Cover

Personenbeschreibung

00K

 01K - Rin Knox, Mädchen

02K - May Knox, Mädchen

03K - Finn Knox, Junge

04K - River Knox, Junge

05K - Meo Knox, Junge

06K - Dee Knox, Mädchen

07K - Gwyneth Knox, Mädchen

08K - Orion Knox, Junge

09K - Cry Knox, Junge

 

Na ja hoffe es hilft ^^

Prolog

 

„Warte! Bitte...“, seine Stimme klingt verzweifelt.
Der Genannte dreht sich um: „Es zu spät, viel zu spät. Tut mir leid...“
Er geht davon, ohne sich noch einmal umzudrehen, der andere könnte ja seine Tränen sehen.
Der Junge bleibt alleine zurück, er sieht so verloren aus, verletzt und verloren.

 

 

Kapitel 1

 „Hahaha, das ist nicht witzig!“, genervt schaut das Mädchen mit den giftgrünen Strähnen auf. Zu einem breit grinsenden Jungen: „Das war kein Witz sondern die Wahrheit.“
Sie setzt ihre Kopfhörer auf und blendet alles aus, jetzt gibt es nur noch sie und die Musik. Hinter ihr sitzt ein Mädchen, dass alle Leute mit so wütenden Blicken straft als ob nur sie alle schuld an ihrem Unglück seien. Neben ihr schläft ein Junge mit kurzen braunen Haaren.
Zwei Jungen und ein Mädchen betreten den Schulhof. Der erste wirkt gross, er ist nicht das was man als Schönheit bezeichnen würde, aber seine Augen, der sanfte Blick darin, sind unendlich schön. Der Andere hat honigblonde Locken und kalte ausdruckslose Augen, die einem schaudern lassen, er wirkt so als ob er einem ohne zu zögern ein Messer in den Rücken stossen könnte. Trotzdem hat er ein Mädchen an der Hand, sie wirkt nicht verloren und doch ist da etwas in ihrem Blick hinter der viel zu grossen Brille. Auf dem Dach sitzt ein Mädchen und raucht ihre Zigarette, mit ihren klobigen Schuhen, den zerrissenen Leggins und dem Minirock wirkt sie unnahbar und kalt, was zum teil auch stimmt.
Sie sind die Geschwister Knox, sie alle wurden von Jacob Knox adoptiert. Etwas ist anders an diesen Kindern, sie sind nicht naiv oder unschuldig. Diese Kinder hüten ein Geheimnis, das ist klar und es ist eines, das man besser nicht aufdeckt, wenn man an das Gute im Menschen und der Welt glauben will.
River der Junge mit den sanften Augen, sitzt da und beobachtet ihn, still aus dem hintersten Ecken des Klassenzimmers. Wie seine schlanken Finger mit dem Stift spielen, die Sonne helle Flecken auf sein Gesicht malt und er mit seinen unglaublich blauen Augen weit in die Ferne schaut, er scheint ganz wo anders zu sein, Leo. River liebt alles an ihm, auch wenn er weiss, das Liebe nicht gut tut, sie verletzt nur, schau dir doch Dee an. Sie ist kaputt, noch mehr als die Anderen. Er versucht nicht mehr hinzusehen, aber es gelingt ihm nicht, immer wieder schweift sein Blick zu ihm herüber. Auch wenn er weiss, er wird nur ein Traum bleiben, mehr nicht, nur ein Traum unerreichbar und sehr weit weg. Denn in Leos Welt ist noch alles in Ordnung, in Leos Welt ist die Seele noch weiss und das Herz liegt nicht schon lange in tausend Splitter am Boden, nein in Leos Welt ist alles gut. Ausserdem ist er nicht schwul.
Das harte klingel der Pausenglocke, reisst ihn aus seinen Gedanken.
„Wo ist Meo?“, an die Wand gelehnt schaut Rin, das Mädchen mit der Brille an ihren Geschwister vorbei.
„Wahrscheinlich in der Bibliothek, das verdammte Genie.“, meint Cry, der Junge der immer die Wahrheit sagt.
„Seid still, ich will schlafen...“
„Du willst immer schlafen, Finn“, meint Cry trocken.
„Na und lass mich doch!“
„Haltet endlich die Klappe und wen interessiertes es wo Meo steckt?“, wirft Dee das Mädchen mit dem bösen Blick ein.
May, die mit den Kopfhörer seufzt, früher war Dee anders, so wie sie, konnte immer lachen, aber seit der Sache mit Orion...
Orion...
Er hat sie verändert, er hat sich aber auch selbst verändert. Sie alle gingen an ihr kaputt, an der Liebe. Sie ist nicht gut, sie verändert die Menschen, sie zerstört sie.
Meo sitzt in der Bibliothek und liest, die halblangen blonden Locken nach hinten gebunden, er könnte gut aussehen, sehr gut sogar, wäre da nicht die berechnende Kälte in seinem Blick. Er scheint sich voll zu konzentrieren, alle nehmen weit Abstand von ihm, sie sind heil froh dass er nicht aufschaut und einen seiner berühmten Kommentar abgibt, die Kommentare die einem noch lange nachdenken lassen, weil man genau weiss, sie sind wahr. In dem Punkt unterscheidet er sich kaum von Cry.
Alle bis auf Eine: „Hey, was liest du denn?“
Meo schaut auf, mit einem Blick der sogar einen Massenmörder hätte winseln lassen, aber nicht das Mädchen vor ihm, die plauderte munter weiter. Er hasst sie jetzt schon, trotzt ihrem einigermassen hübschen Gesicht.
„Kennen wir uns?“, er versucht möglichst bedrohlich zu klingen, bedrohlich aber ruhig, nicht zu wütend oder so.
Das Mädchen wirkt irritiert: „Ja, ich bin July, wir gehen seit zwei Jahren in die selbe Klasse.“
„Komisch du hättest mir auffallen sollen, so nervig wie du bist.“
Damit steht er auf, klappt das Buch wütend zu und geht, er lässt ein verdutztes Mädchen und ein Buch mit dem Titel, Die tödlichsten Waffen der Welt und wie sie geschaffen sind, zurück.
An der Wand gelehnt steht sie da und raucht ihre Zigarette, da kommt River auf sie zu.
„Gwyneth gib mir auch eine.“, seine Stimme klingt gestresst, wahrscheinlich wieder dieser Junge, der der ihm den Kopf verdreht hat, der aus seiner Klasse, dieser Franzose, dieser Leo.
Also reicht sie ihm eine und gibt ihm Feuer.
„Danke.“
So stehen sie einfach da und rauchen, es ist ein guter Platz, man selbst wird nicht gesehen, aber man hat alle anderen im Blick, genau wie sie es mag.
„Fuck, May stell die verdammte Musik ab! Nicht jeder hier mag den Scheiss den du hörst!“, brüllt Meo durchs Haus.
„Das ist kein scheiss!“, schreit May zurück.
„Mag sein aber ich muss mich konzentrieren! Willst du jetzt ein besseres Gewehr oder nicht?“
Wohl oder übel muss sie die Musik leiser stellen, zum grossen Erfreuen aller.
Das Haus ist gross aber trotzdem schlafen sie zu zweit in einem Zimmer, vielleicht weil sie angst vor den Monster unter dem Bett haben, oder von den Menschen... oder vor sich selbst...
Die meisten Zimmer werden nicht genutzt, Jacob Knox lebt nicht hier, er ist nur da wenn es ein Auftrag gibt oder sie „Unterricht“ haben, der einmal in der Woche statt findet.
Unten im Keller ist eine Art Fitnessstudio, aber eines ist anders, es ist alles so einrichtet um das Kämpfen trainieren zu können. Alle Arten von Kämpfen, Nahkampf, Kampf mit Messern und Schiessen.
Ausserdem befindet sich eine Art Labor im der hintersten Ecke, da verkriecht sich Meo jeden Tag, hier ist sein Reich, hier ist kann er sich selbst sein, muss sich nicht verstellen.
Die Kinder vermeiden den obersten Stock, nur Dee steigt Tag für Tag nach oben. Wenn sie wieder runter kommt, sind ihre Augen nass von den Tränen die sie still geweint hat.
Das Abendessen müssen sie sich selbst kochen, was eigentlich keiner ausser Cry kann, aber der ist eigentlich zu faul um zu kochen. Einmal die Woche kommt eine Putzfrau, die auch die Einkäufe bringt.
Ansonsten müssen die Kinder alleine zurecht kommen, das können sie ja. Das haben sie lange genug getan, sie hatten ja nur sich selbst und das Haus ist toll, da ist das bisschen Kochen ja gar nichts.
River steht im Keller vor einem Sandsack und schlägt hinein, immer wieder und wieder. Der Schweiss rinnt an ihm herunter, aber er schlägt immer weiter, links... rechts... links... rechts...
Die anderen lassen ihn sie kennen den tranceaartigen Zustand, in dem man alles abstellt, nur kämpft, nicht einmal merkt dass der Körper schon lange nicht mehr kann. Es ist der Zustand in dem man fällt wenn man wütend ist, wütend auf sich selbst, auf die Welt, es ist eine Wut die man nicht beschreiben kann, aber es gibt sie, es ist die Wut die man empfindet, wenn die Wut über das Leben in einem ausbricht.
„Essen!“, ruft Rin aus der Küche.
Alle wissen, dass Rin nicht kochen kann, aber sie meint es gut und sonst ist niemand bereit den Job zu übernehmen und Rins Essen ist besser als gar nichts.
Selbst River kommt aus dem Keller, aber auch mit ihm auch der Geruch.
„River, bevor du dich setzt und zu essen bekommst, gehst du nach oben duschen.“, meint May mit gerümpfter Nase.
Mit einem unverständlichem Murmeln, schleift er sich die Treppe hoch, kurz darauf hört man das rauschen von Wasser.
Da geht die Türe auf und Jacob steht in der Türe, alle wissen was das zu bedeuten hat, ein neuer Auftrag, fragt sich nur wer ihn bekommt.
„07K bist du bereit?“, sein Gesicht ist ernst, sie alle wissen dass er das nicht gern macht, aber was bleibt ihm anderes übrig?

