Hallo lieber Leser!
Es freut mich sehr, dass du dich dazu entschieden hast, mein erstes vollendetes Buch zu lesen. Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und würde mich glücklich schätzen, wenn du einen kleinen Kommentar hinterlässt und mir so die Chance gibst, mich zu verbessern!
Liebe Grüße,
das Häschen
„Hatte ich es wirklich dermaßen versaut? Hatte ich alles zerstört, was er hatte? Das war das, was er mir entgegen schrie, als ich vor seiner Haustür stand und um Einlass gebettelt hatte. Sein Gesicht war wutverzerrt und verzweifelt gewesen, am liebsten hätte ich ihn einfach in meine Arme gerissen und geflüstert, dass ich den, der ihm das angetan hat, umbringen würde. Doch das ging nicht, denn dieser jemand war ich.
Seufzend raufte ich mir meine blonden Haare und ließ meinen Kopf in den übergroßen lila Schal sinken - ein Geschenk von ihm. Eigentlich fand ich ihn grässlich, aber sein herber Duft heftete daran und ohne diesen, fühlte ich mich leer.
Allein. Würde dieses Gefühl zum Alltag werden, so wie er es einmal gewesen war?“
Verärgert schüttelte ich den Kopf, las mein Werk nochmals durch und drückte schließlich auf 'Entfernen'. Seit Tagen ging das jetzt schon so, ich fing ein neues Buch an und konnte meine eigenen Worte nicht ertragen, so schlecht waren sie.
Sie sagten Nichts aus, nichts davon schien etwas mit der Realität zu tun zu haben. Und das stimmte auch. Woher sollte ich denn wissen, wie es sich anfühlte, einen Jungen zu lieben? Ich war doch stockhetero! Und sowieso hatte das alles doch gar keinen Sinn.
Wieso setzte ich mich überhaupt so unter Druck? Keiner würde Luftsprünge machen, wenn eines meiner Werke im Internet zu lesen wäre, keiner würde sehnsüchtig auf eine Fortsetzung warten und vor allem würden die niederschmetternden Kommentare mich noch weiter herunterziehen. Und wo wäre ich dann? Am Nullpunkt?
Ich sollte mir nichts vormachen, Boyslove war zwar ein gut besuchtes Genre, aber ich wollte nicht wirklich riskieren, dass irgendjemand herausfand, dass ich Schwulen-Romane schrieb!
Seufzend klappte ich meinen alten Laptop zu und hievte mich aus dem dicken schwarzen Ledersessel, der bereits seit Ewigkeiten hätte entsorgt werden müssen. Der Stoff war verschlissen, die Federn gebrochen. Doch solange er nicht zusammenkracht, erfüllt er noch seinen Zweck, pflegte meine Mutter stets zu sagen.
Ich schlenderte von dem kleinen Büro in mein eigenes Reich, das jediglich aus einem engen Jugendbett und einem Holzschrank bestand. An den Wänden klebten unzählige Poster von meinen Kinderhelden, die mir in stolzen Posen entgegen blickten. Ich brachte es nicht fertig, sie endgültig abzuhängen.
Warum auch? Niemand kam je her und daher waren sie nichts, wofür ich mich schämen müsste. Wenigstens ein Vorteil daran, ein Mensch ohne Freunde zu sein, dachte ich spöttisch und ließ mich auf mein ungemachtes Bett fallen. Die Tür stand einen Spalt auf und wehte einen schmackhaften Geruch herein.
Der Duft von frischgebackenem Apfelkuchen schwebte in der Luft und ich überlegte kurz, herunter zu gehen, um mir ein Stückchen davon zu schnappen, doch dann dachte ich an die große Zahl, die heute Morgen im Bad auf der Waage geprankt hatte und verzog missmutig mein Gesicht.
Ein Problem, dem ich mich vielleicht annehmen sollte. Bald würde es Sommer werden und die Blicke der anderen auf meinem entblößten Körper beim Schwimmunterricht würde ich kein weiteres Jahr ertragen können.
Wütend sah ich auf den kugelförmigen Bereich vor mir, der sich Bauch schallte. Irgendwann mal, vor Jahren, waren dort Muskeln zu sehen gewesen. Doch das war schon so lange her ...
Ich schüttelte mahnend den Kopf und verdrängte meinen Selbsthass für einen Moment, um mich den anstehenden Hausaufgaben zu widmen. In Englisch stand ich mündlich auf einer vier minus und die würde ich nur mit schriftlichen Leistungen ausgleichen können.
Stöhnend richtete ich mich auf und zog aus der kleinen, braunen Schultasche ein türkises Heft heraus, auf dem vier Jugendliche freudestrahlend in eine Kamera blickten. Alle in der neusten Mode, alle schlank und rank und alle wirkten sie glücklich. Knurrend schmiss ich es in die Ecke.
Selbst die Schulaufgaben, würden mir keinen ruhigen Moment gönnen. Überall hielt man mir vor Augen, dass ich nicht normal, dass ich zu dick, zu hässlich, zu anders war. Konnten die mich nicht einfach alle in Ruhe lassen? Resigniert schloss ich meine Augen.
Ein nasses Etwas an meinen Zehen ließ mich aufblicken, dann spürte ich schon, wie weiches Fell meine Haut berührte. Sanft hob ich meine Finger und ließ sie durch das schneeweiße Pelz gleiten, das meiner Lieblingskatze Räuber Hotzenplotz gehörte. Der Name war auf das Buch zurückzuführen, das ich gelesen hatte als wir das kleine Ding bekamen.
Dass sie kein Kater war, störte mich dabei wenig und meine Eltern hatten vorbildlich geschwiegen, als ihr Sohn stolz wie Oskar die Treppe runterstürmte und ihnen den Namen präsentierte, der ja so gut zu ihr passte.
Nun gut, nach all den Jahren konnte man nun wirklich nichts mehr daran ändern. Außerdem zeigte sich bald, dass Räuber Hotzenplotz gar nicht so verkehrt war, denn die Kleine war wirklich ein Schlawiner! Andauernd lagen verräterische Federn im Flur und ich wartete noch immer auf den Moment, in dem ich irgendwann die blutigen Reste der Opfer finden würde. Bisher jedoch, hatte sie immer alles verputzt und ich schätzte mich glücklich, keine Eingeweide wegputzen und damit einen Mord vertuschen zu müssen!
„Eddie, Schatz, komm runter, es gibt Kuchen“, schrie meine Mutter mit starkem italienischen Akzent die Treppe hoch. Seufzend versteckte ich mein Gesicht in den blauen Kissen meines Bettes und scheuchte Räuber von meinen Beinen, wo sie es sich gemütlich gemacht hatte.
