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Es war einer dieser kalten, nebligen und dunklen Novemberabende an denen sich die Menschen beeilen nach Hause zu kommen um sich dort, eingewickelt in eine warme Decke und mit einer heißen Tasse Tee in der Hand, gemütlich vor den Fernseher zu setzten. Ich hätte das auch getan. Wenn ich ein Mensch gewesen wäre.
Aber das bin ich nicht. Und ich mag auch keinen Tee.
Ich bin ein Vampir und ich ernähre mich von Blut. Deswegen war ich auch an diesem nebligen Novemberabend nicht zu Hause in meiner Wohnung in der Altstadt, sondern draußen unterwegs. Genauer gesagt befand ich mich in einer dunklen, schmalen Gasse, die zwei relativ große Straßen in der Fußgängerzone miteinander verband. Hier lauerte ich, im Schatten verborgen, auf Beute.
Plötzlich hob sich, dunkel gegen den hellen Lichtschein, der von der Schaufensterbeleuchtung der Geschäfte herrührte, am Eingang der Gasse die Gestalt einer jungen Frau ab. Lecker.
Alle meine Muskeln spannten sich an und meine hervorragenden Sinne überfluteten mich mit Reizen: warmes Blut, ein pochendes Herz, ihr leiser Atem, der silberne Wolken in der kalten Luft bildete und dieser Duft! Lecker!
Beinahe hätte ich angefangen zu sabbern.


„Mist! Mist! Mist!“, fluchte ich und rannte durch die Fußgängerzone. In zwei Minuten ging mein Bus am zentralen Omnibus-Bahnhof, kurz ZOB. Ich kramte in meiner Handtasche nach meiner Busfahrkarte. Wo war das blöde Teil?
Ich sah kurz auf und blieb abrupt stehen.
Eine Baustelle, na super!
Ich sah nach links. Ich mied die Seitengassen lieber, aber wenn ich den Bus erwischen wollte, blieb mir nichts anderes übrig.
Ich zog meinen Mantel noch enger um mich. Dieses miese Herbstwetter war zum Kotzen! Ich bog in die Gasse ein. Sie war stockdunkel, nur am Ende fiel etwas Licht hinein.
Als ich fast die Hälfte durchquert hatte bemerkte ich den jungen Mann, der an der Wand lehnte. Die Gasse war so schmal, dass zwei Menschen nur knapp aneinander vorbei gehen konnten.

Sie hatte die Gasse fast zur Hälfte durcheilt, als sie mich schließlich bemerkte. Ich erkannte es daran, dass sie kurz abbremste und ihre Augen sich beunruhigt weiteten. Da stieß ich mich von der Mauer, an der ich lehnte ab und versperrte ihr den Weg.
„Guten Abend, schönes Mädchen“, flüsterte ich.
Sie starrte mich an, Entsetzen in den Augen. Ich konnte nicht anders als mir über die Lippen zu lecken. Dann begann ich zu grinsen und ging noch einen Schritt auf sie zu.
Ich weiß, dass man nicht mit dem Essen spielen sollte.
Aber es macht Spaß.



Ich musterte ihn, konnte jedoch nur seine Konturen erkennen. Was ich jedoch ganz deutlich erkennen konnte, waren seine Augen, die die Farbe von grüner Götterspeise hatten. Sie leuchteten im Dunkeln. Er war groß. Ziemlich groß! Ich glaubte, ein Grinsen auf seinem Gesicht zu erkennen, er kam auf mich zu. Ich drückte meinen Rücken durch und stemmte meine Hände in die Hüften.

Oh, sieh sich einer das Mädchen an! Sie stemmte die Hände in die Hüften und versuchte sich tapfer zu zeigen. Süß.
Dank meiner scharfen Augen konnte ich sie trotz der Dunkelheit genauer betrachten. Ihre Haare waren mittellang und dunkelblond. Sie fielen ihr in sanften Wellen über die Schultern. Sie trug einen schwarzen Mantel und einen hübschen bunten Schal. Unter ihrem Arm klemmte ein mit allen möglichen Bildern und Aufklebern verzierter Ordner, also war sie anscheinend noch Schülerin, wahrscheinlich Oberstufe Gymnasium. Ihre Augen waren braun und man hatte das Gefühl, darin versinken zu können.
Nach dieser eingehenden Musterung musste ich mir bewundernd eingestehen, dass sie mir eigentlich ganz gut gefiel. Ich hätte mir gerne noch etwas Zeit gelassen, um ein bisschen mit ihr zu spielen, aber leider war die Gefahr, dass noch jemand die Gasse betrat ziemlich groß und ich brauchte keine Zeugen.
Also beschloss ich, alles etwas zu beschleunigen. Ich packte sie und presste sie mit meinem Körper gegen die Wand.


Ich befand mich in einer sehr unangenehmen Position.
Ich trat ihn mit meinen Stiefeletten gegen das Schienbein. Er zeigte keine Reaktion. Ok, das war komisch! Schwaches Mondlicht fiel in die Gasse. Seine haut war kreidebleich.
Ich musste lächeln. Vampire waren so durchschaubar.
Ich versuchte mich zu befreien. Tja, wäre auch zu einfach gewesen! Er drückte mich wieder an die Wand.
Mein Blick fiel auf meine Uhr. Super! Jetzt hatte ich den Bus verpasst! Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und holte mit meinem Ordner aus.

Verdammt, sie wehrte sich gut. Aber sie hatte trotzdem keine Chance. Nicht, dass es mir nicht weh tat, wenn sie mich gegen das Schienbein trat, aber die Schmerzen waren erträglich und schnell vorüber. Außerdem war ich stärker als sie, viel stärker.
Plötzlich holte sie aus und schlug mit ihrem Ordner nach mir. Ich hatte keine Lust aus zu weichen, also bekam ich ihn mit voller Wucht auf den Kopf. Ich zuckte kurz zusammen, ließ mich aber von so was nicht beirren. Ich grinste sie an.
„Aua!“, spottete ich. „Womit habe ich das verdient, holdes Fräulein?“


Sie sind ein gottverdammter Vampir!“, fauchte ich ihn an.
„Und warum fragen Sie überhaupt, sie haben mich gegen die Wand gedrückt, da ist es doch klar, dass ich mich zur Wehr setze!“
Dieser Vampir musste ein echter Idiot sein!

Aua! Also das verletzte mich jetzt wirklich. Ich musste erneut grinsen. Bis mir klar wurde, dass sie sofort erkannt hatte, was ich war. Das Grinsen verschwand von meinem Gesicht. Aber ich riss mich schnell wieder zusammen.
Immerhin ersparte ich mir so den ewig langen „Was-bist-du-?“-Teil. Ich gestehe, dass ich Twilight gelesen und Vampire Diaries geschaut habe. Aber ich bin kein Fan! Ich brauchte nur eine Beschäftigung für scheinbar endlose, langweilige Nächte. Dabei ist mir aufgefallen, dass sowohl Bella als auch Elena ziemlich lange brauchen um fest zu stellen, dass Edward und Stephen Vampire sind. Nervtötend lange. Das blieb mir mit meiner heutigen Beute glücklicherweise erspart.
„Gut geraten, mein Engel. Wie kommst du auf Vampire?“, fragte ich sie und packte gleichzeitig ihre Arme. Ich hielt sie fest, um eine erneute Kollision ihres Ordners mit meinem Kopf zu vermeiden.



„Auflauern im Dunkeln, leuchtende Augen, blasse Haut und Macho-Getue, wenn du einen Vampir kennst, kennst du alle.“
Er hielt meine Hände fest, so dass ich ihn nicht mehr schlagen konnte. Schade eigentlich, eine Prügelei mit einem Vampir war immer spaßig!
Ich sah wie er seine Zähne fletschte und sich über meinen Hals beugte.
Ich stöhnte. „Muss das sein? Hast du nichts besseres zu tun, als unschuldige, kleine Mädchen zu beißen?“

Ihre Worte ließen mich stocken. Mut hatte sie, das musste man ihr lassen. Ich entfernte meinen Mund wieder von ihrem Hals und näherte stattdessen mein Gesicht dem ihren, so dass sich unsere Stirnen fast berührten.
„Unschuldiges Mädchen? Dass ich nicht lache!“, murmelte ich schon ganz benommen von ihrem Geruch. Ihr Körper war so schön warm. Wäre ich ein Mensch gewesen, hätte jetzt mein Magen geknurrt. Ich wollte ihr Blut. Aber mit ihr zu reden machte auch Spaß.
„Außerdem, Liebling, habe ich wirklich nichts besseres zu tun. Du isst doch auch wenn du Hunger hast, oder?“


Über seine Worte musste ich grinsen. „Ach, und ich bin jetzt dein Abendsnack oder wie? Du bist ganz schön unverschämt, willst du mich einfach aussaugen ohne mich zu fragen?“
Er hatte sich auf das Gespräch eingelassen, jetzt musste ich das ausnutzen.
Und wann unterhält man sich schon mit einem Vampir? Nach Hause fahren konnte ich später auch noch.

„Abendsnack? Nein, du bist schon eher ein Festmahl. Und wenn du es dir wünscht, dass ich dich frage, ob ich dich beißen darf, tue ich das hiermit. Allerdings darfst du dich nicht wundern, wenn ich deine Antwort ignoriere.“
Ich löste mich wieder etwas von ihr. So war es leichter, der Versuchung, die ihr Blut darstellte, zu widerstehen. Im Moment fände ich es nämlich wirklich schade, sie zu töten.
„Wie heißt du?“, erkundigte ich mich.


„Warum will ein Vampir, der mich so wie so gleich töten will meinen Namen wissen?“, fragte ich skeptisch. „Ich sage ihn dir nur, wenn du mich nicht beißt.“
Er grinste nur, ich verdrehte die Augen. Dann grinste ich ebenfalls, knickste höflich und sagte mit zuckersüßer Stimme: „Wenn ich mich Euch vorstellen dürfte mein Herr, mein bescheidener Name ist Diana Lara Revensburger. Es ist mir eine Ehre, einen solch hinterhältigen und blutigen Mann kenne zu lernen.“

Nachdem ich mich von meinem Lachanfall erholt hatte trat ich noch einen Schritt von ihr zurück und machte eine tiefe, galante Verbeugung. Das hatte ich schon lange nicht mehr getan.
„Ich danke zu aller erst für Euer freundliches Kompliment, werte Dame. Und wenn Ihr es mir gestattet, werde ich mich ebenfalls vorstellen. Ich bin Maximilian Matthias Johann Stefan von Habsburg.“
Ich ließ sie nicht einen Moment aus den Augen. Wahrscheinlich würde sie nämlich bei nächster Gelegenheit einen Fluchtversuch beginnen.



„Einer der alten Schule, also.“ Ich grinste. „14. oder 15. Jahrhundert?“ Ich legte den Kopf schief. „Also Steinzeit würde ja eher zu einem rüpelhaften Kerl wie dir passen.“
Ich wartete auf seine Reaktion. Der Lachanfall gerade hatte mir gezeigt, dass ich eine reele Überlebenschance hatte.
Plötzlich läutete mein Handy. Ich ignorierte sein Knurren und nahm ab.
„Hey Mum, ich hab den Bus nicht mehr erwischt, keine Sorge.“
„Warum hast du deinen Bus verpasst?“, fragte meine Mutter. Sie war ein richtiger Kontrollfreak.
„Bio hat länger gedauert.“
„Du bist in einer halben Stunde zu Hause.“ Dann legte sie auf.
Ich warf das Handy in die Handtasche zurück und fuhr mir durch die Haare.
Maximilian sah mich argwöhnisch an.

"Ich habe es nicht gerne, wenn mir mein Essen davon läuft", sagte ich. Die Stimmung zwischen uns hatte sich wieder verändert. Wir waren angespannt und ich befühlte mit der zunge meine scharfen Zähne. Ich war der Jäger, sie die Beute. Mit ihrem Blut würde ich leben. Ich hatte schon lange kein Gewissen mehr. Mitleid war mir fremd.
Aber ich wusste genau, dass es mich später reuen würde, wenn ich sie jetzt tötete.Ich mochte sie irgendwie. Sie war lustig.
'Nur einen Schluck', redete ich mir ein, 'mehr werde ich nicht trinken.' Ich wollte versuchen, sie am Leben zu lassen. So ein hübsches, kleines Spielzeug hatte ich schon lange nicht mehr.
In diesem Moment trat noch jemand zu uns in die Gasse.



Für einen Moment sah er so aus, als wolle er sich gleich auf mich stürzen, doch als ein alter Mann die Gasse betrat witterte ich meine Chance.
"Alter vor Schönheit?" murmelte ich und deutete mit dem Kopf leicht auf den Mann.
Er hob eine Augenbraue und sah mich irritiert an. Er schien mit sich zu ringen. Ich seufzte.
"So ein alter Knacker ist besser aus zu saugen als ich, ich würde mich ja mit Händen und Füßen dagegen wehren", wisperte ich ihm zu.
Der alte Mann hatte uns fast erreicht, er zögerte immer noch. Ich verdrehte die Augen.
"Entschuldigen Sie bitte." sprach ich den Mann freundlich an.
"Können Sie uns helfen, wir wissen nicht wie wir zurück zu unserem Hotel kommen."
"Natürlich kann ich ihnen helfen, in welchem Hotel sind Sie?"
Ich nannte den Namen eines Hotels, das etwas abseits in der Innenstadt lag. Während ich seinen Ausführungen folgte warf ich immer wieder Blicke zu Max.
Er musterte mich aufmerksam.
Als der Mann geendet hatte ergriff er das Wort, bedanke sich herzlich und manipulierte ihn dann, sodass er ihm bereitwillig seinen Hals hinhielt.
Als er seinen langen Fänge in das Fleisch des Mannes bohrte, drehte ich mir zur Seite. Mir wurde nicht etwas schlecht von Blut, nein, es weckte in mir einen alten Instinkt den ich unbedingt unterdrücken wollte.
Als er fertig war redete er dem Mann ein, das nichts gewesen sei.

Ich weiß nicht, warum ich ihren Vorschlag an nahm. Der Mann schmeckte nicht halb so gut, wie ich es von ihrem Blut erwartete. Aber sie hatte etwas an sich, dass einen dazu brachte, zu tun was sie wollte.
Mein Hunger war fürs erste gestillt und als er Mann verschwunden war, wendete ich mich an sie: „Du weißt schon, dass du eine manipulative, kleine Hexe bist? Du konntest nicht vorhersehen, ob ich den Mann nicht vielleicht töten würde. Du hättest ihn geopfert, damit ich dich in Ruhe lasse. Lässt sich so was mit euren schönen, menschlichen Moralvorstellungen vereinbaren?“
Ich musterte sie scharf.


Hm, er hatte nicht ganz unrecht. Aber da ich keine menschlichen Moralvorstellungen in der Richtung besaß, fühlte ich mich direkt angegriffen.
"Hättest du nicht genauso gehandelt?"
Er stutzte, was mir ein Grinsen entlockte.
"und du solltest wissen das ich ein klein wenig anders bin."
Ich wusste zwar nicht warum ich einem Vampir, der bis gerade eben noch versuchen wollte mich zu beißen, mein Geheimnis ein wenig preisgab, aber er hatte etwas interessantes an sich.
Ich riss aus meinem Block einen Kleinen zettel heraus und kritzelte meine Handynummer darauf.
"Hier, für den Fall das du, der sowieso keine menschlichen Moralvorstellungen hat, mal mit mir, einem unschuldigen Mädchen mit etwas anderen menschlichen Moralvorstellungen, über menschliche Moralvorstellungen diskutieren möchtest."
Ich zwinkerte ihm zu, drückte ihm den Zettel in die Hand, hob meinen Ordner auf und verließ die Gasse. In zwei Minuten ging der nächste Bus. Jetzt musste ich mich wirklich beeilen!

Sie musste wohl immer das letzte Wort haben, aber das konnte ich ihr so nicht durchgehen lassen. Auch Vampire haben ihren Stolz.
Mit übermenschlicher Geschwindigkeit setzte ich ihr nach, packte sie, presste sie wieder gegen die Wand und knurrte ganz nahe an ihrem Ohr: „Danke, dass du es mir so leicht machst, dich wieder zu finden. Mir ist egal ob du ein klein wenig anders bist, was immer du auch damit meinst. Solltest du plaudern werde ich mich gezwungen sehen, dich auf zu suchen und mir zu holen was du heute noch behalten darfst. Und dann lasse ich dich nicht am Leben.
Niemand soll wissen, dass es Vampire gibt, verstanden?“
Zärtlich fuhr ich mit meinen Lippen über ihren Hals.
Dann ließ ich sie los und war aus ihrem Sichtfeld verschwunden, ehe sie noch etwas entgegnen konnte.


Ich saß im Bus und fuhr mir mit der Hand immer wieder über die Stelle, an der seine Lippen meinen Hals berührt hatten.
Sie brannte wie Feuer! Diese Vampire waren echt das letzte! Ich drehte die Musik lauter auf, im Bus saßen nur wenige Leute, also sollte es keinen stören.

Ich leckte mir zum wiederholten Mal die Lippen. Sie schmeckten noch immer nach ihr. Ich saß zu Hause auf meinem Sofa vorm Fernseher, aber ich wusste nicht einmal, was gerade lief, denn ich musste immer zu an sie denken. Ich wollte sie wiedersehen.
'Nein, verdammt, vergiss sie!', schalt ich mich. 'Du bist ein Vampir! Sie war Beute und du hast sie entkommen lassen! Nicht mal ihre Erinnerung hast du gelöscht! Wenn du sie wieder siehst, dann nur um ihr Blut zu trinken!'
Ich zog den Zettel mit ihrer Handynummer aus meiner Hosentasche.
Nach einigem Überlegen holte ich schließlich auch mein Smartphone heraus und schrieb ihr eine SMS.
„Gute Nacht, mein Engel mit den Moralvorstellungen eines Vampirs.“



Ich bekam die SMS als ich gerade die Haustür auf schloss.
"Verdammter Macho-Vampir!" knurrte ich.
"Hab ich da gerade das Wort "Vampir" gehört?" rief meine Mutter aus der Küche.
"Nein Mum."
Ich ging schnell in mein Zimmer, das unter dem Dach lag. Da ich unter der Woche im Internat lebte, war es nur spärlich eingerichtet, fast alle Privaten Sachen waren in der Schule. Ich warf mich aufs Bett und schrieb ihm zurück.
"Gute ... Moment, schlafen Vampire überhaupt? Ich geh jetzt davon aus das sie es nicht tun, also kann ich mir den Rest sparen."
Dann ging ich nach unten um mir etwas zu Essen zu holen.

Gut, sie hatte zurück geschrieben. Das zeigte mir, dass sie mich nach meinem äußerst unfreundlichen Abschied nicht so sehr hasste, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollte.
Sie hatte wohl Recht damit, dass ich ein Macho war, aber so waren Vampire nun mal. Man musste sich schließlich Respekt verschaffen. Sie selber war ja auch nicht gerade die Inkarnation von Freundlichkeit, aber genau das war es unter anderem, was mich an ihr faszinierte.
„Ich bin nicht Edward! Natürlich schlafe ich, aber meist tagsüber. Nachts lauere ich dann unschuldigen Mädchen auf.
PS: Willst du mit mir ins Kino gehen? Schreib mir, wann du mal Zeit hast“, sendete ich ihr noch eine SMS, dann schaltete ich meinen Fernseher aus, erhob mich von der Couch und verließ meine Wohnung. Vielleicht würde ich noch ein wenig im Inn, einem Fluss an dem unsere Stadt lag, schwimmen gehen.



Ich musste grinsen, als ich seine Nachricht las. Unschuldiges Mädchen. Die Klosterschule warf Schatten auf meine Persönlichkeit. Er wollte ins Kino gehen? Na schön.
„Ok, morgen Abend. Cineplex, Breaking Dawn Teil zwei.“
Ich wollte wissen, was ein Vampir über einen Vampirfilm dachte. Meine Mutter würde ausflippen, aber mit 17 war ich alt genug um selber zu entscheiden.
Gegen Mitternacht schlief ich dann ein.

Ich las ihre Antwort so gegen fünf Uhr früh, als ich vom Schwimmen zurück kam. Das Wasser war erfrischend kalt gewesen und ich hatte auf dem Rückweg noch einen besoffenen Typen überfallen und war deswegen jetzt pappsatt.
Gut das Alkohol bei Vampiren keine Wirkung zeigt, sonst wäre ich jetzt von seinem Blut total betrunken.
Ich musste mir nicht einmal die Mühe machen, seine Erinnerung zu löschen, er würde sowieso keine haben. Ich hatte ihn aus zwei Gründen nicht getötet: Erstens war es auffällig, wenn in der Gegend, in der ich lebte zu viele Leichen herum lagen und zweitens hatte sein Blut nicht besonders gut geschmeckt. Bei dem Mädchen, Diana wäre das schon etwas anderes gewesen.
Während ich mir mit dem Handtuch in der einen Hand die Haare trocken rubbelte, schrieb ich ihr eine kurze Antwort: „Bis dann (:“
Ich war zwar von ihrer Filmauswahl nicht allzu begeistert, aber meinetwegen.
Ich las dann noch etwa zwei Stunden, dann stellte ich meinen Wecker auf 4.00 Uhr nachmittags, zog die Vorhänge in meinem Schlafzimmer zu und legte mich schlafen. In meinen Sarg. Ich finde, das hat einfach Stil.



„Diana! Du kommst sonst zu spät!“, meine Mutter riss mich aus dem Schlaf. Zu was den zu spät kommen? Ich öffnete die Augen und sah auf meinen Wecker.
„Scheiße!“ Ich sprang aus dem Bett und lief ins Bad. Es war halb elf und um elf hatte ich Klavierunterricht.
Ich duschte mich schnell, zog mich an und lief nach unten. Mein Vater saß am Küchentisch. Wie immer mit Laptop. Er war Chef einer Eventfirma, ich sah in den Großteil der Woche gar nicht, genauso wie meine Mutter. Sie war Gourmetköchin und blieb den Großteil der Woche in München. Das war auch der Grund, warum ich ins Internat ging, warum ich ins Internat ging, obwohl ich ja in Stadtnähe wohnte. Er sah hoch.
„Hallo Diana.“ Er lächelte mir zu und schaltete den Laptop aus.
Er fuhr mich in die Stadt. Meine Klavierlehrerin war eine ältere Dame mit einem leichten französischem Akzent. In ihrer Altbauwohnung stand ein großer, weißer Flügel, an dem sie mich dann eineinhalb Stunden lang „quälte“. Ich liebte die Musik, aber manchmal war Klavierspielen eine echte Plackerei.
Nach dem Unterricht ging ich in ein Café, das sich in einer alten Villa befand.
„Hey Di!“ Ich drehte mich um. Anna, eine meiner besten Freundinnen im Internat kam auf mich zu. Sie hatte einen Jungen im Schlepptau. Groß, blond, Modelmaße, genau ihr Typ.
„Hey Anna.“ Ich nippte an meinem Kaffee.
„Was denn mit dir los?“ Sie ließ sich auf den Stuhl sinken, der mir gegenüber stand.
„Ich geh heute ins Kino“, murmelte ich.
„Mit wem?“, fragte sie neugierig.
„Mit nem Typen, dem ich was schulde“, murmelte ich und kippte den Kaffee hinunter.

Das nervtötende Piepsen riss mich aus dem Tiefschlaf. Ich schob meinen Sargdeckel auf und hätte beinah meinen Wecker gegen die Wand geschleudert. Es wäre nicht der erste gewesen. Ich hasste es auf zu stehen, wenn es draußen noch hell war. Aber heute musste es sein, denn ich wollte pünktlich zu meiner Verabredung kommen.
Ich stieg also aus meinem Sarg und öffnete meinen riesigen Kleiderschrank. Wenn man sich nicht mehr verändert und Kleidung einem für immer passt, hat man irgendwann unglaublich viel davon. Man muss sich ja immer der Mode anpassen und deswegen neue Sachen kaufen.
Ich wühlte mich also durch einen ganzen Haufen von Sachen, die ich wohl nie wieder anziehen konnte, außer zu Fasching, bis ich endlich etwas geeignetes fand. Ein einfaches weißes Hemd und eine schwarze Jeans.
Darüber zog ich noch meinen Wintermantel, dann ging ich aus dem Haus in Richtung Kino und hoffte, dass ich nicht total Scheiße aussah. Ein Spiegelbild hatte ich ja leider nicht um das zu überprüfen.
Inzwischen war es glücklicherweise dunkel.



"Diana, wo willst du denn um diese Uhrzeit noch hin?"
Mist. Ich hatte das ich meiner Mutter heute nicht mehr über den Weg lief.
"Kino mit Anna." rief ich.
"Wie lange wirst du weg sein?"
"Weiß noch nicht, kann spät werden." Ich zog meine Schwarzen Stiefeletten an und zog meinen Schwarzen, knielangen Mantel an.
"Du hast dein Handy doch dabei, oder?" Meine Mutter steckte ihren Kopf aus der Tür.
"Ja!" sagte ich genervt, dann verließ ich das Haus.
Die Stadtbusse gingen noch bis spät in die Nacht, ich hatte also kein Problem nach Hause zu kommen.
Ich setzte mich nach ganz hinten. Der Bus war vollkommen leer. Ich wippte andauernd mit dem Fuß. War ich etwas aufgeregt? Quatsch, ich hatte schon viele Vampire getroffen, warum sollte ich da noch aufgeregt sein?
Als ich am ZOB ausstieg sah ich ihn sofort. Seine Grünen Augen waren auch nicht zu übersehen. Er stand vor dem Gläsernen Eingang zum Cineplex, das sich in unserer Stadt unter der Erde befand. Ich ging auf ihn zu. Der Kühle Nachtwind zerzauste meine Haare und mein Rock flatterte mir um die Knie. Gut das ich eine Leggings drunter an hatte, sonst wäre ich wahrscheinlich erfroren. Außer uns befanden sich nur wenige Leute auf dem Platz, der vor dem Stadtturm lag. Die Absätze meiner Schuhe klapperten, als ich auf ihn zuging.

Die Absätze ihrer schwarzen Stiefeletten klapperten auf dem Pflaster als sie auf mich zu kam.Der Wind spielte mit ihren Haaren und wehte ihren wunderbaren Duft zu mir hinüber. Ich hatte große Mühe damit, mir nicht über die Lippen zu lecken. Heute Abend wollte ich mich von meiner besten Seite zeigen.
"Freut mich, dich wieder zu sehen, ich hatte schon befürchtet, dass du nicht kommen würdest", sagte ich, als sie mich erreichte.
Dann bot ich ihr nach einer kleinen Verbeugung meinen Arm.



Zugegeben, er sah gut aus in seinem Wintermantel. Als er mir seinen Arm entgegenstreckte grinste ich und nahm ihn entgegen. Dann gingen wir durch die Drehtür und stiegen die Stufen zum Kino hinunter.
Er bezahlte die Kinokarten und da der Film bald anfangen würde, gingen wir schon zum entsprechenden Kinosaal. Auf Popcorn verzichteten wir, jedoch kaufte ich mir ein kleines Wasser. Um Punkt Acht musste ich meine Tabletten nehmen.
Wie setzte uns auf unsere Plätze, die ziemlich weit hinten lagen. Da der Film erst vor kurzem in die Kinos gekommen war, war es ziemlich voll. Ich zog meinen Mantel aus und legte ihn auf meinen Sitz. Max musterte mich.

Als sie ihren Mantel auszog, fiel mir ein, dass ich das vielleicht auch tun sollte. Da ich weder schwitze noch friere, war mir gar nicht auf gefallen, wie warm es hier drin war. Vorher nahm ich mir aber noch Zeit, ihr Outfit ausgiebig zu betrachten. Sehr elegant, ein schwarzer Rock und eine weiße Bluse mit weitem Ausschnitt, so dass man das bunte Top, dass sie darunter trug noch sehen konnte.
Ich musste grinsen.
"Partnerlook", meinte ich zu ihr und zog meinen Mantel, der wie ihrer schwarz war, aus.



Ich grinste, als er sich den Mantel auszog. Ein weißes Hemd.
Wir setzten uns. Um halb 8 fing dann der Film an. Er verzog mehrere Male das Gesicht und ein paar mal sah es so aus, als ob der die Personen im Film am liebsten angeschrien hätte. Ich amüsierte mich köstlich, nicht am Film, sondern an seinen Reaktionen.
Ich sah auf die Uhr. Es war genau 8. Ich holte das kleine Döschen aus meiner Handtasche und klappte es auf. Ich nahm die längliche Tablette heraus und schluckte sie zusammen mit dem Wasser hinunter. Ein Schauder durch fuhr mich. Wie ich diese Tablette doch hasste, aber sie war besser als unkontrollierte epileptische Anfälle zu haben.

Sie schien es sehr lustig zu finden, wie ich mich über Edward und Bella ärgern konnte und den Schund, der da über Vampire verzapft wurde. Ich wiederum fand es sehr lustig, dass sie das lustig fand und so hatten wir beide unseren Spaß, obwohl der Film schlecht war.
Ich hatte bereits fast eine halbe Stunde davon überlebt, als ich aus dem Augenwinkel sah, dass sie etwas aus ihrer Handtasche holte. Es war ein Döschen mit Tabletten und sie nahm eine davon.
"Wofür sind die?", wollte ich wissen.



Erschrocken sah ich ihn an.
"Die ..."
Plötzlich überkam mich ein heißes Gefühl.
"Scheiße." murmelte ich und sah mich um. Alle Zuschauer starrten auf die Leinwand. Bis auf einen.
Als sich unsere Blicke trafen fing er an zu grinsen.
Ein Jäger. Verdammt!
"Ich muss hier raus, sofort!" Ich bekam nicht mehr als ein Wispern hervor. Ich war wie gelähmt vor Angst. Ich sah Max flehend an.

Ich sah die plötzliche Panik in ihrem Blick und suchte nach dem Grund dafür. Als ich mich umsah viel mein Blick sofort auf den Typen drei Reihen hinter uns. Er hatte ein hinterhältiges Grinsen auf gesetzt, um das ihn jeder Vampir beneiden musste, obwohl er eindeutig ein Mensch war. Ich unterdrückte den Impuls ihn an zu knurren sondern nahm Diana bei der Hand und führte sie aus dem Kinosaal, hinaus ins Foyer. Mit der anderen Hand machte ich eine nicht ganz jugendfreie Geste in Richtung des Mannes, die er aber wahrscheinlich nicht verstand, weil sie heutzutage nicht mehr gebräuchlich war.



Max nahm mich an der Hand und nahm mich mit nach draußen. Ich suchte panisch nach meinem Handy.
"Scheiße scheiße scheiße!" murmelte ich.
Ganz ruhig Diana! redete ich mir selbst ein.
"Diana, wer ist der Typ?" fragte er als wir nach Draußen auf den Platz gingen.
"Er ist ein ..."
"Guten Abend Diana!" sagte eine hämische Stimme hinter mir.
Ich fuhr herum.
"Das sieht dir gar nicht ähnlich, sonst meidest du doch Vampire eher." sagte der Mann. Er war fast so große wie Max, hatte langes, dunkelblondes Haar und einen langen Trenchcoat an.
Ich verengte meine Augen zu Schlitzen.
"Andre." murmelte ich.
"Oh, du erinnerst dich noch an meinen Namen, wie schön!"
Sein Blick viel auf Max.
"Maximilian von Habsburg wenn ich mich nicht irre." sagte er grinsend. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck.
"Geh zur Seite, mein Auftrag ist nur sie gefangen zu nehmen, nicht dich!"

Dieser Kerl war mir eindeutig unsympathisch.Er kannte Diana und wusste etwas über sie, dass ich nicht wusste. Er wusste allgemein zu viel, auch über mich. Außerdem hasste ich seinen hämischen Tonfall. Und als er mir nun befehlen wollte zur Seite zu gehen hätte ich ihn beinahe auf der Stelle angesprungen. Doch ich hielt mich zurück. Dieser seltsame Geruch, der von ihm ausging, Kerzen, Moder und...Knoblauchdeo. Er war ein Jäger!
Ich ließ mir nichts von meiner Erkenntnis anmerken.
"Nein", entgegnete ich ihm nur und versuchte so lässig wie möglich zu erscheinen, was mir wahrscheinlich auch ganz gut gelang. Zeige einem Feind gegenüber nie deine Gefühle oder rede mehr als nötig mit ihm, das kann ihm ganz leicht einen Vorteil verschaffen.



Wollte er mich etwa beschützen? Ganz schlechte Idee!
"Wie hast du mich gefunden?"
Ich versuchte Zeit zu schinden.
"Süße, wir sind im 21. Jahrhundert, Facebook verrät dir alles!"
Ich schluckte.
Er kam auf uns zu. Max stellte sich vor mich.
"Verschwinde." raunte er mir zu.
"Nein, du solltest verschwinden!" murmelte ich. Er sah mich entgeistert an.
"Ach wie süß, ein Vampir beschützt dich. Hast du ihm schon gesagt wer du bist? Was dein dreckiges, mieses Geheimnis ist?" er lachte höhnisch. Ich bekam eine Gänsehaut.
Max sah mich an. Ich senkte meinen Blick.
"So, genug der schönen Worte, Max geh beiseite damit ich meine Kleine mitnehmen kann. Solltest du dich weigern...."
Er öffnete seinen Trenchcoat. Im Innenfutter hingen einige Waffen. Pistolen mit Holzkugel, Pflöcke, etc.
"Max, bitte geh!"
Er schob mich hinter sich.

Dieses Mädchen gab mir Rätsel auf. Allerdings mussten die Antworten darauf noch warten, jetzt musste ich mich zuerst um den Kerl kümmern.
Er machte mich langsam wütend, denn nicht nur, dass er mich umbringen wollte, nein, dieser Drecksack wollte mir mein Mädchen weg nehmen.
Instinktiv schob ich sie hinter mich. Dann, als der Typ immer näher kam spottete ich: "Ich hoffe mal, dass Sie eine Möglichkeit kennen um all die Leute um uns herum von uns ab zu lenken. Falls es Ihnen nämlich noch nicht aufgefallen sein sollte stehen wir hier vor einem Kino, mitten in der Stadt und es ist erst kurz nach acht. Ich würde sie ja liebend gern in Fetzen reißen, aber ich fürchte, dass ich dadurch ein paar arme Passanten erschrecken könnte."
Wenn er das war, für das ich ihn hielt, war ihm Geheimhaltung wohl genauso wichtig wie mir.



Max hatte einen wunden Punkt der Jäger getroffen. Sie wollten um jeden Preis geheim bleiben. Doch Max' Argument war nicht sehr überzeugend. Auf dem Platz und drum herum war keine Menschenseele zu sehen.
"Diana, könntest du deinem Freund bitte sagen das ich ihn töten werde, solltest er mich noch weiter daran hindern dich zu bekommen." sagte Andre mit einem hämischen Grinsen. Dieser Kerl war immer noch das gleiche Arschloch wie damals in Venedig. Damals hatten mich meine Eltern vor ihm gerettet. Jetzt aber war ich auf mich allein gestellt. Das Max bei mir war zählte nicht, er war ein Vampir und dachte nur an sich, nicht an andere.
Ich wollte an Max vorbeigehen, doch er hielt mich zurück.
"Bist du wahnsinnig?" knurrte er.
Das war doch nicht sein ernst? Er konnte mich doch unmöglich beschützen wollen.
"Max lass mich, es ist besser so."
"Er wird dich töten!"
Ich schüttelte den Kopf.
"Er wird mir nichts antun. Der Vatikan fängt Leute wie mich nur, er bringt sie nicht um."
Die Jäger waren eine Organisation von Fanatikern, der Rest der Kirche wusste nichts von ihnen. Sie versuchten, die Erde von den Geschöpfen der Nacht zu "befreien" und dafür war ihnen jedes Mittel recht.
"Diana, das ist nicht dein ernst, natürlich bringen sie dich um!" knurrte er.

Ich würde doch nicht zu lassen, dass sie mit ihm mit ging! Erstens wollte ich noch Antworten von ihr, zweitens hatte ich immer noch nicht ihr Blut gehabt und drittens wollte ich ein bisschen Jäger ärgern. Also lächelte ich den Typen an und zeigte ihm dabei meine scharfen Zähne.
"Sie wissen schon, dass Knoblauchdeo Vampire nicht vertreibt, oder? Es wirkt nur zuverlässig gegen potenzielle Dates. Obwohl, mit Ihnen würde sowieso Keine ausgehen", versuchte ich ihn wütend zu machen.
Es wirkte. Er verengte die Augen zu Schlitzen und kam näher.
"Oder sind sie etwa anders orientiert?", fragte ich weiter "Glauben sie mir, auch Männer finden Knoblauchdeo abstoßend. Und nur für den Fall, dass sie Interesse an mir haben, ich will nichts von kleinen, fanatischen Hosenscheißern, denn mehr sind Sie für mich nicht"
Oh ja, jetzt hatte ich seinen wunden Punkt getroffen! Ihm zu unterstellen, dass er schwul war und noch dazu etwas von einem Vampir wollte, dass war für einen Fanatiker wie ihn wirklich schlimm.
Er stieß einen lauten Wutschrei aus und stürmte auf mich zu.
Gut, ich hatte ihn erfolgreich von Diana abgelenkt, ich würde schon mit ihm fertig. Hoffentlich versaute sie jetzt nicht meinen Plan und mischte sich in den Kampf ein. Sie sollte wieder ins Kino laufen, dort, unter Menschen wäre sie sicherer.



Dieser Typ hatte sie nicht mehr alle! Wie konnte er Andre nur so verärgern?
Der Jäger stürzte auf Max zu, der sich in Kampfposition begab. Das war glatter Selbstmord!
Eigentlich wollte ich ihm ja nicht helfen, der Idiot hätte es verdient fertig gemacht zu werden, aber angesichts des Schauplatzes war ein Kampf einfach nur hirnrissig!
Ich tat das einzig richtige. Ich schrie.
Es war ein Schrei, der normale Menschen in den Wahnsinn trieb. Vampire bekamen nur Kopfschmerzen. Andre taumelte und hielt sich die Ohren zu, während Max ein Gesicht machte, als wollte er mich anbrüllen.
Ich konnte den Schrei jedoch nur kurz machen, da ich sonst riskiert hätte, das sämtliche Fensterscheiben im Umfeld zu Bruch gingen.
Mir war schwindelig, ich war nicht gewohnt eine meiner Fähigkeiten einzusetzen.
Andre zog eine Pistole und richtete sie auf mich. Gerade als Max ihn angreifen konnte, raste eine weitere Person auf den platz und stürmte auf Andre zu. Sie hatte einen silbernen Dolch in der Hand und bohrte diesen in das Herz des Jägers.
"Diana!" ich drehte mich benommen um. Ich sah die Blonde Lockenmähne meiner Mutter. Dann wurde alles Schwarz.

Ich wollte die Leiche des Jägers beseitigen, indem ich sie in den Inn warf.Also hing ich sie über meine Schulter und lief so schnell ich konnte Richtung Flussufer. Ich hielt mich im Schatten der Häuser um nicht gesehen zu werden. Ich hoffte insgesamt, dass niemand etwas von den Ereignissen heute Abend bemerkt hatte. Vampire waren Raubtiere, Raubtiere schlichen sich an ihre Beute an, deswegen hielten wir unsere Existenz geheim.
Viel lieber wäre ich bei Diana geblieben, aber das war in Anbetracht der Tatsache, dass ihre Mutter bei ihr war keine gute Idee. Denn ihre Mutter schien etwas gegen mich zu haben und nachdem ich gesehen hatte, was die Frau mit einem silbernen Dolch anrichten konnte, wollte ich lieber kein Risiko eingehen. Vor allem, weil ich noch nicht wusste, was sie war. Kein Mensch, das war schon mal sicher, genauso wenig wie Diana.
Inzwischen hatte ich mein Ziel erreicht und ich ließ den schweren Körper ins Wasser platschen. Dieser Mann hatte wirklich meinen Tag verdorben! Er zerstörte nicht nur mein Date, nein, jetzt war auch noch mein Mantel ruiniert, weil er ihn voll geblutet hatte.
Urplötzlich stieg Zorn in mir auf, heiß und glühend, verbunden mit einem brutalen Verlangen. Ich hatte Hunger.
Der Student, der in diesem Moment den Innkai entlang ging wurde nie wieder gesehen, eine zweite Leiche, diesmal mit zerfetzter Kehle wurde vom Fluss davon getragen.



Meine Kehle brannte wie verrückt.
Mein Körper fühlte sich schwer wie Blei an.
Mein Kopf schmerzte als hätte mir jemand mit einem Presslufthammer dagegen gehämmert.
Ich versuchte die Augen zu öffnen.
"Diana, lass sie zu, du musst erst wieder ganz zu dir kommen!" hörte ich die leise Stimme meiner Mutter sagen.
"Woher wusstest du das Andre mich gefunden hat?" murmelte ich heißer.
"Mütterlicher Instinkt." sagte sie.
Ich versuchte zu lächeln, was verdammt schmerzhaft war.
"Mütterlicher Instinkt, das ich nicht lache." murmelte ich.
Jetzt schlug ich doch die Augen auf. Das Sonnenlicht brannte in meinen Augen.
Ich stand langsam auf.
Mein Blut viel auf meinen Nachtisch, wo ein Leerer Blutbeutel lag.
"Mama!" rief ich entsetzt.
"Tut mir Leid Liebes, aber du hast dich überanstrengt. Dein Vater und ich dachte, dass es besser wäre."
Mir wurde schlecht als ich begriff, das ich einen ganzen Beutel Menschenblut getrunken hatte.
Tränen stiegen mir in die Augen.
"Scht scht meine Kleine." sie nahm mich in den Arm.
"Ich weiß wie widerlich du das findest, aber manchmal müssen wir es machen." murmelte sie an mein Ohr.
"Wie geht es Max?"
"Meinst du den Vampir?" fragte sie abfällig.
Ich nickte.
"Er hat die Leiche entsorgt, ich hab ihn nicht mehr gesehen. Woher kennst du ihn?" fragte sie scharf.
"Er hat am Freitag versucht mich zu beißen. Ich konnte es ihm jedoch ausreden."
Meine Mutter hielt mich ein Stück von sich weg.
"Er hat versucht dich zu beißen?" fragte sie entsetzt.
"Und du konntest einem Vampir seinen Durst ausreden?" sie sah mich an als ob ich wahnsinnig wäre.
"so in etwa, ich habe ihm ein anderes Opfer kredenzt, er hat mich daraufhin laufen lassen."
"Und warum hast du dich gestern mit ihm getroffen?"
"Mama, du und Papa erzählt mir immer wie schlecht Vampire sind, ich wollte mir endlich mal selbst ein Bild von ihnen verschaffen!"
Sie musterte mich.
"Und?"
"Sie haben ihre Eigenheiten, aber im Grunde sind sie so wie wir."
Meine Mutter seufzte und stand auf.
"Darüber reden wir ein anderen Mal. Ich werde dir etwas zu essen machen, leg dich noch ein wenig hin." Sagte sie und verließ mein Zimmer.
Ich legte mich wieder hin und sah auf mein Handy. Max hatte mir eine SMS geschrieben.
"Können wir reden?"
"Ja." schrieb ich zurück. Nach dem gestrigen Vorfall lies sich das nicht mehr vermeiden.

"Können wir reden?" Hilfe, was war nur in mich gefahren, das klang ja fürchterlich nach schnulzigem Film! Aber sie hasste mich nicht dafür, sondern schrieb sogar zurück.
"Wann?", sendete ich meine Antwort.
Ich lag lang ausgestreckt auf meinem Sofa, das Handy in der Hand. Dieses Mädchen war nicht gut für mich, seit ich sie getroffen hatte verweichlichte ich immer mehr und verweichlichte Vampire waren tote, also richtig tote, Vampire. Ich fühlte für meine Verhältnisse in letzter Zeit viel zu viel. Im Moment fühlte ich mich zum Beispiel hundsmiserabel und ich wusste nicht mal genau warum.
Fast wie Stimmungsschwankungen. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, ich hätte geglaubt, ich wäre schwanger! Das äußert sich doch bei Frauen unter anderem so, oder?
Während ich so meinen Gedanken nach hing, läutete plötzlich mein Telefon.
Seltsam. Es war ein Uhr nachts, da rief man nicht mehr bei Leuten an, auch wenn sie Vampire waren. Ich sprang vom Sofa, hob mit übermenschlicher Geschwindigkeit den Hörer ab und knurrte etwas unwillig: "Hier von Habsburg, was gibt's denn?"
Am anderen Ende der Leitung erklang eine mir wohl bekannte Stimme: "Salut, mon frère ..."
Bevor mein Gesprächspartner noch etwas sagen konnte fiel ich ihm ins Wort: "Wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir uns dieses Jahrhundert auf Deutsch unterhalten, mein Freund."
Zur Antwort bekam ich nur ein klangvolles Lachen, von dem ich wusste, dass es Frauenherzen zum Schmelzen brachte.
Der Mann, oder besser gesagt der Vampir, zu dem es gehörte war seit zweihundert Jahren mein bester Freund.
"Ich werde dich besuchen kommen, Max. Ich hoffe für dich das du nichts dagegen hast."
Schon fühlte ich mich wieder gut. Ich sag's ja: Stimmungsschwankungen.



Mein Handy weckte mich wieder auf.
"Wann?" war Maxs Frage.
"Sonnenuntergang, Ortsspitze."
Die Ortsspitze war der Auslauf unserer Stadt, an ihr trafen Inn, Ilz und Donau zusammen. Also so ungefähr.
Der köstliche Geruch nach Lasagne trat in meine Nase. Meine Mutter wusste, das ich dafür morden würde!
Ich lief nach unten. Mein Vater saß wie immer am Laptop.
"Hey Dad." murmelte ich und setzte mich.
Er sah mich besorgt an.
"Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt!"
Autsch! Jetzt hatte ich ein schlechtes Gewissen!
Die Lasagne schmeckte wie immer köstlich.
Am Nachmittag versuchte ich mich dann krampfhaft auf die Fächer für die nächste Woche zu konzentrieren, doch das gelang mir nicht. 1. Schmerzte mein Kopf noch immer, 2. War mir schlecht von dem Blut und 3. musste ich überlegen wie ich Max das mit mir beibrachte.
Verdammt, dieser Vampir ruinierte mein leben! Ich schmiss meine Sachen vom Tisch. Meine Mutter hatte mich ja gewarnt! Lasse dich nie mit einem Vampir ein. Am Nachmittag fuhr ich in die Stadt, ich musste mich einfach ablenken! Als ich jedoch aus dem Bus stieg und sogleich den Platz vor dem Stadtturm sah, wurde mir wieder schlecht. ich taumelte. Ich verließ das Zentrum so schnell wie möglich und ging durch die Gassen der Altstadt. Ich kam an meiner Schule vorbei. Den Gisela Schulen, die auch ein Internat hatten, wo ich nun wohnte. Früher war die Schule nur von Nonnen geführt worden, mittlerweile hatten sie sich aus dem Schuldienst zurückgezogen. Doch das klösterliche Leben und die Erziehung wirkte sich noch immer auf uns Schülerinnen aus.
Ich ging zur Ortsspitze, an der sich die Touristen tummelte. Gerade legte ein Kreuzfahrtschiff an. Ich setzte mich auf eine Bank und beobachtete meine Umgebung. Spielende Kinder, Senioren die Spazieren gingen, Touristen die laut schwatzend mit ihren Kameras herum liefen. Den ganzen Nachmittag saß ich einfach nur auf der Bank. Als sich die Sonne langsam sich dem Horizont zuneigte wurde mir kalt.

Als ich am vereinbarten Treffpunkt ankam, war sie bereits da. Das war aber auch nicht weiter verwunderlich, denn ich war zu spät. Ich hatte erst nach Sonnenuntergang meine Wohnung verlassen um dem hellen Tageslicht nicht ausgesetzt zu sein. Ich vertrug es nicht besonders gut, es verursachte mir Schmerzen und manchmal sogar einen widerlichen, juckenden Ausschlag.
Es war ziemlich dunkel um uns herum, da es an der Ortsspitze keine Straßenlampen gab und sie bemerkte mich nicht, bis ich direkt hinter ihr stand.
„Verzeih mir meine Verspätung“, meinte ich leise.
Sie fuhr erschrocken zu mir herum. Ich nahm neben ihr auf der Bank Platz. Heute trug sie einfache, blaue Jeans unter ihrem schwarzen Wintermantel, der im Gegensatz zu meinem den gestrigen Abend unbeschadet überlebt hatte. Ein roter Schal schützte ihren Hals vor der Kälte und eventuell auch vor hungrigen Vampiren.
Doch sie schien trotzdem zu frieren, denn sie hatte die Arme eng um sich geschlungen.
„Wir könnten irgendwo hingehen, wo es wärmer ist“, schlug ich vor.


Ich musste mich von dem Schrecken, den er mir eingejagt hatte, erst erholen.
Ich schüttelte den Kopf.
"Ich möchte nicht das allzu viele Menschen in meiner Nähe sind, die mich hören könnten." murmelte ich.
Da erst viel mir der Fleck auf seinem Schwarzen Hemd auf. Ich fühlte mich als ob ich mich gleich übergeben müsste.
"Nein nein nein." murmelte ich immer wieder.
"Diana, was ist los?" Er klang besorgt.
"Ist das Blut an deinem Hemd?"
Eigentlich war die frage überflüssig, da ich den Geruch ziemlich stark wahrnahm.
Er nickte.
Ich musste mich zusammenreißen um mich nicht zu übergeben.
"Verdammte Scheiße!" schrie ich und sprang auf.
Ich fühlte mich so unwohl in meine Haut. Ich wusste das meine Mutter das mit dem Blut nur gut gemeint hatte, aber sie hatte mich dazu erzogen mich davor zu ekeln, ohne es aus zu kommen, und dann gleich so viel auf einmal!
Nun war es nicht nur die Kälte die mich zum Zittern brachte.
Ich fuhr mir durch die Haare, wobei ich sie mir hinter die Ohren strich. Als ich Max' Gesichtsausdruck sah schüttelte ich sie wieder nach vorne. Ich hatte leicht spitze Ohren, für Leute die nichts von Leuten meiner Art wussten war es nichts außergewöhnliches, aber alle, die davon wussten konnten sich nun denken was ich war.
Ich biss mir auf die Unterlippe.

Mit großer Mühe hielt ich meinen Unterkiefer davon ab, nach unten zu klappen. Ich war ein Vollidiot! Wieso kam ich erst jetzt darauf, was sie war? Ich hätte es schon viel eher wissen müssen, alle Hinweise sprachen dafür. Sie wusste was ich war, sie roch so fantastisch für mich, dass ich zu sabbern anfangen könnte, sie verhielt sich beim Anblick von Blut sehr seltsam, das Interesse der Jäger an ihr und jetzt ihre Ohren!
Aber es war nicht möglich, die Letzten ihrer Art waren vor Jahrhunderten getötet worden!
Und doch konnte sie nichts anderes sein.
Ich riss mich zusammen und meinte mit gleichgültiger Stimme: „Tut mir Leid, dass ich dir Probleme mache. Ich habe den Fleck auf meinem Hemd übersehen, ich hätte es vorgestern sofort in die Wäsche schmeißen müssen. Entschuldige mein Blutelfchen.“



Blutelfchen?! Dieser Idiot!
Ich verengte meine Augen zu Schlitzen.
"Nenn mich noch einmal so und ich bring dich um!" knurrte ich und setzte mich wieder neben ihn.
Er musterte mich, was mich nicht überraschte. Wir Blutelfen waren quasi wie Dinosaurier. Uralt, und eigentlich schon ausgestorben. Eigentlich.
Ich legte meinen Kopf zurück und atmete tief ein.
"Ich hasse Blut." murmelte ich.
Er lachte. "Erwartest du nun von mir das ich dir zustimme?"
Ein Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit.
"Nein."
Ich wurde wieder ernst und sah auf den Zusammenlauf der Flüsse.
"Wirst du es auch niemandem verraten?" fragte ich vorsichtig. Ich konnte seine Mimik nicht deuten.

„Ich werde es sofort auf meiner nicht vorhandenen Facebookseite posten“, erwiderte ich nur.
Ich hatte keinen Grund, irgendjemandem davon zu erzählen. Mit Menschen redete ich grundsätzlich eher nicht und einem anderen Vampir würde ich sicher nicht unter die Nase reiben, dass ich wusste, wo sich ein wahres Festmahl aufhielt.
Blutelfenblut schmeckte besser als das jedes Menschen und es machte stärker und mächtiger. Das war unter anderem auch ein Grund dafür, dass es keine Blutelfen mehr gab. Na ja, fast keine. Wie hatten sie jahrhundertelang gejagt, obwohl sie technisch gesehen mit uns verwandt waren. Umso erstaunlicher, dass ich neben einem lebenden Exemplar dieser Gattung saß und dass sie mich nicht hasste.
„Deine Eltern sind auch Blutelfen, oder? Deswegen hat deine Mutter auch was gegen mich. Weiß sie, dass du dich heute mit mir triffst?“, wollte ich von ihr wissen.



Ich seufzte.
"Gesagt habe ich es ihr nicht, aber sie kann es sich ja denken."
Ich wurde aus seiner Miene einfach nach schlau.
Ich bekam plötzlich einen Hustenanfall und kleine Blutstropfen bedeckten meinen Handrücken.
"Nein, bitte nicht!" seufzte ich und beinahe wären mir Tränen in die Augen gestiegen.
"So ein Mist, warum hat sie mir auch gleich einen ganzen Blutbeutel geben müssen?" fluchte ich halblaut. Da ich es nicht gewohnt war Blut zu mir zu nehmen, reagierte mein Körper damit das er es teilweise als Feind ansah. Gewisse Mengen verkraftete er, aber zu viel war wie Gift für mich.
Und ein ganzer Blutbeutel war viel zu viel!
ich hustete wieder und mir wurde plötzlich furchtbar heiß.
Ich musste etwas unternehmen.
Ich sah zu Max und holte tief Luft.
"Ich weiß das klingt jetzt total verrückt, aber könntest du mich bitte beißen?"

„Nachdem du dich Vorgestern noch so dagegen gesträubt hast, klingt das jetzt wirklich etwas verrückt, aber ich mach das natürlich gerne.“
Man musste eine gute Gelegenheit nutzen, wenn sie sich einem bot. Warum ich sie jetzt auf einmal beißen durfte, konnte ich später auch noch fragen.
„Spätestens wenn du merkst, dass du das Bewusstsein verlierst, musst du irgendwas machen um mich auf zu halten, sonst bringe ich dich aus Versehen um und dann bringt mich deine Mutter um und das wäre doch wirklich schade.“
Ich löste vorsichtig ihren Schal und küsste ihren Hals. Sie roch verdammt gut. Es würde schwer werden auf zu hören. Mit einem heftigen Ruck zog ich sie an mich.
Ich gab mir Mühe ihr nicht unnötig Schmerzen zu bereiten, als ich meine Fänge in ihre Haut bohrte, aber sie zuckte trotzdem kurz zusammen. Dann, als ich gierig zu saugen begann und sie spürte, wie Blut und Leben aus ihrem Körper flossen, wand sie sich in meinem Griff, aber ich ließ mich nicht stören. Ich packte sie nur noch fester. Immer hastiger wurden meine Züge, während der Blutrausch meinen Körper erfasste. Sie schmeckte besser, als ich jemals zu träumen gewagt hätte.
Plötzlich zog sie mich an den Haaren, dann verpasste sie mir einen harten Stoß zwischen die Rippen und ich schaffte es glücklicherweise, mich von ihr zu lösen, bevor sie mich noch irgendwie anders verletzen konnte.
Ich rutschte ein Stück von ihr weg und kämpfte das Verlangen weiter zu machen nieder.
Dann hob ich den Kopf und sah sie an.



Vampire und ihr verdammter Blutdurst!
Zugegeben, es war das beste Gefühl auf Erden von einem Vampir gebissen zu werden, doch das konnte schnell schief gehen. Max' Augen zierte ein leicht schwarzer Schimmer, ein Zeichen das er gerade getrunken hatte. Er sah mich an. Ich rang mich zu einem Lächeln durch. Jetzt ging es mir besser.
"Warum durfte ich dich jetzt beißen?" fragte er, während er sich den Mund mit einem Taschentuch abwischte.
"Weil ich zu viel Blut bekommen habe. Wir vertragen nur eine gewisse Menge. Wenn ein Blutelf immer trinkt, kann er so viel vertragen wie ein Vampir. Ich jedoch trinke nur in wirklichen Notfällen, deswegen ist mein Fassungsvermögen sehr beschränkt."
Ich schloss kurz die Augen um das rauschähnliche Gefühl komplett aus meinem Körper zu verbannen.
Ich drehte meinen Kopf zu ihm.
"Ich versichere dir, dass das das erste und letzte Mal war, das ich mich von dir beißen lasse!" sagte ich.

„Wir werden sehen“, entgegnete ich grinsend „Ich bin jetzt auf den Geschmack gekommen und du kannst mir nicht erzählen, dass es dir überhaupt nicht gefallen hat.“
Ein Vampirbiss konnte für sein Opfer ganz angenehm sein, wenn der Vampir dazu in der Stimmung war und ich hatte mir Mühe gegeben und ihr zumindest nicht die Kehle heraus gerissen. Trotzdem blutete die Wunde immer noch ein wenig und ich reichte ihr mein Taschentuch.
Sie nahm es und presste es darauf.
„Du musst mir noch erzählen, woher du diesen Jäger gestern kanntest. Das würde mich nämlich wirklich interessieren“, sagte ich zu ihr und rutschte auf der Bank wieder ein Stück näher zu ihr hin.



Ich seufzte und versuchte das Blut am Taschentuch zu ignorieren.
"Es war vor einigen Jahren im Urlaub. Wir waren damals in Venedig und haben Bekannte besucht. Eines Abends sah ich ihn in einem Restaurant. Er sah nett aus, er hatte etwas das mich faszinierte. Wir haben uns einige Male getroffen, meine Eltern wussten natürlich nichts davon. Eines Abends wollte er mit mir einen Ausflug in die Lagunen machen, ich habe eingewilligt, als ich aber dann am Pier die Männer sah, die ganz in Schwarz gekleidet waren, wusste ich das er ein Jäger war. Er hat versucht mich aufs Boot zu zerren, hat mich geschlagen und bedroht. Wären mein Vater und ein Freund nicht gekommen, säße ich jetzt wahrscheinlich in einem Kloster." Bei dem Gedanken an diese Nacht bekam ich eine Gänsehaut. Es hatte wirklich übel ausgesehen, seit diesem Tag hatte ich beschlossen, niemandem mehr so schnell zu vertrauen. Die Wunde hatte sich geschlossen, eine weitere Parallele zu den Vampiren. Wunden schlossen sich schneller als bei Menschen, meist binnen Minuten. Ich legte meinen Kopf zurück und sah in den Himmel.
"Max."
"Ja?"
"Wie bist du zum Vampir geworden?" fragte ich vorsichtig. Er schwieg eine Weile, sein Gesicht spiegelte Unsicherheit wieder.

„Lach mich nicht aus, wenn ich es dir erzähle. Ehrlich gesagt war es nämlich eher ein Unfall“, bat ich sie.
Sie musterte mich erstaunt, nickte dann aber.
„Also, es war Mitte Mai 1465 in Wien, glaub ich, ich war 20 Jahre alt und sollte eigentlich drei Monate später heiraten. Ich war mit ein paar anderen jungen Adeligen feiern, also mit anderen Worten saufen, Krawall machen und ähhm...ach, nicht so wichtig“, begann ich meine Erzählung. Wenn ich ein Mensch gewesen wäre, wäre ich wohl rot geworden, aber Vampiren passiert das glücklicherweise nicht.
„Die Habsburger waren damals doch eine mächtige, reiche Familie, oder?“, erkundigte sie sich.
Ich nickte. Anscheinend hatte sie in Geschichte aufgepasst.
„Genug Geld für Alkohol hatte ich jedenfalls. An diesem Abend hatte ich wieder ordentlich über den Durst getrunken und ich wankte gerade durch die dunklen Gassen nach Hause zum Stadtpalais meiner Familie, als ich plötzlich gegen einen schwarz gekleideten Kerl rannte. Ich wollte ihn anschreien, dass er gefälligst aus dem Weg gehen solle, doch er packte mich und ehe ich mich versah trank er mein Blut.
Ich versuchte mich zu wehren, aber in meinem Zustand nützte das sowieso überhaupt nichts. Allerdings löste sich dabei meine Mantelbrosche und der Vampir stach sich damit in die Hand.
Ich wollte nun um Hilfe rufen und er hielt mir mit genau dieser Hand den Mund zu, dabei schluckte ich wohl ein, zwei Tropfen von seinem Blut und das reichte. Er meinte, ich sei tot und ließ mich einfach liegen, damals konnte man das noch einfach machen.
Einige Zeit später stand ich dann wieder auf und ging nach Hause.
Als ich bemerkte, was mit mir geschehen war suchte ich nach ihm, denn es ist ziemlich schwer, sich ohne einen Lehrmeister an das Vampirdasein zu gewöhnen.
Glaub mir, er war nicht gerade begeistert davon, dass ich plötzlich untot vor seiner Tür stand. Am liebsten hätte er mich nochmal umgebracht.



Ich musste mich gehörig zusammenreißen um nicht lauthals los zu lachen.
"Aber du siehst irgendwie älter aus, als 20." sagte ich, als ich ihn noch einmal eingehend gemustert hatte.
Er hob die Schultern. "Du siehst auch nicht aus wie 17."
"Sondern?" erkundigte ich mich.
Er grinste.
"Wie 16."
Ich schnappte empört nach Luft. Er lachte. "Zu meiner Zeit war es noch ein Kompliment Frauen jünger zu schätzen!" Er grinste.
"Tja, du vergisst, dass das vor knapp 600 Jahren war!" murmelte ich. Ich wusste nicht warum ich eingeschnappt war, ich war es halt einfach. Ich fuhr mir über den Hals. Die Bisswunde war verschwunden aber die Stellen an denen er mich geküsst hatte, brannten wie Feuer.
Er bemerkte mein verzogenes Gesicht.
"Alles in Ordnung?" Er kam ein Stück näher.
"Ja." sagte ich schnell und ließ meine Hand sinken.
Die große Domglocke schlug 9 Mal.
"Mist, ich sollte eigentlich längst zu Hause sein!" murmelte ich und stand auf.

„Schade, dann muss ich mir für den Rest der Nacht wieder eine andere Beschäftigung suchen. Vielleicht lauere ich unschuldigen Mädchen auf oder ich schaue ein bisschen fern“, meinte ich. Dann überlegte ich einen Moment.
„Oder ich breche im Museum Moderner Kunst ein, da war ich schon länger nicht mehr.“
„Auch noch ein Einbrecher? Gibt es überhaupt ein Gesetz, an dass du dich hältst?“, fragte sie und ihre Augen funkelten.
„Nein, nicht dass ich wüsste, nur manchmal, wenn ich gut aufgelegt bin halte ich mich an die Gesetze der Höflichkeit. Darf ich dir meine Begleitung bis zum ZOB anbieten?“
Sollte sie mein Angebot ablehnen würde ich ihr heimlich folgen. Es kam gar nicht in Frage, dass sie alleine nach Einbruch der Dunkelheit durch die Stadt lief.
Ich reichte ihr meinen Arm.



Dieser Typ hatte sie nicht mehr alle!
Ich ergriff seinen Arm. Er wäre mir sowieso gefolgt, dessen war ich mir sicher. Wir gingen am Inn entlang. Die kühle Nachtluft verwehte mir immer wieder das Haar. Ich merkte, dass er mich öfter von der Seite ansah.
Irgendwann wurde es mir zu bunt.
"Warum schaust du mich immer an?" fragte ich gereizt.
Er begann zu grinsen.
"Darf ich ein so hübsches Mädchen wie dich nicht ansehen?"
Ich wurde ein wenig Rot.
Dieser verdammte Schleimer! Vampire taten alles um ihre Opfer zu umgarnen, ich hatte aber keine Lust mich noch einmal von ihm beißen zu lassen. Ich könnte sonst die Kontrolle über mich verlieren, und nichts war schlimmer als ein Blutelf, der unkontrolliert auf andere losgelassen wurde.
"Max."
"Hm?"
"Warum hast du dir ausgerechnet diese Stadt ausgesucht? Warum willst du hier Leben? Ich meine sie ist schön, aber in einer Kleinstadt fallen deine Überfälle doch besser auf." murmelte ich.
Ich wollte mehr über ihn erfahren, für mich war er genauso ein Rätsel wie ich wahrscheinlich für ihn.