 „Ja, ich komme gleich, muss mich nur noch umziehen und die Waffe holen, was soll es denn sein“, Gwyneth steht auf, ihr Blick ist plötzlich hart geworen. „Nimm das, was du am liebsten magst..“, seine Stimme klingt müde, überhaupt wirkt er älter als er ist. Tiefe Falten graben sich in sein Gesicht, er wirkt so als ob er zu oft über die falschen Dinge nachdenkt, Dinge die einem nur Kopfscherzen bringen, weil keine Logik dahinter steckt.

„Also Messer...“, murmelt Gwyneth und geht sich umziehen.

Im Raum ist es plötzlich totenstill, es ist eine unangenehme Stille, es ist eine die entsteht wenn keiner was zum anderen sagen will. Jacob kann die Kinder nicht normal behandeln, dafür muss er viel zu sehr an das Blut denken, das ihren Händen klebt, und daran dass sie ohne zu zögern auch ihn töten würden. Auch wenn er weiss, er hat sie zu dem gemacht, was sie jetzt sind, ist es doch leichter, so zu tun als ob sie Monsters wären und die Schuld von sich zu schieben. Er hat keine Ahnung, was die Kinder vor ihm durchlebt haben, er will es gar nicht wissen, denn wenn er es wüsste, dann würde er sich wahrscheinlich fragen was schlimmer ist, das was war oder ihre Arbeit jetzt.
Gwyneth kommt herunter, in voller Montur, alles schwarz, Hose, Shirt, Schuhe, selbst der Gürtel in dem die Messer stecken. Ihr Mantel ist lang und reicht bis zu den Knöchel, ebenfalls schwarz. Nur die Maske ist weiss, weiss mit rotem Muster darauf, jeder von ihnen hat eine solche Maske, alle ein wenig anders, jede auf eine andere Art unheimlich.
Jacob reicht ihr einen Umschlag und sie geht hinaus, also los jetzt muss sie ihren Preis zahlen, der Preis dafür hier zu leben.
Sie lächelt bei dem Gedanken an ihre Geschwister, die ihr alle eins nach dem anderen einen Kuss auf die Wange gegeben haben, sogar Meo, als Glücksbringer.
Als sie ihre Maske aufsetzt, fühlt sie sich, so seltsam es klingt frei. Niemand weiss, wer sie ist, die Maske verbirgt sie, sie und ihre wahren Gefühle.
Da ist er, steht da und wartet auf den Bus, was er wohl getan hat
Aber keine Frage stellen und keine Gefühle zeigen, das sind die Regeln.
Sie hat ja ihre Maske, da ist sie kalt.
Die Nacht ist dunkel, der Mond kaum mehr als ein kleiner streifen am Himmel, sie bückt sich hinter eine Mauer und beobachtet ihr Opfer, still, unauffällig, wie eine Raubkatze.
Das Adrenalin schiesst durch ihr Körper, zufrieden geniesst sie den Kick für einen Moment, ja das ist kein schlechter Ersatz für die Drogen.
Sie zückt ihre Messer und zielt, der dumpfe Schlag der in sein Körper eindringt, berührt sie schon lange nicht mehr.
Das Messer sitzt fest im Körper, ist er tot?
Zur Sicherheit schlitzt sie ihm noch die Kehle auf, das Blut fliesst ihr warm über die Hand...
Sie hat soeben ein weiteres Leben beendet, die kalten, leeren Augen starren sie an, es ist ihr egal.
Es ist ihr egal, sie hat alle Gefühle umgebracht, so wie diesen Mann, sie ist gut im töten, egal was...
Das Adrenalin ist weg und zurück bleibt nur die klamme kalte Leere, genau so fühlt man sich auch wenn der Rausch der Drogen weg ist, leer.

