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Prolog

Liebes Tagebuch,

gestern ist etwas passiert. Genau genommen, recht viel sogar. Aber es gibt da eine Sache, die mich nicht loslässt. Und das ist nicht einfach, dass ich einen schönen Tag mit Julie in Stuttgart verbracht habe, nicht, dass wir lecker Sushi essen waren, nicht der Besuch bei meinen Großeltern und auch nicht, dass ich mich in der Uni eingeschrieben habe, wodurch sich ab jetzt nie wieder jemand dafür interessieren wird, was ich in zwölf Jahren Schule geleistet habe.

Nein, diese eine Sache, die fast jedem anderen völlig unbedeutend erscheinen muss, ist ein Grund zum Jubeln und Heulen gleichzeitig. Meine Gefühlswelt schwankt enorm, so, als hätte ich Drogen genommen. Und dabei waren es gerade mal drei Sekunden. Ein kurzer Blick im Vorbeigehen, mehr nicht. Warum lässt mich das nicht los?

Es war einfach nur genial und hätte unglaublich episch werden können. Hätte ich die richtige Entscheidung getroffen.

Hab ich aber nicht.

Zu meiner Verteidigung: Damit konnte nun wirklich keiner rechnen!

Julie und ich, wir waren gerade in Stuttgart angekommen und aus dem Zug gestiegen. Gleis Neun. Weil auf unserer Seite so viele Menschen waren, gingen wir links, also auf Gleis Zehn. Julie lief schweigend neben mir. Auf einmal wurde mein Blick von einem entgegenkommenden Typen angezogen...

Das konnte nicht sein!

Und da war er auch schon vorbei.

Julie drehte den Kopf zu mir, ihren Blick werde ich nie vergessen.

„War das gerade...?", fragte sie mich. Ich weiß nicht mehr genau, was ich antwortete, vielleicht einfach nur so etwas wie „Japp!", es könnte aber auch ein hohes, gequietschtes „SAM!" gewesen sein.

Wir liefen weiter. Mein Hirn versuchte, das gerade Erlebte zu verarbeiten.

Guter Witz, das hat es jetzt, 35 Stunden und zwei Minuten später auch noch nicht geschafft.

„Wir können noch umdrehen," habe ich gemeint. Warum zum Teufel haben wir das nicht getan???

Wir sind so dumm, ich könnte mich selbst verprügeln, so sauer bin ich auf mich! Verdammt, was machte SamGull, der doch aus Berlin kommt, der langsam schon in Köln auf der Gamescom sein sollte, auf dem Stuttgarter Hauptbahnhof?

Er war es, keine Frage. Er hatte diese Strickmütze auf. Irgendwie dachte ich, sie wäre rosa, aber das stimmt nicht. Mittlerweile weiß ich, dass sie dunkelgrau war. Naja, in dem Moment war mein Verstand mit Wichtigerem beschäftigt. Und überhaupt, wen interessierte, ob sie nun rosa oder grau oder von mir aus auch grün mit lila Punkten gewesen war?

Was wäre geschehen, wenn wir umgedreht hätten? Wenn wir durch den ganzen Bahnhof „SAAAAAAAAAAAM" gebrüllt hätten?

Wir hätten ein Foto bekommen, ganz sicher.

Wir hätten mit ihm reden können.

Hätten, hätten, hätten.

Aber wir haben es vermasselt! Schlicht und ergreifend. So etwas wird uns sicher nie wieder passieren. Scheiße!

Auf alle Fälle, den 13. August, 11:33 Uhr, den habe ich mir dick im Kalender angestrichen...

Kapitel 1

 

„Hey!"

Erschrocken fuhr ich zusammen, als sich wie aus dem Nichts eine Hand von hinten auf meine Schulter stüzte und im selben Augenblick ein Kopf neben meinem auftauchte.

„Du klebst ja schon wieder am Handy! Mit wem schreibst du denn die ganze Zeit? Wenn du so weiter machst, glaubt dir bald keiner mehr, dass du single bist!"

Miri sah mich vorwurfsvoll an und nach einem vorerst letzten, wehmütigen Blick auf das Display schob ich das besagte Objekt in meine Tasche. Eines hab ich während den ersten paar Wochen in Stuttgart gelernt: Wenn Miri da war, richtete man seine Aufmerksamkeit am Besten ganz auf sie, hatte sie doch eine derart einnehmende Persönlichkeit. Julie dagegen würde mir verzeihen, wenn ich ihr erst später antwortete.

