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Leseprobe

Stine Stoltenberg

 

 

 

Die Kinderperspektive

 

 

Gesprächstoff zum

Schutz der Jüngsten

 

 

 

 

 

 

 

WIDMUNG

 

Für Jürgen in Liebe
Für Gesa in Dankbarkeit
Für Elke in Verbundenheit

Inhaltsverzeichnis

 

Widmung

Vorwort

 

Die Kinderperspektive

Vorwort

von Jürgen Stoltenberg

Wenn ich mit meiner Frau Stine durch eine Einkaufspassage gehe, bleibt sie manchmal abrupt stehen und wendet sich dann spontan in eine Richtung. Ihre Aufmerksamkeit wird nicht von bunten, attraktiven An­geboten geweckt, sondern Stine folgt dem Weinen eines Kindes. Beim Kind und seiner erwachsenen Begleitung angekommen, bietet meine Frau je nach vorgefundener Situation ihre Hilfe an oder – falls die Großen am Kleinen zerren, es anbrüllen, schlagen oder in seiner lauten Not komplett ignorieren – versucht sie die Situation für das Kind zu entschärfen. Dabei trifft Stine auf extrem unterschiedliche Reaktionen der Erwachsenen. Und ich beobachte die Szene und spüre die Aufregung und Not meiner Frau, während sich Stine längst in die Aufregung und Not des Kindes hineinversetzt hat. Meine Frau beurteilt die Situation aus der Kinderperspektive und ich verstehe ihren Wunsch, dass sich möglichst alle Erwachsenen in die oft hilflose und leidvolle Position von Kindern einfühlen und daraus Konsequenzen ziehen sollten.

Deshalb bitte ich Sie, liebe Leserin und lieber Leser, lassen Sie die folgenden Zeilen auf sich wirken, auch wenn Sie eventuell irritiert sind oder sich kritisiert fühlen. Stine hat nach einer lesbaren Form gesucht, in der aufrüttelnde Gegenwartsbeschreibung und provokante Ideen gleichermaßen einen Platz finden und das ist ihr – so finde ich – mit dieser eigenwilligen Interview-Geschichte sinnstiftend gelungen. Dabei erhebt sie keinen Anspruch auf die einzig richtige Art, sich in Kinder hineinzuversetzen und sie zu begleiten.

Bitte lesen Sie den Text auch gegen eventuelle Widerstände bis zum Ende und verstehen Sie ihn als Beitrag zur notwendigen Diskussion, auf die hoffentlich eine Verhaltens- und Bewusstseinsänderung zum Wohle von Kindern folgt.

 

Preetz im Februar 2019

 

Die Kinderperspektive

Irgendwie war das Gespräch, von dem ich euch berich­ten möchte, von Anfang an seltsam. Eigentlich sammelte ich wieder einmal Stoff für meine Geschichten. Aber nun brenne ich darauf, euch brühwarm alles zu erzählen, bevor ich beispielsweise aus der Idee »Psycho-Inkasso« – dies ist eine Wortschöpfung meiner Interview-Partnerin – einen Roman oder eine Erzählung verfasse. Ich bin sehr gespannt, wie ihr darüber denkt, was diese Frau so von sich gab.

Wir hatten es uns gerade in den großen, bunten Ohrensesseln in meinem Arbeitszimmer bequem gemacht, die ich für Gespräche und Befragungen besonders gern nutze, als die Besucherin mein kleines Aufnahmegerät von der Sessellehne fischte und hinter ihrem Rücken verschwinden ließ. Sie erklärte mir ihr Verhalten damit, dass sie über Sachverhalte und Taten sprechen werde, die allgemein als außerhalb der Legalität gälten, und sie ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter und sich selbst nicht durch Tondokumente gefährden wolle. Deshalb werde sie auch nur ungenau über die Aktivitäten berichten, indem sie vieles aussparen, aber auch einiges dazu erfinden werde. Alle Zahlen aber, Fakten und Statistiken, die sie nennen werde, beruhten tatsächlich auf der gut recherchierten Realität. Wir vereinbarten, dass auch ich strikt auf Anonymität und Verfremdung achten würde und vor einer Veröffentlichung die Freigabe des Textes durch die Dame einzuholen hätte. Arglos und neugierig stimmte ich zu.

Nun erhob sich meine Gesprächspartnerin, schloss energisch die Zimmertür und setzte sich mir wieder gegenüber. Die Atmosphäre wurde immer geheimnisvoller und konspirativer. Ohne jede Einleitung stellte mir die Dame nun eine Fülle sehr persönlicher Fragen. Was mein Motiv sei, mit ihr sprechen zu wollen, was mich antreibt, mich freut und mich ängstigt, was ich für Vermutungen darüber habe, weshalb Menschen Gefühle besitzen und weshalb den Verstand und letztlich nach nichts Geringerem als nach meiner Auffassung, worin für mich der Sinn des Lebens besteht.

Ehrlich gesagt war ich nicht nur verblüfft, sondern fing an, mich zu ärgern. Ich wollte ein Interview führen und nicht meinerseits befragt werden. Als ich gerade nach Luft schnappte, um die Verhältnisse in meinem Sinne wieder gerade zu rücken, hatte ich FRAU Z.s Prüfung irgendwie bestanden und mit einem: »Was wollen Sie nun also von mir erfahren?«, ebnete sie mir den Weg zu meiner ersten Frage:

 

ICH: Wie funktioniert Ihre Arbeit oder Ihr geheimnisumwittertes System, von dem nur so selten etwas in die Öffentlichkeit dringt? Sie nennen es – so hörte ich – eine Bewegung, die mit dem Begriff »Kinderperspektive« in Verbindung gebracht wird.

FRAU Z.: Details werde ich Ihnen nicht offenbaren kön­nen, aber in groben Zügen passiert Folgendes: Kin­der berichten uns über alle verfügbaren Kanäle von anderen Kindern,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Stine Stoltenberg
Cover: Verlag Monika Fuchs
Lektorat: Verlag Monika Fuchs
Satz: Die Bücherfüxin
Tag der Veröffentlichung: 17.05.2019
ISBN: 978-3-7487-0395-2

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Stine Stoltenberg, Dipl.-Soziologin, nutzt ein ungewöhnliches Format in der Hoffnung, die öffentliche Debatte zum Kinderschutz an­zufeuern: In einem span­nungsreichen In­ter­view wird die erschüt­ternde Gegenwart skizziert und lie­be­voll-radikalen Utopien ge­­genübergestellt, um Erwachsene wachzu­rüt­teln und in die Kinderperspektive schlüpfen zu lassen.

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