 Gwyneth öffnet den Kühlschrank und holt ein Bier heraus, River steht neben ihr, dieser Vollidiot hat auf sie gewartet. Auch wenn er genau weiss, dass sie nach einem Auftrag lieber alleine ist, sie weiss genau, er tut es für sich, nicht für sie.
„Geh schlafen, du siehst müde aus.“, meint sie, nicht ohne einen warnenden Unterton in der Stimme.
Er nickt und sie weiss, er hat sie verstanden. Jetzt ist sie alleine, eine Träne rollt ihr über die Wange, wie sie es hasst. Das Töten, es ist ihr nicht egal, überhaupt nicht...

 

Kapitel 2

Der Wecker dröhnt als Alarm durchs Haus, innerhalb Sekunden sind alle hellwach, das vorher noch so stille Haus wird mit Leben und Lärm erfüllt.
Cry rennt in Boxershorts durchs Haus auf der Suche nach seinen Kleidern, May besetzt das Badezimmer, ein wütender River steht davor und Gwyneth hat einen Kater. Rin torkelt müde durchs Haus, in einem übergrossen Shirt von Meo.
„Mach endlich die verdammte Türe auf!“, jetzt stehen schon drei vor der Türe. Schon noch doof, ein Badezimmer für acht Leute.
Cry hat endlich alle Kleiderstücke zusammen, erleichtert geht er nach unten in die Küche, sollen die sich doch oben doch gegenseitig umbringen, das ist ihm egal,solange er sein Frühstück bekommt.
Zufrieden beisst er in ein Stück Brot mit Honig und Butter, warum die jeden Morgen so ein Theater ums Waschen machen versteht er immer noch nicht.
May kommt fröhlich pfeifend in die Küche: „Morgen Cry, River hat die Türe eingetreten, Jacob wird toben.“
Kichernd trinkt sie ihre Milch aus der Tüte.
Nach einer halben Ewigkeit hat es auch der letzte es geeschafft in die Schule zu kommen. Wie immer rennt Dee in letzter Sekunde ins Klassenzimmer, sehr zum Missfallen der Lehrer, aber was will man machen? Dieses Mädchen ist einfach unbelehrbar und streng genommen kommt sie ja rechtzeitig, meistens jedenfalls.
Erleichtert nimmt Dee das Klingen der Pausenglocke war, endlich...
Gwyneth hält sich die Ohren zu, dieser Lärm tut ihrem Kopf überhaupt nicht gut, sie wusste nicht einmal, wie viel sie gestern getrunken hat, aber ihrem Kopf nach zu urteilen nach eine ganze Menge, dafür kann sie jetzt eine ganze Menge Kaffee trinken.
Seufzend steht sie auf, River wird ihr wieder einer seiner Vorträge halten und darauf hat sie jetzt wirklich keinen Bock. Sie steht da wie immer, nur mit einem Kaffeebecher anstatt der Zigarette. Seufzend beobachtet sie wie May wieder alle nervt mit ihrer Überfürsorge, wie River seinen Leo beobachtet und Rin irgendetwas mit strahlendem Lächeln erzählt.
Sie kann Meo verstehen, wieso er dieses Mädchen so sehr mag, denn sie ist wirklich etwas ganz besonders und das pure Gegenteil von ihm. Sie ist süss, mit dunkel orangen Locken und einer Stupsnase, mit einigen wenigen Sommersprossen darauf, ausserdem hat sie das offenste und unschuldigste Lachen, das sie kennt, ziemlich ungewöhnlich für eine Knox.

 Sie steht unschlüssig da und weiss nicht was machen, sie haben Schwimmen anstatt Turnen und Dee kann sich einfach nicht dazu durchringen ihr Badekleid anzuziehen.
Alle anderen haben sich schon lange umgezogen, nur sie steht noch immer da, was soll sie tun? Sie kann ja schlecht sagen, dass sie krank sei, da sie vorher noch munter gerannt ist, vier Kilometer.
Sie atmet tief ein und zieht sie sich den Pullover über den Kopf und ihr Bikini an.
Als sie mit der Hand über ihr Brandmal fährt und in die Schwimmhalle tritt, fühlt sie sich nackt.
Da warten auch schon ihre Geschwister, deren Klassen offensichtlich auch Schwimmen haben.
„Hey Dee.“, begrüsst sie ihr Bruder, River.
Neben ihm steht Cry, der mit ihr in eine Klasse geht, auch wenn er ein Jahr älter ist, sie wurde früher eingestuft.
River bemerkt, wie sie mit der Hand verkrampft auf ihre Schulter drückt, sanft versucht er sie zu lösen: „Hey, ist ja gut...“, flüstert er ihr leise ins Ohr, er weiss genau wie sie sich fühlt. Dieses Brandmal ist das Zeichen dafür, dass sie keine normalen Menschen sind, das Brandmal mit dem er sie gezeichnet hat so wie Pferde, das Zeichen, dass sie Mitglieder der Spezialeinheit 00K sind. Jeder hat seine Nummer, geistesabwesend streicht er über sein eigenes, 04K steht da.
Cry hat die dunklen Gedanken seiner Geschwister bemerkt, nein eigentlich nur die von River, Dee schaut immer so aus. Und für einmal sagt er nicht die Wahrheit: „Leute hört mal, das ist doch keine Sache, sagt doch einfach, es sein ein Tattoo, das fällt doch keinem auf.“
Genau da kommt Leo auf ihn zu und streicht mit dem Finger sanft über das Brandmal. Cry bemerkt wie River von der Berührung Gänsehaut bekommen hat und muss leise kichern, Dees bohrenden Blick ignorierend, er weiss genau, sie hat bemerkt, dass er gelogen hat.
„Was ist das?“, fragt er mit diesem leichten französischen Akzent.
Cry schaut zu wie River die Fassung verliert.
„Hey du Wichser, hast du nicht gesagt es würde auffallen? Ich dachte du würdest immer die Wahrheit sagen!“, geht River auf Cry los, typisch wenn er nicht weiss was sagen, fängt er an zu schreien.
„Auch ich kann ich mich irren!“, schreit Cry zurück und rennt weg, denn er weiss wenn River ihn jetzt in die Finger kriegt ist er geliefert.
„Bleib stehen du Arschloch“
Die anderen drehen sich schon nach ihnen um und die Lehrer versuchen die beiden auseinander zu bringen, die inzwischen wie ein ineinander geschlungenes Knäuel am Boden liegen. Der verdutzte Leo schaut zu Dee: „Was haben die denn?“
„Mit dir rede ich nicht.“, und damit dreht sie sich um und geht auf River zu: „Hey lass ihn in ruhe! Nur weil du ihm nicht in die Augen schauen kannst, musst du nicht Cry verprügeln, wir brauchen ihn noch.“
Und damit hat sich die Sache, alles ist wieder gut. Ausser bei River, der einem Jungen nicht in die Augen schauen kann, aus Angst er könnte sehen wie er ihn liebt. Er war schon immer ein schlechter Lügner.

