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1.Kapitel

 

»Na, dann«, sagte Sascha zu sich selbst, »nichts wie weg hier!« Sie trat das Gaspedal ihres Kombis bis zum Anschlag durch. Die Räder quietschten und hinterließen eine graue Spur auf dem Asphalt. Ihr Leben hatte sich in den letzten zwei Tagen drastisch geändert. Was war bloß geschehen, dass sie davor so blind gewesen war? Ihr Herz traktierte ihren Brustkorb, jeder Schlag versprach tausend Nadelstiche, die auf ihre Seele niederregnen würden, sobald sie sich gestattete, über die Geschehnisse der letzten beiden Tage nachzudenken.

Sie lenkte den Wagen um eine Kurve, durchquerte die darauffolgende Serpentine und schlitterte über die geteerte Landstraße. Ein plötzliches Rummpumpumm ließ sie spontan auf die Bremse treten. 

Ein Blick in den Rückspiegel verriet ihr, was geschehen war. Ihr Fahrrad lag einige Meter entfernt in der Mitte der Straße.

Sascha schnaubte. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Warum war sie bloß nach Freedom Falls zurückgekehrt? Sie stieß mit dem Fuß gegen die Innenverkleidung und die Fahrertür klaffte auf wie eine offene Wunde. Entnervt zwängte sie sich aus dem Wagen und hetzte zu ihrem Fahrrad. Während sie lief, schossen die Ereignisse der letzten beiden Tage unaufhaltsam durch ihren Kopf. 

Was war nur geschehen, dass sie sich so mies fühlte und den Drang zu Flüchten nicht länger unterdrücken konnte?

Sie spulte zurück auf Anfang. Zu dem Moment, als sie mit ihrer Schwester in dem winzigen Hotel saß und ihre neuen Freundinnen kennenlernte.

 

 

»Hallo Mädels, nett euch kennenzulernen«, sagte Sascha und schüttelte den vier Freundinnen ihrer Schwester Liz die Hände. Sascha war gerade im Hotel angekommen, in dem Liz über den Sommer arbeitete, bevor sie ihr Medizinstudium wieder aufnahm.

»Hattest du denn eine angenehme Fahrt von der Stadt hierher, nach Freedom Falls?« Melody schnappte sich eine Tasse Kaffee, roch daran und schloss die Augen. »Ach, ich vermisse die Stadt an manchen Tagen«, schwelgte Melody in nostalgischer Erinnerung an ihr Leben als wahres Großstadtkind.

»Ja ja, die Fahrt war schon ganz okay. Ich konnte mich sogar noch gut an den Weg in dieses verschlafene Nestchen erinnern. Ich war ja schon seit einigen Jahren nicht mehr hier, wisst ihr?«

»Warum bist du denn so lange nicht hier gewesen? Hast du denn nicht gern in Freedom Falls gelebt?«, fragte Sara ungläubig. »Ich muss sagen, ich bin hier so glücklich wie nirgends sonst. Als Modedesignerin ist mein Stil zwar an die Großstadt gebunden, aber leben möchte ich dort wirklich nicht mehr. Vor allem seit die Kinder da sind.«

Sascha schüttelte den Kopf. »Ich bin zwar in Freedom Falls aufgewachsen, aber zurück hierher will ich ehrlich gesagt auf keinen Fall. Für Kinder ist es bestimmt perfekt, unsere Kindheit war auch sehr behütet, nicht wahr Liz? Doch hier in der Gegend großartig Karriere zu machen klappt so gut wir gar nicht. Deshalb kann ich mir ehrlich lebhaftere Orte zum Leben vorstellen. Also, nichts für ungut.«

»Lebhafter vielleicht, aber schöner mit Sicherheit nicht«, warf Melody ein. »Ich wollte auch lange Zeit nicht in Freedom Falls leben, ich habe mich anfangs sogar mit Händen und Füßen gewehrt. Vor allem weil Ted, mein ... Verlobter – du kennst ihn bestimmt aus dem Fernsehen – der Wetterfrosch von Channel5, durch seinen Job an die Stadt gebunden ist. Aber wir haben uns sogar dazu entschieden, eine Fernbeziehung zu führen, damit wir hier in Freedom Falls leben können.«

»Das nenn ich mal Liebe zu einem Ort«, sagte Sascha leicht schnippisch. 

»Und zu einem Mann«, ergänzte Melody mit trotziger Stimme. 