Inzwischen hatte Miri mir ein großes Glas mit einer harmlos aussehenden Flüssigkeit hingestellt. Mit einem Nicken bedankte ich mich und nahm einen Schluck. Augenblicklich verzog ich das Gesicht.

„Willst du mich abfüllen?"                           

Zur Antwort bekam ich nur ein schelmisches Grinsen, bevor die Rothaarige selbst von ihrem Zombie kostete.

„Manchmal macht es echt den Eindruck, als würdest du in deiner ganz persönlichen Traumwelt leben. Mädel, es ist Freitagabend, du bist Student, hier ist 'ne geile Stimmung! Also mach dich mal locker! Lern ein paar Leute kennen! Da, der Typ dort drüben, der verschlingt dich schon eine ganze Weile mit Blicken. Und von der Bar aus hatte ich eine schöne Aussicht auf seinen Hintern. Es lohnt sich!"

Sie zwinkerte mir zu und von einem lang gezogenen Seufzer begleitet suchten meine Augen den Raum ab. Miris Opfer unterhielt sich gerade mit seinem Kumpel, schaute aber wie auf Kommando zu mir. Seine Lippen verzogen sich kurz zu einem Lächeln, dann wandte er sich wieder seinem Gesprächspartner zu. Offensichtlich nur, um sich zu verabschieden, denn schon bahnte er sich seinen Weg in unsere Richtung.

Ernsthaft jetzt?

„Guten Abend, die Damen! Habt ihr was dagegen, wenn ich mich dazu geselle?"

Miri war natürlich nicht zu bremsen.

„Aber gerne doch! Ich bin Miri und das ist Enya."

„David. Und was studiert ihr so?" Seine Frage zielte auf uns beide, doch seine Augen waren nur bei mir. Es waren hübsche, rehbraune Augen. Doch die waren mit egal. Denn diese Standardfrage hing mit langsam zum Hals raus. Okay, vielleicht sollte ich auch nicht unbedingt in eine Studentenkneipe gehen. Das war nunmal das Erste, was den meisten einfiel. Ich kämpfte meinen inneren Widerstand nieder. Wer weiß, er könnte ja ganz nett sein.

„Erstsemester Anglistik und Kunstgeschichte."

„Oh, auf Lehramt? Das ist bestimmt mega interessant! Wie gefällt's dir denn bis jetzt? Ich war vor zwei Jahren ein paar Wochen in Amerika. Das war so cool!" Innerlich verdrehte ich die Augen. Ich war mal in Peking, als ich drei war. Seitdem weiß ich natürlich bestens über China bescheid...

Während er weiter und immer weiter redete und Miri begeistert versuchte, das Gespräch immer wieder auf mich zu lenken, krallten sich meine Finger nacheinander immer fester in mein eiskaltes Glas, bis sie scheinbar damit verschmolzen waren. Ich stellte mir vor, ich zerdrückte etwas anderes in der Hand. Glücklicherweise war das Glas ziemlich dickwandig.

Reden musste ich kaum, er erwartete nur ab und zu eine kurze Erwiderung, den Rest erledigte Miri für mich. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich meinen Zombie ausgetrunken. Trotzdem war David einfach nur langweilig. Ich würde wohl noch mindestens drei brauchen, um in dieser Situation Spaß zu haben.

Er ist langweilig, absoluter Durchschnitt und hört sich verdammt gerne reden.

Ich versuchte meine Gedanken zu beschwichtigen. Der Typ sah ehrlich nicht schlecht aus. Er war bestimmt auch nicht völlig dumm, immerhin war er im fünften Semester seines Physikstudiums.

Er ist zu klein, seine Haare sind zu kurz und zu hell. Seine Brille ist hässlich. Sein Gesicht alles andere als markant. Irgendwie verspürte ich den schier unbändigen Drang, darauf einzuschlagen...

Sei nicht immer so gemein! Doch diese Stimme in meinem Kopf hatte recht.

Es gab so tolle Typen auf dieser Welt. Schlanke, gleichzeitig durchtrainierte Körper. Lange, goldbraune Haare, die im Nacken zu einem unordentlichen Dutt gebunden waren. Hohe Wangenknochen. Augen, die grüne Funken zu sprühen schienen. Und eine Stimme...