 Nach dem Schwimmen haben die Geschwister „Unterricht“ bei Jacob. Scheisse, wieder den ganzen Nachmittag kämpfen. Sie müssen zeigen, dass sie bereit sind, das sie immer noch perfekt sind, keine Schwächen haben, dass sie die perfekten Kampfmaschinen sind. Jacob ist ein strenger Lehrer. Aber er weiss auch, dass sie ihre Stärken und Schwächen haben. Meo zum Beispiel ist perfekt darin Waffen und Fallen zu entwickeln, ausserdem ist er der beste Schütze, gib ihm irgendeine Schusswaffe in die Hand und er trifft genau ins Ziel, dafür ist er im Nahkampf nicht der beste, aber immer noch gut genug. Das, was sie jeden Mittwoch tun müssen, ist mittlerweile mehr Prüfung als Unterricht. Früher, damals vor vier Jahren, als sie hierher kamen, da war es noch Unterricht, aber auch schon da waren sie ungewöhnlich gut im Kämpfe. Wahrscheinlich muss man das können, da wo sie herkommen.
„06K, du hast einen Auftrag, es soll so aussehen als ob er in eine Prügelei gekommen ist, er ist glaube ich ein Alkoholiker und zieht von Kneipe zu Kneipe, also nichts schweres.“
Dee nickt und nimmt schweigend den Umschlag entgegen, sie verschwindet ohne ein weiteres Wort in ihrem Zimmer um ihre Ausrüstung zu holen. Die Ausrüstung ist eigentlich gleich wie die von Gwyneth, nur die Maske ist auf ihre eigene Art anders, das selbe weiss und rot nur die Schnörkel darauf sind weniger aufwändig. Wie immer bekommt sie von jedem einen Kuss auf die Wange, ein Glücksbringer im Angesicht des Todes.
Sie sieht ihn, ihr Opfer. Nahkampf ist am schlimmsten, denn das bedeutet, dass man seinem Opfer in die Augen schauen muss, beim Messerkampf und Schiessen kann man das vermeiden.
Seufzend springt sie von der Mauer und landet hinter ihrem Opfer. Ihr Schlag triff ihn direkt auf den Hinterkopf. Erschrocken dreht er sich um und schaut mitten in ein maskiertes Gesicht, ein Todesengel. Er weiss was das bedeutet, jetzt wird er für alle seine Sünden büssen müssen.
„Nein, nein... bitte nicht, ich habe Kinder und eine Frau, die ich liebe, ich werde gebraucht!“
Dee starrt ihn an, denn jetzt ist es nicht mehr ein betrunkener Mann sondern das fünfzehnjährige Mädchen, die Erinnerung daran lässt sie mit den Tränen kämpfen und wieder packt sie den Hals und dreht ihn um, bis ein hässliches Knacken zu hören ist und der Blick leer wird. Da wo vorher noch starre Angst war, ist jetzt nichts mehr, ihr Opfer ist tot.
Sie behält die Maske auf, nicht einmal die Sterne und der Mond sollen ihre Tränen sehen.
Sie will ihr altes Ich zurück, das welches bei einem Auftrag eiskalt sein konnte, aber es geht nicht, nicht mehr. Sie hatte es getan und Orion hat sich für immer verändert, es ist doch der grösste Scheiss, es getan zu haben und doch gibt es kein Zurück mehr. Damit muss sie sich abfinden, also bleibt ihr nichts anders übrig als weiter Leben zu zerstören, damit sie lebt.
Sie denkt an River, der bis über beide Ohren in diesen Leo verliebt ist, und sie denkt daran wie es ihr und Orion jetzt geht. Sie denkt an Rivers offene, ehrliche Art, daran wie aufrichtig er Leo liebt, es sticht ihr ins Herz, denn sie ist eifersüchtig, eifersüchtig weil er noch so frei lieben kann. Und ihr nichts als zu beten übrig bleibt, zu beten, dass alles gut wird, auch wenn sie weiss, dafür ist es schon lange zu spät. Es ist für sie alle zu spät, denn ihre Hände sind rot vom Blut zahlreicher Opfer, sie sind für immer gebrandmarkt.
Als sie wieder zuhause ist und in ihr Zimmer schleicht, da schlafen alle schon tief und fest. Erleichtert atmet sie auf, zum Glück, sie hätte es nicht ausgehalten, wenn May da gewesen wäre und versucht hätte ihr zu helfen. Sie schaut noch schnell bei Orion vorbei, er schaut sie an mit diesem leeren Blick.
„Noch wach?“, sie setzt ein sorgenloses Lächeln auf.
„Ich habe gewartet, weisst du sie ist nicht gekommen. Dabei hat sie doch gesagt, dass sie mich liebt und da sein wird“, sein Blick, immer noch abwesend, aber auch verzweifelt.
Dee kniet sich hin und umschliesst sanft seine Schultern: „Sie kommt ganz bestimmt, sicher wurde sie nur aufgehalten.“
Am liebsten hätte sie ihn gepackt und geschüttelt, am liebsten hätte sie geschrien, dass er endlich aufwachen soll, dass seine ach so geliebte Freundin tot ist. Dass sie sein Leben zerstört hat und dass sie selbst immer da ist, dass sie ihn liebt, dass er endlich die Augen aufmachen soll.
„Hey, warum weinst du Dee?“, für einen kurzen Moment ist sein Blick klar, und der alte Orion scheint durch.
„Ich weine nicht, es ist alles gut.“, und damit dreht sie sich um und geht hinaus, die Tränen strömen immer weiter über ihre Wangen, sie soll endlich aufhören, sich an einen Toten zu klammern, denn Orion, ihr bester Freund, der Junge den sie liebt, den gibt es nicht mehr.