»Also, wenn du ihn dazu zwingst mit dir in dieses Kaff zu ziehen und unter der Woche in die Arbeit zu pendeln, dann bin ich mir da nicht so sicher.« 

Liz, die gerade heißen Kaffee servierte, hielt Sascha hastig eine Hand vor den Mund. »Verzeiht meiner Schwester, sie sagt immer sofort, was sie denkt, ohne Rücksicht auf die Gefühle Anderer zu nehmen.«

Sascha wischte die Hand beiseite. »Weißt du, mein liebes Schwesterherz, für dich werde ich mich bemühen, meine Gedanken nicht laut auszusprechen, wenn ich dir so peinlich bin.«

»Glaubst du, ich höre deinen Sarkasmus nicht aus deiner gespielt netten Ansage heraus?«

»Typisch Schwestern«, sagte Natascha und zuckte mit den Schultern. »Immer am Zanken.«

»Nati hat recht, Sascha. Es tut mir leid, wir sollten uns nicht jetzt schon in den Haaren liegen. Du bist doch gerade erst angekommen. Dazu haben wir doch noch den gesamten Sommer lang zeit.«

»Ja, ich sehe das genauso, Liz. Verzeih mir bitte, ich bin ein wenig ausgelaugt von der langen Fahrt. Ich werde wohl gleich auf mein Zimmer gehen.«

»Du wohnst doch nicht im Hotel«, sagte Leonie siegessicher und zückte eine kleine Fernbedienung. Die Leinwand für die hoteleigenen Präsentationen rollte auf Knopfdruck von der Decke des Restaurants. 

»Ach herrje«, stöhnte Natascha, »Leonie hat ihr neues Spielzeug schon wieder ausgepackt.«

»Erstellst du denn jetzt für jede Kleinigkeit eine Präsentation?«, warf Melody überrascht ein.

Leonie ignorierte ihre Freundinnen und zog stattdessen einen ausziehbaren Zeigestab aus ihrer Tasche. Sie tippte mit der Spitze auf die erste Seite ihrer Präsentation.

»Saschas Zuhause?«, las Sascha verwirrt vor. »Ihr habt mir ein eigenes Zuhause besorgt? Euch ist aber schon klar, dass ich nicht vor habe, länger als ein paar Wochen bei euch zu bleiben?«

Leonie klickte ein weiteres Mal auf die Fernbedienung. Die nächste Seite der Präsentation öffnete sich. Das Bild eines Blockhauses prangte auf der Leinwand.

»Du wirst in diesem wunderschönen, frisch renovierten Bungalow wohnen, den Mel gemeinsam mit Ted in Schuss gebracht hat. Also, keine Sorge. Wir werden dich nicht mit einem eigenen Haus zwangsbeglücken«, äußerte Leonie schelmisch.

»Und du wirst auch nicht mit mir zusammen leben müssen.« Melody fischte die kleine Fernbedienung aus Leonies Fingern und klickte darauf. »Denn wie Leonie ebenfalls in ihrer Präsentation erwähnt, verbringe ich die nächsten Wochen gemeinsam mit Ted in der Stadt.«

»Und es ist völlig okay für dich, dass ich in der Zwischenzeit in eurem neuen Haus wohne?«, fragte Sascha skeptisch.

»Ja. Liz ist eine gute Freundin von uns. Wir vertrauen ihr und ihrer Familie.«

Die altbekannte Freedom Falls Atmosphäre erfüllte schlagartig den Raum. Sascha blieb die Luft weg. Diese Frauen lebten nach einer Philosophie, die in der Stadt eher selten existierte. Sascha erinnerte sich an ihre Kindheit, in der es Gang und gebe war, den Nachbarn mit Mehl oder Eiern auszuhelfen, wenn sie sonntags einen Kuchen backen wollten (von dem man als Dankeschön natürlich ein Stück bekam). Der Geruch von frisch gemähtem Gras und Kinderlachen drangen aus ihrer Erinnerung und erfüllten ihre Sinne.

