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Prolog

Wer etwas Großes will, der muss sich zu beschränken wissen, wer dagegen alles will, der will in der Tat nichts und bringt es zu nichts.

 

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ricksterbot winter photo

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich sah die dunklen Gassen der Stadt an mir langsam vorbeiziehen, während ich immer wieder versuchte mein Herz dazu zu bewegen nicht zu zerbrechen.

Der Winter legte sich um mich wie ein eiskalter schneidender Mantel und ließ mich erzittern.

Ich spürte nichts als Kälte, als grausame Kälte.

War da draußen noch jemand, der mich retten konnte und mich liebte?

War da überhaupt jemand?

Ein kalter Windstoß fuhr durch mein Haar und in meine Jacke und ich versuchte den zerschlissenen Stoff enger um mich zu ziehen.

Fast wie damals, an einem ebenso kühlen Tag, begleitet von der warmen Präsens meiner Mutter, die mich beschützend an der Hand gehalten und durch die Menge gebracht hatte.

Nahezu konnte ich den wunderschönen Ton ihres Cellos hören und eine kleine Flamme in meiner Brust aufleuchten spüren. Aber nur fast.

Die Tränen auf meiner Wange begannen zu vereisen und die tiefroten Stellen auf meiner Hand zu brennen.

Wieder dieser kalte Wind. Ein Schauer über meinen Rücken … ein Fauchen.

„Ein Fauchen?“, zischte ich und riss die Augen auf. Sofort war mein Puls auf 180 und ich rappelte mich so schnell es mir meine eingefrorenen Muskeln erlaubten, auf und blickte dabei hektisch um mich.

Rote Augen.

„Nein…Nein!“, schrie meine hohe Kinderstimme und ich bekam Panik. Ich dachte, ich hätte sie schon längst abgehängt.

Die nächsten Momente waren reiner Instinkt, wurden von meinem Gedächtnis nicht mehr angenommen und vergessen.

Irgendwann fand ich mich selbst wieder; mit tränenden Augen in eine ungewissen Zukunft rennend.

Ich floh vor meiner Vergangenheit,

floh vor meinen schlimmsten Feind und gleichzeitig meinen besten Freund,

floh im Endeffekt vor dem, was ich war.

Menschen waren nur noch vage Silhouetten, als ich an ihnen vorbeirannte und sie zur Seite stieß.

Ich hörte ihre Worte:

„Was glaubt die denn, wer sie ist?“, “noch so ein dreckiges Straßenkind?“, „Nein, sie sah mir nicht wie ein Straßenkind aus.“

Doch selbst als meine Brust wie die Hölle brannte, mir die Luft wegblieb und meine Beine kaum noch genug Kraft hatten mich zu tragen, waren meine Verfolger nicht abgehängt.

Wie auch, wenn sie nicht menschlich waren?

Ich spürte, wie sich ihre Krallen in meine Schulter gruben und mich gegen die Wand schmetterten.

„So köstlich“, zischte das eine Wesen, dessen Augen ein bereits helles rot angenommen hatten.

Ihre Zähne bohrten sich gierig in mein Fleisch und begannen kräftig zu saugen.

„Lass mir auch noch was!“, kreischte die andere Gestalt panisch und labte sich an meinen rechten Bein.

Der Schmerz war nach einer Zeit nicht mehr von Belang, das Atem wurde mit jedem Zug schwerer und vor meinen Augen flatterte das dunkle Schwarz wie ein Schmetterling.

Ich werde sterben, dachte ich und schloss meine Augen…

Ich werde sterben.

Und dann sah ich einen Engel;

ein Junge mit blondem Haar und strahlenden Augen.

Mein Retter und mein Fluch zugleich.

 

 

 

 

Kapitel 1

 

8 Jahre später….

 

Ich spürte seine gierigen Küsse an meiner Halskuhle und stöhnte, als er mir seine Erregung gegen den Bauch drückte.

Ich wollte nicht. Dessen waren wir beide uns durchaus bewusst, doch ich war machtlos.

Er schien meinen Widerstand und meine Worte schlichtweg zu ignorieren und ich war dazu gezwungen nachzugeben.

Ich ließ zu, dass er mir mein weißes Sommerkleid über den Kopf zog und meinen BH hektisch öffnete.