Kapitel 3

 Am Morgen schläft Dee immer noch tief und fest, sie schläft erst etwa seit einer Stunde im Bett.
„Hey steh endlich auf!“, Gwyneth rüttelt sie unsanft an der Schulter.
„Ich bin heute krank, ok?“, murmelt sie in in ihr Kopfkissen.
„Kein Problem.“, Gwyneth zuckt mit den Schultern, ist ja kein Ding, sie hatte gestern einen Auftrag, da kann man ja schon mal ein wenig zuhause bleiben.
River sitzt der Küche und gräbt sein Gesicht in seine Hände: „Ich kann ihm nicht einmal mehr in die Augen schauen, ich habe mich so blamiert...“
May verdreht die Augen, wie oft sie das schon anhören? Wieso kann er sich nicht einfach zusammenreissen. Echt, manchmal fragt sie sich wer von ihnen siebzehn ist.
„Alter, jetzt reiss dich mal zusammen bist du jetzt der älteste von uns oder nicht?“, meint Meo kühl.
„Ja, genau oder du sagst es ihm einfach.“, ergänzt Cry.
„Das kann ich ich nicht...“, jammert er.
Rin packt ihn an den Schulter und schlägt ihm eine Ohrfeige: „Reiss dich mal zusammen, wenn du weiter davon laufen willst, aber denk daran irgend wann wirst du müde sein, schön, soll mir egal sein. Aber wenn du es endlich wissen willst, dann schlucke deinen verdammten stolz herunter und sag es ihm. Jeder zehnte Mensch ist homosexuell, kämpfe endlich für deine Liebe! Das tust du doch dein ganzes Leben lang, kämpfen, warum hast du jetzt angst?“
Alle starren sie an, so wütend haben sie ihn noch nie erlebt. Schnaufend verlässt sie das Haus, wie sie es hasst wenn jemand jammert weil er angst hat zu kämpfen, aber auch vom rennen wird man müde und wenn man kämpft darf man irgendwann aufhören, egal ob Sieg oder Niederlage, nein, weglaufen ist nie eine Lösung. Sie hat keine Ahnung wieso sie das überhaupt so stört weiss sie selbst nicht.
Eine Hand schliesst sich in ihre: „Hey, ist alles in Ordnung?“
Meo.
Sie will sagen das alles in Ordnung ist, dass es ihr gut ginge und, dass er sich keine sorge um sie mache müsse, stattdessen fängt sie an zu weinen.
„Tschuldige ich weiss nicht einmal wieso ich weine.“
„Ist ja gut, lass es einfach heraus.“, sanft drückt er sie an seine Brust. Sie schluchts weiter, als sie sich wieder beruhigt hat, murmelt sie in sein T-Shirt: „Tut das jetzt dein Shirt ruiniert ist.“
Meo meint Grinsen das es nicht so schlimm sei, schliesslich trocknet es wieder.
Lachen stösst sie ihn weg: „Wow, ich habe ins Shirt vom eiskalten Meo geheult, der bis jetzt jedes Mädchen abblitzen lassen hat.“, dann wird ihr Blick ernst: „So kenne ich dich nicht, eiskalt meine ich. Bei mir bist so lieb und warm... Warum kannst du das bei den anderen nicht sein?“
Er zuckt mit den Schultern: „Ich weiss es nicht.“
Und er weiss es wirklich nicht...
Sanft nimmt er ihre Hand, und sie lächelt ihn dankbar an. Froh für den halt der er ihr gibt. Es ist nicht so das sie zusammen sind, oder so. Er ist ihr bester Freund, der einzige Mensch auf der Welt bei dem sie weiss, dass er nie weggehen wird, nein sie kann sich für immer darauf verlassen das Meo da sein und ihre Hand halten wird.
Wenn sie Nachts nicht schlafen kann und aus dem Schlaf hochschreckt, dann kommt und hält sie, bis das klamme kalte Gefühl verschwindet, doch sie liebt ihn, aber so wie man einen Bruder liebt.

 River steht da, Rins Worte gehen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder muss er an ihren Blick denken, der Blick hinter der Brille, das war nicht mehr seine Schwester gewesen... Doch er weiss egal wer sie in diesem Moment war, sie hat recht, wieso hat er solche Angst zu kämpfen, wegen Dee? Oder seinen Eltern? Weil er zu viel gescheiterten Liebe gesehen hat? Sonst hat er doch keine Angst zu kämpfen, sein ganzes Leben ist ein Kampf, verdammt!
Resigniert lässt er sich an der Wand herunter gleiten, bleibt nur noch zu hoffen das die Schulglocke bald läutet, seufzend begräbt er seine Hände in seinen Händen. Rind hat recht, es ist an der Zeit zu kämpfen, nicht mehr wegzulaufen, er ist ein Mitglied der Spezialeinheit 00K, selbst Dee kämpft noch für Orion. Er kann das auch. Also steht er auf, bleibt nicht mehr am Boden liegen, nein er ist River, er hat schon ganz andere Sachen erlebt, er wird kämpfen, für das was ihm wichtig ist.
Die Schulglocke kündigt die erste Stunde an, seufzend steht er auf und geht ins Schulhaus. Hinter ihm rüttelt May Finn wach und zerrt ihn ins Klassenzimmer. Meo drückt Rin noch einmal fest und gibt ihr einen Kuss auf die Wange, sie lächelt ihr an, der Blick hinter der Brille wieder klar, sie ist wieder sie selbst. Lachend lässt sie seine Hand und versichert noch einmal das es ihr gut ginge, er lächelt zurück, ja es geht ihr wirklich wieder gut, kleine Schwester.
„Wie schaffst du das?“, ein Mädchen aus Rins Klasse, starrt sie mit grossen Augen an.
„Was?“, fragt Rin verdutzt zurück.
„Na das Meo dich mit solch einem sanften Blick ansieht. Wie schaffst du das?“, der Blick des Mädchen ist gross.
„Keine Ahnung, er ist eben mein grosser Bruder.“, meint sie überrascht.
Das Mädchen schnaubt, sie glaubt ihr nicht. Aber da steckt wirklich nicht mehr dahinter.
„Was ist eigentlich mit deinem Schwulen Bruder, dieser River.“, kommt ein anderes Mädchen dazu, Jackie.
Rin lacht, es ist witzig wie ihre Freundinnen sich so für ihre Geschwister interessieren.
„Der Vollidiot weigert sich es seinem Franzose zu sagen.“, wütend starrt sie auf ihren Tisch.
„Dieser Leo?“, fragt Jackie neugierig.
„Jo genau der.“
„Der ist doch total Schwul, dein Bruder ist echt ein Idiot wenn der denkt, er hätte keine Chance bei dem, sieh in dir doch mal an.“
Rin lacht, wie recht Jackie doch hat, aber wie gesagt Liebe macht Blind.
„Aber sag deine Geschwister sind schon echt seltsam, weisst du das? Ihr versucht nicht einmal Freunde zu finden, ihr hängt so an euch. Weisst du das sie den meisten Angst machen?“
Wut schäumt ihn Rin auf: „Ihr habt keine Ahnung, ihr wisst nicht was wir zusammen durchgemacht haben. Wir hängen aneinander weil wir wissen, dass wir nur nur uns vertrauen können.“
Ihre Freundinnen starren sie überrascht an, so kennen sie Rin gar nicht. Sie merken das sie doch anders ist, irgend ein Geheimnis, das ihnen Angst macht. Manchmal ist da etwas im Blick ihrer Freundin der sie schaudert lässt.
Rin schüttelt ärgerlich den Kopf, wieder einmal wird sei daran erinnert wie naiv, die beiden doch sind, wie wenig Ahnung doch haben. Nein, das sind keine Freundinnen, zu unschuldig. Wie schafft das River bloss? Einen Jungen zu lieben der keine Ahnung von der Welt hat, aber vielleicht liebt er genau das an ihm.

