Valerie schaut mich mit nach oben gezogenen Augenbrauen an und schüttelt den Kopf. Ihr Gesichtsausdruck verrät mir, dass sie genauso verwirrt ist wie ich. „Ihr zwei könnt schlecht zwei Instrumente auf einmal spielen!“ Ich schüttle den Kopf. „Da wir nur zu viert sind, muss sich jeder von uns besonders anstrengen! Ich will niemanden von euch jammern hören, von wegen es sei zu hart.“ „Ach komm Toby jetzt sei doch mal etwas lockerer. Du bist der Leader also chill mal.“, murrt Nico. Toby seufzt und murrt: „Ihr habt ja recht.“ Ein kollektives Seufzen. Endlich hat er es eingesehen. „Also lasst uns anfangen. Wir werden immer wieder im Internat auftreten und sicher auch vor den Eltern, wenn diese am Besuchstag kommen. Wir werden sicher ein paar Songs covern, dazu soll jeder von euch ein paar Vorschläge bringen. Da die Band jedes Jahr einen eigenen Song geschrieben hat, werden wir diese Tradition fortführen.“ Toby drückt jedem ein leeres Blatt in die Hand und fordert uns auf ein paar Vorschläge für die Covers aufzuschreiben.

 

Wir stecken mitten in einer Diskussion, welche Songs wir covern wollen, als die Tür aufgeht. Ms. Chimelli betritt den Raum und setzt sich auf die Bühne. „Was machen sie denn hier?“, fragt Nico verwundert „Ich bin die zuständige Lehrkraft, für diese AG. Hat Toby euch nicht informiert?“ „Das hat muss er wohl vergessen haben, wegen dem ganzen Gejammer über die wenigen Clubmittglieder.“, lacht Valerie. „Was habt ihr denn bis jetzt zusammen getragen?“ „Nun wir entscheiden noch welchen Genre wir vertreten wollen. Zur Auswahl stehen Metall, Rap, Rock, Pop und Klassik. Wobei ich sehr hoffe, dass Valerie mit Klassik bloss einen Spass gemacht hat.“, seufzt Toby. „Dann mischt es doch einfach, so sprecht ihr sicher auch am mehrere Schüler an. Die Eltern weniger aber das ist weniger wichtig.“, sagt sie mit einem Zwinkern.

Am Ende haben wir uns für die Lösung von Ms. Chimelli entschieden. Die Favoriten sind: Be the light von ONE OK ROCK, all star von Smash Mouth, just like you von Three Day Grace, stand up von The Cab, Beautiful von Eminem und what are you waiting for von Nickelback.

“Nun mit welchem fangen wir an?”, fragt Valerie. „Just like you, Jeannette kennst du den Text?“ „Klar Toby, frag lieber die andern ob sie es spielen können.“, gebe ich zurück. Nico holt sein Handy aus seiner Jeans und sucht die Karaoke Version auf Youtube. Als er es gefunden hat schliesst er das Handy an eine Boxe und lässt es laufen. Dann setzt er sich hinter das Schlagzeug. Valerie setzt sich hinter das Klavier und versucht wie Nico es nach zu spielen. Toby sieht mich perplex an, meine Antwort darauf war jedoch lediglich ein Kopfnicken in Richtung seiner Bassgitarre. Er scheint zu verstehen und in nicht mal einer halben Stunde konnten wir mit dem Proben des ersten Songs beginnen. Und nur eine Stunde später sitzen wir alle gefrustet in einem Kreis am Boden. „Wir brauchen noch einen Mann, ich kann nicht so rauchig und tief singen, dass es wirklich gut klingt.“, seufze ich. „Siehst du ich hab’s doch gesagt!“, wirft mir Toby triumphierend entgegen. Valerie verdreht die Augen und Nico trommelt auf seine Beine. Ms. Chimelli sitzt noch immer auf der Bühne und hört sich unser Gejammer an. Ein weiteres Mal öffnet sich die Tür und Fabio betritt den Raum. Ich schiesse vom Boden auf und zeige auf ihn. „DU!“ Fabio zuckt sichtlich verwirrt zusammen. „Ich?“, fragt er verwirrt. „Du wirst singen!“ Nun reisst er die Augen auf und hebt seine Hände abwehrend in die Luft. „Jetzt mal ganz langsam, was soll ich?“ Toby springt nun auf und Valerie klatscht begeistert in die Hände. „Kann er das denn?“, fragt Nico. „Klar. Dafür hat er die geeignete Stimme.“, Toby hat ein fieses Grinsen aufgesetzt und Fabio die Augen zu Schlitzen zusammen gekniffen. Nun ist es Fabio der seufzt, die Arme wieder senkt und ein „Ich werde das noch bereuen“, schnaubt.