Ich zuckte mit den Schultern und meinte: „Ich hasse große Städte einfach. Die vielen Menschen, der Geruch nach Abgas, dass es nie wirklich Nacht wird. Immer sind Menschen unterwegs, nie wird es richtig dunkel. Das ist hier schon schlimm genug, in einer größeren Stadt wäre es noch schlimmer.
Ich kann mich zwar nicht so gehen lassen, wie ich es gerne hätte, aber damit komme ich klar. Nebenbei bemerkt bist du jetzt wieder dran, etwas von dir zu erzählen.“
Ich sah ihr ins Gesicht und versuchte, mich nicht von ihrem im Wind flatterndem Haar ablenken zu lassen. Bewegungen waren ungemein faszinierend für Vampire.
„Was willst du denn gerne wissen?“, erkundigte sie sich, den Blick geradeaus auf den Weg vor uns gerichtet.
„Erzähl mir von deiner Familie“, bat ich.
Ich wollte möglichst viel über sie in Erfahrung bringen.



Ich seufzte: War klar das diese Frage kommen musste.
"Meine Mutter ist Gourmetköchin und mein Vater Chef einer Firma. Die beiden sind unter der Woche nie zu Hause und des wegen gehe ich aufs Internat."
"Aber doch nicht nach Niedernburg?" sagte er überrascht.
"Doch. Am Wochenende bin ich immer zu Hause. Meine Eltern sind schon sehr lange Blutelfen, ich habe aber keine Geschwister." Ich sah zum Himmel empor.
Aus irgendeinem Grund wurde ich traurig.
"Sie haben mich immer so erzogen, das ich wie ein ganz normaler Mensch sein konnte, ohne Blut, nur mit den Tabletten, die meine Anfälle verhindern sollen. Sie wollten das ich zumindest ein bisschen normal bin."
Mittlerweile hatten wir den ZOB erreicht.
"Und mein ganzes Leben haben sie mir erzählt, was für schlechte Geschöpfe Vampire doch sind." murmelte ich. Mein Bus war bereits da und würde jeden Augenblick abfahren.
"Und, denkst du das immer noch?"
Lag da etwas Unsicherheit in seiner Stimme.
Ich überlegte.
"Ich sage nicht das ihr schlecht seid, ihr seid nur Machos, Egoisten und was weiß ich sonst noch. Aber ich glaube daran könnt ihr nichts ändern." Ich grinste über sein etwas beleidigtes Gesicht.
Der Busfahrer, den ich kannte, winkte mir zu. Ich musste einsteigen. Ich wusste nicht warum, aber ich gab Max schnell einen Kuss auf die Wange, stieg schnell in den Bus, der gleich darauf los fuhr. Ich setzte mich nach hinten und lehnte meinen Kopf gegen die Scheibe.

Einen Kuss, wenn auch nur auf die Wange, hatte ich schon lange nicht mehr bekommen. Außer von Louis, der sehr dazu neigte Küsschen an sämtliche Menschen und Vampire in seiner Umgebung zu verteilen, aber das zählte nicht.
Einen Moment blieb ich wie angewurzelt stehen, dann huschte ein glückliches Lächeln über mein Gesicht. Das, was noch an menschlichem in mir vorhanden war schrie: 'Max, du bist verliebt!' 'Nein, niemals!', entgegnete der Vampir und dieser war natürlich stärker, wie immer.
Trotzdem fühlte ich mich den Rest der Nacht hervorragend.
Ich schrieb Diana noch eine SMS, um sicher zu gehen, dass sie gut zu Hause angekommen war. Ich hatte schon als Mensch ein extremes Problem mit Eifersucht und fürchterlich besitzergreifend war ich auch. Ich hatte ihr Blut getrunken und ich wollte noch mehr davon. Sie gehörte mir und jeder andere, der etwas von ihr wollte konnte sich auf einen schmerzhaften Tod gefasst machen. Wenn Diana wüsste, was ich da dachte, würde sie wahrscheinlich vor Wut versuchen, mich um zu bringen. Aber ich konnte wirklich nicht anders.
Kurz bevor ich mich am frühen Morgen in meinen Sarg legte, fiel mir ein, dass sie ab morgen wieder im Internat sein würde, das ganz in der Nähe meiner Wohnung lag.
Ein Grinsen, das meine scharfen Fangzähne entblößte huschte über mein Gesicht.



Mit einem seltsamen Gefühl in der Magengegend fiel ich einige Zeit später ins Bett. Was war nur mit mir los? Ich hoffte das die Woche mit meinen Zimmergenossinnen meinen Kopf wieder klar machte.
Als ich seine SMS bekam schlug plötzlich mein Herz schneller. Verdammt! Ich unterdrückte es. Ich wollte keinen Freund! Schon gar keinen Vampir. Und Max war nur so zu mir, weil er mein Blut wollte, ganz sicher!
Ich schlief erst gegen Mitternacht ein, was zur Folge hatte, das ich beinahe meinen Bus versäumt hätte.
Als ich die Schule durch die Schulpforte betrat fühlte ich mich wieder zu Hause. Es waren erst einige Lehrer und Schüler da, also verzog ich mich in den Gemeinschaftsraum des Internats, wo ich wie erwartet auf Veronika, Anna und Katrin traf. Ich unterhielt mich mit ihnen und gegen Dreiviertel Acht machten wir uns auf den Weg zu unseren Kursen. Unsere Schule hatte keinen Gong (Zumindest keinen, der funktionierte) also mussten wir uns selbst daran erinnern.
Nach der Mittagspause die wir im Speisesaal und im Aufenthaltsraum verbrachten, gingen wir in Richtung Musiksaal. Dabei mussten wir durch den Pfortengang gehen. Der Breite Gang mit dem Kreuzgewölbe bildete quasi das Herz der Schule. Als wir um die Ecke bogen hätte mich beinahe der Schlag getroffen. Denn dort, vor dem Büro unseres Direktors, stand ein junger Mann mit Sonnenbrille, der eine große Tasche umgehängt hatte.
Anna hielt mich sofort zurück.
"Wer ist den der Gott?" murmelte sie uns zu.
"Max." knurrte ich.
Die anderen starrten mich an.
"Du kennst ihn?"
"Ja leider. Es gibt keinen größeren Macho als ihn!" murmelte ich und wir gingen an ihm vorbei. Ich war mir ganz sicher, dass seine Augen auf mich gerichtet waren.

Nur alleine ihr Gesichtsausdruck, als sie mich plötzlich mitten in ihrer Schule stehen sah, war es wert, tagsüber auf zu stehen und mich für kurze Zeit der Wintersonne aus zu setzten. Beinah hätte ich lauthals losgelacht. Auch über ihren unfreundlichen Kommentar, den ich natürlich gehört hatte, konnte ich mich köstlich amüsieren. Ich war es ja von ihr gewöhnt.
Ich freute mich schon darauf, als Referendar in ihrer Klasse zu sein, denn genau deswegen war ich hier. Ihr Direktor war nicht gegen meine Manipulationskünste gefeit und so hatte ich mein Ziel schnell erreicht. Ein hypnotisierender Blick in seine Augen und ein paar Worte waren genug. Maximilian von Habsburg, Student für Lehramt: Mathe und Geschichte.
Wahrscheinlich hielt sie mich jetzt für einen kranken Stalker, aber ich bin ein Vampir. So etwas tue ich nun mal. Das ist so ähnlich, wie das Spielen mit dem Essen.



Ich hätte ihm am Liebsten eine Rein gehauen! Wie konnte er es wagen hier einfach aufzutauchen? Der hatte sie doch nicht mehr alle! Ich knallte meinen Ordner auf den Stuhl, was mir einen missbilligenden Blick meiner Musiklehrerin einhandelte.
Es gab ein paar Fächer die ich wirklich Liebte. Musik gehörte dazu, aber dieser Hochnäsige Vampire versaute mir auch einfach alles!
Ich konnte mich gar nicht richtig auf den Unterricht konzentrieren, da ich vor Wut kochte.
Fast ausgerastet wäre ich aber eine Stunde später. Denn als ich das Klassenzimmer betrat, in dem wir Mathe hatten, saß Max lässig auf einem Stuhl in der hinteren ecke des Raumes. Die anderen schauten immer wieder zu ihm, tuschelten und kicherte. Ich setzte mich nach ganz vorne, was ich sonst nie tat, und drehte mich kein einziges Mal zu ihm um, selbst dann nicht, als unser Mathelehrer Max den anderen vorstellte. Nach dem Unterricht konnte ich nicht anders. Ich packte ihn, sobald alle anderen draußen waren, am Kragen und warf ihn gegen die Wand. Durch das Trinken des Blutes war ich für einige Tage noch super Stark und schnell. So lange bis die Wirkung nachließ.
"Was fällt dir eigentlich ein?" brüllte ich ihn an.

Sie knallte mich gegen die Wand. Normalerweise wäre ihr das nicht möglich gewesen, aber die Blutelfe hatte Blut getrunken und war deswegen stärker. Aua.
„Was fällt dir eigentlich ein?“, brüllte sie mich an.
Ich lehnte mich lässig gegen einen Tisch und zog spöttisch die Augenbrauen hoch.
„Du musst mich nicht verstehen, ich bin ein Vampir, ich handle immer unlogisch, zumindest aus deiner Sicht“, lachte ich.
Da schmiss sie ihren Ordner nach mir. Heute war ich nicht zu faul um aus zu weichen. Mit einem riesigen Satz sprang ich zur Seite. Von der Mauer bröckelte der Putz als der Ordner dagegen krachte.
„Du kranker Psycho!“, schimpfte sie.
„Pass auf, sonst hört uns noch jemand.“
Diese Worte ernüchterten sie wieder einigermaßen. Sie funkelte mich noch einmal wütend an, dann nahm sie ihre Sachen und verließ das Klassenzimmer.
„Wir sehen uns in Geschichte!“, rief ich ihr noch hinterher.
Während ich zu meinem nächsten Kurs ging und dabei versuchte sämtlichen Sonnenstrahlen aus zu weichen, dachte ich darüber nach warum ich hier war. Manchmal verstand ich meine unlogische Handlungsweise selbst nicht. Vielleicht war ich hier, um sie zu sehen, vielleicht wollte ich sie ärgern, aber wahrscheinlich war mir nur langweilig.
'Du willst sie beschützen!', sagte der menschliche Teil in mir.
'Nein, doch eher die Theorie mit der Langeweile', entgegnete der Vampir.
Ich weiß, ich bin seltsam.



Die restlichen zwei Stunden des Schultages war ich extrem schlecht gelaunt. Sobald die Domglocke dreiviertel fünf schlug ging ich in mein Zimmer. Ich holte mein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer.
„Chica, was kann ich für dich tun?“
Der spanische Akzent brachte mich zum Lächeln.
„Chris, können wir wieder trainieren?“
Er gab einen überraschten Laut von sich.
„Aber natürlich. Wann?“
„Am besten heute noch.“
„Gut, in einer Viertelstunde am Römerplatz.“
„Danke“, dann legte ich auf.
Christiano hatte ich vor Jahren bei einem Selbstverteidigungskurs kennen gelernt. Seitdem trafen wir uns regelmäßig zum Joggen und Üben. In letzter Zeit hatte ich das allerdings ein wenig vernachlässigt. Die Ereignisse der letzten Tage zeigten mir jedoch, dass ich unbedingt wieder fit werden musste.
Ich zog mich um. Jogginghose, T-shirt und Jacke, dazu fingerlose Handschuhe, Mütze und Laufschuhe.
Als ich am Römerplatz ankam sah ich ihn bereits auf der anderen Straßenseite wie er sich aufwärmte. Er war groß und braun gebrannt, Spanier eben.
„Hola amigo!“, rief ich ihm zu als ich über den Platz lief.
„Buenos noces Di.“ Er grinste. „Welche Strecke nehmen wir?“
„Oberhaus.“
Er nickte, dann liefen wir los.
Die feste Oberhaus thronte auf dem Georgsberg über unserer Stadt. Um die 300 Stufen führten zu einem Aussichtspunkt bei der Feste. Unser erster Zwischenstopp.

War ich froh, als der Schultag endlich vorüber war. Noch nie zuvor habe ich mich so auf meinen Sarg gefreut! Ich war todmüde und meine Hände juckten, ein sicheres Zeichen, dass ich Ausschlag bekommen würde. Ich duschte mit eiskaltem Wasser, aber es half nicht viel. Erschöpft und entnervt legte ich mich letztendlich in ein großes Handtuch gewickelt schlafen.
Doch schon bald weckte mich Lärm. In der Wohnung unter mir stritten sich zwei Menschen. Ehekrach live. Ich war begeistert! Wenn das noch lange so weiter ging, würde ich dafür sorgen, dass ich neue Nachbarn bekam.
Schlafen konnte ich jedenfalls nicht mehr, also stand ich auf. Ich schmierte mir kiloweise Puder ins Gesicht um den Ausschlag zu verbergen, dann ging ich auf die Jagd. Ich brauchte Blut.



Chris schonte mich kein bisschen. Er schmiss mich auf den Boden, warf mich gegen Bäume und schlug mich. Das war die beste Möglichkeit stärker zu werden.
Als wir wieder am Römerplatz waren tat mir alles weh. Ich verabschiedete mich von Chris und ging in den Internatstrakt zurück. Ich ging in das Badezimmer, zog meine Jacke und das T-shirt aus. Gerade als ich mir das Sporttop ausziehen wollte, sah ich das offene Fenster. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und funkelte Max wütend an, der schelmisch grinsend auf der Fensterbank saß. Wut kochte in mir hoch. Wie konnte er es wagen?

„Guten Abend“, meinte ich „hab ich dich erschreckt? Falls du dich fragst, warum ich ausgerechnet am Badezimmerfenster auftauche: es war als einziges offen und ich wollte gerade einsteigen.“
Ich versuchte so unschuldig wie möglich zu klingen. Bevor sie mir das Fenster vor der Nase zuknallen konnte, glitt ich ins Zimmer.
„Gut, dass eine Schule ein öffentliches Gebäude ist, sonst hätte ich ohne deine Erlaubnis nicht herein kommen können.“ Ich fand es gerade lustig zu reden.
„Was hast du heute noch so vor? Willst du etwas mit mir unternehmen?“, fragte ich.
Aber bevor sie antworten konnte plapperte ich weiter. Ich hoffte sie so von einem Wutanfall abhalten zu können. Wenn ich mich möglichst naiv stellte, hatte ich vielleicht noch eine geringe Überlebenschance.
„Du wohnst wirklich nett hier, nettes Badezimmer. Darf ich mir auch dein Schlafzimmer ansehen? Hast du ein eigenes oder teilst du es dir mit jemandem?“



Langsam ging ich auf ihn zu. Ich ließ ihn, während er wie ein Wasserfall plapperte, keinen Moment aus den Augen. Als ich vor ihm stand beugte ich mich langsam vor. Er stockte. Dann lächelte ich. Und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.
„Du perverser Stalker!“, schrie ich.
Er hielt sich die Wange.
Ich stürmte aus dem Badezimmer in das Schlafzimmer, dass ich mir Anna, Veronika und Katrin teilte. Wir hatten es sehr gemütlich eingerichtet. Zwei breite Stockbetten standen sich gegenüber. Die anderen sahen überrascht auf.
„Was ist los?“, fragte Kati besorgt.
„Mich kotzt grad alles an!“ Ich ließ die Rollos herunter und und zog mich um.
Veronika saß in einem Sessel und las. Anna saß am Laptop.
„Chill mal 'ne Runde! Freu dich lieber auf die Party am Freitag!“

Ok, das wertete ich mal als Nein. Auf alle meine Fragen. Schade. Aber ich gab nicht auf und tat etwas sehr ungezogenes: ich lauschte an der Tür. Obwohl man es eigentlich nicht lauschen nennen konnte, die Mädchen redeten sehr laut, jedenfalls für das Gehör eines Vampirs. Als die eine, ich glaube sie hieß Anna, eine Party erwähnte horchte ich auf.
Ich zückte mein Handy und schrieb Diana eine SMS: „Was für eine Party?“
Ich bekam keine Antwort.
„Kann ich mitkommen?“



Als ich die Tür auf riss stand niemand davor. Aber er hatte gelauscht, hundert Prozent! Ich ignorierte seine Nachrichten.
„Wie viele Leute kommen denn?“
„Nur ein paar Jungs“, meinte Anna.
„Ein paar?“, fragte ich vorsichtig. In Annas Wortschatz waren ein paar fast zwanzig Leute. Dann noch zwanzig Mädchen aus dem Internat... der Aufenthaltsraum würde ziemlich voll werden. Jedes Semester veranstalteten wir eine Party, meistens in Niedernburg.
„Wer besorgt die Getränke?“
„Thomas“, murmelte Kati und warf sich auf ihr Bett.
Meine Laune hob sich ein wenig. Wenn Thomas kommen würde, würde auch Sebastian da sein. Grinsend legte ich mich schlafen. Freitag würde super werden.

Ich hatte mich verzogen bevor sie mich beim Lauschen erwischen konnte. Mir machte die ganze Sache wirklich Spaß, auch wenn ich zum Teil ganz schön was einstecken musste. Aber dafür fühlte ich mich gleich um 200 Jahre jünger. Fröhlich wanderte ich durch die Stadt.
Bis mich in einer dunklen Gasse plötzlich jemand von hinten an sprang. Ich war vollkommen perplex. Wenn man normalerweise derjenige ist, der andere anspringt, kommt es einem ziemlich seltsam vor, wenn der Spieß plötzlich umgedreht wird.
Doch ich fing mich schnell wieder und setzte mich zur Wehr.
Kurze zeit später lag der Angreifer unter mir auf dem Boden und ich blickte in ein Paar strahlend blauer Augen. Dann bekam ich zwei Küsschen, auf jede Wange eines.
„Geh von mir runter, Max. Meine Kleidung wird schmutzig.“ Der französische Akzent war kaum hörbar. Allerdings lernte er auch schon sehr lange Deutsch.
„Selbst schuld, Louis. Du warst schon immer schwächer und langsamer als ich.“
Ich erhob mich und reichte ihm meine Hand um ihm auf zu helfen.
„Aber du hast mich nicht bemerkt, als ich mich an geschlichen habe. Was ist mit dir los?“, erkundigte er sich, „An was hast du gedacht?“
„Das ist eine lange Geschichte, alter Freund. Komm mit in meine Wohnung.“
Und so quartierte sich Louis bei mir ein. Er hatte keinerlei Gepäck dabei, sondern lieh sich sämtliche Kleidung bei mir aus. Er quetschte sich zu mir in den Sarg und beschwerte sich dann, wenn ich morgens aufstand um in die Schule zu gehen und ihn dabei aufweckte.
„Du bist verrückt, Max! Tu es fou!“ Was hat dieses Mädchen an sich, dass du dir das wegen ihr antust? Sieh dir den Ausschlag in deinem Gesicht an!“, klagte er.
Ich hatte ihm von ihr erzählt, alles außer der Blutelfensache und er zog mich ständig damit auf. Aber ich mochte ihn trotzdem.
Nachts zogen wir gemeinsam durch die Stadt, jagten, lachten und hatten Spaß. Einmal gingen wir auch im Inn schwimmen, doch Louis fand das Wasser zu kalt und zu nass.
Freitag morgen sagte ich dann zu ihm: „Heute Abend musst du etwas früher auf stehen, denn wir werden zu einer Party gehen.“
„Und der Grund dafür ist das Mädchen“, spottete er, „das Mädchen, dass dich die ganze Woche ignoriert hat.“
Aber natürlich wollte er sich die Party nicht entgehen lassen.



Die ganze Woche hatte ich ihn ignoriert. Ich hatte auf keine seiner SMS geantwortet und in der Schule hatte ich ihn links liegen lassen. Meine Wut und meinen Frust hatte ich beim Training mit Chris ausgelassen, was zur Folge hatte, das er nun einige blaue Flecken hatte. Freitag Abend besserte sich meine Stimmung dann jedoch. Ich hatte den anderen klar gemacht, das sie niemandem von der Party erzählen sollten. Ich wollte keine ungebetenen Gäste namens Max. Aber mir war klar, dass er an die Informationen kommen würde, die er wollte. Da ich um 11 Uhr zum Bus musste, packte ich meine Sachen schon vorher in die Handtasche. Ich wollte heute Abend unbedingt nach Hause, denn mit den ganzen Jungs hier übernachten wollte ich nicht. Es war ja schon schwer irgendwelchen Kussattacken zu entkommen, da musste ich mich ihnen ja nicht gleich ausliefern. Die Party begann um sechs. Da es noch hell war brauchte ich nicht mit dem Vampir rechnen. Die Jungs hatten für ausreichend Getränke gesorgt, ich achtete jedoch darauf, keine alkoholischen Sachen zu erwischen (Was ziemlich schwierig war, da sie mir immer wieder irgendetwas in den Becher schütteten)
Gegen acht, also als es zu dämmern begann, überredete ich einige Leute zu einer Runde Flaschendrehen. Thomas, Sebastian, Philipp, Daniel, Anna, Veronika, Katrin und ich. Letztendlich lief dieses Spiel nur auf eines hinaus. Möglichst viele Knutscher zu kassieren oder herzugeben. Bei Wahrheit waren vor allem die Jungs an vielen Einzelheiten interessiert.
Ich konnte meinen Pflichtaufgaben immer entkommen, hatte jedoch schon zwei Knutschflecken am Hals.
Jungs!
Dann war Sebastian an der Reihe, drehte, und der Flaschenkopf zeigte auf mich. Jetzt war ich mit Pflicht dran. Er drehte die Flasche wieder. Er war derjenige, den sie auswählte. Ich seufzte.
"Also, was willst du?"
Er grinste. "Das weist du genau!"
Ich verdrehte die Augen. Seit der 8. Klasse wollte er von mir einen French Kiss.
Die anderen jubelten. Angelockt von unserem Geschrei kamen die anderen in das Zimmer.
Ich erblickte Max zusammen mit einem anderen Vampir mit strahlend blauen Augen.
Ich lächelte mit Genugtuung und beugte mich zu Sebastian. Ich legte meine Lippen auf die seinen und er erwiderte den Kuss sofort. Die Leute um uns herum grölten.

Louis stand vor meinem Kleiderschrank.
„Was soll ich denn nur anziehen?“, jammerte er. „Du hast ja wirklich überhaupt nichts Vernünftiges!“
„Wie wär's mit meinen alten Kniebundhosen, dazu einem der alten, langen Nachthemden und als Krönung einen schicken Dreispitz mit Federn?“, schnaubte ich.
Er kicherte. „Und was ziehst du an? Ein Kettenhemd?“
Schließlich fand er aber doch etwas nach seinem Geschmack: eine weiße Hose, ein schwarzes Hemd und ein blaues Halstuch, das genau der Farbe seiner Augen entsprach. Ich entschied mich mal wieder für eine schwarze Jeans und dazu ein weißes Hemd. Sehr kreativ, wie immer.
Da mir Louis meinen zweiten Wintermantel stahl und der andere noch voller Blut war musste ich mich mit meiner Lederjacke begnügen. Zum Glück zog er lieber elegante Halbschuhe an und ich konnte wenigstens meine Chucks behalten.
Als wir den Gemeinschaftsraum des Internats betraten, wandten sich alle nach uns um. Es war nicht schwer gewesen, heraus zu finden, wo die Party stattfand. Ich hatte nicht einmal meine speziellen Fähigkeiten ein setzten müssen. Ein paar der Internatsmädchen waren nur allzu begeistert von der Idee gewesen, den hübschen Referendar Max und einen seiner Freunde dabei zu haben.
Ich schickte ein freundliches Lächeln in die Runde und zog meine Jacke aus. Louis schüttelte seine blonde Lockenmähne und meinte zu einem zugegebenermaßen sehr appetitlichem Mädchen: „Es ist wirklich eiskalt draußen, aber allein dein Anblick genügt, um mich froh zu machen, dass ich trotzdem her gekommen bin.“
Ja, seine Anmachsprüche stammten größtenteils noch aus dem vorherigen oder einem noch früherem Jahrhundert, aber zusammen mit seinem Aussehen und vor allem seinem Lachen waren sie fast unwiderstehlich.
Währenddessen hielt ich bereits nach Diana Ausschau, aber ich konnte sie nirgendwo entdecken. Plötzlich ertönte lautes Gegröle und Gelächter aus einem Raum nebenan. Alle gingen hinüber. Und wenn mich Louis da nicht am Ärmel gepackt hätte, ich schwöre, ich hätte ein Blutbad angerichtet. Diana knutschte einen widerlichen Typen ab.
„Max, sie versucht dich eifersüchtig zu machen“, flüsterte Louis mir zu, „lass dir nichts anmerken!“
„Das gelingt ihr ganz gut“, knurrte ich leise, „sie gehört mir.“
Aber ich befolgte seinen Rat und grinste ihr freundlich zu.
„Mal sehen, ob wir sie ein bisschen eifersüchtig machen können“, lachte Louis und lehnte sich an mich. „Je t'aime, mon cher“, dann küsste er mich auf den Mund.



Als ich mich wieder aufrichtete sah, wie der andere Vampir Max auf den Mund küsste.
Ich grinste und stand auf.
"Wusst ich's doch." murmelte ich, als ich an ihnen vorbei ging.
Ich holte meine Handtasche und verließ ungesehen das Gebäude. Ich lief durch die Nacht. Als ich am Dom vorbei kam glaubte ich, beobachtet zu werden. In einer kleinen Gasse wieder.
Max, vermutete ich und ging unbehelligt weiter. Weil sich immer noch eine Baustelle in der Straße befand, die auf direktem weg in die Fußgängerzone führte, nahm ich wieder den Weg durch die schmale Seitengasse, in der ich Max zum ersten mal begegnet war.
Ein eisiger Wind ging und ich zog meine Jacke noch fester an mich.
Verdammtes Novemberwetter!
Ich hatte fast den Ausgang erreicht, als ich wieder dieses Gefühl hatte. Jetzt wurde es mir aber wirklich zu bunt!
Ich drehte mich um. Mein Herz setzte für eine Minute aus.
Ich blickte in leuchtend rote Augen.
"Hallo Schwesterherz, hast du mich vermisst?"
Dann schoss sein Kopf nach vorne und er vergrub seine scharfen Reißzähne in meinem Hals. Ich schrie auf und Tränen liefen mir über die Wange.
"Jan." wimmerte ich während ich langsam das Bewusstsein verlor. Ein Lachen entkam seiner Kehle während er mich immer mehr aussaugte.
"Max..." murmelte ich, dann wurde alles Schwarz.

Ich hatte nichts dagegen Louis zu küssen, wir waren Vampire, wir hatten das schon oft getan. Zum Spaß hatten wir uns bereits mehrmals als Paar ausgegeben. Aber leider schien es nicht zu wirken um Diana eifersüchtig zu machen oder sie verbarg ihre Gefühle genau so gut wie ich.
Auf jeden Fall verließ sie die Party. Louis löste sich von mir und meinte: „Komm mein Schatz, ich würde zwar gerne noch bleiben, aber ich glaube wir müssen los.“
Dabei deutete er mit dem Kopf auf die Tür, durch die Diana verschwunden war. Er zog meinen Mantel und die Lederhandschuhe, die ich ihm ebenfalls geliehen hatte an und reichte mir meine Jacke. Die neugierigen, erstaunten und zum Teil auch enttäuschten Blicke, die auf uns gerichtet waren schien er gar nicht zu bemerken. Aber ich wusste es besser. Er genoss dieses ganze Spiel.
Draußen vor der Tür hoben wir beide unsere Nasen in den Wind und schnupperten.
„Sie riecht wirklich gut“, gab Louis zu.
Ich aber hörte ihm gar nicht zu. Außer dem ihren hatte ich noch einen anderen, sehr appetitlichen Geruch war genommen.
„Verdammt, da war noch ein anderer!“, knurrte ich und lief los, immer dem Duft nach. Es war nicht ihre Mutter, die roch anders und ihren Vater hätte ich auch schon mal an ihr riechen müssen. Nein, dass war ein anderer Blutelf und ich wusste nicht, ob Blutelfen kannibalistisch veranlagt waren.
Ich rannte so schnell ich konnte, Louis folgte mir, am Dom vorbei in die Fußgängerzone. Dann, in der Gasse in der ich ihr zum ersten Mal begegnet war, sah ich sie.
„Jan." wimmerte sie. Ein Lachen entkam seiner Kehle während er sie immer mehr aussaugte.
"Max..." murmelte sie, dann wurde sie ohnmächtig.
Ich stieß ein wütendes Knurren aus und fletschte die Zähne. Louis, neben mir, tat es mir nach. Er war der beste Freund, den man haben konnte.
Der fremde Blutelf wandte sich erstaunt zu uns um und ließ dann Diana auf das Pflaster fallen. Mit zwei ziemlich alten, hungrigen und wütenden Vampiren war nicht zu spaßen.
Das sah er auch ein, denn der Feigling dachte gar nicht daran, zu kämpfen. Er ergriff die Flucht.
Louis wollte ihm nach setzten, doch ich hielt ihn zurück. Wer weiß, wie stark der Kerl war. Ich hatte bereits Blutelfen getroffen, die es durchaus mit einem Vampir aufnehmen konnten. Und ich musste bei Diana bleiben.
Vorsichtig hob ich sie hoch und trug sie in meine Wohnung, auch wenn mein Freund protestierte: „Man zeigt niemandem den Ort, wo man schläft! Vor allem keiner Blutelfe!“
Er war wohl etwas schneller von Begriff als ich.
Ich hörte nicht auf ihn und legte Diana auf mein Sofa. Sie hatte sehr viel Blut verloren. Einen Moment lang überlegte ich, dann traf ich eine Entscheidung. Mit meinen eigenen, scharfen Reißzähnen biss ich mir ins Handgelenk. Sofort floss Blut aus der Wunde. Ich drückte meinen Arm gegen ihre Lippen und brachte sie dazu zu schlucken. Man konnte Blutelfen nicht in Vampire verwandeln, aber mein Blut würde sie stärken.



Langsam, ganz langsam kam ich wieder zu Bewusstsein.
Und das erst was ich schmeckte war Blut. Ich wollte es sofort ausspucken, doch jemand hinderte mich daran.
Meine Sicht wurde klarer.
Max. Der Fremde Vampir stand hinter ihm und musterte mich aufmerksam.
Ich riss seinen Arm aus meinem Mund.
"Sag mal hast du sie noch alle?" brüllte ich ihn wütend an.
Er machte einen erstaunten, ja sogar erschrockenen Ausdruck.
"Ich habe dir gerade das Leben gerettet!" murmelte er. Die Wunde schloss sich wieder.
"Wie lange hast du mir Blut gegeben?" fragte ich scharf. Ich sah auf die Uhr. Es war genau 11. Um Viertel Nach hatte ich die Gasse betreten. Ich hatte also mehr als eine halbe Stunde Blut von ihm getrunken.
Mir wurde übel. Speiübel!
Und ein Gewaltiger Schmerz breitete sich in meinem Körper aus. Er hatte zwar den Blutverlust ausgeglichen, doch gleichzeitig hatte er mir zu viel Blut gegeben. Und Vampirblut schlug bei mir noch mehr an als Menschenblut!
Meine Augen füllten sich mir Tränen.
Ich wollte sie wegwischen, als ich sah das sie Blutig waren.
Etwas traf mich, als ob mir gerade jemand eine Ohrfeige verpasst hatte.
Wäre ich nicht auf dem Sofa gesessen, wäre ich umgekippt.
"Was ist das?" fragten die beiden Vampire außer sich.
"Phase zwei." murmelte ich.
Wenn ein Blutelf zu viel Blut in sich hatte, platzen seine Venen und Aterien. Er wurde von innen zerrissen. Das weinen von Blut war die 2. Stufe von drei.
Ich wollte aufstehen, doch Max hielt mich zurück. Er sah mir tief in die Augen.
"Was ist das Di?" In seiner Stimme schwang echte Sorge.
"Ich werde sterben." murmelte ich.
Er sah mich geschockt an.
Er wischte mir die Tränen so gut es ging weg.
"Louis. Wenn du merkst das sie schwach wird, reiß mich von ihr los!" knurrte er seinem Freund zu.
Ich wollte mich von ihm befreien, aber ich hatte langsam keine Kraft mehr.
Also lies ich es zu, das er mich auf seinen Schoß hob, mein Haar zur Seite streifte und vorsichtig seine Fangzähne in die Seite meines Halses bohrte, die mein Bruder nicht fast zerfetzt hatte.
Nach dem wahnsinnigen Schmerz, den er mir zugefügt hatte, war Max' Biss wie heilende Medizin.
Ich lies mich gegen seine Schulter sinken und ihn mein Blut trinken.
Langsam baute sich die Spannung in mir ab und ein schläfriges Gefühl breitete sich in mir aus.
Als Louis sah, wie meine Augen sich langsam schlossen, packte er Max mit seiner Ganzen Vampirkraft und zog ihn von mir weg.
"Danke." murmelte ich.
Mein Körper fühlte sich gut an, einfach himmlisch. Aber ich war zu müde. Die Ohnmacht und der Biss meines Bruders hatte mich zu sehr angestrengt. Ich fiel einfach zur Seite und schlief ein.

Irgendwie abartig, sogar für einen Vampir. Erst trank sie mein Blut, dann trank ich auch mein Blut, aus ihren Venen. Ekelhaft. Aber besser als sie sterben zu lassen. Blutelfen waren wirklich kompliziert und meine Kenntnisse beschränkten sich auf ein Minimum.
Und jetzt lag sie schlafend auf meinem Sofa, dass leider auch nicht ganz von Blutflecken verschont geblieben war. Sie hatte nur sehr, sehr langsam getrunken und dabei ziemlich gesabbert.
Louis stand neben mir, einen hungrigen Ausdruck in den Augen.
„Darf ich auch mal?“, fragte er.
Ich sah ihn schockiert an. Zivilisierte Vampire teilten sich keine Opfer.
Als er meinen Blick bemerkte seufzte er: „Keine Sorge, nicht von ihr, eigentlich wollte ich von dir probieren.“
Normalerweise trank man nur in Notsituationen von einem anderen seiner Art, aber heute war mir schon alles egal. Louis war mein bester und treuester Freund, er hatte es verdient. Außerdem wollte ich nicht, dass er jetzt ging und das hätte er tun müssen um zu jagen und seinen Hunger zu stillen, also bot ich ihm meinen Arm dar. Heute verhielt ich mich selbst für meine Maßstäbe pervers.
„Wir sollten ihre Mutter anrufen“, meinte ich noch, während Louis bereits zu saugen begann.




Ich wusste das es falsch war ihn von mir trinken zu lassen, wusste das damit meine eigenen regeln gebrochen hatte.
Ich nahm einen Duft war, wie ihn nur meine Mutter zustandebringen konnte. Ein ganz spezieller Tee aus Kräutern, die in einer bestimmten Mischung für uns Blutelfen wie Ambrosia schmeckte.
"Danke." murmelte ich. Ich hatte das Gewicht am Ende meines Bettes wahrgenommen. Das konnte nur meine Mutter sein.
"Was machst du nur immer für Sachen?" murmelte sie und strich mir übers Haar.
"Es war Jan."
Augenblicklich stoppte sie und begann zu zittern.
"Nein." hauchte sie.
Ich öffnete langsam die Augen.
"Er ist zu einem Sucher geworden Mama."
Ich merkte wie mir Tränen in die Augen schossen. Mein Bruder, den ich über alles geliebt, und der dann entführt wurde, hatte versucht mich zu töten.
Meine Mutter stand auf.
"Wo gehst du hin?" fragte ich, immer noch schlaftrunken.
"Ich ruf Robert an." sagte sie ruhig.
Ich erhob keine Einwände.
Robert wohnte tief im Wald, in einem kleinen Haus. Ich war schon oft bei ihm gewesen, wenn mir alles zu viel wurde.
Er war bereits um die 80, aber immer noch topfit.
Ich brauchte ruhe, und deswegen nahm ich ihren Vorschlag auch an.
"Danke." murmelte ich wieder.
Ich glaubte ein schmerzhaftes Lächeln auf ihrem Gesicht zu erkennen.
"Diana. Ich glaube es wird Zeit, das du auch lebst!" murmelte sie.
Ich fuhr hoch. Das konnte nicht ihr ernst sein!
In unseren Kreisen bedeutete das Wort "leben", das man seinen Körper mit geringen Mengen Blut stärkte um zu ÜBERleben. Bis jetzt hatte noch keine Notwendigkeit dafür bestanden, meine Eltern tranken zwar manchmal Blut, aber nur um ihren Arbeitsstress ohne Probleme zu meistern. Aber jetzt... ich begriff nun auch, was der eigentliche Grund war, warum sie mich zu Robert schicken wollte. Er sollte mir meine Fähigkeiten als Blutelfe zeigen, die sich nur offenbarten, wenn man lebte.
Und er sollte mir den Kampf beibringen.
Den Kampf, mit dem ich überleben sollte!

Glücklicherweise war die Nummer auf ihrem Handy gespeichert. Ich rief damit bei ihr zu Hause an.
„Diana? Wo bist du?!?“, erklang schon fast hysterisch die Stimme ihrer Mutter.
„Verzeihung, Frau Revensburg. Hier ist nicht Diana, hier ist Max, der Vampir.“
Das Schweigen am anderen Ende der Leitung war noch beängstigender, als wenn sie mich beschimpft hätte.
„Ich schwöre, dass ich ihr nichts getan habe und es geht ihr gut, aber es wäre besser, wenn Sie sie abholen könnten.“
'Und mich nicht umbringen' fügte ich in Gedanken hinzu.
„Ich werde sie ins Parkhaus am Römerplatz bringen, dort können wir und treffen.“
In diesem Fall hörte ich auf Louis' Rat. Dianas Mutter würde ich bestimmt nicht meinen genauen Wohnort verraten.
Sie ging auf mein Angebot ein und wir trafen uns bereits eine Stunde später am vereinbarten Ort. Louis hatte angeboten, mich zu begleiten, aber ich hatte abgelehnt, das wäre ihr nur verdächtig erschienen.
Als sie die zerfetzte Kehle ihrer Tochter bemerkte, funkelte sie mich wütend an, doch ich knurrte: „Das war ich nicht, das ist das Werk eines Ihrer eigenen Art!“
Ich weiß nicht, ob sie mir glaubte. Sie legte die immer noch schlafende Diana auf die Rückbank ihres Wagens und fuhr dann wortlos davon.
Die nächsten Tage wartete ich vergeblich auf eine Antwort auf meine ständigen SMS.



Als ich Samstag Morgen bei Robert ankam fühlte ich mich schon besser. Meine Mutter hatte mir das Handy abgenommen und auch sonstigen Schnickschnack. Da stand ich nun. Mit einer Reisetasche im Arm und einem dicken Verband um den Hals.
Kaum stand ich vor der Tür wurde sie mir geöffnet. Die karamellfarbenen Augen von Robert funkelten mir entgegen.
"Guten Morgen meine Liebe." sagte er mir leiser, jedoch bestimmter Stimme.
"Es ist lange her, dass wir uns gesehen haben." fuhr er fort.
Ich nickte. "Fast sieben Jahre."
Er trat beiseite, sodass ich das Haus betreten konnte.
"Deine Mutter sagte mir das du leben sollst."
Ich sah zu Boden.
"Keine Sorge, ich werde dir zeigen wie du dich zurecht findest."
Er nahm mir meine Tasche ab.
"Zuerst einmal müssen wir dich ein wenig anstrengen."
Er deutete auf eine Tür.
Ich trat hindurch. Dahinter lag ein Trainingsraum. Er deutete auf eine Hantelbank.
"Wir beginnen damit. Du musst Muskeln aufbauen um zu überleben. Das vergessen die meisten Blutelfen leider, sie konzentrieren sich nur auf ihre Fähigkeiten.
Ich legte mich auf die Bank und ich fing an. Langsam tat er immer mehr Gewicht darauf.
Er gab mir keine einzige Pause, sodass ich an die Grenzen meiner Kraft gelangte. Dann reichte er mir eine kleine Phiole Blut.
"Gereinigtes Tierblut. Für den Anfang." murmelte er.
Ich trank es gierig. Ein Teil in mir sträubte sich zwar, aber der Blutelfen Anteil, der vollkommen ausgehungert war, gewann die Oberhand.
"Wir werden die ganze Nacht durchtrainieren!" sagte er bestimmt un öffnete eine Tür nach draußen.
"Sich im Dunkeln zu orientieren ist eine wichtige Fähigkeit von Blutelfen! Gib dein Bestes! Auf einem Stein tief im Wald habe ich eine weitere Phiole für dich versteckt. Finde sie mittels deines Geruchssinns, und dann komme wieder zurück."
Er drückte mich nach draußen und schloss die Tür.
Da mir nichts anderen übrig blieb, lief ich los. Tiefer und tiefer in den stockdunklen Wald.

Zum zehnten Mal innerhalb von fünf Minuten sehe ich nach, ob ich eine SMS von ihr bekommen habe. Doch wieder nichts. Seit Freitag Abend. Und heute war Mittwoch. Eigentlich wollte ich zu Hause bleiben, aber Louis hatte mich überredet, mit ihm weg zu gehen. Fassadenklettern. In unserer Stadt ist das nicht allzu abwechslungsreich, denn wir hatten nicht so viele geeignete Gebäude, aber es machte trotzdem Spaß. Während ich mich an einer Statue des Doms in etwa 10 Meter Höhe festhalte, sehe ich erneut auf mein Handydisplay. Nichts. Ich seufzte. Louis hängt kopfüber ein Stückchen über mir.
„Das wird schon wieder.“, versuchte er mich zu ermuntern. „Wahrscheinlich hält ihre Mutter sie davon ab, sich mit dir in Verbindung zu setzen. Es geht ihr bestimmt gut!“
Ich nickte, dann riss ich mich zusammen und setzte ein Grinsen auf.
„Wer als erster ganz oben ist!“ rief ich ihm zu



Obwohl ich eigentlich in die Schule gehen sollte, hatte mich meine Mutter trotzdem für die ganze Woche entschuldigt.
Tagsüber musste ich verschiedene Übungen machen, Gewichte stemmen und Kämpfen. Nachts schickte Robert mich hinaus.
Am Donnerstagabend dann machte mein Körper nicht mehr mir.
Sechs Tage ohne Schlaf waren selbst für eine Blutelfe zu viel!
Ich war stärker geworden, hatte ein wenig zugenommen, hatte Muskeln aufgebaut und war schneller geworden.
Auch meine Sinne hatten sich um einiges Verschärft, was jedoch darauf zurückzuführen war, das ich nun 10 ml Blut am Tag zu mir nehmen musste um so stark zu bleiben. Mittlerweile musste ich mir mein „Lebenselixier“ selbst besorgen. Das tat ich immer in den Nächten, die ich draußen im Wald verbrachte, ich beschränkte mich jedoch auf kleine Tiere wie Kaninchen oder Eichhörnchen.
Doch jedes Mal wenn ich Blut trank bekam ich diesen Würge Reflex, den ich einfach nicht unterdrücken konnte.
Robert achtete streng darauf das ich vom Blut nicht so abhängig wurde wie Vampire, denn das hätte mir geschadet.
Am Freitagmorgen holte mich dann meine Mutter ab.
Ich hatte die Ganze Nacht geschlafen, war jedoch immer noch vollkommen ausgelaugt. Ich badete lange und ausgiebig und schlief dann bis zum Einbruch der Dämmerung.
Dann ging Ich jagen. Eine Schwarze Jeans, Schwarzes Kapuzen-Sweatshirt und schwarze Chucks waren meine Ausstattung.
Ich fuhr in die Stadt und ging dann in einen großen Wald. Ich kletterte auf einen Baum und sprang dann, wie ein Affe, von Ast zu Ast.
Bis ich jemanden oder etwas wahrnahm. Ich wusste nicht was es war, auf jeden Fall Beute!

Freitagabend beschlossen wir jagen zu gehen, aber ausnahmsweise nicht Menschen.
Wir wollten auf Tiere Jagd machen, wie in alten Zeiten. In meinem Schrank fanden sich sogar noch ein paar geeignete historische Gewänder, ähnlich denen, die die Schauspieler in „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ trugen, inklusive lächerlicher Strumpfhosen. Auch zwei Armbrüste hatte ich noch irgendwo herumliegen.
So ausgestattet machten wir uns dann auf den Weg in den an unsere Stadt angrenzenden Wald. Die Gesichter der Leute, die uns begegneten waren zum totlachen und wir alberten ziemlich herum. So kindisch war ich seit Jahrzehnten mich mehr.
Ich hatte zwar noch immer keine Antwort von Diana erhalten, aber Louis war gut darin, mich ab zu lenken. Gerade war er damit beschäftigt, eine Szene aus Aschenbrödel nach zu spielen. Wenn ich nicht schon tot wäre, wäre ich sicher vor Lachen gestorben. Ich wäre sicher erstickt!



Ich erkannte die Stimmen. So bescheuert konnten nur Vampire reden! Ich ging näher an sie heran. Wie sie aussahen! Louis spielte gerade eine Szene aus einem Märchenfilm, den ich über alles liebte und den ich deswegen auswendig kannte.
Ich konnte nicht anders, ich musste sie ärgern!
Ich pflückte einen Tannenzapfen von dem Baum, auf dem ich gerade saß, und warf ihn Max an den Kopf.
Im gleichen Moment sprang ich auf den nächsten Baum.
Die beiden sahen zu der Stelle, an der ich gerade noch gesessen hatte.
Da nahm ich eine Bewegung nicht weit von mit entfernt war. Ein Eichhörnchen. Ich grinste
„Was war das?“ kam es leise von Louis.
Sie sahen so bescheuert aus! Nur Max ...
Ich riss mich zusammen, sprang auf das Eichhörnchen zu, erwischte es gerade noch und drehte ihm den Hals um. Ich trank gerade so viel wie ich brauchte, was dank meiner Reißzähne, die ich nur bekam wenn mein Körper sich auf Blutnahrung einstellte, kein weiteres Problem war.
Als ich fertig war, warf ich den beiden Zirkusclowns das blutende Tier vor die Füße.

„Vorsicht Blutelf!“ zischte ich Louis zu als uns das tote Tier vor die Füße fiel. Kein vernünftiger Vampir würde von Tieren trinken, also war hier eindeutig etwas anderes das Blut trank.
Ich sog tief die Waldluft ein und versuchte die verschiedenen Gerüche zu identifizieren.
Ich roch Louis, Blut, trockenes Laub und ...
„Diana! Komm raus! Ich weiß das du hier bist.“
Ich hörte sie lachen, dann sprang sie von einem hohen Baum herunter auf den Boden.



Ich musste ein Seufzen unterdrücken und lachte stattdessen. Er war einfach zu gut!
Ich sprang vom Baum, wischte mir aber vorher den Mund ab.
„Meine Herren Prinzen.“ ich verbeugte mich tief und als ich mich wieder aufrichtete, grinste ich sie an.
„Was machst du hier? Wo warst du die letzte Woche?“ fragte Max scharf.
Ich verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte mich gegen den Baum.
„Ich war im Urlaub.“, sagte ich lächelnd und musterte die beiden nun noch einmal. Sie sahen so schwul aus! Aber das passte ja.
„Di!“ knurrte Max und kam auf mich zu.
Sein Tonfall bereitete mir eine Gänsehaut.
Er sah mir fest in die Augen, woraufhin mich ein Schauer durchfuhr.
Als er mir einen Daumen ans Kinn legte zuckte ich zusammen.
Langsam zog er mein Kinn nach unten, sodass ich meinen Mund öffnen musste.
Als er meine Zähne sah atmete der auf und lies mich los.
Ich sank wieder gegen den Baum. Warum schlug mein Herz denn auf einmal so schnell? Verdammt, das sollte aufhören!
Ich atmete tief durch. Er musterte mich argwöhnisch.
„Was schaust du so?“, giftete ich ihn an.
Er begann zu grinsen. „Das ist meine Di!“
„Ich bin nicht deine Di!“, bluffte ich, was ihn aber nur noch mehr zum Grinsen brachte.
„Hat dir die kleine Show am Freitag gefallen?“, fragte ich ihn spöttisch.
Sofort verflog sein Grinsen und ich lachte höhnisch. Er funkelte mich an.
„Eifersüchtig?“, fragte ich lachend und warf den Kopf in den Nacken. 
Ein Knurren entkam seiner Kehle.

Ein Knurren entkam meiner Kehle. Dann riss ich mich zusammen und zuckte gleichgültig mit den Schultern.
„Meinst du die Show, wo du dich von dem anderen Blutelf hast beißen lassen und dann, bevor du Ohnmächtig wurdest, meinen Namen geflüstert hast? Ja, vor allem den Schluss fand ich ganz gut. Max ...“, ahmte ich sie nach.
Louis kicherte.



Es war, als hätte er mir eine Ohrfeige verpasst. Alles kam wieder in mir hoch.
„Weist du, was ich eigentlich sagen wollte?“ Ich kam so richtig in Fahrt. Ich war so wütend auf diesen eingebildeten Vampir!
„Der Rest lautete: Max, das hab ich alles nur dir zu verdanken!“ schrie ich ihn an.
Tränen drohten mir in die Augen zu steigen, ich schubste ihn weg und lief los.
Dieser verdammte, schwule Vampir!

„Jetzt hast du ihr weh getan!“ stellte Louis fest. Ich verdrehte die Augen und setzte ihr nach. Sie war schneller als ein durchschnittlicher Mensch, aber nicht schneller als ein Vampir.
Ich überholte sie ohne weiteres und fing sie in meinen Armen auf. Sie strampelte und wehrte sich, Tränen in den Augen.
„Was? Was habe ich getan? Ich weiß das ich ein lästiger Idiot bin, aber wenn du mir keine Chance gibst und mir nichts erzählst, sondern immer gleich wütend wirst, wenn ich etwas sage, dann kann ich auch nichts machen.“, sagte ich zu ihr.
Da hielt sie still. Sie hing nur noch schlaff in meinen Armen.
Louis, der uns gefolgt war, meinte: „Wir sehen uns nachher, ich lass euch lieber alleine, das geht mich nämlich nichts an.“
Dann drehte er sich um und lief in den Wald hinein davon.



Ich wollte mich wehren, doch nachdem er diese Worte zu mir gesagt hatte, konnte ich einfach nicht mehr. Ich hatte keine Kraft. Na ja, eigentlich schon aber meine Psyche war seit dem Angriff von Jan ziemlich im Arsch. Und wenn die Psyche nicht stark war, war der Körper auch nicht stark, das hatte ich bei Robert einige Male schmerzlich erfahren müssen.
Doch ich schwieg. Selbst nachdem sein Freund gegangen war.
„Lass mich bitte los.“ murmelte ich.
Er dachte nicht daran, sondern verstärkte seinen Griff leicht. Ich vermied es ihm in die Augen zu sehen und versuchte verbissen gegen die Tränen, die mir in den Augen schwammen, an zu kämpfen. Ich wollte nicht vor ihm weinen, wollte nicht das er meine Schwäche sah.
Ich begann leicht zu zittern und holte tief Luft.
„Max, lass mich bitte los!“ sagte ich mit bebender Stimme.
„Di ...“ sagte er sanft.
Dieser Heuchler!
 „Du würdest es doch nicht verstehen, du hast keine Gefühle, keine Familie, kein Leben!“ Das letzte wollte ich eigentlich nicht sagen, aber ich war nun einmal in Fahrt.

Das tat irgendwie weh, obwohl es zum Teil wahr war, zumindest aus ihrer Sicht. Mit tonloser Stimme entgegnete ich: „Da hast du Recht, ich hab keine Familie, die ist vor Jahrhunderten gestorben und ich kann mich kaum noch an sie erinnern. Ja, ich habe genau genommen auch kein Leben, denn ich bin tot. Aber ich fühle, vielleicht nicht so wie du, aber ich fühle. Und ich kann wenigstens versuchen dich zu verstehen. Und ich werde es versuchen, wenn du mir die Chance dazu gibst.“
Seltsame Worte für einen Vampir, ich weiß. Ich klang schon fast wie Edward, aber in diesem Moment war es mir egal.
Ich bückte mich etwas und legte den Kopf schief um ihr in die Augen sehen zu können. Sei versuchte meinem Blick aus zu weichen, wahrscheinlich wollte sie nicht, dass ich sie weinen sah.
„Tränen sind etwas wunderschönes, sie sind so menschlich und...lebendig“, murmelte ich.
Irgendwie war ich in fürchterlich melancholischer Stimmung.



Diese Worte aus seinem Mund waren ... seltsam. Er war nicht einfühlsam, er war ein Vampir!
Er versuchte mir in die Augen zu sehen, ich wich ihm jedoch immer wieder aus. Seine Worte waren wahr, aber dennoch kamen sie von einem Vampir! Ihnen konnte man nicht trauen!
Ich schluckte, dann riss ich mich zusammen und sah ich geradewegs in die Augen. Ich wusste, das in meinen Augen immer noch Tränen glänzten, aber ich musste stark sein.
"Ich kann es dir nicht erzählen, selbst wenn ich wollte." sagte ich ruhig und löste mich aus seinem Griff.
"Ich kann dir nicht vertrauen." murmelte ich und drehte mich um, um zu gehen.

Sie hatte sich wieder beruhigt. Gut, schon mal ein kleiner Fortschritt. Und das sie mir nicht vertraute war nicht weiter verwunderlich. Ich würde mir auch nicht vertrauen. Trotzdem fand ich das irgendwie schade.
„Diana!“, rief ich ihr hinterher.
Sie drehte sich noch einmal um.
Ich überlegte einen Moment, dann meinte ich: „Ich werde dich nicht zwingen, mir etwas zu erzählen, das du mir nicht erzählen willst. Aber bitte tu mir denn Gefallen und lass mich wenigstens nie wieder so lange ohne Lebenszeichen von dir.“



Ich hob eine Augenbraue. Hatte er sich etwas wirklich Sorgen gemacht? Ich antwortete ihm nicht sondern ging einfach.
Zu Hause fiel ich erschöpft ins Bett.
Vampire waren echt anstrengend!
Ich stand erst gegen Mittag wieder auf. Als ich in die Küche kam blieb ich abrupt stehen.
"Lukas?" fragte ich verdutzt. Himmel, ich hatte ihn vor sieben Jahren das letzte Mal gesehen!
Er war Mum's Patenkind und so was wie ... na ja, mein Bruder.
Er drehte sich um und starrte mich ebenfalls an.
"Wenn das mal nicht Di ist." Er zwinkerte mir zu. Er war zwei Jahre älter als ich und wir waren seit Kindertagen befreundet.
"Was machst du hier?" fragte ich ihn, als wir uns in die Arme fielen.
"Deine Mum dachte du bräuchtest jemanden der dich beschützt." murmelte er.
Ich warf meiner Mutter einen bösen Blick zu, dann wandte ich mich wieder an ihn.
"Ach, und das sollst ausgerechnet du Drei-Käse-Hoch sein, du hast es ja nicht einmal geschafft mein Lieblingskuscheltier vor den anderen Kindergartenkindern zu beschützen!" damit zog ich ihn immer noch auf. Aber aus dem kleinen, schlaksigen Jungen mit den zerzausten blonden Haaren war ein junger Mann geworden, dem ich so einiges zutraute! Vor allem das Flachlegen von Frauen. Er setzte sein typisches Grinsen auf.
Dann hob er mich ohne Probleme hoch.
"Süße, das war vor langer Zeit mal!" murmelte er.
Ich grinste und boxte ihm vor die Brust.
"Außerdem hab ich gehört das du ein kleines Vampirproblem hast." sagte er jetzt wieder lauter.
Ich verdrehte die Augen.
"Mit diesem arroganten Schnösel werde ich alleine fertig. Das Problem ist nur ..."
Er wusste auch ohne das ich seinen Namen aussprach, von dem ich redete. Jan und Lukas waren immer unzertrennlich gewesen. Nach seiner Entführung war er in eine tiefes seelisches Loch gefallen. Wir hatten uns gegenseitig da raus geholfen. Dann war er in ein Internat geschickt worden und ich hatte nichts mehr von ihm gehört.
Sein Grinsen wurde plötzlich noch breiter.
"Zeigst du mir mal meinen heiß geliebten Spielplatz?"
Ich lachte. "Kindskopf! Der wurde mittlerweile umgebaut, aber ich zeig ihn dir trotzdem."
Wir gingen nach draußen wo ein silberner Audi stand.
"Deiner?" fragte ich verwundert.
Er lachte. "Hat mein Alter mir spendiert."
"War ja klar." murmelte ich.
Lukas Vater war Autohändler. Irgendwie mochte ich ihn nicht, aber seine Frau Emma war wie eine Tante für mich.
Ich stieg ein und wir fuhren in die Stadt.

Heute war Louis ausnahmsweise vor mir wach. Ich hätte es gar nicht gemerkt, dass er aufstand, hätte er mich dabei nicht ordentlich getreten.
„Au, verdammt!“, fluchte ich.
„Verzeih mir Max, aber dein Sarg ist einfach zu eng“, entgegnete er nur. Dann schaltete er das Radio an, ohne auf meinen Protest zu achten und begann lautstark zu singen.
Ich hielt mir jaulend die Ohren zu. Das war nächtliche Ruhestörung!
Um weiter schlafen zu können hätte ich ihn zum Schweigen bringen müssen, aber da dieses Unternehmen ziemlich geringe Erfolgsaussichten hatte, stand ich lieber ebenfalls auf. Draußen dämmerte es gerade.
„Wieso bist du eigentlich schon wach?“, wollte ich wissen.
„Ich habe ein Date“, meinte er.
Oh, jetzt war ich neugierig. Ich fragte: „Mit wem?“
„Mit Maria. Du kennst sie doch, oder?“
Natürlich kannte ich Maria! Sie war der zweite Vampir, der zur Zeit in unserer Stadt wohnte. Wir waren schon öfter gemeinsam jagen gewesen.
„Wie hast du sie kennen gelernt?“, erkundigte ich mich.
„Gestern, als du mit deiner Blutelfe beschäftigt warst, sind wir uns über den Weg gelaufen. Wie sehe ich aus?“, lachte er.
„Sehr gut.“ In meiner Kleidung.
Fröhlich pfeifend verließ er das Haus. Ich stellte das Radio ab und ließ mich auf mein Sofa fallen. Endlich Ruhe! Außerdem konnte ich hoffen, dass ich diesen Tag über meinen Sarg für mich alleine haben würde.
Irgendwann später an diesem Abend, ging ich dann auch aus meiner Wohnung und streifte ein wenig durch die Stadt.



Wir waren den ganzen Tag durch die Stadt gelaufen, hatten herumgealbert, waren auf den Aussichtsturm beim Oberhaus gestiegen und nun saßen wir in einem Lokal an der Donau.
Es war für November ungewöhnlich warum und wir saßen am Fenster.
"Sag mal Di."
ich konnte nicht antworten, weil ich den Mund voller Pizza hatte, stattdessen nickte ich nur.
"Wie ist es so?" fragte er leise.
Ich sah ihn fragend an und beeilte mich mein Essen runter zu schlucken.
"Ich mein das zu sein, was du bist?"
Er war ein Mensch, der sich aber in meiner Welt auskannte.
Ich hob die Schultern.
"Ich lebe ja erst seit kurzem. Und vorher hab ich versucht das ganze so gut wir möglich zu verbergen und zu unterdrücken. Es ist... ungewohnt und komisch." murmelte ich, darauf bedacht das mich niemand hörte. Er schwieg.
"Wie ist es eigentlich auf dem Internat?"
Er seufzte. "Nicht so angenehm wie bei dir denke ich."
Ich kicherte.
"Der Alltag ist streng geregelt, bei mir gab es wegen dem Kampf und Sporttraining allerdings einige Lockerungen. Aber trotzdem, ich mag es nicht sonderlich."
"Wie lange bist du noch dort?"
Er grinste.
"Am Montag muss ich noch mal hochfahren um mir mein Zeugnis abzuholen, dann bin ich entlassen."
Ich lachte bei seiner Wortwahl.
Er war ein Jahr später eingeschult worden und war deswegen schon 19, und das G9 kam noch dazu.
"Aber warum zu Weihnachten?"
Er hob die Schultern. "Die legen die Abschlussprüfungen immer ins neue Schuljahr, voll bescheuert."
Ich war mit meiner Pizza fertig und er war ebenfalls satt.
Er bezahlte, was ihm einige Proteste meinerseits einbrachte. Doch er legte mir sanft einen Finger auf den Mund.
Er war eben einer der alten Schule. Er half mir in meinen Mantel und wir gingen noch etwas an der Ortsspitze spazieren. Er war so furchtbar albern! Er konnte nicht normal gehen, sondern musste von Pflasterstein zu Pflasterstein springen.
"Von wegen du bist aus dem Kindergartenalter raus!" sagte ich und machte mit. Er lachte und fing an mich zu kitzeln. Oh wie ich das hasste!

Als ich sah, wie gut sie sich mit dem Kerl verstand kochte zuerst Eifersucht in mir hoch. Doch ich riss mich zusammen. Ihn umzubringen war eine schlechte Idee. Wenn ich jemals wollte, dass Diana mir vertraute war es nicht gut, ihre sämtlichen männlichen Bekannten zu töten. Außerdem war mir der Kerl, bis auf das, dass sie ihn mochte irgendwie sympatisch. Er war irgendwie süß. Er wirkte so jung und ausgelassen, dass ich das Gefühl hatte, ihn beschützen zu müssen. Wie einen kleinen Bruder...
Hilfe, ich verwandle mich endgültig in einen Waschlappen-Vampir. Wenn es einen Psychiater für Vampire gäbe, hätte ich wohl dringend eine Sitzung nötig.
„Guten Abend“, meinte ich und trat vor die zwei hin.



Ich lachte wie schon lange nicht mehr. Bis er plötzlich vor uns stand.
"Guten Abend." sagte er.
Lukas blieb sofort stehen und musterte ihn.
"Lala, wer ist das?"
Ich drehte mich zu Lukas um.
"Lala, sag mal spinnst du? Wir sind nicht mehr im Kindergarten!" Eigentlich wollte ich wütend klingen, doch ich hatte ein breites Grinsen auf dem Gesicht, sodass es nicht wirklich überzeugend klang.
Er verzog das Gesicht. Oh wie mich der Blick wahnsinnig machte.
Ich seufzte. "Tu nicht so, du weist längst wer er ist."
"ich denke mal, das er..." Er deutete mit dem Kopf auf Max. "Das Problem ist um das du dich selber kümmern willst."
Ok, jetzt war ich doch wütend auf ihn. Und er wusste das. Also zog ich einen Schmollmund.
"Nein, Lala bitte nicht!" Er konnte den Blick nicht ausstehen, weil er ihn genauso wahnsinnig machte wie sein Ausdruck mich vorhin.
Er seufzte und gab mir einen Kuss auf die Wange. Was ihn sofort einen Schlag gegen den Oberarm kostete.
"Das ist Maximilian von Habsburg."
Ich sah Max gelassen an. Er schnappte empört nach Luft.
"Sorry, aber deine ganzen Vornamen kann ich mir einfach nicht merken!" Ich grinste.
"Du musst echt wahnsinnig sein wenn du auch nur eine Minuten mit Di verbringst!" sagte Lukas grinsend.
"Ähm Luke, das tust du auch gerade." Ich grinste und er machte ein etwas verdutztes Gesicht.
"Max, darf ich die vorstellen, das ist Lukas Berger. Kindskopf und mein "Beschützer", wenn es nach meiner Mutter ginge. Aber ich weiß nicht wie ein zu groß gekommenes Kleinkind mich beschützen soll!" Den letzten Satz sagte ich übertrieben. Er zögerte nicht, hob mich hoch und warf mich über die Schultern.
"Ja ich hab dich auch lieb Lala, bist du sicher das du keinen Alkohol getrunken hast? Sonst kann ich mir nicht erklären warum du so verrückt redest."
"Normalzustand." Ich trommelte auf seinen Rücken.
"Luke ... Luka .... Kasimir!"
Beim letzten Namen lies er mich runter und stemmte die Hände in die Hüften.
"Das ist nicht lustig junges Fräulein!"
Ich begann lauthals zu lachen. "Entschuldige aber wer bitte hat schon einen imaginären Zwillingsbruder?"
Bevor er mich für diese Antwort kitzeln konnte, sprang ich beiseite.
Ich sah zu Max und lachte wieder.
Er sah uns an, als ob wir wahnsinnig wären. Genau genommen waren wir das auch.