Cry sitzt gelangweilt da und wartet bis der Lehrer und die Stunde anfängt.
Eine junge etwas überfordert aussehende Lehrerin betritt den Raum, Cry stöhnt, eine Aushilfe auch das noch.
Sie fängt an die Namen runter zu lesen um die Anwesenheit zu überprüfen.
Als sie zu K kommt, stockt sie und schaut schockiert auf.
„C... Cry Knox?“, ihre Stimme zittert.
Genervt schaut er auf: „Tja wir können nicht eben nicht alle  Kevin heissen.“
Ihr Blick ist mitleidig, aber er braucht kein Mitleid: „Hören sie sie brauchen mich gar nicht so anzustarren, wissen sie ich mag meine Namen. Cry... Ist doch ein schönes Wort.“
Und damit lehnt er sich zurück, sie Sache ist für ihn erledigt, er mag seinen Namen wirklich. Er ist einzigartig. Ausserdem ist er das einzige was er von seinen Eltern noch, er ist einer dieser Babyklappenfälle.
„Wow Cry hast du wirklich die Aushilfe zum weinen gebracht?“, May schaut ihn nach der Pause beeindruckt an.
Cry schaut zu Boden: „Hab ich gar nicht..."
Alle lachen, sie wissen genau das er es nicht getan hat, aber sobald Cry in der Klasse den Mund aufmacht, dann reden die Leute, erzählen irgendwelche Geschichten. Er hat wirklich mal eine zum weinen gebracht, aber nur ein mal. Na gut, drei mal...

 Alle wissen was los ist als Jacob ins Haus tritt, in letzter Zeit sind der Regierung viele Menschen im weg.
„01K...“, sein Blick ist erst.
Meo steht auf, will etwas sagen, aber Rin zeiht ihn wieder zurück, sie lächelt ihn an und geht nach oben.
Meo drückt sie ganz fest an sich und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Ihre Hände zittern als sie die Brille abnimmt und die Maske aufsetzt. Sie geht hinaus, flüchtet in die Nacht.
Ein Gefühle übermannen sie, Tränen rollen über ihre Wangen. Sie hält Ausschau nach ihrem Opfer, es soll ein Clown sein, sie hat in der Zeitung von ihm gelesen, er steht einfach nur da und winkt. Was soll an ihm gefährlich sein? Na ja er ist schon ziemlich unheimlich...
Sie nimmt das Sturmgewehr und schiesst, froh über die Schalldämpfer.
Für einen Moment, zuckt eine Erinnerung durch sie hindurch, ihr Vater...
Wie er sie mit weit aufgerissen Augen anstarrt als die Kugeln ihn durchdringen.
„Stirb! Stirb! Stirb...“, ein leiser Schrei entrinnt ihrer Kehle.
Tränen rinnen ihre Wangen herunter, Schwester...

 

 

Kapitel 4

 Meo hält sie, ganz fest, Tränen rinnen ihr die Wangen. In solchen Momenten empfindet er nichts als Hass Jacob, oder wer das auch immer ist, gegenüber. Wie können sie nur so ein kleines unschuldiges Mädchen so leiden lassen? Die haben doch keine Ahnung was die alles durchgemacht haben.
„Er hat sie umgebracht! Er hat sie getötet!“, immer wieder schreit Rin immer und immer wieder die gleichen Wörter.
Meo hat das schon oft erlebt, jedes mal wenn sie ihre Brille abnimmt, dann wird sie zu einer Art Monster, er weiss immer noch nicht was genau sie damals erlebt hat, aber es muss sie geprägt haben. Was es auch immer ist, es ist schlimmer als die ganzen Geschichten der anderen.
Er weiss es nach all den Jahren immer noch nicht, aber um ehrlich zu sein will er es gar nicht wissen. Alles was er wissen muss ist das diese Brille alles ist was sie hat und braucht, alles was für sie zählt, denn ohne die wird sie wieder ein kleines Kind das einfach nur Angst hat.

In der Schule abgekommen, klammert sie sich immer noch verzweifelt nach halt suchend, an Meos Hand, warum sie unbedingt in die Schule wollte, ist ihm immer noch schleierhaft. Vielleicht will sie sich einfach ablenken. So wie er an seinen Forschungen arbeitet, oder River im Keller kämpft, bis er vor Erschöpfung umfällt, so spielt Rin ein normales leben, sie tut so als sei sie keine Killerin und ihr Geschwister keine Psychokinder, sie tut so las sei die Angst, der Hass, der Schmerz, nicht ständige Begleiter. Vielleicht hat diese Brille genau diese Wirkung.