Ich unterbrach David kurz, murmelte etwas von Toilette und verschwand dann genau dort hin.

Kaum, dass ich wieder aus der Kabine herauskam, stand ich meiner etwas schrägen Freundin gegenüber. Missmutig blickte sie auf mich herab. In solchen Situationen hasste ich es, so klein zu sein.

„Darf ich mir bitte die Hände waschen?"

Ohne auf eine Antwort zu warten, schob ich mich an Miri vorbei.

„Was ist eigentlich dein Problem? David ist doch total heiß!"

„Ist er nicht. Ich steh nicht so auf solche Typen."

„Ich werde einfach nicht schlau aus dir! Seit ich dich kenne, zeigst du null Interesse an irgendwem, versuchst es nicht einmal! Irgendwas steckt da doch dahinter. Und du kommst hier nicht raus, bevor ich nicht weiß, was es ist! Also. Hast du einen Freund, den du aus irgendeinem Grund verheimlichst? Trauerst du einer Beziehung hinterher? Oder bist du etwa lesbisch? Ich steig einfach nicht dahinter, du machst mich wahnsinnig!"

Mein Gegenüber schien kurz davor, sich die Haare zu raufen, so hatte sie sich in Rage geredet.

„Miri! Beruhig dich mal wieder. Nichts der Gleichen. Ich bin im Moment einfach nicht an einer Beziehung interessiert, das ist alles."

„Nicht an einer Beziehung interessiert? Meine Güte, du sollst doch nicht gleich heiraten!"

Genervt schüttelte ich den Kopf.

„Ich bin nicht der Typ für Abenteuer. Es muss einfach der Richtige sein..."

Der Richtige, filigrane Hände, die zielsicher ihre Positionen auf dem Hals der Gitarre fanden...

„Also liegt es nicht an mir?" Miri holte mich zurück in die Wirklichkeit.

„An dir? Wieso denn an dir?" Verwirrung stiften konnte Miri echt gut!

„Naja..." Nun zeichnete sich Unsicherheit auf dem Gesicht der sonst so selbstbewussten jungen Frau ab. „Ich dachte nur... Manchmal hab ich das Gefühl, als würde ich dich nerven. Du erzählst so wenig von dir und vielleicht traust du dich ja einfach nicht, mir zu sagen, dass ich dich in Ruhe lasen soll..."

Nun war die Ursache für mein Kopfschütteln Unglauben. Dieses Mädchen machte mich fertig!

„Das glaubst du ja wohl selbst nicht! Ich bin total froh, dich kennengelernt zu haben, und das nicht nur, weil du schon mal studiert hast und mir beim Durchblicken hilfst. Du bist 'ne echt coole Person und außerdem fühl ich mich nicht ganz so durchgeknallt, wenn du neben mir stehst!" Der letzte Teil entlockte Miri ein Grinsen.

„Freunde?"

„Freunde!", antwortete ich Miri und sie fiel mir erleichtert um den Hals, zerquetschte mich dabei beinahe.

„Aber nur, wenn du mich nicht mehr zu verkuppeln versuchst!"

Nun lachte sie richtig los. „Ich werde mir Mühe geben!"

Kapitel 2

Die Vorlesung hatte schon begonnen. Ich versuchte möglichst unauffällig auf den Platz zu kommen, den Miri für mich besetzt hatte. Mit einem strengen Blick empfing sie mich.

„Du bist schon wieder zu spät!", zischte sie mir zu.

„Sorry... Hab verschlafen." Ich schälte mich aus meiner Jacke. Es war Anfang November und der Himmel über der Stadt war von immerwährendem Hochnebel bedeckt, die Luft war feucht und kalt. Hier drin, in einem der großen Säle der Universität, war es dagegen unangenehm warm. Es war stickig und roch nach vielen Menschen mit unterschiedlichem Hygienestatus. Mit das Erste, was man als Student lernte, war mit möglichst wenig Sauerstoff zu leben. Dafür wurde dann einfach die Hirnaktivität eingeschränkt und der Schlafmangel ausgeglichen.

Und unter dem litt ich heute mal wieder enorm. Gestern Abend hatte er ein neues Video herausgebracht. Das musste ich natürlich sofort anschauen, als ich von der Bar zurück war. Es war eine Akkustikversion von einem Track seines neuen Albums. Wenn ich daran dachte, überzog sich mein Körper erneut mit Gänsehaut.