 

Seine Stimme ist einfach der Hammer, perfekt für diesen Song. Zum dritten Mal wird Fabio nun genötigt just like you zu singen. „You thought you were standing beside me. You were only in my way. You’re wrong if you think that I’ll be just like you…” Nach zwei Stunden haben wir es endlich geschafft und sind total erschöpft. “Übt für nächste Woche, dieses Stück. Ich werde die Noten und Songtexte für die anderen ausdrucken, damit wir mit den anderen auch beginnen können.“, mit diesen Worten entlässt uns Toby und wir schleichen gemeinsam in die Mensa. Wir sind nur eine Viertelstunde zu früh und doch sind noch keine anderen Schüler in der Mensa. So setzen wir uns an einen Tisch und besprechen das weitere Vorgehen. In den nächsten paar Minuten füllt sich die Mensa und der Lärmpegel steigt dem entsprechend. Nico verabschiedet sich von uns und gesellt sich zu seinen Kumpels. Auch bei uns ist die halbe Clique bereits ein getroffen. „Ey Luana Jeannette hat behauptet du seist eine Maffia Braut und Logan und Brian Schläger.“ Mia bricht in einem Lachanfall aus und landet beinahe auf dem Boden. „Als ob die zwei austeilen könnten.“, prustet sie und erntet dabei bitter böse Blicke von den zwei Jungs. „Jetzt mal ehrlich Logan ist viel zu anhänglich als dass er ein Schläger sein könnte und Brian, nun wie wir wissen ist er ja gegen Gewalt, es sei denn es klappt etwas nicht so wie er will, dann versucht er es solange bis es schliesslich in hohem Bogen fortfliegt. Es tut gut wieder ausgelassen Lachen zu können, auch wenn die Sorge der anderen noch immer in der Luft hängt. „Irgendwann wirst du mit ihnen reden müssen und es ihnen genau so erzählen wie mir.“, flüstert mir Fabio ins Ohr. Seit wir am Tisch sitzen, sitzt er neben mir und nun drückt er meine Hand unter dem Tisch. „Ich weiss, doch bis dahin wird noch einige Zeit vergehen und einiges passieren.“, flüstere ich zurück. Und endlich wird das Abendessen verteilt, eine einfache Suppe und dazu ein Stückbrot. Während dem Essen sprechen wir über alles Mögliche nur nicht über meinen Zusammenbruch.

Kaum hat der letzte von uns die Gabel beiseitegelegt, werden meine Augenlieder schwer. „Du solltest schlafen gehen, deine Augen fallen dir ja gleich zu.“, ermahnt mich Shanaia. Ich nicke und verabschiede mich von allen, dann schlurfe ich in mein Zimmer. Kaum berührt mein Kopf das Kissen bin ich schon weg.

Kapitel 13

Es war eine traumlose Nacht und ich konnte mich erholen. Ich musste dafür schon früher aufstehen um die Aufgaben noch fertig zu kriegen, ansonsten darf ich nachsitzen und kann die zusätzliche Bandprobe. Da die Eltern schon bald auf Besuch kommen müssen alle Abläufe stehen und die Songs müssen ankommen, wir wollen ja nicht, dass sich der bis jetzt bereits entstandene und der zukünftige Aufwand nicht im Endeffekt nicht gelohnt haben. Ausserdem habe ich noch ein Gespräch mit der Schulärztin und mit Ms. Chimelli. Ich hoffe nur es wird kein allzu stressiger Tag. Nicht wenn ich in Ruhe noch mit Fabio reden will. Tatsächlich habe ich es in dem ganzen Durcheinander versäumt mich richtig bei ihm zu bedanken. Vor der Doppelstunde Sport habe ich auch etwas Respekt, da ich immer noch recht wackelig auf den Beinen unterwegs bin und mein Kreislauf zeitweise immer wieder in den Keller sackt. Im Kopf gehe ich schnell alles durch was ich heute zu tun habe und was für Massnahmen die ich treffen muss um einen weiteren Zusammenbruch verhindern zu können. Tatsächlich schaffe ich die Hausaufgaben in weniger als 30 Minuten und habe noch locker Zeit um mich ausgiebig unter die Dusche zu stellen und nachzudenken. Die Dusche ist wirklich der schönste Ort zum Nachdenken, wenn das kühle Nass deinen Kopf abkühlt und deine Gedanken durchsichtiger macht. Dieser Moment wenn alles so klar ist und du alles so scharf siehst wie sonst nicht. Diesen Moment geniesse ich und lasse los, alle Probleme verschwinden und alles was mich ungeduldig oder nervös macht löst sich in Luft auf. „Kannst du mit dem Gesumme aufhören? Ich will ohne dein Geträller in Ruhe duschen!“, zischt eine weibliche Mädchenstimme von der Duschkabine neben meiner. Und weil ich gerade so gut gelaunt bin lege ich so richtig los. „Wie schnell kann sich die Erde drehen? Für mich nie schnell genug. Nur zuschauen ist undenkbar, völlig sonnenklar. Ich lass mich nicht umdrehen, will weiter zu weit gehen, ich bleib einfach so wie ich bin! Ich kriege nie genug vom Leben, ich kriege nie genung da geht noch mehr. Ich will alles auf einmal und nichts nur so halb, nicht nur warten bis etwas passiert.“ Irgendjemand steigt mit ein und wir singen wie die Weltmeister. Das Mädchen neben mir das sich eben noch beschwert hat reisst jetzt meinen Vorhang zur Seite und funkelt mich giftig an. „Oh wunderschönen guten Morgen Janine.“, sage ich mit absichtlich viel Freude in meiner Stimme. „Dir wird heute schon noch das Lachen vergehen. Spätestens in Sport wirst du alt aussehen. Mal schauen ob dir dann noch zum Singen zu Mute ist.“, faucht sie mich an. „Ach weisst du allerliebste Janine, selbst wenn ich nicht die beste Figur machen werde im Sportunterricht, oder was auch sonst passiert, ich werde nie aufhören zu singen.“ Ich schenke ihr noch ein strahlendes Lächeln, schnappe mir mein Handtuch und verschwinde. Nicht aber ohne ihr noch eine Kusshand zu zuwerfen und freudig zu winken.