River steht vor Leo, es ist Pause und die beiden sind als einzige im Klassenzimmer geblieben, er schreit ihn an. Er sagt Worte die, die Angst aus seinem Mund holt. Angst vor der Liebe, die Angst vor einer nächsten Wunde... Er ist zu schön, zu naiv, zu zerbrechlich. Also verletzt er ihn, damit er nicht zerbrechlich, es sind oberflächliche Wunden, die Zeit heilt sie schnell, er muss ihn nur hassen, mehr nicht, nur hassen...
Vielleicht tut er das ganze nur um Leo nicht zu verletzen, vielleicht hat er zu viele Wunden als das ihm eine mehr oder weniger, nichts ausmacht.
„Warum tust du das?“, schreit Leo ihn plötzlich an.
Verdutzt starrt River ihn an, was meint er damit.
„Ich weiss wie du zu anderen bist, zu deinen Geschwister. Wieso nur bei mir?“
River starrt ihn einen Moment an, keine Ahnung was er sagen sollte. Und wie immer wenn er sprachlos ist, geht er zum Angriff über, sagst Gemeinheiten die er eigentlich gar nicht so meint.
„Halt die klappe, ok? Halt deine verdammte Klappe...“, dann tut er etwas was River total überrascht, er fängt an zu weinen.
Schockiert starrt er ihn, was er denn bloss? Es soll ihn doch nicht so verletzen...
„Was hast du denn? Wieso weist du?“, seine Geschwister weinen oft, weil sie nicht mehr können, weil ihnen alles zu viel wird, weil sie langsam aber sicher kaputt gehen. Weinen ist für ein Zeichen das man langsam innerlich zerstört wird.
„Weil du mich hasst! Du mich hasst und ich dich liebe du Idiot, ich liebe dich...“
Damit stürmt er aus dem leeren Klassenzimmer, hinaus in den Regen.

Alan ein Junge in Rins Klasse steht verlegen vor ihr. Sie schaut ihn langsam etwas ungeduldig an, der Idiot stottert jetzt schon die halbe Pause vor sich hin, eigentlich will sie ja noch zu ihren Geschwister.
„A... also Rin... i... ich lie... liebe dich...“, erleichtert atmet er auf, er hat es gesagt.
Für einen Moment reisst sie ihre Augen auf, für einen Moment ist sie wieder ein kleines Kind. Ihr Vater ganz dicht neben ihr, seinen Lippen auf den ihren, seine Händen an Orten an denen sie nicht sein sollten, nicht bei einem Kind, nicht bei seiner Tochter: „Rin ich liebe dich.“, seine Stimme nicht viel mehr als ein Stöhnen.
Eine Träne rinnt ihr die Wange herunter, NEIN! Sie will nicht, er sollt sie in ruhe lassen, ihre Schwester in ruhe lassen. Angst, das ist alles was sie empfindet, jetzt hilft die Brille ihrer kleinen Schwester auch nichts mehr.
Sie schreit, schreit mit Leibeskräften so laut sie kann.

Meo dreht sich, um da hat jemand geschrien, Rin. Nur Rin schreit so laut und panisch. Was ist geschehen?
Ohne es zu merken beschleunigen sich seine Schritte, er rennt immer der Stimme entgegen.
Da, Rin. Sie sitzt da, die Hände auf die Ohren gepresst. Ein Junge steht neben ihr, völlig aufgelöst. Was das Arschloch nur mit ihr gemacht? Kleine Rin...
Ich schreie in zuerst einmal an, mache meiner Verzweiflung Luft, indem ich mal jemanden anschreie. Die Leute drängen sich schon um uns, sie gaffen zu wie Rin immer noch schreit. Sie schauen einfach nur zu und tun nichts, rein gar nichts.
Erst nach dem ich mich ein wenig beruhigt hatte knie ich mich neben Rin. Ich drücke mich ganz fest an sie, sage ihr immer wieder das alles gut würde. Sie sich keine Sorgen machen müsse, das sie hier in Sicherheit sei, und allmählich beruhigte sie sich ein wenig.
Ich hebe sie vorsichtig hoch, bahne mir einen Weg durch die Menschenmenge, die mich schockiert anglotzt, ich funkle alle wütend an.
Ein aufgelöster River kommt angerannt und redet aufgeregt auf mich ein, hinter ihm der Rest der Knox. Wow, haben die es auch noch geschafft.
Ich trage sie dicht gefolgt von meinen Geschwister ins Kranken zimmer. Als die Krankenschwester uns sieht bekommt sie einen halben Schock ab uns, so was sieht man halt nicht alle Tage, ein schreiendes Mädchen und sieben besorgte Geschwister.

River wollte Leo gerade hinterher, als ein Herzzerreissender Schrei, das Schulhaus erschüttert, das kann nur Rin sein, niemand sonst, Schreit mit so viel Schmerz in der Stimme und von einem Moment auf dem andrem vergisst er Leo, jetzt gibst es nur noch Rin.

„Was ist den mit ihr los?“, die Krankenschwester starrt entsetzt auf Rin, die immer noch wimmernd in Meos Arm liegt.
Er tischt ihr irgendeine Lüge auf... Was genau weiss er selber nicht mehr, sein Kopf ist, leer. Sie hat die Brille auf, sie hat sie auf verdammt! Sie dürfte eigentlich gar nicht weinen. Was hat dieser Wichser nur getan...

 