Ich war gerade wirklich nicht in Stimmung für Auseinandersetzungen mit meiner exzentrischen Mutter, die mir so oder so ein Stücken Kuchen einflössen würde. Also erhob ich mich und schritt langsam die gefliesten Stufen hinunter zur kleinen Küche, die getränkt von dem süßen Duft des Apfelkuchens war.
Auf dem schmalen Glastisch, der als Esstisch diente und von vier Stühlen umringt war, stand ein dampfender Kuchen mit einer dicken Schicht Sahne bedeckt.
Ein erwartungsvolles Ziehen durchfuhr meinen Magen und ich setzte mich mit einem schlechten Gefühl an den Tisch, an dem bereits mein Vater platzgenommen hatte. Wie häufig versteckte er sein Gesicht hinter der heutigen Tageszeitung und gab ab und zu ein unverständliches Genuschel von sich, wenn ihm der Kaffee ausgegangen war. Dann eilte Mum stets mit der Kaffeekanne zu ihm und schenkte ihm ohne Worte nach.
Seitdem er mit seinem Gemüseladen gutes Geld verdiente, hatte er eine weitere Verkäuferin einstellen können, sodass er die Nachmittage mit uns verbrachte, dabei jedoch selten mehr als zwei Wörter sprach.
Meine Mutter öffnete suchend die Besteckschublade und holte den silbernen Tortenheber heraus, den sie unter eines der dicken Stücke schob. Ihr braunes, lang gelocktes Haar, das am Ansatz bereits ergraute, war zu einem lockeren Dutt nach hinten gebunden und ließ ihr molliges Gesicht noch massiger wirken als sonst. Sie wischte sich die Hände an einer blauen Schürze ab, die sie sich zum Backen um den Hals gehangen hatte, und nun achtlos auf einen rumstehenden Stuhl warf.
Das darunter zum Vorschein kommende rosa T-Shirt stand in einem harten Kontrast zu ihrer braunen Haut, die sie auch mir weitervererbt hatte und von unserer Herkunft zeugte. Im Gegensatz zu meinem deutschen Vater, war Mum in Italien aufgewachsen und hatte ihre kleines Dorf bis zu ihrer Heirat nie verlassen.
Die Augen auf mich gerichtet reichte sie mir ein Stück des Kuchens und tat sowohl sich als auch meinem Vater davon auf. Ich bemühte mich langsam und kontrolliert zu essen, doch der Hunger schien es geradezu in mich hineinzutreiben. Dabei war ich doch so gar nicht ausgehungert, dachte ich seufzend und ließ die Gabel klirrend auf den nun leeren Teller fallen.
„Ess noch ein Stück, bambino!“, drängte Mum mich und ja, ich gab seufzend nach. Wieder landete ein Stück auf meinem Teller, den ich mürrisch betrachtete und die Gabel nur zögerlich daran heranführte. Wie ein Mahnschild blitzte mir das Bild der Waage im Innern auf und ich schob den Kuchen mit einem milden Lächeln auf den Lippen von mir.
„Was ist los, Eddie? Keinen Hunger?“, hakte Dad nun skeptisch nach und senkte die Zeitung um ein paar Zentimeter, sodass er mich über deren Rand hinweg fixieren konnte.
Ich nickte hastig und erhob mich vom Stuhl, der auf den schwarz-weiß karierten Fliesen unangenehm quietschte, bevor ich mich mit irgendeiner lahm dahergemurmelten Entschuldigung wieder auf mein Zimmer begab.
Seufzend ließ ich die Zimmertür in den Rahmen fallen und mein Körper schmiegte sich grübelnd an deren kaltes Holz. Es war so albern, als würde der Verzicht auf dieses eine Kuchenstück irgendwas an dem hier ändern, dachte ich bitter und blickte sowohl mich, als auch meine Umgebung an. Alles sah nach einem typischen Außenseiter aus. Die kindischen Bilder an den Wänden, das geradezu klinisch saubere Zimmer, die vielen Bücher und dann noch mein 'Hobby'.
Mein Blick richtete sich auf einen Ordner, indem sich zahlreiche bekrakelte Zettel befanden, mit Geschichten, die irgendwann aus meinem Kopf entsprungen waren. Keine davon wurde je von jemand anderem als mir gelesen, aber das Gefühl, einfach alles gehen zu lassen, auszudrücken, wofür ich im realen Leben keine Worte finden würde ... Unbeschreiblich.
Meine Hand fand automatisch den grauen Aktenordner, zog ihn aus dem Regal und öffnete schwungvoll den unbeschrifteten Deckel. Sanft fuhr ich mit meinen Fingerspitzen über die Wörter, las einige Sätze, schwelgte ein paar Minuten lang in süßen Erinnerungen.
Auch wenn sie niemand zu Gesicht bekommen würde, sie waren trotzdem ein Teil von mir und egal, wie schwer es mir fiel, das zu akzeptieren, sie würden es auch immer bleiben.
Es war ein peinliches Hobby, etwas das ich nicht zugeben würde, wenn mich jemand danach gefrägt hätte, denn wer wollte schon gerne der Möchte-Gern-Schriftsteller sein? Die andern hatten schon genug Stoff, um mich zu hänseln!
Seufzend stellte ich den Ordner wieder an seinen Platz und schlüpfte aus meinem zu großen, schwarzen T-Shirt und aus der zu engen Jeans, die wie eine zweite Haut an mir klebte und deshalb fein säuberlich im Schrank verstaut wurde. Nur mit einer Boxer bekleidet, setzte ich mich aufs Bett und schaltete den Fernseher ein. Irgendeine Talkshow lief gerade und ich entspannte mich ein wenig.
Das Geschrei beruhigte meine Nerven und ich konnte abschalten, einfach an nichts denken. Die Decke unter mir schmiegte sich angenehm an meine Haut und ich kroch darunter, um mich von der aufkommenden Wärme einlullen zu lassen.
Ein kleines Nickerchen konnte nicht schaden. Vor allem, da ich morgen eine unangenehme Aufgabe zu erledigen hatte, war mein letzter Gedanke, bevor ich meine Augen schloss und in kauzige Träume abdriftete.
Mit energischen Schritten, lief ich die engen Straßen entlang, Kopfhörer in den Ohren, die Musik auf volle Lautstärke gedreht. Meine Schuhe klapperten auf dem nassen Asphalt und ich wich mit kleinen Hüpfern Pfützen aus, die sich in regelmäßigen Abständen gebildet hatten. Das Verkehrsrauschen drang zu mir durch, gleich würde ich an die Hauptverkehrsstraße kommen.
Der Wind wehte kalt durch mein schwarz gelocktes Haar und ich schloss träge die Augen, genoss die Musik noch einen Moment, bevor ich sie wohl oder übel ausstellen musste, wenn ich nicht wollte, dass mein Mp3-Player einkassiert wurde.