Der Morgen ist wie im Flug vergangen und die Mittagspause viel zu kurz. Auch die Stunden bis zum Sportunterricht vergehen schnell und dann war es soweit. Ab in die Mädchenumkleide und die Sportklamotten anziehen. In der Turnhalle stellen wir uns in einem Halbkreis vor Mr. McGarrett, dieser sagt uns wir sollen 5 Runden in der Turnhalle laufen um uns einzulaufen. Ich will gerade loslaufen, da hält er mich an der Schulter zurück und sagt ich solle mit ihm mitkommen. „Ms. Chimelli hat noch ein Gespräch mit dir?“, fragt er mich gerade aus. Ich nicke nur zur Antwort. „Gut. Ich werde auch dabei sein. Und wenn wir schon dabei sind, nimm Fabio mit.“ „Warum?“, frage ich ihn verwundert. „Weil er sich Sorgen um dich gemacht hat und sich anscheinend auch um dich gekümmert hat.“, er atmet einmal tief durch, „Ach ja da ist noch etwas. Ich bin nicht der Typ Turnlehrer der den Schülern die Turnsuspensionen nach wirft, und offiziell müsstest du am Rande mit machen oder zumindest in den Kraftraum gehen. Aber du siehst noch nicht wirklich belastbar aus und solltest dich nicht schon überanstrengen. Offiziell hast du dich soeben übergeben und sollst dich ausruhen.“ Er drückt mir einen Suspensionszettel in die Hand und scheucht mich aus der Turnhalle. Verdattert stehe ich vor der Tür und starre ihn durch das Glas an. Die Augen weit aufgerissen und die Kinnlade am Boden nachschleifend stakse ich in die Umkleiden und ziehe mich um. Als mich ein Lehrer anspricht warum ich nicht im Unterricht bin strecke ich ihm abwesend den Zettel entgegen und verschwinde auf meinem Zimmer. Während dem gesamten Weg auf mein Zimmer kann ich nur an seine Worte denken. Um Himmelswillen er wird auch da sein, und Fabio soll auch kommen. Oh Gott was haben die denn vor? Das kann ja nur peinlich werden. Ich lege mich aufs Bett und starre die Decke an und versuche meine Gedanken zu ordnen. Tatsächlich schaffe ich es so ganze zwei Stunden dazu liegen. Irgendwie erwische ich Fabio, bevor er in den Jungentrakt hoch geht. „Ehm hat dir Mr. McGarrett oder Ms. Chimelli dir schon etwas wegen dem Gespräch gesagt?“, frage ich ihn etwas aufgescheucht. Verwirrt schüttelt er den Kopf. „Nun McGarrett hat mich im Turnen auf das Gespräch, welches ich mit der Schulärztin und Chimelli habe, angesprochen. Er meinte er will auch dabei sein und dich will er ebenfalls dabei haben. Ich glaube Ms. Chimelli weiss davon bereits aber ich solle dich davon noch in Kenntnis setzten und dich mitbringen. Hast du eben Zeit zum Mitkommen?“ „Ähm ja eigentlich schon, aber du weisst wir haben noch Bandprobe?“ „Ja ich weiss wir werden auch nicht zu spät kommen Toby weiss es bereits. Und wenn du zu spät kommen würdest, würde eh keiner etwas sagen da du ja eigentlich unfreiwillig dazu gedrängt wurdest mitzumachen.“, lache ich. Er murmelt irgendetwas unverständlich vor sich hin und lächelt dabei. „Na dann los.“

Als wir wenige Minuten später vor dem Büro von Ms. Chimelli stehen und klopfen, biegt gerade Mr. McGarret um die Ecke. Er nickt uns zu und nickt uns zu, zur selben Zeit öffnet Ms. Chimelli die Bürotür.