Die zwei waren eindeutig wahnsinnig! Aber irgendwie erinnerten sie mich an jemanden... Und plötzlich glitt ein breites, amüsiertes Grinsen über mein Gesicht, das ich aber sofort wieder verbarg, weil es nur allzu deutlich meine Fangzähne sehen ließ. Diana hatte es aber trotzdem bemerkt. Sie sah mich erstaunt an.
„Wisst ihr, wenn ich euch zwei so zu sehe, muss ich an jemanden denken, den ich kannte.“
„An wen?“, wollte sie wissen, während mich ihre Begleitung misstrauisch musterte.
„An Porthos und Aramis!“, antwortete ich ohne nach zu denken.
Jetzt war es an ihnen mich an zu sehen, als wäre ich wahnsinnig. Was ich ja eigentlich auch war, wenn man mein Verhalten in letzter Zeit bedachte.
„Das sind doch die von 'Drei Musketiere'“, meinte Diana „Die gab es doch gar nicht wirklich!“
Ich biss mir auf die Lippe und überlegte einen Moment, ob ich es ihnen erzählen sollte.
„Weiß er?“, fragte ich mein Mädchen so leise, dass der Typ, Lukas, es nicht hören konnte.
Sie nickte. Er wusste, was sie und ich waren.
Also berichtete ich: „Gegen 1700 lebte ich in Paris. Ich hatte drei Freunde, Felipe, William und Louis, der mich zur Zeit besucht. Wir trieben dort allerlei Unsinn, ließen uns auf wilde Degengefechte ein und waren im allgemeinen unzertrennlich. Als dann 1843 der erste Roman über die drei Musketiere und D'Artagnan erschien, beschlossen wir uns nach ihnen zu benennen. William und Louis waren Porthos und Aramis und sie haben sich so ähnlich benommen, wie ihr gerade.“



Ich wusste nicht, ob ich ihm die Geschichte wirklich abkaufen konnte, aber das musste ich wohl.
"Ähm, Max, aber waren die drei Musketiere nicht immer Freundlich, zuvorkommend und rechtschaffen?" fragte ich ein wenig hinterhältig.
Seine Miene verfinsterte sich.
"Man Di, jetzt weiß ich warum du noch nie nen festen Freund hattest."
Ich fuhr augenblicklich zu Lukas herum und funkelte ihn an.
"Ups." murmelte er.
"Kasimir." sagte ich scharf. "Solltest du noch einmal etwas Privates von mir ausplaudern, kannst du dich darauf verlassen, dass ich meine Drohung wahr mache!" knurrte ich.
Ich hatte ihm heute definitiv zu viel erzählt! Da sah man's mal wieder, vertraue nie einem Mann!
Er hob eine Augenbraue.
"Welche Drohung?"
Ich lächelte zuckersüß.
"Erinnerst du dich noch an das Foto?"
Er riss die Augen auf.
"Das ..." Auf sein Gesicht trat ein Grinsen.
"Das ist doch längst verjährt."
"Ach ja?" Ich grinste. "Ich weiß ja nicht was deine Eltern dazu sagen würden."
Er räusperte sich.
"Maximilian, soll ich Ihnen noch so einige Dinge über Diana erzählen. Zum Beispiel wann sie zum ersten Mal ..."
Ich hielt ihm den Mund zu.
"Jetzt übertreibst du!" knurrte ich. Er lächelte unschuldig und ich stöhnte auf.
"Ich glaube wir sollten nach Hause gehen, das kleine Kind muss in die Heia!"
"Redest du von dir?" sagte er grinsend.
Ich nahm ihn wortlos am Arm und ging in Richtung Römerplatz.
Max folgte uns.

„Was Menschen doch für Probleme haben!“, spottete ich, „aber trotzdem schade, dass ihr schon nach Hause wollt. Louis ist nicht da und ich werde mich die ganze Nacht schrecklich langweilen. Ihr habt nicht zufällig Lust, noch etwas mit mir zu unternehmen?“
„Was denn zum Beispiel?“, fragte Lukas. Er schien meinem Vorschlag gegenüber nicht ganz abgeneigt.
„Weiß nicht, was machen den Menschen wir ihr so nachts in der Stadt? Also ich gehe gerne im Inn schwimmen oder...“
Die beiden sahen mich entsetzt an. Doch Diana fing sich schnell wieder und entgegnete schlagfertig wie immer: „Oder du läufst in schwulen Strumpfhosen im Wald herum.“
„Stimmt, aber ich habe leider keine Strumpfhosen mehr für euch.“
Jetzt war es an Lukas uns, oder eher mich zu mustern, als wären wir wahnsinnig.



Dieser Typ war echt bescheuert, um die Uhr- und vor allem Jahreszeit im Inn schwimmen zu gehen.
Aber ich hatte irgendwie nichts dagegen etwas zu unternehmen. Ich beugte mich zu Lukas und flüsterte ihm ins Ohr.
"Weist du noch unseren Lieblingsplatz. Sollen wir ihm den zeigen?"
Er überlegte kurz, dann nickte er.
"Ok Max, wir haben was. Wir wollen dir einen besonderen Ort zeigen, dafür müsste ich dir aber die Augen verbinden."
Er zuckte mit den Schultern. "Kein Problem."
Ich zog mein Tuch vom Hals und band es ihm um, sobald wir im Auto saßen. Ich wusste das es wegen seiner guten Orientierungssinns nicht viel helfen würde, aber das machte das Ganze ein wenig spannender.
Lukas fuhr quer durch die Stadt, dann eine kurvige Straße hinauf. Kurze Zeit später hatten wir unser Ziel erreicht. Ich stand aus und half Max aus dem Auto. Wie selbstverständlich griff er nach meiner Hand. Widerstrebend nahm ich sie.
"Meinst du, das Tor ist immer noch so verrostet?" fragte mich Lukas, als wir einen schmalen Feldweg entlang gingen.
"Wofür haben wir denn unseren Vampir?", wisperte ich. Um uns herum standen hohe Bäume, vor uns lag ein kleines verfallenes Haus, das von einem hohen, schmiedeeisernen Zaun umgeben war. Das Tor lies sich ohne weiteres öffnen. Wir gingen um das Haus herum, stiegen durch ein Loch im Zaun und gingen einige Stufen hinunter. Dann waren wir da. Ich platzierte Max und nahm ihm dann die Augenbinde ab.
Als ich seinen Gesichtsausdruck sah, war ich wirklich überrascht. Er schien wirklich sprachlos zu sein!
Vor uns lag die Stadt, von den drei Flüssen gekennzeichnet. Hoch über allem thronend: die Feste Oberhaus. Die Lichter aus den Fenstern wirkten wie winzige Glühwürmchen. Um uns herum war es dunkel, die nächsten Häuser lagen in einiger Entfernung. Lukas hatte einige Decken mitgenommen und wickelte mich in eine. Dann setzte ich mich auf die steinerne Bank und kuschelte mich an ihn. Wie lange war es her, das wir das letzte mal hier oben waren ... das letzte mal mit Jan. Danach nicht mehr.

Der Ausblick war fantastisch. ich glaube hier her werde ich ab jetzt öfter kommen, denn natürlich wusste ich, wo wir waren. Lange Zeit stand ich da und beobachtete. Dann drehte ich mich zu Diana und Lukas um. Sie saßen in Decke gewickelt auf einer steinernen Bank, Diana war eingeschlafen und ihr Kopf lehnte an seiner Schulter. Was würde ich dafür geben, jetzt mit ihm zu tauschen!
Mir leiser Stimme, um sie nicht zu wecken, flüsterte er: „Ich bringe sie zum Auto und fahre sie nach Hause.“
Er stand auf, hoch sie hoch und drehte sich um. Ich tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich um.
„Solange sie schläft könntest du mir erzählen, was du vorhin über sie sagen wolltest. Das würde mich nämlich wirklich interessieren.“, bemerkte ich.
Er grinste nur und schüttelte den Kopf.
„Schade, aber vielleicht hast du trotzdem Lust, dich noch etwas mit mir zu unterhalten?“, fragte ich.
Wir betteten Diana auf die Rückbank seines Autos, mit Blick auf die nächtliche Stadt noch ein langes, faszinierendes Gespräch.




Ich wollte eigentlich nicht schlafen, aber die Müdigkeit war stärker.
Als ich aufwachte lag ich in meinem Bett. Lukas neben mir. Ich fuhr hoch, er begann zu grinsen und öffnete die Augen.
„Morgen Lala.“, murmelte er.
„Sag mal spinnst du? Was soll das?“
Er richtete sich auf. „Ich wollte ja eigentlich nicht, aber du hast dich gestern so an mich gekuschelt und geklammert ....“ Er zwinkerte mir zu.
Wir trugen beide, Gott sei Dank, noch die Sachen von gestern Abend.
„Hast du mich nach Hause gebracht?“, fragte ich ein wenig verwirrt. Ich war noch nicht so richtig wach.
Er nickte. „Ich und Max. Du solltest weniger Essen, du bist zu schwer für mich!“
Ja klar, er hatte mich ja nur ohne weiteres über die Schulter geworfen! Ich schwang mich aus dem Bett.
„Wenn ich dich noch ein Mal in meinem Bett erwische ...“
Er legte mir lächelnd einen Finger auf die Lippen.
„Sch, sch, sch Lala ...“
Ich starrte ihn perplex an.
Er hielt mir das Handy vor die Nase, ich hatte eine Nachricht von Max bekommen.
„Er will sich mit mir treffen?“, fragte ich verdutzt. Am Tag? Dann musste es wirklich wichtig sein.
„Jep, du solltest dich beeilen.“ Er zwinkerte mir zu.
Ich ging ins Bad, duschte mich schnell, zog mich an und ging nach unten.
Meine Eltern saßen am Esstisch, über einen Stapel Papiere gebeugt.
Ich ging zur Bushaltestelle, fuhr zuerst in die Stadt um dann mit einem anderen Bus zu dem Platz zu fahren, den wir ihm gestern gezeigt hatten.
Ich war früher dran als vereinbart. Ich sah im Schatten des Baumes jedoch eine Gestalt.
Doch es war nicht Max, der mich erwartete.
Der beißende Geruch von Chloroform trat mir in die Nase und reflexartig schnappte ich nach Luft, als das Tuch fester gegen Mund und Nase gedrückt wurde.
Langsam entschwand mir das Bewusstsein.

Ich musste mich mit ihr treffen, so bald wie möglich, deswegen sandte ich ihr eine SMS und quälte mich bei Sonnenlicht aus dem Haus. Louis war noch nicht aufgetaucht, wahrscheinlich schlief er bei Maria und würde erst am Abend wiederkommen. Ich hatte gestern Nacht auf dem Heimweg ein Telefongespräch belauscht von dem ich ihr erzählen musste.
Ich war gerade an einem Hotel vorbei gelaufen, als ich das Wort „Blutelfe“ vernommen hatte. Ein Fenster stand offen und was ich dann noch weiter hörte, hatte mir die Sprache verschlagen: „Ja, ich werde sie erwischen. Von dem Vampir werde ich ich mir nicht noch einmal alles verpfuschen lassen.“
Derjenige, der dort telefoniert hatte, war der Blutelf gewesen, der Diana angegriffen hatte und ich musste sie warnen, deswegen hatte ich sie zu diesem Treffen bestellt. Als ich den vereinbarten Ort erreichte, roch ich sie sofort, aber auch noch ein anderer Geruch, ungemein deutlicher, lag in der Luft.
Chloroform!
Verdammt! Sie war nicht da, der Blutelf war schneller gewesen, er hatte sie entführt. Aber er würde nicht weit kommen, schwor ich mir. Diesmal würde er sterben.



Ich war total benebelt, wusste nicht wo oben und unten ist.
Ich versuchte mich zu bewegen, doch ich war an irgendetwas gefesselt.
„Prinzessin.“ murmelte eine mir vertraute, eiskalte Stimme.
Ich begann zu zittern. Nein ...
„Aber meine Kleine ...“ Ich spürte eine kalte Hand auf meiner Wange.
„Sieh mich an!“
Ich versuchte mich gegen ihn zu wehren, aber er presste mich nach unten und begann damit, meinen Hals mit Küssen zu bedecken. Jedes Mal liefen mir heiße und kalte Schauer über den Rücken.
„Jan, bitte hör auf!“, wimmerte ich. 
Stark sein Di, reiß dich zusammen! rief ich mir Roberts Worte ins Gedächtnis.
„Ich will doch nur das beste für dich! ich werde dir helfen zu dem zu werden, was du wirklich bist! Wir sind besonders, besser als Vampire!“
Ich öffnete die Augen und blickte in die seinen, die von einem Dunklen Braun, mit einem leicht rötlichen Schimmer waren.
Ich sah mich um. An Händen und Füßen gefesselt lag ich auf einem Bett, in einem schäbigen, abgedunkelten Zimmer. Es roch nach Abgasen und immer wieder hörte man Sattelzüge an dem Gebäude vorbei rattern.
Wir befanden uns anscheinend in einem Rasthof an der Autobahn.
Er lächelte mich mit seinem schönen, jedoch grausamen Lächeln an.
„Du bist wirklich schön geworden.“, murmelte er und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. Seine waren ebenfalls dunkelblond und kringelten sich leicht.
Er fuhr über meine Arme, woraufhin ich eine Gänsehaut bekam. Ich wand mich unter seinem griff hin und her, doch er lachte nur.
„Dila ...“
Ich fauchte ihn an. Wie konnte er es wagen mich so zu nennen! Jetzt, da er ein Sucher war, hatte er kein Recht mehr mich so zu nennen!
„Dila, hör auf dich zu wehren! Wir gehören zusammen, du bist mein!“, murmelte er, während er leicht mit seinen Reißzähnen über die Haut an meinem Hals kratzte.
„Dieses Mal wird dich dein Vampirfreund nicht retten.“, hauchte er.
Ich spürte seinen Atem auf meiner Haut.
„Dieses Mal gehörst du allein mir!“
Ich sah wie er seinen Mund aufriss und ich konnte nicht anders.
Ein Schrei entkam meiner Kehle. Er war so laut und so voller Kraft, das die Fensterscheiben und die Glühbirnen in den Lampen explodierten. 
Er presste mir eine Hand auf den Mund und vergrub seine Reißzähne in meinem Fleisch.

Ich folgte ihrem Geruch, doch irgendwann war diese Fährte zu ende. Dafür fand ich Reifenspuren. Er musste sie also mit einem Auto weg gebracht haben. Verdammt, dann musste ich mir etwas anderes ausdenken um sie zu finden, meine Nase würde mir hier nichts mehr helfen.
Möglichst gut von der Sonne abgeschirmt holte ich mein Smartphone aus der Hosentasche um Louis aus dem Sarg zu klingeln, als mir plötzlich eine Idee kam. Diana hatte mit Sicherheit ihr Handy dabei, ich müsste es nur orten lassen. Also wählte ich statt Louis' eine andere Nummer, eine spanische Nummer. Es dauerte lange, bis jemand abhob.
„Hallo Felipe“, meldete ich mich.
„Spinnst du, Max? Was fällt dir ein mich um diese Uhrzeit auf zu wecken? Es ist elf Uhr vormittags!“, knurrte mein Gesprächspartner wütend.
„Entschuldige, aber ich brauche dringend deine Dienste als Hacker, mein Freund.“
Empörtes Gemurmel war die einzige Antwort. Ich wartete etwas.
„In Ordnung, mein Computer läuft. Was soll ich für dich tun?“
„Du musst mir ein Handy orten“, meinte ich, dann nannte ich ihm Dianas Nummer.
Kurze Zeit später hatte ich ein Programm auf meinem Smartphone, dass mir immer genau ihrer Position anzeigte, solange sie es nicht weg warf oder ausschaltete. Ich bedankte mich bei Felipe alias d'Artagnan, der vierte im Bunde der drei Musketiere. Gut, wenn man seine Kontakte hat.
„Ruf mich an, wenn du mal Zeit hast, du musst mir unbedingt erzählen, was du heute erlebst!“, verabschiedete er sich noch.
Ich rief noch jemand anderen.
„Lukas, Diana wurde entführt! Ich brauche dich und dein Auto!“
Er kam sofort.
Ich stieg bei ihm ein und sagte ihm, wohin er fahren musste. Es ging nach Süden, Richtung Österreich und Italien. Während wir auf der Autobahn dahin rasten, schrieb ich Louis eine SMS, damit er heute Abend, wenn er aufstehen würde, wüsste was ich tat.
Wenn ich nicht schon tot gewesen wäre, ich hätte Angst gehabt zu sterben, bei Lukas Fahrstil. Wir wurden mindestens dreimal geblitzt. Trotzdem hatten wir fürchterlich Angst, dass wir zu spät kommen würden um Diana zu retten.
Irgendwann sah ich auf meinem Handy, dass der Blutelf von der Autobahn fuhr und wir folgten ihm. Einige Zeit später hielten wir vor einem etwas herunter gekommenem Motel. Ich befahl Lukas im Auto zu warten und die Türen zu verriegeln und hoffte, dass er sich daran halten würde. Es war besser, wenn er nicht ausstieg und sein Leben gefährdete.
Tief sog ich die nach Abgasen stinkende Luft auf dem Parkplatz ein und entdeckte erstaunlicherweise trotzdem eine Spur des Geruchs, nach dem ich gesucht hatte. Diana war hier. Mich nach allen Seiten umsehend folgte ich meiner Witterung ins Innere des Motels, das genauso schmutzig aussah, wie sein Äußeres. Auf die Sonne, die unbarmherzig meine Haut verbrannte, achtete ich gar nicht.
Schnell hatte ich das Zimmer gefunden, indem sie sich anscheinend aufhielten, den ich hatte sofort gerochen, dass der andere Blutelf bei ihr war.
Mit einem gewaltigen Stoß zerschmetterte ich die Tür und stürmte hinein. Er hatte sich über mein Mädchen gebeugt und trank ihr Blut! Bevor er sich versah, hatte ich mich auf ihn gestürzt, aber er war verdammt schnell. Eigentlich hatte ich gehofft, ihm mit meinem ersten Angriff das Genick brechen zu können, doch das war mir nicht gelungen.
Wütend fauchend versuchte ich nun, nach seiner Kehle zu schnappen, aber er war auch unglaublich stark und entkam meinen Versuchen immer wieder.
Diana lag blutend und gefesselt auf dem Bett, sie brauchte dringend meine Hilfe!
Doch dieser Bastard von einem Blutelf, ließ sich nicht so einfach unterkriegen. Irgendwann gelang es mir allerdings, ihn gegen die Wand zu pressen und meine Zähne an seine Kehle zu legen. Aber in diesem Moment schrie sie auf: „Nein, Max, tu ihm nichts, töte ihn nicht!“
Erstaunt ließ ich mein Opfer los und wandte mich zu ihr um. Diesen Moment nutzte er natürlich aus und ergriff die Flucht. Ich hoffte bloß, dass er Lukas nichts antat.



Wie der Teufel in Menschengestalt kam plötzlich Max in das Zimmer gestürmt. Doch Jan bemerkte ihn sofort. Er war schnell, verdammt schnell und stark!
Doch irgendwann schaffte Max es, ihn gegen die Wand zu drücken. Als ich sah was er vor hatte, war ich verzweifelt.
Er war ein Monster, aber gleichzeitig mein Bruder!
"Nein Max, tu ihm nichts, töte ihn nicht!", rief ich.
Mein Hals tat fürchterlich weh, aber ich konnte nicht zulassen das er ihn tötete, es musste eine andere Lösung geben.
Er lies ihn los und Jan ergriff die Flucht.
Dieser Feigling!
Max kam zu mir und schaffte es, mich von den Handschellen zu befreien.
Er hielt mir sein Handgelenk hin, aber ich schüttelte den Kopf.
Ich wollte kein Menschenblut trinken. Ich wollte nicht so werden wie Jan.
Als ich von Bett glitt taumelte ich. Ich hatte anscheinend doch mehr Blut verloren als erwartet.
Max griff mir unter die Arme, wo Lukas Auto stand.
Als er uns sah sprang er heraus und lief auf mich zu.
"Lala!"
Glitzerten da etwas Tränen in seinen Augen?
"Es tut mir so leid, ich habe als dein Beschützer vollkommen versagt!" murmelte er.
Ich zögerte nicht lange und umarmte ihn.
"Es war nicht deine Schuld!", murmelte ich.
"Lukas, wo ist er hin?", fragte Max.
"Ich habe ihn nicht gesehen.", murmelte er.
"Verdammt, es muss einen zweiten Ausgang geben!", fluchte er.
"Wir wissen sowieso wo er hin will.", murmelte ich und löste mich von Lukas.
Er besah meine Bisswunde.
"Wie kann er dir nur so etwas antun?", fragte er fassungslos.
"Das ist ein sauberer Biss, das letzte Mal war schlimmer. Er ist nicht mehr er selbst. Wir haben ihn an die Justorem verloren.", murmelte ich.
Ich sah ihm seine Trauer an.
Max stieß einen leisen Fluch aus, ich drehte mich zu ihm um.

Ich fluchte. Diana drehte sich zu mir um.
„Die Vampirjägerorganisation Justorem? Was will die von Blutelfen?“, fragte ich. Dann fiel mir noch eine Ungereimtheit auf. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Und woher kennt ihr beide den Kerl?“
Sie senkten beide den Kopf. Ich beschattete mein Gesicht mit der Hand, um mich etwas vor dem Sonnenlicht zu schützen und musterte sie scharf.



Es war an der Zeit ihm alles zu sagen.
Ich schwieg eine Weile bis ich seinem scharfen und durchdringenden Blick nicht mehr standhalten konnte.
Ich seufzte.
„Die Justorem fangen Blutelfen um aus ihnen Sucher zu machen, die sowohl Vampire als auch Blutelfen töten.“, murmelte ich. Er schnappte nach Luft.
„Und dieser Jan ist einer.“, stellte er fest.
Ich nickte.
„Einer von fünf so viel wir wissen. Sie pumpen ihm mit Drogen und Vampirblut voll, damit er ihnen gehorcht.“
Ich legte meinen Kopf in den Nacken und sah zum Himmel.
„Ist man ihnen erst einmal ergeben, kommt man nicht mehr so leicht von ihnen los.
Eine Träne rann aus meinem Augenwinkel, blitzschnell war Max‘s Hand an meiner Wange und wischte sie mir weg.
„Was ist?“, fragte er vorsichtig.
„Dieser Sucher, Jan, der mich umbringen will ist ...“ Ich kam nicht weiter, meine Stimme brach.
„Er ist ihr Bruder.“, sagte Lukas leise, für Max jedoch laut genug.

Jetzt wusste ich, warum sie nicht wollte, dass ich ihn tötete. Aber es wäre besser gewesen, wenn ich es getan hätte. Er würde wiederkommen. Zwar vielleicht nicht allzu bald, weil er davon ausgehen musste, dass wir nun auf der Hut wären.
Aber aufgeben würde er nicht.
Und ich konnte Diana nicht die ganze Zeit beschützen, meine Schwäche war das Tageslicht. Meine Haut juckte und ich wusste selbst ohne mich im Spiegel zu sehen, dass ich roten Ausschlag und Verbrennungen im Gesicht hatte. Dabei war es heute sogar bewölkt.
Außerdem würde Justorem dem Sucher Hilfe schicken. Sie waren hervorragend organisiert und ihre Jäger konnten sogar Vampiren gefährlich werden.
Ich musste etwas unternehmen. Einer für alle, alle für einen.
Aber erst musste Ich nach Hause, duschen und in meinen Sarg.
„Können wir wieder zurück fahren?“, fragte ich und bedeckte mit meinen geschwollenen, aufgerissenen Händen mein schmerzendes Gesicht. Es würde einige Zeit dauern, bis das wieder aufhörte. Ich würde viel Blut brauchen.



Gegen Abend waren wir wieder zu Hause. Lukas lies Max in der Stadt aussteigen. Er sah wirklich schlimm aus, das Sonnenlicht hatte ihm ziemlich zugesetzt. Wir fuhren zu einem Waldstück, wo ich jagen ging. Nach zwei Kaninchen war ich wieder gestärkt und als wir zu Hause waren fiel ich erschöpft ins Bett, Lukas erklärte währenddessen meinen Eltern, was passiert war.
Am nächsten Morgen quälte ich mich aus dem Bett. Es war die erste Dezemberwoche, bald würde es zu schneien beginnen und der Weihnachtsmarkt begann. Genauso wie der Prüfungsstress!

Sobald ich in meiner Wohnung war, duschte ich und legte mich in meinen Sarg. Ich wachte erst spät in der Nacht auf, als Louis nach Hause kam. Er sah mich an und stöhnte entsetzt auf. „Max, du bist des Wahnsinns!“, meinte er. Auch wenn Vampire eigentlich immer gut aussahen, Sonnenbrand steht ihnen gar nicht.
Mein Freund schleifte mich sofort nach draußen auf die Jagd. So viel wie diese Nacht hatte ich schon lange nicht mehr auf einmal getrunken, aber es tat unheimlich gut.
Als wir wieder in meine Wohnung kamen, saß Maria auf dem Sofa und sah fern.
„Verdammt? Wie kommst du hier rein?“, wollte ich wissen.
„Louis hat mich letzte Nacht hereingebeten, als du nicht da warst, Max. Heute hab ich einfach dein Schloss geknackt.“, entgegnete sie mit einem unschuldigen Lächeln. Manchmal hasste ich es, mit anderen Vampire leben zu müssen. Kein Respekt vor Privateigentum!
Ich schüttelte nur den Kopf und hängte meine Jacke auf. Louis lies sich bereits neben Maria auf der Couch nieder. „Das ist ja Stolz und Vorurteil!“, rief er erstaunt aus.
„Ich wusste gar nicht, dass das heute Nacht läuft!“
„Das ist eine DVD ich hab sie mir von Max geliehen.“, kicherte sie, ihre grauen Augen funkelten. Dann küsste sie Louis. Ich ließ die zwei in Ruhe und ging telefonieren. Zwei Anrufe musste ich erledigen. Später gesellte ich mich wieder zu ihnen. Juhu, DVD Abend mit zwei verliebten Vampiren! Aber einfach woanders hingehen wollte ich auch nicht. Da musste ich ja um meine Wohnung fürchten. Es war dann schon ganz lustig, doch kurz vor Morgengrauen wurde ich mir eines anderen Problems bewusst. „Ich würde dich ja gerne einladen, über Tag zu bleiben Maria, aber mein Sarg ist wirklich zu eng für drei Personen.“ Glücklicherweise ging sie nach Hause und nahm Louis mit.
Am Morgen konnte ich mich nicht überwinden, in die Schule zu gehen. Referendar Maximilian von Habsburg meldete sich krank. Hoffentlich war Diana so schlau, nirgendwo alleine hin zu gehen und passte gut auf sich auf.



Der Schultag ging nur schleichend vorüber. Nur in Frau Maier‘s Deutschkurs gab es eine kleine Abwechslung zum sonst öden Schulstoff. Anhand eines Mittelalterlichen Textes untersuchten wir die Gesellschaftsordnung der damaligen Zeit und wir mussten selbst einen Text verfassen, in dem wir unsere Meinung zu den Damaligen Strukturen erläutern sollten. Da ich in der Schule nicht fertig wurde, musste ich es nach der Schule machen. Mir kam eine Idee. Wer konnte mir einen besseren Einblick in die damalige Zeit vermitteln, als ein Zeitzeuge?
Als die Dämmerung anbrach ging ich durch die Straßen und Gassen der Altstadt. Mit meinen geschärften Sinnen versuchte ich Max zu finden, was gar nicht so leicht war. Aber irgendwann stand ich, seinem Duft folgend, vor einem Alten Haus in der Nähe der Donau.
Ich überflog das Klingelschild. MvH. Sehr einfallsreich!
Ich ging in eine angrenzende Gasse und kletterte an der Regenrinne zum entsprechenden Stockwerk. Ich lugte durchs Fenster. Der Raum war dunkel, doch ich konnte auf dem Boden einen eckigen, langen Gegenstand erkennen. Ich begann zu grinsen und zog eine Haarnadel hervor, die ich verbog und damit vorsichtig im Schloss hantiere. Altbauwohnung, alte Fenster, kein Problem! Ich schwang mich in die Wohnung, ging durch das Schlafzimmer in das Wohnzimmer zu der Couch, auf der ich das letzte Mal gelegen hatte. Die Blutflecken waren nicht mehr allzu deutlich zu sehen. Ich holte Block und Stift hervor und wartete. Ein Interview mit einem Vampir.

Als ich aufwachte roch ich sie sofort. Meine ganze Wohnung war von ihrem Duft erfüllt. So leise wie möglich schob ich den Deckel von meinem Sarg und richtete mich auf. Gut, in meinem Schlafzimmer war sie nicht, wahrscheinlich saß sie im Wohnzimmer. Ich schlich zu meinem Schrank und holte einen langen, dunkelroten Morgenmantel heraus. Dann öffnete ich die Tür. Sie saß, wie ich erwartet hatte, auf meinem Sofa. „Guten Abend.“, meinte ich. „Was verschafft mir die Ehre?“



Ich musste grinsen, als ich ihn mit seinem roten Morgenmantel hereinkommen sah. Er sah aus, wie einer dieser Gentleman aus den englischen Filmen. Nur das ich genau wusste, das er kein Gentleman war.
Ich räusperte mich. „Herr von Habsburg, würden sie mir ein ein Interview über die Gesellschaft im 15. und 16. Jahrhundert geben?“
Ich klang wie eine professionelle Reporterin. Er lächelte und lies sich auf den Sessel mir gegenüber nieder. Fast eine Stunde quetschte ich ihn aus, bis mir nichts mehr einfiel. Jedoch bemerkte ich, dass er bei den Antworten immer sehr diskret blieb, er verriet nichts über sich. Vampire waren echt komisch!

Nach etwa einer Stunde fielen ihr keinen Fragen mehr ein. Ich wollte irgendwie nicht, dass sie schon ging, also meinte ich: „Willst du nicht noch etwas bleiben? Ich könnte dir eine Pizza bestellen. Sonst habe ich leider nichts zu Essen im Haus.“
„Das hatte ich auch nicht erwartet. Aber Pizza klingt wirklich gut!“
Ich suchte also im Internet nach einem Liefersevice und bestellte, was sie sich wünschte. Zum ersten Mal in meinem Leben. Hoffentlich brauchten die möglichst lange, denn umso länger würde sie bleiben.
„Willst du fernsehen? Du kannst dir einen Film aussuchen“, bot ich an. Sie entschied sich für „The Last Samurai“, gut, immerhin nicht wieder „Stolz und Vorurteil“.
Ich hatte im Laufe meines Lebens eine ganz beachtliche DVD-Sammlung angelegt, bestimmt an die 200 Stück. Bücher hatte ich sogar noch mehr, aber Bücher gab es schließlich auch schon länger.
Irgendwann klingelte es.
„Pizzaservice!“, meinte ich.
Andere Besucher würden nicht klingeln, sondern einfach hereinkommen oder mir irgendwo draußen auflauern. Das schien bei mir so üblich zu sein, vor allem in letzter Zeit. Ich stand auf um die Tür zu öffnen.
Einige Zeit später trat ich wieder ins Wohnzimmer.
„Stört es dich nicht, wenn ich etwas esse und du nicht?“, wollte sie wissen.
„Nein, ich hab doch gerade gegessen. Was meinst du, warum ich die Pizza habe bringen lassen? Ich hoffe es verdirbt dir nicht den Appetit, dass jetzt ein paar Blutflecken auf der Schachtel sind.“



Ich zuckte kurz zusammen, musste dann aber grinsen. Das hätte ich mir auf denken können!
Ich nahm die Schachtel entgegen. Schinkenpizza, lecker!
Ich hatte den Film schon einige hundert Mal gesehen, er faszinierte mich jedoch immer wieder. Das er eigentlich ein reines Gemetzel war störte mich nicht.
"Max."
"Hm?"
War er etwas eingeschlafen? Nein, er sah nur ein wenig gelangweilt aus.
"Du hast nicht zufällig noch Sachen aus dem 16. oder 17. Jahrhundert?"
Er sah mich überrascht an.
"Doch, natürlich, aber wofür bräuchtest du die?"
"Historischer Weihnachtsball." seufzte ich.
Er hob eine Augenbraue. "Hm, willst du da wirklich in Männerklamotten hingehen?"
Ich grinste. "Hätte ja sein können das du irgendwelche Frauensachen auch hast, ich meine du bist zwar schwul, aber mit deinem Aussehen hast du damals bestimmt jede Frau rum bekommen."

„Danke für das Kompliment“, meinte ich grinsend. Auch ein Vampir freut sich, wenn ihm jemand sagt, dass er gut aussieht.
„Aber wie kommst du darauf, dass ich schwul bin?“, fragte ich dann ohne nach zu denken.
Sie holte gerade Luft um mir zu antworten, da fiel es mir siedend heiß wieder ein. Ich hatte auf der Party mit Louis geknutscht.
„Oh“, sagte ich, „du meinst Louis ist mein Liebhaber?“
Sie runzelte die Stirn. „Ist er es etwa nicht?“
„Nein eigentlich nicht, er ist nur mein ältester und bester Freund, aber wir sind nicht zusammen. Waren wir nie. Wir tun nur manchmal so. Besonders früher war das sehr lustig.“



Dieser Typ war echt komisch! Man küsst doch nicht einfach so einen Mann! Aber Vampire waren ja keine Menschen, hatten ein anderes Verhalten. Vielleicht führte ihr langes Leben dazu, das sie verschiedene Sachen ausprobierten
"Aber warum hast du das auf der Party getan? Du hast nun an der ganzen Schule den Ruf das du schwul bist! Du hast einige Frauenherzen gebrochen!"
Wenn ich da nur an Lena denke, wie sie geheult hat als sie erfahren hat das er einen Mann geküsst hat.

Ich würde ihr jetzt sicher nicht unter die Nase reiben, dass ich versucht hatte, sie eifersüchtig zu machen.
„Da musst du Louis fragen, er hat mich geküsst.“, redete ich mich also heraus.
„Du musst doch wissen, warum dich dein bester Freund abgeknutscht hat!“, meinte sie skeptisch.
Ich zuckte nur mit den Schultern. Dann konnte ich mich nicht zurück halten und sagte: „Du hast doch auch den Kerl geküsst.“
Wenn ich daran dachte stieg immer noch Zorn in mir hoch und ich hätte ihn am liebsten zerfleischt, aber ich hatte mich unter Kontrolle und ließ mir nichts anmerken.



Erst war ich ein wenig perplex, doch dann lachte ich los.
"Du wolltest mich eifersüchtig machen? Ach wie süß!"
Das war anscheinend nicht die Reaktion die er erwartet hatte.
"Wir haben Flaschendrehen gespielt, und ich hab nun mal Pflicht genommen. Kennst du das Spiel überhaupt?"
Meine Miene änderte sich. "Und was geht es dich eigentlich an, mit wem ich rum knutsche? Das kann dir doch scheiß egal sein, du bist ein egoistischer Vampir, du interessierst dich doch nur für dich selbst!"
Ich war aufgestanden und funkelte ihn an.
"Nur weil du mein Blut trinken durftest heißt das noch lange nicht, das ich jetzt deine persönliche Spenderin bin! Ich hab verdammt noch mal mein eigenes Leben!" schrie ich ihn wütend an.

Jetzt lebte ich schon an die sechshundert Jahre auf dieser Welt, aber Frauen waren immer noch ein Rätsel für mich. Sie war besonders schlimm. Ihre Handlungen und Anschuldigungen waren nicht logisch und das verwirrte mich. Ich konnte sie einfach nicht nachvollziehen.
Dabei war mir gerade mit einem Schlag klar geworden, dass ich sie mochte. Wirklich mochte. Nur für ein Spielzeug wäre ich sicher nicht tagsüber durch die Gegend gejagt .
Ich musste in diesem Moment wohl ziemlich entsetzt und hilflos dreingeschaut haben, denn ihre Miene wurde wieder weicher. Ein kleines bisschen. Das gab mir neue Hoffnung.
Ich versuchte es mit der Frontalangriffsvariante.
„Wärst du nicht eifersüchtig, wenn dein Schwarm, so sagt man das doch heutzutage, jemand anderen küsst?“



Ich war wütend. Dann perplex. Und dann geschockt. Oh nein, das durfte doch nicht wahr sein!
Langsam waren mir seine Worte bewusst geworden.
Das konnte er nicht ernst meinen! Nicht er!
Ich war verwirrt. Wirklich verwirrt!
Er hatte das wirklich nur gemacht um mich eifersüchtig zu machen, weil er eifersüchtig auf Sebastian war.
Er kam einige Schritte näher und mein Herz begann immer wilder zu schlagen.
Di nein! Reiß dich zusammen! Mein Verstand versuchte mich mit aller Kraft wieder zur Vernunft zu bringen.
"Du ... du meinst ..." mehr als ein Stammeln brachte ich nicht heraus.
Das war so verrückt! Das konnte einfach nicht sein, das durfte nicht sein.
Und doch erklärte es so einiges!
Ich starrte ihn immer noch an, in seiner Miene lag Unsicherheit und Erwartung.
Nur war sollte er von einem völlig verwirrten Mädchen erwarten? Logisches und überlegtes Denken garantiert nicht!
"Di ..." murmelte er.
Er legte mir eine Hand an die Wange und mein Pulsschlag beschleunigte sich.
Oh nein, ich hatte mich doch hoffentlich nicht wirklich in einen Vampir verknallt?!

Immerhin war sie noch nicht schreiend davon gelaufen oder hatte mich geschlagen, was bei ihr wahrscheinlicher war. Ich hörte sogar, wie sich ihr Pulsschlag beschleunigte, als ich ihr meine Hand an die Wange legte, aber das konnte auch nur Angst sein. Am liebsten hätte ich sie jetzt geküsst, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich mir dann wirklich eine fangen würde.
Ich entfernte mich also bedauernd wieder etwas von ihr und fragte: „Zu diesem Weihnachtsball, von dem du vorhin gesprochen hast, geht man da zu zweit hin? Wenn das nämlich so ist und du noch keine männliche Begleitung hast, dann möchte ich dich hiermit in aller Form um diese große Ehre bitten.“
Ich verbeugte mich tief. Leider machte das mit meinem roten Morgenmantel wohl nicht so viel Eindruck, wie wenn ich eines meiner barocken Kostüme oder ähnliches getragen hätte.
„Ich würde dir auch bei der Auswahl des richtigen Kleides helfen“, schlug ich vorsichtig vor.



Es hatte für einen Moment so ausgesehen, als ob er mich wirklich küssen wollte. Als er es dann nicht tat, entspannte ich mich wieder ein wenig. Aber zugleich drang Wut in mir hoch. Dieser verdammte Vampir wollte mich doch nur ausnutzen!
„Zu diesem Weihnachtsball, von dem du vorhin gesprochen hast, geht man da zu zweit hin? Wenn das nämlich so ist und du noch keine männliche Begleitung hast, dann möchte ich dich hiermit in aller Form um diese große Ehre bitten.“ fragte er mich und verbeugte sich.
Ich zögerte.
Als er mir dann auch noch vorschlug, das er mir bei der Kleiderwahl half, hatte ich kein Gegenargument mehr zu bringen.
Ich nickte zögernd und versuchte dann mich wieder zu ordnen.
Ganz Ruhig Diana, keinen Stress! Das ist nichts Ernstes, nur eine kleine Spinnerei eines bekloppten Vampirs.
Ich fing mich wieder vollkommen.
"Ok, aber wehe du blamierst mich!" murmelte ich und griff nach meiner Tasche. Ich musste ins Internat zurück, um 11 wurden alle Eingänge zugesperrt.
Ich überflog noch einmal das "Interview" und packte es dann in die Tasche.
Als ich mich wieder umdrehte stand er nahe vor mir. Zu nah!
"Guten Tag noch." murmelte ich und wollte an ihm vorbei gehen, doch er hielt mich fest.
Ich riss mich los und funkelte ihn an.
"Du bist und bleibst ein egoistischer Vampir, der versucht hat mich in einer dunkeln Gasse zu beißen, und vielleicht auch zu töten!" knurrte ich ihn an, dann verließ ich die Wohnung. Dieses mal allerdings auf normalem Weg.
Doch kaum war ich in Niedernburg angekommen, bröckelte meine sichere Fassade.
Alles kam mit Macht an die Oberfläche. Mein Bruder wollte mich töten und ich hatte einen Vampir am Hals, in den ich mich wahrscheinlich auch noch verliebt hatte!
Ich wusste nicht warum, aber ich weinte. Ich schloss mich im Bad ein und versuchte zu begreifen, was mit mir los war.

Als sie gegangen war, fühlte sich meine Wohnung sehr leer an. Und das sie mich zum Abschied nochmal beschimpft hatte, machte die Sache auch nicht gerade besser. Aber immerhin hatte sie mir erlaubt, sie zum Ball zu begleiten, dass heiterte mich etwas auf. Nachdem ich mich endlich umgezogen hatte machte ich mich auf den Weg um Wache zu stehen. Ich wollte das Internat beobachten um zu sehen, ob ich den Blutelf erwischen konnte, wenn er sich an Diana heran schleichen wollte.
Doch in den frühen Morgenstunden war er immer noch nicht aufgetaucht und bald kamen die ersten Schüler. Heute ging auch ich wieder in den Unterricht.



Als ich am Morgen aufstand sah ich ihn vor der Schule stehen. Augenblicklich kehrte das schlechte Gefühl von gestern Abend wieder in mich zurück.
Ich meldete mich bei der Internatsleiterin krank und legte mich wieder hin. Ich brauchte ruhe, und ich wollte ihm nicht über den Weg laufen. In der Mittagspause kam Katrin vorbei um mich über die Neuesten Dinge zu informieren. Größtenteils war es nur "Wer ging mit Wem" Zeugs.
"Ach ja, und der Referendar hat angekündigt nicht mehr zu kommen."
"Welcher?" murmelte ich.
"Maximilian von Habsburg."
ich fuhr hoch.
"Was?"
"Ja, anscheinend hat die Schulleitung was von den Vorfällen auf der Party mitbekommen und ihn mal genauer unter die Lupe genommen, aber er hat gesagt das er seine Referendarszeit an einer anderen Schule machen wird, also ist wieder alles in Ordnung."
Ich biss mir auf die Lippe. Das war allein meine Schuld.
Als Kati wieder ging fühlte ich mich elender als zuvor.
Wieso konnte ich nie etwas richtig machen?
Ich rief Lukas an und bat ihn her zu kommen, was er auch tat. Er hatte schon an meinem Tonfall erkannt das etwas nicht stimmte, und des wegen kam er mit einer Reihe Filme und mehreren Großen Schachteln Eis in mein Zimmer.
Er wusste wirklich was ich brauchte! Wir redeten den ganzen Abend, meine Mitbewohnerinnen verbrachten die Zeit damit, in die Disco zu gehen.
Als Lukas um kurz vor 11 gehe musste, drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange und umarmte ihn.
"Danke." murmelte ich. Er fuhr mir übers Haar.
"Wir haben uns geschworen zusammen zu halten. Lass dich nicht unterkriegen Kleine." murmelte er, während seine Stirn an meiner lag. Er stupste mich mit der Nase an und ging dann. Ich fiel in einen traumlosen, jedoch unruhigen Schlaf.

Ich hatte beschlossen, wenigstens den ersten Teil der Nacht Wache zu stehen und so sah ich kurz vor elf Lukas aus dem Gebäude kommen. Ein schmerzhafter Stich durchzuckte mich. Es war keine Eifersucht, es war Enttäuschung. Er war ihr bester Freund, sie vertraute ihm bedingungslos, mir würde sie nie so vertrauen, egal wie lange sie mich kannte. Ich war ein Vampir, mir konnte man nicht vertrauen, ich war egoistisch und gefährlich.
In diesem Moment verfluchte ich zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit mein Schicksal. Wieso hatte ich als Mensch nicht geliebt und mit der Geliebten alt werden und sterben können? Wieso musste ich jetzt, da ich ein Vampir war lieben und wieder Gefühle für Menschen hegen, die mich irgendwann verlassen würden?
Hart biss ich die Zähne aufeinander. Dann schlug ich gegen die Wand des Gebäudes, an dem ich lehnte. Von der Mauer bröckelte der Putz. Um mich wieder unter Kontrolle zu bekommen schloss ich die Augen.
Ich weiß nicht, wie ich lange ich bereits so dagestanden hatte, als ich leise Geräusche hörte. Eine Gruppe schwarz gekleideter und maskierter Gestalten erbrach das Schloss der Schultür. Blitzschnell zog ich mein Handy aus der Tasche um Diana eine Warnung zu schreiben, denn es bestand kein Zweifel daran, wer diese Leute waren.



Ich wurde von einer SMS aus dem Schlaf gerissen.
Max. Was wollte er von mir?
Ich las die Nachricht.
"Verdammt!" murmelte ich und sprang aus dem Bett. Schnell zog ich mich an und lief aus dem Zimmer.
Sie Jäger und mein Bruder hatten sich den wohl ungünstigsten Ort für eine Entführung ausgesucht, denn Niedernburg hatte lauter Winkel, Ecken und Verstecke.
Ich hörte ihre Schritt dank meines Guten Gehörs schon von Weitem. Ich öffnete eine der Dachluken und Kletterte hinaus. Leise schloss ich sie wieder und balancierte über das Dach.
Doch ich hatte mich zu früh gefreut. Einer der Jäger kam von der anderen Seite auf mich zu. Na dann, Augen zu und durch!
Als er auf mich zu gerannt kam duckte ich mich, rammte ihm meinen Ellenbogen in den Magen und warf ihm vom Dach auf die Straße. Es gab ein lautes Knacksen, durch das die anderen auf mich aufmerksam wurden.
Gerade als ich eine Regenrinne nach unten klettern wollte, stand plötzlich mein Bruder vor mir.
Er grinste mich an. "Aber aber Prinzessin, wohin des Weges?"
Dann trat er mit dem Fuß auf meine Hand, mit der ich mich am Dach festgehalten hatte. Ich fiel fast zehn Meter in die Tiefe.
Doch bevor ich auf dem Pflaster aufschlagen konnte, hatte mich jemand aufgefangen. Ich erkannte Max Geruch sofort.
Zwei Jäger kamen auf uns zu gerannt. Er lies mich runter, dem einen riss er das Herz heraus, dem anderen zerfetzte er die Kehle.
Ein Schauer durchfuhr mich, als das Herz des einen auf der Straße aufschlug. Und plötzlich waren meine Jägerinstinkte geweckt, denn als drei weitere auf uns zu kamen, hielt ich Max zurück.
Den einen Schleuderte ich mit ganzer Kraft an die nächste Mauer, wodurch ich ihm den Schädel zertrümmerte.
Dem anderen brach ich erst beide Arme, dann drehte ich ihm den Kopf um.
Dem dritten schließlich versetzte ich einen Schlag in den Magen, sodass er sich nach vorne beugte, und ich ihm so im Nacken sämtliche Nerven und sehnen durchbeißen konnte, dann brach ich ihm ebenfalls das Genick.
Als dann Jan vor mir auf der Straße stand, war ich erst so richtig in Fahrt. Er erkannte es und ergriff wie ein Hase vor dem Jäger die Fluch.
Eine kalte Hand legte sich mir auf die Schulter, ich fuhr herum und schlug der Person mit einem gezielten Handkantenschlag gegen die Schläfe. Zu spät erkannte ich das es Max war.
Er sank zu Boden, ich konnte ihn gerade noch festhalten, sodass er nicht aufs Pflaster auftraf.
Ich hatte einen Vampir KO geschlagen! Und ich hatte drei Menschen getötet.
Als ich mir dessen Bewusst wurde, sank ich zu Boden.
Mit zitternden Händen holte ich mein Hand hervor.
"Dad, ich brauche deine Hilfe." Meine Stimme zitterte.
Wenig später kamen mein Vater und Lukas und kümmerten sich um das Massaker, das Max und ich angestellt hatten.
Ich hielt es für besser nach Hause zu fahren, Max nahmen wir mit.

Peinlich! Ich hatte mich von einem kleinen Blutelfenmädchen niederschlagen lassen. Aber ich musste zugeben, dass sie gar nicht schlecht kämpfte. Als ich wieder zu mir kam, lies ich die Augen erst noch geschlossen und tut weiterhin so, als wäre ich ohnmächtig. Meine feine Sinne informierten mich darüber, dass ich mich in einem fahrenden Auto befand. Drei Personen waren bei mir. Diana, Lukas und jemand, dem ich noch nie begegnet war, dessen Geruch ich allerdings schon an Diana bemerkt hatte. Da es eindeutig ein Blutelf war, nahm ich an, dass es sich dabei um ihren Vater handelte.
Ich war nicht angeschnallt, sonder hing schräg auf der Rückbank, mein Kopf auf Dianas Schoß. Schön. Ein Grund weiter so zu tun, als wäre ich noch ohnmächtig, denn wenn ich die Augen öffnete würde sie mich sicher wegschieben.
Allerdings hoffte ich, dass ihr Vater keinen Unfall baute oder scharf bremsten musste, ich legte nämlich keinen Wert darauf durch die Windschutzscheibe zu fliegen. Auch einem Vampir tat so etwas weh.
Irgendwann hielten wir an. „Wo sind wir?“, wollte ich wissen und richtete mich auf.




Ich sah auf Max hinab der, noch immer bewusstlos, in meinem Schoß lag. Erst als wir bei uns zu Hause waren richtete er sich auf und fragte: „Wo sind wir?“
Ich seufzte. Mein Vater drehte sich um. „Gut, wenn Sie wach sind kann ich sie ja gleich wieder zurückfahren.“
„Dad, das ist viel zu gefährlich! Jan streift sicher durch die Straßen um ihn zu finden, er wird ihn umbringen! Er hat mir immerhin drei Mal das Leben gerettet!“, sagte ich. Warum tat ich das?
Ich schnallte mich ab und ging ins Haus. Ich ging duschen und versuchte die Ereignisse der Nacht los zu werden. Als ich wieder aus dem Bad kam und mich anzog, klopfte es an die Tür. Ich zog mir schnell den weiten Pulli über den Kopf und drehte mich um. Lukas lehnte im Türrahmen.
„Alles ok?“, fragte er und kam zu mir. Er nahm mich in die Arme.
„Ich hätte nicht gehen dürfen.“, murmelte er.
„Er hätte dich umgebracht wenn er dich gesehen hätte! Er ist nicht mehr er selbst!“
Eine Träne lief mir die Wange hinab, er wischte sie sachte weg.
„Wir werden ihn wieder zurückbringen, das schwör ich dir!“, sagte er und küsste mich auf die Stirn. Ich umklammerte seine Hände, er sollte mich nicht alleine lassen, ich wollte nicht alleine sein. Er zog mich in eine Umarmung, da sah ich Max der uns musterte.
Ich schloss meine Augen und lehnte mich gegen Lukas‘ Schultern.
„Danke für alles.“, murmelte ich, er strich mir übers Haar.
Ich kämpfte gegen die Tränen und klammerte mich noch fester an ihn.
Doch irgendwann schob er mich zögernd von sich weg und nahm mein Gesicht in beide Hände.
„Di ... bleib stark!“, murmelte er und ging nach unten.
Nun war ich mit Max alleine.
Er hatte mich die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen, ich sah zu Boden.
„Sorry wegen vorhin.“, murmelte ich.
Er lachte. „Halb so schlimm, ich bin ein Vampir und halte so was schon aus.“
Ich sah trotzdem betreten drein, was ihn wieder zum Lachen brachte.
„Ich wollte mich nur schnell verabschieden. In einer Stunde geht die Sonne auf“, sagte er.
Ich sah ihn an.
„Du kannst auch hier bleiben.“, murmelte ich.
„Nein danke, ich ziehe meinen Sarg jedem Bett vor!“, sagte er lachend.
„Aber was ist mit Jan?“
„Mit dem werde ich schon fertig, keine Sorge.“
Er ging nach unten, zögernd folgte ich ihm.
Als er gerade bei der Haustür hinausgehen wollte, fragte ich: „Max?“
Er drehte sich um und ich ging auf ihn zu.
„Danke.“, murmelte ich und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange, dann drehte ich mich um und ging wieder in mein Zimmer.
Ich brauchte unbedingt Ruhe!

Kuss Nummer zwei! Und außerdem gefiel es mir sehr gut, dass sie sich Sorgen um mich machte. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht, dann wandte ich mich um und sah zu, dass ich nach Hause kam. Im Wald lief ich noch so schnell ich konnte, als ich dann wieder in der Stadt war, musste ich mein Tempo leider zu einem schnellen Joggen zügeln. Trotzdem schaffte ich es natürlich, vor Sonnenaufgang in meiner Wohnung zu sein. Dort erwartete mich ein besorgter Louis, der sich dann aber köstlich darüber amüsierte, dass ich mich k.o. schlagen lassen hatte.
Als wir uns mal wieder gemeinsam in den Sarg quetschten meinte er noch: „Wenn das k.o. schlagen lassen zu einem perfekt ausgeklügelten Plan gehört hätte um in ihr Haus zu kommen, würde ich dich jetzt bewundern“
„Hä?“, meinte ich schläfrig.
Er lachte: „Das überzeugt mich jetzt, dass dem nicht so war. Wegen deinem kleinen Unfall heute hat sie dir erlaubt in ihr Haus zu kommen, ab jetzt kannst du das auch ohne ihre Einladung.“
Da hatte er Recht! Ich konnte ab jetzt immer in ihr Haus! Das hatte einen großen Vorteil, denn wenn sie eines Tages in ihrem Haus überfallen würde, konnte ich ihr helfen ohne mir zuerst die Erlaubnis zum Betreten zu holen, die sie mir dann vielleicht schon gar nicht mehr geben könnte. Sehr zufrieden schlief ich ein.


Ich schlief bis zum Mittag und kehrte dann in die Schule zurück. Der Rest der Woche verging, ohne das großartig etwas passierte. Von den Prüfungen mal abgesehen.
In der ganzen Schule war die Weihnachtsstimmung zu spüren, meine Zimmergenossinnen und ich verbrachten fast jede Mittagspause auf dem Christkindlmarkt vor dem Dom. In der zweiten Dezemberwoche begannen dann die Vorbereitungen für den Ball. Er wurde in der Aula abgehalten, im angrenzenden Garten mit dem Neubau wurde ein Zelt aufgestellt, in dem später die Verpflegung untergebracht wurde. Der Ball sollte am nächsten Freitag stattfinden und ich hatte noch immer kein Kleid. Ich würde es wohl oder übel im Internet bestellen müssen, da es in unserer Stadt keinen Laden gab, in dem man Historische Kleidung kaufen konnte, uns extra eines anfertigen lassen wollte ich nicht. Also zwang ich mich am Freitagabend dazu, zu Max zu gehen, meinen Laptop unter dem Arm. Ich klingelte und wartete bis mir geöffnet wurde.
Als ich vor der Wohnung stand öffnete mir eine Frau.
"Diana, richtig?"
Ich nickte.
"Ich bin Maria." Sie roch nach Vampir.
Ich ging in die Wohnung, Max und Louis saßen auf der Couch und zogen sich gerade irgendeinen Westernfilm rein.
"Morgen.", murmelte ich.
Sofort drehte sich Max um. Ein Lächeln trat auf sein Gesicht.
"Hey Di, was machst du denn hier?"
Ich hielt den Laptop hoch.
"Ich brauch noch ein Kleid für den Ball, hast du das etwas vergessen?" Ich wollte nicht beleidigt klingen, aber ich konnte es nicht ganz unterdrücken.
Max schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. Er hatte es also vergessen.
Maria lies sich neben Louis auf die Couch fallen und gab ihm einen Kuss.
Also war er doch nicht schwul, diese Vampire waren echt merkwürdig!
"Was ist das denn für ein Ball?", fragte Maria.
"Ein historischer Weihnachtsball. Die Stadt hat doch heuer das Barockjahr, und unsere Schule dachte sich, da leistet sie auch ihren Teil dazu bei. Es gibt einen für die Unter- und Mittelstufe und eben einen für die Oberstufe.", sagte ich und lies mich in einen Sessel fallen.
Ich schaltete meinen Laptop ein und Max kam zu mir herüber. Er quetschte sich doch allen ernstes neben mich!

In letzter Zeit hatte ich wirklich zu viel Action und zu viele Gäste! Da hatte ich sogar vergessen, dass ich Diana dabei helfen wollte ein Kleid aus zu suchen! Peinlich.
Sie schaltete ihren Laptop ein und ich setzte mich neben sie. Ich konnte nicht widerstehen und lehnte mich etwas zu ihr hinüber um ihren Geruch ein zu atmen. Maria warf mir einen belustigten Blick zu und ich funkelte sie wütend an. Jedes Mal wenn sie mit Louis bei mir war und das kam in letzter Zeit ziemlich häufig vor, versicherte sie mir, wie süß sie mich und meine Versuche mit einem Blutelfenmädchen an zu bandeln doch fände.
Louis war eine alte Tratsche. Gut, dass es in unserer Stadt nicht noch mehr Vampire gab, denen er das unter die Nase reiben konnte. Ich sah also auch ihn wütend an, doch er lächelte nur und warf mir eine Kusshand zu.
Diana blickte irritiert auf.



Was stimmte mit diesen Vampiren nur nicht?
Was hatten sie für ein Problem?
Ich ging ins Internet und suchte eine weile. Max schaute mir dabei die ganze Zeit über die Schultern.
Barocke Kostüme kamen nicht in Frage, sie waren zu kitschig!
Es gab für den Ball eigentlich nur eine Vorschrift: Kleidung im Stil des Barocks, also möglichst Reifrock und etwas mit viel Spitze. Letzteres war gar nicht mein Ding. Aber schließlich fand ich ein Kleid, das ungefähr dem Stil entsprach. Es war Trägerlos, in verschiedenen Blautönen, hatte einen Reifrock der mit schräg faltigen Stoff übersät war. Der obere Teil erinnerte stark an ein Korsett.
Ich war zufrieden, ich zeigte es Max. Er sah erst mich, dann das Kleid an und nickte.
"Wollen wir doch mal sehen ob ich dazu was passendes habe", sagte er grinsend und zog mich hoch. Dann führte er mich in sein Schlafzimmer. Oder besser, Sargzimmer. Mir lief ein Schauer über den Rücken als ich den schwarzen Sarg sah, der in der Mitte des Raumes stand.
"Moment, wo schläft dann ..."
Ich sah ihn an. Er grinste.
Vampire waren definitiv pervers!
Er ging zu seinem riesigen Kleiderschrank, in dem sich Kleidungsstücke aus den verschiedensten Jahrhunderten türmten. Er zog einige Sachen heraus. Ein schwarzer, fast knielanger Mantel, der mit Silber bestickt war. Dazu eine passende knielange Hose. Darunter eine Weste mit Silberstickereien und ein feines weißes Hemd. Von dem Spitzenjabot war ich weniger begeistert. Den Rest jedoch akzeptiere ich.
Ich ging zurück ins Wohnzimmer und wollte meinen Laptop ausschalten, als ich die E-mail bemerkte. Ich setzte mich und öffnete sie.
"Meine Schöne, ich gebe dir eine letzte Chance! Komm morgen Abend zu unserem alten Platz, dann verspreche ich dir, dass dein Tod schmerzlos sein wird. Solltest du dich weigern, werde ich alle umbringen, die dir am Herzen liegen! In Liebe, dein Bruder."
Ich war wie betäubt.

Sie bemerkte nicht, wie ich hinter sie trat um über ihrer Schulter zu schauen und die E-mail ebenfalls zu lesen. Sie zeigte auch keine Reaktion, als ich ihr die Hand auf die Schulter legte. Erst als ich mit einem fiesen Grinsen sagte: „Jetzt haben wir ihn“, wandte sie sich zu mir um und starrte mich entsetzt an.
„Wir können ihn morgen dort erwarten. Außerdem hoffe ich für ihn, dass er so schlau war, diese Mail nicht von seinem eigenem Laptop zu schreiben, denn ansonsten können wir ihn ab jetzt jedes Mal orten, wenn er damit online ist“, erklärte ich.
Louis lachte.
„Da trifft es sich ja hervorragend, dass wir heute Nacht noch Verstärkung bekommen“, meinte er.
„Wenn ihr irgendwie meine Hilfe brauchen könnt, wäre ich auch gern mit von der Partie“, warf Maria aufgeregt ein.
Ich lächelte. Das waren fantastische Aussichten für eine gute Jagd.
„Du solltest aber trotzdem deine Eltern und Lukas warnen“, schlug ich Diana vor.



"Nein.", sagte ich ruhig.
Die drei starrten mich entsetzt an.
"Was nein?", fragte Max.
"Ihr werdet nichts unternehmen! Ich gehe dorthin. Alleine. Ich bleibt hier, das ist meine Sache!"
Ich packte den Laptop in die Tasche.
"Diana!" Max sah mich fassungslos an.
"Das ist Selbstmord!"
Ich hob die Schultern.
"Das ist mein ganzes Leben, glaub mir."
Ich verließ die Wohnung ohne mich zu verabschieden, doch auf der Straße stand Max plötzlich vor mir.
"Ich werde dich nicht alleine dort hingehen lassen!", knurrte er und kam näher.
"Ich brauche keinen Babysitter!", fauchte ich. "Wenn du nicht gewesen wärst hätte ich das ganze Schlamassel doch gar nicht!"
"Wenn ich nicht gewesen wäre, wärst du längst tot!", schrie er.
Meine Augen verengte sich zu Schlitzen.
"Besser tot, als bei einem Vampir eine offene Rechnung zu haben!"
Ich ging an ihm vorbei doch er packte mich am Arm.
"Di, sei verdammt noch mal einmal vernünftig!"
Ich lachte heißer.
"So bin ich nun mal nicht! Ich gehe dorthin, alleine. Ihr werdet nichts unternehmen! Ich will meinen Bruder wieder zurück haben und das kann ich nur, wenn ich allein mit ihm bin. Ihr Vampire würdet nur alles versauen!"
Ich riss mich los und ging schnellen Schrittes die Straße entlang.
Mein Entschluss stand fest. Ich würde Jan alleine gegenübertreten und ihn wieder zurückholen. Er war noch nicht ganz verloren.