»Ihr seid ja waschechte Bewohner von Freedom Falls, das muss man euch lassen«, bestätigte Sascha. »Immer allzeit bereit euren Freunden zu helfen.«

Melody grinste wie ein Honigkuchenpferd. »Du wirst schon sehen, wenn du erst eine Zeit lang hier bist, dann willst du bestimmt auch nie wieder von hier weg.«

Sascha schüttelte entschlossen ihre lockige Mähne. »Mach dir bitte keine falschen Hoffnungen. Du scheinst eine wirklich nette Person zu sein, deshalb hoffe ich, dass dich meine Worte nicht kränken. Doch deine romantischen Vorstellungen von diesem verschlafenen Nest teile ich leider nicht. Wenn meine Schwester nicht wieder zurück in dieses Kaff gezogen wäre, dann wäre ich bestimmt nicht hier.«

»Was ist denn so schlimm an Freedom Falls?«, fragte Melody vorsichtig, doch bestimmt. 

Sascha beschloss, nicht weiter auf dieses Gespräch einzugehen. Sie leerte stattdessen ihren Kaffee - schwarz, ohne Zucker - mit einem Zug. Dann sah sie Liz spitzbübisch an. »Warum kann ich denn nicht bei dir wohnen, Schwesterherz? Gibt es da etwa einen neuen Mann in deinem Leben?«

»Sam und ich sind erst vor Kurzem zusammengezogen, Sash. Unsere Beziehung verträgt noch keine nervige goße Schwester, die ständig sagt, was sie denkt.«

Die Freundinnen kicherten im Hintergrund. Sascha zog es vor, auch auf diese Meldung nicht zu reagieren. Ihr stand der Sinn nicht nach langen Unterhaltungen, oder Erklärungen darüber, warum sie nicht hier in Freedom Falls sein wollte. Auch ein Wortgefecht mit ihrer Schwester, auf das sie sich normalerweise mit Freuden stürzte, konnte sie gerade nicht ertragen. Sascha fühlte sich ausgelaugt. Und zusätzlich schlecht gelaunt. Sie wollte nicht riskieren, etwas Unangebrachtes zu sagen. Sie redete schnell und sagte meist ohne zögern, was sie sich dachte. Eindeutig keine gute Mischung, wenn man Zorn und Abgeschlagenheit mit einer flinken Zunge kombinierte. Das war Sascha nur zu sehr bewusst.

»Danke für den Kaffee und diese echt total aufschlussreiche Präsentation. Ich gehe jetzt mal auf mein Zimmer und haue mich eine Stunde aufs Ohr.«

»Nichts da«, schnitt ihr Melody den Weg ab. »Du kommst mit mir, ich bringe dich zu unserem Haus. Dort kannst du dich dann entspannen. Du musst Ausruhen und zur Ruhe kommen. Und vor allem, in Freedom Falls ankommen.«

Bei diesen Worten verkrampfte Saschas Magen. In Freedom Falls ankommen ... In Wahrheit wünschte sie sich nichts lieber, als wieder sobald wie möglich hier verschwinden zu können. Vor allem, bevor sie jemand ganz Bestimmtem aus ihrer Vergangenheit über den Weg laufen konnte. Eigentlich war Sascha nur hierher zurückgekommen, um ihrer Schwester einen Gefallen zu tun. Zwei Jahre war der Kontakt abgebrochen, doch aus heiterem Himmel hatte sich Liz bei ihr gemeldet und sie nach Freedom Falls eingeladen. Wie hätte Sascha dazu Nein sagen können? Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als ein gutes Verhältnis zu ihrer Schwester. Doch sie wünschte sich ebenfalls von ganzem Herzen, ihrer großen Jugendliebe nie wieder begegnen zu müssen. 

»Und was passiert mit meinen Sachen?«

»Dein Auto kannst du gerne vorm Hotel stehen lassen und dein Fahrrad lasse ich zu deinem einstweiligen Zuhause nachbringen. Einverstanden?«, sagte Liz auffordernd.

Sascha erhob sich schwermütig und wandte sich an Melody. »In Ordnung, dann bring mich bitte in dein kleines Häuschen in der Blockhaussiedlung.«

»Wir wohnen übrigens alle in derselben Siedlung«, erklärte Melody stolz, während sie Sascha zu ihrem Auto geleitete. »Anfangs konnte ich diese Häuser nicht ausstehen, aber mit der Zeit habe ich tatsächlich Gefallen daran gefunden, weißt du? Sie haben einen gewissen Charme, den man keineswegs langfristig ignorieren kann.«

»Du brauchst mir den Ort nicht schmackhaft zu machen, Melody. Du klingst ja fast wie eine Werbebroschüre.« Sascha packte ihren Trolley in den Kofferraum und ließ sich gelangweilt auf den Beifahrersitz plumpsen. Wehmütig schielte sie zu ihrem roten Rennrad, mit dem sie jetzt gerne aus diesem Kaff flitzen würde.