„Also gut ihr zwei, ihr wisst aber schon was der Sinn von Mädchen- und Jungentrakten sind oder?“, fragt uns Ms. Chimelli streng. Ich blicke betroffen zu Boden. „Also warum miss achtet ihr diese Regel? Ihr beide wisst doch ganz genau dass ihr euch am Tag mit wem ihr wollt treffen könnt, aber dass die Zimmer und natürlich auch die Schlaftrakte des jeweils anderen Geschlechts nicht betreten dürft.“ „Es tut mir leid, er hat nichts damit zu tun. Ich habe mich in der Nacht zu ihm ins Zimmer geschlichen. Er hat es erst am Morgen gemerkt als er wegen des Unterrichts aufgestanden ist. Ich trage die volle Verantwortung.“ „Und warum hast du es getan?“, fragt mich Mr. McGarrett. „Naja mein Bruder war nicht mehr da und ich brauchte jemand der mir das Gefühl geben konnte in Sicherheit zu sein. Fabio hat sich den ganzen Tag schon sorgen um mich gemacht und ist ein Junge… somit kam er meinem Bruder eben am nächsten. Seit dem was damals mit meiner Schwester geschehen ist, hänge ich an meinem Bruder und jetzt da ich hier bin ist er noch weiter weg als er es vorher schon war.“ „Weisst du, hättest du dich nicht erwischen lassen, wärst du nicht verpfiffen worden und hättest den ganzen Ärger vermeiden können. Aber so muss ich eben so tun als hätte ich dir die Leviten gelesen und dir beziehungsweise euch eine grosse Strafarbeit gegeben.“, sie seufzt und blickt uns streng an, „Ihr werdet mir bis am Wochenende zwei Seiten schreiben warum die Geschlechter getrennt werden, Ihr könnt es zusammen machen jedoch im Aufenthaltsraum.“ Sie betont das Wort Aufenthaltsraum und blickt uns bedeutend in die Augen. „So und nun zum nächsten Punkt.“, Ms. Chimelli nickt der Schulärztin zu. „So zunächst sollten wir von dir wissen, warum du diesen Zusammenbruch hattest.“ Ich werde kreide bleich. „Das kann doch nicht wahr sein! Ich glaube das geht sie nichts an. Das ist eine Sache zwischen mir und meiner Familie und nichts was mit diesem Internat, meiner Schulischen Leistung oder meinem sozialen Verhalten zu tun hat.“, schnauze ich sie an. „Ach uns willst du nichts dazu sagen, obwohl wir sehr wohl wissen sollten was unsere Schüler belastet um ihnen zu helfen, aber Fabio ziehst du mit hinein.“ Ich springe vom Stuhl auf und erhebe meine Stimme: „Woher wollen sie wissen ob ich es Fabio erzählt habe oder nicht? Ich weiss nicht was sie wollen aber bitte: Meine Schwestern ist gestorben und ich und mein Bruder geben uns die Schuld daran. Ich wurde von Janine in die Ecke gedrängt und da es der Todestag meiner Schwester war, war es zu viel für mich. Ich brauche kein Mitleid von irgendwelchen Lehrern die es sowieso nicht interessiert. Und tun sie nicht so als würde es anders sein, denn bisher war es den Lehrern scheiss egal was los war, solange ich mich an die Regeln hielt und gute Noten schrieb. Ich brauche keinen Psychiater der in meinen Gefühlen herum wühlt und mir das sagt was ich bereits weiss! Ich bin nicht Suizidgefährdet. Ich hänge an meinem Leben aber das versteht ja niemand! Niemand macht sich überhaupt die Mühe dazu. Und dann fühle ich mich einmal von einer Person verstanden, und so geschätzt wie ich bin. Eine Person die mich nicht zur Verantwortung ziehen will und nicht abschiebt oder mich gar verachtet. Aber das akzeptiert man ja auch wieder nicht!“ Stink sauer verlasse ich das Büro und schlage hinter mir die Tür zu.

Kapitel 14

 