Die Nacht war lang gewesen, ich hatte so gut wie schon seit Ewigkeiten nicht mehr geschlafen. Ein seliges Lächeln hatte sich seit heute Morgen auf meine Lippen gelegt und ein Gefühl von Zufriedenheit machte sich in mir breit. Es wirkte so, als würde mich heute nichts aus der Fassung bringen können.
Das kalte graue Gebäude erschien in meinem Blickfeld und ich steuerte mit einem gemächlichen Tempo darauf zu. Zahlreiche Schüler tummelten sich trotz der Uhrzeit noch bei den Fahrradständern herum oder lehnten an den Gebäudewänden, um eine Zigarette zu rauchen. Andere schienen nicht wirklich bedacht darauf zu sein, heute noch in den Unterricht zu kommen.
Ich verschnellerte meinen Schritt etwas und rückte meine Tasche zurecht, die sich unangenehm in meine Brust schnitt und mir die Luft abschnürte. Ich sah, wie Lehrer bereits auf den Fluren umherirrten, ab und zu einen Schüler zurechtwiesen und mit dem Kollegen ein Schwätzchen hielten. Ich sollte mich beeilen, wenn ich nicht zu spät kommen wollte ...
Eine Hand legte sich auf meine Schulter und zog mich mit einem kräftigen Ruck zurück, sodass ich fast das Gleichgewicht verlor. Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich schielte nervös über meine Schulter in das Gesicht eines Jungen.
Seine blonden Haare waren streng zurück gegelt und eine große schwarze Brille trohnte auf seiner krummen Nase, die in dem maskulinem Gesicht meines besten Freundes völlig fehl am Platz wirkte. Er war groß, muskulös, und ein notorischer Schwänzer.
„Was machst du hier, Eddie?“, fragte er verärgert und zog genüsslich an seiner Zigarette, seine Hand hatte er wieder fallen gelassen. Ich verdrehte genervt die Augen. „Ich geh zur Schule, wie jeden Montagmorgen“, antwortete ich sarkastisch und ließ meine kalten Finger in die Jackentaschen gleiten.
„Ich dachte, wir könnten uns heute abseilen.“ Mit einem Schnippsen landete die Kippe auf den Steinen und er trat mit der Fußspitze darauf herum, sodass sie nur noch aus schwarzem Pulver und einem kleinen orangen Körper bestand, der nun platt am Boden heftete.
Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Wenn ich doch nur könnte ... „Ich hab heute das Referat, ich darf nicht fehlen, sonst verpasst mir der Krause ne fünf!“, maulte ich genervt und öffnete die braune Tür zur Schule, um ins Warme treten zu können, dicht gefolgt von Matze, der nun missmutig das Gesicht verzog.
Wann wir uns angefreundet hatten, wusste ich nicht mehr genau, nur, dass er mein einziger Freund war und wir uns komischerweise ziemlich gut verstanden. Trotz unserer Unterschiede.
Wenn Matze gewollt hätte, könnte er genauso gut zu den Beliebten gehören, doch die Meinungen anderer und Menschen im Allgemeinen, schienen ihm nicht viel zu bedeuten. Außer ich und das verwunderte mich umso mehr.
„Der Krause ist scheiße, ich hab kein Bock auf sein Geschwafel, lass uns blau machen“, drängte er wieder und legte lässig einen Arm um meine Schulter, die unter der Last merklich nach unten sackte.
„Matze, lass das“, jammerte ich und versuchte mich von ihm los zu machen, doch er hielt mich eisern gefangen.
„Nur, wenn du mitkommst.“ Seufzend biss ich auf meine Unterlippe und nickte verärgert.
„Ist ja gut, lass uns abhauen, bevor uns irgendjemand erwischt“, flüsterte ich zornig und zog ihn an seinem Unterarm in die entgegengesetzte Richtung nach draußen.
Ich würde ziemlich viel Ärger bekommen, sollte das jemand spitz kriegen. Andererseits hatte ich nicht viel Lust auf das Referat. Das war auch der einzige Grund, warum ich mich hatte breitschlagen lassen. Die ganzen Blicke auf mir zu spüren... Angeekelt schüttelte ich mich.
Matze lachte auf und schlug freudig in die Hände, was in seinem Alter einfach nur albern wirkte. Vielleicht sollte ich ihm zum Geburtstag ja ein Bobycar schenken? Würde sicher zu ihm passen ...
„Glaub jar nicht, dass das zur Gewohnheit wird!“, knurrte ich und war froh, als wir unbemerkt wieder vom Schulgelände geflohen waren. Schweigend schlugen wir den Weg in Richtung Stadt ein. Vorbei an besprayten Mauern und hupenden Autos schlängelten wir uns durch die stark befahrenen Straßen. Klingelnde Fahrräder sausten an uns entlang und ich blieb ab und zu an Schaufenstern stehen, um das Angebot zu begutachten. Auch wenn die Idee mit dem Bobycar ungeeignet war, benötigte ich dringend ein Geschenk für meinen besten Freund.
Matze schien sich ganz auf sein Handy zu fixieren, was mir nur recht war. Besonders gesprächig bin ich noch nie gewesen und ich brauchte alle meine Gehirnzellen, um ein passendes Geschenk für ihn zu finden.
Zitternd streckte ich meine Finger aus und verfluchte mich dafür, heute Morgen keine Handschuhe mitgenommen zu haben, denn die Haut hatte sich bereits blau verfärbt und fühlen konnte ich nichts mehr.
„Hier.“ Der Blonde reichte mir ein Paar flauschige Handschuhe und ich zog sie hastig über. Dass er dadurch keine mehr hatte, ignorierte ich gekonnt, schließlich war er Schuld an der ganze Misere, dachte ich schmunzelnd und beobachtete, wie er immer wieder etwas in das kleine Smartphone tippte. Neugierig war ich ja schon - mit wem er da wohl schrieb?
Unauffällig ließ ich mich ein paar Schritte zurück fallen und spähte über seine Schulter auf das Handy, doch sah nur irgendein Internetforum, das er geöffnet hatte. Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und versuchte zu entziffern, um was für eine Plattform es sich handelte.
„Eduardo, lass das, verdammt!“ Wütend und mit einem merkwürdigen Rotstich im Gesicht, stieß er mir hart in die Rippen und schubste mich damit direkt vor die Füße eines älteren Heeren, der erschrocken aufschrie. Gerade so konnte ich mich noch auf den Beinen halten und verhindern, dass ich gegen den Senioren fiel, der sowieso schon an einem Gehstock ging. Mit meinem Gewicht hätte das böse enden können ...