»Ich schwärme gerne von meinem neuen Zuhause.« Melody ließ den Motor ihres Sportflitzers an. Dann räusperte sie sich. »Und du sagst wirklich ständig, was du dir denkst, hm?«

»Was dagegen?«, antwortete Sascha, kurz angebunden. In Gedanken war sie schon wieder zurück in der Stadt, wo Freedom Falls nur noch eine immer kleiner werdende Erinnerung in ihren Träumen war.

»Ganz und gar nicht. Ich finde deine schnelle Zunge sogar erfrischend.«

»Siehst du, nicht nur ich finde es hier in diesem Kaff langweilig.«

»Ich finde es hier nicht öde, da hast du etwas falsch verstanden.«

»Ach? Habe ich das? Aus welchem Grund ziehst du denn sonst für die nächsten Wochen in die Stadt zurück?«

»Weil mein Verlobter mich darum gebeten hat. Deshalb. Und das ist auch schon wieder der einzige Grund.«

»Du brauchst dich nicht vor mir zu rechtfertigen, Melody.« Sascha wusste, dass viele Menschen das Bedürfnis verspürten, ihr Handeln ihr gegenüber zu erklären. So als wäre sie eine höhere Instanz, die es sich anmaßen durfte, über die Persönlichkeit Anderer zu urteilen. Sascha dachte sich ihren Teil und sprach ihn meist auch laut aus. Aber niemals würde sie sich erlauben, über einen anderen Menschen Gericht zu halten. Außer über Kilian. Ihre Jugendliebe. Der hatte es nicht anders verdient.

»Ich will dir nur klar machen, wie gerne ich hier wohne.«

»Melody-«

»Du kannst mich gern Mel nennen.«

»Okay, Mel. Du erwähnst für meinen Geschmack schon ein paar mal zu oft, wie gerne du hier wohnst. Da ist meiner Meinung nach was im Busch. Aber das geht mich nichts an. Und bitte fühle dich nicht dazu verpflichtet, mir die Umstände zu erklären.«

Melody klimperte mit ihrem Schlüsselbund. »Eventuell habe ich noch kurz Zeit für eine Tasse Tee, dann können wir uns in Ruhe unterhalten, bevor ich mich auf den Weg in die Stadt mache.« Melody trug Saschas Koffer eilig in das Haus und verschwand direkt in der frisch renovierten Küche.

»Also, hast du anscheinend doch das Bedürfnis mir alles zu erzählen, so wie es aussieht«, stöhnte Sascha, die doch eigentlich gern ihre Ruhe gehabt hätte. Sie war nervös und angespannt, weil sie in ihre Heimat zurückgekehrt war. Am liebsten hätte sie sich stillschweigend für ein paar Tage im Bett verkrochen, um sich in Frieden akklimatisieren zu können.

»Es ist eigentlich gar keine große Sache. Ted möchte, dass ich nochmal Zeit mit ihm in der Stadt verbringe. Unsere Beziehung wird sich nach dem Sommer drastisch ändern. Und er möchte mich bis dahin an seiner Seite haben. Ich starte nämlich demnächst eine neue Karriere, im Nachbarort, Kings End.«

»Dorthin musst du doch auch eine Stunde lang pendeln«, stellte Sascha staunend fest.

»Das hast du gut erkannt, Sascha. Ted wird fünf Tage die Woche in der Stadt verbringen und ich fahre tagtäglich in die entgegengesetzte Richtung, wahrscheinlich auch fast jedes Wochenende.«

»Ihr werdet euch also so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht bekommen«, fasste Sascha Melodys Erklärung zusammen.

Mel schlürfte an ihrem Tee. »So sieht es wohl aus. Ich habe sogar versucht, das Jobangebot abzulehnen, weil es meiner Beziehung schaden könnte ... doch die Firma hat das Angebot immer verlockender für mich gemacht.«

»Lass mich raten. Sie wollen dich unbedingt, deshalb bezahlen sie dir mehr.«

»Nicht nur das. Ich bekomme auch einen Firmenwagen und zwei zusätzliche Wochen Urlaub im Jahr.«

»Die du dir wahrscheinlich sowieso nicht freinehmen kannst, weil dich die Arbeit so sehr vereinnahmt.«

»Du klingst gar nicht begeistert von dem Angebot. Meine Freundinnen haben allesamt gejubelt, als ich ihnen davon erzählt habe.«