„Leg dich hin“, forderte er mich knurrend auf, erneut spürte ich die starke Schwellung seines Glied an meiner Pforte. Zitternd folgte ich seinen Worten, nicht ohne dabei zu zögern. Ein Fehler. Er drückte mich grob in die Kissen des Bettes und begann erneut meine Halskuhle zu küssen.

Kurz nachdem er sich auch seiner Kleidung entledigt hatte, spürte ich den schmerzhaften Biss in meinen Hals und krallte verzweifelt in seinen Rücken, um es zu kompensieren. Auswegslos.

„Sag es!“, zischte er zwischen den Biss hindurch. Als ich nicht reagierte, wendete er sich kurz ganz von meinen Hals ab und starrte mich wutentbrannt an.

„Ich hab dir etwas befohlen!“, brüllte er mich und der Zorn in seinen Augen stieg ins unermessliche.

„Ich kann nicht“, sagte ich kaum hörbar, doch laut genug für Vampirohren.

„Wieso kannst du es nicht?“, zischte er mir ins Ohr und ein Schauder über den Rücken.

„Du bist nicht mehr der Junge von damals-“,

„Ach, ich bin ich das nicht?“, fragte er mit zuckersüßer Stimme und grinste mich animalisch an. Etwas zutiefst Beunruhigendes.

Ich spürte wie er sich die Jeans vom Leib riss und dann hart in mich eindrang, ohne jegliche Vorwarnung, ohne Sanftheit.

Er schlug ein schnelles Tempo an; unerbittlich und schmerzhaft, trieb er mir Tränen in die Augen.

„Sag es!“, schrie er erneut und ich stöhnte vor Schmerzen auf.

„Hör auf! Hör auf!“, wollte ich schreien, doch meine Stimme versiegte, als er abermals seine Zähne in meinen Hals bohrte.

„Ich bitte dich nicht noch einmal darum, Azura“, drohte er mir knurrend.

In genau diesem Moment spürte ich ihn in mir kommen und sah zu wie sich mein Körper verkrampfte. Bluttrinken und Sex zur selben Zeit trieben mir fürchtleriche Schmerzen durch meinen Körper. Jedes Zelle schrie danach dieses Band nicht zu machen und ich wusste, dass ich es auch diesmal schaffen würde.

Seine muskulöser, angsteinflößender Oberkörper sagte über mir zusammen und ich spürte das Knurren seiner Kehle.

„Du bist mein Retter“, sagte ich mit emotionsloser Stimme und versuchte dabei die Tränen zu unterdrücken.

 

Gedankenverloren betrachtete ich das Amulett im Spiegel, wie es ruhig auf meiner Brust lag und die beinahe schon vertrauten dunklen Haar sich um es wanden. Als wüssten sie, dass es sich tatsächlich um den Mittelpunkt meiner Selbst handelte.

Anfangs hatte ich immer nur das Gesicht einer Fremden im Spiegel gesehen, den Körper einer Fremden. Heute war mir der Anblick vertrauter als der meines wahren Ichs.

Mein Züge hatten nun nichts mehr engelhaftes an sich, waren nun der Ausdruck tiefster Unscheinbarkeit. Mausgraue Augen, anstatt schimmernder Saphire, ein rechteckiger Körper, anstatt ein durch Kurven betonter.

Noch ein letztes Mal fuhr ich mir durch das spröde Haar und nahm dann meine lederne Schultasche zur Hand.

Ich ertappte mich dabei, wie ich nach einem Verband für meinen Hals Ausschau hielt, unterbrach letztendlich jedoch das Unterfangen.

Dieser Körper ist eine Illusion, sagte ich mir selbst, meine echten Verletzungen sind verdeckt.

 

Die unangenehme Aura des Butlers machte sich wie jeden morgen im Auto auf den Weg zur Schule breit. Er hatte mich von Anfang an nicht gemocht. Seine scharfen Vampiraugen hatte mich vom ersten Moment an mit großer Missbilligung betrachtet und so blieb es bis heute bestehen.

„Ich könnte auch zu Fuß laufen“, warf ich in die Leere ein. Der Butler ignorierte meinen Kommentar bis auf ein leises Knurren.

Missmutig und mit zögerlicher Hand malte ich Muster in das angetaute Fenster und vergaß für einen Moment meine Situation. Selbst, wenn ich nur kurze Erinnerungen an meine Leben vor der Famile „Dupont“ und vor allem vor Nate hatte, kam es mir manchmal wie ein ganzes Leben vor. Allein diese Taumalerei rief eine kurze Erinnerung in mir wach.