Als ich niedergeschlagen wieder zurück in meine Wohnung kam, hatte nicht einmal Maria einen spöttischen Kommentar auf Lager.
„Oh, Max“, sagte sie und diesmal klang es unglaublich ernst „Du bist so niedlich.“ Dann umarmte sie mich. Ich weiß, es ist etwas seltsam, einen 600 Jahre alten Vampir als niedlich zu bezeichnen, aber bei Maria war das verständlich. Sie ist alt, uralt. Ich kann nicht genau sagen, wann sie geboren und gebissen wurde, aber ich nehme an es war frühes Mittelalter, vielleicht 800 nach Christus. Ich würde also niemandem raten, sich mit ihr an zu legen. Ich habe ehrlich gesagt ziemlichen Respekt vor ihr.
Auch Louis zog mich an sich. Juhu! Gruppenkuscheln.
„Ihr zerquetscht mich“, warf ich ein, um mich von ihnen zu befreien. Das funktionierte glücklicherweise auch.
„Du solltest auf jeden Fall ihren Eltern Bescheid geben“, schlug Maria vor „vielleicht wissen die ja, was zu tun ist.“
Leider konnte ich bei Diana zu Hause niemanden erreichen, ich musste es später noch einmal versuchen. Gerade als ich frustriert auflegte, läutete jemand an der Tür. Louis sprang auf und rannte los,um zu öffnen. Auch ich erhob mich. Kurz darauf hörte man bereits übermütige Stimmen im Flur und bevor ich mich versah wurde ich zum zweiten Mal im Laufe dieses Abends fast zerquetscht.
„Einer für alle, alle für einen!“, rief eine fröhliche, dunkle Stimme.
Meine besten Freunde waren meiner Einladung gefolgt. Die Musketiere waren wieder vereint. William, alias Porthos, Felipe, alias d'Artagnan, Louis, unser Aramis und ich, Athos. Während Maria sich vorstellte und Louis die zwei anderen über die Ereignisse des heutigen Abends ins Bilde setzte, versuchte ich es noch einmal bei Dianas Eltern, doch wieder hob niemand ab.
Die restliche Nacht verbrachten wir damit, Pläne für morgen Abend zu schmieden und ich muss zugeben, dass ich mich gleich schon wieder viel besser fühlte, nachdem ich jetzt meine Freunde bei mir hatte.



Ich hatte meinen Eltern sofort gesagt das sie auf keinen Fall ans Telefon gehen sollten. Max war ziemlich berechenbar, wenn ich mich quer stellte würde er es eben über meine Eltern versuchen.
Samstag Vormittag ging ich ganz normal zur Klavierstunde. Am Nachmittag dann ging ich mit Chris trainieren. Ich schonte mich, und gleichzeitig spornte ich mich an.
Ich trank das Blut von mehreren Kaninchen um für den Abend fit zu sein. Lucas fiel mein etwas zu ruhiges Verhalten natürlich auf und er stellte mich zur rede, als ich gerade das Haus verlassen wollte, um mich mit Jan zu treffen.
"Lala.", murmelte er und versperrte mir den Weg.
"Wo willst du hin?"
"Ich treff mich mit Max.", sagte ich knapp und wollte an ihm vorbei, doch er hielt mich zurück.
"Er hat mir gesagt was zu vorhast, lass es!"
Ich funkelte ihn wütend an.
"Du hast mir versprochen das wir ihn zurückholen, hast du das etwa vergessen."
"Nein, aber was bringt es uns ihn zurückzuholen, wenn du dabei draufgehst!", murmelte er und kam auf mich zu.
"Bitte Di, sei kein Idiot!"
"Das bin ich nun mal!", knurrte ich und ging an ihm vorbei.
Er nahm zaghaft meine Hand.
"Di, du machst dir vor du wärst stark, aber das bist du nicht, und das weist du!"
"Ich bin stärker als du glaubst!", zischte ich. Ich war verletzt und wütend. Wie konnte er mich nur so hintergehen.
"Ich habe wirklich gedacht das ich dir wichtig bin!"
Ich funkelte ihn wütend an.
"Du bist mir wichtig, du bist mein ein und alles!"
Er kam wieder auf mich zu doch ich schubste ihn weg.
"Wenn ich dir wichtig bin dann lass mich gehen! Ich will alleine mit Jan reden!"
Er zögerte. Dann nickte er. Ich ging aus dem Haus. Wohlwissend das er gerade Max anrief.

Ok, „Plan Lukas“ war schief gegangen. Er rief mich an und sagte mir, dass es ihm nicht gelungen war, sie auf zu halten. Während ich mit ihm telefonierte, versuchte Felipe weiter Jans Laptop zu orten, aber er war nicht online. Es war nicht schwer für den Hacker gewesen, heraus zu finden, dass die E-mail wirklich von diesem geschickt worden war. Der Kerl unterschätzte uns, aber solange er nicht online war, nützte uns das nichts.
Die anderen saßen auf meinem Sofa herum und unterhielten sich leise. Aus meiner Wohnung war eine regelrechte Kommandozentrale geworden. Alle hatten sie bei mir übernachtet, sogar Maria. Sie hatte schnell ihren Sarg aus ihrer Wohnung geholt und war quasi bei mir eingezogen, Louis hatte sich zu ihr gequetscht, Felipe hatte auf meiner Couch geschlafen, denn er schlief auch zu Hause in einem Bett und William hatte eine eigene Erfindung dabei, die er den „Campingsarg“ nannte. Das Ding war aus schwarzen Baumwollplanen, die an einer Art Zeltgestänge in Sargform befestigt waren. Öffnen und schließen konnte man es mit einem Reißverschluss. Und jetzt saß diese ganze Horde Vampire bei mir zu Hause herum.
Aber nicht mehr lange, denn kurz nach dem Lukas angerufen hatte brachen wir auf. Wir stiegen in Felipes schwarzen Mercedes mit den getönten Scheiben und fuhren in die Nähe des Aussichtspunkts. Dann durchsuchten wir die Gegend, aber der Blutelf war noch nicht da. Zuletzt legten wir uns auf die Lauer. Wenn Diana zuerst kommen würde, würden wir sie entführen, wenn er der erste war, würden wir uns ihn schnappen. Möglichst ohne ihn zu töten.
Glücklicherweise dämmerte es bereits. Wir hatten darauf geachtet, dass der Wind so stand, dass man uns nicht frühzeitig riechen konnte.



Obwohl schon der erste Schnee lag holte ich mein Motorrad aus der Garage. Und meine Tasche mit der "Spezialausrüstung". Ich war früher einmal total wild auf Detektive und Agenten gewesen, weswegen mit mein Vater zum Geburtstag einmal eine Sonnenbrille mir eingebautem Infrarot geschenkt hatte. Ich schwang mich auf die schwarze Maschine und brauste in die Nacht davon. Ich trug einen schwarzen Rollkragenpullover, eine Lederjacke, eine schwarze Jeans und Stiefel. Dazu noch Handschuhe und eine Mütze unter dem Helm. Als ich in die Gegend des vereinbarten Ortes kam, schaltete ich die Sonnenbrille ein.
Wie erwartet waren die Vampire gekommen, aber es waren mehr als vorher, zwei Männer waren noch dabei. Das mussten dann wohl die fehlenden "Musketiere" sein.
Ich fuhr ein Stück zurück und bog in den Wald ein. Es gab zwei Möglichkeiten zu dem Platz zu kommen. Der über das Haus war der einfachere. Der schwierigere führte erst durch einen Wald und dann einige Felsen hinauf zu dem Baum und der Bank.
Ich kletterte über die Felsen nach oben, meine Maschine stand gut versteckt unter einige Bäumen. Unter mir tat sich ein steiler Hang auf, als ich von einem Felsen zum nächsten kletterte.
Als ich um einen Felsen bog sah ich ihn.
Er stand lässig grinsend auf einem kleinen Plateau unterhalb des Felsens, auf dem sich der Baum und die Bank befanden.
Von oben konnte man uns weder sehen, noch hören.
"Hallo Schwesterherz, wie schön das du gekommen bist!"

Plötzlich vibrierte mein Handy. Ich hatte es auf lautlos gestellt, damit es unsere Beute nicht verschreckte. Ich ging dran und fragte leise: „Ja, was ist?“
Es war Lukas. Er meinte: „Ich wollte dich nur warnen. Wenn einer der beiden euch bemerkt, werden sie einen anderen Weg nehmen. Über einige Felsen kann man von unten bis zu der Bank und dem Baum klettern. Unterwegs könnten sie sich sogar treffen, ohne dass ihr sie bemerken würdet.“
Ich bedankte mich, dann legte ich auf. Gemeinsam mit Maria schlich ich zu dem Aussichtspunkt, immer darauf achtend das der Wind uns nicht verriet. Als wir uns vorsichtig auf dem Bauch bis dahin vorschoben, wo der Abhang steil nach unten abfiel, entdeckten wir die beiden tatsächlich auf einem kleinen Felsplateau. Gut, dass mich Lukas gewarnt hatte.
„Wir greifen nur an, wenn sie in Gefahr ist“, flüsterte ich Maria zu. Dann hielten wir uns so versteckt, dass man uns von unten nicht sehen konnte und beobachteten.

Ich wich einige Schritte zurück.
"Aber aber! Komm her!", sagte er mit einem fast schon liebevollen Ton.
es widerstrebte mir zwar, aber ich ging auf ihn zu.
"Du bist mein Mädchen!" Er strich mir über die Wange.
Ich bekam eine Gänsehaut. "Ich weiß wirklich nicht warum du dich so dagegen gewehrt hast.", seufzte er.
"Jan ich ..."
Er legte mir einen Finger auf den Mund.
"Dein Blut war mit Abstand das köstlichste, das ich je getrunken habe! Und es wird mir eine Freunde sein dich aus zu saugen."
Ich verzog das Gesicht was ihm ein grässliches Lachen entlockte.
"Sag, wie geht es Lukas? Ich habe ihn doch bei dir gesehen oder nicht? Er wird mein nächstes Opfer sein!", sagte er schon fast träumerisch.
"Du ... du hast gesagt du lässt die anderen in Ruhe wenn ich zu dir komme und du mich bekommst!"
Er grinste. "Nun, das habe ich vielleicht gesagt ..."
Er spielte auf die anderen Sucher an.
"Und Lukas ist ein Mensch, kein Vampir oder ähnliches. Und Menschen stehen nun mal ganz oben in der Ernährungspyramide!"
Ruckartig packte er mich am Arm und wollte mich in den Hals beißen, doch er schrie auf.
Ein feingliedriger Kragen aus Metall verhinderte, das er meinen Hals verletzen konnte.
"Nun, da du nun dein Abkommen gebrochen hast, muss ich mich ja auch nicht an meines Halten.", knurrte ich und stürzte mich auf ihn.
Dann begann ein Kampf auf Leben und Tod. Er war verdammt stark, doch ich kannte ihn und seine Bewegungen nur zu gut.
Er jedoch auch die meinen. Immer wieder näherten wir uns dem Abgrund.
Plötzlich riss er mich hoch und schleuderte mich gegen die Wand. Doch er hatte sich zu früh gefreut. Ich reagierte rechtzeitig, schaffte es mich zu drehen und machte einen Back Flipp aus gut einem Meter Höhe. Er stieß ein verärgertest knurren aus und fletschte die Zähne.
Dann zog ich den Dolch aus meinem Rückenprotektor, den ich unter dem Pulli trug und warf ich nach Jan. Er blieb in seiner Brust stecken, jedoch nicht in seinem Herzen.
Aber er war geschwächt, und genau das brauchte ich. Ich stürzte mich auf ihn und verpasste ihm einige gekonnte Schläge ins Gesicht und in den Magen.
Ich trieb ihn zum Abgrund.
Gerade als er sich den Dolch aus der Brust zog holte ich mit dem Fuß aus und schleuderte ihn mit einem gekonnten Seitkick von dem Plateau. Er stürzte in die Tiefe. Jedoch bezweifelte ich das ihn das umbrachte. Jedoch würde es einige Zeit brauchen, bis er sich davon wieder erholen würde.
Erschöpft, ausgepowert und doch voller Adrenalin sank ich zu Boden.
Ich hatte wirklich versucht meinen Bruder zu töten.
Langsam griff die Schwärze nach mir und hüllte mich irgendwann völlig ein.

Als sie wieder zu sich kam und die Augen öffnete, fuhr sie erschreckt zusammen. Das war allerdings auch verständlich, denn fünf Vampire und ein Mensch starrten auf sie hinunter. Sie lag auf meiner Couch und wir standen alle um sie herum, auch Lukas war sofort gekommen, als ich ihm berichtet hatte, was geschehen war.
Er lächelte sie an „Hallo Lala! Ich freu mich so, dass es dir gut geht.“
„Gut gekämpft!“, meinte ich „Ich werde mich ab jetzt hüten, dich in den Hals zu beißen, wenn ich nicht genau sehe, dass du deinen Schutz nicht trägst.“
Die anderen Vampire lachten.
„Was nicht bedeutet, dass er dich nicht irgendwo anders hin beißen würde!“, spottete Maria.
Sie waren alle etwas überdreht und etwas zu gut gelaunt. Schon auf der Rückfahrt, als Maria und ich ihnen erzählt hatten, was geschehen war, hatten sie die ganze Zeit über herum gealbert.
„Wisst ihr was?“, fragte ich „ihr könntet alle ein bisschen jagen gehen.“
Glücklicherweise nahmen sie meinen Vorschlag an und ich konnte mich mit Diana und Lukas alleine unterhalten. Ich mochte die ganze Bande ja wirklich gerne, aber manchmal störten sie etwas.
„Was ist mit Jan?“, wollte Diana sofort wissen.
„Wir haben weder ihn noch seine Leiche gefunden“, entgegnete ich, „ich gehe schwer davon aus, dass er überlebt hat.“



Wie konnte man mir nur so einen Schreck einjagen?
Ich war verdammt noch mal ohnmächtig gewesen!
Sobald die anderen zum Jagen gegangen waren fragte ich: "Was ist mit Jan?"
„Wir haben weder ihn noch seine Leiche gefunden“, entgegnete Max, „ich gehe schwer davon aus, dass er überlebt hat.“
Ich seufzte. Aber so etwas hatte ich schon erwartet. "So schnell wird er sich jedenfalls nicht mehr blicken lassen.", murmelte ich und richtete mich auf.
"Ich fahr nach Hause und sag deinen Eltern Bescheid, dass es dir gut geht.", meinte Lukas und verschwand.
Irgendetwas sagte mir, dass das nicht der einzige Grund war, warum er uns verlassen wollte.
Mal wieder war ich mit Max alleine.
"Warum seid ihr dort aufgetaucht?", zischte ich ihn an. Ich war wieder ganz die Vampir verabscheuende Blutelfe geworden.
"Di, wir haben uns Sorgen gemacht!", sagte Max.
"Ach ja, und deine Musketier Freunde hast du gleich mitgenommen, ich glaub eher dass ihr ein wenig angeben und die Helden spielen wolltet, aber darauf kann ich wirklich verzichten!", knurrte ich und stand auf. Mir war noch etwas schwindelig aber ich ließ mir nichts anmerken und griff nach meiner Jacke.

Was sollte ich nur jetzt schon wieder machen um sie wieder gnädig zu stimmen? Dieses Mädchen überforderte meine Kreativität maßlos. Ich wusste nicht, was ich sagen oder tun sollte, um sie dazu zu bringen, nicht mal wieder wütend davon zu laufen.
Und mangels besserer, intelligenterer Alternativen verfiel ich zum Schluss auf eine ziemlich dumme Idee.
Sie ging, ihre Jacke in der Hand, auf die Tür zum Flur zu, doch ich versperrte ihr den Weg.
„Ich hab mir wirklich Sorgen gemacht“, beteuerte ich, dann beugte ich mich nach vorne und küsste sie auf den Mund.



Als ich das Zimmer verlassen wollte versperrte er mir den Weg.
"Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht.", sagte er.
Und bevor ich noch etwas unternehmen konnte küsste er mich auf den Mund.
Eine Welle der Hitze durchflutete mich, ich wollte am liebsten meine Jacke zu Boden schmeißen und mich an ihn schmiegen, doch ich tat es nicht. Das war nicht der richtige Zeitpunkt, nicht hier und nicht heute! Ich zuckte zurück, obwohl mir dabei das Herz schmerzte. Dann verpasste ich ihm eine Ohrfeige.
"Tu das noch einmal und ich bring dich um!", knurrte ich.
Meine Stimme überschlug sich beinahe.
Ich rannte aus der Wohnung und kam erst bei meiner Maschine wieder zum stehen.
Mit zitternden Fingern fuhr ich mir über die Lippen. Verdammt, jetzt war es offensichtlich. Ich hatte mich in diesen Vollidioten verliebt!

Aua. Aber eigentlich hatte ich ja damit gerechnet, dass sie mich schlagen würde. Ich war einfach unbelehrbar. Knurrend rieb ich mir die Wange. Zeit mich den anderen bei ihrer Jagd an zu schließen und meinen Liebeskummer in Blut und fröhlicher Gesellschaft zu ertränken.
Ich schrieb ihr allerdings noch eine SMS, mit der ich in aller Form um Vergebung für den eben begangenen Faux-pas bat und meine Hoffnung ausdrückte, dass sie, obwohl ich ein unhöflicher und vollkommen unausstehlicher Vampir war noch mit mir auf den Ball gehen würde.
Darauf freute ich mich nämlich schon.



Ich war verwirrt! Vollkommen verwirrt!
Als er mir dann auch noch schrieb, das ihm der Kuss leid tue, war ich vollkommen am ende.
Ich brauchte Lukas, sofort!
Gleich nachdem ich zu Hause war rannte ich in das Gästezimmer, dass er bei uns hatte.
Er lag nur mit einer Jogginghose bekleidet auf dem Bett und hörte Musik.
Als er meinen aufgelösten Gesichtsausdruck sah, warf er das Handy beiseite und nahm mich in die Arme. Ich erzählte ihm was eben passiert war, er hörte zu und behielt mich die ganze Zeit im Arm.
"Was soll ich denn jetzt tun?", fragte ich schluchzend. Ich weinte schon wieder wegen diesem verdammten Vampir!
"Du solltest mit ihm auf den Ball gehen!", murmelte er und strich mir übers Haar.
"Ich weiß, dass du dich darauf gefreut hast mit ihm hin zu gehen.“
Ich nickte und holte mein Handy hervor.
"Freitag, 20.00 vor der Aula." war meine Antwort.
Dann drückte ich Lukas einmal fest, wünschte ihm eine Gute Nacht und legte mich schlafen.
Am Sonntag tat er etwas, was ich gar nicht von ihm erwartet hätte. Er ging mit mir Brunchen. Es gab ein Cafe, das bereits auf der österreichischen Seite lag, von dem man aber einen wunderbaren Ausblick über die Stadt hatte. Es tat mir gut einfach mal fröhlich zu sein.
In der dritten Dezemberwoche standen dann die letzten Prüfungen an. Montag, Dienstag und Mittwoch waren Stress pur, ich genoss jede freie Minute und das Jagen war einfach nur eine Befreiung. Am Donnerstag dann kam das Kleid. Es war genauso schön wie es auf dem Foto dargestellt war.
Katrin hatte ein originalgetreues rotes Kleid, Anna ein schwarzes das auch in die Richtung ging und Veronika hatte sich für ein grünes Kleid entschieden, dass jedoch moderner war.
Dann war Freitag, der "große" Tag. Man merkte den ganzen Vormittag über die gute und zugleich angespannte Stimmung.
Der Unterstufenball war von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr und fand in der Turnhalle statt, der war ein wenig anders. Von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr war dann der Mittelstufenball. Um 20.00 Uhr fing dann der Oberstufenball an.

Pünktlich fünf Minuten vor acht stand ich vor der Aula. Ich fühlte mich etwas unwohl, denn meine derzeitigen, vampirischen Mitbewohner hatten es sich nicht nehmen mich orginalgetreu her zu richten. Ich war mir vorgekommen, wie eine Puppe, während sie mir geholfen hatten mich an zu ziehen und mir die Perücke aufgesetzt hatten. Zum Glück war ich da nicht allzu empfindlich. Früher war es für reiche Leute normal gewesen, sich nicht alleine an zu ziehen, sondern sich ständig von Bediensteten helfen zu lassen. Aber ich war das nicht mehr gewohnt und außerdem hatten sich meine Bediensteten nicht lautstark darüber gestritten, was jetzt zu tun war.
Leider hatten meine werten Vampirfreunde auch darauf bestanden mich zu schminken, wie es damals üblich war.
Und ich hatte keinen Spiegel, um zu überprüfen, was sie mir angetan hatten.
Als aber Diana mit ihrem Kleid auf mich zu kam, vergaß ich erst einmal meine Sorgen und bestaunte sie.
Ich verbeugte mich so tief wie möglich.
„Guten Abend, Verehrteste. Darf ich Euch meine Bewunderung aussprechen? Ihr seht wirklich fantastisch aus.“



Als ich ihn da sah, mit seiner Perücke, geschminkt und in dem Kostüm, musste ich mir erst einmal ein Lächeln verkneifen. Ich blieb ernst und ging so elegant es in diesem Kleid nur ging zu ihm hin.
Auf sein, etwas veraltetes Kompliment, antwortete ich mit einem höflichen Knicks, dann nahm ich seinen Arm entgegen.
Er war nicht der einzige der so angezogen war, selbst einige unserer Lehrer trugen weiße Perücken und barocke Kleidung.
Wir hatten die letzten Wochen im Sportunterricht immer Menuett tanzen geübt, aber nun mit so vielen Leuten war das noch einmal etwas schwerer, vor allem mit den bauschigen Röcken!
Wir tanzten fast den ganzen Abend miteinander, wobei unsere Konversation auf ein Minimum zurückgestellt wurde. Als ich mich in einer Pause zu Katrin gesellte, sah ich wie Max mit ein paar Mädchen flirtete. Jetzt da er nicht mehr Referendar an unserer Schule war, war er sozusagen für vogelfrei erklärt worden.
Eifersucht kochte in mir hoch.
Moment, Eifersucht? Verdammt!
Ich kippte ein Glas Punsch hinunter. Der Alkohol zeigte langsam seine Wirkung und Max war mir auf einmal egal. Ich erblickte Sebastian, der mit einigen andere Leos in einer Ecke stand. Ich schnappte ihn mir und tanzte mit ihm einen Wiener Walzer.
Als der Ball sich langsam dem Ende zuneigte machte ich mich auf die Suche nach Max. Einige Mädchen wollte ihn dazu bringen, mit ihnen nach draußen zu gehen.
Denn über der Tür war ein Mistelzweig aufgehängt.
Mir kam eine Idee. Sie war zwar bescheuert und hirnrissig, aber dank des Alkohols war mir das egal.
Ich ging auf sie zu.
"Du verdammter Idiot, ich hasse dich!", zischte ich ihm zu und verließ die Aula.
Wie erwartet folgte er mir.
Kaum war er durch die Tür getreten, hatte ich ihn gepackt und meine Lippen auf die seinen gelegt.

Ich würde ja jetzt gerne erzählen, dass ich mich von ihr löste, weil sie nicht mehr ganz nüchtern war und eventuell schon gar nicht mehr so genau wusste, was sie da eigentlich tat, aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich die Situation voll ausnutzte. Ich zog sie noch näher an mich und genoss den Kuss. Ich bin kein Heiliger und schon gar kein Engel.
„Ich hasse dich auch“, murmelte ich an ihrem Mund. Dann, aus einem alten Instinkt, ließ ich meine Lippen an ihren Hals hinunter gleiten. Sie riss sich nicht sofort von mir los und schlug mich nicht, also war sie eindeutig schon ziemlich betrunken. Glücklicherweise ging in diesem Moment die Tür auf und das Erscheinen eines Lehrers in einem hässlichen, grünen Kostüm hielt mich davon ab, ihr Blut zu trinken.



Sein Kuss war einfach ... berauschend, was nicht am Alkohol lag. Doch es war immer noch der Kuss eines Vampirs, er war zwar voller Hitze und Leidenschaft, aber trotzdem war er kalt. Er fuhr mir am Hals entlang und ich wollte wirklich das er mich beißt, das hätte dem ganzen noch die Krone aufgesetzt.
Doch er tat es nicht, weil mein Biolehrer aus der Tür kam.
Na toll!
Max löste sich von mir und sah mich schelmisch grinsend an.
"Wenn du jetzt noch nüchtern wärst, wäre das ganze noch schöner."
Jetzt war ich ernsthaft beleidigt! Ich war zwar ein wenig angetrunken, aber noch nicht so besoffen als das ich nicht mehr wusste, was ich überhaupt tat. Ich überlegte kurz und zog ihn in einen außer Sichtweite der anderen Gäste. Überrascht sah er mich an.
"Ich bin nicht betrunken wenn du das meinst.", knurrte ich.
Er lachte heißer. "Ach echt nicht?"
"Mhm. Wenn ich vollkommen nüchtern wäre würde ich das jetzt nicht tun, und wenn ich total betrunken wäre auch nicht."
Dann biss ich ihn zaghaft in den Hals.
Er stöhnte auf und ich musste grinsen.
Ich trank nicht viel von seinem Blut, aber es verschaffte mir den nötigen Kick ihn wieder zu küssen, dieses Mal leidenschaftlicher.

Aua. Langsam fing ich an zu befürchten, dass ich ein Masochist war, denn es gefiel mir eindeutig wenn sie mich biss. Aber noch besser gefiel es mir, wenn sie mich so küsste. Ihre Lippen schmeckten noch nach meinem Blut und das machte das ganze unglaublich appetitlich.
Als sie sich nach Luft schnappend von mir löste, flüsterte ich: „Thou giv-est fever when we kisseth. Fever with thy flaming youth. Fever I'm on fire. Fever yea I burn for sooth“
„Wo hast du das her?“, wollte sie wissen.
„Elvis Presley“, meinte ich, „ das Lied heißt Fever.“ Dann küsste ich sie erneut.
Leider war der Ball zu Ende und eigentlich müsste sie jetzt nach Hause.
„Deine Mutter bringt mich um, wenn ich dich zu dir begleite oder mit mir in meine Wohnung nehme, oder?“, bemerkte ich.



Ich überlegte eine Sekunde.
"Nun ...", sagte ich zögernd.
"Meine Mutter hat am Wochenende zwei Klassentreffen zu bewirten und ist deswegen in München, mein Vater ist bis nächsten Freitag in Berlin und Lukas...."
Weiter kam ich nicht, denn er küsste mich schon wieder. Verdammt, es gefiel mir!
"Komm", murmelte er und wir verließen die Schule.
Er rief uns ein Taxi, die Wartezeit verbrachten wir damit uns zu küssen.
Oh verflucht! Wie konnte jemand Toter nur so verdammt aktiv sein!
Im Taxi rissen wir uns zusammen, doch er hielt meine Hand, verschränkte seine Finger mit meinen.

Ich fühlte mich fantastisch. Eine herrliche Nacht. Die Sterne schienen hell auf uns herunter, als wir bei ihr zu Hause aus dem Taxi stiegen. Sie nahm mich an der Hand und führte mich in ihr Zimmer. Dort ließ ich mir zu allererst etwas Abschminkcreme geben um das ganze Make-up aus meinem Gesicht zu bekommen und nahm die Perücke ab. Sie verschwand im Badezimmer um zu duschen und sich um zu ziehen.
Ich setzte mich derweil an die Wand gelehnt auf ihr Bett und schloss die Augen um etwas nach zu denken. Ich liebte sie, wie ich noch nie zuvor jemanden geliebt hatte, dass war mir jetzt klar und ich hoffte vor allem, dass sie genauso für mich empfand. Und ich wollte sie und natürlich immer noch ihr Blut.
Als ich sie wieder ins Zimmer kommen hörte, öffnete ich die Augen.



Ich verbrachte fast eine Ewigkeit im Bad, ich musste wieder nüchtern werden, und da gab's nur eins: kalt duschen. Ich hasste es zwar, aber es half. Auch verflog der Alkohol bei Blutelfen schneller als bei normalen Menschen.
Als ich fertig war ging ich in mein Zimmer zurück. Er saß auf meinem Bett, den Rücken an die Wand gelehnt. Er trug immer noch sein Kostüm und ich musste lächeln. Ich trug Jogginghose und ein Top, darüber einen weiten Kapuzenpulli.
Ich lies mich vorsichtig neben ihn sinken, ich hatte keine Ahnung wie ich mich nun verhalten sollte.
Er lächelte und entblößte seine Reißzähne. Gott, das sah so verdammt sexy aus!
Die Bisswunde die ich ihm verpasst hatte, hatte sich wieder geschlossen. Ich bemerkte seinen hungrigen Blick auf mir und grinste.
"Ist was?", fragte ich scheinheilig.
Ich sah ihm sein Ringen um Selbstbeherrschung an.
Ich beugte mich vor und strich ihm sanft über die Lippen. Es war kein Kuss, ich wollte ihn nur ärgern. Und das schaffte ich! Denn plötzlich packte er mich und drehte mich so, das ich unter ihm lag. Er hielt meine Hände über meinem Kopf fest aufs Bett gedrückt und leckte sich über die Lippen.
"Suchti.", murmelte ich, schubste ihn von mir, sodass wir uns gegen über saßen. Ich warf mein Haar zur Seite und schmiegte mich an ihn.
"Mach schon du verdammter Idiot!", knurrte ich.

„Wer ist hier der Suchti?“, spottete ich. Aber dann konnte ich nicht mehr widerstehen und biss sie. Ihr Blut schmeckte so gut und sie war so schön warm. Ich schlang meine Arme um sie und ließ sie auch nicht wieder los, als ich zu trinken aufhörte.
Nach einiger Zeit flüsterte ich leise in ihr Ohr: „Diana, liebst du mich?“
Meine schlimmste Befürchtung im Moment war, dass sie das alles nur tat, weil sie von mir gebissen werden wollte. Das konnte sich nämlich wirklich fast zur Sucht auswachsen, vor allem mit hohem Alkohol Anteil im Blut und ich wusste nicht, wie viel Blutelfen vertrugen.



Der Biss brachte mich erst recht auf Wolke Sieben!
Ich wurde total hibbelig und war froh, dass er mich festhielt.
Als er aufhörte fragte er mich: "Diana, liebst du mich?"
Ich war immer noch ein wenig aufgedreht von dem Biss, kam langsam aber wieder auf den Boden.
"Ich weiß es nicht.", murmelte ich ehrlich.
"Ich kenn dich erst so kurz und ich weiß nicht ob ich dir vertrauen kann, es ist ..."
Ich sah seinen verletzten Gesichtsausdruck.
"Ich weiß nicht was ich für dich empfinde, aber dadurch, dass ich etwas für dich empfinde, kann ich mit reinem Gewissen das hier tun!"
Dann küsste ich ihn wieder und verschlang sämtliche Proteste. Ich wusste wirklich nicht ob ich ihn liebte, aber in seiner Gegenwart fühlte ich mich geborgen, er beschützte mich.
Er zögerte zuerst, als ich ihm aber dann die Jacke auszog wehrte er sich nicht mehr, sonder ließ mich die gewaltige Kraft eines Vampirs spüren.

Eine Stunde vor Sonnenaufgang erhob ich mich vom Bett. Diana lag seit einigen Stunden schlafend neben mir und ich wollte sie nicht wecken, also schrieb ich ihr einen Zettel, dass ich nach Hause ging um mich in meinen Sarg zu legen.
Bevor ich zur Tür hinaus huschte, strich ich ihr noch einmal zärtlich mit der Hand über die Wange. Nach dieser Nacht wusste ich ganz sicher, dass ich ihr verfallen war. Mit Haut und Haar.
Wenn Vampire träumen würden, ich hätte sicher von ihr geträumt.
Sofort als ich am nächsten Abend aufstand schrieb ich ihr eine SMS: „Können wir uns treffen?“
Meine Freunde hatten natürlich sofort bemerkt, was los war und ich war ziemlich gemeinem Spott ausgesetzt, aber das war typisch männlicher Vampir. Immer schön den anderen mit seiner Schwäche aufziehen. Aber es machte mir nichts aus, vor allem, weil ich es Louis mit gleicher Münze heim zahlen konnte. Wer liebte hier schließlich eine fast doppelt so alte Frau?



Als ich aufwachte war Max nicht mehr da. Ich sah den Zettel der auf meinem Nachttisch lag. Die Sonne war bereits aufgegangen.
Ich griff danach und zuckte erst einmal zusammen. Er hatte sich nicht zurückgehalten, schön für ihn, nicht ganz so schön für mich. Ich würde einige blaue Flecken bekommen.
Ich ließ mich wieder in die Kissen sinken und seufzte träumerisch. Dann wurde ich mir wieder der Realität bewusst. Ich hatte mich in einen Vampir verknallt, ihm meine Jungfräulichkeit geschenkt und mein Bruder wollte mich umbringen. Super!
"Di?", kam es von unten.
Ach du scheiße, was machte Lukas denn hier?
Ich wollte mich anziehen, doch da stand er schon in der Tür. Er sah die Klamotten auf dem Boden, mich in meine Decke eingehüllt und den Zettel mit Max' Handschrift auf meinem Nachttisch. Er konnte eins und eins zusammen zählen.
"Di.", seufzte er und kam zu mir.
Ich blickte etwas verlegen drein.
"Glaubst du wirklich, dass das mit dir und Max gut geht?", murmelte er und strich mir übers Haar.
Ich seufzte. "Keine Ahnung, ich bin grad ein wenig verwirrt.", murmelte ich.
"Du weist, dass du immer zu mir kommen kannst!", murmelte er und verließ wieder mein Zimmer.
Ich ging noch einmal duschen, dieses Mal warm. Wie erwartet hatte ich schon jetzt einige blaue Flecken.
Ich ging zur Klavierstunde und dachte dann über die Weihnachtsgeschenke nach die ich noch besorgen musste.
Als ich am Abend seine SMS bekam, begann mein Herz schneller zu klopfen.
"Ortspitze, halb 9.", schrieb ich ihm zurück. Eilig zog ich mich an und verließ das Haus.

„Wir müssen demnächst alle gemeinsam einkaufen gehen!“, bemerkte Louis, als er den Inhalt meines Kleiderschranks begutachtete. Sie bestanden wieder drauf, mich anzuziehen. Maria quietschte begeistert.
„Du musst deine Geliebte mitbringen!“, forderte William. Seine Wortwahl war manchmal noch etwas altmodisch, vor allem, da er seit langer Zeit nicht mehr in Deutschland gewesen war. „Wenn sie Lust hat mit einer Horde verrückter Vampire durch die Stadt zu laufen.“, entgegnete ich.
Die anderen lachten und ich musste einstimmen.
Nachdem sie mein Outfit ausgesucht und jede Falte des rauchgrauen Rollkragenpullovers nach ihrer Vorstellung zurecht gezupft hatten, ließen sie mich gehen. Louis gab mir sogar meinen Wintermantel zurück um mein Aussehen perfekt zu machen.
Kurz vor halb 9 war ich an der Ortsspitze. Diana war noch nicht da und so setzte ich mich auf eine Bank und sah auf den Zusammenlauf der drei Flüsse. Ein verträumter Vampir, irgendwie unnatürlich.



Mein Herz schlug schneller als ich mich der Ortsspitze näherte.
,Di, reiß dich zusammen!‘, ermahnte ich mich selbst.
Um diese Uhrzeit waren nicht mehr sehr viele Leute hier, ich sah also sofort.
Er saß mit seinem schwarzen Wintermantel ganz vorne und sah auf die Flüsse. Sein Blick wirkte verträumt.
Ich begann zu grinsen, leise und langsam schlich ich mich an. Dann legte ich ihm vorsichtig die Hände vor die Augen.

Wenn sie ganz normal gegangen wäre, hätte ich sie wohl nicht bemerkt, aber es fiel mir auf, das hinter mir jemand versuchte zu schleichen. Doch ich spielte ihr Spiel mit und ignorierte sie.
Als sie mir dann die Hände vor die Augen hielt musste ich allerdings lächeln.
„Rate wer ich bin!“, sagte sie mir verstellter Stimme. Ich lachte, nahm ihre Hand und küsste ihre Fingerknöchel.
„Du bist der Traum meiner schlaflosen Tage.“
 Dann stand ich auf und zog sie an mich. Da sie hinter der Bank stand und ich davor, musste ich sie dazu darüber heben, aber glücklicherweise hatte ich ja die Kraft eines Vampirs.
„Was willst du heute machen?“, fragte ich.



Bei seiner Berührung lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Und er roch so verdammt gut! Er hob mich über die Bank und zog mich an sich.
„Was willst du heute machen?“, fragte er mich.
„Hm.“, ich überlegte kurz. Was machte man mit einem gut aussehenden Vampir in der Nacht ...
Ein Grinsen trat auf mein Gesicht und ich nahm seine Hand. Ich zog ihn zur Schule. Wir Internatsschülerinnen hatten vor Jahren eine kleine Dachterrasse entdeckt, die versteckt zwischen den verschieden Hohen Dächern der Gebäude lag. Mithilfe einer schmalen Leiter an der Wand kam man zu einem Kleinen Steg, der zu der circa 3 mal 3 Meter großen Plattform führte.
Max staunte nicht schlecht.
Ich ging zu einer Kiste und holte einige Decken und Kissen hervor die ich auf dem Boden ausbreitete.
Max setzte sich darauf und lehnte seinen Rücken gegen ein schräges Dach. Er wickelte mich in eine Decke und ich lehnte mich gegen seine Brust.

„Netter Platz.“, meinte ich. „Ich bin ja schon öfter über die Dächer hier gelaufen und geklettert, aber diese Terrasse ist mir noch nie aufgefallen.“ Sie sah mich erstaunt an.
„Du kletterst über die Dächer?“, fragte sie.
„Ja, wenn ich nicht gerade im Inn schwimmen gehe oder in dunklen Gassen lauere. Wenn du Lust hast, könne wir das auch mal gemeinsam machen, aber lieber wenn es etwas wärmer ist.“ Sie nickte und schmiegte sich an mich.
Ich begann ihren Hals zu küssen. Eigentlich war ich extra vorher jagen gewesen, doch ihr Blut ging immer, wie ein guter Nachtisch.
Sie war berauschend und ich war ein Alkoholiker.




Bei seinen Küssen wurde mir schwindelig.
Es war berauschend! Ich wollte das er mich biss!
Verdammt, was war nur mit mir los?
Ich biss mir auf die Lippe.
Er zog mich näher an sich und knurrte an meinen Hals.
„Max!“, ich stöhnte auf.
Er ließ von mir ab.
„Was?“, fragte er und sah mir in die Augen.
„Ich ...“
Plötzlich überkam mich ein wildes Gefühl.
Erschrocken sah er mich an.
Ich fühlte mich so unglaublich stark! Ohne zu zögern packte ich ihn und biss ihm in den Hals.
Wild, verführerisch und doch zart.
Sein Blut schmeckte so verdammt gut!
Ich konnte gar nicht mehr aufhören!

Ich war ein Vampir. Natürlich erkannte ich einen Blutrausch. Und sie hatte eindeutig einen ziemlich ernsten!
Sie klammerte sich an mich und schluckte hastig. Ihr Blick war starr geradeaus gerichtet und glasig. Sie würde zu viel trinken. „Diana, hör auf!“, murmelte ich, doch sie reagierte nicht. Also packte ich sie kurzerhand mit einer Hand im Nacken, wie man kleine Kätzchen packt und löste mich aus ihrem Griff. Dann hielt ich sie so, dass sie mich nicht mehr beißen konnte. Sie leckte sich mein Blut von den Lippen und schloss die Augen. Ich strich ihr zärtlich die Haare aus der Stirn. „Blutelfchen, ich fürchte du bist wirklich süchtig!“



Sein Blut war einfach köstlich, ich konnte gar nicht mehr aufhören! Doch er riss mich von sich.
„Blutelfchen, ich fürchte du bist wirklich süchtig!“, sagte er.
Ich schluckte schwer und öffnete die Augen wieder.
Mit einem Grinsen auf dem Gesicht sagte ich: „Ja, nach dir!“
Ich küsste ihn stürmisch, schlang meine Arme um ihn und verhinderte so jeglichen Widerstand. Er stöhnte an meine Lippen und zog mich an sich.
Oh ja, ich war wirklich süchtig!
 Bis mir schlagartig bewusst wurde, was ich da gerade tat und getan hatte! Abrupt riss ich mich los und brachte ein wenig Abstand zwischen uns. Dann begann ich zu weinen.

Verstört und verwirrt sah ich auf. Was hatte sie jetzt schon wieder? Sie überforderte mich mit ihrem Gefühlswirrwarr. Ich glaube nicht, dass ich, als ich noch ein Mensch war auch so durcheinander empfunden habe.
„Warum weinst du?“, fragte ich unsicher und versuchte, sie in den Arm zu nehmen, aber sie stieß mich von sich.
„Diana“, sagte ich schon fast flehend „rede mit mir! Sag mir, was dir fehlt.“
Sie schluchzte ungehemmt weiter, doch sie ließ zu, dass ich meinen Arm um sie legte.
Irgendwo aus den tiefen meiner Manteltaschen fischte ich ein mit meinen Initialen besticktes Stofftaschentuch, das ich ihr reichte.



Ich ließ zu das er mich in die Arme nahm, doch ich fühlte mich elend. So elend wie noch nie zuvor!
Ich nahm sein Taschentuch und wischte mir die Tränen von der Wange, doch es half nichts, sie rannen immer weiter.
"Diana.", sagte er noch einmal.
"Es wäre besser wenn wir uns in nächster Zeit nicht sehen würden!", sagte ich und stand auf. Ich gab ihm das Taschentuch zurück.
"Warum, wegen dem Blutrausch?"
"Nicht nur wegen dem! Du kapierst es anscheinend nicht, ich bin eine Blutelfe, du ein Vampir! Das zwischen uns wird nie gut laufen!"
Ich wandte mich zum Rande des Daches.
"Di!" In seiner Stimme lag Verzweiflung. "Warum, wovon sprichst du?"
"Denk mal scharf darüber nach wie ihr Vampire entstanden seid, und welcher Fluch seit dem über meiner Art herrscht!", sagte ich wütend.
Dann sprang ich vom Dach und lief so schnell ich konnte durch die Nacht.
Ich musste zu Robert, sofort!

Sie ließ mich vollkommen niedergeschlagen und traurig auf dem Dach zurück. Natürlich wusste ich, wie wir Vampire entstanden waren, aber warum sie mich deswegen nicht sehen wollte, verstand ich nicht.
Blutelfen sind älter als Vampire, sie sind so quasi deren Vorfahren. Früher, vor sehr langer Zeit gab es nur Blutelfen, bis eines Tages einer von ihnen an einem unheilbaren Virus erkrankte und daran starb. Doch er blieb nicht tot, er stand wieder auf, allerdings war der Preis für dieses neue „Leben“, dass er sich nur noch von Blut ernähren konnte und die Sonne meiden musste. Er war der erste Vampir.
Aber auch andere Blutelfen erkrankten an dem Virus und mutierten ebenfalls. Menschen können ebenso zum Vampir werden, wenn sie dem Tode nahe sind und dann Vampirblut in ihren Kreislauf gelangt.
Ich konnte Diana aber nicht anstecken, denn ich trug das Virus sicher nicht in ausreichender Konzentration in mir, deswegen verstand ich nicht, warum sie mich hier sitzen ließ.
Ich versuchte sie anzurufen, doch sie drückte mich weg. Traurig legte ich mich auf den Rücken und betrachtete den dunklen Nachthimmel.



Lukas fuhr mich noch in der selben Nacht zu Robert.
Blutelfen waren die Vorgänger von Vampiren, ihre Vorfahren. Und genau das war das Problem. Das Virus gab es zwar nicht mehr, doch ein uralter Fluch, von der letzten Hexe über die beiden Arten verhängt, war das eigentliche Problem.
Wenn eine Blutelfe es wagte, sich mit einem Vampir einzulassen, wurde sie selbst zu einem.
Robert musste mir sagen, ob ich mich bereits in der Wandlungsphase befand.
In seinem Haus brannte noch Licht, ich stürzte zur Tür und klopfte. Er öffnete mir sofort. Er sah mich mit einem strengen Blick an.
"Diana, was hast du nur wieder angestellt.", murmelte er. Natürlich. Lukas. Die beiden kannten sich, Robert war sein Mentor gewesen als er noch kleiner war.
Er zog mich ins Haus, brachte mich ins Wohnzimmer.
Ich musste mich auf einen Sessel setzten, er setzte sich gegenüber.
"Du musst dir im klaren darüber sein, das deine Handlung immer Konsequenzen trägt Diana!"
Ich nickte und konnte nur knapp die Tränen zurückhalten.
"Ich liebe ihn aber!"
Robert sah mich geschockt an. Dann entspannten sich seine Züge.
"Diana, hat er vorher schon etwas von dir getrunken? Bevor ihr euch geliebt habt?"
Ich nickte. Er lächelte. "Nun, dann dürftest du dir keine so großen Sorgen um dich machen. Der ganze Fluch wirkt nur, wenn ihr voneinander trinkt, nachdem ihr angefangen habt euch zu lieben. Du wirst nur einen kleinen Teil spüren."
"Der Blutrausch!", rutschte es mir heraus.
Er nickte. "Das ist das negative an dem Fluch, ich denke nicht das dir das Sonnenlicht etwas anhaben kann, aber du solltest es morgen einmal testen."
Ich nickte. "Du wirst noch stärker werden. Und noch mehr Blut benötigen. Menschenblut. Aber du wirst nie zu einem vollen Vampir werden, das kann ich dir garantieren!"
Ich seufzte erleichtert auf.
"Warum in Gottes Namen hast du dich darauf eingelassen?", fragte er mich streng.
"Ich habe mich gewehrt, hab ihn einen Idioten genannt und versucht mich zu distanzieren. Aber es kam halt anders."
Er lächelte. "Du kennst die Geschichte von Prinzessin Niada, oder?"
Es traf mich mit einem Schlag.
"Oh nein.", seufzte ich.
Es gab unter den Blutelfen eine Legende, das seit dem Fluch der Hexe es in jeder Generation eine Blutelfe gab, die darunter leiden würde. Bei der Prinzessin war es ähnlich wie bei mir, auch sie und ihre Liebe hatten sich gegenseitig gebissen, bevor sie begannen zu lieben. Sie war bei uns auch als Prinzessin der Nacht bekannt.
"Du solltest einige Tage hier bleiben, damit wir das Ausmaß des Fluchs abschätzen können.
Ich nickte. Lukas kam herein, mit meiner Tasche in der Hand.
"Ich bleibe auch hier, ihr habt mir noch einiges zu lernen Robert."
Er nickte seinem Schüler zu, ich nahm meine Tasche und ging in eines der Gästezimmer.
Max versuchte noch mich anzurufen, doch ich drückte ihn weg.

Irgendwann später in der Nacht begann es zu schneien. Große, weiße Flocken fielen auf mich herab, doch es war mir egal. Da ich keinen Körperwärme ausstrahle, blieb der Schnee auf mir liegen und schon bald war ich unter einer feuchten, kalten Decke begraben, aber auch das störte mich nicht, schließlich friere ich nicht.
Ich dachte lange nach, über alles mögliche und versuchte, dabei nicht an Diana zu denken. Leider ist es eine erwiesene Tatsache, dass man immer an das denkt, an das man nicht denken will, also war mein Bemühen nicht allzu erfolgreich.
Kurz vor Sonnenaufgang stand ich dann doch mal langsam auf und lief wie ein Schlafwandler durch die verlassenen Straßen und Gassen unserer Stadt. Was ich fühlte lässt sich nicht so genau beschreiben, alles was ich sagen kann ist, dass es weh tat.
Mit zitternden Fingern schrieb ich Diana eine SMS: „Bitte, komm zu mir zurück!“



Seine SMS bekam ich, während ich durch den Wald lief. Mir schmerzte das Herz in der Brust, aber bevor ich nicht wusste, wie sich der Fluch auswirkte, konnte ich nicht zurück. Sonnenstrahlen machten mir also nichts aus, sonst könnte ich nicht durch die Sonne laufen. Dafür verspürte ich unglaublichen Hunger nach Blut. Aber Robert hatte mich auf eine Entziehungskur gesetzt. Meine Sinne hatten sich noch einmal gestärkt, und ich war nun fast so stark wie ein Vampir. Auch meine Schnelligkeit hatte zugenommen. ich überlegte immer noch wie ich das ganze Schlamassel meinen Eltern beibringen sollte. Sie hatten mich bereits angerufen, doch ich hatte sie auf später vertröstet. Bis Mittwoch lies mir Robert keine einzige Minute, in der ich mich entspannen konnte. Meine Muskeln bauten sich auf. Am Mittwochabend dann testete er mich ein letztes Mal. Er wollte wissen ob ich auch die Manipulationsfähigkeit eines Vampirs hatte. Nur leider stellte sich das als negativ heraus, ich würde also entweder Blutbanken oder andere Vampire benötigen um zu überleben.
Als Lukas und ich zum Auto gingen drückte mir Robert noch eine Dose in die Hand, in der sich kleine rote Tabletten befanden. "Gegen den Blutrausch, wenn deine psychische Seite zusammenklappt." Er hatte mir immer wieder eingeredet das ich meinen Geist stärken musste, um den Vampir in mir nicht frei zu lassen, doch das war manchmal gar nicht so einfach.
Als ich endlich wieder zu Hause war fiel ich vollkommen fertig ins Bett.
Am Sonntag war Weihnachten. Also hatte ich nur noch den morgigen Tag zu überstehen, da unsere Schule immer am letzten Tag vor der Weihnachtsferien frei hatte.

Sie hatte die ganze Woche nicht von sich hören lassen und das tat weh. Ich vermisste sie, aber ich fühlte mich auch verletzt, gedemütigt und gekränkt. Sie hatte mich verlassen, sie meldete sich nicht, sie sagte mir nicht mal warum sie das getan hatte.
Ich hatte auch meinen Stolz, also hörte ich Mittwoch Abend auf, ihr zu schreiben. Ich zog mit den anderen durch die Stadt und amüsierte mich verhältnismäßig gut. Ich ließ meine Instinkte und meinen Verstand die Kontrolle übernehmen, da meine Gefühle im Moment ja nicht so funktionierten wie ich das wollte. Am Donnerstag gingen wir dann auch gemeinsam einkaufen. Wir liefen durch die Einkaufspassage, die leider ziemlich voll war, weil die Menschen wegen Weihnachten alle noch irgendwelche Besorgungen machen mussten. Daran hatten wir nicht gedacht, denn die meisten Vampire feiern kein Weihnachten, sondern irgendwelche alten, heidnischen Feste, wie Samhain, Beltane oder die Walpurgisnacht.
Auf jeden Fall kamen wir gerade, alle schon ziemlich vollgepackt aus einem Modegeschäft, als ich sie sah.



Ich gähnte als unsere letzte Stunde zu ende war.
"Hey Di, ich hoffe du hast nicht vergessen was heute ist!", kam es von Katrin als ich aufstand und das Klassenzimmer verlassen wollte.
"Heute ist Donnerstag und ich .... Scheiße!"
Sie nickte und lachte. "Du bist so schusselig! Die anderen warten schon in der Stadtgallerie, also komm schon!"
Wir rannten zum Bus. Seit unsere Klasse dem Kinderheim einmal einen Besuch abgestattet hatte, hatten wir alle kleine "Pflegekinder", mit denen wir am vorletzten Schultag vor den Weihnachtsferien immer Einkaufen gingen. Dabei durften sich die Kinder ein kleines Geschenk von uns wünschen, das sie beim schlendern durch das Einkaufszentrum entdeckten. Das hatte nun schon seit drei Jahren Tradition.
Als wir am Sammelpunkt im Untergeschoss ankamen, warteten meine Mitschüler schon auf uns, genauso wie die kleinen Kinder. Sie waren alle zwischen 5 und 9.
"Diana!", kam es plötzlich aus der Menge. Ich fuhr herum.
"Michael!"
Er kam auf mich zu gerannt und ich schloss ihn in die Arme. Der Kleine war einfach nur goldig mit seinen blonden Haaren und den blauen Augen. Jeder wollte damals sein Pate werden, doch er hatte sich für mich entschlossen. Er war gerade mal 6 aber schon jetzt ein Frauenschwarm!
"Diana, darf ich dir was zeigen?", er grinste verlegen.
"Aber klar doch, was denn?"
Ich ging in die Knie. Dann holte er hinter seinem Rücken ein Bild hervor, in der er mir krackeliger Handschrift: "Für meine allerliebste Diana" geschrieben hatte.
Ich war wirklich gerührt, nahm das Bild entgegen und umarmte ihn.
"Also, zwei Stunden, dann gehen wir noch auf den Christkindlmarkt!", rief die Heimleiterin, die Kinder jubelten und gingen mit ihren Paten davon.
Ich sah Michael an, der grinste und nahm meine Hand. Dann führte er mich schnurstracks zu einem Geschäft.

Sie hatte einen unglaublich hübschen, kleinen Menschenjungen mit schimmernden goldenen Locken und strahlenden blauen Augen an der Hand, der sie offenbar anhimmelte. Er erinnerte mich vom Aussehen her an einen Engel oder einen Elfen, aber das war er nicht, er war ein sterblicher Mensch. Aber gerade diese Vergänglichkeit machte seine Schönheit vollkommen, vor allem für Vampire. Ich konnte neben mir von meinen Freunden ein kollektives Nach-Luft-Schnappen hören, als sie ihn ebenfalls sahen.
„Merde!“, bemerkte Louis, in seinem Erstaunen seine Muttersprache benutzend, „Der ist ja unglaublich hübsch!“
Maria stieß ihn in die Seite.
Aber all das nahm ich nur beiläufig war, denn meine gesamte Aufmerksamkeit war auf Diana gerichtet. Sie wirkte noch schöner als früher. Und noch stolzer und selbstbewusster.
Ich musste mich wirklich zusammen reißen, um nicht auf sie zu zu laufen und sie an mich zu ziehen und nie wieder los zu lassen, doch ich schaffte es sogar, meinen Blick von ihr ab zu wenden und sie zu ignorieren. Sie hatte mich verlassen.



Ich roch ihn schon von weitem, aber heute sollte meine ganze Aufmerksamkeit Michael gelten! Er zog mich zu einem Spielwarengeschäft und zeigte mir ein ferngesteuertes Auto.
"Das willst du haben?"
Er schüttelte den Kopf. "Das wäre mein aller größter Wunsch vom Christkind, aber von dir möchte ich das da, wenn du es mir denn kaufst."
Er zeigte auf einen zusammenbaubaren Kran.
Ich schmunzelte. "Na gut, dann gehen wir mal einkaufen!"
Wir gingen in das Geschäft und voller Stolz brachte er den Kran zur Kasse. Ich schickte ihn kurz nach draußen um noch etwas mit der Verkäuferin zu klären.
"Wäre es möglich das sie das ferngesteuerte Auto aus dem Schaufenster in das Kinderheim bringen und dort der Leiterin überreichen? Ich möchte dem kleinen eine Freude machen."
Die Verkäuferin nickte freundlich. Wir verbrachten die beiden Stunden noch in der Stadtgalerie und ich besorgte die letzten Weihnachtsgeschenke. Bei Max' Geschenk überlegte ich lange. Doch ich wollte ihm etwas schenken was es nicht so zum Kaufen gab, dafür musste ich aber nach Hause.
Nach den zwei Stunden gingen wir noch auf den Christkindlmarkt, ich spendierte Michael einen Erdbeerspieß und gebrannte Mandeln. Seine Augen strahlten so hell wie Sterne und ich freute mich für ihn. Schweren Herzens verabschiedeten wir uns, und ich fuhr nach Hause. Die Weihnachtsfeiertage verbrachte ich grundsätzlich mit meiner Familie in den Alpen, dieses Jahr war auch Lukas dabei. Da ich also keine Gelegenheit mehr bekommen würde, Max sein Geschenk zu geben, holte ich es jetzt schon hervor und packte es ein. Ich hatte vor Jahren einmal ein altes Buch mit Sagen von Blutelfen geschenkt bekommen, dort war auch die Legende von Prinzessin Niada drin. Ich kopierte sie auf schönes Papier und steckte sie zusammen mit einer Karte in einen Umschlag. Als wir am Abend in die Alpen aufbrachen, warf ich mein Geschenk noch schnell in Max Briefkasten. Dann machten wir uns auf den weg in Richtung Österreich.

Leider wurde das Badezimmer gerade von Felipe mit Beschlag belegt als ich aufstand und alle anderen warteten auch schon darauf, hinein zu können. Normalerweise gab es da kein Problem, denn etwas wie Schamgefühl kannten wir als Vampire eigentlich untereinander nicht und wir waren mitunter alle gleichzeitig drinnen um uns um zu ziehen oder ähnliches, aber leider hatte ich nur eine ziemlich kleine Duschwanne und anscheinend hatten wir uns alle die heutige Nacht ausgesucht, um diese benutzen zu wollen. Also ging ich im Morgenmantel meine Post holen um die Wartezeit etwas zu verkürzen.
In meinem Briefkasten befand sich ein unfrankierter Umschlag ohne Absender und er roch nach Diana. Schon während ich die Treppe zu meiner Wohnung wieder nach oben stürmte, riss ich ihn auf. Darin befand sich eine Karte und einige, beschriebene Blätter.
Auf der Karte war ein seltsamer Mensch mit einer lächerlichen, roten Mütze abgebildet, denn ich nach einigem Überlegen als sogenannten Weihnachtsmann identifizierte. Darauf stand „Frohe Weihnachten“. Ehrlich gesagt hat mir die Geschichte mit dem Christkind immer besser gefallen, aber ich freute mich trotzdem, dass sie an mich gedacht hatte. Die Blätter waren allerdings viel interessanter. Ich ließ mich damit auf mein Sofa fallen und begann zu lesen.
Diese Nacht war die fröhlichste seit dem Abend, an dem ich Diana auf dem Dach allein gelassen hatte.



Am Freitag Mittag standen Lukas und ich dann auf der Piste. Beide mit Snowboards und Sonnenbrillen. Ich trug eine weiße Schneehose und eine dünne blaue Jacke. Lukas hatte eine schwarze Hose und einen roten Pulli an.
Die Piste war ziemlich leer, dieses Skigebiet gehörte zu einem Resort, das vor allem wegen seinem Wellnessangebot besucht wurde. Ich kniff die Augen zusammen.
„Was denkst du?“, fragte mich Lukas.
Ich begann zu grinsen.
„Wer zuletzt unten ist geht mir Badeklamotten nach draußen!“, rief ich und fuhr los.
Da wir gleichzeitig unten ankamen ließen wir das mit den Badeklamotten. Am Abend saßen wir vor dem Kamin. Ich in einem Strickkleid und Leggins, er in Baumwollhose und Pulli. In eine Decke gehüllt lag ich an ihn gekuschelt auf der Couch. Ich fühlte mich für diesen kurzen Moment normal.

Freitag Nacht setzten wir uns in Felipes Auto und fuhren an die Donau. An einem einsamen Kiesstrand entfachten wir ein großes Feuer und dann entledigten wir uns unserer Winterkleidung unter der wir Badesachen trugen.
„Komm Max!“, rief mich William, der bereits bis zum Bauch im Wasser stand.
Maria, in einem knappen roten Bikini, zerrte Louis mit sich, der eigentlich lieber am Feuer stehen geblieben wäre.
„Gleich!“, antwortete ich. Ich wollte noch schnell Diana eine SMS schreiben. Ich hatte ihr nämlich vergeben, nachdem ich diese Blutelfenlegende gelesen hatte. Ich verstand ihre Gründe.
Sie antwortete mir inzwischen auch wieder und sie hatte mir versprochen, dass sie sich wieder mit mir treffen wollte, wenn sie vom Skiurlaub zurück war. Ich vermisste sie trotzdem schrecklich.
„Max! Komm endlich und hilf mir! Maria versucht mich zu tauchen!“, schrie da Louis panisch.
Ich musste lachen, dann legte ich mein Handy weg und lief barfuß über den verschneiten Strand zum Wasser.



Ich freute mich über jede seiner SMS. Am Heiligabend sahen wir einem großes Feuerwerk zu, am 25. Dezember gingen wir Wellnessen und am 26. fuhren wir wieder auf die Piste. Als Lukas und ich gegen Mittag auf die schwarze Piste fuhren waren wir alleine. Später kamen dann einige Skifahrer. Lukas forderte mich zu einem kleinen Duell heraus, weswegen ich fix und fertig in einer Hütte auf die Bank fiel. Lukas flirtete mit einer Bedienung und ich ging zu den Toiletten. Ich spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, doch als ich wieder hoch blickte, stand ein Mann hinter mir.
„Wa...“, weiter kam ich nicht, denn da hatte er mir schon die Spritze rein gerammt. Dann wurde alles schwarz.

Am Montag, den 26. Dezember, um vier Uhr, also kurz vor Sonnenuntergang klingelte mich mein Handy aus dem Schlaf. Ich war ziemlich erschöpft, da ich die letzten zwei Nächte mit meinen Freunden im Wald bei einem Geländespiel verbracht hatte. In zwei Gruppen aufgeteilt hatten wir versucht, den anderen „Schätze“ zu stehlen. Zum Beispiel Schmuck, den Maria gestellt hatte. Das Spiel war anstrengend und wirklich brutal. Genau richtig für Vampire also.
Als nun mein Handy klingelte dachte ich zuerst, es sei Diana, aber sie würde mich nicht anrufen, solange es noch hell war, außer bei einem absoluten Notfall. Dann erkannte ich Lukas' Nummer.
„Was ist, Kleiner?“, meldete ich mich. Meine werten Mitvampire lauschten interessiert, da das Klingeln auch sie geweckt hatte.
„Diana wurde entführt!“, schrie Lukas mir regelrecht ins Ohr, doch das störte mich im Moment relativ wenig.
„Verdammt! Was ist geschehen?“, wollte ich wissen. Ein eiskalter Schauer der Angst um Diana lief mir über den Rücken.
„Es war Jan, er hat sie betäubt, als sie kurz auf die Toilette ging. Ich habe ihn gerade noch mit ihr verschwinden sehen.“
„Hast du ihren Eltern schon Bescheid gesagt?“
„Ja, natürlich, aber die können auch nichts tun!“
„Ich starrte den Computer und versuche wieder ihr Handy zu orten“, mischte sich Felipe ein.
Ich fürchtete, dass er damit keinen Erfolg haben würde. Verdammt, verdammt, verdammt! Hätte ich diesen Blutelfen doch nur umgebracht!