Kapiltel 5

Rin hat sich soweit wieder beruhigt, bekommt aber einen Termin beim Schulpsychologen und sie wollen Jacob davon unterrichten, was eigentlich völlig überflüssig ist. Aber wenn es ihnen Spass macht...
May stöhnt, wie wenig sie doch wissen, die Lehrer. Sie reden gerne intelligent, aber in Wirklichkeit haben sie keine Ahnung, sie sind alle doch nur dumm.
Am nächsten Morgen bleibt sie Zuhause, alleine mit Orion im viel zu grossen Haus, selbst für neun Personen, ist es zu gross, zu leer.
Leise geht sie die Treppe hoch, wie lange hat sie ihn nicht mehr gesehen, wie lange ist es hehr, dass sie ihm zum letzten mal in die Augen gesehen. Die Wahrheit ist sie hat angst, angst zu sehen, wie sehr er sich verändert hat, was die Liebe aus ihm gemacht hat.
Mit jedem Schritt dem sie der Tür zu Orions Zimmer näher kommt, wird ihr Herz schwerer. Sie hat so verdammt viel angst, was wenn er nicht einmal mehr weiss wer sie ist?
Ihre Hand liegt aus der Türklinke, sie zittert leicht. Dann schliesst sie die Augen und öffnet sie, die Tür.
Orion schaut sie an, für einen Moment hat sie angst er würde sie nicht wiedererkennen, er hätte sie vergessen: „Rin? Bist du es wirklich? Wo ist Dee?“
Seine braunen Augen starren mich überrascht an.
Sie nickt und er steht von seinem Fensterplatz an um sie zu umarmen und dann mit trauriger Stimme zu sagen das sie nicht gekommen sei. Sie lächelt ihn an und nimmt sanft seine Hände, sie versichert das sie kommen würde, das alles gut werden würde. Es ist wie ein Gebet, das man einfach nur genug oft wiederholen muss damit es wahr wird.
Er lächelt und meint das sagt Dee auch immer.
„Dann muss es wohl stimmen.“, lächle ich ihn an.
Orion ist sechzehn und damit neben River der schon siebzehn ist, der älteste von und ausser May und Gwyneth die sind gleich alt. Aber er benimmt sich wie ein kleines Kind seit dem Tod seiner Freundin. Dee hat sie in einem Auftrag umgebracht, sie tut ihr so unendlich leid. Jeder weiss was sie für Orion empfindet, jeder ausser Orion der den verstand verloren hat.
Sie nimmt ihn an die Hand und führt ihn in den Garten, wo er sich unter einen Baum setzt und anfängt ihr Geschichten zu erzählen. Märchen über Ritter in schillernden Rüstungen und Prinzessinnen in Not. Er sagt die erzählt ihm Dee immer wenn er nicht schlafen kann. Rin schaut ihn an, wie sehr er sich doch verändert hat, es ist nichts mehr von dem Jungen übrig der alle zum Lachen gebracht hat, der mit Dee durchs Haus gerannt ist und Meo zum verzweifeln gebracht hat, weil es zu laut war. Alles weg, die Liebe ihm alles genommen, ihm und Dee. Jetzt seht River kurz davor, dass das selbe noch einmal passiert.
Ach was, diesmal nicht, diesmal wird alles gut. Diesmal wird niemand verletzt, diesmal werden alle Glücklich. Aber sie weiss es besser, für eine 00K, eine Knox gibt es kein Glück, kein Happy End.

River setzt setzt sich ins Klassenzimmer, ganz weit hinten, dort wo er in ruhe nachdenken kann. Was hat Leo gesagt? Er hat die ganze Nacht darüber nachgedacht, überlegt was er jetzt tun soll. Einerseits hat er angst, anderseits freut er sich so das er laut singen will. Er will nur das seine Geschwister diese Freude teile, aber sie haben alle angst, so angst und er kann es ihnen nicht einmal verdenken. Sie alle wissen was geschieht wenn man zu sehr liebt, Dee, Orion und Rin, sie hat genau geliebt, so sehr geliebt, ihren Vater, ihre kleine Schwester, ihre Mutter, alle haben sie verletzt und sie ist kaputt, sie sind alle kaputt.
Aber er River Knox wird daran nicht zerbrechen, er wird glücklich, er wird es wagen und Leo wird auch nicht zerbrechen, schliesslich hat er es geschafft ihm zu sagen was er für ihn empfindet. Sein Kopf ist so voller Gedanken das er gar nicht merkt wie die Pausenglocke klingelt, ruckartig schreckt er auf und wäre fast vom Stuhl gefallen.
Ohne nachzudenken packt er Leo, dessen Protest ignorierend, ab arm und zerrt ihn aus dem Klassenzimmer, als es endlich keine Leute weit und breit gibt. Packt er Leo an den Handgelenke und drückt ihn so an die Wand das er sich nicht mehr bewegen kann. Was macht er eigentlich hier? Will er das wirklich tun?
Ohne weiter zu überlegen drückt er seine Lippen auf die von Leo, der überrascht die Augen aufreisst und den Kuss kurz erwidert, aber nur ganz kurz gibt er sich hin.
River löst sich überrascht als er merkt wie Leo etwas nassen die Wange herunter läuft, eine Träne hat sich aus seinem Augenwinkel geschlichen.
Sanft fängt er sie mit dem Finger auf, Leo hat sein Gesicht von ihm abgewendet: „Was willst du noch von mir? Reicht es dir nicht was du hast? Willst du mich wirklich noch ganz zerstören?“
Jetzt kann er gar nicht mehr, er fängt an zu schluchzen und will einfach nicht mehr aufhören. River beobachtet ihn schweigend er weiss nicht was machen, so sehr wollte er den kleinen nie verletzen. Sanft streicht er ihn über die Wange, wie fein seine Gesichtszüge doch sind, so zerbrechlich wie die eines kleines Vogels, es wäre so einfach ihn zu zerbrechen. Ein falscher Schritt und sein Herz ist nichts weiteres als tausend kleiner Scherben. Ist es zu riskant, er ist zu gross, zu hart, für dieses kleine Geschöpf.
Aber sein Körper macht sich selbständig: „Ich will dich, weil ich dich Liebe. Verstehst du ich liebe sich so sehr...“
Jetzt schaut er auf, schaut ihm mitten in die haselnussbraunen Augen, und versteht endlich die Wahrheit, er versteht wieso River ihn geküsst hat. Sanft stellt er sich auf die Zehenspitzen und küsst in sanft auf den Mund.
Dann lächelt er: „Ich liebe dich auch.“
River seufzt, auch wenn er weiss es ist egoistisch, er könnte den kleinen so zerstören, aber er wird es versuchen und er wird ihn nicht zerbrechen. Er weiss es.
Sanft nimmt er ihn an der Hand und sie gehen wieder ins Klassenzimmer wo sie zusammen auf das Ende der Pause warten.

Gelangweilt lehnt sich Meo neben Gwyneth und klaut ihr eine Zigarette. Böse schaut sie ihn an, aber sie sagt nichts, sie sieht es an Meos Blick, ein Wort und sie ist tot. Genau wie dieser Alan, der wird genauso leiden, er wird sich wünschen nie geboren worden zu sein wenn Meo ihn die Finger bekommt. Heute ist er aber nicht in die Schule gekommen, wahrscheinlich aus Angst vor Meo, der hat ihn Gestern schon total fertig gemacht.
Bei dem Gedanken lacht sie leise in sich hinein, Meo war relativ gross, wenn auch nicht so River und furchterregend, vor allem wenn in Panik gerät und jemanden braucht an dem er seinen Stress abbauen kann.
Finn lehnt sich neben die beiden, Jacob hat gerade angerufen, ein neuer Auftrag, jetzt gleich, wir beide sind dran Meo.“

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Peer, Carin und Florence Ich weiss nicht wo ich jetzt wäre ohne euch

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