Ich war damals noch jung, vielleicht 5 Jahre alt. Den ganzen Tag hatte ich schon an eine unserer großen im Jugendstil erbauten Fenstersimsen gesessen und den merkwürdigen weißen Film auf der Scheibe betrachtet. Als ich meinen Vater danach fragte, hatte er nur gelacht, sich neben mich gesetzt und gesagt:

„ Würdest du etwas aufmerksamer gegenüber deines armen Lehrmeisters sein, dann wüsstIch wusste, dass seine Worte einen kleinen Stich in meinem Herz hinterlassen hatten, und ich deswegen wütend auf mein Vater hinauf gesehen habe. Doch allein das Funkeln seiner Augen und den darin enthaltenden Stolz, hatte mein naives Kinderherz alles verzeihen lassen.

„Wir sind da!“, brummte die genervte Stimme des Butlers zu mir rüber und riss mich aus meinen Gedanken. Ich zuckte zusammen, öffnete schnell die Tür und spürte unmittelbar danach das Auto schon wegfahren.

„Verdammter Mistkerl“, zischte ich innerlich und blickte missmutig nach unten.

Die Straßen waren noch vom nächtlichen Regen nass und meine Schuhe standen bereits in einer Pfütze, pitschnass und verformt. Ich ballte die Händen zu Fäusten und atmete drei mal ein und aus. Ich würde das hier überstehen, redete ich mir wie jeden morgen ein. Ich hatte bereits ganze acht Jahre in dieser Hölle verbracht und lebte irgendwie noch.

Irgendwie...

„Rebecca da bist du ja endlich!“, hörte ich die quierllige Stimme eines Mädchens.

Langsam hob ich meinen Kopf und blickte ihr entgegen.

Ich sah die hüpfenden roten Locken meiner besten Freundin zu mir näher kommen und lächelte schwach.

Schule: der einzige Ort, an den ich mich halbwegs wohlfühlen konnte.

Merlina: Die einzige Person in meinen Leben, außer meinen verstorbenen Eltern, die mir je etwas bedeutet hatte.

Ein scharfer Schmerz durchfuhr meinen Kopf und versuchte mir, vor meiner eigenen Lüge warnend, doch noch die Wahrheit einzutrichtern. Nathan, dieser Höllenvampir, der mich damals mit seinen Engelsaugen gerettet hatte, auch ihn liebte ich.

 

Ich versuchte, seit ich dieses Schule besuchen durfte, immer möglichst den Tag hier zu genießen. Alles war besser, als dieses muffige alte Herrenhaus der Duponts und diesen immer währenden Geruch meines Blutes dort.

 

Im Geschichtsunterricht saß ich neben Merlina, die unentwegt damit beschäftigt war einen dunkelhaarigen Jungen am anderen Ende des Raumes zu betrachten. Diese Schwärmerei hatte vor einigen Wochen angefangen und war seitdem immer schlimmer geworden.

Wüsste sie nur, was ihr mit diesem Jungen erwartet, dann …

„-Merlina weißt du die Antwort?“, unterbrach der Lehrer plötzlich sämtliche Gedankengänge und Unterhaltungen im Raum. Alle Augen richteten sich aufmerksam auf auf das rothaarige Mädchen und konnten wortwörtlich sehen, wie ihre Wangen immer mehr ihrer Haarfarbe ähnelten.

„Weiß niemand die Antwort?“, wendete sich der Lehrer nun der Klasse zu, als sich Merlina nicht zu Wort meldete. Er wirkte zwar verärgert, hatte aber wie üblich immer diesen merkwürdigen stolzen Blick, wenn er eine Schülerin gedemütigt hatte.

„Mr Crocks, ich würde gerne antworten“, meldete ich mich mit fester Stimme und hielt den herausfordernden Blick des Lehrers unentwegt stand.

„Die Vampirgesellschaft hatte sich vor genau 154 Jahren der Menschheit zu erkennen gegeben und baut seitdem einen menschenähnlichen Staat auf. Er unterscheidet sich in Punkten wie Bestrafung, Regeln und Grundrechten.“

Ich spürte die Blicke der drei Vampire im Klassenzimmer auf mir und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Merlinas Liebling sah mich heute zum ersten Mal wirklich an.