„Tut mir leid, das wollte ich nicht“, sagte ich schnell, richtete mich auf und eilte mit vor Scheck klopfendem Herzen hinter Matze her, der ungerührt weitergegangen war.
„Was sollte denn das? Bist du bekloppt?“, fauchte ich ihn an und und zog meine Stirn wütend in Falten, während ich meine verrutschte Kleidung richtete. Er zuckte nur nichtssagend mit den Schultern.
„Was glotzt du auch in mein Handy“, murrte er trotzig und schob sich die Brille zurecht, „außerdem ist dir doch eh nix passiert“. Seine blauen Augen schielten kurz zu mir, um seine Aussage abzusichern, doch außer meinem hochroten Gesicht konnte er nichts entdecken. Es war mir peinlich, dass er mich dabei erwischt hatte, aber das kräftige Pochen in meinen Seiten war Zeuge seiner heftigen Reaktion geworden, die für so etwas wirklich übertrieben war.
„Du bist ja nicht davon los zu kriegen. Warum hast du mich dann überhaupt überredet zu schwänzen?“, antwortete ich und senkte meinen Kopf etwas, um diesen vor dem kalten Wind zu schützen und meine verfärbten Wangen zu verstecken.
Matzes Mund setzte zur Antwort an, stockte dann jedoch und ließ es ganz bleiben. Stattdessen kaute er still auf seiner Unterlippe herum. Nachdenklich, wie es schien, fuhr er durch sein blondes Haar, sodass sie in alle Richtungen abstanden und absolut unmöglich aussahen. Am Liebsten würde ich sie ihm richten. Verdammte Komplexe.
„Egal“, seufzte ich schließlich genervt und ein unangenehmes Schweigen machte sich zwischen uns breit, während wir durch die Fußgängerzone liefen.
„Ich krieg Hunger, lass uns was essen“, schlug der Blonde plötzlich vor und meine Mundwinkel sackten endgültig nach unten. Er deutete auf einen Schnellimbiss an der Ecke, der mir nur allzu bekannt vorkam. Mein Stammladen. Jedes Wochenende war ich dort zu Gast, ließ ordentlich Geld da und ging mit einem schlechteren Gefühl von dort nach Hause, als ich gekommen war.
„Ich hab kein Geld dabei“, versuchte ich die Idee abzuschlagen, doch er verdrehte nur die Augen.
„Die 2,50 für nen Döner werde ich schon noch übrig haben“.
Wäre auch zu schön gewesen, wenn es funktioniert hätte, dachte ich spöttisch und leckte erwartungsvoll über meine Lippen. Dann würde ich heute Mittag eben nichts essen!
Der salzige Geruch von Öl und Fett lag in der Luft und mein Bauch knurrte freudig, als ich das Fleisch hinter dem Tresen erspähte, dass gerade in ein knuspriges Fladenbrot gesteckt wurde.
„Eddie, schön dich wieder zu sehen, Junge. Ich hab dich vermisst.“ Lachend schlug mir Erdan auf die Schulter und grinste wie ein Honigkuchenpferd mit Aussicht auf Mandelbällchen. Oder eher auf Geld. Der Vierzigjährige hatte vor drei Jahren den Imbiss eröffnet und was soll ich sagen? Ich war einer seiner besten Kunden ...
In den letzten Wochen hatte ich mich mit dem Fast Food deutlich zurückgehalten und mich nur noch selten blicken lassen, damit die Zahl auf der Waage sank. Richtig geholfen hatte es nicht, aber ich hatte trotzdem ein schlechtes Gefühl dabei, als er mich fragte, was ich haben wollte.
„Das Übliche?“, setze er noch nach und ich nickte, merklich bekümmert. Das Übliche klang es in meinen Ohren nach und ich setzte mich seufzend auf den Barhocker, der vor dem Tresen stand, während ich Matze dabei beobachtete, wie er Erdan einen Zehner in die Hand drückte.
Gemächlich ging er zu mir rüber, steckte das Wechselgeld in seine Hosentasche und ließ sich auf den Nachbarhocker nieder. Die Finger hatte er verschränkt und auf dem Holz des Tresens abgelegt.
Er wirkte gelassen, vielleicht noch etwas niedergeschlagen wegen unserem kleinen Streit, aber er war nicht der Typ dafür, sich lange an etwas aufzuhalten. Deswegen sah ich mich immer als Kopf unserer Freundschaft, als denjenigen, der über alles nachdachte und überlegte. Matze machte einfach, tat was ihm gefiel und versuchte sich nicht für etwas zu rechtfertigen, wie ich es gern tat. Manchmal wollte ich so sein wie der Blonde, einfach unbedacht durchs Leben gehen und ... leben.
Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf, ich machte mir wirklich zu viele Gedanken.
„Tut mir leid. Wegen vorhin ...“, kam es leise von meiner Rechten und ich sah verdutzt zu ihm rüber. Auch wenn er mich nicht ansah, wusste ich, dass er es ernst gemeint hatte.
„Kein Problem“, antwortete ich automatisch und musterte den Blonden noch eine Weile, versuchte sein Aussehen und die Regungen in seinem Gesicht in Worte zu packen. Neuerdings versuchte ich mich daran, lebende Beispiele für meine Charaktere zu finden, was mir merklich schwer fiel. Im wahren Leben war es eben anders, da drückte ein Blick nicht all das aus, was man nicht sagen konnte, da war eine Berührung nur eine Berührung und konnte eher selten als sehnsüchtig definiert werden. Bei mir sowieso schon mal nicht.
„Hier, ein Hähnchendöner spezial und eine Pizza Hawaii“. Erdan setzte zwei Teller vor uns ab und kramte noch Besteck aus der Schublade, an dem noch angetrocknete Essensreste klebten. Gut, dass ich keins brauchte, dachte ich angeekelt und warf Matze einen Seitenblick zu, der ohne zu Murren seine Pizza damit schnitt. Wir hatten eben andere Vorstellungen über Hygiene.
„Eddie?“ Der Türke wedelte mit einer Hand vor meinem Gesicht rum und ich sah etwas verpeilt zu ihm hoch.
„He?“ „Kommst du morgen wieder?“. Gute Frage. Würde ich standhaft genug sein, um mich von hier fernzuhalten? Ich hoffte es, doch um ehrlich zu sein, wusste ich jetzt schon, dass das nichts bringen würde.
„Mal gucken“, murmelte ich also und nahm den ersten Bissen von meinem Döner. Saftig rann mir der Saft die Kehle runter und der Geschmack des Fleisches lag schwer auf meiner Zunge.
Ich würde mich definitiv nicht davon abhalten können, hier vorbei zu schauen, dachte ich mürrisch und biss mir auf die Zunge. Aua. Ich verzog meinen Mund.
