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Entscheidung gefällt

 

 

Von Loreletta Nox

Kurzbeschreibung

 

 Wenn man Frank Johnson, dem Erfinder und Mitbegründer der Brawls, am Anfang gesagt hätte, dass die ‚Kämpfer‘ einmal wie Superstars gefeiert werden würden, hätte er vermutlich bloß lauthals gelacht und abgewunken.

Aber genau das ist, was passiert ist. Was am Anfang nur als eine relativ friedliche Lösung für alltägliche Streitfragen gedacht war, hat sich im Laufe der Jahre zu einem fest etablierten gesellschaftlichen Event entwickelt – aber kaum einer denkt daran, dass die Kämpfer auch ein eigenes Leben außerhalb der Arenen haben.

Wie zum Beispiel Olivia. Gemeinsam mit ihrem Vater bildet die junge Frau eines der wählbaren Brawl-Teams und hat bereits einen eigenen Vertrag in Aussicht, sobald sie volljährig wird.

Aber fernab der Kameras, ohne Kostüm und Make-up, ist sie wie viele andere ihres Alters auch einfach nur eine junge Frau. Nicht die bejubelte Kämpferin, das Idol oder der Schwarm, sondern die Tochter, Freundin und Studentin, mit allem, was dazu gehört.

 

 

 

Prolog

 

Mit einem ohrenbetäubenden Knall explodierte die alte Lagerhalle, in der wenige Augenblicke zuvor noch erbittert gekämpft worden war.

Betonbrocken, Metallstücke und Schutt flogen in alle Himmelsrichtungen davon, während sich eine Aschewolke ringförmig durch die Umgebung wälzte.

In dem staubigen Düster war es schwer, etwas erkennen zu können, aber vage zeichneten sich darin mehrere Umrisse ab. Einige rappelten sich auf, andere liefen bereits davon und wieder andere rührten sich nicht mehr.

 

Die meisten Silhouetten wirkten groß und wuchtig und stammten vermutlich von den Handlangern, welche zuvor in den Kampf verwickelt gewesen waren.

Lediglich ein einziger Schatten wirkte deplatziert. Kleiner als die anderen und zierlicher geschnitten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit der Schatten einer Frau.

Aber diese rannte nicht weg, sondern hatte sich vielmehr den brennenden Überresten der Lagerhalle zugewandt und starrte bebend vor Zorn auf diese.

 

Die dämpfende Stille der Aschewolke wurde letztlich von den schrillen Sirenen der anrückenden Feuerwehr- und Polizeiautos zerschnitten, während die blinkenden Lichter diffuse Muster in dem staubigen Grau zeichneten.

Als die ersten Wägen anhielten, wandte die Silhouette sich ab und suchte mit raschen Bewegungen das Weite. Sie würde sich definitiv nicht von denen verhaften lassen.

 

Erst fünf Blocks weiter hielt sie an, riss sich die lächerliche Augenmaske herunter und wischte sich etwas Schmutz aus dem Gesicht. Innerlich tobte, zeterte und schrie sie über die verdammte Ungerechtigkeit der Welt. Äußerlich zeugte lediglich eine leicht kraus gezogene Nase von ihrem inneren Toben.

Zum wievielten Mal diese Woche hatten sie jetzt schon wieder verloren? Zum vierten Mal? Und dabei war doch erst Mittwoch!

Wer auch immer sich die Regeln für dieses bescheuerte Spiel ausgedacht hatte, gehörte ihrer Meinung nach erschlagen. Oder in einen Sack gestopft, auf den eine Horde wildgewordener Kinder mit Holzknüppeln einprügeln durfte und dann erst erschlagen!

 

Seufzend wischte sie sich ein weiteres Mal über das Gesicht und schüttelte den Kopf. Sie war es ja gewöhnt, dass am Ende nur Schutt und Asche zurückblieb. Immerhin hatte sie ihre Eltern früher bereits begleiten dürfen und hatte mehr als nur einmal mitansehen müssen, wie man sie dazu gezwungen hatte zu verlieren.