Natürlich war es nicht die richtige Reaktion einfach so den Schwanz einzuziehen und zu verschwinden, aber ich hasse es, wenn mehr oder weniger fremde Leute das Gefühl haben nach meiner Vergangenheit zu fragen. Obwohl es sie erstens nichts angeht und zweitens ich nicht bereit bin die Wunden wieder aufs Neue aufzureissen und den Schmerz ein weiteres Mal von mir Besitz ergreifen zu lassen. Es ist eine Schwäche für welche ich mich selbst verabscheue. Es ist etwas worüber ich noch nicht bereit bin offen zusprechen obwohl es eine alte Wunde ist, diese Wunde ist noch nicht verheilt und noch lange keine Narbe. Sie reisst immer wieder aufs Neue auf und beginnt zu bluten und wenn das geschieht habe ich einen Zusammenbruch wie eben erst. Ihr könnt euch denken dass ich nicht gerade scharf darauf bin. Ich renne durch das Schulgebäude und raus auf den Rasen, dort sacke ich zuerst auf die Knie und beginne zu schluchzen. Plötzlich legt sich eine Frauenhand auf meine Schulter und ich werde aus meiner Trauer, meiner Wut und der Verzweiflung gerissen. „Es tut mir leid ich habe ich zu etwas gedrängt wofür du noch nicht bereit bist. Ich habe deine offensichtlichen Signale nicht anerkannt und es tut mir leid dass ich dich so verärgert habe. Das war nicht richtig von mir. Gerade ich als ausgebildete Schulpsychologin sollte anders reagieren.“, sagt Ms. Chimelli sanft. Ich schüttle den Kopf und erwidere: „Nein mir tut es leid, ich habe überreagiert. Ich habe mich in die Ecke gedrängt gefühlt die ihr zu zweit wart und Fabio… naja ich weiss nicht welcher Ansicht er unterstützt. Ich habe das nun so oft bereits durch gemacht, doch ich kann über das Geschehene nicht sprechen, es schmerzt mich so sehr und ich fürchte den Zusammenbruch. Ich… ich… vielleicht werde ich mich ihnen irgendwann so anvertrauen können wie ich es bei Fabio gekonnt habe. Aber ich kann es Ihnen jetzt noch nicht versprechen. Bislang sind meine Familie und Fabio die einzigen die davon wissen, wo mein Bruder mit den Psychologen reden konnte, fuhr bei mir immer eine Stahlwand mit Stacheldraht auf. Ich kann mich fremden nicht öffnen noch nicht mal meinen Freunden gegenüber.“ Ich bin so traurig und müde, ich kann ihr nicht mal in die Augen sehen. „Warum konntest du dich Fabio öffnen?“, fragt sie mich nun. „Nun ich weiss auch nicht. Bis jetzt habe ich mich immer bei meinem Bruder versteckt und nach Unterstützung gesucht. Er war nicht da um mich zu beschützen und da war Fabio, der irgendwas beschützerisches und starkes an sich hatte, etwa so wie mein Bruder. In solchen Zeiten brauche ich einfach eine Person die mich in den Arm nimmt und mir das Gefühl gibt eine Barriere zwischen mir und allem Bösen zu sein.“ Ich seufze. Ms. Chimelli nickt und meint dann: „Jeannette, ab jetzt treffen wir uns jeden Freitag nach der Schule bei mir im Büro.“ ,ich reisse die Augen auf aus Angs vor weiteren Seelenklempner-Sitzungen, doch Ms. Chimelli fährt fort, „Ich will nicht mit dir über deine Vergangenheit reden solange du dazu noch nicht bereit bis. Ich will lediglich mit dir über Geschehnisse aus dem Hier und Jetzt sprechen. Vielleicht kannst du dich mir so irgendwann öffnen.“ Ich nicke einverstanden und sie verabschiedet sich von mir. Also ab jetzt jeden Freitag um 16:30 Uhr in Ihrem Büro.