Ich spürte ein unangenehmes Ziehen im Hinterkopf. Dieses verfluchte Betäubungsmittel!
Ich versuchte mich irgendwie zu orientieren. Ein großes, weiches Bett und in der Luft hing der Geruch nach Essen, Abgasen, Regen und ... Nelken.
Plötzlich wurde eine Tür geöffnete und kurze Zeit später senkte sich neben mir die Matratze. Jemand begann mein Haar zu streicheln.
„Prinzessin ... ich weis das du nicht mehr schläfst, also sieh mich an!“, sagte Jan mit kalter Stimme. Wieder bekam ich eine Gänsehaut. Er strich mir über die Wange.
„Diana!“, schrie er schon fast. Zögernd öffnete ich die Augen und blickte in die Seinen. Sein Gesicht war kantiger und die Konturen kräftiger, anscheinend hatte er bei dem Sturz so einiges abbekommen.
„Willkommen daheim.“, meinte er. Ich sah mich um. Der Raum war im barocken Stil gehalten. 
„Wo bin ich?“, murmelte ich, von dem Betäubungsmittel immer noch leicht schläfrig.
„In deinem Zuhause!“
Oh oh.
„Du meinst wir sind im Vatikan?“
Er lächelte. Keines seiner grausamen Sucher-Lächeln, sondern ein wirkliches Jan-Lächeln .
Das war wirklich unheimlich!
Jemand klopfte.
„Herein.“, rief er und ein Mann betrat das Zimmer. Er war etwa so alt wie Jan, hatte Feuerrote Haare und genauso rote Augen.
„Sie ist wach, sehr gut, Kardinal Ramos will sie sehen!“
Das war gar nicht gut! Kardinal Ramos war der Kopf von Justorem und ein Mann mit sehr viel Einfluss.
Jan zog mich hoch und da mein Körper immer noch halb betäubt war, trug er mich zur Tür und durch das Gebäude. Der obere Teil war genauso gestaltet wie das Zimmer, erst als wir die Kellerräume betraten wurde es ziemlich modern.
Die beiden brachten mich in ein großes Büro, das wieder etwas älter eingerichtet war. Der Kardinal saß hinter seinem Schreibtisch.
Er war Mitte 50, hatte bereits Graues Haar und kalte Graue Augen.
„Willkommen Diana, wir haben dich schon vermisst!“, sagte er mit kalter Stimme. Ich zuckte zusammen. Vermisst? Jan hatte doch erst den Auftrag mich umzubringen, ich verstand die Logik dieser Männer einfach nicht. Vielleicht lag es daran, dass sie Männer waren.
„Valentino, sagen sie Doktor Ambros bescheid, er soll alles vorbereiten!“
Der andere Sucher nickte und verbeugte sich tief
„Nun Diana, von nun an sind wir deine Familie.“, sagte er wieder mit kaltem Ton.
„Jan, kleiden sie ihre Schwester um und bringen sie Sie dann in den Behandlungsraum!“
Jan zerrte mich hinaus, wieder nach oben, in einen Raum voller schwarzer Kleidung. Er suchte mir eine Hose, ein T-Shirt und Schuhe in der passenden Größe heraus und schob mich dann in einen Raum, der so groß war wie eine Besenkammer.
Er zog die Tür zu, schloss jedoch nicht ab. Zögernd zog ich mich um.
Vorsichtig schob ich die Vorhänge vor den Fenstern beiseite. Ich befand mich im 3. Stock. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder ich blieb hier und wurde zu einem Monster, oder ich sprang fast 15 Meter auf die leere Straße, schlug mich durch den Vatikan und versteckte mich in Rom bis ich nach Hause konnte.
Ich entschied mich für letzteres. Das Fenster war zwar fest verschlossen, doch ein Tritt von mir und schon war es kaputt. Ohne zu zögern sprang ich und hörte den Wütenden Schrei von Jan. 
Jeder normale Mensch hätte sich bei so einem Sprung einige Verletzungen zugezogen, doch Blutelfen und Vampire waren zäher. Sofort rannte ich los, Jan im Nacken. Er war ebenfalls gesprungen. Doch durch meine neuen Fluchfähigkeiten war ich schneller als er und bevor die Sicherheitsmaßnahmen des Vatikans aktiviert wurden war ich durch das Haupttor gelaufen und in den Straßen und Gassen Roms untergetaucht.
Ich lief und lief bis es dunkel wurde. Erst dann kletterte ich auf ein Hausdach und überlegte. Ich musste irgendwie nach hause zurückkommen!
Unten hörte ich zwei Mädchen lachen.
Natürlich, Magdalena!
Ich sprang vom Dach und versuchte mich an den Namen der Tratoria ihrer Mutter zu erinnern. Wir hatten oft videotelefoniert seit sie wieder nach Italien gezogen war. Sie wohnte an irgendeinem Piazza, doch ich wusste nicht mehr an welchem. Mit meinem Notdürftigen Urlaubsitalienisch schaffte ich es schließlich mich durchzufragen und nach einer Stunde stand ich vor dem hell erleuchteten Restaurant. 
Ich trat ein, den Kopf gesenkt und die Haare ins Gesicht geschüttelt.
„Scusi Signora, kein Platz mehr.“, sagte eine Frau mittleren Alters die zwischen den Gästen herum eilte.
Ich lachte.
„ich will ja auch nicht essen, obwohl deine Pizza einfach einmalig ist!“, sagte ich.
Sie bemerkte meinen Bayerischen Akzent und musterte mich.
„Mama Mia, Diana!“
Sie fiel mir um den Hals. Vor allen Gästen.
„Ist Magda da?“
„Ja, sie ist oben.“
Sie deutete auf eine Tür, auf der dick und fett „Privat“ stand.
Ich ging schnell nach oben, zu einem Zimmer aus dem laute Popmusik drang.
Ich klopfte und die Musik brach ab.
„Verschwinde Angelo, du hast hier nichts mehr verloren!“
Ich musste grinsen. Magdalena und ihre Männergeschichten.
„You know that I‘m a crazy bitch, do what i want when i feel like it!“, sang ich die ersten Worte unseres Liebeskummersongs. 
Sofort wurde die Tür aufgerissen und wir beide bekamen einen Schreikrampf als wir uns um den Hals fielen.
„Was tust du hier?“, fragte sie als wir uns wieder beruhigt hatten.
„Lange Geschichte, kann ich mal schnell telefonieren? Mein Handy ist noch im Hotel.“
In den Alpen. Leider.
„Ja klar.“
Sie schnappte sich das Telefon und hielt mir den Hörer hin.
Ich rief zu Hause an.
„Bei Revensburger.“, meldete sich Lukas.
„Hey Champ.“, murmelte ich.
Stille.
„Wo bist du? Geht es dir gut? Was hat er mit dir angestellt?“, fragte er gereizt und besorgt.
„Schön langsam, mir geht es gut, ich bin in Rom, alles weitere erklär ich dir wenn du mich abholst.“
„Natürlich, Wir treffen uns morgen Abend an der Porta Pia, 20.00 Uhr.“
Dann legte er auf. Es waren fast 20 Stunden Autofahrt nach Rom.
Ich seufzte.
„Kann ich heute Nacht bei dir pennen?“
„Na klar, aber du musst mir erzählen was los ist!“
Ich nickte und erzählte ich ein wenig etwas, davon das ich familiäre Probleme hätte, noch dazu eine komplizierte Liebe etc.
Wir verbrachten den ganzen nächsten Tag bei ihr, redeten und lachten, wie früher als sie noch in unserer Stadt gewohnt und mir in eine Klasse gegangen war.
Um halb acht brachen wir auf.
Als wir um kurz vor acht an der Porta Pia ankamen, zog ich mir die Kapuze von Magdalenas Jacke tief ins Gesicht und stellte mich hinter eine Säule.
Sie beobachtete währenddessen die Autos.
„Mercedes, Vespa, Vespa, Vespa, Audi...“
„Moment, Audi? Welche Farbe?“
„Silber.“
Ich trat hinter der Säule hervor. Tatsächlich, gerade hielt Lukas silberner Audi vor der Porta Pia.
Als sich die Beifahrertür öffnete und ich sah, wer aus dem Auto stieg, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.
Ich rannte los und begann zu weinen, als ich meine Arme um ihn schlang. Auch Max standen Tränen in den Augen als er mich noch fester an mich zog, als wolle er mich nie wieder loslassen.

Alle unsere Versuche, sie zu orten schlugen fehl. Sie hatte ihr Handy nicht dabei, ihr Bruder ging mit seinem Laptop nicht online. Wir hatten auch keinen Plan, wo er sie hin gebracht haben könnte. Meine Vampirfreunde telefonierten mit sämtlichen untoten Bekannten und fragten, ob die etwas gesehen, gerochen oder gehört hatten, aber nichts.
Irgendwann fiel uns ein Ort ein, wo er sie hin gebracht haben konnte und wir ärgerten uns, dass uns das nicht schon viel früher eingefallen war. Das Hauptquartier der Jäger, zu denen ihr Bruder ja eigentlich gehörte befand sich sicher in Rom, vielleicht sogar im Vatikan selber, dass wusste jeder Vampir. Leider ist Rom groß und voller Menschen und es haben schon viele erfolglos dort gesucht.
Trotzdem hatten wir gerade beschlossen hin zu fahren, als ihr Anruf kam. Ich hätte vor Erleichterung beinahe geweint und für einen Vampir ist das wirklich ungewöhnlich.
Lukas holte mich sofort mit dem Auto ab und unter Missachtung aller Verkehrsregeln fuhren wir so schnell es ging zum vereinbarten Treffpunkt. Der Junge würde demnächst seinen Führerschein verlieren, wenn sich Diana noch öfters entführen ließ.
An der Porta Pia hielt Lukas an und ich stieg aus. Ich roch sie, noch bevor ich sie sah. Als sie dann endlich schluchzend in meinen Armen lag konnte ich auch nicht mehr anders. Ich begann tatsächlich zu weinen. Große, rote Tränen aus Blut, die Tränen eines Vampirs.
„Ich liebe dich“, flüsterte ich mit rauer Stimme dicht an ihrem Ohr.



Das "Ich liebe dich" bereitete mir eine Gänsehaut.
"Ich dich auch." schluchzte ich, dann sah ich Lukas und fiel ihm ebenfalls um den Hals.
"Es tut mir Leid, ich hab mal wieder vollkommen versagt.", murmelte er.
"Nein, das Jan mich überrascht hat konntest du nicht ahnen. Außerdem hätte ich dir eine geknallt wenn du mir auf die Damentoilette gefolgt wärst!"
Er lächelte leicht.
Ich verabschiedete mich von Magdalena und wir stiegen ins Auto. Wir mussten Rom so schnell wie möglich verlassen!
"Lala, es wäre vielleicht besser wenn du in den Ferien nicht zu Hause bleibst."
"An was dachtest du?", fragte ich Lukas.
"Ich dachte daran, das du, ich und die Vampire die Ferien in München verbringen. Wir würden nicht auffallen und der Kommissar könnte mal auf Spurensuche gehen."
Bei der Erwähnung des Kommissars bekam ich eine Gänsehaut. Er war der älteste aller Blutelfen, fast schon ein Vampir und oberster Hüter unserer Regeln. Und wenn es Probleme gab kümmerten er und seine Leute sich auch darum.
"Du hast sowieso keine Chance "Nein" zu sagen.", raunte mir Max ins Ohr, der neben mir saß und mich im Arm hielt.
"Es ist bereits alles geregelt."
"Dacht ich mir schon.", murmelte ich ein wenig schläfrig.
"Und wo werden wir wohnen?"
"Euer Loft.", meinte Lukas, der am Steuer saß.
Ich lächelte. In dem Loft meiner Mutter war genug Platz für uns alle.
Dann schlief ich in Max Armen ein.

Ich genoss es, sie wieder zu haben. Schlafend lag sie in meinen Armen, den Kopf an meine Schultern gebettet und ich fühlte mich einfach nur wohl. Außerdem freute ich mich auf den kleinen Urlaub in München, mit ihr und meinen Freunden. Die freuten sich natürlich auch darauf, die Großstadt unsicher zu machen. Das einzige Problem war, dass Reisen für Vampire immer etwas kompliziert ist, da man z.B. nicht einfach einen Sarg als Gepäck mitnehmen kann. Ich musste grinsen, als ich mir Maria und Louis vorstellte, wie sie in einen Zug einstiegen, er beladen mit den ganzen Koffern und eben dem Sarg.
Williams Campingsarg-Idee war doch vielleicht gar nicht so unpraktisch, aber wir hatten nur einen solchen und wir brauchten noch mindestens zwei. Wahrscheinlich würden wir in München beim nächsten Bestatter einkaufen gehen müssen.
Das würde lustig werden.



Als ich aufwachte war ich wieder zu Hause. Das Sonnenlicht viel auf mein Bett und ich richtete mich auf. Der Geruch trat in meine Nase. Hungrig ging ich nach unten, wo ich meinem Vater um den Hals fiel.
Den halben Tag verbrachte ich mit meiner Familie, bis meine Mutter, Lukas und ich nach München fuhren. Max und seine Freunde würden mit dem Zug fahren. meine Mutter setzte uns am Loft ab und wir stiegen die Treppe nach oben. Es befand sich in einer mehrstöckigen, ehemaligen Lagerhalle, in dem sich noch einige weitere Lofts befanden.
Unseres erstreckte sich über zwei Ebenen. Unten war das große Wohnzimmer, die Küche mit dem Esszimmer, ein kleines Bad und zwei Gästezimmer. Oben war noch ein Gästezimmer, ein weiteres Bad, das Schlafzimmer meiner Eltern und mein Zimmer. Lukas breitete sich im Schlafzimmer meiner Eltern aus, die Vampire würden sich auf die Gästezimmer verteilen.
Ich schnappte mir meine Tasche und ging einkaufen, da wir rein gar nichts Essbares im Loft hatten.
Nach einer Stunde kam ich zurück, als ich eintrat lag Lukas ausgebreitet auf der schwarzen Ledercouch, mit seinem Laptop auf dem Bauch.
„Hey du Faulpelz, hilf mir mal!“
Ich warf ihm eine Einkaufstüte auf die Couch und begann damit die meinen auszuräumen. Widerstrebend half er mit.
Als alles verstaut war ging ich in mein Zimmer. Es war riesig ein wenig größer als das Daheim. Vor einem großen Panoramafenster, von dem man auf den kleinen Dachgarten und die Dächer Münchens blicken konnte, stand mein Bett. An den Wänden waren Regale und Kästen angebracht, in denen sich Bücher, DVDs und sonstige Sachen stapelten. Auf dem Boden lagen weiße und Blaue Teppiche, die Wände waren in einem zarten Türkis gestrichen. In einer Nische stand ein Kleiderschrank und in einer Ecke befand sich eine halbrunde Eckbank, auf der Flauschige Kissen lagen. Eine schmale Wendeltreppe führte zu meinem eigenen Bad, das sich unter dem Dach befand. Es besaß eine große Dusche, eine Badewanne die einem Wirlpool glich, eine Toilette und ein Waschbecken mit einem großen Spiegelschrank. Alles war dekoriert, mit Sand, Muscheln oder sonstigem Kram. Ich verbrachte oft meine Ferien mit meinen Eltern hier, so konnten wir mehr Zeit mit einander verbringen.
Ich lies mir ein Schaumbad ein und als ich fertig war lies ich mich in das warme Wasser gleiten. Es begann bereits zu Dämmern, ich schaltete die Badewannen Beleuchtung ein, die das Bad in Regenbogentöne tauchte. Ich schloss die Augen. Ruhe. Stille. Normalität.

Wir waren eine sehr lustige Reisegesellschaft, fünf gut gelaunte Vampire, die mit dem Zug um halb sechs nach München fuhren. Unsere Mitreisenden musterten uns erstaunt und interessiert. Louis und William stritten sich mal auf Englisch mal auf Französisch, welches ihrer Vaterländer sich im 30-jährigen besser geschlagen hatte, Felipe erzählte Maria Anekdoten aus unserer Zeit als Musketiere in Paris und ich hörte mal hier, mal da zu, gab immer wieder meine Kommentare ab und lachte mich ansonsten kaputt.
München Hauptbahnhof stiegen wir mit unseren Koffern aus, dann nahmen wir die U-Bahn. Schauderhaft! Es war voll, es stank schlimmer als in einer mittelalterlichen Stadt und wenn Vampire sich übergeben würden, dann hätte ich es getan.
Endlich hatten wir die Station erreicht, wo wir aussteigen mussten. Das Haus war leicht zu finden und Lukas öffnete uns die Tür.
„Hi! Kommt rein. Ihr könnt euch gleich eure Zimmer aussuchen!“, begrüßter er uns fröhlich.
Nachdem das erledigt war, Louis und Maria nahmen das eine Gästezimmer, Felipe und William das zweite und ich das dritte in der oberen Etage, suchte ich Diana.
Ich klopfte an ihre Zimmertür und als ich keine Antwort bekam ließ ich mich selbst hinein. Ihrem Geruch folgend stieg ich die Wendeltreppe hinauf. Wie süß, sie war in der Badewanne eingeschlafen.



Sein Geruch überflutete mich und ich öffnete die Augen. Mist, ich war eingeschlafen! Max stand im Bad und musterte mich. Zuerst wollte ich ihn anschreien, doch ich überlegte es mir anders. Durch das Wasser, das durch die Düsen in der Badewannenwand kam, blubberte der Schaum immer weiter. Ich zwinkerte ihm zu, er sah mich irritiert an und ich streckte eine Hand aus.
„Was ist los?“, fragte er und kam auf mich zu.
Ich grinste, packte ihn an der Hand und zog ihn, dank meiner neuen Kräfte, mühelos in die Wanne.

Prustend und spuckend tauchte ich wieder auf. Ihr Angriff hatte mich ziemlich überrascht. Eigentlich hatte ich ja damit gerechnet, dass sie mich anschreien oder etwas nach mir werfen würde. Aber sie lachte nur über mein verdutztes Gesicht.
Ich strich mir die Haare aus der Stirn und stimmte ein. Eigentlich hatte ich ja nichts dagegen mit ihr in der Badewanne zu sein.
Nur die nasse Kleidung, die ich noch immer an hatte störte ein bisschen, ich begann also mich auszuziehen.
„Was machst du da?“, fragte sie.
„Mit dir baden natürlich. Du hast mich ja schließlich so freundlich gebeten, dass ich einfach nicht ablehnen konnte“, entgegnete ich, während ich meinen triefenden Pulli auswrang und auf den gefliesten Boden fallen ließ.



Der Typ war einfach unmöglich. Ich schmunzelte, als er die Kleidung auszog.
Ich stellte die Badewanne auf Whirlpool um und er lachte. Ich zog meine Beine an, damit wir besser Platz hatten. Das Wasser war angenehm warm, ich bekam schon eine Gänsehaut. Ich tauchte kurz unter, als ich wieder auftauchte lag er neben mir und grinste.
„Prinzessin“, murmelte er und zog mich an sich.
Ich seufzte. „Ja. Leider.“
Ich legte meinen Kopf auf seine Brust und genoss die Wärme, die von ihm und dem Wasser ausging. Ein warmer Vampir? Er war also doch nicht so kalt, wie er immer tat.
Ich seufzte träumerisch und schloss die Augen. Er strich mir über die die Schultern und übers Haar. Ich hatte meinen auserwählten Prinzen gefunden.

Wenn uns jetzt jemand störte, würde ich denjenigen, ungeachtet dessen, wer er war, umbringen. Aber glücklicherweise ließen uns die anderen in Ruhe und ich musste nicht zum Mörder werden, denn in einer Großstadt wie München war es nämlich gar nicht so einfach, eine Leiche los zu werden.
Irgendwann mussten wir leider, sehr zu meinem Bedauern, unser gemeinsames Bad beenden, weil Diana noch zu Abend essen wollte.
Als wir ins Wohnzimmer kamen empfing uns lautes Gelächter. Die anderen saßen ernsthaft vor dem Fernseher und schauten Sendeschluss bei Kika, Bernd das Brot. William bemerkte uns und meinte: "Hey Max! Kommst du mit jagen wenn Bernd das Brot vorbei ist? Oder bist du etwas schon satt?" Auf seinem Gesicht erschien ein anzügliches Grinsen.
"Nicht jeder ist so ein Vielfraß wie du, mein Freund", entgegnete ich und erwiderte sein Grinsen.Mein knurrender Magen beendete uns gemeinsames Bad.
Als wir nach unten kamen hingen die anderen vor dem Fernseher.
Ich verstand Williams Worte sofort. Vampire!
Ich machte mir etwas zu essen.
Mein Blick fiel auf mich Handy. Eine neue Nachricht von ... Leo. Hm, das würde interessant werden.
Als ich mit Essen fertig war ging ich nach oben und zog mir Trainingsklamotten an.
"Diana, wo willst du denn noch hin?", fragte mich Max als ich zur Tür ging.
Ich grinste. "Ich treff mich mit Leo, kann später werden!", sagte ich und zog die Tür zu. Dann rannte ich nach unten in die Dunkelheit. Als ich an der alten Lagerhalle, nicht weit von den Wohnhallen ankam, blickte ich mich um. Niemand da.
Doch dann bemerkte ich die Gestalt im Schatten. Sie war blitzschnell, doch ich war noch schneller.
Als die Gestalt mich angriff packte ich ihren Arm und warf sie gegen die Wand.
"Verdammte Scheiße!", fluchte die Person.
Ich grinste. "Lange nicht gesehen."
"Lange nicht trainiert."
Die Gestalt rappelte sich auf und trat in das Mondlicht.
Weite Jogginghose, eine weite Trainingsjacke und eine Kappe.
"Komm schon Leo, du willst mir nicht ernsthaft erzählen das du in den letzten Jahren nicht trainiert hast!"
"Doch schon, aber nicht mit dir."
Leo hob den Kopf und grinste mich an.
Das schwarze Haar viel ihr ins Gesicht und ein Grinsen trat auf ihr Gesicht.
"Du bist und bleibst ... Leo.", sagte ich grinsend und umarmte meine Cousine. Sie war ebenfalls eine Blutelfe.
"Komm schon, die Jungs sind auch da!"
"Was denn, alle?"
Sie nickte.
Meine Ferienclique, bestehend aus Leonie, mir und 3 Jungen, einer davon war Leonies Bruder Leon.
Sie stieß die Tür auf und wir betraten die alte Fabrikhalle.
Überall standen Hindernisse herum, die Jungs saßen auf einem großen Podest in der Mitte.
"Sieh an, die Jägerin ist wieder da!"
Mario kam auf mich zu. Er war ein wenig kleiner als ich, hatte aber dafür einen beachtlichen Körperbau.
"Super Mario, na, hast du deine Peach schon gerettet?", neckte ich ihn.
Er hasste es, wenn ich ihn mit dem Spiel aufzog. Genauso wie ich es hasste Jägerin genannt zu werden, aber jetzt da der Fluch wirkte würde das bald wirklich der Wahrheit entsprechen.
"Du hast dich nicht verändert Cousine!"
Leon klopfte mir auf die Schulter. Mark grinste nur. Wie immer.
"Leute, sind wir zum quatschen hier oder zum trainieren?", fragte Leonie genervt.
"Trainieren.", sagten wir einstimmig.
"Ok, schauen wir mal wie eure Zeiten sind. Mit und ohne Fähigkeiten!", sagte Leon. Mario und Mark wussten über und Bescheid, jedoch nicht das es Vampire gab.
Wir nutzen den Parcours zu verschiedenen Dingen. Ausdauertraining, zum Spaß oder als Überlebenstrainer. Oder als alles in einem. Wir stellten und auf den Startpunkt.
"Ohne.", schrie Mark.
"3, 2, 1, los!"
Wir setzten uns gleichzeitig in Bewegung.



Natürlich fragte ich Lukas sofort nach dem Diana gegangen war, wer „Leo“ sei. Ich weiß, ich bin schrecklich eifersüchtig und neugierig. Ich konnte mich nur knapp davon abhalten, Diana zu folgen. Aber da ich mithilfe der Erfahrung einiger Jahrhunderte gelernt habe, dass Mädchen nicht auf klammernde Jungs stehen, war es besser es bleiben zu lassen. Außerdem beruhigte mich Lukas' Info, dass Leo nur ihre Cousine war und dass die zwei immer miteinander trainierten.
Ich konnte ohne allzu große Sorgen mit den anderen jagen gehen. Nachdem wir alle satt waren, brachen wir dann bei einem Bestatter ein, schließlich brauchten wir eine Schlafgelegenheit.
Maria und Louis suchten sich einen großen, hellbraunen Sarg aus Ebereschenholz aus, ich wählte einen etwas rötlichen aus Linde.
Es war gar nicht so einfach, die Dinger ungesehen nach Hause zu schaffen, aber wir schafften es und stellten sie in unsere Zimmer. Sehr gemütlich. Am liebsten hätte ich mich sofort hinein gelegt, aber ich wollte noch auf Diana warten.



Wir trainierten bis spät in die Nacht. Ich war voll gepumpt mit Adrenalin. Und ich hatte Hunger. Aber dieser Hunger war nicht normal!
Verdammt. Ich musste mich zusammenreißen, mich nicht auf die anderen zu stürzen.
Ich hatte Leo inzwischen erzählt, das ich diejenige war, die vom Fluch getroffen wurde.
Sie war erst entsetzt, doch dann verstand sie mich. Auf dem nach Hause weg leckte ich mir mehrere Mal über die Lippen. Ich brauchte etwas zu Essen!
Da kam mir eine Idee. Ich sprintete los, ohne lange darüber nachzudenken. Es gab in der Nähe eine kleine Klinik, von der ich wusste, das sich die Blutreserven im Keller befanden. Unbemerkt stieg ich ein. Das Fenster war kein Problem für mich. Ich nahm mir ein, zwei Blutkonserven und verließ den kühlen Raum wieder. Als ich in der Wohnung ankam schnappte ich mir einen Strohhalm und stach ihn in den Beutel. Ich ging nach draußen und trank den ganzen Beutel leer. Den anderen legte ich in den Kühlschrank. Ich fühlte mich gut, mächtig aber auch irgendwie komisch.
Als ich wieder in die Küche ging und den leeren Beutel weg warf bemerkte ich, das im Schatten der Treppe jemand stand. So schnell wie ein Vampir war ich bei ihm und drückte ihn gegen die Wand.
"Was?", zischte ich ihn an, als ich sein erschrockenes Gesicht sah.
Ich leckte mir den Rest des Blutes von den Lippen.
"Noch nie jemanden Blut trinken sehen?", fauchte ich ihn gereizt an.
Dann ließ ich ihn los, stieg nach oben, knallte die Tür hinter mir zu und schloss ab.
Und erst da wurde mir bewusst was ich da gerade getan hatte. Ich war zu einem Monster geworden und hatte Max bedroht. Ich begann hemmungslos zu weinen und legte mich ins Bett. Warum nur?
Dann schlief ich ein.

Ich machte mir schreckliche Vorwürfe, dass ich ihr nicht doch gefolgt war, dass ich nicht bei ihr geblieben war. Sie hatte anscheinend in einer Klinik Blutkonserven gestohlen und ich hoffte nur, dass sie nicht auch einen Menschen verletzt hatte, das würde sie sich nämlich nie verzeihen.
Traurig betrachtete ich ihr verweintes Gesicht, das jetzt, da sie schlief so ruhig und entspannte wirkte. Kein Vergleich zu vorhin, als sie mich angefaucht hatte.
Ich hatte das Türschloss knacken müssen um in ihr Zimmer zu kommen, aber ich hatte sie nicht schon wieder alleine lassen wollen. Ich wollte bei ihr bleiben. Meinen Sarg würde ich diesen Tag wohl nicht ausprobieren. Stattdessen legte ich mich zu Diana ins Bett und zog sie an mich. Sie kuschelte sich im Schlaf an mich.
Irgendwann, kurz nach Sonnenaufgang, schlief ich ebenfalls ein.



Es war als verbrenne ich innerlich. Aber ich konnte mich nicht bewegen. Ich spürte heiße Tränen, die mir über die Wange liefen. Was war nur los mit mir?
Ich spürte meinen Herzschlag stärker als sonst. Ich konnte meine Augen nicht öffnen und doch sah ich etwas. Eine Frau. Sie war ganz in schwarz gekleidet.
"Du darfst kein Menschenblut mehr trinken!", sagte sie auf einmal mit klarer und kalter Stimme.
"Es wird dich töten! Nur das von Vampiren, unseren Blutsverwandten, wird dich am Leben halten und stärken können...."
Dann war sie verschwunden, ebenso wie das schmerzende Gefühl.
Ich öffnete die Augen.
Sie Sonne war bereits wieder dabei unter zu gehen. Neben mir lag Max.
Moment, neben mir lag Max??????
Ich sah zur Tür. Sie stand ein wenig offen.
Oh dieser ... na warte!
Ich stand auf und öffnete die Rollläden so weit, das durch die feinen Spalte Licht ins Zimmer kommen konnte. Einige Lichtstrahlen fielen auf seine Haut. Was ich tat war wirklich fies, aber ich brauchte meine Privatsphäre und die gab er mir nun mal nicht!
Grinsend ging ich nach oben und ging Duschen.
Die Dusche hatte zwei Vorteile. Erstens konnte man die Tür absperren und zweitens konnte man die Glasscheiben verdunkeln, so das man von außen nicht mehr hineinsehen konnte.
Ich musste erst einmal wieder einen klaren Verstand bekommen!

Als ich aufwachte, fühlte ich ein seltsames Brennen auf meiner Haut. Außerdem juckte es mich überall. Stöhnend schlug ich die Augen auf. Die letzten Strahlen der Abendsonne fielen durch die Schlitze des Rollos. Sonne? Mit einem lauten Schrei sprang ich auf.
„Au! Verdammt!“, fluchte ich und betrachtete entsetzt den juckenden Ausschlag auf meiner verbrannten Haut.
Ich musste dem Sonnenlicht den ganzen Tag ausgesetzt gewesen sein. Wieso war es auch ausgerechnet heute nicht bewölkt gewesen? Ich hätte heulen können. Es sah scheußlich aus und es tat höllisch weh.
Sofort stellte ich mich unter die Dusche und brauste mich mit kaltem Wasser ab, was aber nicht viel half. Ich beschloss, mich die ganze Nacht in meinem Zimmer einzusperren. Noch eine meiner schlechten Eigenschaften: Eitelkeit.
Wie konnte das überhaupt passieren? Die Rollos waren gestern Nacht sicher ganz geschlossen gewesen.



Nach der Dusche ging ich mit Leo shoppen. Ich lies Max im Zimmer zurück, er schlief tief und fest.
Nachdem alle Geschäfte geschlossen hatte gingen wir in einen Park und redeten über Gott und die Welt. Als ich ihr die Geschichte mit Jan erzählte war sie erst geschockt. Dann wurde sie wütend.
„Dieser Idiot!“, knurrte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin ja gerettet worden. Oder geflohen.“
Ihr Gesichtsausdruck wurde Milder. „Du magst diesen Vampir wirklich, oder?“
Ich biss mir auf die Lippe. „Ich denke schon.“, murmelte ich.
Sie lachte. „Wenn du es nicht tun würdest, würde der Fluch auch nicht wirken.“
Ich zuckte zusammen. Der Fluch ....
Gegen Mitternacht kam ich nach Hause. Lukas hatte anscheinend Damenbesuch, denn die roten High Heels gehörten weder mir noch Maria. Die Vampire waren im Dachgarten, nur einer fehlte.
Als ich an seine Tür klopfte, bekam ich keine Antwort. Ich lehnte meine Stirn gegen die Tür und konzentrierte mich. Ich hörte seinen Atem, der langsam und gleichmäßig ging.
„Max, ich weiß das du da bist!“
Ich klopfte noch einmal, doch er reagierte wieder nicht.
„Max ...“, murmelte ich. Wieder keine Antwort.
Ich zog mir eine Haarnadel aus den Haaren und stocherte damit im Türschloss herum. Als die Tür offen war, drückte ich die Klinke nach unten und betrat das stockdunkle Zimmer. Meine Augen gewöhnten sich schnell daran.
Er saß in einem Sessel mir einem Glas in der Hand. Der geklaute Blutbeutel lag neben ihm. Ein normaler Vampir würde sich nie auf so ein Niveau herablassen, es musste ihm also echt scheiße gehen. Ich sah die Verbrennungen auf seiner Haut und bekam ein schlechtes Gewissen.
„Max ...“, hauchte ich und schloss die Tür. Seine Augen leuchteten gefährlich in der Dunkelheit.
„Tut mir leid.“, murmelte ich und senkte den Kopf. Ich fühlte mich echt mies.

Erst in diesem Moment wurde mir klar, was geschehen war. Sie hatte die Rollos geöffnet.
„Warum?“, fragte ich und versuchte dabei die Bitterkeit aus meiner Stimme zu verbannen.
„ich hab mich über dich geärgert, weil du immer einfach in mein Zimmer kommst. Aber ich hab übertrieben. Tut mir wirklich Leid, Max.“, meinte sie den Blick gesenkt.
Ich mochte es nicht wenn sie traurig war. Schnell stellte ich mein Glas weg und kam auf sie zu, dann nahm ich sie in die Arme.
„Morgen ist es wieder weg. Nur heute nervt es etwas. Ich komme mir vor wie das Biest aus „Die Schöne und das Biest“ oder wie der Glöckner von Notre Dame. Aber ich würde es überleben, wenn ich nicht schon tot wäre.“, versuchte ich sie wieder ein wenig aufzuheitern.
„Du könntest dir eine Maske wie das Phantom der Oper kaufen.“, sagte sie lächelnd und streichelte mit der Hand vorsichtig über meine unversehrte Wange, die die ganze Zeit im Schatten gewesen war.
„Wenn du so was öfters machst, wäre das sogar eine Überlegung wert“, grinste ich und küsste sie.



Ich war froh, dass er mir verzieh. Als er mich dann auch noch küsste, war ich wieder glücklich.
„Du weist was morgen ist.“, murmelte ich als ich an seiner Brust lehnte.
„Morgen ist Silvester.“, sagte er.
„Es gibt eine kleine Party einige Häuser weiter, wollen du und die anderen mitkommen?“
Als Antwort drückte er mich fest.
„Und da wir morgen Nacht ja weg sind ...“
Ich fuhr an seinem Hemdkragen entlang, löste mich leicht von ihm und sah ihm in seine schönen grünen Augen.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn, während ich damit begann, sein Hemd aufzuknöpfen.
Was soll ich sagen, ich war eben verflucht süchtig nach ihm.

Sagen wir es so, den Rest der Nacht vergaß ich meinen Sonnenbrand. Gut, das in meinem Zimmer nicht nur ein Sarg sondern auch ein großes, bequemes Bett stand.
Außerdem war ich ziemlich froh, dass ich lange Ärmel und eine lange Hose angehabt hatte, als ich schlief, denn so beschränkte sich meine Entstellung vor allem auf Gesicht und Hände.
Am Morgen schlief ich ziemlich erschöpft ein, Diana neben mir. Ich hatte sie viel Blut von mir trinken lassen und selbst hatte ich nur die winzige Blutkonserve gehabt. Die nächste Nacht würde ich unbedingt auf die Jagd gehen müssen , am besten noch vor der Silvesterparty.




Nachdem ich von ihm getrunken hatte schlief ich erschöpft in seinen Armen ein.
Als ich gegen Abend wieder aufwachte richtete ich mich vorsichtig auf und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, woraufhin ein Lächeln auf seine Lippen trat.
Dann ging ich duschen und mich für die Party fertig machen. 
Als ich einige Zeit später aus der Dusche stieg besah ich mich im Spiegel. Meine Haut war einen Ton blasser geworden, mein Haar länger und dunkler. Es war schon fast braun.
Auch meine Augen hatten sich verändert. Sie waren noch dunkler und in ihnen lag ein geheimnisvoller Glanz. Ich seufzte und zog mir mein Kleid an. Es war hellblau und ging mir nicht einmal bis zu den Knien. Dazu noch silberne High Heels und dezente Schminke, schon war ich fertig. Es war nun kurz vor zehn und ich stieg langsam die Treppe hinunter.
Die Vampire und Lukas warteten schon. Maria trug ein rotes Kleid, mörderische High Heels und war stark geschminkt. Die Jungs trugen Anzughosen oder Jeans und Hemden dazu. Max trug eine schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd. Er sah einfach scharf aus!
„Di, wo blei ...“, setzte Lukas gerade an, doch dann sah er mich. Ich grinste und hakte mich bei Max ein. Die Party konnte beginnen und das Jahr 2013 wartete nur auf uns!

„Du weißt schon, dass du sämtliche männliche Wesen in deiner Umgebung, vor allem Vampire, zum Sabbern bringst?“, fragte ich sie spöttisch, als ich sie an meinem Arm die Treppe hinunter führte. Sie sah einfach...Wie soll ich es beschreiben?...zum anbeißen aus.
Allerdings machte ich mit Sorgen, dass sie mit den fürchterlich hohen Schuhen auf die Nase fallen könnte, weswegen ich versuchte sie unauffällig etwas fest zu halten.
In diesem Moment war ich unglaublich froh, dass ich keine Frau war. Wenn ich mir vorstellte, mit solchen Dingern laufen zu müssen, nein danke. Das waren ja Folterwerkzeuge.
Aber sie konnte das erstaunlich gut.



Bei seinem Kommentar musste ich grinsen.
"Das war genau meine Absicht.", wisperte ich ihm ins Ohr.
Meine Schuhe waren zum Glück nicht so hoch wie die von Maria, denn in denen hätte ich echte Probleme gehabt zu laufen!
Wir kamen an dem Haus an, das einem Freund von Leonie gehörte. Er schmiss die Party. Und er war ein Vampir. Kein Wunder also, das er nur so von seinesgleichen wimmelte. Leonie, ihr Bruder und ich waren die einzigen Blutelfen. Doch die Vampire hielten sich zurück, uns nicht um, oder besser an den Hals zu fallen. Und Max strafte sowieso jeden Mann oder Vampir mit einem mörderischen Blick, wenn sich einer von ihnen nähern wollte.
Ich zog Max auf die Tanzfläche und ließ mich einfach von der Musik beeinflussen. Dabei schlang ich die Arme um ihn. Er grinste.
Um halb 12 legten wir jedoch eine Pause ein, denn wir brauchten beide etwas zu trinken. Lukas saß mit einem Mädchen auf dem Schoß auf einer Couch und Max Freunde hatten sich im Raum verteilt.
Plötzlich durchzuckte mich etwas. Ich ließ meinen Blick durch den Raum wandern, bis mein Blick an einem Mann hängen blieb, der mich mit seinen klaren blauen Augen musterte.
Ich schluckte schwer. Ich sah mich nach Max um. Er unterhielt sich mit einem Vampir.
Gelassen ging ich durch den Raum auf den Mann zu. Er war Mitte 30, trug einen schwarzen Anzug und ein silbernes Kreuz um den Hals. Die anderen Gäste schienen ihn gar nicht zu bemerken.
"Komissar.", murmelte ich und verbeugte mich tief.
"Prinzessin." Seine Stimme war nicht mehr als ein Wispern. Er nahm meine Hand und gab mir einen Handkuss.
Den Titel Prinzessin würde ich so lange tragen, wie der Fluch auf mir lastete. Was wahrscheinlich auf immer und ewig war.
"Können wir uns irgendwo ungestört unterhalten?", fragte er mich. Er hatte nicht lauter gesprochen, doch ich verstand jedes seiner Worte, als ob wir uns in einem stillen Raum befanden, und nicht in einem Raum, indem die Bässe der Anlage voll aufgedreht waren.
Ich nickte und deutete auf die Dachterrasse, wo außer ein Paar knutschenden Pärchen niemand war. Ich hoffte inständig das Max lange genug beschäftigt war.

Ich machte an diesem Abend einige ganz nette Bekanntschaften mit anderen Vampiren, da sich auf der Party eine ganze Menge von uns herum trieben. Allerdings stand ich mir dabei manchmal selbst etwas im Weg, weil ich jeden, der Diana auch nur mit einem Anflug von Hunger oder Begehren in den Augen ansah sofort auf meine imaginäre Feindesliste setzte. Also eigentlich so ziemlich jeden Vampir im Raum.
Irgendwann unterhielt ich mich dann aber doch ganz nett mit einem 300-jährigem Artgenossen. Er hatte schwarzes Haar und dunkle Augen und musste noch sehr jung gewesen sein, als es verwandelt wurde. Er sah nicht älter aus als 16. Ewige Jugend ist nicht unbedingt wünschenswert, vor allem in diesem Alter. Zum seinem Glück wurden Menschen früher noch eher erwachsen.
Irgendwann im Laufe unseres Gesprächs bemerkte ich, dass Diana verschwunden war. Gerade eben hatte sie sich noch mit ihrer Cousine unterhalten. Irritiert sah ich mich nach ihr um. Nach dem sie schon zweimal entführt worden war, hielt ich es für gerechtfertig, mir Sorgen zu machen, also ging ich sie suchen.




Ich war froh über die kühle Nachtluft, die stickige Luft drinnen hätte mich beinahe umgebracht.
"Sind ihre Untersuchungen abgeschlossen?", fragte ich den Kommissar leise.
Er nickte. "Tut mir Leid das zu sagen Prinzessin, aber wir werden ihren Bruder töten müssen."
Ich keuchte auf. "Aber ..."
Er hob eine Hand.
"Wenn nur er das Problem wäre, dann wäre es etwas anderes. Aber leider haben wir herausgefunden, dass die Justorem einen großen Schritt in Richtung Ausrottung von Vampiren und Blutelfen machen! Wir werden die komplette Organisation zerstören und die Verantwortlichen töten müssen, sonst werden wir keine Ruhe mehr haben."
Ich konnte nicht fassen was er mir da erzählte. Doch ich fing mich schnell.
"Ich werde ihnen helfen, das ist meine Pflicht. Und ich will diejenige sein, die meinen Bruder tötet."
Er nickte.
"Wir wissen, dass sich die Justorem im neuen Jahr in einer alten Burg in Italien treffen werden. Alle führenden Köpfe werden dort sein. Noch wissen wir noch nicht wo und wann sie sich treffen, aber sobald wir es wissen, sagen wir ihnen Bescheid."
Ich nickte.
Ein Lächeln huschte über seine Lippen.
"Machen sie es gut Prinzessin."
Er gab mir wieder einen Handkuss und war dann plötzlich verschwunden.
Der Typ bereitete mir mehr Gänsehaut als jeder Horrorfilm!
Er wurde nicht umsonst von den Vampiren auch "Schatten" genannt.
Dann sah ich Max, der mich kritisch musterte. Er hatte das gerade also teilweise mitbekommen. Ich seufzte und winkte ihn näher. Die Eifersucht und die Wut stand ihm ja direkt ins Gesicht geschrieben. Aber sich mit dem Anführer der Blutelfen anzulegen war keine so gute Idee.

Ich war wirklich erleichtert, dass ich sie wieder gefunden hatte und dass ihr nichts geschehen war. Was mich etwas ärgerte war, dass sie sich einfach davon schlich ohne mir Bescheid zu sagen.
„War das der Schatten?“, wollte ich von ihr wissen, als ich auf sie zu kam.
Sie nickte nur.
„Was wollte er?“
Der Kerl war mir unsympathisch. Wahrscheinlich lag das daran, dass er ziemlich mächtig war und ich Konkurrenz nicht ausstehen konnte.
„Geliebte?“, meinte ich, als Diana mir nicht antwortete.



Das "Geliebte" bereitete mir eine Gänsehaut.
"Es wir einen Kampf geben", murmelte ich. "Er wird sowohl mein, als auch dein Geschlecht betreffen. Und ich werde mit in den Kampf ziehen", murmelte ich.
Warum redete ich so?
Ich sah Max' erschrockenes Gesicht.
"Dann werde ich an deiner Seite kämpfen", murmelte er und kam auf mich zu.
Ich schüttelte den Kopf.
"Du hast gesagt es geht beide Geschlechter an. Ihr seit unsere Vorfahren, wir sind dazu verpflichtet euch zu helfen", sagte er als er meine Hände ergriff und mir einen Kuss auf die Fingerknöchel gab.
Ich schluckte. Er sollte sich nicht in Gefahr begeben, aber das tat ich ja auch. Ich wollte nicht das ihm etwas zustieß, aber die gleiche Sorge hatte er ja auch um mich.
Wir waren verbunden. Ich hatte ein seltsames Gefühl, jedes Mal wenn ich ihn berührte und etwas sagte mir, dass das nicht an dem Fluch lag. Natürlich, die Liebe machte manchmal komische Sache mit einem, aber das war anders.
Mir mussten Tränen in die Augen gestiegen sein, denn er legte eine Hand an meine Wange und strich sanft darüber.
Hinter uns knallten die ersten Feuerwerke. Doch ich hatte nur Augen für ihn und seine wunderschönen Augen, die mich vom ersten Moment an verzaubert hatte.
Warum war ich auf einmal so sentimental? Egal, mir war im Moment alles egal. Ich wollte nur bei ihm sein.

Sie sah mir in die Augen und ich hatte das Gefühl innerlich in Flammen zu stehen. Ich brannte für sie. Um nichts auf der Welt hätte ich in diesem Moment darauf verzichtet sie in meine Arme zu ziehen.
„Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich“, flüsterte ich.
„Ich dich auch Max“, entgegnete sie und ich wusste, dass ihr Tränen in den Augen standen. In den wunderschönen dunkelbraunen Augen.
Während wir eng aneinander geschmiegt auf der Terrasse saßen und das Feuerwerk über München beobachteten, wurde mir klar, dass ich das schönste Jahr meines 600-jährigen Lebens vor mir hatte, denn ich hatte sie.



Ich war einfach nur überglücklich in seinen Armen zu liegen und zu wissen, das er mich liebte.
Nachdem das Feuerwerk vorbei war gingen wir alleine zur Wohnung zurück.
Wir saßen lange auf der Couch und redeten. Er erzählte aus seinem Leben und ich aus meinem.
Gegen Morgen wollte er mich in sein Zimmer tragen, doch ich hatte wenig Lust in seinem Sarg zu schlafen. Da zog ich mein Bett ihm vor!
Ich seufzte. Für mich war ja jetzt wohl ein normaler Tagesablauf unmöglich. Zumindest in den Ferien.
Gegen Mittag wurde ich jedoch von einem lauten Klirren, gefolgt von Fluchen, aufgeweckt. Verschlafen stand ich auf und tapste nach unten.
Lukas stand in der Küche, mit einer zerbrochenen Wasserflasche in der Hand.
Er war anscheinend total betrunken.
"Hey Kasimir, was ist los?"
Er zitterte am ganzen Körper.
"Geh weg!"
Ich runzelte die Stirn und kam auf ihn zu. Er drehte seinen Kopf zur Seite, sodass er nun mit dem Rücken zu mir stand.
"Großer, du kannst mir alles erzählen!", meinte ich sanft.
Ich glaubte ein Schluchzen wahrzunehmen.
"Luce ..."
Ich nahm ihn vorsichtig an den Schultern und drehte ihn zu mir. Das blanke Entsetzen überkam mich, als ich den riesigen Blutfleck an seinem Hemd sah. Genau über der Stelle wo sich sein Herz befand.
Ruckartig blickte ich ihm in die Augen. Sie hatten nicht wie sonst die Blaue Farbe, sondern wechselten zwischen Blau, Grau, Grün und Braun.
Mein bester Freund und Beschützer war dabei sich in einen Vampir zu verwandeln.
"Max!", schrie ich unter Tränen. Ich drückte Lukas an mich, der meine Umarmung erwiderte und blutige Tränen auf meine Schultern weinte.

„Max! Max! Max!“, Dianas panische Stimme weckte mich aus dem Schlaf. Sie hatte meinen Sargdeckel aufgeschoben und rüttelte an meiner Schulter.
Mühsam richtete ich mich auf und hielt mir geblendet die die Hand vor die Augen. Ich hatte vergessen die Rollos zu schließen, als ich schlafen gegangen war und helle Wintersonne schien in mein Zimmer.
„Was ist los?“, fragte ich während ich in den Schatten huschte.
„Lukas“, entgegnete sie nur unter Tränen und deutete zur Tür.
Sofort war ich hellwach. So schnell ich konnte lief ich die Treppe hinunter und ins Wohnzimmer. Auf der Couch lag er, leichenblass, einen riesigen Blutfleck auf dem Hemd.
Ich lief zu ihm hin und untersuchte ihn.
„Er verwandelt sich in einen Vampir“, flüsterte Diana, die mir gefolgt war.
Ich nickte. Ich hatte bereits einige Verwandlungen mit gemacht und bei ihm war es schon so weit, dass man nichts mehr machen konnte, auch wenn sie das anscheinend hoffte.
In einem frühen Stadium konnte man das Vampirblut noch aus dem Organismus saugen und es mit einer normalen Bluttransfusion versuchen, aber es war zu spät.
Wir konnten nur noch hoffen, dass er es schaffen würde.
„Diana, mach die Rollos zu“, befahl ich. Dann biss ich mir eine Ader am Handgelenk auf und zwang Lukas zu schlucken.
Je mehr er Vampirblut er noch erwischte bevor er starb, desto besser.



Bei der Verwandlung meines besten Freundes zuzusehen war die größte Qual, die ich je erlebt habe. Er war noch nicht gestorben, und das musste er um ein Vampir zu werden. Aber wenn man erst einmal Vampirblut intus hatte und schon in einem Todes ähnlichen Zustand war setzte der Vampirisierungsprozess (? :D) ein. Dann konnte man nichts mehr tun. Max saß neben Lukas auf dem Sofa und ließ ihn von seinem Blut trinken. Mir war klar das er danach meines brauchte um wieder zu Kräften zu kommen. Mit Tränen in den Augen blickte ich Lukas an, der die Augen geschlossen hatte und langsam Max Blut trank. Früher hatte er Vampire immer gehasst, erst seitdem er Max und die anderen kannte hatte sich das geändert. Und nun wurde er selber zu einem. Er tat mir so furchtbar Leid.
Ich huschte schnell in mein Zimmer und rief Robert an.
"Diana, was kann ich für dich tun?"
"Es geht um Lukas. Er ... er wird zu einem Vampir werden. Wir wissen noch nicht wer ihn verwandelt hat. Wir brauchen jemanden der ihn im Zaum halten kann, wenn er sich gewandelt hat."
Robert schwieg zuerst. "Ich komme."
Dann hatte er aufgelegt. Robert mochte Vampire nicht besonders, dass sein bester Schüler nun zu einem wurde musste ihn schwer treffen. Ich ging wieder nach unten, wo sich mittlerweile auch die anderen versammelt hatten. Wir konnten nichts tun außer warten.

Irgendwann hörte Lukas auf zu schlucken. Sein Herz schlug nicht mehr, sein Atem stockte. Sein ganzer Körper wurde schlaff und von Sekunde zu Sekunde kälter. Er war tot.
Ich zog ihn fest in meine Arme.
„Du schaffst das kleiner Bruder“, flüsterte ich.
Dann konnten wir bloß noch warten. Auch meine Vampirgefährten waren inzwischen aufgetaucht, sie mussten gespürt haben, was hier geschah. Ich kann es nicht wissenschaftlich erklären, aber ein Vampir weiß es, wenn jemand in seiner Nähe stirbt, vor allem, wenn er denjenigen kannte. Sie mussten davon aufgewacht sein.
Schweigend standen sie um das Sofa herum und beobachteten mich und Lukas. Diana kam wieder die Treppe hinunter, nachdem sie gerade eben nach oben verschwunden war.
Sie setzte sich neben Lukas und streichelte zärtlich seine eiskalte Hand.
Fast eine ganze Stunde blieben wir vollkommen bewegungslos so wie wir waren, dann regte er sich.
Mit einem kräftigen Schlag, stärker als jemals zuvor, erwachte sein Herz wieder zum Leben und begann langsam Blut durch seinen Körper zu pumpen.
Er öffnete die Augen.



Ich hatte Angst, wirklich eine Heiden Angst das er doch einfach so sterben würde. Als er dann jedoch die Augen aufschlug, war es wie eine Befreiung. Er sah mich mit seinen, nun eisblauen Augen an.
Dann lächelte er. "Jetzt kriegt mich niemand mehr so leicht unter!", knurrte er. Seine Stimme war nun noch etwas tiefer, er erhob sich und umarmte mich.
Max ließ ihn dabei kein einziges Mal aus den Augen. Mit einem neu erweckten Vampir musste man vorsichtig sein!
"Willkommen in unseren Reihen Bruder!", meinte er, als Lukas sich von mir gelöst hatte.
"Machen wir das beste draus und beschützen die Kleine!", meinte Lukas lässig und umarmte auch Max und die anderen.
Es klingelte an der Tür. Wow, Robert hatte sich echt beeilt! Ich öffnete. Er stand mit einer großen Tasche beladen vor der Tür.
"Guten Abend."
"Guten Abend Robert. Die anderen sind im Wohnzimmer."
Ich brachte ihn zu den anderen. Als die Vampire ihn erblickten zuckten sie zusammen. Kein Wunder. Immerhin war Robert einer der größten Vampirjäger der letzten 200 Jahre. Bis er selbst von einem gebissen wurde und zu einem Mischwesen wurde. Kein Vampir und kein Mensch, mehr Blutelfe. Seitdem hatte er sich dem Schutz von Blutelfen verschrieben.
Die Vampire wagten es nicht sich ihm zu nähern. Doch Lukas kam auf seinen alten Lehrer zu, der seinen Schüler besorgt musterte.
"Wir haben einiges an Arbeit vor uns!", meinte er und zog einige Blutbeutel aus seiner Tasche heraus.
"Ihr anderen versucht derweil den Vampir ausfindig zu machen, der ihn gebissen und sein Blut gegeben hat!", knurrte Robert.
Da es noch hell war blieb mir ja wohl die Aufgabe übrig.
Also verließ ich das Loft und machte mich auf den weg zu Leo. Immerhin hatte ihr Bekannter die Party geschmissen, er musste also auch eine Gästeliste haben.

Eigentlich war ich ja nicht besonders davon begeistert, dass Diana sich alleine auf die Suche machte, aber ich hatte noch genug von dem Sonnenbrand vor zwei Tagen und war deswegen auch nicht sonderlich scharf darauf, nach draußen zu gehen.
Ich hatte ihr aber das Versprechen abgenommen, nichts Gefährliches zu unternehmen und mir immer zu schreiben, was sie tat. Sobald es dunkel war, würden wir uns irgendwo treffen und gemeinsam weiter suchen.
Inzwischen versuchte ich, den Vampirjäger nicht zu verärgern und das ging am besten, indem ich mich mit den anderen in meinem Zimmer versteckte und dem Kerl nur sagte, dass er sich ganz wie zu Hause fühlen sollte und wenn er Hilfe mit Lukas brauchte nach mir rufen sollte.



Kaum war ich bei Leo erzählte ich ihr alles. Sie rief sofort ihren Bekannten an, der uns wenig später die Gästeliste schickte, und die Fotos von der Party.
Bis kurz vor Mitternacht war nichts besonderes darauf zu sehen.
"Di", knurrte Leo plötzlich und hielt mir ein Foto hin.
Auf ihm war im Vordergrund die tanzende Menge zu sehen. Im Hintergrund saß Lukas mit einer Blondine auf dem Schoß auf einer Couch. Die Blondine hatte ihren Kopf an seinen Hals gelegt.
"Weist du wer das ist?", fragte sie mich.
"Ja."
Unbändige Wut stieg in mir hoch.
"Nicole."
"Was! Die Schlampe ist ein Vampir?"
"Wie's aussieht.", knurrte ich.
"Das war anscheinend ihre Rache für Stefan."
"Aber das ist doch alles schon 4 Jahre her!"
"Für Vampire ist das nur ein Katzensprung."
Ich suchte mir ihre Adresse. Sie wohnte immer noch an der gleichen Stelle wie früher.
"Ich werd dem Blondchen mal was husten! Einfach meinen besten Freund zu verwandeln nur weil sie sich rächen will, das ist doch wirklich das aller letzte.", murmelte ich und stand auf.
"Du solltest vorsichtig sein, man sagt sie hat was mit Konstantin am Laufen."
Ich lachte. "Wenn der Boss des Bayernclans mich killt, wird er einen Krieg riskieren und das weiß er ganz genau!"
Ich drückte sie einmal fest und ging dann aus der Wohnung. Max wollte ich nicht dabei haben, denn wenn das mit Konstantin wirklich stimmte, war er in größerer Gefahr als ich.

Als es dunkel wurde suchte ich nach Diana, zuletzt hatte sie mir von ihrer Cousine aus geschrieben. Doch als ich bei deren Wohnung ankam, roch ich sofort, dass Diana nicht mehr da war. Ich machte mir nicht mal die Mühe, zu läuten, da ich auf eine Nachfrage sicher keine Antwort bekommen würde.
So gut es ging folgte ich ihrem Duft quer durch die Stadt.
„Wo bist du?“, schrieb ich ihr.
„Noch bei Leo“
„Schlechte Ausrede, mein Schatz“
Ich hasste es, wenn sie mir davon lief und immer alles allein machen wollte.
Wenn sie mir wenigstens sagen würde warum!



Shit! Dieser Vampir war ein einfach zu aufdringlich!
"Bitte, ich hab was zu erledigen, du würdest dich dabei nur in Gefahr bringen!", schrieb ich ihm als ich vor dem Hochhaus stand in dem sich die Wohnung von Nicole befand.
Ich ging in die Eingangshalle und besah mir die Apartment Beschilderung.
Es gab auch welche im Keller. Perfekt für Vampire! Ich fuhr mit dem Aufzug ins U2. Als ich ausstieg sah ich sofort die Tür. Ich atmete tief durch. Frauenparfum. Genau das gleiche das ich schon auf der Party schwach gerochen hatte.
Zielstrebig ging ich zur Tür und läutete. Hundegebell ertönte. Ich tippe mal Zwergpudel. Die Tür wurde geöffnet.
"Wer sind sie und was wollen sie hier?", knurrte mir der Mann entgegen. Er war fast drei Köpfe größer als ich, hatte schulterlanges schwarzes Haar und einen kurzen Bart.
"Ich will zu Nicole. Ich hab was mit ihr zu klären!", knurrte ich Konstantin an. Also hatten die beiden tatsächlich was.
"Ach, was will ein Mädchen wie du denn von Nicole?"
"Schatz, wer ist da?", hörte ich sie aus einem Zimmer flöten.
Dann kam sie in den Flur. Sie trug einen viel zu kurzen Morgenmantel und hohe Schuhe.
"Hallo Nicole, lange nicht mehr gesehen.", sagte ich kalt.
Sie riss die Augen auf.
"Diana?"
"Wow, du hast ja Augen im Kopf."
Konstantin packte mich an der Kehle und drückte mich gegen die Wand.
"Wenn du es noch einmal wagen solltest sie zu beleidigen, wirst du es bereuen!"
"Und wenn du mich noch einmal anfassen solltest, wirst du es bereuen!“, knurrte ich.
Er lachte laut auf. "Eine kleines Mädchen wie du ..."
Weiter kam er nicht, denn da hatte ich ihm schon in die Weichteile getreten. Vampire kannten kaum einen Schmerz, aber Männer waren doch etwas empfindlicher.
"Also Nicole, ich mach's kurz, hast du meinen besten Freund verwandelt oder nicht?"
Erst sah sie mich irritiert an, dann lachte sie gehässig.
"Ach du meinst das Bürschchen gestern Abend. Ja habe ich, er sah so schnucklig aus und ich dachte mir, so einen kann man doch nicht sterben lassen. Das er dein bester Freund ist wusste ich nicht, aber das macht die ganze Sache noch um so schöner!"
Ich funkelte sie an.
"Ist es immer noch wegen Stefan?", murmelte ich.
"Süße, du bist kein unschuldiges Mädchen das wissen wir beide. Du warst schon immer ziemlich verrucht, hast jedem Typen die Zunge in den Hals gesteckt."
Ich lachte laut auf. "Das eine Mal bei Stefan. Mein Gott, du bist wirklich immer noch eingeschnappt. Ihr Vampire seid einfach nur Idioten."
Ich ging auf sie zu. "Ich sage dir eins, sollte Lukas jemals Mist bauen weil er verwandelt wurde, geht das auf dein Konto! Als Mentor taugst du nicht sehr viel", knurrte ich.
Mittlerweile hatte sich Konstantin wieder erholt und war voll in Fahrt.
"Das wirst du bereuen!", schrie er und kam auf mich zu.
Ein Tritt in den Bauch, einer in die Weichteile, und schon lag er wieder am Boden.
"Das war dafür das deine Freundin so eine Schlampe ist", knurrte ich und verließ die Wohnung.
Im Aufzug lehnte ich mich gegen die kühle Metallwand.
Ich fühlte mich irgendwie furchtbar müde.
Als ich aus dem Haus hinaustrat sah ich zum Himmel. Es war Vollmond. Etwas durchzuckte mich. Vollmond ... früher waren die Blutelfen an Vollmond immer zusammengekommen um ihre Bande zu stärken. Hochzeiten wurden geschlossen, Blutbande geschlossen ... der Vollmond hatte schon beinahe eine magische Wirkung auf uns. Ich legte den Kopf schief und musterte eine Person die an der Spitze eines Hochhauses stand. Eindeutig eine Frau. Ihr langes Haare wehte um sie herum und ihr Kleid ebenfalls. Sie hob eine Hand, und mich durchzuckte etwas. Dann war die Frau verschwunden. Für mich bestand kein Zweifel. Nur eine Person war in der Lage Kraft zu vererben. Prinzessin Niada. Mit wurde schwindelig und ich taumelte gegen eine Hausmauer. Ich wollte weitergehen doch meine Füße versagten. Ich knickte ein und alles um mich herum wurde schwarz.

Wenn sie mir schrieb, dass sie etwas zu erledigen habe, was mich in Gefahr bringen könnte, konnte sie doch nicht ernsthaft erwarten, dass ich schön brav nach Hause ging und sie alleine ließ!
Natürlich folgte ich weiter ihrer Spur bis vor ein großes Haus, wo ich plötzlich jemand anderen roch.
Sieh an, Konstantin hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.
Er war der Anführer der bayrischen Vampire. Behauptete er zumindest, aber eigentlich nur von München und näherer Umgebung. Alle anderen lachten eher über ihn.
Die Franken hatten zum Beispiel einen eigenen, ziemlich mächtigen Herrn in Bamberg. Meine Stadt war reichsfreies Gebiet und ich würde niemandem raten, sich mit mir oder gar mit Maria an zu legen.
Konstantin war ein unverbesserlicher Brutalo und ich hatte für ihn eigentlich nur Spott über. Ich wüsste zu gerne, was Diana bei ihm wollte. Hoffentlich verprügelte sie ihn ordentlich.
Plötzlich wurde ich einer Gestalt gewahr, die neben der Haustür auf dem Boden lag. Ich lief sofort zu ihr hin. Es war Diana, ohnmächtig. Gerade als ich sie vom Boden aufheben wollte, stürmte jemand aus dem Haus.
„Guten Abend, lange nicht gesehen“, meinte ich.
Konstantin starrte mich erstaunt an.
„Maximilian von Habsburg?“, fragte er dann.
„Ganz recht. Ich hoffe für dich, dass du nicht daran schuld bist, dass meine Geliebte ohnmächtig am Boden liegt“, entgegnete ich und ging einen Schritt auf ihn zu.
„Die kleine Schlampe ist deine Freundin?“, lachte er.
Das hätte er besser nicht sagen sollen. In weniger als drei Sekunden lag er am Boden.
Ich nahm Diana in die Arme und trug sie nach Hause.



Ich spürte ein Ziehen in meiner Brust, dann in meinen Beinen und dann in meinen Armen. Kraft ... unter den Blutelfen war die Kraft so etwas wie eine eigene Fähigkeit. Jeder hatte eine andere. Nur das die meisten Blutelfen nicht stark genug waren um ihre Kräfte zu nutzen.
Ich roch etwas, etwas verdammt leckeres! Kakao. Aber nicht irgendeinen. Ich schlug die Augen auf. Es war immer noch Nacht, so lange konnte ich also nicht bewusstlos gewesen sein.
"Na, wieder da?", neckte mich Lukas und hielt mir eine Tasse mit der dampfenden Flüssigkeit hin. Das Rezept war von meiner Mutter und wie beide kannten es auswendig.
"Sieht so aus. Du hast deine Wandlung einer blonden Schlampe Namens Nicole zu verdanken. Bin ja schon froh das sie es nicht aus Rache an mir gemacht hat."
"Wie meinst du das?", fragte er verwirrt.
"Hatten ne Wette am Laufen. Wer es als erstes schaffte einem gewissen Stefan nen Zungenkuss zu entlocken der durfte sich offiziell Bitch nennen."
Ich seufzte. "Als 12-jährige macht man schon einigen Scheiß mit!", murmelte ich und trank einen Schluck.
"Na ja, ich hab gewonnen und sie war voll beleidigt. Sie war total in ihn verknallt gewesen. Na ja, das wars dann auch mit unserer "Freundschaft". Tut mir Leid das sie das getan hat.", murmelte ich betrübt.
"Kleines, mach dir keine Vorwürfe. Ich war einfach zu betrunken, das war allein meine Schuld."
Er drückte mir einen Kuss auf die Wange.
"Dein Lover wäre übrigens beinahe Amok gelaufen als er nicht wusste wo du warst!"
"Oh mein Gott, Max! Hat er mich her gebracht?"
Er nickte und gähnte. "Ich leg mich schlafen. Robert hat mich ganz schön gestresst. Erst als er sicher war, dass ich meinen Jagdtrieb unterdrücken konnte hat er mich in Ruhe gelassen.
"Wo ist er?"
"Unten, er pennt auf der Couch."
"Ok, ich schau mal nach Max."
Ich trank den Kakao aus und ging in Max Zimmer.
"Du hast mich schon wieder gerettet.", murmelte ich und lehnte mich gegen den Türstock.
"Natürlich, du bist meine Geliebte, ich würde niemals zulassen das dir etwas passiert!"
Ich lächelte. "Ich denke Mal du hast auch Konstantin gesehen."
"Ja, allerdings. Und als er dich als Schlampe beschimpft hat, hab ich ihn zusammengeschlagen."
"Mein Freund, mein Retter."
Ich schlang meine Arme um seinen Hals und küsste ihn.
An seinem offenen Sargdeckel konnte ich erkennen das er gerade schlafen gehen wollte.
"Kommst du mit?", murmelte er.
"Oh nein, keine zehn Pferde, oder Vampire, bringen mich in so einen engen Sarg!", sagte ich grinsend und verließ dann wieder sein Zimmer. Als ich die Tür schloss sah ich, wie er gerade in den Sarg stieg. Ich ging nach unten um mir etwas zu Essen zu holen.
Robert saß in einem Sessel über ein Buch gebeugt.
"Morgen.", murmelte ich und ging zum Kühlschrank.
Ich öffnete ihn und streckte mich ausgiebig.
"Diana!", schrie Robert plötzlich.
"Ja?" Ich drehte mich um.
Entsetzt und verblüfft stand er hinter mir.
"Was?"
"Wir haben was zu klären.", sagte er immer noch verblüfft.
"Ok ..."
Ich folgte ihm auf den Dachgarten.