„Schmeckts nich'?“, fragte Erdan sofort, doch ich schüttelte nur wortlos den Kopf. Wäre ja auch noch schöner.
Ächzend stieß ich meinen Atem aus, der in der eisernen Luft weiße Wolken bildete, als Matze seinen schweren Arm auf meine Schulter legte und mich näher an seinen Körper zog.
„Ach komm schon, Eddie, hör auf zu schmollen und lass uns endlich was machen, mir ist langweilig.“
Er lächelte aufmunternd und schien nicht genau zu wissen, wie er mich fröhlich stimmen könnte.
Wir waren gerade aus der stickigen Dönerbude entflohen, welche nun gute 200 Meter zurücklag, zusammen mit meinem gebrochenen Versprechen an mir selbst.
Ich versuchte ein vernünftiges Lächeln Zustande zu bringen, doch so richtig schien es nicht zu klappen, denn der Blonde stöhnte genervt auf und ließ mich los.
„Ist es immer noch wegen vorhin? Du bist aber auch nachtragend!“, meckerte er und vergrub seine nackten Finger in der engen Jeans. Ich hatte noch immer seine Handschuhe, fiel mir dabei auf.
„Nein“. Ich schaute durch meine Haare hindurch hoch zum strahlend blauen Himmel, der so aussah, als könnte er kein Wässerchen trüben. So klar und rein.
„ ... ich weiß echt nich, was mit dir los ist“, endete Matze und sah mich eindringlich an. Ich hatte nur mit halbem Ohr zu gehört, aber anscheinend machte er sich Sorgen um mich. Komisch, sonst machte er sich doch auch keine Gedanken.
Nicht, dass ich ihn nicht mochte, im Gegenteil, aber ich hatte nie den Eindruck, dass ich für ihn mehr war, als der Lückenfüller für seine sozialen Bedürfnisse. Letztendlich trafen wir uns ab und zu, unterhielten uns gut und mussten so nie alleine auf dem Schulhof stehen.
Eine Zweckbeziehung, so dachte ich, würde er es sehen.
War es etwa anders?
„Warum denkst du darüber nach?“, fragte ich resignierend und hob meine Augenbrauen. Er sah mich verdutzt von der Seite an und wurde tatsächlich rot um die Nase. Roter als nur von der eisigen Kälte.
„Wir sind Freunde.“ Schulterzuckend sah er schnell wieder geradeaus. „Sonst machst du dir aber auch keine Gedanken um mich, außerdem ...“
„Das stimmt doch gar nicht!“, unterbrach er mich harsch und runzelte die Stirn, sodass sie gänzlich in Falten lag. „Du tust grad so, als wärs 'nen Weltwunder, dass ich nicht nur an mich, sondern auch an meinen Freund denke“.
Ich seufzte leise und schluckte meine aufkommenden Worte hinunter. Heute schwebte eine nervige Spannung zwischen uns, hätte ich mich doch bloß nicht von ihm hierzu überreden lassen.
„Tut mir leid, ich bin heute wohl nicht so gut drauf.“ Er kratze sich am Hinterkopf. „Das ist ja wohl untertrieben.“ Wir schwiegen ein Weile, bevor er wieder zum Sprechen ansetzte.
„Ach, verdammt, ich wollte eigentlich mit dir reden, aber ... “ Er lachte und schniefte gleichzeitig.
Meine Augen wurden groß und ich wollte mich am liebsten im nächsten Gebüsch verstecken. Warum fing er denn jetzt an zu heulen?
„Hau raus!“ Meine Stimme versagte in der Mitte und ich war mir fast sicher, dass ich gar nicht hören wollte, was er zu sagen hatte.
„Lass uns zu mir gehen, ja?“ Unsicher sprangen seine Augen von einem Passanten zum Andern. Ich nickte und schluckte trocken, während wir die wenigen Blocks zu den Neubauwohnungen gingen, in der auch Matzes Dad ein paar Quadratmeter gemietet hatte. Von außen war das Gebäude recht schlicht und auch das Treppenhaus war nicht besonders ansehnlich.
Durch den Schlamm draußen, war der billige Linoleumboden total verdreckt, daran änderte auch die kleine Matte am Eingang nichts, die eigentlich dafür gedacht war, den Dreck unter den Schuhen aufzufangen. Ich gab mir Mühe, die Sohlen meiner alten Treter zu säubern, obwohl es den Kohl wahrscheinlich auch nicht mehr fett machen würde, doch ich hörte in meinem Kopf bereits die tadelnde Stimme meiner Mutter, sodass ich mich beeilte, Matze hinterherzukommen, der währenddessen schon eine ganze Treppe erklommen hatte.
Der Aufzug hier im Haus war praktisch dauerdefekt und auch dieses Mal klebte ein Zettel an der Tür „Benutzen Sie während der anstehenden Reparaturen die Treppe“. Ich persönlich hatte noch nie jemanden an dem alten Ding werkeln sehen, aber ich war nicht allzu oft hier, also konnte ich mir eh keine Meinung erlauben.
Der Blonde angelte in seiner Jackentasche bereits nach dem Haustürschlüssel, den er, endlich gefunden, ins Schloss schob und wenige Sekunden später die Tür öffnete, sodass ein schmaler Flur zum Vorschein kam. An den gelblichen Wänden hingen Kinderfotos, unteranderem auch von Matze, die ich etwas genauer unter die Lupe nahm, während mein Freund sich aus den Klamotten schälte.
Ich wusste nicht, welcher von den fünf Bengeln er war, dazu sahen sie sich alle zu ähnlich, aber ich hatte einen etwas schmächtigen Jungen im Visier, dessen blonder Schopf von einer roten Mütze bedeckt wurde. Konnten das die selben blauen Augen sein?
Ich wendete meinen Blick davon ab und schlüpfte ebenfalls aus meiner extra dicken Winterjacke, die in einem babyblau schillerte. „Damit du nicht verloren gehst“, hatte Mama gesagt und dabei stolz gegrinst. Demnächst würde ich selbst einkaufen gehen!
„Willst du etwas trinken? Wasser, Cola, Apfelschorle?“ „Wasser“, antwortete ich und lächelte dankbar. Er schlenderte in die Küche und kam mit einer großen Wasserflasche und zwei Gläsern wieder, die er mir in die Hand drückte, damit er die große Chipstüte händeln konnte. Wollte mir überhaupt irgendjemand helfen?
Kopfschüttelnd folgte ich Matze in das kleine Zimmer, das er sich mit seinem älteren Bruder Kevin und dem kleinsten aller Jungs, Manu, teilte. Das war einer der Gründe, warum wir uns hauptsächlich bei mir aufhielten, wenn wir uns mal nach der Schule trafen und das Wetter zu schlecht für den Stadtpark war, als das wir draußen bleiben könnten.