Kaum ist Ms. Chimelli gegangen, setzt sich Fabio neben mich. Zuerst sitzen wir schweigen neben einander, doch dann räuspert er sich. Ich blicke ihn an. Er scheint nervös zu sein, denn er rupf Grass aus und scheint sich nicht sicher zu sein was er sagen soll, jetzt wo er meine volle Aufmerksamkeit hat. „Hmm ich weiss nicht recht wie ich dich das fragen soll, ähm ja also…“, er seufzt als ob es ihm sehr schwer fallen würde, „nun ich wollte dich fragen wie du zu dem ganzen stehst was bis jetzt zwischen uns geschehen ist.“ „Wie meinst du das?“, frage ich ihn erstaunt und verwirrt zu gleicher massen. „Ich habe gehört was du eben mit Ms. Chimelli besprochen hast und will wissen ob ich für dich nur ein Ersatz war. Oder ist da mehr als nur das?“ Ich starre ihn an. Wie soll ich ihm darauf antworten? Ja du warst ein Ersatz für mein Bruder aber nicht nur das da sind noch weitere Gefühle welche ich jedoch noch nicht deuten kann? Natürlich werde ich ihm das genau so sagen! Ich habe wohl zu lange geschwiegen, denn er fragt kleinlaut: „War ich wirklich nur ein Ersatz für dich?“ Betreten starre ich zu Boden. „Nein Fabio, du bist nicht nur ein Ersatz für Castian. Ich bin dir sehr dankbar was du alles für mich getan hat und da sind auch Gefühle für dich, ich weiss nur noch nicht genau welche es sind. Im Moment ist mir noch alles zu wirr.“ Er nickt steht auf und dreht sich zum Gehen um, doch bevor er geht sagt er noch etwas was mir einen Stich versetzt. „Weisst du Jeannette, zwischen mir und dir da ist was und auch wenn du dir deiner Gefühle noch nicht sicher bist, ich bin es. Denn ich werde immer da sein für dich, ich werde dir immer den Rücken stärken und dich unterstützen wo es nur geht, denn ich empfinde mehr als nur Freundschaft für dich. Du kannst immer zu mir kommen selbst wenn du für mich nicht mehr empfindest wie für ein Freund. Selbst wenn es jemand anderen geben wird ich werde da sein wenn du mich brauchst. Selbst wenn es mir das Herz zerreisst. Jeannette ich liebe dich.“ Mit diesen Worten geht er. Ich fühle mich sofort einsam und würde am liebsten um den Verlust seiner Nähe weinen. Es schmerzt mich ihn so traurig zu sehen, ich will ihm die Angst nehmen. Gleichzeitig bin ich wahnsinnig glücklich, dass er mich liebt. Himmel Fabio hat mir so eben seine Liebe gestanden! Doch was ist mit meinen Gefühlen? Ich versuche seit dem Vergangenen alles und jeden möglichst auf Abstand zu halten. Ich weiss nicht was es ist eine Person ausgenommen meiner Familie zu lieben. Ist es dasselbe oder doch total anders? Ich hatte noch nie einen festen Freund, ich wollte einfach niemanden im meinem Leben wissen, den ich eben so verlieren kann wie meine Schwester. Denn ein weiteres Mal würde ich das nicht überleben. Das einzige was ich in mein Herz gelassen habe war Musik und ohne sie kann ich nicht. Ist mir Fabio genauso wichtig wie Musik? Kann man das überhaupt vergleichen, immerhin ist Fabio eine Person und Musik etwas. Verzweiflung erfüllt mich und ich weiss nicht was ich tun soll. Wen kann ich um Rat fragen, wer kann mir weiter helfen? Rat los blicke ich in den Himmel, es ist bereits dunkel und die Sterne stehen bereits hoch oben am Himmelszelt. In solchen Momenten wünsche ich mir meine Schwester herbei, eine grosse Schwester welche ich um Rat fragen kann. Obwohl ich meinen Bruder alles fragen kann ist er eben kein Mädchen. Natürlich kann ich meine Mutter fragen, aber ich bin nur selten mit Problemen zu ihr gegangen und das meist auch nur weil Castian nicht da war oder weil ich nicht mit ihm darüber reden konnte. Ich seufze und raufe mir die Haare, am liebsten würde ich schreien. Was soll ich nur tun, wen kann ich um Rat fragen. Ich sitze eine ganze halbe Stunde und starre in den Himmel, das Klingeln meines Handys reisst mich aus der Starre. Ein Blick auf das Display verrät mir, dass mein Bruder mich gerade anruft, stirnrunzelnd nehme ich ab. Die Stimme meines Bruders hat eine angenehme Wirkung auf mich: „Ich hatte das Gefühl, dass du dringend jemanden zum Reden brauchst.“ Ein Klos bildet sich in meinem Hals und mit erstickter Stimme sage ich: „Warum? Warum merkst du immer wenn ich dich brauche? Ich meine selbst auf diese Distanz.“ „Ich hatte nur so eine Ahnung, dass du dir einmal mehr deinen Kopf zermarterst. Willst du mir erzählen was geschehen ist?“ So versuche ich ihm zu erzählen was an diesem Tag alles geschehen ist, wie ich mich gefühlt habe und was mir Angst macht. Während ich ihm alles schildere versagt mir meine Stimme immer wieder. „Ich konnte es ihm nicht sagen, ich meine ich weiss ja selbst nicht was ich da fühle. Du kannst dir nicht vorstellen wie traurig er mich angesehen hat und wie geknickt er gegangen ist.“, ende ich. „Wie hast du dich dabei gefühlt als du ihn so gesehen hast?“, fragt mich mein Bruder darauf sachlich. „Ich weiss nicht. Ich glaube es hat sich so angefühlt als ob mir jemand eine Nadel in mein Herz gestochen hat.“ „Und wie hat es sich angefühlt als er dir seine Liebe gestanden hat?“, fragt er weiter. „Ich weiss nicht, ich glaube schön. Ich war glücklich“, versuche ich ihm zu antworten. „Du glaubst also oder weisst du es?“ Ich schweige, denn ich weiss auf diese banale Frage keine Antwort. Ein Seufzer findet seinen Weg durch das Telefon. „Hör mir mal zu Schwesterchen. Ich bin dein grosser Bruder du weisst du kannst immer zu mir kommen, selbst wenn ich nicht unbedingt eine weibliche Seite an mir habe. Ich versuche dir immer zu helfen aber in dieser Sache, nun dies musst du selbst bewältigen. Ich kann dir nicht sagen was du fühlen sollst oder was du tun sollst. Jedoch kann ich dir so viel sagen: Du scheinst an diesem Fabio zu hängen, also solltest du dir klar machen was du für ihn empfindest.“ Ein Schluchzer schüttelt mich. „Aber wie? Ich war noch nie in einer solchen Lage. Castian warst du jemals so richtig verliebt?“, frage ich ihn verzweifelt. „Ja und ich bin es immer noch. Du und unsere Eltern kennen Sie noch nicht, eigentlich wollte ich das ändern aber dann war das Ganze mit deinem Umzug ins Internat und es hat sich seit da einfach nicht mehr ergeben.“ „Wie fühlt es sich an?“, frage ich hoffnungsvoll. „Was meinst du? Eine Freundin zu haben und in einer festen Beziehung zu sein?“, fragt er mich nun verwirrt. „Nein, ich meine wie fühlt es sich an verliebt zu sein? Wie hast du gewusst, dass du dich verliebt hast?“ „Nun ich denke das ist bei jedem anders aber gut. Ich habe es daran erkannt, dass mein Herz zu rasen begann sobald ich sie sah oder nur schon an sie dachte. Ich wollte immer in ihrer Nähe sein. Sobald ich sie sah wollte ich auf sie zu rennen und sie umarmen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl verliebt zu sein. Du bist Glücklich wenn du die Person siehst, du hast Herzklopfen wenn du in ihrer Nähe bist, deine Gedanken schweifen immer wieder zu ihr.“ Mein Bruder ist nicht gut im Erklären, jedoch versucht er sein Bestes. Ich bedanke mich bei ihm und er legt auf.