Aber erst seit ihre Mutter, nachdem sie bei einem dieser Brawls eine schwerwiegendere Verletzung davongetragen hatte, von einer Reha zur nächsten wandern musste – offiziell war sie dann auf Fortbildungen – nahm Olivia selbst an diesen makabren Spielen teil.

 

Eigentlich war diese Art von Spiel, wie es ja offiziell bezeichnet wurde, mal eine recht gute Idee gewesen. Die Zuschauer stimmten darüber ab, welche Teams aufeinandertreffen sollten, um irgendeine Streitfrage zu klären. Bevor es dann zum live übertragen werdenden ‚Kampf‘ kam, konnten sie ihr jeweiliges Team mit neuen Gadgets oder mehr Zeit ausrüsten, indem sie Quizfragen beantworteten oder anderen Kram machten. Und das bessere Team gewann halt, womit auch zeitgleich die Streitfrage geklärt und offene Aufstände verhindert wurden.

Tja, zumindest war es früher so gewesen. Wie so oft im Leben hatten sich irgendwann die ersten Teams bestechen lassen und ab da war die ganze Nummer den Bach runter gegangen. Inzwischen ging es nicht mehr darum wichtige Fragen zu klären, sondern nur noch darum, die Bevölkerung zu amüsieren und sie ruhig zu halten, denn: Die Siege waren bindend und die Themen damit vom Tisch.

Leider waren ihre Eltern, so wie einige andere auch, mit von der Partie gewesen. Und das wiederum hatte dazu geführt, dass sich irgendwann ‚feste‘ Kombinationen eingebürgert hatten, die besonders gerne ausgetragen wurden. So, wie dieses Mal auch wieder.

 

Ein leises Knurren entrang sich ihrer Kehle, als sie an Wild Dash dachte. Klang dessen Brawl-Name ja allein für sich schon bescheuert genug, gab ihr Vater sich mit ihm die Klinke in die Hand, wenn es um die Unmöglichkeit von Namen ging: Professor Psych.

Über die Namen hätte sie vielleicht noch hinwegsehen können, nicht aber über den nervigen Partner, der wiederum ihr die Arbeit erschwerte.

Dieser hatte, ebenso wie sie, noch keinen eingetragenen Namen, aber spätestens, wenn sie beide volljährig wurden, würden sie einen offiziellen Vertrag mit allem Drum und Dran bekommen. Blieb nur zu hoffen, dass sie sich dann selbst etwas aussuchen dürfte und nicht einfach irgendetwas hingeklatscht bekommen würde. Sie war ohnehin so kurz davor endlich einen Vorabblick in einen solchen offiziellen Vertrag zu bekommen – etwas, worum sie schon seit einer geraumen Weile bat und das ihr bisher nie erlaubt worden war.

 

Doch nach dieser Nacht zweifelte sie daran, dass sie allzu bald einen Blick in die genauen Vereinbarungen würde werfen dürfen. Denn wie schon einige Male zuvor hatte sie sich nicht ganz ans Drehbuch gehalten und einige Dinge getan, die so nicht vorgesehen gewesen waren.

Andererseits… Genau solche Aktionen brachten ihr üblicherweise neue Bewunderer ein, die für sie, beziehungsweise für ihr Team, abstimmten. Und je mehr, desto besser, nicht wahr? Zumindest, wenn man am empfangenden Ende der ganzen Geldmacherei hockte.

Oh, wie sie es doch hasste, sich immer an diese verdammten Vorgaben halten zu müssen! Am meisten hasste sie aber diese verdammte Verpflichtung zur Flucht für das Verliererteam. Eine absolut bescheuerte Regel, die man irgendwann eingeführt hatte, um dem Ganzen noch ein wenig mehr Pep nach der eigentlichen Show zu verpassen.

Und ja, sie hatte es sich definitiv in den Kopf gesetzt, nicht immer diejenige zu sein, die fliehen musste! Auch, wenn es das Letzte wäre, was sie jemals tun würde!