Hier in der Wohnung war eigentlich immer was los, nur zwischen 10 und 12 war schicht im Schacht. Dann waren die Großen bei der Arbeit und die Kleinsten in der Grundschule. Ich wusste es nicht genau, aber ich vermutete, dass Matze genau wegen diesen zwei Stunden, nur so häufig wie nötig unsere Klasse von innen sah. In einer Großfamilie war Ruhe eben etwas Seltenes.
Wir setzten uns auf das ausklappbare Sofa, stellten die Sachen auf den kleinen Holztisch vor uns und der Blonde machte den Fernseher an, sodass das Programm nur leise im Hintergrund plätscherte.
„Also?“, fragte ich angespannt und nippte an dem Wasserglas, das er mich reichte, bevor er sich schweigend selbst etwas eingoss.
„Ich ... Ich weiß nicht, wie ichs dir sagen soll, verstehste?“ Zögerlich trafen mich seine Augen und er runzelte angestrengt die Stirn. Ich nickte, auch wenn ich keine Ahnung hatte, von was er da sprach. Er hatte ja sonst auch keine Probleme damit, ehrlich zu mir zu sein. Aber er verhielt sich schon seit ein paar Wochen komisch. Es überraschte mich, dass er mich heute 'eingeladen''hatte, etwas mit ihm zu unternehmen, war er in letzter Zeit doch eher abweisend gewesen.
„Du kennst doch Pascal? Diesen Spasten aus der Parallelklasse?“ Ich nickte und hob verwirrt die Augenbrauen. „Ich hab ihn erwischt. Mit Kevin.“ Er verharrte völlig regungslos und mein Herzschlag wurde sofort um ein dreifaches schneller.
Wir hatten es noch nie über dieses Thema, wenn Matze wüsste, dass ich sogar Boyslovegeschichten schrieb, hätte ich es mir wahrscheinlich total mit ihm vergeigt. Ich wusste nicht, wie er zu Schwulen stand, aber ich hatte ein ungutes Gefühl dabei, ihn danach zu fragen.
„Wir waren auf dem Spielplatz, alle zusammen. Nur Kevin hatte angeblich keine Lust, keine Ahnung, ist Zuhause geblieben. Jedenfalls, als wir wiederkamen, wollte ich ... Ich wollte etwas ausspannen, im Zimmer, und hab die Beiden inflagranti erwischt, wie sie miteinander rumgemacht haben.“
Ich konnte nicht sehen, was für ein Gesicht er machte, wahrscheinlich etwas zwischen angeekelt und wütend. Ich schluckte. Ich war nicht schwul, da war ich mir sicher, aber ich konnte auch nicht leugnen, dass ich durchaus eine Phase gehabt hatte, in der ich daran gezweifelt habe. Eben wegen dem Blonden, der neben mir saß.
„Ich hab ihm versprochen, dass ich nichts zu Dad und den Andern sage und dieser Pascal ist ohne ein Wort einfach abgehauen.“ Seine Stimme klang verächtlich, noch immer konnte ich seine Miene nicht sehen. Verdammt, was wollte er, dass ich sage?
„Und? Hast du ein Problem damit, dass ...“ Er schüttelte den Kopf. „Dass Kevin ne Schwuchtel ist? Ne, hätte mir nur gewünscht, dass er's mir selbst sagt, unter Brüdern sollte so viel Ehrlichkeit drin sein, oder?“
Ich nickte und wusste nicht recht, was ich erwidern sollte. Ich war immer noch mit dem Gedanken beschäftigt, dass Matze nichts dagegen hatte, dass Kevin was mit Pascal, einer Bohnenstange mit mehr Grips als die ganze Familie Kringel zusammen, am Laufen hatte.
Plötzlich drehte er sich zu mir um und sah mir direkt ins Gesicht, die blauen Augen skeptisch zu Schlitzen verzogen. „Du würdest mir doch sagen, wenn du ... du weißt schon!?“
Er zuckte auffordernd mit den Schultern und biss sich auf die schmale Unterlippe. Ich verschluckte mich am Wasser, an dem ich eben noch genippt hatte, und hielt mich prustend an der Armlehne fest, während Matze mir kräftig auf den Rücken schlug. Tränen stiegen mir in die Augen und ich wischte sie mit meinem Ärmel hastig weg, nachdem ich das Glas sicher auf den Tisch gestellt hatte.
Hatte er etwa doch was von meiner vergangenen Schwärmerei mitbekommen? So ungern ich es auch zugab, aber so stockhetero wie ich immer zu sein glaubte, war ich in Wahrheit gar nicht, deshalb klammerte ich mich umso mehr an diese Aussage.
Nach einer Weile hatte ich mich wieder soweit beruhigt, dass ein vernünftiges Gespräch möglich war und meine Atemgänge gefahrlos benutzt werden konnten.
„Und, würdest du?“, fragte er erneut. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass hier unsere gesamte Freundschaft auf dem Spiel stand. Unruhig rutschte ich auf dem Sofa hin und her und fühlte mich augenblicklich unwohl.
„Klar.“ Er grinste zufrieden und griff beherzt in die Chipstüte.
„Dann ist ja gut“.
Ich verkrampfte meine Finger um den schmalen Bleistift in meinen Händen und brach zum zigsten mal die Spitze ab, während ich wie erstarrt auf das halbvolle Blatt blickte und hoffte, es würde sich von selbst füllen wie sonst auch. Heute blieb dieses Gefühl einfach aus, dieses aufgeregte Kribbeln in der Magengegend und auch das Drängen danach, endlich allen Gefühlen freien Lauf zu lassen, fehlte.
Seufzend drehte ich mich mit dem abgewetzten Ledersessel und ließ meinen Kopf in den Nacken sinken, sodass ich nur noch die weiß lackierte Decke sah, die um ihre eigene Achse kreiste.
Vielleicht war Boyslove wirklich kein Genre für mich, dachte ich still, vielleicht fehlte mir dafür einfach das Gespür. Sagte man nicht im Allgemeinen, dass man über Sachen schreiben sollte, die man erlebt hatte oder wenigstens verstand? Das war einer der vielen Tipps aus den Autorenforen, in denen ich mich nach der Schule gerne vergrub. Tja, leider hatte ich so gut wie gar keine Erfahrungen, weder mit Jungs noch mit Mädchen.
Ich gab mir einen Ruck und verstaute das Papier in dem grauen Aktenordner, bevor ich mit diesem bewaffnet den Rückweg in mein Zimmer antrat. Heute würde es wohl nichts mehr werden, es brachte schließlich auch nichts, den restlichen Nachmittag im Büro zu verbringen und auf ein Wunder zu warten.