Dafür, wie dramatisch diese Nacht begonnen hatte, hatte sie ganz in Ordnung aufgehört. Ich hatte eine ganz nette Schlägerei hinter mir, ich würde mir nicht mehr so viele Sorgen um Lukas machen müssen und Diana hatte mich nicht dafür verprügelt, dass ich ihr gefolgt war.
Das einzige, was mich störte, war die Anwesenheit eines ehemaligen Vampirjägers im gleichen Haus. Es war nicht allzu schwer, einen Vampir im Schlaf zu pfählen. Ich hoffte nur, dass dieser Robert aus Rücksicht auf Diana darauf verzichten würde uns alle zu töten.
Außerdem bedauerte ich, dass sie sich nicht zu mir in den Sarg legen wollte. Als ich mich den Deckel schloss, überlegte ich, ob es wohl Doppelsärge gab.



Etwas irritiert folgte ich ihm auf den Dachgarten. Ich setzte mich in die Hollywoodschaukel, er auf einen Sessel. Dann sah er mir in die Augen.
"Ich machs kurz. Ist heute Nacht irgendetwas außergewöhnliches passiert?", fragte er ruhig.
Ich schluckte und senkte den Kopf.
"Also wenn ich nicht total verrückt bin habe ich Prinzessin Niada gesehen."
Er seufzte.
"So etwas habe ich mir schon gedacht.", murmelte er.
"Hä? Warum?"
"Hast du dir schon mal deinen Rücken angeschaut? Als du dich vorhin gestreckt hast ist dein Oberteil ein wenig hoch gerutscht. Und es hat ein Tattoo gezeigt."
"Was!"
Ich sprang auf und lief zum Fenster, das auch als Spiegel diente. Ich hob das Oberteil etwas an.
"Fuck."
Das war das einzige was ich zu den Schwarzen Schnörkellinien an meinem Rücken zu sagen hatte. Eigentlich befanden sie sich mehr an der Taille, in ihrer Mitte prangte eine alte Rune. Das Zeichen für Kraft.
Ich drehte mich zu Robert.
"Wie es aussieht hat der Geist der Prinzessin dafür gesorgt das deine Kraft sich offenbart. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden was sie bewirkt."
Ich schluckte. Blutelfenkräfte waren nicht zu unterschätzen, meist sehr Gefährlich und schmerzhaft.
"Fühlst du dich anders?"
"Als ich aufwachte habe ich ein leichtes Ziehen im Körper verspürt, das ist aber wieder weg."
Er nickte und ging nach drinnen um ein Buch zu holen.
"Hier stehen die bisher bekannten Fähigkeiten von Blutelfen drin. Lies es dir durch und schau ob du irgendetwas für relevant hältst. Wenn du etwas hast kommst du wieder zu mir."
Er ließ mich auf dem Dachgarten zurück und legte sich schlafen.
Na toll. Ich setzte mich in die Schaukel zurück und blätterte das Buch über Blutelfen durch. Hoffentlich war meine Kraft nicht so zerstörerisch wie die Kraft, Erdbeben zu erzeugen, wenn man mit dem Fuß aufschlug!
Die Hexen hatten es damals gut mit uns gemeint, doch ein paar ihrer Zauber haben eine ganz andere Wirkung eingeschlagen. Deswegen haben sie dafür gesorgt das nur starke Blutelfen ihre Fähigkeiten nutzen können.
Ich begann damit das Buch zu lesen und vergaß dabei dir Zeit.

Gleich nachdem ich aufgestanden war machte ich mich auf die Suche nach Diana. Ich fand sie schließlich in der Hollywoodschaukel auf der Dachterrasse sitzend, ein Buch in der Hand. Ich ließ mich neben ihr nieder und sah ihr über die Schulter.
„Fähigkeiten von Blutelfen?“, fragte ich nach einem kurzen Blick auf den Text, den sie las.
Ich bekam keine Antwort, anscheinend war sie von dem Zeug wie gefesselt.
„Sag mal, meine Königin, willst du nicht irgendwann auch mal schlafen gehen?“, erkundigte ich mich.
Der Menge der Seiten nach zu urteilen, die sie bereits gelesen hatte, saß sie schon ziemlich lange hier und gestern Nacht hatte sie auch nicht wirklich geschlafen.
Das Buch war so fett, damit hätte man sogar einen Vampir erschlagen können, wenn man es ihm auf den Kopf fallen ließ, da konnte sie noch lange lesen.



In dem Buch wurde jede einzelne Fähigkeit genau beschrieben.
Ich bemerkte gar nicht, dass Max auf die Terrasse gekommen war.
Manche Fähigkeiten waren wirklich schrecklich, andere wiederum harmlos.
Ich seufzte und riss mich vom Buch los.
"Entschuldigung, ich war total vertieft."
Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und lehnte mich zurück.
"Wieso liest du das Buch überhaupt?"
Er legte einen Arm um mich.
"Lange Geschichte.", murmelte ich.
"Dann erzähl mal.", meinte er grinsend.
Doch bevor ich anfangen konnte nahm ich einen Geruch wahr.
"Max. Wir haben Besuch", knurrte ich und stand auf.
Ich hatte recht. Keine fünf Sekunden später sprangen von einem anderen Dach ein Dutzend Vampire auf den Dachgarten.
Einer von ihnen war Konstantin.
"Na ihr Turteltäubchen, haben wir euch gestört?"
Ich funkelte ihn wütend an und ballte die Hände zu Fäusten.
"Darf ich mir deine kleine Prinzessin mal ausleihen? Kardinal Ramos wäre sehr erfreut sie zu sehen."
"Nur über meine Leiche."
Das sagte jedoch nicht nur ich, sondern auch Max, Maria, William, Louis, Felipe und Lukas. Robert hielt sich im Hintergrund.
Vampire gegen Vampire. Na ja, fast.

Konstantin hatte sie nicht mehr alle, um es mit einer modernen Formulierung aus zu drücken. Um den Geisteszustand derjenigen, die ihn begleiteten machte ich mir aber auch ernsthafte Sorgen. Keiner von ihnen schien älter als 400 Jahre und sie hatten eigentlich keine Chance gegen uns, die wir alle, bis auf Lukas, unseren 600 Geburtstag schon hinter uns hatten, ganz zu schweigen von Maria.
Außerdem hatten wir eine Blutelfe und einen Vampirjäger.
Ich fühlte mich an meine Zeiten als Musketier erinnert. Juhu! Ein Kampf gegen die Garde des Kardinals.
„Alle für einen!“, rief ich laut.
Die anderen antworteten.
„Und einer für alle!“



Kindsköpfe!
Das war das einzige was mir zu dem Verhalten der "Musketiere" einfiel. Während sie sich um Konstantin und seine 6 Schläger kümmerten, knüpften Lukas, Maria und ich uns die restlichen 5 vor.
Lukas war jedoch ziemlich geschwächt, und von Maria konnte man nicht behaupten das sie wirklich kämpfte.
Ich hingegen wandte alles an, was ich in den letzten Jahren von Chris gelernt hatte.
Als Konstantin sich mit Max prügelte und ihn immer wieder reizte, indem er ihm erzählte was der Kardinal alles mit mir machen würde, wurde ich noch wütender.
Als mir dann einer der Vampire eine Ohrfeige verpasste und mich beißen wollte, brannten die letzten Sicherungen durch.
Und das war der Moment in der sich meine Fähigkeit offenbarte.
Erst schlang ich meine Arme um meinen Körper, dann drückte ich sie nach vorne weg. Eine gewaltige Druckwelle breitete sich aus, die unsere fünf Angreifer vom Dach, weit nach draußen schleuderten. Energiewellen, das war es also!
Mit einem siegessicheren lächeln ging ich auf die Kämpfenden zu.
"Jungs, darf ich?"
Die Musketiere sahen mich verdutzt an, sprangen dann jedoch zurück, sodass ich freie Hand hatte. Ich holte tief Luft und schrie. Wie erwartet breiteten sich wieder Druckwellen aus, die Männer von Konstantin wurden vom Dach geschleudert. Nur er war noch auf dem Dach, er hatte sich rechtzeitig zu Boden geworfen.
Ich stampfte mit einem Fuß auf, sodass er hoch flog. ich drehte eine Handfläche nach Oben, sodass er in dem zustand verharrte.
"Sag dem Kardinal das er seinen Arsch selber her schwingen soll, wenn er mich haben will!"
Dann zog ich die Hand ruckartig zurück und drückte beide nach vorne. Konstantin folg vom Dach, weit in die Innenstadt von München hinein.
Ich grinste. Das war doch mal eine nützliche Fähigkeit!

Wie würde man heutzutage sagen! Ach ja: „Geil!“ Mehr fiel mir nicht ein. Solche Energiewellen wollte ich auch erschaffen können.
Meine Vampirfreunde jubelten laut und klopften Diana fröhlich auf die Schultern. Lukas wurde zu seiner ersten, überstandenen Schlacht beglückwünscht und wir alberten allgemein ziemlich herum. Aber man musste seinen Sieg ja schließlich gebührend feiern!
Ich hob meine Blutelfe hoch in die Luft, schleuderte sie im Kreis und küsste sie dann.
„Nicht schlecht!“, lachte ich, „ich bin begeistert! In nächster Zeit werde ich versuchen, dich nicht zu verärgern. Seit wann kannst du das, mein Mädchen?“



Vom Drehen war mir ganz schwindelig geworden.
„Seit gestern. Ich hab ein kleines Power-up bekommen“, sagte ich lachend und küsste ihn. Dann ging ich schlafen, da ich am nächsten Tag von meiner Mutter abgeholt werden würde. Bald ging die Schule wieder los und die Normalität begann wieder.
Am Nachmittag des 4. Januars ging ich wie jedes Jahr mit meinem Vater weg, wir unternahmen eine längere Wanderung durch das Donautal. Nach drei Stunden machten wir eine Pause und wir setzten uns auf eine Bank. Wir sahen über die verschneiten Hügel.
Plötzlich seufzte er. Ich legte den Kopf schief. „Was ist?“
Er lächelte. „Du bist also die Glückliche. Wie geht es dir mit dem Fluch?“
Ich schluckte. „Ganz gut.“
Er zog mich in den Arm. „Wenn er dir weh tut wird er das bereuen!“, knurrte er.
„Heißt das, du bist damit einverstanden?“, fragte ich verblüfft.
„Er macht dich anscheinend glücklich. Er hat dich gerettet. Ich denke, er ist kein schlechter Kerl.“
Ich drückte ihn fest an mich.
„Lass uns zurück gehen. Wenn wir in der Stadt sind bring ich dich zu ihm und seh in mir mal an“, sagte er grinsend.
Da konnte sich Max auf etwas gefasst machen.
„Sie kommen erst später aus München zurück!“
„Es dauert noch fast vier Stunden bis wir zurück sind, das wird doch wohl reichen!“
Ich grinste und ließ mich von ihm hoch ziehen, dann stapften wir weiter durch den Schnee.

Bei der Rückreise verzichteten wir auf das U-Bahn fahren. Wir waren uns alle einige, dass wir das unseren Geruchsnerven nicht noch einmal antun wollten, also riefen wir ein Taxi und schickten William, den Faulpelz, der nicht zu Fuß gehen wollte mit den Koffern voraus. Wir anderen liefen zum Bahnhof.
Dort gab es erst einmal einige Komplikationen, weil wir vier Musketiere und Lukas uns darüber stritten, welcher Zug denn jetzt der richtige wäre. Irgendwann wurde es Maria zu bunt, sie schüttelte nur den Kopf brummte etwas, dass verdächtig nach „Männer“ klang und fragte jemanden. Zum Glück, denn so wie der Streit im Moment stand, wären wir in den falschen Wagon gestiegen.
In unserer Stadt am Bahnhof angekommen verabschiedeten wir uns von Lukas, der bei seinen Eltern vorbei schauen musste und dann wohl zu Robert fahren würde und gingen dann zu mir nach Hause. Gerade nach dem wir unsere Koffer ausgepackt hatten, läutete es an der Tür.
„Ich gehe aufmachen!“, rief Felipe. Kurze Zeit später kam er mit meinen Gästen wieder ins Wohnzimmer. Es waren Diana...und ihr Vater.
„Guten Abend. Freut mich, Sie kennen zu lernen“, grüßte ich höflich und schüttelte ihm die Hand.
„Ganz meinerseits“, entgegnete er, während er mich mit einem abschätzenden Blick musterte.
Plötzlich meinte er: „Es ist ein seltsames Gefühl, wenn der Freund der Tochter älter ist als man selbst, auch wenn man es ihm nicht ansieht.“



Ich sah betreten zu Boden.
Mann Dad!
Ich sah wie Max schluckte.
"Sollten Sie meiner Tochter weh tun muss ich wohl ein ernstes Wort mit Ihrem Vater reden!"
Moment mal!
Max' Gesichtsausdruck spiegelte Entsetzen und Angst wieder.
"Mein ... Vater."
"Ja, Ihr Vater. Wussten Sie nicht das er ebenfalls ein Vampir ist?"
Max schüttelte den Kopf.
Jetzt war mein Vater überrascht.
"Seltsam. Nun denn, ich geh mal wieder. Wehe ihr passiert was!", murmelte er. Doch dann lächelte er Max zu. "Ich weiß, dass sie kein schlechter Vampir sind, also vermasseln Sie's nicht!"
Dann war er verschwunden.
Ich war verwirrt. Woher kannte mein Vater den Vater von Max?
"Max?", fragte ich zögernd.
Er sah richtig neben der Spur aus.
Ich legte ihm eine Hand an die Wange.
"Alles in Ordnung?"
Er schluckte und holte tief Luft.
"Ja .. ich meine ...", krächzte er.
"Schon ok, ich hab Zeit."
Wir gingen nach drinnen und setzten uns zu den anderen ins Wohnzimmer. Ich musterte ihn immer wieder. Die Nachricht, dass sein Vater ein Vampir war hatte ihn sichtlich aus der Bahn geworfen.

Ich konnte ihm einfach nicht glauben. Aber andererseits hatte er keinen Grund, mich zu belügen. Wieso sollte er mir erzählen, dass mein Vater ein Vampir war, wenn es nicht stimmte?
Ich vergrub mein Gesicht in beiden Händen. Ich musste überlegen und das am besten alleine. Ich stand also auf und huschte in mein Zimmer hinüber. Dort ließ ich mich auf meinem geschlossenem Sarg nieder, doch plötzlich hörte ich, wie die Tür wieder geöffnet wurde. Diana war mir gefolgt. Sie legte die Arme um mich.
„Was ist los?“, wollte sie wissen, „Freust du dich nicht, dass dein Vater noch lebt?“
Ich schloss die Augen und erwiderte ihre Umarmung.
„Ich kann es nicht glauben. Es ist schwer, sich daran zu gewöhnen, dass jemand, den man 600 Jahre lang für tot gehalten hat noch lebt“, murmelte ich, „außerdem ist da noch etwas anderes. Maximilian von Habsburg, der jüngste Sohn des Erzherzogs hat sich angeblich selbst in der Donau ertränkt nachdem...“
Ich hielt inne, unsicher, ob ich ihr den anderen Teil meiner Geschichte auch noch erzählen sollte. Aber ich hatte schon begonnen.
„Nachdem was?“, fragte sie und setzte sich neben mich auf den Sargdeckel.
Ich schluckte schwer, dann nahm ich allen meinen Mut zusammen und sah ihr in die Augen.
Mit zitternder Stimme meinte ich: „Nachdem er seine kleine Schwester, die er eigentlich beschützen sollte, bei einem Streit ermordet hat.“
Blutige Tränen tropften auf den Boden.



Ich starrte ihn an.
"Wa... warst du da schon ein Vampir?"
Er nickte.
Ich schluckte. Das war zwar nicht unbedingt schöner, aber ich hatte schon oft davon gehört das Jungvampire oft impulsiv handelten.
Ich wischte ihm die Tränen vom Gesicht und sah ihn liebevoll an. "Ich glaube sie wäre stolz auf dich, wenn sie wüsste was du schon alles für andere Menschen getan hast!"
"Diana, ich bin ein Monster! Ich töte Menschen!"
"Weil du es musst.", knurrte ich und zwang ihn mich anzusehen. "Ich werde irgendwann nicht besser sein. Irgendwann werde ich Vampire töten um zu überleben! Das, was du bist kannst du nicht ändern!", murmelte ich und zog ihn an mich.
"Das mein Vater damit angefangen hat tut mir Leid, aber nachdem was mit Jan passiert ist bin ich alles was er noch hat."
"Ich könnte dir nie weh tun Diana!"
"Ich weiß.", sagte ich lächelnd und strich ihm über die Wange. Dann küsste ich ihn und nahm ihm einen Teil seines Schmerzes.
Und das wortwörtlich! Es war als würde ein Teil seines Schmerzes in mich hinein fließen! Ich sah vor meinem inneren Auge Bilder. Er und seine kleine Schwester. Glücklich. Traurig. Blutig.
Ich riss mich los.
"Scheiße.", murmelte ich.
Das konnte doch nicht wahr sein!
"Was ist los?", fragte er vorsichtig.
"Also entweder hat der Power-up noch andere Fähigkeiten in mir hervor gerufen, oder aber ..."
Das war so unmöglich! Das konnte nicht sein!
"Oder aber?"
Ich holte tief Luft und blickte ihm in die Augen. "Oder aber ich bin deine Gefährtin."
Was eigentlich überhaupt nicht sein konnte!

In dem Moment, in dem sie mich küsste, spürte ich die Last auf meinen Schultern geringer werden. Meine vorher verkrampften Muskeln entspannten sich und ich schmiegte mich noch enger an sie. Doch sie löste sich von mir und fluchte.
„Was ist los?“ wollte ich von ihr wissen.
Ihre Antwort erstaunte mich dann einigermaßen.
„Meine Gefährtin? Das ist doch eure Blutelfenbezeichnung, für jemanden, der für einen bestimmt ist, oder? “
Sie nickte.
„Dann bin ich für das, nicht für die anderen besonderen Fähigkeiten!“, rief ich aus und konnte schon wieder lächeln.
Ich wusste nicht allzu genau, was man unter einer Gefährtin verstand, aber ich fand den Gedanken schön, dass ich für Diana auserwählt sein könnte.



Ich lächelte.
"Ich dachte bei euch gibt es das auch?", murmelte ich.
"Hm, schon aber nur bei Menschen und Vampiren."
"Dann muss für das hier was neues geschaffen werden!", murmelte ich und küsste ihn.
Ich schlang die Arme um seinen Hals und spürte die Freude und das Verlangen das von ihm auf mich über griff. Ich knurrte. Er hatte kein Bett. Zu schade!
Ich löste mich grinsend von ihm. "Lass uns zu den anderen gehen, nicht dass sie sich Sorgen machen!"
Ich nahm seine Hand und wir gingen zurück ins Wohnzimmer. Die anderen musterten uns als wir Hand in Hand in den Raum kamen und dabei grinsten wie zwei Honigkuchenpferde.
"Was ist denn mit euch los?", fragte Felipe.
"Hast du grad von ihr getrunken oder habt ihr ..."
"Klappe", knurrte ich. Seine Fantasien sollte er für sich behalten!
Ich kuschelte mich an Max' Brust und genoss seine Nähe.

Ich musste mir unbedingt ein Bett kaufen, aber erst wenn mein Besuch irgendwann wieder auszog. Das konnte allerdings noch etwas dauern. Wenn ein Vampir Freunde besucht, kann es sein, dass er über ein Jahr dort bleibt. Louis hat sich auch schon mal für sieben Jahre bei mir einquartiert.
„Musst du heute Nacht noch nach Hause?“, erkundigte ich mich bei Diana, die sich gegen mich gelehnt hatte.
Ich wollte gerade ansetzten um zu sagen: „Felipe sucht sich bestimmt gerne einen anderen Schlafplatz und überlässt dir das Sofa, wenn du gerne hier schlafen willst“, da mischte dieser sich auch schon ein.
„Vergiss es, Max!“, knurrte er.
Ich warf ein Kissen nach ihm und schon war eine richtige Kissenschlacht im Gange in die sich auch alle anderen einmischten. Irgendwann gab es kein Kissen mehr, das noch in einem verwendbaren Zustand war und wir mussten aufhören.
Ich spuckte ein paar Feder von der Füllung aus.
„Morgen kaufen wir neue“, meinte Maria tröstend.
„Am besten kaufen wir gleich ein ganz neue Couch“, meinte Louis mit einem Blick auf das zerfetzte Ding, das sicher unter dem Nächsten, der sich darauf setzte zusammenbrechen würde.
Manchmal hasste ich es, dass Vampire so stark waren. Und Blutelfen. Diana war nämlich auch nicht ganz unbeteiligt an der Zerstörung meines Mobiliars gewesen.
„Ok Liebling, ich bring dich nachher zum Bus“, meinte ich an sie gewandt.



Das Wohnzimmer sah aus wie ein Schlachtfeld. Kein Wunder.
Aber Max' Angebot mich zum Bus zu bringen verneinte ich.
"Ich hab 'ne schnellere Möglichkeit gefunden nach Hause zu kommen. Ist zwar nicht ganz ungefährlich, aber effizient.", murmelte ich geheimnisvoll.
Er sah mich ratlos an. Kurz bevor die Sonne aufging brachte er mich nach draußen. Die anderen folgten uns. Ich grinste und küsste Max. "Wir sehen uns!", hauchte ich an seine Lippen, dann ging ich ein Stück zurück und trat mit einem Fuß kräftig nach unten. Eine Energiewelle drückte mich vom Boden weg nach unten. Ich hatte schon ein wenig trainiert, als ich mit meinem Vater spazieren war, und mittlerweile hatte ich den Dreh ganz gut raus. Ich musste die Energiewellen nur in die richtige Richtung und mit der nötigen Kraft schicken, schon konnte ich halbwegs gerade fliegen. Und es fühlte sich wirklich gut an!
Als ich in meinem Zimmer landete zog ich mich um und viel hundemüde ins Bett. Langsam musste ich mir einen normalen Tagesablauf angewöhnen! Wenn ich daran dachte, das ich in wenigen Tagen 18 wurde und ich noch dieses Jahr mit der Schule fertig wurde, bekam ich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Ich hatte noch keinen blassen Schimmer was ich danach machen sollte. Aber eins wusste ich, von Max wollte ich nie wieder weg! Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht schlief ich ein.

Jetzt konnte sie auch noch fliegen! Ich musste grinsen als ich ihr nach sah. Sehr praktisch, so war sie nicht immer auf den Bus angewiesen und konnte viel länger bleiben.
Ich machte mich inzwischen, obwohl es kurz vor Sonnenaufgang war noch auf die Suche nach Beute, denn ich hatte ziemlich Hunger.
Ich gab Diana immer von meinem Blut und trank selbst viel zu wenig. Meine Haut war deswegen noch blasser als gewöhnlich und ich hegte die Befürchtung, dass die Farbe meiner Lippen bereits ins bläuliche spielte. Da kam mir eine einsame, früh morgendliche Joggerin gerade recht. Während ich gierig an ihrer Kehle saugte, konzentrierte ich mich nicht auf mein Umfeld. Doch als ich sie losließ, bemerkte ich plötzlich, dass jemand hinter mir stand. Sein Geruch kam mir vage bekannt vor, doch ich wusste gerade nicht woher.
Ich wollte mich umdrehen, doch ich war zu langsam.



Als ich gegen Nachmittag wieder auf kam ging ich sofort nach unten um etwas zu essen. Ich ernährte mich zwar von Vampirblut, aber das war kein Ersatz für normales Essen! Meine Mutter halste mir eine Reihe von Aufgaben auf und erst nach Sonnenuntergang war ich fertig. Erst da sah ich auf mein Handy. 15 Anrufe in Abwesenheit und 6 neue Nachrichten. Ach herrje, was war denn jetzt los?
Als ich die Nachrichten las wurde mir schwindelig. Nein! Bitte nicht!
Ich rannte aus dem Haus und flog so schnell ich konnte zu der Wohnung von Max. Die anderen hatten sich dort versammelt und sie bestätigten es mir noch einmal. Max war verschwunden. Und keiner wusste wohin.
Ich ging vom Schlimmsten aus.

Als ich erwachte konnte ich mich kaum bewegen. Ich lag verkrümmt auf kaltem Steinboden. Jemand hatte mir die Arme nach hinten gezogen und sie mit schweren Ketten an meine Fußgelenke gefesselt. Das war ein verdammt alter, verdammt mieser und schmerzhafter Trick. Ich stöhnte leise.
„Endlich wach, Kleiner?“, hörte ich eine kalte Stimme und der Geruch von vorhin - oder war es schon länger her?- schlug mir entgegen.
Ich öffnete meine Augen und versuchte, den Sprecher an zu sehen, aber ich konnte meinen Blick nicht fokusieren. Alles schien verschwommen und unscharf.
Ich erinnerte mich nur mit großer Anstrengung daran, was geschehen war nach dem ich von der Joggerin getrunken hatte. Bevor ich mich danach umdrehen konnte, war mir der Fremde, er war eindeutig ein wirklich alter und mächtiger Vampir, von hinten an die Kehle gesprungen. Ich hatte mich gewehrt, doch in seinem Griff war ich mir vorgekommen, wie ein kleiner Welpe.
Er musste mir fast all mein Blut genommen haben, denn nur das konnte der Grund dafür sein, dass ich jetzt so schwach war und mein Sinne so schwerfällig arbeiteten.
„Was wollen Sie von mir?“, brachte ich mit Mühe heraus.
„Von dir will ich nichts, ich will deine Geliebte.“
Ein eiskalter Schauer überlief mich. Nein, nicht Diana!
Ich versuchte so gut es ging, mich von meinen Ketten zu befreien, aber ich hatte keine Chance, ich war zu schwach. Alles was ich erreichte waren noch mehr Schmerzen aufgrund der gemeinen Fesselung.
Als ich schließlich wieder still da lag, meinte der Fremde: „Wie lange bist du schon mit Maria zusammen?“
Ich brauchte einen Moment, bis ich verstand. Verdammt! Der Kerl verwechselte mich mit Louis!



Ich konnte nicht ruhig sitzen, zu groß war meine Angst um Max. Wir versuchten schon seit Stunden sein Handy zu orten, doch es wollte irgendwie nicht klappen. Wir hatten auch Lukas informiert, der gerade bei Robert war. Ich tigerte durch den Raum und wahr mehr als gereizt!
Die Vampire diskutierten wild durcheinander, irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und ging in Max Schlafzimmer. Ich setzte mich auf den Sargdeckel und atmete tief ein. Überall war Max Geruch. Ein Kribbeln durchfuhr mich. Als ich wieder einatmete wieder.
Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Ich dachte an Max, meine Gefühle zu ihm und das, was uns verband. Aber ich war nicht stark genug. Noch nicht. Entschlossen stand ich auf und schob den Sargdeckel beiseite. Der Sarg war ziemlich geräumig und mit vielen Kissen ausgestattet. Ich bekam eine Gänsehaut als ich mich hineinlegte und den Deckel schloss. Ich atmete wieder durch. Der Geruch überflutete mich und versetzte mich in eine Art Trance. Ich sah Max. Nein, ich war Max! Ich lag auf den Boden, gefesselt. Ich konnte die Fesseln quasi spüren. Ein Raum. Ein Mann, den ich jedoch nicht erkannte.
Ich versuchte etwas sehr Gefährliches, ich entfernte meinen Geist aus seinem Körper und stieg empor. Ich konnte den Mann immer noch nicht sehen, als ich jedoch durch die Decke nach draußen schwebte, wusste ich wo er war. Sofort kehrte ich in seinen Körper zurück und versuchte aus der Trance wieder herauszukommen. Doch das war schwieriger als ich angenommen hatte. Körper und Geist wieder zu vereinen war viel schwieriger als sie zu trennen. ich brachte es jedoch irgendwann zu Stande zu schreien. Ich nahm wahr, das jemand den Sargdeckel öffnete, ich schrie ihnen den Ort entgegen wo er sich befand. Jemand wollte mich aus dem Sarg heben, doch ich schrie demjenigen zu es zu lassen, wenn er mich nicht umbringen wollte. Mein Geist war geschwächt und ich brauchte Zeit und Ruhe. Langsam senkte sich mein Geist zur Ruhe und ich wurde ohnmächtig. Sowohl mein Körper, als auch mein Geist.

„Was wollen Sie von Maria?“, fragte ich.
„Rache“, entgegnete er.
Ich dachte schon, er würde nicht weiter erzählen und ich müsste mir wieder die Mühe machen, zu fragen, doch da bekam ich doch noch eine Antwort: „Wir waren sehr, sehr lange Zeit ein Paar, über ein Jahrtausend“, sagte der Fremde, „doch vor einigen Jahren hat sie mich verlassen und jetzt, nachdem ich sie wieder gefunden habe, stelle ich fest, dass sie einen Neuen hat, einen Knaben!“
Er spuckte aus und verpasste mir dann einen Fußtritt.
Das war typisch Vampir: verletzter Stolz, Wut auf die Frau, die einen verlassen hat und unglaublicher Hass auf sämtliche Nebenbuhler, die dann nach Möglichkeit um die Ecke gebracht werden. Jetzt war mir auch klar, woher ich seinen Geruch kannte. Ich hatte ihn an Maria gerochen, nachdem sie solange mit ihm zusammen gewesen war, war das kein Wunder.
Ich hoffte mir weitere Fußtritte ersparen zu können, wenn ich ihm sagte, dass ich nichts mit seiner Ex hatte und so meinte ich: „Verzeihung, aber ich glaube sie verwechseln mich, ich bin nicht mit ihr zusammen“
„Du riechst nach ihr, kleiner Bastard“
Ein erneuter Tritt brachte mich zum Schweigen. Reden war so schon anstrengend genug, da musste ich mir das nicht auch noch antun.
Ich dämmerte wieder einige Zeit einfach nur dahin, ich weiß nicht wie lange, doch plötzlich hörte ich schnelle Schritte auf Steinstufen und die schwere, hölzerne Tür des Raumes in dem ich mich befand wurde mit unglaublicher Kraft eingeschlagen.
Inzwischen sah ich wieder etwas schärfer und so erkannte ich meine Freunde, die sich auf den fremden Vampir stürzten.
Fünf gegen einen, doch das machte dem einen gar nichts aus. Er schleuderte Felipe einfach gegen die Wand, wo dieser mit unnatürlich verkrümmter Wirbelsäule liegen blieb. So etwas brachte einen Vampir nicht um, aber es hielt ihn ziemlich auf.
Louis brach er, glaube ich ,beide Beine.
Es war die Hölle, nur untätig da liegen zu können und mit ansehen zu müssen, wie er meine Freunde gnadenlos fertig machte. Und wenn sie verloren, waren wir alle tot. So richtig tot, nonexistent, Geschichte.
William konnte sich gerade noch unter einem Griff weg ducken, der ihn wohl sonst seinen Kopf gekostet hätte, allerdings flog er dafür in hohem Bogen durch den Raum, bis ihn eine massive Steinmauer aufhielt. Lukas lag ebenfalls bewusstlos am Boden, anscheinend war er am Kopf getroffen worden.
Der Fremde Vampir hatte Maria gepackt und presste sie gegen die Wand. Er musste noch viel älter als sie sein, so wie er kämpfte. Vielleicht noch vor 400 n. Chr. Seine Augen glitzerten mörderisch, als er sich zu ihrer Kehle beugte. Doch er kam nicht dazu, sie zu beißen. Ein Holzpflock durchdrang von hinten sein Herz.
„Gut, dass Robert mir das gezeigt hat!“, meinte Lukas.
Verdammt! Erleichtert gab ich meiner Müdigkeit und Erschöpfung nach und schlief wieder ein. Ich brauchte dringend Blut.



Mein Körper gehorchte mir immer noch nicht, aber ich spürte das Max in meiner Nähe war. Ich musste zu ihm! Ich spürte das es ihm gar nicht gut ging!
Ich versuchte meine Beine zu bewegen, was zum Glück auch ging. Ich taumelte seinen Geruch nach. Er lag auf dem zerfetzten Sofa, von den Vampiren roch ich keinen. Ich konnte nur schemenhaft etwas erkennen. Er sah aus wie eine Leiche! Ohne zu zögern biss ich mir ins Handgelenk und legte es ihm an den Mund. Er begann von selbst zu trinken, auch wenn er nicht so aussah als ob er es mitbekam. Meine Beine knickten ein und ich fiel über ihn, versuchte jedoch krampfhaft den Arm in seinem Mund zu behalten. Mein Körper rebellierte gegen das wieder eindringen des Geistes, es warf mich mehrere Male. Die Energie wollte aus mir heraus, ich musste sie verschließen damit ich nicht die komplette Altstadt in die Luft sprengte. Ich fühlte mich so unglaublich müde ... ich wollte schlafen, für immer im Meer der Träume versinken. Doch eine Stimme, die sehr nach Max klang schrie mein Innerstes an.
„Wenn du das tust bring ich dich um!“
Aber es half nichts. Ich schloss langsam die Augen.

Ich kam mit dem Geschmack von warmen Blut im Mund zu mir. Genüsslich nahm ich noch ein paar große Schlucke, bis ich bemerkte, wessen Blut ich da trank. Diana lag über mir, anscheinend vollkommen erschöpft. Inzwischen war ich schon wieder so klar im Kopf, das ich wusste, dass sie sterben würde, wenn ich nichts tat. Ein Vampir konnte auch mit einem Minimum an Blut im Körper weiterleben, er war dann zu nichts zu gebrauchen, aber hielt es aus. Blutelfen konnten das nicht. Sie hatte mir zu viel gegeben.
„Wenn du das tust, bring ich dich um!“, schrie ich und schüttelte sie. Sie durfte jetzt nicht ohnmächtig werden!
Als sie trotzdem die Augen schloss wäre ich fast verzweifelt! Ich musste versuchen, ihr so viel von dem Blut, dass sie mir eingeflößt hatte zurück zu geben, dass sie überlebte aber ohne mich erneut vollkommen außer Gefecht zu setzen. Dann konnte ich auf die Jagd gehen, für sie und für mich.
Ich biss mir also mal wieder das Handgelenk auf, lehnte sie gegen meine Brust und zwang sie zu schlucken. Nach einiger Zeit löste ich sie von mir und legte sie auf das Sofa. Das würde reichen wenn ich mich beeilte. Ich wankte aus meiner Wohnung und die Treppe hinunter nach draußen.
Die anderen waren bestimmt ebenfalls auf der Jagd, denn sie hatte bei dem Kampf ordentlich einstecken müssen und eine Heilung kostete Kraft, sie mussten sich stärken.
In einer dunklen Gasse traf ich auf ein eng umschlungenes Pärchen. Genau richtig. Ich drückte den jungen Mann mit der einen Hand gegen die Wand, während ich mit der anderen sein Mädchen an mich zog. Danach trank ich auch sein Blut und löschte dann die Erinnerungen der beiden. Er war mir ziemlich schwer gefallen, sie nicht aus Hunger zu töten.
So schnell ich konnte lief ich zu meiner Wohnung und nährte Diana erneut von meinem Handgelenk.



Ich schmeckte das süße Blut auf meinen Lippen. Dieser verrückte Idiot! Ich wehrte mich gegen sein Blut, doch er zog mich näher an sich.
Sobald mein Körper sich wieder selbst regenerierte ließ ich von ihm ab.
„Danke.“, seufzte ich schläfrig.
„Ich danke dir., hörte ich ihn murmeln.
„Dein Sarg war schon ziemlich bequem.“, hauchte ich. Sein Lachen war nicht sehr laut, doch ich konnte es hören. Ich spürte wie er mich hoch hob und weg trug.
„Die Sonne geht bald auf.“, nuschelte er mir ins Ohr.
Zu zweit wurde es in dem Sarg doch ziemlich eng, aber ich kuschelte mich an ihn.
„Wer hat dich entführt?“, fragte ich ihn mit geschlossenen Augen.
„Der Ex-Freund von Maria. Er hat mich mit Louis verwechselt.“
„Das will ich doch auch hoffen!“, sagte ich neckend.
„Geliebte.“, knurrte er.
ich kicherte und schmiegte mich noch enger an ihn.
„Lass dich bitte kein zweites Mal entführen, ein zweites Mal überleb ich das nicht!“
„Ich werde es versuchen.“, murmelte er und gab mir einen Kuss auf den Haaransatz.
„Du hast mich gerettet, dafür werde ich dir auf ewig dankbar sein.“
Ich lachte. „Erstens hast du mich schon öfters gerettet und zweitens ist ewig für Vampire verflixt lang!“
Sein Lachen brachte seine Brust zum vibrieren.
„Meine Liebe Di, du wirst nun auch so lange leben. Und so lange werden wir zusammen sein.“
Er küsste mich und ich vergaß alles andere.

Ok, ich hatte mein kaltes, realistisches Ich verloren. Ich machte Versprechungen für die Ewigkeit und fühlte mich auch noch gut dabei. Und die Ewigkeit war wirklich verdammt lang. Aber egal. Glücklich und zufrieden schlief ich irgendwann ein.
Als ich am Abend erwachte lag Diana nicht mehr bei mir, aber ich konnte ja schließlich nicht von ihr erwarten, dass sie den ganzen Tag mit einem schlafenden Vampir in einem Sarg ausharrte. Sie musste ja auch irgendwann mal nach Hause.
Meine Freunde saßen bereits im Wohnzimmer und unterhielten sich über den Kampf gestern. Ich nutze gleich die Gelegenheit, mich bei ihnen für die Rettung zu bedanken, doch Felipe winkte ab. „Ach, das haben wir doch gerne gemacht. War wirklich lustig!“
Ähm ja, gut. Sehr lustig mit gebrochener Wirbelsäule am Boden zu liegen, aber wenn er meinte.
Maria wirkte irgendwie traurig. Sie saß eng an Louis geschmiegt mit angezogenen Beinen auf den Überresten meines Sofas. Ich vermutete, dass es ihr trotz allem um ihren Ex Leid tat. Man konnte nicht so einfach jemanden vergessen, mit dem man 1000 Jahre lang zusammengelebt hat. Allerdings vertraute ich darauf, dass Louis sie trösten würde.
Ich holte indes mein Handy heraus und sah nach, ob Diana mir geschrieben hatte. Tatsächlich.
„Willst du heute zu mir kommen? Meine Eltern sind nicht da“, lautete der Text.
Eine neue Couch konnte ich morgen Nacht auch noch kaufen, heute hatte ich besseres zu tun.



Gegen Nachmittag stieg ich aus dem Sarg. Meine Eltern machten sich sicher schon Sorgen. Doch als ich zu Hause ankam war niemand da.
„Hallo Schatz, wir sind zu meiner Schwester gefahren, kommen am 8. wieder zurück, Gruß Mama“
Ich grinste. Sturmfrei! Ich schreib Max eine SMS und ging dann duschen.
Als ich fertig war begann es bereits zu dämmern. Ich ging in die Küche und holte Mums Spezialkochbuch heraus. Ich konnte ziemlich gut kochen, das hatte ich wohl von meiner Mutter.
Ich zauberte ein Essen mit einigen ganz besonderen Zutaten. Dann deckte ich den Tisch und zog mir etwas Schönes an.
Kaum war ich fertig, läutete es an der Tür.
Augenblicklich beschleunigte sich mein Herzschlag. Love is in the air!

Ich nahm alles zusammen, was ich an Höflichkeit besaß und läutete anstatt einfach herein zu kommen. Diana öffnete mir und ich verbrachte erst einmal einen Moment damit, sie zu bewundern. Sie trug einen weichen, blauen Pullover, der ihr wirklich hervorragend stand und eine enge, graue Jeans. Was ich mit „hervorragend stand“ meine ist klar, oder?
Ich beugte mich vor um sie zu küssen, doch plötzlich hielt ich inne und schnupperte.
„Was riecht hier so gut? Außer dir meine ich“, sagte ich.
Sie grinste.
„Komm rein!“



Er sah echt umwerfend aus!
Eigentlich wie immer. Weißes Hemd, schwarze Jeans und seinen schwarzen Wintermantel darüber.
"Komm rein!"
Ich zog ihn ins Haus und schloss die Tür hinter ihm. Er legte seinen Mantel ab und ich brachte ihn ins Esszimmer.
"Einen Moment noch", meinte ich grinsend und verschwand in der Küche. Ich schob den Servierwagen ins Esszimmer. Er machte große Augen.
Ich stellte die ersten beiden Teller auf den Tisch und zog gekonnt die silbernen Abdeckungen herunter.
Max machte große Augen.
"Lass dir's schmecken.", sagte ich und zwinkerte ihm zu. Als Vorspeise gab es eine besondere Suppe, die mir viel Blut angereichert war. Meine mit Vampirblut, was gar nicht so leicht aufzutreiben war, aber ich hatte so meine Kontakte. Als Hauptgang gab es ein ziemlich blutiges Steak für ihn, meines war ausgekocht und in Blut eingelegt. Als Nachspeise hatte ich uns ein Mousse aus Blut gezaubert. Es war nicht einfach gewesen, da ich zum ersten Mal aus Mums Spezialkochbuch gekocht hatte, aber es hatte geklappt. Zumindest Max' Miene nach zu urteilen.
Wir unterhielten uns wie zwei Freunde, die gemütlich miteinander zu Abend aßen. Beim Tisch abräumen ging er mir dann zu Hand, was jedoch ewig dauerte, da er sich immer wieder mir Küssen bei mir bedankte.
Irgendwann liefen wir beide grinsend durch die Gegend.
Als die letzten Sachen in der Spülmaschine waren spürte ich zwei Hände an meiner Taille, die mich ruckartig umdrehten. Bei dem Hunger und dem Verlangen, das in seinem Blick lag wurde mir schwindelig.
Ich schlang meine Arme um ihn und er küsste mich leidenschaftlich. Dann hob er mich hoch und trug mich ohne Mühe in mein Zimmer, das ich extra hergerichtet hatte. Die Rollos waren herunter gelassen und das Licht war auf niedrigste Stufe gestellt. Einfach perfekt für eine gemeinsame Nacht.

Ich habe schon lange nichts mehr gegessen, denn normale Nahrung schmeckt mir nicht mehr, sättigt mich nicht und bringt nur meinen Stoffwechsel durcheinander, aber Dianas Essen konnte man einfach nicht ablehnen. Es roch fantastisch und so schmeckte es auch. Vor allem der Nachtisch. Schon als Mensch, mochte ich am liebsten das Dessert.
Das was danach folgte gefiel mir sogar noch besser. Doch irgendwann mitten in der Nacht, wir lagen seit einiger Zeit nur eng aneinander geschmiegt da und hingen jeder unseren Gedanken nach, fiel mir plötzlich etwas ein und ich richtete mich auf und sah Diana an.
„Was ist los?“, fragte sie und runzelte die Stirn.
„Dir ist bewusst, dass wir nie gemeinsam Kinder haben werden, oder?“, meinte ich traurig, „Vampire sind zeugungsunfähig.“



Ich seufzte.
"Ja das weiß ich. Aber im Moment kann uns das ja egal sein. Eine Familie zu haben, darüber denke ich erst später nach", murmelte ich und küsste ihn.
Ich bettete den Kopf auf seine Brust.
"Du solltest etwas wissen Max", sagte ich nach einer Weile.
"Was denn?"
"An meinem 18. Geburtstag werde ich aufhören zu altern. Oder aber altern, bis mein Körper das Alter für richtig hält."
Er sagte nichts, hielt mich nur weiter im Arm.
"Das ist mir egal, selbst wenn du zu einer alten Oma werden würdest, ich würde dich immer noch lieben."
Ich lachte. "Schon klar."
"Das ist mein Ernst Di!"
Mein Lachen verstummte.
"Wann hast du Geburtstag?"
"Am 11. Januar."
"Das ist ja ..."
"Das ist in 5 Tagen, ich weiß", murmelte ich.
"Was schenkt man einer Vampirelfe wie dir zum Geburtstag?"
"Nichts. Ruhe und Frieden", sagte ich lachend.
"Das gleiche will ich auch. Meine Geburtstage zu feiern würde irgendwann ziemlich teuer werden!"
Wir lachten beide und schliefen dann Arm in Arm ein.

Am nächsten Tag machte ich mir nicht die Mühe, nach Hause zu gehen. Ich schlief einfach bei Diana unter Bett, auch wenn sie protestierte. Aber unterm Bett war ich einfach besser vor der Sonne geschützt und sie konnte ihre Rollos aufmachen. Sie war so freundlich vorher zu saugen und deswegen war es auch nicht allzu staubig. Ich bin schon an wesentlich schlimmeren Orten gewesen. Allerdings bestand sie darauf, dass ich ein Kissen und eine Decke nahm, damit es etwas „gemütlicher“ war und so kam ich mir etwas lächerlich vor, aber egal. Ich schlief wirklich gut.
Am Abend weckte sie mich, sie hatte wieder gekocht und wir verbrachten unsere Zeit in etwa so wie in der Nacht zuvor, nur dass ich kurz vor Sonnenaufgang nach Hause lief, denn ihre Eltern mussten mich ja nicht unbedingt in oder unter dem Bett ihrer Tochter antreffen, wenn sie zurück kamen.



Die beiden Tage mit Max waren einfach nur schön gewesen. Er war mein Gefährte, wir waren für einander bestimmt. Auch wenn wir gelegentlich einige Meinungsverschiedenheiten hatten.
Als bei Sonnenuntergang jemand an der Tür läutete rannte ich mit einem Grinsen nach unten.
Das verging mir jedoch, als der Kommissar vor der Tür stand.
"Entschuldigt das ich erst jetzt bei euch vorbei schaue, aber ihr wart gestern Nacht anscheinend beschäftigt."
Ich sah zu Boden.
"Wir wissen wann sich die Justorem treffen. Am 30. März."
"Moment mal, Karsamstag?"
Er nickte.
"Wir müssen nun nur noch nach dem Ort Ausschau halten. Wir werden sie am Karfreitag abholen und dorthin bringen. Wenn sie uns immer noch helfen wollen."
Ich nickte.
"Gut, das war alles.", dann war er verschwunden.
Es waren noch knapp zweieinhalb Monate. Genug Zeit um meine Fähigkeiten zu trainieren!

Am Abend des 8. konnte ich mich nicht mit Diana verabreden, ich musste endlich mit den anderen das neue Sofa kaufen gehen. Außerdem brauchte ich ein Geburtstagsgeschenk für mein Mädchen. Auch wenn sie gesagt hatte, dass sie nur Ruhe und Frieden wollte musste ich ihr trotzdem etwas schenken. Sie wurde schließlich 18 und heutzutage feierte man das ja ziemlich groß.
Wir irrten also über eine Stunde in einem Möbelgeschäft herum, probierten mindestens 50 Sofas , stritten uns darüber, welches das beste wäre und dann kauften wir das, das wir zu aller erst gesehen hatten. Es war dunkelbraun und angeblich gut zu säubern, was für einen Vampir wirklich wichtig war, denn nichts ist ärgerlicher, als z.B. eine weiße Couch voller Blutflecken.
Danach ging ich noch in die Stadtgalerie um etwas für Diana aus zu suchen. Maria begleitete mich um mich zu beraten. Einen Teil meines Geschenkes hatte ich ja schon, aber der Teil war eher ein Scherz und ich brauchte noch etwas richtiges.
Das war gar nicht so einfach und am Schluss entschied ich mich für das Standardgeschenk für Frauen: Schmuck. Mit Marias Hilfe fand ich eine silberne Kette mit einer großen, blauen Blume aus irgendwelchen Edelsteinen. Ich glaube, es waren Saphire, keine Ahnung wie viel Karat. Sie koste nur knapp 300 Euro, aber ich fand sonst nichts hübsches blaues und Maria meinte, ich müsste etwas in Dianas Lieblingsfarbe nehmen, das würde sie wahrscheinlich am meisten freuen.
Sie war ganz entsetzt, dass ich die Lieblingsfarbe nicht wusste und deswegen nur raten konnte und ich machte mir eine geistige Notiz, Louis darauf hin zu weisen, dass er unbedingt die Lieblingsfarbe seiner Geliebten in Erfahrung bringen musste.



Ich wollte an meinem Geburtstag gar nicht aufstehen. Die letzten Tage hatte ich mich zu einem menschlichen Tagesablauf gezwungen und trainiert. Und gelernt. In wenigen Woche würden die Abiturprüfungen beginnen.
Doch als ich einen herrlichen Geruch wahrnahm konnte ich nicht anders und stieg aus dem Bett. Auf einem Stuhl lag ein wunderschönes, dunkelblaues Kleid, das ich mir definitiv nicht ausgesucht hatte, das ich aber traumhaft schön fand. Ich würde es heute Abend anziehen. Zuerst ging ich nach unten, wo mich bereits meine Eltern, und zu meiner Überraschung auch Lukas empfingen.
"Happy Birthday!", riefen die drei.
Meine Mutter hatte eine dreistöckige Torte gebacken, die ein wirkliches Meisterwerk war!
Sie umarmten mich, dann nahm ich als erstes das Geschenk von Lukas entgegen. Er musste gleich wieder nach Hause, da das Sonnenlicht ihm ziemlich zusetzte.
"Hier meine Kleine, Alles Gute!"
Er entblößte seine spitzen Eckzähne und hielt mir ein kleines Päckchen hin.
Neugierig öffnete ich es. Eine Dose befand sich darin, etwa Faustgroß und aus Silber. Ich drückte auf einen Knopf und langsam öffnete sie sich.
"Oh mein Gott! Lukas!"
Ich fiel ihm um den Hals. Es handelte sich um eine Spieluhr. Die Melodie kam mir sehr bekannt vor, ich wusste nur nicht woher ich sie kannte. Das Innere der Dose beherbergte verschiedene Mystische Figuren die durcheinander tanzten.
Lukas verschwand nachdem er mich an sich gedrückt hatte und ich wandte mich meinen Eltern zu.
Mein Vater räusperte sich. "Zu deinem Ehrentag."
Er holte einen Schlüssel mit einem D als Anhänger hervor.
Ich kreischte auf. Das war einfach der Hammer! Sie hatten sich immer geweigert mir ein Auto zu kaufen und nun...
Ich ging sofort nach draußen.
Ein schwarzes Cabrio, bei dem man das Dach nach Belieben hoch und runter fahren konnte. Der Wahnsinn!
Ich fiel meinen Eltern jubelnd um den Hals.
Der Tag war einfach geil!
Wir setzten uns an den Esstisch und frühstückten gemeinsam.
Am Nachmittag kamen dann meine Verwandten und Freunde.
Nach Sonnenuntergang tauchten dann auch die Vampire auf.
Ich hatte mich mittlerweile umgezogen und meine Haare kunstvoll hoch gesteckt.

Wir kamen möglichst stilvoll in Felipes großem, schwarzen Mercedes, allerdings wurde der Effekt etwas dadurch zerstört, dass wir uns zu fünft darin quetschten. Ich saß hinten, eingezwängt zwischen Louis und Maria, die sich eigentlich auch nebeneinander hätten setzten können, aber Maria war eine Frau und deswegen überließ ich ihr, Gentlman der ich bin, den Fensterplatz und Louis behauptete, dass ihm in der Mitte immer schlecht werde. Bis mir klar wurde, dass Vampiren gar nicht schlecht werden kann, war es schon zu spät. Ich war also froh, als ich den unbequemen Platz in der Mitte verlassen konnte.
Als wir bei Revensburgers klingelten öffnete uns Diana und wieder verbrachte ich einen Moment damit, sie nur zu bewundern. Ich fragte mich, ob es Kleidung gab, die ihr nicht hervorragend stand.
Auch meine Mit-Musketiere schienen ziemlich begeistert von der Erscheinung meiner Freundin. Ich war sehr stolz, sie sah fantastisch aus in dem blauen Kleid.
Gut für Louis, dass Maria nicht bemerkte, dass er ein anderes Mädchen anstarrte. Sie war gerade davon abgelenkt mir zu zu grinsen und schnell zu flüstern: „Blau! Glück gehabt!“
Nachdem wir alle gratuliert hatten bat uns Diana ins Wohnzimmer, wo wir unsere Geschenke überreichten.
William schenkte ein teures Parfum und wenn ein Vampir Parfum aussucht, dann riecht es garantiert gut. Felipe hatte eine DVD gekauft, X-Man glaube ich und Maria und Louis hatten etwas gemeinsames. Es war in ein längliches, weißes Stück Stoff eingeschlagen und als Diana es entrollte, fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf. Es war ein riesiges, schweres, dunkelblaues Banner, das von einem Wappen geziert wurde. Darunter stand in kunstvollen Buchstaben: „Diana Lara Revensburger“
„Für die Prinzessin!“, kicherte Louis, „Vielleicht macht dir Max ja den Standartenträger. Ich stelle mir das herrlich vor, wie er in deiner Schule mit dem Banner vor dir her läuft und allen Leuten deine Ankunft verkündet“
Wir mussten alle über dieses Bild lachen, Banner waren heutzutage etwas veraltet, aber ich glaube sie freute sich trotzdem darüber, es war immerhin kreativ. Nachdem die anderen fertig waren überreichte ich meine Geschenke. Erst drückte ich ihr einen Lärmschutz in die Hand, wie ihn Bauarbeiter tragen und ein Schlafbrille.
„Das hier ist für etwas Ruhe und Frieden, hast du dir ja schließlich gewünscht und“, mit diesen Worten holte ich mein richtiges Geschenk heraus, „das hier bekommst du auch noch dazu.“



Die Geschenke waren wirklich schön. Die von Max einfach nur ... originell!
Als er mir dann jedoch die Kette umlegte war ich total baff!
Sie war einfach bezaubernd! Als Dankeschön küsste ich ihn lange. Dann gingen wir zu den anderen nach draußen und tanzten bis tief in die Nacht.
Etwas trübte jedoch meine Freude. Das Ziehen in meiner Brust, dass seit Sonnenuntergang da war. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und ich ging in mein Zimmer. Max bat ich, unten bei den anderen zu blieben.
Als ich die Tür abschloss und mich umdrehte, sank mir das Herz in die Hose. Vor mir stand Prinzessin Niada.
Ich ging auf die Knie.
"Steh auf meine Tochter."
Ihre Stimme hatte definitiv nichts menschliches!
"Du bist nun bereit zu jemandem wie ich zu werden. Blutelf, Mensch und Vampir zu gleich. Deine Fähigkeiten sollen dazu dienen, die anderen zu beschützen, sei dir dessen immer bewusst!"
Ich nickte.
Als sie mir ihre Hand auf die Stirn legte wurde mir eiskalt. Der Geist der Prinzessin murmelte einige Wort und mir wurde heiß. Furchtbar heiß!
Als sie von mir abließ sank ich zu Boden.
"Von nun an bist du wirklich unsterblich! Nur deine wahre Liebe kann dich töten."
Bei den letzten Worten zuckte ich zusammen.
"Leb Wohl, Prinzessin Dila."
Dann war sie verschwunden.
Ich konnte mich nicht bewegen, etwas Schweres hatte sich in meinem Innersten ausgebreitete.
Mein Blick wanderte zu dem Spiegel und ich schrie auf.
Ich war gealtert, zwar nicht um viel, aber um 2 Jahre bestimmt! Mein Haar war nun wirklich braun, wurde nur gelegentlich von hellen Strähnen durchzogen. Sie fielen mir in Wellen über die Schultern, reichten fast bis zu den letzten Rippen. Meine Augen waren tief braun, schon fast schwarz. Und an meiner Schläfe prangte ein kleines verschnörkeltes Mal. Ich hatte mich gewandelt.

Ich hörte ihren erschreckten Aufschrei trotz der lauten Musik und stürmte die Treppe hinauf. Sie hatte die Tür abgesperrt, also trommelte ich dagegen.
„Diana! Was ist los? Diana!“, rief ich.
Es kam keine Antwort, doch ich hörte ihren Herzschlag und ihren Atem.
„Bitte mach die Tür auf!“
Wieder nichts.
„Oder ich renn sie dir ein!“
Da hörte ich ihre Schritte, die näher kamen und den Schlüssel im Schloss. Mit gesenktem Kopf und einer Mütze über ihren herrlichen Haaren stand sie vor mir. Kurzerhand zog ich sie ihr herunter.
Ehrlich gesagt hatte ich Schlimmeres erwartet. Mit meinem Finger unter ihrem Kinn zwang ich sie mich an zu sehen. Ihre Augen wirkten dunkler, dafür aber noch tiefer und strahlender, ihre Haare waren ebenfalls dunkler, aber auch länger und ihr Gesicht hatte die letzten kindlichen Züge verloren.
Statt ihr zu sagen, dass ich sie immer noch unglaublich schön fand, küsste ich sie einfach mit all dem Verlangen, dass ich für sie empfand. Irgendwann löste ich mich unter größter Anstrengung von ihr, grinste sie an, schnappte mir ihre Hand und zog sie mit mir, wieder die Treppe hinunter.
„Komm, du kannst doch nicht deine eigene Geburtstagsfeier verpassen!“



Es kostete mich viel Überwindung mit ihm nach unten zu gehen. Aber ich hatte ja ihn. Die Gäste klatschten, als sie mich sahen. Unsterblich zu sein fühlte sich irgendwie komisch an. Bis in die frühen Morgenstunden tanzte ich mit Max eng umschlungen.
Ich verbrachte die letzten Nächte der Ferien bei ihm, ließ mich sogar zu einem Bad in der eiskalten Donau überreden. Doch dann begann die Schule wieder, und für mich der Stress. Die Abiturprüfungen würden Mitte Mai beginnen, doch wir arbeiteten bereits auf Hochtouren.
An einem regnerischen Februarmorgen betrat ein junger Mann das Klassenzimmer.
„Mädels, ich darf euch unseren neuen Referendar vorstellen.“
Als ich den Kopf hob hätte ich am liebsten die Flucht ergriffen.
„Das ist Jonas Müller.“
Sein blondes Haar war zurück gegeelt er trug teure Klamotten und an einem Ohr baumelte ein Ohrring.
Scheiße! Ich hatte gehofft, dass er ein für alle mal nach Regensburg verschwunden sei.
Er lächelte uns mit seinem typischen Unschuldslächeln an. Er war immer noch der selbe! Das würde Ärger geben.
„Hallo Diana“, murmelte er, während er sich neben mich setzte lange nicht gesehen, „lange nicht gesehen.“
Seine Hand wanderte zu meinem Knie.
„Wag es ja nicht!“, zischte ich. Er war mein Exfreund. Mein Exfreund, der sich nicht davor gescheut hatte, mich zu schlagen!
Ich wollte hier weg, zu Max, in Sicherheit.

Die letzten Ferientage waren der Wahnsinn, wie man heutzutage sagen würde. Ich verbrachte die ganze Zeit mit meiner Blutelfe und meinen Freunden, außerdem hatte ich endlich eine neue Couch.
Leider ging bald die Schule wieder los und da ich nicht der Grund sein wollte, warum Diana ihr Abi verhaute, konnten wir uns nicht mehr so oft treffen. Sie musste lernen und konnte nicht die ganze Nacht aufbleiben, nur noch an den Wochenenden und leider wurden die Nächte immer kürzer.
Einer Abends jedoch, es war ein verregneter Dienstag, stand sie völlig unerwartet plötzlich vor meiner Tür.
Ich fragte erstaunt: „Hi! Was machst ...“
Sie klammerte sich an mich. Ich hielt sie fest und strich ihr zärtlich übers Haar.
„Was ist los? Habt ihr die Matheklausur heraus bekommen? Da ging es dir doch gar nicht so schlecht.“
Sie schüttelte den Kopf und meinte: „Ich hab in Mathe 11 Punkte, das ist nicht das Problem.“
Ich küsste sie und war ziemlich stolz auf sie, denn ich wusste, dass sie mit Mathe auf dem Kriegsfuß stand. „Komm rein“, sagte ich und da ich keine Lust hatte sie los zu lassen, nahm ich sie und trug sie die Treppen zu meiner Wohnung hoch.



Ihn in meiner Nähe zu haben gab mir ein gutes Gefühl.
Die andere Vampire saßen oder lagen im Wohnzimmer. Auf der neuen Couch.
Ich schmiegte mich an Max. Er schnupperte und rümpfte die Nase.
„Du reichst nach ...“
„Meinem Ex.“, knurrte ich.
Er musste mein Unbehagen gespürt haben, denn er drückte mich an sich.
„Ich habe gehofft ihn nie wieder sehen zu müssen, seit dem ...“
Meine Stimme brach. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
„Ganz ruhig. Lass dir Zeit.“, nuschelte er mir ins Ohr und fuhr mir durchs Haar.
„Er hat mich geschlagen.“, wisperte ich. „Ich wollte nicht mir ihm schlafen, er war angetrunken und dann ...“
Ich schluchzte auf.

Ich knurrte zornig, dann hielt ich sie fest, bis sie sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Die anderen, die natürlich gehört hatten, was sie gesagt hatte schwiegen betroffen und Maria wirkte wütend, fast so wütend wie ich. Nachdem Diana aufgehört hatte zu schluchzen, wischte ich ihr die Tränen aus dem Gesicht und fragte dann, meine Stimme r nicht mehr als ein tiefes Grollen in meiner Brust: „Wie soll er sterben, Geliebte?“



Ich zuckte zusammen. „Gar nicht! Er ist zwar ein echtes Arschloch, aber den Tod hat er nicht verdient.“ 
Sein Gesicht war wutverzerrt, ich nahm es in beide Hände und sah ihm tief in die Augen.
„Ich mach das schon, wenn er mich noch einmal anfasst, befördere ich ihn auf direktem Weg nach Paraguay.“
„Er hat dich angefasst?“, brüllte er und wollte aufspringen.
„Sch, sch Schatz, ganz ruhig, ich hab ihm nach der Schule dafür eine rein gehauen.“, sagte ich mit einem grinsen.
Ein gequältes Lächeln trat auf sein Gesicht. Ich zog ihn zu mir herab und küsste ihn leidenschaftlich. Nun waren wir beide ebenbürtig. Unsterblich, stark, gefährlich!
Und total verrückt nach einander! Er zog mich noch näher an sich. Wären die anderen nicht gewesen, hätten wir uns wahrscheinlich die Kleider vom Leib gerissen.

Manchmal hatte ich nicht übel Lust, die anderen raus zu schmeißen. Aber so unhöflich war ich doch nicht. Vielleicht sollte ich mir einfach ein größeres Haus kaufen. Allerdings mochte ich meine Wohnung und ein ganzes Haus würde mir ziemlich leer vorkommen, wenn die anderen wieder abgereist waren, wann auch immer das sein würde.
Bis viertel vor elf blieb Diana bei mir. Wir halfen ihr, mehr oder weniger, bei ihren Hausaufgaben. Das Problem war nämlich, dass wir zu jedem Thema jeder eine andere Meinung hatte. Wie immer eigentlich.
Als wir für irgendeine Mathe-Aufgabe eine Wahrscheinlichkeit ausrechnen mussten, hatten wir fünf verschiedene Ergebnisse, nach einem zweiten Versuch waren es zehn. Irgendwann gaben wir auf und ließen sie die Aufgabe alleine machen.