Ich möchte immer in seiner Nähe sein, ich bin Glücklich wenn er da ist und ich habe Herzrasen wenn er mich ansieht oder mich berührt. Ich will dass er immer in meiner Nähe ist und ich denke oft an ihn. Ist das Liebe? Bin ich in Fabio verliebt? Oder ist er wirklich nur ein Ersatz für Castian? All diese Fragen beschäftigen mich, doch ich finde die Antwort nicht.

Ich schlurfe in mein Zimmer, in welchem Shanaia schon auf mich wartet. „Wo warst du denn?“, fragt sie mich aufgeregt. So erzähle ich ihr meine Geschichte. Ich war jedoch kaum fertig da zieht sie einen Flunsch. „Weisst du Jeannette, wir sind Freunde. Du kannst immer mit allem zu mir oder den anderen kommen. Wir stehen dir immer bei und werden versuchen dir zu helfen, denn wir wissen, dass du genau dasselbe für uns tun würdest. Ausserdem sind Freunde doch für so etwas da, nicht nur um schön auszusehen.“ „Es tut min leid. Ich habe noch nie jemanden so nah an mich rangelassen, eher habe ich alle vor den Kopf gestossen, wenn es um mich ging. Ich wollte einfach immer einen Abstand halten zu allem und jedem und jetzt sieh dir an was geschehen ist. Alles ist genauso wie ich es immer versucht habe zu vermeiden! Ich weiss nicht wie ich damit umgehen soll, ich bin total überfordert mit der ganzen Situation. Ich… ich weiss einfach nicht mehr weiter.“ Wieder steigen mir Tränen in die Augen. Shanaia kommt auf mich zu und nimmt mich in die Arme. „Wir packen das. Zusammen. Ich verspreche dir es wird alles gut und du wirst dich an die neue Situation gewöhnen.“ Sanft wiegt sie mich vor und zurück, immer wieder vor und zurück, solange bis ich mich beruhigt habe. „Ich habe dein schönes T-Shirt mit meinen Tränen durchnässt.“, nuschle ich verlegen. Doch Shanaia winkt nur ab und kichert, dann meint sie es sei nur halb so schlimm das könne schon mal vorkommen. 

Kapitel 15

 

Der Samstagmorgen nehme ich all meinen Mut zusammen und gehe in den Jungentrakt. Vor Fabios Zimmertür bleibe ich jedoch stehen und zögere. Ich traue mich kaum zu klopfen und wage es noch weniger ihm in die Augen zu schauen. Ich habe Angst davor ihn zu verletzen. Na gut eigentlich habe ich mehr Angst davor verletzt zu werden. Ich Atme tief durch und klopfe, meine rechte Hand krallt sich sofort in mein T-Shirt direkt über der Brust als sich die Tür öffnet. „Was willst du?“, fragt mich Fabio verdutzt. „Ich… kann ich rein kommen?“ Zur Antwort macht er mir den Weg frei. Fragend blickt er mich an und ein weiteres Mal hole ich tief Luft. „Wo soll ich nur beginnen. Also ich habe mir das was du am Donnerstag gesagt hast eine gefühlte Million Mal durch den Kopf gehen lassen. Ich habe mir den Kopf über meine Gefühle zerbrochen und ich will nur dass du eines weist Fabio, ich hatte noch nie solche Gefühle wie für dich. Du bist die erste Person die ich so nahe an mich herangelassen habe, die nicht mein Bruder ist. Ich habe mich bei dir so weit geöffnet wie sonst noch nie und ich bin dir überaus dankbar dass du all das für mich getan hast, dass du da warst als ich nicht mehr konnte und jemanden brauchte.“, ich blicke ihm fest in die Augen und gehe einen Stritt auf ihn zu, „Du bedeutest mir eine Menge und ich bin mir über alles nun im Klaren. Das was ich für dich empfinde ist mehr als ein Ersatz für meinen Bruder und mehr als für einen Freund. Ich habe bisher alles und jeden auf Abstand gehalten, ich wusste nicht wie sich Liebe anfühlt bis du mir deine Gefühle gestanden hast.“ Schon wieder strömen mir Tränen über mein Gesicht und ich wische sie wütend weg. „Ich habe Herzrasen wenn ich bei dir bin. Ich denke die ganze Zeit über an dich und ich bin überglücklich wenn du in meiner Nähe bist. Ich will deine ungeteilte Aufmerksamkeit sobald du im selben Raum bist wie ich. Ich will von dir in die Arme genommen werden und getröstet wenn es mir nicht gut geht. Und ich will dir all das zurückgeben.“ Meine Knie geben nach und ich sacke zu Boden, doch ehe ich hart aufschlage fangen mich zwei starke Arme auf und drücken mich an einen warmen Körper. Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust. Eine warme Hand streicht sanft über meinen Kopf, eine tiefe Stimme flüstert in mein Ohr, dass alles gut sei, dass er da sei wenn ich ihn brauche und dass er mich liebe. Ich zwinge mich ihn anzusehen und flüstere: „Ich liebe dich auch.“