„Gute Antwort“, lobte der Lehrer und hatte seinen vorherigen Hochmut vergessen, „sie scheinen sich in diesem Bereich schon informiert zu haben, Rebecca.“

Ich nickte kurz und folgte den weiteren Unterricht interessiert. Das vampirische Staatssystem war schon immer meine persönliche Faszination gewesen.

Mein früherer Hauslehrer hatte diesen Punkt immer besonders veranschaulicht und irgendwann meine Interesse dafür gewonnen.

Die Blicke der Vampire hatten erst nach 10 Minuten nachgelassen und ich seufzte erleichtert, als mich ihre Intensität losließ.

Ich war mir nicht darüber im Klaren, wie viel sie über mich wussten, immerhin war ich Mitglied einer vampirischen Adelsfamilie und hatte Blut, dass den Geschmack eines Schweines glich. So zumindest hatte es mal Nathan beschrieben.

Der Schulgong riss die Klasse aus der üblichen Unterrichtstrance und ließ den ein oder anderen schnell aufspringen und aus dem Klassenzimmer sprinten.

Merlina schien nach wie vor damit beschäftigt zu sein den Vampir anzustarren und wiedermal blieb mir die innere Ironie nicht erspart.

Meine Freundin hasste Vampire. Das hatte sie mir zumindest immer ausführlich geschildert. Und nun war sie drauf und dran einen von Ihnen anzuschmachten.

Ich schüttelte verzweifelt den Kopf und fragte mich, was ich deshalb unternehmen sollte.

 

Im Chemieunterricht angekommen streckte mir der Lehrer eine Liste entgegen, die behauptet, dass meine neuer Partner Jonathan Gilbert hieße.

Für einen Moment spürte ich meine Augen flattern und es schwarz werden.

Merlinas Schwarm, der mir bisher immer im Leistungskurs als Partner erspart geblieben ist, würde die nächsten Stunden neben mir sitzen.

Seine Aura trieb mir Schauder über den Rücken und ließ mich vor Angst erzittern. Irgendwo in mir war es immerhin noch ein Urinstinkt vor einem Vampir zu fliehen. Obwohl dieser junge Vampir wohl kaum eine Gefahr darstellen sollte, vor allem da er so aussah, als wollte er gleich kotzen. Ich konnte nicht anders als zu schmunzeln.

„Gehst du nie duschen oder so? Du stinkst jeden Tag fürchterlich!“, zischte er genervt, während er seine Hand über seine Nase und Mund hielt.

Herausfordernd blickte ich ihn an, versuchen herauszufinden, wie viel er über mich wusste. Seine Augen war zu einen Schlitz zusammengekniffen, seine Augen zur Tafel gerichtet und sein Haar zerzaust.

Er war keine Gefahr, sagte ich mir leise immer und immer wieder.

„Ich werde immer nur von euch wegen meines Gestankes angesprochen“, sagte ich dann mit vorsichtiger Stimme. Keine Reaktion von Jonathan. Zumindest für lange Zeit.

Erst als der Lehrer das Experiment zur Neutralisation von einer Säure mit einer Base erläuterte, warf er mir einen kurzen Blick zu und betrachtete mich schief.

„Du bist ein seltsames Mädchen. Stinkendes Blut und in einer Vampirfamilie lebend“, sagte er verwirrt und schüttelte dabei den Kopf.

„Wenn du wüsstest“, erwiderte ich seufzend und spürte Trübsinn in mir aufsteigen.

 

„Willst du mir nicht was erzählen?“, hörte ich Merlina mit erwartungs- und zugleich vorwurfsvoller Stimme sagen. Wir waren gerade auf dem Weg zu Mensa und hatten bisher kaum ein Wort gewechselt.

Für einen Moment spürte ich meine allgemeine Panik aufsteigen und dachte sie wüsste über mich bescheid, beruhigte mich dann aber wieder.

Es gab nur eine handvoll Leute, die überhaupt nur eine Ahnung von meinem Leben hatten. Traurig, nicht wahr?

„Was soll ich dir denn sagen?“, fragte ich ahnungslos und blickte kurz zu ihr rüber. Mir gefiel ihr grüblerischer Ausdruck gar nicht. Dazu hatte sie ihre Hände zu Fäusten geballt und kaute auf ihren Lippen.