Die Vampire waren mir keine so große Hilfe. Irgendwann packte ich meine Sachen, verabschiedete mich von den anderen und ging mit Max zum Internat zurück, was eine Ewigkeit dauerte, da wir uns immer wieder küssten. Vor der Eingangstür blieben wir stehen, er hielt mich in den Armen und küsste mich auf den Scheitel
„Wow, du bist immer noch die gleiche Schlampe wie damals!“, kam es plötzlich aus dem Schatten einer Gasse.
Dann trat Jonas in das Licht einer Straßenlaterne. Auf Max‘ Gesicht trat ein mörderischer Ausdruck.
„Schatz, tu mir einen Gefallen und tu ihm nicht allzu sehr weh, ich möchte keine Leiche entsorgen müssen!“, wisperte ich ihm ins Ohr und verschwand dann im Internat.

Nein, ich würde ihm nicht allzu sehr wehtun. Nur ein bisschen Angst würde ich ihm machen. Und ihm vielleicht ein kleines bisschen wehtun.
Ich betastete mit meiner Zunge meine Zähne und näherte mich ihm dann langsam und geschmeidig, schon fast schnurrend vor Vorfreude.
Der Bastard, der leider der Exfreund meiner Geliebten war, wollte etwas sagen, doch ich gebot ihm mit meinem Finger an den Lippen zu schweigen. Dann umkreiste ich ihn. Er sah mich erstaunt an, aber ich erkannte auch Verunsicherung in seinem Gesicht. Bald sollte Angst daraus werden.
Direkt vor ihm blieb ich schließlich stehen und sah auf ihn herunter. Instinktiv wich er einen Schritt zurück.
„Ich kann es nicht besonders leiden, wenn jemand mein Mädchen als Schlampe beschimpft“, flüsterte ich.
Als er etwas erwidern wollte beugte ich mich zu ihm herunter, bis mein Gesicht ganz nah an seinem war und er verstummte.
„Ja?“, zischte ich. Dann sprang ich einen gewaltigen Satz zurück und zeigte meine Zähne.
Er starrte mich nur noch entsetzt an.
Doch dann fing er sich erstaunlicherweise und wollte davon laufen, aber natürlich war ich schneller. Ich überholte ihn und stellte ihm ein Bein, so dass er der Länge nach auf den Boden krachte. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte kauerte ich mich neben ihn, packte ihn an den Haaren und zog ihn nach oben. Er keuchte vor Schmerz auf.
„Mein Kleiner, du solltest dich von Diana fernhalten“, knurrte ich, während ich ihn gegen die Wand presste, meine Hand an seiner Kehle, „und auch nicht erzählen, was ich jetzt tun werde“
Mit einer schnellen, brutalen Bewegung ließ ich seinen Hals los um ihn am Arm zu packen und dann meine Zähne in sein Fleisch zu bohren. Er schrie laut auf.
Vampirbisse können ziemlich wehtun.
Ich trank gierig und erst kurz bevor es gefährlich werden konnte, hörte ich auf und ließ ihn los. Er sackte an der Mauer entlang zu Boden, Blut auf seiner Lederjacke.



Ich machte mir keine großen Vorwürfe, Max und Jonas alleine gelassen zu haben. Max würde ihm Manieren beibringen.
Und das hatte er auch getan, denn von dem Abend an hielt er respektvollen Abstand.
Ich musste immer öfter von Max trinken, was mir irgendwie Leid tat, aber sonst schaffte ich den Stress in der Schule und das Kampftraining einfach nicht. Nur auf Vampirblut angewiesen zu sein war schrecklich!
Ende Februar begann es dann langsam wärmer zu werden. Es lag zwar immer noch Schnee, aber es war wärmer. Ich verbrachte jede freie Minute die ich aufbringen konnte mit Max. Er half mir wenn ich in der Schule nicht weiter kam, munterte mich auf und gab mir einfach das Gefühl geliebt zu werden.
Am Freitag vor dem letzten Februarwochenende kam meine Mutter plötzlich in mein Zimmer.
"Diana, du hast hoffentlich daran gedacht, dass du Eleonora wieder einen Besuch abstatten musst."
Ich stöhnte auf. Meine Oma war so was von kompliziert!
Sie lebte in einem alten Schloss, tief im bayerischen Wald, verließ es nur um mit ihren anderen Damen Kaffee zu trinken oder andere "edle" Sachen zu tun. Zum Geburtstag hatte ich nur eine Karte von ihr bekommen, zur Feier war sie nicht erschienen.
Das Schloss war schon immer im Besitz der Revensburger, die vor gut 300 Jahren einmal adelig gewesen waren.
Einmal in 6 Monaten musste ich ihr einen Besuch abstatten, das war schon seit Ewigkeiten so.
"Meinst du ich kann ..."
Meine Mutter lächelte.
"Du weist dass das Ärger gibt."
"Ärger ist bei Oma vorprogrammiert!"
Sie war eine wirklich eingebildete Blutelfe, die schon auf die 85 zu ging und die alten Traditionen pflegte. Heißt im Klartext: Umgangsformen wie im Mittelalter. Ebenso der Kleidungsstil. Und: Blutelfen gehen nur Beziehungen mit Blutelfen ein, damit die Linie fortbesteht. Tja, bei mir hatte sie sich da jedoch gehörig geschnitten. Diese Aufgabe konnte mein Bruder übernehmen wenn er wieder der alte war.
Also schrieb ich Max noch am selben Abend eine SMS: "Lust auf einen kleinen Ausflug ins Mittelalter? ;)"
Ich kramte schon mal mein Kleid hervor, das ich noch vom letzten Mal hatte. Es war schlicht, zweiteilig und doch edel.

Ausflug ins Mittelalter? Darauf konnte ich eigentlich gut verzichten. Ich hing nicht allzu sehr an den guten, alten Zeiten, weil sie nicht wirklich gut gewesen waren, sondern eher scheiße, wenn ich mich dieses vulgären Ausdrucks bedienen darf. Es lebe der Fortschritt!
Mittelalter war ganz schlimm, aber Hauptsache Diana war dabei, alles andere war mir dann egal.
Ich schrieb ihr also: „Selbstverständlich, was soll ich anziehen? Meinen alten Lederwams und die Aschenbrödel-Strumpfhosen? Und wo und wann? Ild, Max“
Auf das Ild war ich ganz besonders stolz, diesen modernen Ausdruck, der „ich liebe dich“ bedeutet, hatte ich erst vor kurzem von ihr gelernt. Auch die anderen Vampire fanden ihn toll und benutzten ihn seitdem ständig.
Gestern zum Beispiel hat William Louis wegen irgendwas beschimpft und Louis, der dann normalerweise „Ich liebe dich auch“, antwortet, entgegnete „Ild,mein Freund“.
Ich glaube nicht, dass sie verstanden haben, dass das eigentlich für SMS gedacht ist.



"Irgendwas in der Art. Hol dich um 21.00 Uhr ab", schrieb ich ihm. Über das Ild musste ich grinsen. Er war also doch nicht total veraltet.
Ich packte meine Tasche fertig. Toilettenartikel, Kleidung und ein Paar Schuhe, mehr brauchte ich nicht für den einen Tag, den ich bei ihr verbrachte.
Ich zog das Kleid an und flocht meine Haare zu einer alten Frisur.
"Ciao Mum, bis Sonntag."
"Tschüss mein Schatz."
"Sag meiner Mutter liebe Grüße!", kam es von Dad.
Ich warf meine Tasche in den Kofferraum des Cabrios und fuhr in die Stadt um Max abzuholen.
Er stand bereits vor der Haustür als ich hielt. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht schmiss er seine Tasche ebenfalls in den Kofferraum und schwang sich auf den Beifahrersitz.
"Chic chic!"
"Klappe!", knurrte ich und fuhr los.
Er trug Kniebundhosen, einen Frack und ein Hemd mit ein paar Rüschen.
Das Outfit vom Weihnachtsball hatte mir besser gefallen, aber meine Oma würde ihn anschmachten.
Es dauerte eine halbe Stunde bis wir die lange Schlosseinfahrt hochfuhren. Das Schloss war ziemlich alt, ein unheimliches Steingemäuer.
Ich hielt vor dem Eingang und einige Bedienstete kamen herbei. Meine Oma hatte sie nicht mehr alle!
"Guten Abend Mylady Diana, Mylady Eleonora wartet im großen Salon auf sie", sagte Albert, der steinalte Butler meiner Oma.
Ich machte einen höflichen Knicks.
"Ich danke Euch, ihr braucht uns nicht zu begleiten, ich kenne den Weg."
"Wie ihr wünscht."
Er verbeugte sich tief.
Ich sah Max an, der ein breites Grinsen auf dem Gesicht hatte.
"Du wirst dich gleich in die Höhle des Löwen begeben, also mach dich auf was gefasst!", warnte ich ihn vor.
Meine Oma war im Leute zusammen stauchen einfach weltklasse!
Wir stiegen die große Holztreppe empor. Vor der großen Tür zum Salon blieb ich noch einmal stehen, atmete tief durch und streckte den Rücken durch.
Dann öffnete ich die Tür.

Neugierig lugte ich an meiner Geliebten vorbei in den „großen Salon“, gespannt, was mich erwartete. Bis jetzt fand ich es ganz lustig. Wirklich wie ein Ausflug in eine andere Zeit.
Wir traten durch die große Tür, hinein in einen Raum, der auch ebenso altmodisch eingerichtet war, wie der Rest des Hauses, den ich bisher gesehen hatte. Mittendrin standen ein elegantes Sofa und einige zierliche Sessel. Auf einem davon saß eine Dame mit einem Kleid, dass bestimmt ebenso alt war wie sie selbst, auch wenn sich ihr Alter nicht mit menschlichen Maßstäben messen ließ, da sie mit Sicherheit eine Blutelfe war.
„Guten Abend, Großmutter“, meinte Diana und gab der Dame einen Kuss auf die Wange.
„Darf ich dir meinen Freund vorstellen? Das ist Maximilian von Habsburg“
Ich machte eine tiefe Verbeugung und sagte: „Es ist mir eine außerordentliche Ehre Eure Bekanntschaft zu machen, Madame“
Sie musterte mich mit einem scharfen Blick aus ihren braunen Augen, die denen von Diana sehr ähnelten.
„Er ist ein Vampir“, stellte sie dann ungnädig fest.
„Ja Madame. Ich bin untröstlich, was das angeht nicht Euren hohen Ansprüchen genügen zu können“, ich verbeugte mich erneut.
„Wenigstens hat Er Manieren“, mit diesen Worten streckte sie mir ihre behandschuhte Hand zum Kuss entgegen.
Ich beugte mich darüber, wie ich es vor Ewigkeiten gelernt hatte und murmelte: „Enchanté Madame“



Die Show die Max vor Eleonora abzog war einfach filmreif!
Ich sank auf eines der Sofas, darauf bedacht mein Kleid nicht zu verknittern.
Max setzte sich galant neben mich.
Sie musterte uns.
"Nun, sie müssen sich ja noch nicht so lange kennen, denn bei meinem letzten Besuch war meine arme Enkelin ohne Begleitung hier. Wenigstens haben Sie Manieren, im Gegensatz zu ihrem letzten festen Partner."
Ich sah zu Boden.
Meine Oma räusperte sich.
"Ich erwarte euch beide morgen früh im Speisezimmer. Albert wird Ihnen, Maximilian ein Zimmer zuweisen, Diana ich habe noch etwas mit dir zu besprechen", sagte sie kühl.
Ich schluckte.
Max stand auf, verbeugte sich tief und küsste wieder die Hand meiner Oma, dann ging er hinaus.
Kaum war die Tür geschlossen zeigte Eleonora ihr wahres Gesicht.
"Bist du von allen guten Geistern verlassen?", rief sie. "Ein Vampir? Du bist eine Schande für die ganze Familie."
Ich sah ihr kalt in die Augen.
"Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich habe mich verändert. Und das aus einem ganz bestimmten Grund!", sagte ich mit gepresster Stimme.
"Ich bin diejenige, die der Fluch trifft."
Meine Oma sah aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen.
"Das ist unmöglich!", hauchte sie.
"Es tut mir Leid, aber es ist so."
Ich wandte meinen Blick immer noch nicht ab.
"Nun ... wenn das so ist habt ihr meinen Segen.", sagte sie nun mit milder Stimme.
"Was?", fragte ich ungläubig.
Sie lächelte. "Ich will nur das du glücklich bist, du bist meine einzige Enkelin, ich hatte zwar gehofft das du unserer Familie einen Erben schenkst, aber wenn es das Schicksal so will..."
Sie stand auf und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
"Das wird Jan machen, ich werd ihn wieder zurück bringen!"
Sie seufzte. "Meine Liebe, das ist unmöglich, das weist du!"
Ich lächelte. "Nichts ist unmöglich."
Sie lachte und ging zu einer Kommode auf der ein kleines Kästchen stand. Sie fuhr gedankenverloren darüber.
"Ich denke es ist Zeit, das ich es weiter gebe."
Sie hielt mir das Kästchen hin.
"Gib es deinem Freund, er wird wissen, was damit zu tun ist. Du kannst von mir aus mir ihm im selben Zimmer schlafen, aber wehe ihr stört meinen Schlaf."
Ich starrte meine Oma perplex an. Wurde die Frau da etwas modern?
"Danke Mylady."
Ich machte einen tiefen Knicks und begab mich dann auf die Suche nach Max.

„Was wollte deine Oma noch von dir?“, fragte ich, als sie später in mein Zimmer kam.
„Du hast nicht gelauscht?“, meinte sie grinsend.
Ich machte ein bedauerndes Gesicht. „Ging leider nicht, der Butler hat sich gleich auf mich gestürzt und mich weg geführt. Ich hab leider gar nichts mitbekommen.“
Sie lachte, dann gab sie mir ein kleines Kästchen und sagte: „Hier, das hat mir Oma für dich gegeben, sie meinte, dass du wüsstest, was damit zu tun ist.“
Ich nahm das Kästchen entgegen. „Was hat sie sonst noch so gesagt?“
„Geht dich nichts an, du musst nicht immer alles wissen!“, lachte sie.
Ich machte eine Schmollmund und zuckte mit den Schultern. „Gut, dann geht es dich auch nichts an, was in dem Kästchen ist.“
Sie prustete los, doch dann riss sie sich zusammen.
„Du bist gemein!“, schimpfte sie immer noch grinsend und stürzte sich auf mich um mir das Ding ab zu nehmen, aber so leicht war das nicht. Nach einem ziemlich harten Kampf lag sie unter mir auf dem Boden und ich saß rittlings auf ihr, das Kästchen immer noch in der Hand. Ich öffnete es und betrachtete den Inhalt ohne auf ihren Protest zu achten.
Auf einem Polster aus weichem Samt lag ein goldener Ring, verziert mit einer kleinen Blume aus schimmernden Steinen. Es war eindeutig ein sehr alter Verlobungs- oder Ehering, wahrscheinlich von Generation zu Generation weiter vererbt. Jemand modernes würde seine eigentliche Bedeutung gar nicht erkennen, denn er sah nicht aus wie ein typischer Ehering. Aber ich wusste, was ich damit machen musste. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.
Ich schloss das Kästchen wieder, sperrte es mit dem winzigen dazugehörigen Schlüssel ab, den ich in der Innentasche meines Weste verschwinden ließ, dann widmete ich mich wieder Diana.



Ich versuchte ihm das Kästchen ab zu nehmen, doch er war einfach viel zu stark. Selbst als er es öffnete konnte ich nicht erkennen, was darin war.
Er schloss es ab und verstaute den Schlüssel, dann drehte er sich zu mir.
"Geh runter, du bist zu schwer für mich!", schimpfte ich.
"Ach ja?", neckte er mich und bevor ich mich versah, hatte er mich hoch gehoben und zum Bett getragen. Ich stieg sofort wieder daraus hervor und ging zu meiner Tasche. Im Schmollen war ich ziemlich gut!
Ich zog mich im Bad um und wusch mich aus, dann ging ich ins Zimmer zurück, wo Max bereits umgezogen im Bett lag.
Ich legte mich an die äußerste Kante und drehte ihm den Rücken zu.
"Diana...", murmelte er, als ich das Licht ausgeschaltet hatte.
"Di ..."
Ich spürte seine Finger, wie sie meine Arme hinauf wanderten. Ich schüttelte seine Hand ab.
Die Matratze bewegte sich und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut.
Ich schloss die Augen.
"Geh weg", flüsterte ich heißer.
Seine Nähe raubte mir mal wieder den Verstand!
"Nein", murmelte er und begann damit, meinen Hals zu küssen.

Ich wachte auf, weil Diana mich an der Schulter gepackt hatte und mich erbarmungslos rüttelte.
„Aufstehen Schlafmütze!“,kicherte sie.
Ich stöhnte erst unwillig, dann knurrte ich und drehte mich so gut es ging von ihr weg.
„Max, wir müssen aufstehen. Meine Oma wartet auf uns.“
„Nicht jetzt“, brummte ich, aber ich glaube nicht, dass sie etwas verstand, weil ich meinen Kopf in den Kissen vergraben hatte.
Doch sie gab nicht auf.
„Max“, flüsterte sie zärtlich und begann mich zu küssen. Sofort war ich hellwach und versuchte sie an mich zu ziehen, doch sie entwand sich geschickt meinem Griff und stieg aus dem Bett.
Ich knurrte etwas von wegen „mieser Trick“ und erhob mich dann ebenfalls träge. Draußen war es zum Glück bewölkt und so musste ich mir wenigstens keine Sonne antun. Hier im bayrischen Wald lag der Schnee noch ziemlich hoch und es fiel auch ständig neuer.
Nachdem wir uns beide angezogen hatten schlang ich meinen Arm um Dianas Taille und wir gingen gemeinsam zum Esszimmer. Bevor wir durch die Tür traten ließ ich sie allerdings los und bot ihr stattdessen meinen Arm. Immer schön brav ihre Oma mit guten Manieren beeindrucken.



Bei diesem Typen musste ich ganz neue Erziehungsmethoden anwenden!
Vor dem Frühstück mit meiner Oma war mir zwar ein wenig mulmig, aber zum Glück war er ja dabei, deswegen würde er wohl das meiste zu reden haben.
Doch zu meiner Überraschung hielt sich das in Grenzen.
Wir saßen an einer großen Tafel, ich war jedoch darauf bedacht nicht zu viel vom Essen zu nehmen, weil meine Oma dann wieder mit ihren Predigten über gesunde Ernährung und meinen Körper daher kommen würde.
Als wir fertig waren wollte ich Max eigentlich den Park zeigen, doch meine Oma hielt mich zurück.
"Du gehst mit Albert in die Ahnengalerie, er soll dir etwas über die Geschichte der Revensburger erzählen, bis jetzt hast du dich immer davor gedrückt!", sagte sie tadelnd.
"Aber ...."
"Um deinen Freund kümmere ich mich", sagte sie.
Oh oh. Max tat mir jetzt schon Leid!
Albert kam herein und ich musste ihm wohl oder übel folgen. Ich warf Max einen aufmunternden Blick zu, dann verließ ich das Speisezimmer.

Sie warf mir einen Blick zu, der zwar wahrscheinlich aufmunternd sein sollte, aber eher hilfesuchend und verzweifelt wirkte. Ehrlich gesagt hätte ich mir liebend gerne etwas über die Geschichte der Revensburgers angehört, egal wie langweilig sie war, wenn ich dann bei Diana hätte bleiben dürfen. Aber ich musste wohl oder übel mit der Gesellschaft ihrer Oma Vorlieb nehmen. Mit einem letzten, sehnsüchtigen Blick auf die Tür, durch die Diana verschwunden war und von der aus man auch wieder in unser Zimmer und ins Bett kam, ergab ich mich in mein Schicksal.
„Darf ich?“, meinte ich und bot Dianas Großmutter meinen Arm.
Sie lotste mich durch eine Glastür und über eine große Terrasse in den Park. Nur die Wege waren geräumt, alles andere lag unter einer tiefen Schneedecke begraben. Ich gab mein Bestes und versuchte mir mein Unwohlsein aufgrund des Tageslichts nicht anmerken zu lassen.
Während wir über das Grundstück schlenderten, stellte Dianas Oma mir einige Fragen, wie alt ich sei, wo ich geboren sei, lauter solche Sachen. Dann, am Rande eines zugefrorenen Teiches blieb sie plötzlich stehen. Sie wandte sich zu mir und sah mir direkt in die Augen.
„Liebt Er sie?“, fragte sie scharf. Ich spürte instinktiv, dass sie es wissen würde, wenn ich log, dass musste mächtige, alte Blutelfenmagie sein. Zum Glück hatte ich keine Veranlassung zu lügen. Stolz hob ich den Kopf und erwiderte ihren Blick.
„Von ganzem Herzen, mit allem was ich bin!“, entgegnete ich.
Einen Moment lang musterte sie mich weiter mit diesem stechenden Blick, dann nickte sie zufrieden.
„Ich hoffe, du kümmerst dich gut um sie.“
Kurz war ich vollkommen perplex über den plötzlichen Wechsel von der vorigen Anrede in der dritten Person zum vertraulichen Du, doch das hielt nicht lange an.
„Natürlich, Großmutter!“, meinte ich grinsend.
Jetzt war es an ihr, mich erstaunt an zu sehen, aber schließlich lächelte sie.
„Willkommen in der Familie, Enkel.“



Ich ging die Gänge entlang, an deren Wänden alte, verstaubte Porträts hingen. Albert erzählte mir zu jedem eine Geschichte und nach zwei Stunden brannten meine Augen.
Ich wollte endlich nach draußen! Anscheinend hatte Gott meine Gebete erhört, denn Albert teilte mir mit, das die Führung nun beendet sei. 
Im Schlossgarten gab es ein altes Gewächshaus, das nun zu verschiedenen Veranstaltungen genutzt wurde, meist zu Oma‘s Kaffeekränzchen.
Ich atmete die frische Winterluft ein und setzte mich an den alten Flügel. Er war schon ein wenig verstimmt, aber man konnte immer noch gut darauf spielen.
Ich schlug erst wahllos ein paar Tasten an, bevor ich mich hin setzte und zu spielen begann.
Nach einer weile nahm ich eine Bewegung neben mir wahr, ich sah aber nicht auf, weil ich Max schon am Geruch erkannte.
Er setzte sich wortlos neben mich und begann dann ein Lied zu spielen, das sich perfekt mit meinem ergänzte. Es war ruhig, nur unser Lied war zu hören. Es war sanft und wohlklingend, und irgendwann liefen mir unbewusst die Tränen über die Wange.
Als ich geendet hatte, kam auch Max zum Ende, dann nahm er mich in den Arm und fuhr mir durchs Haar.
Er begann etwas zu summen. Ich kannte die Melodie nicht. Dann begann er mit seiner wunderschönen Stimme zu singen:

„Like a blossom in the spring, dancing with a silver wing.
Trust your heart because it‘s true. The only one I love is you.“

Dann küsste er mich sanft auf dem Mund und mir liefen die Tränen unaufhaltsam weiter.
Das schönste Liebesgeständnis überhaupt.
Plötzlich löste sich auch aus seinem Augenwinkel eine Träne.
Überrascht wischte ich sie ihm weg.
„Was ist los?“, fragte ich, meiner Stimme war an zu kennen das ich geweint hatte.
„Ich bin einfach nur glücklich! Ich lebe schon so lange auf dieser Erde und endlich habe ich jemanden gefunden den ich liebe und der mich liebt! Das ist einfach ...“
 Ich küsste ihn, anstatt eine Antwort abzuwarten. 
Eine Weile saßen wir schweigend da, bevor wir zurück ins Schloss gingen.

Glücklicherweise hatte ich irgendwann im Laufe meines langen Lebens Klavierunterricht gehabt. Außerdem war ich froh, dass meine Verwandlung zum Vampir mein musikalisches Gehör verbessert hatte, sonst hätte ich nie mit ihr zusammen spielen, geschweige denn ihr etwas vorsingen können. Früher, als ich noch ein Mensch gewesen war, war ich nicht in der Lage gewesen, auch nur einen Ton richtig zu treffen und ich selbst hörte es auch nicht, wie falsch ich sang. Nur andere Leute hielten es nicht aus.
Die einzigen Gelegenheiten, bei denen meine Zuhörer nicht schreiend davon gelaufen waren, waren, wenn wir in der Schenke gemeinsam Sauflieder gegrölt hatten und alle schon zu besoffen waren um sich noch Sorgen um schönen Gesang zu machen. Aber inzwischen ging es zum Glück einigermaßen.
Louis hatte es schlimmer erwischt, er konnte immer noch überhaupt nicht singen, obwohl er ein Vampir war und er wollte das zum Leidwesen seiner Mitmenschen und -vampire auch nicht einsehen. Arme Maria.
Während ich mit meiner geliebten Diana gemeinsam in dem kleinen Gewächshaus saß, war ich nahe dran, ihr einen Antrag zu machen, so sehr überwältigte mich meine Liebe zu ihr. Doch leider lag der Ring ihrer Großmutter in meinem Zimmer und außerdem waren wir noch nicht lange genug zusammen. So weit ich weiß, ist es heutzutage nicht üblich, sich so früh schon zu verloben. Schade.



Ich war überglücklich. Meine Gedanken an das zukünftige hatte ich verdrängt, für mich zählte nur der Augenblick. Den Nachmittag mussten wir mit meiner Oma verbringen, die überraschend nett zu uns zwei war. Als wir uns gegen Abend verabschiedeten küsste sie Max links und rechts auf die Wange, als ob er schon lange zur Familie gehören würde. Himmel, war die alte Dame etwa vampirfreundlich geworden? Oder ... nein, das konnte nicht sein. Meine Oma würde nie einen Typen wie Max anschmachten!
Sie drückte mir einen Umschlag und ein Päckchen in die Hand und umarmte mich, dann gingen Max und ich zum Auto und wir fuhren in die Stadt zurück. Ich beschloss die heutige Nacht bei ihm zu verbringen, morgen war ja Sonntag.
Jedoch verschwanden Max und die anderen zusammen mit Lukas eine Weile, da sie auf die Jagd gingen. Als sie zurück kamen, gingen Max und ich ins Schlafzimmer und er ließ mich von sich trinken. Zum Dank küsste ich ihn lange. Dann gingen wir ins Wohnzimmer zurück, wo die anderen Schach spielten oder sich lautstark unterhielten. Ich alberte mit Lukas herum, der es sich wiederum nicht nehmen ließ mich und Max aufzuziehen. Im Gegenzug warf ich ihm immer wieder ein Kissen an den Kopf, das er sogleich wieder zurück warf.
Ich genoss es bei den Vampiren zu sein. Sie waren nicht länger meine Feinde, sondern meine Freunde. Zumindest diese kleine Gruppe.
Als Louis Max schließlich zu einem kleinen Fechtkampf im Wohnzimmer aufforderte zogen Lukas und ich uns auf den Balkon zurück um mal wieder ungestört zu reden. Seit seiner Verwandlung hatten wir nicht sehr viel Zeit dazu gehabt, und er war noch immer mein bester Freund.

Diese Idee war typisch Louis. Wer sonst würde im winzigen Wohnzimmer einer Stadtwohnung einen Fechtkampf austragen! Aber natürlich tat ich ihm und den anderen den Gefallen. Gemeinsam mit Felipe suchte ich nach meinen Waffen, Maria und Louis suchten passende „Outfits“ und William schaffte etwas Platz, in dem er meine Couch kurzerhand in mein Schlafzimmer trug. Darüber war ich ganz froh, denn ehrlich gesagt hatte ich wieder Angst um mein schönes, neues Sofa. Schon vorhin als Lukas und Diana das Kissen hin und her geworfen hatte, hatte ich um mein Mobiliar gefürchtet, aber zum Glück war nichts passiert.
Inzwischen waren die zwei auf den Balkon verschwunden um sich zu unterhalten und wir anderen beschäftigten uns lieber mit dem Kampf.
Louis steckte bereits in einem schicken Ensemble, das wohl aus der Zeit von Louis XIV stammte. Auch für mich lag eines bereit. Das ausgewachsene Vampire soviel Spaß daran hatten sich zu verkleiden! Aber je authentischer desto besser.
Sobald ich endlich meine Weste zugeknöpft hatte nahmen wir Aufstellung, dann wirbelten wir los. Für menschliche Augen musste es unmöglich sein, unseren Bewegungen zu folgen. Jeder Stich und Schlag war erlaubt, außer solchen, die den Gegner Körperteile kosten oder sein Herz durchbohren konnten.
Ich steckte eine ziemlich schlimme Wunde in der Magengegend ein. Blut spuckend kippte ich schließlich vornüber. Damit war der Kampf beendet.
Verdammt, so bald wie möglich musste die Kleidung in die Reinigung und zum Schneider. Aber was noch viel ärgerlicher war, ich hatte gegen Louis verloren. Ich war bisher immer der Schnellere und Stärkere von uns beiden gewesen und jetzt besiegte er mich im Fechten, einer meiner besten Disziplinen. Ungläubig kniete er neben mir. Auch ihn schien das ziemlich zu erstaunen.
„Max? Muss ich mir Sorgen um dich machen?“, fragte er leise während er mir aufhalf.
Ich betrachtete den blutigen Fleck auf meiner grünen Weste unter dem sich die Wunde bereits schloss.
Ich wusste warum ich nicht so mächtig war wie sonst. Ich hatte zu wenig Blut in mir, weil ich Diana davon ernährte. Jede Nacht brauchte ich mehr um überhaupt satt zu werden, ein Opfer pro Jagd reichte nicht mehr. Aber solange ich nicht mit größeren Gefahren als Fechtkämpfen mit Louis zu tun hatte, war alles in Ordnung.
„Nein, alter Freund, mir geht’s hervorragend“, antwortete ich ihm also mit einem Grinsen und schloss mich den anderen an, die ihn zu seinem Sieg beglückwünschten.



Wir saßen nebeneinander auf der Balustrade des Balkons und schwiegen eine Weile.
Doch irgendwann hielt ich es nicht mehr aus.
"Wie geht es dir?"
"Hervorragend.", knurrte er. "Abgesehen davon, dass ich dich nur noch Nachts beschützen kann, ich mich nur noch von Blut ernähren kann und meine Persönlichkeit dabei ist, sich zu spalten, ist alles bestens!", sagte er sarkastisch. Mir stiegen bei den Worten meines besten Freundes die Tränen in die Augen.
"Hey Di ... es, es tut mir leid, ich weiß das du nichts dafür kannst!", murmelte er besorgt und nahm mich in die Arme.
"Es ist meine Schuld, wenn das alles mit Jan nicht gewesen wäre, wärst du nun kein Vampir! Ich mach mir immer noch Vorwürfe wegen damals!", schluchzte ich.
"Das musst du nicht, du kannst froh sein, dass du mit dem Leben davon gekommen bist!"
Er strich mir durchs Haar.
"Ich weiß das du es auch nicht leicht hast, aber du hast Max und auch mich, das macht alles für dich leichter."
"Und du hast mich!", sagte ich und sah ihm in die Augen.
"Ja, aber du gehörst Max! Du wirst nie hundert Prozent für ...", bevor er noch weiter reden konnte hatte ich ihm eine geschmiert.
"Lukas, sei kein Idiot!", knurrte ich. "Du weist das du in meinem Leben eine Bruderrolle hast! Du bist meine Familie, mein ein und alles, sicher, Max bedeutet mir auch alles, aber deswegen sollst du dich nicht benachteiligt fühlen!", sagte ich und zog ihn wieder in eine Umarmung.
"Di ..."
"Klappe Idiot, oder ich rede nie wieder ein Wort mit dir!", knurrte ich und er schwieg. Er verstärkte seine Umarmung und atmete tief aus.
Nach einer Weile gingen wir wieder nach drinnen, wo ich mit Entsetzten feststellen musste, das Max verletzt war.
Ich hätte Louis am liebsten umgebracht, aber das war nun mal ein Fechtkampf gewesen, mit einem Gewinner und einem Verlierer.
Ohne auf den Protest der anderen zu hören schleppte ich ihn ins Schlafzimmer und setzte ihn auf den Sarg. Dann setzte ich mich auf seinen Schoß und machte meinen Hals frei.
"Trink!"
"Was, aber ..."
"Ich weiß das dir Blut fehlt, sonst hätte sich die Wunde schon längst geschlossen! Ein, zwei Schlucke von meinem Blut genügen, dass du wieder fit bist!"
Ich lehnte mich gegen seinen Oberkörper und keinen Wimpernschlag später spürte ich seine Fänge in meinem Fleisch. Ich legte meinen Kopf in den Nacken, sodass er auf seine Schultern fiel.

Nachdem ich einige Schlucke getrunken hatte, begann ich die kleine Wunde an ihrem Hals zu lecken um den Geschmack ihres Blutes noch etwas länger zu genießen. Es gab nichts auf der Welt, dass besser war und ich tat mich jedes Mal schwer damit, auf zu hören.
Aber mich beschäftigte wieder meine Sorge von vorhin. Auf Dauer mussten wir eine andere Lösung für unser Blutproblem finden. Sie konnte sich nicht nur von mir ernähren, vor allem, da sie mit der Zeit immer mehr brauchte. Der Gedanke, dass sie von einem anderen Vampir trinken könnte gefiel mir aber auch nicht. Das wäre für mich, als würde sie mit ihm knutschen und sie gehörte schließlich mir! Leider würde ich mich wohl daran gewöhnen müssen.
Anscheinend hatte sie gespürt, dass sich mein Körper verkrampft hatte oder sie wusste aus irgendeinem anderen Grund, dass mir etwas fehlte, auf jeden Fall fragte sie mich plötzlich: „Ist alles in Ordnung, Max?“
Ich nickte nur.



Ich spürte das etwas nicht mit ihm in Ordnung war, und das er mich anlog war noch schlimmer. Ich wurde traurig und wollte nach Hause. Also verabschiedete ich mich von ihm und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Das ich von ihm Blut trank, und das mittlerweile ziemlich häufig, machte mir zu schaffen! Warum durfte ich kein normales Blut trinken?
Als ich zu Hause war öffnete ich das Päckchen meiner Oma. Ein altes Buch lag darin. Die Legende von Prinzessin Niada. Die kannte ich doch schon!
Aber als ich mir das Buch genauer ansah, bemerkte ich, das die Geschichte viel länger war, als die, die in dem anderen Buch war. Also begann ich zu lesen. Bis zu einem bestimmten Punkt kannte ich die Geschichte ja. Die Prinzessin und der Vampire bissen sich, bevor sie begannen einander zu lieben. Dann verwandelte sich die Blutelfenprinzessin langsam in einen Vampir, sie trank nur noch von Ihren Gefährten. Doch dann kam der Teil der Geschichte, den ich nicht kannte.

Nachdem sie gegangen war, legte ich mich niedergeschlagen in meinen Sarg und schloss die Augen. Aber natürlich konnte ich noch nicht schlafen. Es war erst drei Uhr nachts. Gerade als ich wieder aufstehen wollte, kam Louis in das dunkle Zimmer. Er ließ sich in einer Ecke auf einem alten Sessel nieder.
„Was ist los mit dir?“, wollte er wissen, „Hast du dich wieder mit Diana gestritten?“
Dumme Frage Louis, dass hättet ihr doch sicher mitbekommen. Ihr hört viel zu gut.
„Max, bitte, du verhältst dich seltsam seit vorhin“
Ich überlegte kurz, bevor ich ihm antwortete: „Ich weiß nicht, ich glaube ich denke zu viel nach. Außerdem fühle ich mich so seltsam. Ich kann es nicht beschreiben, es ist wie früher, als ich noch ein Mensch war...“
Ich stockte, denn während ich redete kam mir die Erkenntnis, woher ich diese Gefühle kannte, die ich im Moment hatte: ich war müde, ich wollte nur noch schlafen, außerdem wollte ich nichts tun, ich fühlte mich schwerfällig und träge und ich hatte Kopfweh.
„Louis, ich glaube ich bin krank!“, stellte ich mit Entsetzen fest.
„Unsinn, Vampire werden nicht krank!“, rief er und sprang von seinem Sessel auf. Er kniete sich neben mich und musterte mich scharf.



Das, was ich da zu lesen bekam beunruhigte und erfreute mich zu gleichen Teilen.
In dem Buch stand geschrieben, dass das mit dem Vampirblut trinken nur eine Weile gut ging. Denn irgendwann war zu viel Vampirblut im Körper der Prinzessin, und ihr Gefährte trank quasi eine verstärkte Form seines eigenen Blutes, was ihn krank machte. Die Prinzessin suchte nach einem Ausweg, sie hatte es sich ja nicht ausgesucht nur Vampirblut zu trinken, es war ihr ja auferlegt worden. Sie suchte Rat und Hilfe bei einer Hexe, die ihr verriet wie sie sich von dieser Bindung zum Vampirblut lösen konnte: Sie musste ihre Bestimmung erfüllen, dann würde sie von dem Zwang losgebunden sein. Die Aufgabe der Prinzessin bestand darin, das Volk der Vampire zu beschützen, dies hatte sie jedoch vernachlässigt. Nachdem sie das jedoch von der Hexe erfahren hatte, machte sie sich mit Feuereifer an die Arbeit. Sie schaffte es tatsächlich, die Vampire vor einer großen Gefahr zu beschützen: der Pest. Sie war von einer Hexe verzaubert worden, Vampire konnten sich damit anstecken und starben dann einen qualvollen Tod. Sie fand ein Gegenmittel und gab es an die Vampire weiter. Durch diese Tat konnte sie sich von dem Zwang befreien, und ihr Gefährte und sie konnte bis in alle Unendlichkeit zusammenleben.
Es gab also noch Hoffnung, dass ich mich nicht mehr nur von Max' Blut ernähren musste. Meine Aufgabe war ja wohl klar: Die Justorem zerstören und die Vampire so vor der Ausrottung bewahren.
Was mir jedoch Sorgen bereitete war der Anfang. Der Gefährte erkrankte, weil er zu viel von ihrem Blut getrunken hatte.
Oh nein!
Ich rief bei Max zu Hause an, es ging jedoch nur Louis dran, der mir mitteilte, das Max krank geworden sei, nachdem er mein Blut getrunken hatte.
Verdammte Scheiße!
Max durfte das nicht noch einmal machen! Es wurde Zeit, dass die Justorem zerstört wurden, damit ich diesen Zwang endlich lösen konnte! Bis dahin musste ich mir einen anderen Vampir suchen, der mich am Leben hielt.
Und mir fiel nur einer ein, der alles für mich tun würde. Lukas.

Ich hatte Angst zu sterben.
Eine geschlagene Woche verbrachte ich in meinem verdammten Sarg. Allerdings bekam ich nicht viel davon mit. Wenn ich einmal wach war, versuchte ich still zu liegen und möglichst schnell wieder ein zu schlafen, damit die Schmerzen wieder aufhörten und ich war zum Glück nicht besonders oft wach.
Ich konnte nicht aufstehen um selbst zu jagen und deswegen mussten mich meine Freunde ernähren. Doch auch das nahm ich nur wie durch einen Nebel war, ich wusste nicht einmal, wer es war, von dem ich gerade trank.
Einmal meinte ich, Dianas Stimme zu hören, aber ich war viel zu träge und erschöpft um die Augen zu öffnen.
Irgendwann besserte sich mein Zustand jedoch wieder. Es war Samstag, kurz nach acht als ich mich schließlich aus meinem Sarg quälte und langsam ins Wohnzimmer wankte.
Sofort wurde ich fast zerquetscht, weil mich alle umarmen wollten. Louis, Felipe, William, Lukas, der auch zu Besuch war und sogar Maria, alle hingen sie an mir. Irgendwann ließen sich mich dann doch los und betrachteten mich.
„Du siehst wirklich schlimm aus, Max“, bemerkte William traurig.
Ich sah entsetzt an mir herunter. Meine Haut war weiß wie Papier und die Adern traten blau darunter hervor. Ich zog meinen Pulli über den Kopf und betrachtete meinen nackten Oberkörper. Man konnte meine Rippen zählen. Ein Skelett war im Moment wohl attraktiver als ich. Wenn mein Gesicht so aussah, wie ich befürchtete, dann war ich froh, dass ich kein Spiegelbild hatte, das wollte ich gar nicht sehen. Aber immerhin war ich am Leben.
„Du solltest Diana anrufen“, meinte Lukas „Sie ist total fertig. Sie hat diese Woche wegen all dem eine Geschichtsklausur total verhauen, obwohl Geschichte sonst ihr bestes Fach ist. Zum Glück kann sie diese Leistung streichen.“
„Sie ist so süß!“, sagte Maria, was ihr erstaunte und zweifelnde Blicke von allen Seiten einbrachte.
Felipe war inzwischen so nett, mir mein Handy zu holen. Er drückte es mir in die Hand und mich aufs Sofa.
Ich wählte.



Ich war mit meinen Nerven am Ende! Louis hatte mich nach zwei Tagen angerufen und mir gesagt, dass Max in einen todesähnlichen Zustand verfallen sei.
Das war alles meine Schuld!
Ich konnte mich nicht konzentrieren, verhaute sogar meine Geschichtsarbeit, die ich eigentlich mit voller Punktzahl hätte schaffen können. Ich würde sie streichen lassen, alles was für mich zählte war Max! Auch meine Eltern bemerkten meine Veränderung und fragten immer wieder nach, doch ich konnte es ihnen nicht erzählen. Einmal rang ich mich durch zu ihm zu gehen, als ich ihn jedoch so sah, brach ich in Tränen aus und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, wenn mich Maria nicht getröstet hätte. Ich wartete. Als am Samstag dann mein Handy klingelte, nahm ich es erst gar nicht wahr, doch dann ging ich dran, ohne auf das Display zu sehen.
"Diana", sagte ich mit belegter Stimme. Ich konnte nicht reden, wollte nicht reden.
"Geliebte."
Als ich seine Stimme hörte, die sich so krank und hoch anhörte, wäre ich beinahe gestorben. Ich brachte keinen Ton heraus. Mein Herz begann langsam zu schlagen, dann schneller und immer schneller, bis ich in Tränen ausbrach. Ich war so überglücklich dass er es überlebt hatte und dass er gesund war, und ich machte mir solche Vorwürfe!

Ich hörte sie schluchzen und es zerriss mir das Herz.
„Diana, Geliebte, was ist?“, fragte ich.
Doch sie konnte vor lauter weinen nicht antworten.
„Ich komm sofort vorbei“, meinte ich, ohne an meinen Zustand und mein momentanes Aussehen zu denken, dann legte ich auf.
William protestierte heftig: „Bist du wahnsinnig, Max? Du kannst so nicht weg gehen!“
Auch Louis versuchte mich um zu stimmen, doch eine weitere meiner schlechten Eigenschaften ist Sturheit. Unerwartet erhielt ich Hilfe von Maria.
„Ich nehme ihn schnell mit auf die Jagd, ich war heute nämlich noch nicht und danach bringe ich ihn zu ihr“, meinte sie in ihrem typischen keinen-Widerspruch-oder-du-bist wirklich-tot-Ton.
Ich wurde gezwungen, mir noch etwas frisches an zu ziehen, obwohl Vampire gar nicht schwitzten, auch nicht, wenn sie krank sind, dann stieg ich langsam und von Maria gestützt die Treppen meiner Wohnung hinunter.
In einer dunklen Gasse lehnte sie mich gegen die Wand und drohte: „Wehe du rührst dich von der Stelle, Kleiner!“
Auch ohne das hätte ich mich sicher nicht freiwillig mehr als nötig bewegt. Sie ging fort und kam erst einige Zeit später wieder, einen jungen Mann im Schlepptau. Es war offensichtlich, dass sie ihn manipuliert hatte. Mit ihrer Stimme, die alleine schon ausreichen musste um jeden Mann der Welt zu manipulieren, befahl sie ihm: „Mein Begleiter hat Hunger und du wirst ihn dein Blut trinken lassen“
Er gehorchte sofort und bot mir seine Kehle dar. Mit einem zufriedenem Seufzen biss ich zu. Als ich fertig war löschte sie seine Erinnerung und schickte ihn weg. Dann griff sie nach mir und zog mich mit sich.
„Komm Max, ich habe nicht die ganze Nacht Zeit und wir sollten Diana auch nicht warten lassen.“
„Ja Mama“, entgegnete ich und fing mir einen Schlag in den Magen ein.
Weil es Maria irgendwann zu dumm wurde, dass ich so langsam war, stahl sie einfach ein Auto. Leider hat sie keinen Führerschein und ihr Fahrstil ist beängstigend. Ich war unglaublich froh, dass es mehr brauchte als einen Autounfall um mich umzubringen. Heilfroh stieg ich vor dem Haus meiner Freundin aus und läutete. Ich war zu müde um zu ihrem Fenster hinauf zu klettern oder zu schweben.



Ich wurde von Heulkrämpfen geschüttelt, ich konnte nicht auf seine Fragen antworten. Irgendwann legte er auf und ich rollte mich in meinem Bett zusammen und weinte unaufhörlich weiter.
Es war alles meine Schuld, meine Gottverdammte Schuld!
Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich steigerte mich immer mehr hinein.
Plötzlich lag eine Hand auf meinem Arm und ich zuckte zusammen. Durch die Tränen konnte ich nur schemenhaft etwas erkennen, doch der Duft war unverwechselbar.
"Nein, bitte Max, geh weg! Ich hätte dich beinahe umgebracht!", schluchzte ich und wurde wieder von einem Heulkrampf geschüttelt.
Er ignorierte jedoch meinen Protest und nahm mich in die Arme.
Er war noch kälter als sonst, und wenn ich mich nicht irre auch total abgemagert. Ich krallte mich in den Stoff seines Pullovers. Er redete beruhigend auf mich ein, doch ich weinte immer weiter. Wir saßen lange so da, bis ich mich irgendwann einigermaßen beruhigt hatte.
Dann erst sah ich seine körperliche Verfassung. Er war furchtbar abgemagert, sein Gesicht eingefallen und seine Haut weiß wie Pergament.
Ich begann wieder zu schluchzen, doch er hielt mich im Arm und beruhigte mich.
"Diana, ich bin da, mir geht es gut, alles ist in Ordnung!"
"Nein, nichts ist in Ordnung, meinetwegen wärst du beinahe gestorben!", schniefte ich.
"Di, ich bin schon tot!", versuchte er mich aufzuheitern.
"Du siehst auch so aus."
Er lächelte und strich mir über die Wange. "Mir geht es gut, ich muss erst einmal wieder zu Kräften kommen."
Da fiel mir etwas ein. Eine kleine Entschuldigung, für dass, was ich ihm angetan hatte.
Ich stand auf und zog ihn mit zur Tür.
"Mama, wie viele Blutkonserven haben wir im Haus?", schrie ich nach unten.
Max starrte mich an.
"So um die 20, warum?", rief meine Mutter von unten.
"Würdest du mit mir für meinen kranken Freund ein Spezialmenü kochen?"
Ich rang mich zu einem Lächeln durch und sah Max an, der ebenfalls lächelte.
Ich hörte Schritte und meine Mutter kam ins Zimmer.
"Natürlich, immerhin hat er es geschafft, dich aus deiner Krise heraus zu holen!", meinte sie und lächelte Max zu.
Dann gingen wir nach unten.
Max verfrachtete wir zu meinem Vater ins Wohnzimmer, wo sie sich ein Fußballspiel ansahen. Derweil begaben meine Mutter und ich uns in die Küche und bereiteten das größte Spezialmenü, das in Mums Spezialkochbuch vorhanden war.

Ich hätte lieber etwas anderes, zum Beispiel einen Liebesfilm gesehen. Aber ich begnügte mich auch mit Fußball, obwohl mir diese Sportart, wie die meisten anderen, immer etwas langweilig vorkommt, weil Menschen so langsam sind. Am liebsten wäre mir gewesen Diana und ihrer Mutter beim Kochen zu helfen oder wenigstens zu zu sehen, doch da bestand die Gefahr, dass ich das ganze Blut schon vorher trank.
Deswegen saß ich jetzt neben ihrem Vater vor dem Fernseher. Als ich ins Zimmer gekommen war hatte er mir zuerst einen ziemlich wütenden Blick zugeworfen. Wahrscheinlich gab er mir die Schuld daran, dass es Diana die letzte Woche so schlecht gegangen war, aber nachdem er meinen Zustand bemerkt hatte, hatte er anscheinend etwas Mitleid mit mir bekommen.
In einer der Werbepausen begann er schließlich sogar ein Gespräch mit mir.
„Haben Sie inzwischen eigentlich Kontakt mit ihrem Vater aufgenommen?“, erkundigte er sich.
Ich schüttelte betreten den Kopf, dann fragte ich ihn: „Woher kennen Sie meinen Vater?“
„Er ist Kunde meiner Firma und ich habe mich schon des öfteren mit ihm unterhalten.“
„Obwohl sie keine Vampire mögen?“
„Ihr Vater ist mir sympathisch, er ist nicht der typische Vampir. Ich werde Ihnen seine Adresse geben. Er wird sich freuen, von ihnen zu hören, wenn sie ihn wirklich so lange nicht mehr gesehen haben.“
Das bezweifelte ich, aber das musste er ja nicht wissen. Ich bedankte mich also schön brav bei ihm und meinte dann noch: „Sie dürfen mich übrigens gerne duzen“
Wenn er sich nicht gerade Sorgen um seine Tochter machte war er eigentlich ganz nett.



Meine Mutter und ich kochten über eine Stunde lang an dem Essen.
Als wir fertig waren verließ mich meine Mutter, holte meinen Vater und ging mit ihm nach oben um uns alleine zu lassen. Der Tisch war bereits gedeckt, ich holte Max der sich an die Spitze setzte. Und dann tischte ich ihm auf. Ein sieben Gänge Menü, das vom aller feinsten war. Wir hatten tatsächlich 15 Blutbeutel gebraucht und während ich ihm nach und nach die Gänge auftischte, bemerkte ich wie er immer mehr Kraft bekam. Als ich mich nach dem letzten Gang zu ihm an den Tisch setzte grinste er genüsslich.
"Das solltest du öfter für mich machen."
Ich lächelte, beugte mich vor und küsste ihn.
"Ich bin froh, dass es dir wieder besser geht, ich wäre beinahe gestorben vor Sorge!"
Er legte mir eine Hand an die Wange. "Aber nun geht es mir wieder gut!"
"Ich weiß, und ich habe auch eine Möglichkeit gefunden, wie wir das Blutproblem lösen können."
Ich legte ihm das Buch auf den Tisch und er schlug die Seite auf, die ich ihm eingemerkt hatte.
Als er fertig war, sagte er: "Ich darf also nicht mehr von dir trinken, wenn du von mir trinkst."
Ich nickte. "Zuerst muss ich meine Aufgabe erfüllen, damit der Zwang von mir genommen wird, erst dann darfst du mich wieder nach Herzenslust beißen."
Max grinste. "Ich kann es kaum erwarten!"
"Verdammter Vampir!", knurrte ich, schlug ihm sachte gegen den Hinterkopf und machte mich dann daran, das Geschirr weg zu räumen, wobei er mir gentlemanlike zur Hand ging. Dieser Vampir war wirklich zum Verlieben!

Die nächsten Wochen wurde das Wetter besser. Wir hatten inzwischen März und ich konnte tagsüber überhaupt nicht mehr meine Wohnung verlassen, weil die Sonne schon so viel Kraft hatte. Manchmal beneidete ich Felipe, der da wesentlich unempfindlicher war als ich.
Diana hatte unglaublich viel für die Schule zu tun und wir sahen uns wieder nur ziemlich selten. Ich freute mich auf die nächsten Ferien, wenn sie wieder mehr Zeit für mich haben würde. Aber wenigstens besserte sich mein Aussehen, ich wirkte nicht mehr wie ein wandelndes Skelett. Mit dem Gedanken, dass meine Blutelfe auch von Lukas trinken musste um satt zu werden hatte ich mich ebenfalls abgefunden, obwohl es mir trotzdem jedes Mal einen Stich versetzte.
Wenigstens hatte sie mir im Gegenzug versprochen, dass sie nichts Unüberlegtes, Gefährliches unternehmen würde, ohne mir Bescheid zu sagen. Ich hoffte, dass sie sich auch daran hielt!



Neben dem Schulstress musste ich mich auch noch auf den Kampf mit den Justorem vorbereiten, was mich manchmal ziemlich an den Rand meiner psychischen und physischen Kräfte brachte.
Vor den Osterferien war es dann ganz schlimm, ich brach mehrere Male vor Erschöpfung zusammen, woraufhin Chris sich weigerte, weiter mit mir zu trainieren.
Und dann waren sie da. Die Osterferien. Der entscheidende Tag kam immer näher. Ich verbrachte den Tag damit zu trainieren. Die Nächte verbrachte ich mit Max und den anderen. Wir konnten ja nicht wissen, was uns bei dem Überfall alles passieren konnte.
Max zeigte mir bei jedem meiner Besuche, das er mich bedingungslos liebte, was mir gelegentlich Tränen in die Augen trieb. Er war einfach ... er. Ein Vampir, in den ich mich verliebt hatte. Ich wusste, dass er es nicht ertragen konnte, dass ich von Lukas trank, also taten wir das, bevor oder nachdem wir bei den Vampiren waren.
Auch Lukas hatte sich mit seinem Schicksal als Vampir abgegeben, und mir geschworen, dabei zu helfen, meinen Bruder nach der Befreiung wieder normal zu bekommen, denn das war gar nicht so leicht. Wir würden ihn einer Gehirnwäsche unterziehen, und ihn auf eine radikale Entziehungskur schicken müssen. Zum Glück hatten wir ja Robert.
Einige Tage bevor der Termin anstand, saß ich in der Nacht mit Max auf der kleinen Terrasse auf dem Dach des Internats.
Wir saßen in eine Decke gehüllt nebeneinander und zählten die Sterne, was eigentlich total sinnlos war, aber uns beiden Spaß machte.
Gegen Mitternacht fragte ich ihn dann: "Hast du schon mit deinem Vater Kontakt aufgenommen?"
Max gab keine Antwort.
Ich seufzte und zog ihn hoch. "Dann wird's aber Zeit!"
"Di, bitte nicht, er hat ja auch die ganzen Jahre nicht versucht mit mir Kontakt aufzunehmen, warum sollte ich dann ..."
Männer! Sie hatten so ein Ego!
Ich brachte ihn mit einem Kuss zum Schweigen und ich zog ihn vom Dach.
"Wo wohnt er?", fragte ich, als wir im Auto saßen. Max seufzte. "Du willst mich also wirklich mit ihm versöhnen?"
"Ja, mein Schatz, wenn es nicht funktioniert, kannst du mich bis ans Ende deines Lebens hassen."
Wir schwiegen. Dann lachten wir beide los.

Immer wieder von heftigem Gelächter unterbrochen meinte ich: „Schlechter Witz, meine Schöne, du weißt genau, dass ich dich niemals hassen könnte, außerdem bin ich schon tot, bis ans Ende meines Lebens funktioniert also hoffentlich auch nicht.“
Sie streichelte mir zärtlich über den Arm und beugte sich dann zu mir um mich zu küssen, doch ich schob sie zurück.
„Bitte schau auf die Straße! Ich hab keine Lust uns aus einem Schrotthaufen befreien zu müssen“, flehte ich.
„Wir müssen auch gar nicht zu meinem Vater fahren“, fügte ich dann noch hinzu.
Doch meine Geliebte kannte keine Gnade. Ich überlegte, ob ich einfach die Tür öffnen und aussteigen sollte, aber mit 180 auf der Autobahn würde das auch einem Vampir wehtun. Ich entschied mich also dagegen.
Mit jeder Sekunde wurde die Angst vor der Begegnung mit meinem Vater schlimmer. Ich hoffte so sehr, dass wir ihn nicht zu Hause antrafen. Was sollte ich ihm sagen, wie sollte ich für das um Vergebung bitten, was ich getan hatte? Konnte ich dafür überhaupt Vergebung erwarten?
Nein, konnte ich nicht. Ich begann zu zittern, als die Erinnerungen wieder kamen: meine Schwester, die mich wütend an schrie, ich hätte ihr gar nichts zu sagen, sie könne tun und lassen was sie wolle, ich wie ich zurück schrie, sie, wie sie mir sagte, dass sie mich hasste und der Zorn flammend und brutal, der mich in diesem Moment ergriff. Ich habe meine kleine Schwester die Treppe hinunter gestoßen und danach meinen Selbstmord vorgetäuscht. Meine Familie hat nie wieder von mir gehört.
Meine Finger umklammerten den Griff der Autotür und das Plastik gab bereits leise, knirschende Geräusche von sich.



Ich spürte seine Anspannung und seine Angst. Eine natürlich Reaktion auf das, was bald geschehen würde. Ich löste meine rechte Hand vom Steuer und ergriff die seine. Dann nahm ich ihm ein wenig von seiner Angst. Er schnappte erstaunt nach Luft und ich lächelte.
Max' Vater wohnte immer noch in Österreich, in einer kleinen Stadt an der Grenze zu Deutschland. Schärding war nicht sehr groß, aber wie man an Max sah, liebten Vampire auch kleine Städte. Mein Navi leitete uns durch die Stadt, zur Adresse die mein Vater Max gegeben hatte. Wir hielten vor einem alten Haus in der Altstadt. Ich parkte das Auto einige Meter weiter und sah dann Max an.
"Soll ich mitkommen?"
Ich wusste ja nicht, ob sein Vater eine Blutelfe akzeptieren würde, aber ich wollte nicht, dass es zu einer Ausschreitung zwischen den beiden kam.

Entsetzt sah ich sie an: „Nein, bitte lass mich nicht allein!“
Ich gestehe, heute verhielt ich mich für Vampirverhältnisse wirklich peinlich, aber ich hatte furchtbare Angst, am liebsten wäre ich davon gelaufen so schnell mich meine Füße trugen.
Da packte Diana meine Hand und zog mich mit sich.
„Läute!“, befahl sie mir und deutete auf das Klingelschild.
„Otto von Habsburg“ stand da in großen Buchstaben.
Als ich zögerte, drückte sie kurzerhand auf den Knopf.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, vielleicht war er ja nicht da. Doch bald hörte ich leise Schritte, die niemals von einem Menschen stammen konnten und die langsamen, kraftvollen Herzschläge eines Vampirs.
Die Tür öffnete sich.
„Ja?“, fragte eine Stimme, die sich nach der langen Zeit immer noch genauso anhörte, wie ich sie in Erinnerung hatte und er stand vor mir, seine Haare schulterlang und schwarz, wie die meinen. Auch meine Gesichtszüge hatte ich von ihm. Nur meine Augen hatten eine andere Farbe als die seinen, denn seine waren dunkelbraun und er war sogar noch größer als ich. Man sah sofort, dass wir Vater und Sohn waren.
Mir traten die Tränen in die Augen und ich senkte den Kopf, er sollte mich nicht weinen sehen. Das tat ein Junge nicht und ein Vampir erst recht nicht.
„Verzeih mir, Vater“, flüsterte ich erstickt.
Erst schwieg er lange, dann fragte er plötzlich: „Willst du mir nicht das Mädchen vorstellen, mein Sohn?“
Erstaunt und mit blutverschmierten Wangen sah ich ihn an.
Er legte wartend den Kopf schief.
„Das ist Diana Lara Revensburger, meine Freundin“, entgegnete ich vorsichtig.
„Wann heiratet ihr?“
Ich konnte ihn nur noch anstarren.
„Max, mein kleiner Tölpel, du hast dich nicht verändert“, lächelte er und zog mich an sich. Das hatte ich nicht erwartet. Wieder flossen die Tränen.



Es war einfach herzzerreißend, als sich Vater und Sohn in die Arme schlossen.
Bei der Frage seines Vaters, wann wir heirateten, setzte mein Herz für eine Sekunde aus, bis mir einfiel, aus welchem Jahrhundert Otto von Habsburg stammte.
Ich lächelte und auch mir standen Tränen in den Augen. Max so glücklich zu sehen war einfach ein unbeschreibliches Gefühl!
Nach einer Weile lösten sie sich von einander, Otto von Habsburg ergriff meine Hand und gab mir einen Handkuss.
"Hm, eine Blutelfe also mein Sohn.", murmelte er, als er von mir abließ.
"Ja Vater."
Max legte einen Arm um mich und sah zu mir herab. Immer noch liefen ihm blutige Tränen aus den Augen, die ich ihm vorsichtig weg strich.
"Das bedeutet aber dann, dass du ..."
Max' Vater musterte mich.
"Ich werde zu keinem Vampir, zumindest nicht vollständig.", sagte ich mit einem leichten Lächeln. "Es gab ... einige glücklich Umstände."
Max gluckste in mein Haar hinein, woraufhin ich ihm einen leichten Schlag gegen den Hinterkopf gab.
"Lauer mir noch einmal in der Gasse auf...!", sagte ich drohend.
Otto von Habsburg lachte.
"Er wollte dich beißen? Das ist mein Sohn!"
Er bedeutete uns ihm ins Haus zu folgen. Max ließ meine Hand kein einziges Mal los.
"Danke", murmelte er so leise, dass nur ich es verstehen konnte.
"Wofür?"
"Dafür das du mich dazu überredet hast, hierher zu kommen.", murmelte er und küsste mich.
Ein Räuspern ertönte und wir ließen sofort von einander ab.
"Entschuldigt bitte", sagte Max' Vater.
Max lachte. "Du hältst immer noch an den alten Traditionen fest."
Sein Vater hob entschuldigend die Schultern. "Du weist mein Sohn, in welchem Jahrhundert wir gelebt haben. Ich finde es immer noch unerhört, das Frauen in Hosen herum laufen!"
Wir ließen und auf ein Sofa sinken, Otto von Habsburg setzte sich in einen Sessel uns gegenüber.
Wie von selbst fand Max' Hand die meine und wir verschränkten unsere Finger in einander.
Sein Vater lächelte wissend. "Nun, dann erzähl mal Sohn, wie ist es dir die letzten Jahrhunderte ergangen?"