In diesem Video wurde er von einem Mädchen begleitet. Dabei sang er doch sonst immer allein! Seine Videos waren seine Videos und darin hatte niemand anderes etwas verloren. Okay, ab und an hatte er Besuch von anderen YouTubern. Das war cool, denn so erfuhr man immer noch ein bisschen mehr über ihn, lernte ihn besser kennen.

Doch mit ihr war das etwas anderes. Ich kannte sie nicht und mir gefiel nicht, wie nah sie neben ihm gesessen hatte. Ich fand ihre Stimme zu hoch und schrill. Ich mochte sie einfach nicht. Er hatte sie als Larissa vorgestellt. Larissa. Wie das schon klang. Sie war bestimmt eine Zicke.

Natürlich hatte ich die halbe Nacht damit verbracht, herauszufinden, wer sie war. Waren die beiden zusammen? Nein, das konnte nicht sein. Er hatte garantiert einen besseren Geschmack. Vielleicht war sie ja seine Cousine oder so.

Sie hatte keinen eigenen YouTube Kanal. Immerhin war sie keine dieser hohlen Beauty-YouTuberinnen. Aber er hatte ihren Instagram-Account verlinkt. Wie zu erwarten war, gab es dort viele Bilder von Essen. Und von Tieren. Und Selfies. Manchmal waren auch ein paar andere Leute drauf. Doch er war es nie. Das beruhigte mich etwas, ein leicht mulmiges Gefühl in der Magengegend blieb dennoch zurück. Wieso sie?

Also musste Google herhalten.

Auf einem ihrer Bilder hatte sie ein Päckchen fotografiert, auf das sie wohl schon längere Zeit gewartet hatte. Ihre Adresse hatte sie unkenntlich gemacht, ihren Namen jedoch nicht. Larissa van Leeuwen. Kam sie aus Holland?

Es gab anscheinend viele mit dem selben Namen. Da waren die unterschiedlichsten Einträge, unmöglich zu sagen, welche diese Larissa betrafen.

Okay, was sagte denn Facebook... Immerhin war sie auf ihrem Profilbild zu erkennen. Doch die Seite war auf Privat gestellt, alles, was ich sehen konnte waren ein paar Bilder. Nicht sehr zufrieden stellend.

Mit einem Blick auf die Uhr - mittlerweile war es schon nach halb Drei - beschloss ich, die Sache erst einmal ruhen zu lassen.

Nun saß ich also hier, bemüht, meine Augen offen zu halten und wenigstens ansatzweise zu verstehen, worüber der Dozent mit den wenigen sich beteiligenden Studenten diskutierte.

Ich schreckte hoch, als plötzlich der Raum von Klopfen und Klatschen erfüllt war. Der Dozent packte bereits seine Tasche zusammen. Ich brauchte Miris vorwurfsvollen Blick nicht, um zu wissen, dass ich eingeschlafen war.

„Was hast du gestern denn noch getrieben, dass du heute so fertig bist? Wir waren doch schon gegen Mitternacht zurück."

Ich mochte Miri. Wir waren uns in vielen Dingen sehr ähnlich, doch was wir nicht teilen konnten, war meine Faszination von YouTube. Im Gegenteil, wenn ich es ansprach, zog sie mich gerne damit auf. Einmal hatte ich ihr von ihm erzählt. Von unserer Begegnung. Sie hatte gelacht, mich ausgelacht. Sie verstand einfach nicht, wieso es mir so wichtig war. Für sie war ich, kaum, dass ich mich als Fangirl zu erkennen gab, nur ein kleines, naives Mädchen mit einer großen Schwärmerei. Dabei war ich doch nur drei Jahre jünger als sie!

Aus diesem Grund konnte ich ihr jetzt nicht einfach die Wahrheit sagen. Ich hätte es gerne getan, denn es brannte in mir noch immer eine kleine Flamme der Wut, die sich Luft verschaffen wollte. Aber noch mehr wollte ich vermeiden, dass sie mir grinsend durch die Haare wuschelte. Womöglich würde sie denken, ich sei eifersüchtig. Totaler Quatsch, mit Eifersucht hatte das schließlich gar nichts zu tun. Ich konnte diese Larissa einfach nicht leiden und fand es nicht gut, dass er sich mit ihr abgab. Ende der Geschichte.