„Tu nicht so scheinheilig!“, zischte sie, „du machst dich an meinen Johnny ran!“

Ich zog eine Augenbraue und bedachte Merlina mit kritischem Blick.

„Wer hat dir das erzählt?“, fragte ich nüchtern und schüttelte innerlich den Kopf. Merlina war schon immer zu impulsiv und leicht manipulativ gewesen. Ihre einziges Geschwisterteil war ein 10 Jahre älterer Bruder, der kaum Interesse an ihr hatte. Ihre Naivität hatte sich wohl über die Jahr wegen der Überbehütung ihrer Eltern entwickelt.

„Jessica meinte, dass du dich extra neben ihn gehockt und die ganze Zeit mit ihm geflirtet hättest“, meinte sie und wirkte plötzlich gar nicht mehr so sicher.

Ich schüttelte leicht den Kopf und machte ihr klar, dass sie nur wieder Opfer ihrer eigenen Leichtgläubigkeit geworden ist.

Missmutig blickte sie zu Boden und legte ein fast schon entschuldigenden Gesichtsausdruck hin.

„Er mag mich nicht mal“, fügte ich schmunzelnd hinzu. Merlina wollte gerade antworten, als eine Durchsage verkündet, dass der Nachmittagsunterricht entfallen würde.

„Allen Schülern ab Jahrgangsstufe 10 ist es erlaubt bis zum regulären Unterrichtsschluss das Schulgelände zu verlassen.“

Die funkelnde Augen meiner Freundin jagten mich Angst ein.

„Ich hol Kathrin“, quietschte sie und war von einen Moment auf den anderen verschwunden.

„Das kann nicht gut enden“, sagte ich mir selbst und spürte eine innerliche Panik aufsteigen.

 

Die ganze Zeit versuchte ich mir ins Gedächtnis zu rufen, wann ich das letzte Mal ohne jeglichen Schutz in einer Stadt, zumindest Kleinstadt, rumlaufen konnte.

Die Antwort lautete: Nie.

Zumindest nie unbeschwert. Der einzige Monat, den ich ohne Hilfe überlebt hatte war der nach dem Tod meiner Eltern. Obwohl ich selbst damals am Ende Hilfe von Nate benötigt hatte.

Der Tag hatte die regnerische Nacht hinter sich gelassen und zeigte nun einen nahezu wolkenlosen Himmel und eine strahlende Sonne. Trotz dem gerade mal 10 Grad Celcius konnte ich mir für einen Moment den Sommer vor Augen führen, als ich meine Lider schloss.

Ich wusste, dass ich panisch Angst haben sollte, immerhin würde die Strafe, die mich auf diesen Ausgang erwartet, wahnsinnig schlimm werden. Doch es war wie Schokolade essen. Sie schmeckt köstlich, obwohl man weiß, dass sie ungesund ist.

„Komm schon hier lang, Becca“, rief mich Kathrin, ein Mädchen mit den selben 16 Jahren wie ich und einem Dauergrinsen. Sie war nicht ganz so impulsiv und quirlig wie Merlina und der Umgang mit ihr war angenehmer.

Einzig und allein ihr genauer Blick, der mich immer zu analysieren schient, jagte mir manchmal Schauer über den Rücken.

„ Du kommst wohl nicht oft in die Stadt? Du kennst dich gar nicht aus“, stellte sie fest, als ich aufgeholt hatte und mir das Lächeln immer noch nicht aus dem Gesicht streichen konnte. Ich versuchte möglichst nüchtern auf ihren Kommentar zu antworten, doch Merlina kam mir zuvor:

„Sie wohnt doch außerhalb, ich würd auch nicht immer reinfahren.“

„Ja, aber sie kennt ja nicht mal das Wohngebiet hier-“

„-man muss es ja nicht unbedingt kennen. Nicht wahr, Becca?“

Missmutig blickte ich die beiden an und nickte. Sie beide schienen nicht ganz überzeugt zu sein.

„Ist ja egal“, winkte Kathrin mit einem unruhigen Lächeln ab, „ich wollte dich eh mal was anderes fragen.“

„Nur zu“, meinte ich und hatte insgeheim Angst davor.

Beruhig dich, ermahnte ich mich.