„Nächstes Mal“, knurrte sie leise, ihren Blick dabei über ihre Schulter zurückschweifen lassend. „Nächstes Mal bist du fällig!“

 

1

 

 Die Nacht steckte ihr noch in den Knochen, als sie sich durch die morgendliche Routine aus aufstehen, frisch machen und frühstücken quälte.

Es war eine Heidenarbeit gewesen sich von Staub und Asche zu befreien, aber jetzt sah sie wieder halbwegs menschlich aus. Ihre Haut war wieder als solche erkennbar, die lange schwarze Haarpracht – eine Perücke, die zu ihrem Kostüm gehörte – wieder schwarz und die Augenringe reichten zum Glück mal nicht bis runter zu ihren Wangenknochen.

„Guten Morgen, mein Schatz“, erklang die viel zu zufrieden klingende Stimme ihres Vaters hinter der angehobenen Morgenzeitung, als sie dann schließlich in die Küche geschlurft kam.

Und da er es inzwischen besser wusste, erwartete er nach der letzten Nacht keine Erwiderung auf seinen Morgengruß. Er hätte ohnehin keine zu hören bekommen, knabberte sie doch schon bereits eher lustlos an ihrem Essen herum und schielte halbherzig auf den für sie sichtbaren Artikel.

Das Doppelbild, welches sich ihr da präsentierte, zeigte auf der einen Seite die brennende Lagerhallenruine, auf der anderen den grinsenden Dash und seinen ekelhaft stolz schauenden Partner.

Wie immer halt.

 

Angewidert, und eindeutig genervt, ließ sie ihr Essen wieder auf den Teller sinken, erhob sich und verschwand mit einem kurzen Knurren aus der Wohnung. Sie musste jetzt ohnehin zum Campus.

Auf dem Weg dorthin hatte sie noch genügend Zeit, um sich weiterhin über diese beiden Idioten und die Ungerechtigkeit der Welt aufzuregen.

Normalerweise war sie ja froh darum, dass sie im Gegensatz zu ihren Mitstudenten eben nicht mit dem Auto kommen und sich um die wenigen, ewig belegt wirkenden Parkplätze dreschen musste. Heute allerdings verfluchte sie diese sonstige Annehmlichkeit.

Was vermutlich hauptsächlich daran lag, dass sie das unbestimmte Bedürfnis verspürte, jemandem verbal solange ins Gesicht zu schlagen, bis dieser weinend zu seiner Mama rennen würde. Ein sehr ansprechender, aber leider nicht umsetzbarer, Gedanke.

Stattdessen latschte sie mit wenig Elan die drei Querstraßen zum Campus, schloss sich dem Strom der ankommenden Studenten an und bahnte sich mit grimmiger Miene ihren Weg zu ihrem ersten Hörsaal.

Schlechter konnte ihre Laune ja nicht mehr werden, es sei denn …

„Guten Morgen, Herzblatt!“

Beinahe konnte sie dabei zusehen, wie ihre Laune sich ein Loch in der Antarktis grub und sich fröhlich winkend darin selbst beerdigte. Und davor noch ein hämisches Spruchbanner mit der Aufschrift „Haha!“, als Grabschmuck aufstellte.

 

Sie war definitiv kein Kind von Traurigkeit. Party am Wochenende? Sie war – zumindest bei den meisten – dabei. Jungs abschleppen und ein wenig Spaß haben? Wenn es sich einrichten ließ, immer her damit! Aber im Gegensatz zu 99 Prozent der heterosexuellen Studentinnen mied sie eine gewisse Person nebst Dunstkreis, wie der Teufel das Weihwasser: Lukas Wulfsten.

Sport- und Naturwissenschaftscrack, gutaussehend, charmant und der typische Vorzeigeschwiegersohn, für den jede Mutter morden würde. Würg. Und somit eindeutig nicht ihr Geschmack.

Nicht falsch verstehen, sie gehörte nicht zu den Idiotinnen, die sich einbildeten, den typischen Bad Boy zähmen und

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Alle Rechte liegen bei der Autorin Loreletta Nox
Cover: https://www.canva.com - Loreletta Nox
Tag der Veröffentlichung: 09.10.2021
ISBN: 978-3-7487-9658-9

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