„Erde an Enya! Pennst du schon wieder, oder was ist los?"

„Äh ja... Ich glaub schon. Ich hab gestern noch einen Anruf von einer Freundin bekommen, ihr gehts grad nicht gut, das ging dann etwas länger." Ich muss zugeben, ich war etwas überrascht, wie gut mir die Lüge über die Lippen kam, hatte ich mir doch vorher nichts zurecht gelegt.

Verständnis zeichnete sich auf Miris Gesicht ab. „Du sagst es, wenn ich was tun kann, okay?"

Ich kämpfte mein schlechtes Gewissen nieder. Es war gut, dass ich ihr nicht die Wahrheit gesagt hatte. Das hätte nur Probleme bedeutet. Außerdem schadete ich ja niemandem damit.

So murmelte ich ein Danke, den Blick zum Boden gesenkt, damit meine Freundin die leichte Schamesröte auf meinen Wangen nicht sehen konnte.

 

***      ***      ***

 

„Und du bist dir ganz sicher?" Samuel wartete Larissa taxierend ab. Die nickte entschlossen, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.

„Lass es uns tun." Sie trat noch einen Schritt näher an ihn heran, blickte ihm tief in die Augen. „Ich will endlich auch zu diesem Teil von dir gehören."

Er legte die Hände um ihre Hüfte und zog sie hinunter auf seinen Schoß. „Dir gehört jeder Teil von mir, das weißt du doch!"

Sie war froh, dass sie saß, denn mit seinem treuherzigen Blick schaffte er es noch immer jedes Mal, dass ihre Knie ganz weich wurden und ihr Puls sich beschleunigte. Sie schmiegte sich an seinen warmen Körper und strich ihm eine Haarsträhne hinters Ohr.

„Das weiß ich." Mit diesen Worten küsste sie seine weichen Lippen, doch nur für einen kurzen Moment. „Aber die da draußen wissen es nicht."

Samuel löste sich leise seufzend von ihr. „Ich finde es nicht gut, dass du das nur wegen denen machst. Würdest du es von dir aus wollen, wäre das etwas ganz anderes. Ich will nur nicht, dass dich irgendwer zu etwas zwingt. Es reicht doch schon, wenn ich alles was ich tue vorher fünfmal überdenken muss, um zu vermeiden, nachher dumm dazustehen."

Natürlich wusste sie genau, was er meinte. Wie oft hatten sie sich darüber unterhalten, was für Folgen so etwas haben könnte. Für sie beide. Er war von Anfang an dagegen gewesen, zwei Jahre lang hatte er sie aus all dem herausgehalten, wo er nur konnte. Nicht selten hatten sie deswegen gestritten. Larissa war kein eifersüchtiger Mensch, doch all diese Fan-Post mit Liebesbriefen, die Kommentare, die unter seine Videos geschrieben wurden, die Geschichten, die sich irgendwelche Mädels ausdachten... Doch das Schlimmste war das endlose Versteckspiel. In der Öffentlichkeit durfte sie ihn nicht berühren. Wenn er von Fans entdeckt wurde, musste sie weitergehen und so tun, als ginge sie das nichts an. Abertausende kleisterten Instagram mit Selfies von sich und SamGull zu, doch sie, seine Freundin, durfte ihn nicht einmal auf ihrem Profilbild haben. All das sollte nun vorbei sein. Ab jetzt würde alles anders werden, da war sie sicher. Dann würden alle Mädchen wissen, dass es sie gab.

Samule machte sich hauptsächlich Sorgen um Larissa. Er rechnete zwar damit, einige Fans zu verlieren, aber das war ihm egal. Die, die das mochten, was er liebte, die würden bleiben und er hoffte einfach, dass das die große Mehrheit war. Was auf Larissa zukam, war dagegen völlig unberechenbar. Und wie sie schließlich damit klarkommen würde stand in den Sternen.

„Also?", fragte seine Angebetete sanft.

Wieso noch weiter diskutieren, die Entscheidung war gefallen. Samuel wandte sich, Larissa noch immer auf seinem Schoß, dem Bildschirm zu und setzte den finalen Klick. Es war getan.

„Alles gute zum Jahrestag, Schatz!" Und damit verwickelte er sie in einen langen Kuss.

 

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Tag der Veröffentlichung: 12.11.2015

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