„Du wirst doch immer von einem Butler gebracht. Der nennt dich immer Azura. Warum eigentlich?“

Mein Atem stockte und ich riss die Augen panisch auf. Tausend Ausreden rauschten mir in den Kopf und ich begann zu zittern. Alles, was mir einfiel klang unglaubwürdig.

„Also ich-“

Ich konnte nicht zu Ende sprechen.

Denn plötzlich ereilte mich eine schreckliche Erkenntnis, als ich mich umsah. Dieses Wohngebiet, war nicht irgendein Wohngebiet. Es war vollgestopft mit Häusern, die allesamt dicke Mauern hatte. Überall waren große Tore und geziegelte Mauern vor den Villen. Die Stille war fast schon gespenstisch und die Auren hüllten mich in eine Wolke aus Unbehagen ein.

„Vampire“, zischte ich und schlung meine Arme um mich, „überall Vampire!“

„Was faselst du denn da?“, fragte Merlina etwas angekratzt.

„Vampire?“, fragte Kathrin verwirrt und blickte sich um.

„Was ist mit Vampiren? Wo, was, wie? Hier? Sind hier irgendwo Vampire?“, zischte plötzlich Merlina und wurde panisch. Sie hasste Vampire. Ich fragte mich manchmal warum.

Ich antwortete nicht, weil es schon zu spät war.

Ein wütender Vampir raste aus einen der Häuser, scheinbar aus einem Streit kommend und mit fletschenden Zähnen.

Ich wollte reagieren, wollte Merlina sagen, dass sie sich nicht bewegen sollte. Doch es war bereits zu spät. Sie rannte weg, so schnell sie konnte und weckte den Instinkt des wütenden Vampires. Er war ein paar Jahre jünger als wir, wirkte dennoch unglaublich gefährlich. Kathrin schrie auf und zuckte zurück.

Ich rannte so schnell ich konnte zwischen dem jungen Vampir und meiner besten Freundin. Seine Zähne waren bereits ausgefahren und kampfbereit.

Der Schmerz in meiner Schulter war nicht unbekannt, tat trotzdem höllisch weh.

Ich sackte zusammen und der Vampir spuckte mein Blut auf meinen Körper, wischte es sich hektisch mit der Hand vom Mund.

„Was zum Teufel ist das fürn Zeug?“, zischte er animalisch und betrachtete mich mit seinen dunklen Augen.

„Es schmeckt falsch“, flüsterte er und musterte mich, wie ich da verängstigt auf den Boden lag.

Ich war wie versteinert, als sich nach unten beugte und mein Amulett unter meiner Jacke hervorholte.

„Was ist das?“, fragte er verwundert und seine Augen brannten sich in die Meinen. Ich hatte Angst, fast schon Panik. Betete, dass ich keine Erkenntnis in seinen Augen aufblitzen sehen würde. Doch ich hatte Glück im Unglück.

Sein Blick blieb fragend und seine Augen hafteten weiter mit unverhohlener Neugier auf dem Amulett.

„Nimm es doch mal ab“, sagte er plötzlich und hob zu schnell den Kopf. Er war gerade dabei mir es über den Kopf zu ziehen, als ich mich panisch begann zu wehren und mich endlich aus meiner Starre löste.

„NEIN!“, kreischte ich mit aufgerissenen Augen und sah zitternd, wie er das Amulett von mir entfernte. Ich spürte wie mein Körper begann zu kitzeln und die Umrisse unschärfer wurden.

„Nein, nein, nein!“

Ich zitterte am ganzen Leib. Ich würde sterben. Eine Wandlung inmitten eines Vampirwohnkomplexes konnte ich nicht überleben. Ich rappelte mich und wollte dem Vampir das Amulett entziehen, wollte ihn anbrüllen. Doch er reagierte kaum.

Ich spürte alles schwarz werden, mein Herz bis zu Unkenntlichkeit weiter rasen und meinen Körper zusammensacken.est du das vielleicht.“

 

 

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So das war das erste Kapitel. Für alle, für die das hier bisher noch etwas zu sehr einen typischen Jugendroman ähnelt, liest weiter. Das Buch wird sich (soweit geplant) bis zum Ende hin um 180 Grad drehen. Also dranbleiben!

Die Updates werden in unregelmäßigen Abständen folgen. Manchmal schneller, manchmal langsamer ^^

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 23.11.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
An alle da draußen, die noch träumen und sich fragen, warum der Himmel blau ist...

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