Ich verstaute den Schnellhefter im Regal, samt den Gedanken, die ich mir unnötigerweise um dieses Thema machte, und schaltete den kleinen Laptop an, den ich zum Geburtstag dieses Jahres geschenkt bekommen hatte.
Die Community war als Startseite eingerichtet, sodass ich als erstes das völlig überfüllte Postfach anklickte, in dem, neben Werbung und Fortsetzungsnachrichten von Büchern, die ich noch nicht einmal las, auch persönliche Mails enthalten waren.
Von: Puschel, Um: 13.12 Uhr
Hey, Eddie, wann geht’s denn endlich weiter? Ich warte schon ganz ungeduldig *rot werd*
Liebe Grüße
Puschel :)
'Puschel' war der Username von Margarete, einer 65-jährigen Rentnerin, die für ihr Leben gern Boyslove-Geschichten las und einer meiner tatkräftigsten Leser war. Sie bezeichnete sich selbst als 'Fangirl'.
Ihr Profil verriet viel zu viel - von ihrer langen Karriere als Kioskbesitzerin, bis hin zu detailierten Äußerungen über ihre Genre-Vorlieben und ihr Leben als 'Girlfag', besser bekannt unter 'Schwule Frau' mit großem 'S'.
Ich gabs nicht gern zu, aber Margarete war mir ans Herz gewachsen, natürlich hatte sie keine Ahnung, dass sie hier mit einem 16 Jahre alten Halb-Italiener sprach (ich achtete sehr auf meine Privatsphäre), aber doch hatten wir eine Beziehung zueinander, die ich nicht missen wollte.
Hastig tippte ich eine lange und ehrlich klingende Entschuldigung mit einer Erklärung, es würde noch ein wenig länger dauern, da ich gerade mitten in einer Schreibblockade gefangen war und nebenbei eine kleine Nachfrage, was ihr Buch betraf.
Sie hatte nicht gerade einen üblichen Schreibstil, unheimlich wackelig und ihre Rechtschreibung war grottig, aber die Idee und die Umsetzung gingen an die Nieren. Sehr gefühlvoll und direkt, das machte 'Puschel' eben aus. Nicht nur deswegen erfreute sie sich großer Beliebtheit auf der Website, sie schien auch so eine Art 'Mutter' zu sein, jedenfalls hatte ich in den Kommentaren schon öfter solche Spitznamen gelesen.
Mit einem Schmunzeln ging ich durch die restlichen Mail, News und Freundschaftsanfragen, ohne jedoch großes Interesse an irgendetwas Bestimmten zu zeigen, bevor ich den Deckel zuklappte und dem Internet damit für heute bye bye sagte.
„Bambino, Telefon!“ Die Stimme meiner Mutter hallte die Treppe hinauf und ich eilte stirnrunzelnd zu ihr hinunter, wo sie mir den schwarzen Apparat in die Hand drückte. „Nicht zu lange!“ Mahnend blickte sie mir nach, während ich mit hochgezogenen Augenbrauen die Stufen in mein Zimmer bestieg.
„Hallo?"
„Matze hier, sag mal, hast du grade Zeit? Kevin und Pascal haben das Zimmer besetzt und ich will mir das nich' unbedingt reinziehen, wenn du verstehst, was ich meine“. Im Hintergrund hörte ich lautes Gekreische, Kinderlachen und eine herrische Stimme, die alle zur Vernunft aufrufen wollte.
Ich verstand und konnte nichts gegen das Kopfkino tun, in dem ich die dürre Bohnenstange aus der Parallelklasse auf Kevins muskulösen Oberkörper sitzen sah, total fokussiert auf die Machenschaften seiner Hände, die das Zentrum des Älteren bearbeiteten. Ich räusperte mich, ehe ich leicht nickte und für ihn ein „Klar, komm vorbei“ aussprach. Das wars. Zwei Minuten Telefonat, das Erste überhaupt diesen Monat.
Ich schluckte den Klos in meinem Hals hinunter und zwang mich, mein Bett zu richten, den Schreibtisch auszuräumen und noch einmal durch meine Haare zu kämmen, die in schwarzen dicken Strähnen bis knapp über meine Ohren reichten. Matze kümmerte sich zwar nicht großartig um Unordnung und noch weniger über das Aussehen anderer, aber ich fühlte mich unwohl bei dem Gedanken, jemanden in mein dreckiges Zimmer zu lassen und dabei auch noch selbst schäbig auszusehen.
Meine braunen, großen Augen folgten im Spiegel all meinen Bewegungen und ich strich noch einmal prüfend über meinen dunkelroten, langärmligen Pullover mit dem weißen Saum und dem Umriss eines angebissenen Apfels, den ich ebenfalls zum Geburtstag bekommen hatte. Nichtssagend und schlicht. Erleichtert seufzte ich und entfernte mich von der kleinen Glasfläche, die in den Kleiderschrank eingelassen war.
Es würde nicht mehr lange dauern bis Matze klingeln würde, der Weg von ihm zu mir kostete vielleicht 10 Minuten, wenn man keine Umwege machte. In den letzten Tagen hatten wir uns schon oft getroffen, meist da sein Zimmer zu einem „Puff“ seines Bruders geworden war und die anderen Räume von nervigen kleinen Kindern besetzt wurden. Ich hatte schon des öfteren gegrübelt, warum das letztere ihn erst jetzt zu stören schien, sonst hatte er sich ja auch nie darüber beschwert.
Ich verzog etwas den Mund und stellte mit der Fernbedienung den Flachbildfernseher an der Wand ein, verringerte aber den Ton, sodass das Programm genauso vor sich hinplätscherte wie vor einer Woche bei dem Blonden, als er von Kevin und Pascal berichtete. Noch immer stockte mir der Atem, wenn ich darüber nachdachte, dass die Beiden tatsächlich etwas miteinander am Laufen hatten.
Sie passten ja mal so gar nicht zusammen. Während Pascal den Grundsatz eines Nerds verkörperte, war Kevin doch eher der Schlägertyp, natürlich nur vom Auftreten her, wirklich gewalttätig wurde er nur, wenn irgendjemand ein Problem mit der Großfamilie Kringel hatte, was selten vorkam. Beide waren gutaussehend, auf ihre Weise, wobei ich Kevin Pascal eindeutig vorzog, der dünne Spagelphillip war eher nichts für mich, obwohl seine Brille schon süß war ...
Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken zu vertreiben und nahm mir vor, meine Fantasien für das Schreiben zu nutzen, anstatt sie mitten am Tag zu verschwenden, sonst würde ich nie in die Pötte kommen mit meiner Geschichte.