Sascha sah Melody neugierig an. »Worum genau geht es denn genau? Ist es ein Bürojob?«

Melody schüttelte glücklich den Kopf und grinste breit. »Ganz und gar nicht. Ich bin Chemikerin, ich arbeite hauptsächlich im Labor.«

Sascha sah Melody aus einem neuen Licht. »Wie eine Chemikerin siehst du gar nicht aus.«

»Wie sehen denn Wissenschaftler deiner Meinung nach aus?«

»Nun ...« Sascha überlegte kurz. »Nicht so übertrieben hübsch, eher alt und eingestaubt. Mit Halbglatze, oder so.«

Melody lachte. »In meinem Beruf sind alte und eingestaubte Männer keine Seltenheit. Auf weibliche Chemikerinnen trifft man eher selten.«

»Und was sollst du für diese Firma tun?«, fragte Sascha interessiert.

»Sie haben mich gebeten, an ihrer Krebsforschung mitzuarbeiten. Das ist genau das, was ich mein gesamtes Leben lang schon immer tun wollte. Davor habe ich in einem Büro gesessen und Trendanalysen für ein Pharmaunternehmen erstellt. Und für diesen Job hätte ich niemals meine Beziehung so dermaßen auf den Kopf gestellt, das kannst du mir glauben.«

»Ja, die Büroarbeit hört sich echt nicht spannend an. Klingt definitiv nicht nach Traumjob, das kann ich mir vorstellen. Aber nun kannst du endlich tun, was du möchtest. Das ist wunderbar.« Sascha überlegte kurz. »Doch du bist dir trotzdem nicht sicher, ob du den neuen Job antreten sollst. Obwohl du es dir schon so lange wünschst.«

Melody trommelte mit unruhigen Fingern auf die Tischplatte. »Ich habe Angst, dass meine Beziehung unter der Entfernung leidet.«

»Das wird sie auch, Mel. Das lässt sich wahrscheinlich nicht vermeiden. Aber wenn du deshalb auf deinen Traum verzichtest, ist das auch nicht gerade sehr förderlich für eure Beziehung. Die Liebe kann an solchen Dingen zerbrechen.«

»Hört sich an, als würdest du aus Erfahrung sprechen«, sagte Melody.

»Bei mir war die Situation eine ganz andere, aber die Liebe war dahin.«

 

 

2. Kapitel

 

Melody hatte sich bereits vor zwei Stunden von Sascha verabschiedet. Doch die ersehnte Ruhe kehrte nicht ein. Sie wälzte sich zuerst im Bett, dann auf der Couch, hin und her. Doch der Schlaf wollte sie nicht finden. Nicht einmal ein Fünkchen Entspannung machte sich breit. Die innere Unruhe, die in ihr rumorte seit sie in Freedom Falls angekommen war, besänftigte sich nicht. Sascha marschierte in Melodys neuem Zuhause auf und ab: Durch die Küche, das Wohnzimmer, den Gang, das Badezimmer, Schlafzimmer und Gästezimmer ... sie tigerte durch die Räume, auf der Suche nach einer Beschäftigung.

»Die haben keinen Fernseher«, stellte Sascha mit großen Augen fest, nachdem sie das gesamte Haus durchsucht hatte. Nicht einmal sanfte Berieselung durch Talkshows und seichte Werbung war ihr vergönnt. »Dann eben spazieren«, murmelte sie genervt, und schlüpfte in ihre Flipflops.

 Der erste Schritt hinaus in die Sommersonne ließ sie heftig blinzeln. Die Hitze brannte abrupt auf Saschas gebräunter Haut. Eigentlich würden die Temperaturen einen Ausflug zum See vorschlagen, doch ihr innerer Antrieb fehlte vollkommen. Auf nichts hatte sie Lust. Ihr Unternehmungsdrang war total gehemmt. Niemanden wollte sie treffen. In Wahrheit hätte sie nicht einmal das Haus verlassen wollen. Saschas Verzweiflung über ihre demotivierte Unruhe raubte ihr den letzten Nerv. Am liebsten hätte sie laut geschrien. Sascha sah sich um und konnte es kaum glauben. An der Hausfront hatte jemand ihr Fahrrad angelehnt. Ein Quäntchen Freude legte sich über ihre trübselige Stimmung.  

Beherzt schwang sie sich auf ihren Drahtesel und trat in die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 28.06.2019
ISBN: 978-3-7487-0853-7

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