Ich gab ihm voller Freude einen groben Überblick über mein „Treiben“ wie er es nannte. Immer wieder merkte ich, dass sich Diana ein Kichern verkneifen musste. Mein Vater bediente sich zum Teil eines wirklich altertümlichen Deutsches.
Irgendwann, nach einem tiefen Luftholen stellte ich dann die Frage, die mir schon die ganze Zeit auf dem Herzen lag: „Vater, was ist eigentlich mit meinen Brüder und mit Mutter?“
Ich hielt mich regelrecht an Dianas Hand fest während ich seine Antwort erwartete.
Zuerst hatte er in entspannter Haltung auf dem Sessel gesessen, jetzt beugte er sich leicht nach vorne und ich sah, wie sich seine Finger in die Lehnen bohrten.
„Dein ältester Bruder Otto starb bei einem Raubüberfall, Franz fiel im Kampf und Albrecht ist ertrunken. Deine Mutter starb bei einer Fehlgeburt, ein Jahr nachdem deine zweite kleine Schwester, der du nie begegnet bist auf die Welt kam. Drei Wochen später trugen wir auch sie zu Grabe“, meinte er heiser.
Ich hörte deutlich den leisen Vorwurf in seiner Stimme.
„Verzeih mir Vater“, entgegnete ich nur wieder mit gesenktem Kopf.
Ich hätte verstanden, wenn er mich dafür gehasst hätte, dass ich meine Schwester ermordet hatte und mich dann nie wieder hatte blicken lassen, nie nach dem Verbleib meiner Familie geforscht hatte, doch das tat er nicht. Ich hasste mich dafür, aber er streckte nur seine Hand aus und legte sie an meine Wange, eine Geste, die bei ihm unglaublich elegant und hoheitsvoll wirkte, wie alles was er tat.
„Das ist lange her mein kleiner Max. Tote kommen nicht mehr zurück und ich bin froh, dass ich wenigstens dich wieder habe“
Ich hätte beinahe wieder begonnen zu weinen. „Mein kleiner Max“ oder ,„Trottelchen“, so oder ähnlich hatte er mich früher genannt, wenn ich wieder irgendeinen Unsinn angestellt hatte. Ich erinnerte mich noch genau an den Tag, als ich mit sechs oder sieben Jahren heimlich sein Schwert genommen hatte. Natürlich hatte ich mich prompt ziemlich schlimm geschnitten. Heulend, blutend und schuldbewusst war ich zu ihm gelaufen. Ich hatte erwartet, dass er mich dafür schlagen würde, weil ich verbotener Weise mit seiner Waffe gespielt hatte, doch er nahm mich auf seinen Schoß, untersuchte meine Verletzung und meinte dann: „Ach Max, mein kleiner Trottel, was du immer anstellst“.
Ich unterhielt mich noch lange mit meinem Vater, er erzählte mir die Geschichte, wie er zu Vampir geworden war, die wesentlich unspektakulärer war als die meine. Er hatte sich nachdem unsere gesamte Familie gestorben war auf seinen eigenen Wunsch hin von einem Vampir verwandeln lassen. Der Vampir war einsam gewesen und hatte sich nach Gesellschaft gesehnt.
Irgendwann bemerkte ich, dass Diana neben mir eingeschlafen war.
„Du solltest dein Mädchen nach Hause bringen“, meinte mein Vater.
Ich nickte und hob sie vorsichtig hoch, dann trug ich sie zum Auto. Als er die Tür hinter mir schloss sagte er noch: „Ruf mich mal wieder an und vergiss nicht, mich zu eurer Hochzeit einzuladen!“



Es war schön die beiden so vertraut mit einander reden zu hören. Doch irgendwann übermannte mich die Müdigkeit und ich schlief an Max' Schulter gelehnt ein.
Als ich wieder aufkam lag ich zu Hause in meinem Bett. Ich gähnte und streckte mich, dann fiel mein Blick auf den Kalender. In wenigen Tagen würden wir nach Italien aufbrechen. Der Kommissar hatte mir eine Nachricht zukommen lassen, wo genau sich der Treffpunkt befand.
Nach einer Einschätzung der Blutelfen waren die Sicherheitsmaßnahmen enorm. Und das nicht nur in der Festung.
Zu der Gruppe von Blutelfen hatten sich auch mehrere Dutzend Vampire gesellt, die nun an verschiedenen Standpunkten gleichzeitig agierten, denn die Justorem musste man mit einem Schlag auslöschen, sonst kamen sie wieder.
Eine Gruppe drang in den Vatikan ein, die anderen in die verschiedenen Stützpunkte und Ableger der Organisation. Nur ausgewählte durften die Burg angreifen.
Für mich gab es nur ein Ziel: meinen Bruder. Ich wollte ihn da raus holen, lebendig, und ihn dann von seinen kranken Ideen befreien. Und ich hatte noch eine Rechnung mit dem Kardinal offen, doch um den würden sich wohl die Musketiere kümmern, ganz so wie in alten Zeiten.
Mein Tagesablauf bestand nur noch aus Trainieren, Joggen und Kraft gewinnen. Lukas war mein ständiger Begleiter und Kraftspender, er hatte seine Muskeln schon beinahe verdoppelt, und er hatte es geschafft, es längere Zeit in der Sonne auszuhalten.
Die Justorem würden tagsüber tagen, sie glaubten so sei die Wahrscheinlichkeit, das sie jemand angriff, geringer.
Tja, nur das sie leider nicht bedacht hatte, das wir spezielle Kleidung bekommen hatten, auch die Vampire. Sie sah aus wie die eines Ninjas, nur die Augen blieben frei, der Rest war unter schwarzen oder weißen Stoff verborgen, je nachdem welcher Gruppe man angehörte.
Unsere trug Schwarz, mit einem roten Band an der Schulter.
Zugegeben, die Blutelfen galten als schlecht organisiert, doch wenn es um Kriege oder Kämpfe ging, konnte man ihnen nichts vormachen.

Ich war unglaublich froh, dass Diana mir die Pläne zur Beseitigung von Justorem nicht verschwiegen hatte. Am Ende wäre sie noch alleine nach Italien gereist, mich voller Sorge zu Hause zurück lassend! Aber so half ich, alles an Kräften zu mobilisieren, was wir Vampire aufbringen konnten. Ich telefonierte mit sämtliche Untoten, die ich kannte, auch mein Vater half uns mit seinen vielen Beziehungen. Maria, Louis, Felipe und William steuerten ebenfalls unzählige Namen und Telefonnummern bei und jeder wurde verständigt.
Die meisten sagten zu, den kein vernünftiger Vampir lässt sich so eine Schlacht entgehen, schon gar nicht, wenn der Gegner Justorem ist, die uns seit Jahrhunderten jagen und langsam immer dreister werden. Natürlich haben auch wir keine weiße Weste, sondern eher schmutzig schwarz-graue, aber die Blutelfen sind unschuldig und wir sind nun mal Vampire. Gewissen ist bei uns meistens eher weniger ausgeprägt. Feinde tötet man. Ich fragte mich des öfteren, wie es Diana mit jemandem wie mir aushielt.
Aber sie hielt es aus und ich liebte sie. Zwar stand die Schachtel mit dem Ring ihrer Großmutter noch immer unberührt und gut versteckt in einem der Küchenschränke, die nie jemand öffnete, aber sobald die große Schlacht gegen Justorem geschlagen war würde ich mich in die nächste Schlacht stürzen: Diana einen Antrag zu machen.
Ich hoffte nur, dass ihr nichts geschehen würde.



Am Donnerstag morgen holte uns eine gepanzerte Limousine außerhalb der Stadt ab. Meine Eltern hatten mich nur widerstrebend gehen lassen, doch ich war 18, ich konnte selbst entscheiden. Die Limousine hatte dunkle Scheiben, sodass die Vampire vor Sonnenlicht geschützt waren. Sie schliefen die komplette Autofahrt durch, während ich mit meiner Cousine einige Strategien durch ging. Sie war ebenfalls vor kurzem 18 geworden und war einfach gegangen. Ihr Bruder würde an anderer Front kämpfen.
In unserer Unterkunft angekommen, ein altes Hotel das von einem Vampir geführt wurde, wurden wir sofort in einen großen Raum gebracht, wo sich alle an der Operation J beteiligten trafen und in Gruppen aufgeteilt wurden.
Max und seine Freunde kamen in das Team M, in dem sich noch einige andere Vampire und Blutelfen mit viel Kampferfahrung befanden. Lukas kam in die Sicherungstruppe, er würde nur im Notfall eingreifen.
Meine Cousine und ich kamen mit zwei Vampiren und einer Blutelfe in ein Team. Wir mussten uns um die Sucher kümmern, wobei klar festgelegt wurde, das meinem Bruder nichts geschehen durfte. Außer es ließ sich nicht vermeiden.
Ich hatte aber noch eine weitere Aufgabe.
Bei einem Training hatte ich fest gestellt, dass ich mit gezielten Wellen elektronische Geräte beeinflussen konnte, zumindest für kurze Zeit.
Ich würde also die Alarmanlagen kurz lahm legen, damit wir ungehindert in die Burg kamen. Freitagnacht schlief ich durch, während sich alle Vampire auf die Jagd machten. Keine Toten, nur Reserven anlegen.
Der Freitag war für das Auskundschaften gedacht. Es war Karfreitag, der Klerus der Justorem war also beschäftigt und die andere waren noch nicht da.
Am Abend kam es dann zur Lagebesprechung. Fast 200 Wachen in der Außenanlage. weitere 200 wurden im Inneren vermutet. Die Burg war riesig, in ihr fanden die 50 Köpfe der Justorem und deren Begleiter und Berater ohne Probleme Platz.
Nach der Besprechung zogen Max und ich uns zurück. Wir hielten uns nur im Arm, wollten uns Nahe sein und uns Kraft geben. Morgen konnte alles passieren, wir waren nicht mehr im Mittelalter, wo nur mit Schwert und Degen gekämpft wurde. Nein, wir mussten morgen gegen Maschinengewehre und andere neumodische Waffen antreten, die einen binnen Sekunden töten konnten. Die Vampire waren gegen so etwas viel resistenter. Bei uns Blutelfen sah es da schlechter aus. Deswegen wollte wir die Zeit die wir gemeinsam hatten auch nutzen.

„Ich liebe dich“, flüsterte ich ihr ins Ohr, als wir am nächsten Morgen aufstanden. Sie küsste mich zur Antwort zärtlich, dann schlüpfte sie in ihr Gewand.
Auch ich begann mich anzuziehen, etwas langsamer und träger als sie, denn es war schließlich Tag, Schlafenszeit. Sie verließ bereits das Zimmer, während ich noch gegen die Schnürung meiner schwarzen Stiefel kämpfte. Doch irgendwann war ich ebenfalls fertig. An meinem Gürtel baumelte inzwischen ein Degen und in einem Schulterholster steckte eine MP.
Ich kam mir in meinem Aufzug etwas lächerlich vor, doch im dem großen Speiseraum des Hotels, den wir als Versammlungssaal nutzten liefen alle so herum. Die wenigen Blutelfen, die es noch gab und die mitkämpfen wollten trugen sogar kugelsichere Westen und der Brustbereich der Vampire wurde durch festes Gewebe vor Holzpflöcken und ähnlichem geschützt. Ich fragte mich, woher all diese Waffen und die ganze Schutzkleidung stammte.
Ich sah mich nach Diana um und entdeckte sie schließlich in einer Ecke des Raums, zusammen mir ihrer Cousine und Lukas. Auf dem Weg zu ihnen wurde ich ständig von irgendwelchen Leuten aufgehalten, die ich irgend woher kannte und mit denen ich wenigstens ein paar Worte wechseln musste, doch irgendwann hatte ich es geschafft, mich zu meiner Geliebten durch zu kämpfen. Sie tat, als wäre sie ganz entspannt und locker, aber ich erkannte ihre Anspannung und Angst. Mir ging es ähnlich, nicht Angst um mein Leben, aber um das aller meiner Freunde und vor allem um ihres.
Mit einem heftigen Ruck zog ich sie an mich und küsste sie leidenschaftlich.



Ich war so verdammt aufgeregt! Sicher, die Kleidung schützte mich, doch es konnte immer etwas passieren.
Die Kleidung bestand aus einem Anzug, dazu Handschuhe, ein Waffengürtel mit einer Pistole und eine kugelsichere Weste. Die Stiefel hatten ein gerilltes Profil, damit man nirgendwo abrutschen konnte. Jeder bekam einen kleinen Knopf und ein Mirko angemacht, und eine ID-Nummer. Meine war B-7. Es waren insgesamt 10 Blutelfen die kämpften.
Im Speisesaal machte ich mich auf die Suche nach meiner Cousine, setzte mich in eine Ecke und versuchte mich abzulenken.
Plötzlich wurde ich hoch gerissen und leidenschaftlich geküsst. Ich erkannte ihn an seiner Art, wie er mich küsste und an seinem unverwechselbaren Duft. Das war mein Max.
Ich zwang mich dazu etwas zu essen, bevor dann der Kommissar in den Raum kam.
"Die Zielobjekte sind so eben eingetroffen. Verteilt euch auf die Autos, auf denen eure Nummer steht!"
Alle erhoben sich und strömten zu den Ausgängen. Jede Gruppe hatte ein eigenes Auto. Ich wurde also von Max getrennt. Ich umarmte ihn fest und küsste ihn, bevor ich in den Wagen stieg, der sich wenig später in Bewegung setzte.
Auf in die Schlacht.

Ihr Abschiedskuss fühlte sich an, als würde sie nicht erwarten, mich wieder zu sehen. Ich musste mich sehr zusammen reißen, um ihr nicht doch noch zu verbieten, mit in den Kampf zu ziehen. Aber dafür würde sie mich hassen und sie hatte das gleiche Recht zu kämpfen wie alle anderen, ihres war sogar noch begründeter. Sie wollte ihren Bruder zurück.
Niedergeschlagen stieg ich also in den Kombi, der für uns vorgesehen war. Es war ein schwarzer Achtsitzer mit getönten Scheiben. Außer mir befanden sich noch die anderen Musketiere, Maria, zwei andere Vampire, von denen ich wusste, dass sie aus Regensburg stammten und der junge Vampir, dem ich in München begegnet war im Auto.
Ich bemerkte, dass Maria Louis immer wieder besorgte Blicke zuwarf. Ich hätte nie erwartet, dass ausgerechnet sie solche Angst um ihren Liebsten empfinden würde. Dieser jedoch schien eher aufgeregt und erwartungsfroh, wie auch die anderen. Ihnen war nicht klar, dass nicht alle, die jetzt aufbrachen wiederkommen würden, begriff ich. Sie fühlten sich stark und unbesiegbar, sie fühlten sich untot. Mich stimmte das ganze unglaublich traurig.
Als wir dann aber im Schatten einer hohen Mauer ausstiegen, verdrängte ich alle Gefühle. Mein Kopf war vollkommen klar. Nachdem wir alle kurze Anweisungen über unsere Mikros empfangen hatten huschten wir los, unsere Schritte leiser als das Flügelschlagen einer Eule, unsere Körper verschmolzen mit dem Schatten.



Ich hatte Angst. Ja, ich hatte wirklich Angst. Aber nicht um mich, sondern um Max und die ganzen anderen.
Der Wagen hielt und wir stiegen aus, gedeckt durch ein paar Büsche.
"Diana. Bitte", kam es aus dem Knopf in meinem Ohr.
Ich streifte mir einen Handschuh ab und konzentrierte mich auf die Burganlage.
Meine Finger zitterten, weil so viel Kraft durch sie schoss.
Eine Energiewelle später liefen wir geduckt auf das Schloss zu.
"S-1 erfolgreich."
"S-2 ebenfalls."
"S-3 ist auf Position."
Die Sturmtruppen hatten also die ersten Wachen überwältigt.
Ich sah zu Leo. Sie nickte. Die anderen aus unserem Team stiegen durch die Schießscharten ein. Wir machten es wie in unserem gemeinsamen Training. Teamwork. Sie hob mich hoch, ich klammerte mich mit den Füßen an den Zinnen fest, beugte mich nach hinten und zog sie nach.
Auf der Mauer wurde uns erst das Ausmaß der Burganlage bewusst. Es gab noch eine weitere Mauer, zwischen der ein breiter Weg entlang führte, auf dem bereits gekämpft wurde.
Ich hatte durch meine Wellen auch das Kommunikationssystem der Justorem gestört, die Äußeren konnten mit den Inneren also keinen Kontakt mehr aufnehmen.
Wir sprangen von der Mauer und machten uns auf den Weg in Richtung Haupthaus.
Denn dort würden uns die Sucher erwarten.
Plötzlich rannte uns eine ganze Truppe Männer entgegen, ich holte aus und schleuderte sie an die Wand, die hinter ihnen lag.
"Wow, ich will auch so was!", knurrte mir Leo zu.
Ich grinste unter meinem Mundschutz. Wir mussten mit Tränen- und Reizgas rechnen.
"S-2, Rückseite ist erledigt, helfen nun den anderen."

Als wir die Information erhielten, dass Diana Alarmanlagen und Kommunikationssystem ausgeschaltet hatte, warteten wir noch einige Zeit, dann setzten wir jeder mit einem gewaltigen Sprung über die Mauer, liefen so schnell wir konnten zur zweiten und überwanden auch diese mit einem gewaltigen Satz. Um uns herum wurde bereits hart gekämpft, aber wir versuchten uns nicht hinein ziehen zu lassen. Unser Ziel war das Innerste der Burg, der Tagungsraum und somit der Kardinal und die anderen führenden Köpfe der Organisation. Ständig mussten wir in Deckung gehen, um uns herum herrschte ein regelrechter Kugelhagel und immer wieder wurden auch hölzerne Pfähle auf uns abgefeuert. Einer hatte bereits meinen linken Arm getroffen und noch durchtränkte dunkles Blut meinen Ärmel, aber es würde bald aufhören. Ich achtete gar nicht darauf.
Mit übermenschlicher Geschwindigkeit kletterte ich an einer Mauer empor zu einem vergitterten Fenster im ersten Stock der Gebäudes. Ein kurzer Ruck und das Gitter war Geschichte. Das Fenster hielt noch weniger aus. Blitzschnell war ich hindurch, die anderen aus meiner Truppe folgten mir. Gleichzeitig mit uns drangen auch etliche andere, kleine Gruppen durch irgendwelche Fenster und Türen ein, während unsere „Hauptstreitmacht“ erst alle Wachen draußen erledigte und sich dann auf das Hauptportal konzentrierte.
Jetzt kam erst der schwierige Teil. Trotz aller Mühen und auch den Künsten unserer besten Hacker, unter anderem Felipe, war es uns nicht gelungen, Baupläne der Burg in die Finger zu bekommen. Wir mussten uns also ab jetzt auf ungenaues Wissen, Glück und Instinkt verlassen um den Tagungsraum zu finden und dabei nicht plötzlich von hinten überrascht zu werden.
Mit gezogenen Pistolen rannten wir durch die Gänge, immer der Nase nach. Die wenigen Leute, die uns begegneten waren kein Problem, doch plötzlich stießen wir auf eine Barrikade. Hinter einigen, ziemlich wertvoll aussehenden Polstermöbeln hatten sich etwa zehn Männer verschanzt, die uns mit einem Kugelhagel empfingen.



Die anderen waren ins Hauptgebäude eingedrungen. Nun mussten wir uns um die Sucher kümmern, damit sie die Vampire nicht töteten. Leo und ich entschieden uns nach rechts zu gehen, da links gekämpft, und oben bereits eine andere Gruppe war.
Wir liefen die Gänge entlang, stießen Türen auf und durchsuchten Räume, bis wir schließlich in einen großen barocken Saal kamen.
Die Sucher, alle fünf Männer von sehr stattlicher Statur, saßen an einer langen Tafel, tranken aus Pokalen Blut und schienen uns schon erwartet zu haben.
"Sieh an, Schwesterherz, wie schön dich wieder zu sehen!", sagte mein Bruder belustigt und stand auf.
"Und meine reizende Cousine ist auch da, wie schön, die Familie ist vereint!"
Wir begaben uns in Kampfposition.
"Ich übernehme die rechte Seite", teilte mir Leo über das Headset mit.
"Gut."
Die Sucher hatten sich mittlerweile erhoben. Sie trugen die Standardanzüge und sahen ziemlich bedrohlich aus.
"Kommt schon Ladys, wir sind Gentleman und werden uns nicht mit euch prügeln, wenn ihr euch ergebt und uns folgt. Als Sucher hättet ihr bei weitem mehr Macht!"
"Und so wenig freien Willen!", murmelte ich.
Mein Bruder grinste.
"Letzte Chance."
Wir rührten uns nicht von der Stelle.
"Jungs, kümmert euch um sie, ich geh dem Kardinal Bescheid sagen."
Typisch, er verzog sich.
Leo und ich nickten uns zu und gingen auf die Sucher los.
Sie zückten ihre Pistolen, wir schlugen sie ihnen aus der Hand, sie fletschten die Zähne, wir rammten ihnen die Knie in die Mägen. Sie waren es gewohnt nach einem Schema zu kämpfen. Wir handelte impulsiv und schneller.
Den ersten tötete ich durch meine Pistole. Dem Zweiten brach ich das Genick.
"Geh schon, die beiden sind kein Problem für mich! Eher Spielzeug!"
Die beiden sahen wirklich mitgenommen aus.
Ich lief durch die Tür, durch die Jan verschwunden war und setzte ihm nach.
Durch einen Gang, ein Zimmer und dann ...
Ja dann stand ich einem Dutzend Soldaten mit gezückten Maschinengewehren gegenüber.
"Ich habe dir gar nicht zum Geburtstag gratuliert!", meinte Jan, der lässig an der Wand lehnte.
"Sieh es als nachträgliches Geschenk."
Er lächelte.
"Jungs, bitte, erspart mir den Anblick dieser jämmerlichen Kreatur."
Jetzt war ich wütend. Mein Körper vibrierte und kleinere Wellen breiteten sich aus.
"Was zum..."
Mit geballter Kraft ließ ich eine Welle los, die Soldaten wurden an die Wand geschleudert und so getötet oder bewusstlos.
"Danke für das Geschenk. Es hat nur leider erhebliche Mängel.", knurrte ich und ging auf den verdutzen Jan zu.
"Lass uns das unter Geschwistern klären."
Ich stand ihm direkt gegenüber.

„Was machen wir jetzt?“, fragte mich Maria, die sich neben mir an die Wand presste, „Wir müssen irgendwie an der Barriere da ums Eck vorbei.“
Vorsichtig lugte ich in den Gang hinein, zog meinen Kopf aber schnell wieder zurück, weil ich keine Löcher darin haben wollte. Alles was wir von uns sehen ließen begrüßten die Wachen mit Kugeln.
„Gibt es keinen anderen, schnellen Weg, so dass wir ihnen in den Rücken fallen können?“, wollte Louis wissen.
„Eher unwahrscheinlich. Sie werden sich schon eine strategisch günstige Position ausgesucht haben“,entgegnete ich. Hilfe suchend sah ich mich um. Dabei wanderte mein Blick auch zur Decke empor. Ich grinste.
„Ich glaube es gibt doch einen Weg. Wartet einen Moment“, wies ich die anderen an. Geschickt lief ich an der Wand empor und klammerte mich dann gut zweieinhalb Meter über dem Boden an der Decke fest. Wie ein Insekt huschte ich dort in Richtung der Barrikade. Ein sehr alter Trick, aber er funktionierte, denn niemand sieht je nach oben.
Als mich die Männer doch irgendwann bemerkten, war es zu spät. Bevor sie ihre Waffen auf mich richten konnten ließ ich mich direkt zwischen sie fallen und rief laut: „Jetzt!“
Meine Truppe kam ums Eck gestürmt, doch die Wachen waren viel zu sehr mit mir beschäftigt um auf sie zu schießen. Kurz darauf war es vorbei und wir rannten weiter durch die Gänge, auf der Suche nach dem Tagungssaal.
Einmal stießen wir auf eine anderen Gruppe und beschlossen, uns zusammen zu tun. Nun waren wir 15 Vampire, die vor Kampflust brannten.
Irgendwann nahmen unsere feinen Sinne schließlich das Geräusch etlicher schlagender Herzen wahr. Wir grinsten uns an.
„Gefunden!“, spottete William.
Vor uns befand sich eine große, verriegelte und zweifellos auch blockierte Tür. Wir überlegten gerade, wie wir sie stürmen sollten, als einer der Vampir aus Regensburg sagte: „Ich habe einen besseren Weg für uns.“
Er deutete auf eine Fenster, davor erstreckte sich ein schmaler Sims. Wir verstanden sofort, was er meinte. Dicht an die Wand gedrückt schlichen wir darauf entlang bis zum nächsten Fenster, das eindeutig zum Tagungssaal gehörte.



Wie zwei Raubtiere umkreisten wir uns. Die Augen nicht voneinander lassend.
„Du hättest das Angebot annehmen sollen“, meinte er, „Jetzt muss ich dich töten!“
Er stürzte auf mich zu und wir lieferten uns einen erbitterten Kampf. Ein Schlag hier, ein Tritt da... Kurz, hätte uns jemand gefilmt hätte er einen Oskar für die beste Actionszene bekommen.
Er zog sein Messer und griff mich an. Er erwischte meine kugelsichere Weste und schnitt mir einen Träger durch. Das war die einzige Schwachstelle, denn dort befand sich kein festes Material. Einige Minuten später folgte der nächste und die Weste glitt zu Boden.
„Jetzt bist du schutzlos!“, sagte er lachend.
Wir atmeten schwer. Er hatte Recht. Nun war ich für Kugeln ein leichtes Ziel. Doch er hatte übersehen, dass ich mich nun viel schneller und geschmeidiger bewegen konnte.
Das musste er nach einigen Minuten schmerzhaft erfahren, als ich unter ihm weg tauchte, seinen Händen geschickt auswich, an meinen Gürtel griff und ihm dann eine Spritze in den Arm rammte. Er brüllte auf, riss sich das Teil wieder heraus und ging wieder auf mich los. Das Betäubungsmittel wirkte jedoch schon nach wenigen Sekunden, er kippte nach vorne und ich fing ihn auf. Schwer atmend beugte ich mich über ihn und prüfte seinen Puls. Alles Ok. Ich atmete auf.
„B-7 hat den Patienten in den Schlaf gewiegt“, gab ich durch und kam langsam zur Ruhe.
Zu spät bemerkte ich die rot und schwarz gekleidete Gestalt, die in den Raum gekommen war und eine Waffe auf mich richtete. Der Schuss hallte in meinen Ohren, ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Meine Glieder wurden schwer. Ein Lachen ertönte, dann ein Schrei. Es war nicht mein eigener, denn ich sank langsam auf den Körper meines Bruders. Dann spürte ich nichts mehr, vor meinen Augen wurde alles schwarz und ich fiel in den Schlaf des Todes.

Einen Angriff durch das Fenster hatten sie nicht erwartet. Dumm! Das wollten Vampirjäger sein? Jeder Vampir konnte eine Mauer hinauf klettern und ein Fenster einschlagen, auch wenn sich ein steiler Abhang darunter befand. Wir sprangen in den Raum und brachten Tod und Verderben.
Leider verstanden einiger der Anwesenden zu kämpfen und so mussten wir uns vor Kugeln, Pflöcken und anderen Angriffen in acht nehmen. Während ich mich gerade in dem ganzen Chaos nach dem Kardinal umsah, knallte ein lauter Schuss, ich spürte den Luftzug. Neben mir ging der junge Vampir aus München zu Boden, sein Kopf Blut überströmt. In seinen Schädel klaffte ein großes Loch. Das überlebte auch kein Vampir.
Doch ich hatte keine Zeit, seinen Verlust zu bedauern, denn ich hatte den Kardinal entdeckt. Er lief durch eine klein Tür am anderen Ende des Saal hinaus. So schnell ich konnte folgte ich ihm. Mit gewaltigen Sprüngen setzte ich über Toten und Kämpfende hinweg, ein Stück rannte ich sogar kopfüber an der Decke entlang.
Dann erreichte ich kurz nach ihm die Tür, die er inzwischen geschlossen hatte. Mit aller Kraft warf ich mich gegen das Holz, das sofort zersplitterte als wäre es Glas. Mein Schwung trug mich noch ein ganzes Stück in das nächste Zimmer hinein und ich landete am Boden. Mich wieder auf zu rappeln kostete mich einige wertvolle Sekunden, die der Kardinal benutzt hatte um durch einen Torbogen zu fliehen. Ich setzte ihm nach, blieb dann aber stehen als ich ihn sah. Ein Schuss knallte durch die Luft. Meine Geliebte ging mit erstauntem Gesichtsausdruck zu Boden.
Der Kardinal lachte. Ich schrie auf und es lag nichts menschliches mehr darin. Ich ignorierte die auf mich gerichtete Waffe und die silberne Kugel, die kurz darauf in meine Schulter drang. Mit einem widerlichen Knacken brach ich dem Kerl das Genick, dann lief ich zu Diana. Neben ihr ging ich in die Knie.
Sie lag zusammen gekrümmt und blutend über ihrem bewusstlosen Bruder. Verdammt, was war mit ihrer Weste geschehen? Vorsichtig untersuchte ich sie. Noch schlug ihr Herz und sie atmete auch noch, wenn auch schwerfällig und keuchend, weil die Kugel ihre Lunge durchdrungen hatte. Sie war an ihrem Rücken sogar wieder ausgetreten, also hatte sie wenigstens keine inneren Blutungen. Aber ich wusste nicht, ob ein Blutelf so etwas überleben konnte. Tränen flossen über mein Gesicht.



Ich fühlte mich leer. Und doch frei. Ich erblickte ein Licht, doch als ich darauf zugehen wollte, hielt mich etwas starkes und mächtiges zurück.
Es zog mich an einen Ort, den ich aus den Legenden kannte. Zum Altar. Der Legende nach starb darauf der Blutelf, der wenig später zum ersten Vampir wurde.
Ein leiser Gesang wehte zu mir herüber.
War das ein Traum? Oder schon das Paradies?
Eine Frau lachte.
"Weder noch, kleine Prinzessin."
Da erblickte ich die Frau und den Mann, die dort vor dem Altar standen.
Prinzessin Niada. Nur so hatte ich sie noch nie gesehen. Sie war älter, um die 30. Sie strahlte immer noch Würde aus, aber auch etwas anders. Macht!
"Sehr richtig erkannt.", meinte sie lächelnd und kam auf mich zu.
"Auf der Erde wandelt der Teil meines Geistes, der sich bei meinem Tod gelöst hat. Hier lebe ich als die, die ich auf der Erde auch war."
"Was mache ich dann hier?"
"Du bist gestorben."
Ich schluckte.
Scheiße!
Die Prinzessin lachte.
"Ich gehe davon aus, dass du die Legende nun vollständig kennst?"
"Ja. Ihr habt Eure Pflicht erfüllt und seid von dem Zwang erlöst worden."
Sie nickte.
"Dafür musste ich jedoch, genauso wie du, sterben. Der Tod bringt uns den Vampiren näher und lässt uns nicht länger in diesem Zwischenstadium."
"Soll das heißen ..."
"Ja, du wirst wieder leben Diana Lara, du wirst von deinem Zwang erlöst, weil du das Geschlecht der Blutelfen und Vampire vor einer großen Gefahr gerettet hast."
Sie legte mir eine Hand auf die Wange und etwas heißes durchzuckte mich.
Langsam verschwamm die Welt.
"Wie seid Ihr damals gestorben?", fragte ich sie vorsichtig.
"Nun, ich hatte zwar ein Gegenmittel gegen die Pest gefunden, nur habe ich es nicht selbst angewandt. Kurz nachdem die Krankheit schon so gut wie ausgerottet war, erwischte es mich. Wie durch ein Wunder wurde ich jedoch von den Toten zurück geholt."
Sie zwinkerte mir zu.
"Ich werde immer bei dir sein und dir helfen, wenn du meine Kraft benötigst."
"Ich danke Euch."
Als ich mich aus der Verbeugung aufrichtete, war nur noch sie da.
"Du wirst noch ein langes Leben, mit einem ehrenvollen Begleiter vor dir haben", sagte sie und lächelte wieder.
"Sei stolz auf das was du bist!"
Dann verschwand sie. Und ich spürte das Herz, das vorher keinen Ton von sich gegeben hatte, wieder in meiner Brust schlagen.
Welcome back to life!

Plötzlich hörte ich ihr Herz nicht mehr und ihr Atem stockte. Panisch hatte ich zuvor versucht die Blutung zu stillen und sie mit meinem Blut zu nähren, doch nichts hatte funktioniert. Dann war sie tot.
Mein verzweifelter Schrei gellte durch die ganze Burg und Felipe, der mich von ihr wegziehen wollte fing sich einen heftigen Schlag in die Magengegend ein.
„William! Hilf mir!“, hörte ich ihn rufen, aber nur am Rande meines Bewusstseins.
Diana war tot, meine Blutelfe war tot, das Mädchen, dem ich einen Antrag machen wollte! Das war alles, was mit durch den Kopf ging. Voller Schmerz zog ich sie an mich, meine blutigen Tränen hinterließen dunkle Flecken auf dem schwarzen Stoff ihrer Kleidung.
Doch plötzlich schlug ihr Herz wieder. Laut und kräftig, fast wie das eines Vampirs.
„Max, du zerquetscht mich!“, stöhnte sie.
Dann wurde sie wieder bewusstlos, aber ihre Wunde begann sich zu schließen. Ich schrie wieder, aber diesmal war es ein Schrei der Freude. Auf meinen Armen trug ich sie aus der Burg zum Auto, mit dem wir nochmal zu dem alten Hotel fahren würden.



Starke Arme schienen mich zu zerdrücken. Dieser Idiot, konnte er mich nicht einmal in Frieden sterben lassen?
"Max, du zerquetscht mich!", stöhnte ich. Doch dann entglitt mir mein Bewusstsein und ich fiel in Ohnmacht. Zu sterben war einfach zu anstrengend!
Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem weichen Bett. Noch immer trug ich die Kleidung vom Kampf. Es war mein Zimmer, also ging ich zum Koffer und zog das Kleid heraus, das ich noch eingepackt hatte. Dann verließ ich das Zimmer, ich hatte Hunger!
Ich begegnete niemandem, bis mir einfiel, dass sie wahrscheinlich dabei waren, die Gefallenen auf unserer Seite zu bergen und die anderen verschwinden zu lassen. So ein Massaker würden die Behörden nicht so einfach übersehen.
Ich schlenderte in die Küche und griff in den Blutschrank, in dem Blutkonserven gestapelt waren.
Genüsslich trank ich das Blut, das zwar nicht ganz so gut und stark schmeckte wie Vampirblut, das mich aber trotzdem sättigte.
Ich wollte zu Max, ihn wieder in die Arme schließen und küssen, da er aber bei den anderen sein würde, beschloss ich in sein Zimmer zu gehen. Es war stockdunkel draußen, ich legte mich aufs Bett und rollte mich zusammen. Vorsichtig strich ich mit den Fingern über die Stelle, wo die Kugel mich getroffen hatte. Eine verschnörkelte Narbe war das einzige, was noch daran erinnerte.
Ich brauchte Schlaf, die Ohnmacht und der Kampf hatten mich zu sehr angestrengt. Und ich musste mich auf die Kur vorbereiten, der ich Jan unterziehen musste.

Im Hotel legte ich Diana in ihr Bett, dann ging ich in den Versammlungsraum, wo wir eine kurze Lagebesprechung abhielten. Danach mussten wir noch einmal zurück, denn wir mussten die Toten bergen.
Auch auf unserer Seite gab es einige Verluste. Von den Blutelfen war nur in etwa die Hälfte zurück gekommen, Dianas Cousine glücklicherweise unter ihnen. Von uns Vampiren hatten auch einige endgültig die letzte Ruhe gefunden, wie der Junge aus München, der nun nicht mehr für immer 16 bleiben würde. Aber wir Musketiere hatten alle überlebt und auch Maria und Lukas ging es gut.
Doch ich bekam einen ziemlichen Schreck, als ich Louis begegnete. Ihm war beim Kampf mit einem scharfen Dolch der kleine Finger der linken Hand abgetrennt worden. Verstümmelungen wuchsen auch bei Vampiren nicht mehr nach und er würde für immer mit nur neun Fingern herum laufen. Er schien es allerdings mit Humor zu nehmen, verglich sich mit Frodo aus dem Herrn der Ringe, der ja am Schluss auch einen Finger verliert und meinte fröhlich: „Gut, dass es nicht mein Ringfinger war! Sonst könnte ich nie wieder einen Ring tragen“
Maria schlug ihn für den dummen Kommentar.
Mir musste nur eine Kugel aus der Schulter und eine aus der Hüfte entfernt werden. Das war etwas unangenehm, weil sich das Fleisch darüber bereits wieder geschlossen hatte, aber ich war Schmerzen ja gewohnt, nicht zuletzt dank meiner mit Ordnern um sich schlagenden Freundin.
Die Aufräumarbeit ansonsten war eintönig und widerlich. Ich war wirklich froh, als wir fertig waren.



Ich wurde durch ein lautes Fluchen am Gang geweckt. Die Uhr zeigte kurz vor fünf Uhr morgens.
Vampire hatten vielleicht Nerven!
Ich stand auf und versteckte mich hinter der Tür. Der Geruch nach Blut schlug mir entgegen, erst dann kam Max' Geruch.
Das Blut musste anscheinend seine Geruchssinne benebeln, denn er bemerkte mich nicht.
Er zog sich den Anzug aus und stand nun nur noch in Boxershort und engem T-Shirt vor mir.
Er wollte es sich gerade ausziehen, als ich mit meinen Händen darunter fuhr und es ihm über den Kopf streifte.
Ruckartig drehte er sich zu mir um und starrte mich an.
"Überrascht?", fragte ich und grinste frech.
Erst sagte er gar nichts.
Dann nahm er mich in die Arme, wirbelte mich herum und küsste mich stürmisch. Ich erwiderte seinen Kuss, in dem so viel Verzweiflung und Freude steckte.
Irgendwann musste ich mich von ihm lösen um nach Luft zu schnappen.
Er sah ziemlich ok aus, er schien keine größeren Wunden zu haben. Seine Augen strahlen wie nie zuvor und unter seinem Blick bekam ich eine Gänsehaut.
Er hielt ich immer noch im Arm und es sah so aus, als ob er mich nie wieder loslassen wollte.

Ich wollte sie nie wieder loslassen. Und zuerst einmal tat ich das auch nicht. Ich zog sie mit mir auf mein Bett und hielt sie im Arm. Entgegen meiner eigentlichen Pläne musste ich wohl irgendwann vor Erschöpfung eingeschlafen sein. Als ich wieder aufwachte lag Diana leider nicht mehr neben mir und der Wecker neben meinem Bett zeigte 19.00 abends. Ich erhob mich mühsam. Die Verwandlung in einen Vampir hatte damals nichts daran geändert, dass ich ein unglaublicher Morgenmuffel war.
Langsam zog ich mich an und ging dann die Treppe hinunter, in den großen Speisesaal. Diana saß dort, zusammen mit Leo. Als sie mich sah, grinste sie mich spöttisch an. Ich zeigte ihr meine Zähne.
Heute würden wir wieder nach Hause fahren, ihren Bruder im Gepäck, den wir dann bei Robert einschließen würden. Rabiater Entzug nennt sich so was. Dann konnten wir bloß noch hoffen, dass es funktionierte. Mir wäre es ja eigentlich egal gewesen, ich konnte ihn nicht ausstehen, aber ich wollte, dass Diana glücklich war.



Um Acht fuhren wir zurück. Mein Bruder hatte noch eine Spritze bekommen, sodass er wieder bewusstlos wurde. Was er mir an den Kopf geschmissen hatte, als er bei Sinnen war, war nicht gerade schmeichelhaft und Max sah so aus, als ob er ihn am liebsten umbringen wollte.
Stunden später hielten wir vor dem Haus von Robert. In dem Wagen saßen nur Lukas und ich, da die Vampire nicht unbedingt wissen sollten wo er wohnte. Der Fahrer kannte Robert. Lukas hob Jan aus dem Kofferraum und Robert führte uns in den Keller, der ungewöhnlich schalldicht war.
"Wie lange?", fragte ich Robert.
"Vier, Fünf Tage und noch zwei weitere zur Resozialisierung."
Ich nickte. "Wir bleiben hier."
"Gut, dann könnt ihr mir helfen und ich zeig euch, was ihr machen müsst, wenn er rückfällig wird."
"KO Schlagen.", knurrte Lukas.
Seit der Schlacht war er irgendwie ... erwachsen.
Wir legten Jan Handschellen um, in denen kleine Spritzen mit einem Medikament waren, die ihm über die Entzugserscheinungen der Drogen helfen sollte.
Wir redeten oben mit Robert über die letzten Tage und legten uns dann schlafen. Die nächsten beide Tage, als ich Jan sein Essen brachte, hörte ich ihn schreien und toben.
Das tat mir im Herz weh, doch es war nötig. Am dritten Tag flehte der dann um Erlösung, er sei wieder der alte, doch wir testeten ihn mit einigen Fragen, die er alle falsch beantwortete.
Also doch nicht der alte.
Dann blieb es einige Tage still. Am letzten Freitag der Osterferien traute ich mich dann zu ihm in die Zelle, bewaffnet mit einem Elektroschocker.
Jan kauerte in der Ecke und sah aus wie eine wandelnde Leiche.
"Dila?", fragte er schwach.
"Ja."
"Warum?", krächzte er.
"Warum hast du mich gerettet?"
"Du bist mein Bruder."
Ich lehnte mich an die Wand gegenüber.
"Aber ich habe dir so viel schlimmes angetan!"
"Blut ist dicker als alles andere."
Sein langes Haar fiel ihm in die Stirn und ich konnte ein leichtes Lächeln erkennen.
Dann hob er den Blick. Seine Augen waren wieder braun.
"Danke."
Ich wagte es mich ihm zu nähern. Zusätzlich zum Elektroschocker trug ich noch meinen Bissschutz und einen dicken Pullover.
"Du bist erwachsen geworden. Ich dachte die ganze Zeit du wärst immer noch das kleine Mädchen, das man beschützen musste."
Ich grinste. "Muss man immer noch. Aber ja, ich bin erwachsen geworden."
Vor ihm ging ich in die Knie und er sah mich an.
"Alles ok?"
Er nickte schwach. "Jetzt schon. Aber im Schlaf ... all die Leute die ich getötet habe ..."
Eine Träne ran ihm über die Wange. Sie war klar, nicht aus Blut. Ein weiteres Zeichen dafür, dass er wieder normal war.
Ich schloss ihn in die Arme und er fing hemmungslos an zu schluchzen.
Wenig später gab ich Robert Bescheid und er begann mit der Resozialisierung.
Am Samstag Nachmittag beschloss er, es zu riskieren und ich bat meine Eltern her zu kommen.
Als sie Jan sahen gingen sie erst auf Distanz, als er jedoch wieder zu weinen begann schlossen ihn meine Eltern in die Arme.
"Danke", murmelte ich Robert zu.
"Kein Problem, immer wieder gerne", sagte er schmunzelnd und wir machten uns auf den Weg zurück in die Stadt.
Ich ging mit Jan zum Frisör und einkaufen, bevor wir nach Sonnenuntergang zu unserem Lieblingsplatz fuhren.

Die ganze Woche sah ich sie nicht. Das Vermissen fühlte sich schon fast an wie körperlicher Schmerz und ich kam mir vor wie ein Drogenabhängiger. Doch wenigstens hatte ich so genug Zeit, mich mental auf meinen Antrag vor zu bereiten. Die ganze Zeit lief ich mit dem Ring in der Tasche herum. Louis lachte mich aus und schalt mich einen Feigling, bis ihm Maria einen bösen Blick zuwarf und verkündete: „Also ich finde Max unglaublich süß!“
Danke Maria, jetzt fühle ich mich besser, Vampire werden ja gerne für süß gehalten. Louis schien das auch zu denken, denn anstatt irgendwie eifersüchtig zu sein, bekam er einen Lachkrampf.
„Ich finde Max auch wirklich süß“, kicherte er nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte.
Am Samstag Abend lief ich hinauf zu dem Aussichtsplatz über der Stadt um ein wenig nachzudenken und meine Ruhe vor einer gewissen Person zu haben, die seit einem gewissen Vorfall nicht müde wurde, mir zu versichern, wie süß ich doch sei. Irgendwann bringe ich den Kerl um.
Als ich mich der Bank unter dem Baum näherte stieg mir plötzlich ein bekannter Geruch in die Nase. Diana... und leider auch ihr Bruder. Sie saßen tatsächlich dort und blickten über unsere nächtliche Stadt. Plötzlich sog Diana tief die Luft ein und wandte sich dann um. Das warme, freudige Aufleuchten ihrer Augen jagte mir einen angenehmen Schauer über den Rücken.
„Guten Abend, Geliebte“, meinte ich leise.
Auch ihr Bruder drehte sich jetzt erstaunt zu mir um und ich versuchte meine Abneigung hinunter zu schlucken und begrüßte ihn ebenfalls freundlich. Diana rückte ein Stück zur Seite um mir Platz zu machen und ich ließ mich neben ihr nieder. Schweigend saßen wir nebeneinander. Da traf ich meinen Entschluss.
„Jan? Könntest du uns bitte einen Moment alleine lassen? Ich muss etwas mit deiner Schwester besprechen“, bat ich.
Er musterte mich und ich fügte noch hinzu: „Keine Sorge, ich tu ihr nichts, ich beiße schon nicht“
Er musste grinsen, dann stand er auf und schlenderte ein Stück den Feldweg entlang. Vielleicht war der Typ doch gar nicht so übel. Seine Schwester sah mich indes erstaunt an. Da sollte man meinen, 600 Jahre Lebenserfahrung bereiten einen auf so etwas vor, aber anscheinend nicht. Ich holte tief Luft, dann kniete ich mich vor ihr in den Dreck. Schonmal der erste Fehler, ich hatte den falschen Platz gewählt. Alles voller Schlamm.
Doch davon durfte ich mich jetzt nicht beirren lassen. Aus meiner Tasche holte ich die Schachtel mit dem Ring hervor, öffnete sie und hielt sie ihr hin.
„Diana, Geliebte, willst du mich heiraten? Also inoffiziel meine ich, weil offiziel existiere ich ja gar nicht, weil ich ja ein Vampir bin und du weißt schon und...Bitte?“



Wir saßen einfach nur da und sahen uns die Stadt an, so wie in alten Zeiten.
Bis ich plötzlich einen altbekannten Duft roch. Ich sog die Luft ein und drehte mich dann um.
Max.
Als er dann meinen Bruder wegschickte war ich verwirrt.
Als er sich vor mich hinkniete erst recht.
Und als er mir dann den Antrag machte fiel ich erst recht aus allen Wolken!
Dieses Kästchen ... meine Oma hatte das alles also ins Rollen gebracht.
Ich konnte ihn nur anstarren, dann stiegen mir Tränen in die Augen. Er war so süß!
Meine Liebe zu ihm war stärker als alles andere, aber ich war gerade mal 18 geworden ...
"Ich ...", ich schluckte.
"Gibst du mir bis morgen Zeit? Ich kann das nicht so einfach entscheiden."
Er sah verletzt aus, aber dann nickte er, steckte das Kästchen wieder weg und sagte: "Ich geh dann wohl besser."
"Nein, bleib hier, bitte!", flehte ich ihn an. Ich wollte nicht alleine sein.
Er zögerte kurz, doch dann setzte er sich neben mich.
"Du hast also deinen Bruder ..."
"Er ist wieder der alte."
"Will ich doch hoffen!"
Wir drehten uns um. Jan kam mit Lukas zu der Bank wo wir saßen.
"Alle Achtung Schwesterherz, guter Fang.", sagte er und zwinkerte.
"Entschuldige das wir uns auf so schlechtem Weg kennen lernen mussten, aber so weiß ich wenigstens, dass du meine Schwester beschützen kannst."
Er zwinkerte uns zu und ließ sich auf einen umgestürzten Baumstamm sinken. Lukas neben ihn.
Ich wusste nicht warum, aber ich begann zu summen.
Max sah mich überrascht an.
Jan und Lukas sahen sich an und stimmten dann mit einer anderen Melodie mit ein.
"Live your Life, be not afraid", sang Lukas leise. Mir lief ein Schauer über den Rücken.
"Fight for you, the guilt is paid" Ich musste ein Schluchzen unterdrücken, als ich Jans klare Stimme hörte.
"Open your eyes and see the truth" Meine Stimme war nicht mehr als ein Wispern, aber sie konnten es verstehen.
"Look at the world, you are the youth", kam es wieder von Lukas.
"Blood in Blood", sagte Jan bestimmt.
"Together one", sagten wir im Chor und drehten unsere Handgelenke zueinander. Wir hatten alle drei eine Narbe. Die Narbe eines Blutschwurs, den wir uns gegeben hatten. Ähnlich wie die Musketiere. Einer für alle und alle für einen.
Ich sah Max an. In seinen Augen lagen Stolz und Liebe.
Kurz vor Sonnenaufgang fuhren wir nach Hause und ich traf mich zu einem ernsten Gespräch mit meinen Eltern, danach mit Lukas und Jan. Dann mit meinen Freundinnen. Am Abend fuhr ich dann zu Max nach Hause.

Ziemlich deprimiert hockte ich in meiner Wohnung. Auch der Gedanke an meine neue Couch konnte mich nicht aufheitern. Ich hatte mir nicht mal die Mühe gemacht, mich ordentlich anzuziehen, ich trug nur graue lange Unterhosen und einen weiten, schwarzen, mir fast zu großen Rollkragenpulli.
Louis saß neben mir, einen Arm um Maria und den anderen tröstend um mich gelegt. Toll, heute war ich nicht süß, heute war ich schwul.
Aber eigentlich war mir das egal. Ich wollte, dass Diana ja sagte und irgendwie hatte ich die Hoffnung aufgegeben. Ihre Oma würde mich umbringen, wenn ich ihr den Ring unbenutzt zurück brachte. Ich wollte gerade aufstehen und mich wieder in meinen Sarg legen, da klingelte es.



Zitternd drückte ich den Klingelknopf. Ganz ruhig Diana, alles wird Gut! Redete ich mir ein.
Maria öffnete mir.
"Hallo Diana!", sagte sie lächelnd.
"Hey ist ... ist Max grad da?"
Sie nickte.
"Warte kurz!"
Ich ging zu den anderen ins Wohnzimmer.
"Hey Di!", begrüßten mich die Vampire und musterten mich neugierig.
"Hey Louis, wie gehts deiner Hand?"
"Ganz ok."
Er hob die, immer noch in einen Verband eingewickelte, Hand und winkte mir zu.
"So Prinzessin, dein Herzblatt ist da!", flötete Maria.
Ich drehte mich zur Tür. Max stand im Türrahmen und sah ziemlich elend aus. Er trug einen weiten grünen Pulli und ausgewaschene Jeans.
Ich holte tief Luft.
"Wir müssen reden.", murmelte ich und zog ihn ins Schlafzimmer.
Ich drückte die Tür zu, obwohl mir klar war, dass die anderen lauschen würden.
Als ich mich wieder zu Max umdrehte verkrampfte sich mein Herz. Ich wusste, dass meine Verschiebung der Antwort ihn verletzt hatte, aber ich brauchte einfach Zeit.
"Wegen deiner Frage gestern", langsam ging ich auf ihn zu und sah ihm dabei fest in die Augen.
Ich zitterte schon wieder, Mist!
"Diana, wenn du gekommen bist um mir zu sagen, dass du nicht willst, dann ..."
"Ja verdammt, ja!", schrie ich.
Er war perplex. Geschockt. Verwirrt. Das alles spiegelte sich in seinem Gesichtsausdruck wieder.
Dann trat ein Glitzern in seine Augen, er riss mich hoch und küsste mich stürmisch.
Aus Richtung der Tür erklang Applaus. Diese verfluchten Vampire, ich mochte sie einfach zu gern!
Max hielt mich fest umschlossen und ich hoffte, dass er nicht zu heulen anfing, denn ich wollte mir nicht das schöne Kleid ruinieren.

Durch irgendeinen seltsamen Effekt, wahrscheinlich Blutelfenmagie bekam ich diesen Gedanken von ihr mit. Süß, schwul und dann auch noch eine Heulsuse. Aber wenigstens eine glücklich verliebte Heulsuse. Ich hätte gerne gewusst, was sie zu mir gesagt hätte, wenn sie mich noch in den langen Unterhosen gesehen hätte. So etwas galt ja heutzutage nicht mehr unbedingt als sexy. Maria schien es auch nicht wirklich zu gefallen, denn sie hatte mich, als Diana vor der Tür stand gezwungen, mich um zu ziehen. Sobald wir verheiratet waren und meine Blutelfe es sich nicht mehr anders überlegen konnte, würde ihr dieser Anblick sicher einmal blühen. Aber erst gab es noch etwas anderes zu klären.
„Wann?“, fragte ich nur und schleuderte sie noch einmal fröhlich im Kreis.



Dieser Vampir überforderte mich völlig!
"Lass mich erst mal runter, mir wird ganz schwindelig!", sagte ich und lachte.
Er ging meinem Wunsch nach, hielt mich jedoch weiterhin fest.
"Nun, ich möchte erst mein Abi sicher in der Tasche haben, also wäre es frühestens in den Sommerferien. Am ersten Ferienwochenende schmeißt meine Familie grundsätzlich eine große Party und vielleicht könnte ich meine Oma dazu bringen, sie uns auf dem Schloss veranstalten zu lassen. Da hätten wir auch eine Kapelle", sagte ich grinsend.
"Perfekt!", murmelte er an meine Lippen und küsste mich dann.
"Hm, hm", räusperte sich jemand neben uns und widerstrebend lösten wir uns von einander. Maria stand dort. Mit dem Kästchen in der Hand.
"Wo bleiben deine Manieren?", fragte sie Max, der nahm strahlend die Kiste entgegen und holte den Ring heraus.
Als er ihn mir ansteckte durchfuhr mich ein angenehmes Zittern, ich schloss kurz die Augen und genoss den Moment. Als ich sie wieder öffnete, blickte ich in die schönsten und strahlendsten grünen Augen, die ich je gesehen hatte. In die Augen meines Verlobten.

An meinem Hochzeitstag hatte ich keine Problem damit, aus dem Bett zu kommen. Die Zeremonie sollte bei Einbruch der Dämmerung in der kleinen Kapelle stattfinden. Natürlich war es keine kirchliche Heirat, denn Vampir und Kirche, das verträgt sich nicht so gut, sondern eher ein Blutelfenritual, aber ich musst mich natürlich trotzdem schön an ziehen. Die anderen hatten auf eine schwarze Hose, ein schwarzes Jacket, eine schwarze Weste und darunter ein weißes Hemd bestanden. Auch meine Krawatte war schwarz. Das einzige, was mir an Farbe zugestanden wurde war ein rote Rose fürs Knopfloch. Meine Theorie war ja, dass sie vergessen hatten, dass es auch weiße Rosen gab, ansonsten hätte ich sicher so eine bekommen.
Jetzt halfen sie mir natürlich anziehen und frisieren und nervten natürlich total, aber egal. Faszinierend, das hat sich gereimt! Irgendwie war ich heute leicht überdreht, was vielleicht daran lag, dass ich das Mädchen heiraten würde, das ich liebte, aber nur vielleicht. Ich grinste übers ganze Gesicht, obwohl meine drei Musketiere und Maria um mich herum liefen und an jeder Falte etwas aus zu setzten hatten und mich, wie bereits erwähnt, nervten, aber ich mochte sie ja trotzdem.
Wenigstens ließen sie mich pünktlich zu Sonnenuntergang in Ruhe und wir konnten zu Kapelle gehen. Ich war unheimlich gespannt auf Dianas Kleid. Sie hatten mir nämlich nicht erlaubt, es vorher anzusehen, obwohl das heutzutage, wie ich seit kurzem weiß durchaus üblich ist. Verdammt, war ich aufgeregt. So wirr denke ich sonst nie.



"Es ist Samstag!", knurrte ich, als mich Jan aus dem Bett warf.
"Willst du deine eigene Hochzeit verpennen?"
"Scheiße!"
Sofort war ich hellwach.
Durch den Abiturstress hatte ich komplett die Zeit vergessen! Für mich war das Wichtigste in den letzten Wochen nur meine Prüfungen. Und das hatte sich gelohnt. Mit einem 1,-Schnitt schloss ich nach 12 Jahren meine Schulausbildung ab. Und heute, einen Tag nach der Zeugnisübergabe, würde ich heiraten. Komisches Gefühl.
Die Zeremonie wurde vom Kommissar vollzogen, im Beisein eines Vampirfürsten. Meine Mutter hatte sich um alles gekümmert- Zum Glück! Ich hätte dafür überhaupt keine Nerven gehabt.
Wir suchten meine Sachen zusammen und fuhren gegen Mittag zum Schloss meiner Oma. Sie hatte es uns ohne Einwände zur Verfügung gestellt. Im Garten war ein großes Zelt aufgebaut und die Kapelle und der Empfangssaal waren festlich geschmückt.
Ich krallte mich in Jan's Arm.
"Hey meine Kleine, alles wird gut!"
Ich seufzte. "Hoffentlich!"
Er würde mein Trauzeuge sein, als Verstärkung noch Lukas. Es war so üblich, das jeder zwei hatte, die nicht mit einander verwandt waren.
Als wir alles kontrolliert hatten begaben meine Mutter und ich uns in ein abgelegenes Schlafzimmer um mich für die Zeremonie vorzubereiten.
"Mama!"
Ich klang von fast flehentlich. Diese Nervosität brachte mich noch um!
"Ganz ruhig mein Schatz, ich erinnere mich noch gut an meine Hochzeit, ich war auch so aufgeregt!", sagte sie, während sie mir meine Haare hochsteckte und zu Locken drehte.
"Du und Max, ihr seit das perfekteste Paar das ich je gesehen habe!", sagte sie und gab mir einen Kuss auf die Schläfe.
Meine Hände zitterten und ich konnte kaum stillsitzen, als sie mein Make-up machte.
"Ich könnte mir keinen besseren Partner für dich vorstellen mein Schatz!", sagte sie, als sie mir das kleine Diadem in die Haare schob, das meine Oma uns geliehen hatte.
Dann half sie mir in das Kleid, unter dem ich ein kürzeres für das Essen danach trug.
Als ich mich dann im Spiegel sah fing ich beinahe zu heulen an.
Mein braunes Haar war hochgesteckt, ein Teil fiel mir in Locken jedoch wieder nach unten. Meine Augen waren mit silbernen und roten Lidschatten betont, meine Lippen mit einem dezenten Lippenstift. Ich trug etwas längere Ohrringe und um meinen Hals hing ein Collier.
Und das Kleid ... nun.
Es war leicht cremefarben, hatte an der Brust ein breites Rotes Band, das sich zum Rücken zog, wo es dann mit einem breiten roten Stoff zusammenlief, der immer weiter wurde. Das Rot bildete einen Schönen Kontrast zu dem Weiß.
Das Kleid hatte eine längere Schleppe und einen weiten Rock. Auf einen Schleier verzichtete ich.
Mittlerweile senkte sich die Sonne schon gefährlich dem Horizont.
Meine Mutter ging kurz hinaus und ich sammelte mich.
Als dann mein Vater in einem schwarzen Anzug herein kam, drohte ich wieder die Fassung zu verlieren.
"Schatz, bitte beruhige dich!", sagte er schon beinahe streng.
"Du bist meine einzige Tochter, ich mag Max und ihr werdet immer glücklich sein, ich könnte mir keinen besseren Ehemann vorstellen!"
Er strich mir über die Wange.
"Mag sein, dass du jung bist, aber du hast viel erlebt und das macht dich aus!"
Dann reichte er mir seinen Arm.
"Komm, die anderen warten schon."
Ich hackte mich ein, atmete noch einmal tief durch und verließ dann mit ihm zusammen das Zimmer.
Zum Glück mussten wir keine Treppen steigen, mit dem weiten Kleid hätte das gewisse Probleme gegeben.
Vor der Kapellentür wartete bereits Leo. Sie trug passend zu meinem Kleid ein rotes Kleid mit weißen Rankenmustern, wie sie auch auf meinem Kleid teilweise waren.
Sie gab mir meinen Blumenstrauß und stellte sich dann vor mich. Es war ein Strauß aus roten Rosen.
Von drinnen erklang die Hymne des Blutes, die Türen wurden geöffnet und wir schritten langsam durch den Mittelgang der alten Kapelle.
Alle hatten sich erhoben, der Raum war brechend voll.
Vorne, wo früher einmal der Altar gestanden hatte, stand nun der Kommissar, mit dem Vampirfürsten von Bayern, der gleichzeitig ein guter Freund von Max war.
Als ich ihn sah trat automatisch ein Lächeln auf mein Gesicht. Er sah einfach zu gut aus!
Ich sah ihn schlucken, dann lächelte er. Seine Trauzeugen waren sein Vater und Louis. Seine Freunde saßen in der ersten Bank.
Mein Vater übergab mich an Max und warf ihm einen warnenden Blick zu, der wohl bedeuten sollte: "Wehe, du versaust es!"
Dann traten wir beide vor die beiden Zeremonialleiter.
"Es ist mir eine Ehre diese Zeremonie zu halten. Seit Jahrhunderten hat es so etwas nicht mehr gegeben, dass sich eine Blutelfe und ein Vampir dazu entschließen den Blutbund der Ehe einzugehen. Ihr beide, Diana und Max, hab euch dazu entschlossen diesen Bund einzugehen, bis das der Tod euch scheidet und auf das ihr im anderen Leben weiter lebt."
Bei den Worten des Kommissars verflog jede Angst, was aber auch an Max liegen konnte, dessen ruhige Aura mich ebenfalls beruhigte.
"Sie alle sind Zeugen dieses Bundes.", sprach nun der Vampirfürst. "Soll euch jeder Anwesende von ganzem Herzen das beste wünschen."
Und dann kam es zur eigentlichen Zeremonie, die ziemlich viel mit Blut zu tun hatte.
Die Trauzeugen mussten vortreten, der Kommissar und der Fürst schnitten ihnen in die Hände und ließen das Blut in eine Schale fließen, wo sich eine Kette befand.
Dann kam unser Blut dran. Die Ringe wurden in das Blut des jeweils anderen getränkt, als Zeichen dafür, zu wem man gehörte.
Sie wurden auf ein Tablett gelegt, das Leo bereit hielt. Der Fürst schnitt bei mir die Wunde in den Unterarm, der Kommissar bei Max, als Zeichen dafür, das die andere Art den Partner akzeptierte. Wir mussten die Rechten Arme aufeinander legen, sodass das Blut der Wunden sich vermischte. Die Kette mit dem Blut der Trauzeugen wurde um unser beider Handgelenke gelegt.
Max nahm den Ring, der für mich bestimmt war. "Diana Lara Revensburg, mit diesem Ring und dem Blut das uns vereint schwöre ich dir auf Ewig dein Blutpartner zu sein, mit all seinen Pflichten."
Als er mir den Ring ansteckte durchzuckte mich etwas warmes.
Dann nahm ich seinen Ring.
"Maximilian Matthias Johann Stefan von Habsburg, mit diesem Ring und dem Blut das uns vereint schwöre ich dir auf Ewig deine Blutpartnerin zu dein, mit all ihren Pflichten."
Als ich ihm den Ring ansteckte zuckte er leicht zusammen. Bei ihm war es also auch passiert.
"So sei es.", sagten der Kommissar und der Fürst in einem Zug.
Wir beugten uns zu einander und bissen uns im gleichen Moment. Ein Schluck des jeweils anderen. Und der Blutbund war geschlossen.
Die Menge applaudierte, wir sahen uns tief in die Augen.
Der Kommissar löste die Kette wieder und wir nahmen die Arme von einander, wo sich die Wunden mittlerweile schon wieder geschlossen hatte.
Max zog mich beherzt an sich und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss. Den ersten als seine "Ehefrau". Die Menge war nicht mehr zu beruhigen.
Während mein Vater und Max' Vater die Formalitäten wegen der Namensänderung- hieß von nun an von Habsburg, zumindest in den Kreisen der Blutelfen und Vampiren- klärten, verließ ich eilig die Kapelle und meine Mutter half mir aus dem Kleid.
Das Unterkleid war genauso wie das Brautkleid, nur ging es nur bis zu den Knien.
"Ich bin so stolz auf dich!", murmelte sie und nahm mich in die Arme. Die ganze Prozedur hatte nur 15 Minuten gedauert.
Ich besah mir den Ehering. Er war silbern mit feinen Gravierungen, in denen nun das Blut unseres Partner heftete und sich nie wieder lösen würde, bis er starb. Was hoffentlich nie der Fall werden würde.
Als ich ins Zelt kam, saßen alle schon auf ihren Plätzen und ließen sich ihr Essen schmecken. Meine Mutter hatte zusammen mit ein paar weiteren Blutelfen und Vampirköchen ein Mahl ausgetüftelt, das allen gerecht wurde.
Ich setzte mich an die hohe Tafel, wo mich mein Schwiegervater umarmte. Dann zog mich Max an sich und küsste mich, dieses Mal noch länger als in der Kapelle.
"Du bist wunderschön", hauchte er an meine Lippen.
"Du auch", murmelte ich und er lächelte.
Die ganze Nacht über wurde gefeiert und getanzt, als der Morgen anbrach zogen sich die Vampire in die Gruft unter dem Schloss zurück, wo genügend alte Särge standen.
Max und ich gingen eng umschlungen in das Schlafzimmer, das für uns hergerichtet worden war.
Erschöpft setzte ich mich auf die Bettkante.
"Zufrieden meine Teuerste?", fragte Max und setzte sich neben mich.
"Noch nicht ganz", meinte ich grinsend und küsste ihn. Langsam begann ich, ihm seine Sachen auszuziehen.
"Wo gehen die Flitterwochen genau noch mal hin?", fragte er mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Rumänien oder Sibirien. Je nachdem."
Ich grinste breit, während er mich in die Kissen drückte.
Dieser verfluchte, idiotische Vampir! Ich liebte ihn einfach über alles!</font

Impressum

Texte: n.nomido und verval
Bildmaterialien: verval
Tag der Veröffentlichung: 19.04.2012

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