Ich weiss nicht wie wir in sein Bett gekommen sind, jedoch liegen wir dort eng aneinander gekuschelt da und ich lausche seinem Herzschlag. Fabio hat seine Augen geschlossen und scheint sehr zufrieden und glücklich zu sein. Ich schmiege mich noch enger an ihn und döse ein. Kurz erwache ich als Fabio seine Hand auf meine Hüfte legt und sein Gesicht in meinen Haaren vergräbt. Das nächste Mal erwache ich als mich jemand leicht schüttelt. Verschlafen nuschle ich: „Was ist denn?“ Ein wunderschönes Lachen ertönt und ich öffne meine Augen einen Spalt breit. „Wenn wir uns nicht beeilen verpassen wir das Mittagessen.“ Als wolle mein Bauch mich auffordern sofort in die Mensa zu gehen, knurrt er laut. Ich reisse meine Augen nun weit auf und Fabio beginnt aufs Neue schallend zu lachen. „Hast du eine Haarbürste? Ich kann kaum mit diesen Haaren in die Mensa gehen.“, frage ich verlegen. Binnen Sekunden streckt mir Fabio ein Kamm entgegen und meint, dass er mit seinen kurzen Haaren keine Bürste brauche ich es jedoch damit versuchen soll. Ich kämme meine Haare durch, naja ich versuche es eher der Kamm bleibt andauernd in meinen Knöpfen hangen. Entnervt lege ich ihn bei Seite und versuche das Gröbste mit meinen Fingern durchzukämmen und bind mir die Haare so gut es geht in einen Pferdeschwanz hoch. Ein Glück habe ich immer ein Notfall-Haargummi in meiner Hosentasche. Langsam gehen wir nebeneinander in die Mensa.

Kurz bevor wir die Mensa betreten nimmt Fabio meine Hand in die seine und lächelt. Gemeinsam stellen wir uns in die Schlange und schlendern, als wir dann auch endlich etwas zu Essen auf dem Tablett hatten, zu unseren Freunden. Shanaia zwinkert mir wissend zu. Mir ist bewusst dass sie mich heute noch bei der ersten Gelegenheit mit Fragen löchern wird bis sie alles Haargenau weiss. Sollte ich mich davor fürchten? Denn immerhin bedeutet das, dass ich mit ihr über meine Gefühle reden muss, was mir immer noch schwer fällt. Andererseits kann es gar nicht so schlimm werden immerhin hat sie mir bereits gestern zugehört und mich weder verurteilt noch ausgelacht. Ist es denn wirklich so schwer anderen seine Gefühle anzuvertrauen oder binde ich mir selbst einen Elefanten auf? Werde ich Ms. Chimmelli auch darüber sprechen müssen? Grübelnd folge ich Fabio an unseren Tisch. Ich bemerke gar nicht wie wir von all den anderen Schülern angestarrt werden, geschweige denn den Fuss von Moira den sich mir in den Weg stellt. Ich wäre der Länge nach auf den Boden gefallen, doch Fabio packte mich geistesgegenwärtig am Arm. Verwirrt starre ich auf mein Essen welches nun vor meinen Füssen liegt. Ein leises „Oh“ war alles was ich zustande brach. Dann musste ich laut lachen, ich weiss nicht warum immerhin ist mein Essen nun dahin, aber ich lachte und Moira wurde immer wütender. Nun starrten mich erst recht alle an. Shanaia kommt zu mir rüber und wedelt mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum was mich noch mehr zum Lachen brachte. „Was ist hör auf damit sonst wird mir noch schwindlig!“, jammere ich. Tatsächlich begann sich alles langsam zu drehen wegen ihres heftigen Herumgefuchtelt. „Was ist nur los mit dir? Hat dir Fabio Kichererbsen gegeben oder hast du einfach einen Clown gegessen du Kannibalin?“ Mit gespieltem Entsetztem starre ich sie an. „Wa-Was woher weisst du davon? Ich hab mich doch extra noch in den Keller geschlichen damit mich niemand sieht.“ Nun versuchte ich ein Filmreifes Psycholachen auf mein Gesicht zu zaubern, was jedoch nicht besonders gut klappte und Fabio sah mich strafend an. „Du bist eine schlechte Schauspielerin. Der Theater und der Film Club können froh sein dass du nicht in ihrem Club bist, das würde ja das reinste Desaster werden.“ Ich boxte ihn leicht in die Schulter und Jeannine starrt mich finster an. „Was läuft da zwischen euch?“ So gemein ich eben bin grinse ich sie an und umarme Fabio provozierend, denn bekanntlich ist lächeln die eleganteste Art seinem Feind die Zähne zu zeigen. Ich weiss nicht so genau aber ich bin glücklich und das nicht aus dem Grund, dass ich das habe was Jeannine will sondern einfach weil da eine Person neben mir steht die mein Herz zum Schlagen bringt. In diesem Moment hätte ich mir nie geträumt, dass ich irgendwann an dem Punkt angekommen bin an dem mein Herz nur noch ein grosser Scherbenhaufen sein wird. 

Kapitel 16

 
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Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.11.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Gewidmet dem Whatsapp Gruppenchat Vollabstörz_Wohler_Gettho_

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