Ein lautes Surren von unten kündigte Matzes Ankunft an und ich hievte mich vom Bett zum Fuß der Treppe, während meine Mutter bereits freudig die Tür öffnete und den großen Blonden zur Begrüßung in ihr kräftigen Arme zog. „Vieni, tesoro! (Komm rein, Süßer!)“
Matze, der das Italienisch von Mum richtig gedeutet hatte, trat, von der Offenherzigkeit offensichtlich eingeschüchtert, in den Flur und schlüpfte aus den blauen billig-Sneakern, die wahrscheinlich aus dem Discounter stammten, bevor er mit einem sanften Lächeln auf den Lippen die Stufen zu mir hochstieg und mir die Hand reichte, die ich sporadisch abklatschte und mir gleichzeitig wünschte, ich könnte seine warme Haut noch ein wenig länger auf meiner spüren.
Ein Überbleibsel aus meiner vergangenen Schwärmerei, sagte ich mir immer, weswegen ich meinen besten Freund auch so gut es ging auf körperlichem Abstand hielt, damit ich nichts Verräterisches tun könnte, wie zum Beispiel seine spröden Lippen zu küssen, um herauszufinden, ob sie sich genauso hart anfühlten wie in meinen nächtlichen Träumen.
Er legte den Kopf schief, als ich nur erstarrt dastand und in seine eisig blauen Augen sah, die trotzdem unheimlich warm und einladend wirkten. Hastig ging ich voraus in mein Zimmer und nahm auf dem schmalen Jugendbett Platz, das direkt unter einer nervigen Schräge stand, sodass man sich auf die Kante setzen musste, um mit dem Kopf nicht an die Decke zu stoßen. Doch selbst wenn Matze dies tat, berührten viele seiner blonden Haare die Tapete und das ein oder andere Mal hatte er bereits schmerzhafte Bekanntschaft damit gemacht.
„Tut mir leid, dass ich mich schon wieder hier einquatiere, aber Zuhause ist es kaum auszuhalten. Die Beiden machen anscheinend absichtlich die ganze Zeit rum, um mich loszuwerden, anders kann ich mir Kevins Verhalten nicht erklären“, knurrte er und es war ihm anzusehen, dass es ihm nicht passte, aus seinem eigenen Reich vertrieben zu werden. „Jetzt, wo ich von ihnen weiß, gibt’s keinen Grund mehr sich zurückzuhalten. Die Kleinen kommen nicht ins unser Zimmer, außer Manu, aber der ist ja eh die ganze Zeit bei Freunden“.
„Sturmfreien Bude also“, antwortete ich nur und er nickte, während er gleichzeitig die Augen über die Vernarrtheit seines Bruders verdrehte.
„Scheint, als wäre er ziemlich verknallt in den Typen.“ Mit den Schultern zuckend schlüpft er aus der schwarzen Adidas-Trainings-Jacke und legt sie unordentlich aufs Bett, sodass er nur noch ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck 'Let's f**k' trug.
Eigentlich stand ihm dieses Macho-Gehabe überhaupt nicht, meines Wissens nach, hatte er erst eine Freundin - Janine. Sie war in der selben Klasse gewesen wie wir, aber nach der Neunten weggezogen und seitdem war Matze Single und schleppte nur ab und zu eine Frau in diversen Clubs ab.
In den letzten Monaten hatte aber auch dieses Verhalten abgenommen, bis er schließlich gar nicht mehr weg ging, außer das eine Mal, als er mich zu der Party eines Kumpels seines Bruders mitgeschleift hatte. Ich könnte mich immer noch schütteln, wenn ich daran dachte. Zu viel Alkohol und zu viele mir unbekannte Menschen waren nichts für mich, definitiv das einzige Mal, dass ich mich zu so etwas hatte überreden lassen.
Ich hielt ihm eine unbenutzte Wasserflasche entgegen, an der er kurz nippte, ehe er sie wieder zuschraubte und auf den Boden stellte, weit genug von seinen Füßen entfernt, sodass sie nicht bei der geringsten Bewegung umfiel.
„Und, was hast du heute so getrieben?“, fragte er unschuldig und lehnte sich auf die Ellenbogen zurück, achtete jedoch darauf, Abstand zur Wand zu halten. „Nicht viel, du?“ Er lachte und wischte sich eine Strähne aus dem blassen Gesicht. „Auch nicht viel“, gab er zu. Seine klaren blauen Augen glänzten dabei ein wenig und ich fragte mich, woher dieser Ausdruck auf seinem Gesicht plötzlich kam und was er zu bedeuten hatte, doch dann drehte er den Kopf weg und ich seufzte innerlich.
Ein Handy summte und ich sah mich verwirrt nach dem kleinen silbernen Gerät um, dass ich sonst immer auf dem Nachttisch platzierte, da es hauptsächlich als Wecker diente.
„Ist meins“, warf Matze hastig ein, kramte in der engen Jeans und stöhnte kurze Zeit später genervt auf. „Kann ich heute vielleicht hier pennen? Manu schläft bei nem Kumpel und der Clown von meinem Bruder belegt das Bett heute Nacht.“ Er hob anzüglich die Augenbrauen, was darauf schließen ließ, dass da in der Nacht wohl mehr lief, als was man dem Blonden zumuten konnte.
Ich biss mir verhalten auf die Unterlippe und fuhr durch mein schwarzes Haar, ehe ich nickte und mir ein „Klar“ rauszwang, was in meinen Ohren ziemlich gequält klang.
„Wirklich?“ Auch er hatte den mitschwingenden Ton gehört und sah unsicher zu mir rüber, wieder nickte ich, wenn auch widerstrebend. “Danke“, sagte er ehrlich lächelnd und schlug mir kumpelhaft gegen den Arm. Ehrlich gesagt war es mir überhaupt nicht recht, wie oft hatte ich damals von solchen Nächten und Möglichkeiten geträumt? Ich wusste es nicht, aber: Ziemlich oft!
Außerdem hatte ich keinen Plan, wo wir die Luftmatratze von unserem letzten Campingausflug vor ein paar Jahren hingelegt hatten. Vermutlich auf den Dachboden oder im Keller, jedenfalls irgendwo, wo es stickig und dunkel war, also nichts für meinen Geschmack.
Ich verzog leicht meine Unterlippe, nachdem ich vom Bett aufstand und mir meine dicksten Socken über die Füße streifte, damit die Kälte nicht während der Suchaktion in meine Knochen kroch. Ich war Italiener, es lag mir im Blut, dass ich die Wärme allen anderen Wetterlagen vorzog.
„Was hast du vor?“ „Die Luftmatratze holen, wird nicht einfach, aber ich find sie schon!“, sagte ich eilig und krämpelte gedanklich schon mal die Ärmel hoch, um mich durch das Sammelsurium zu kämpfen.
„Schwachsinn, wir passen hier schon zu zweit rein, wird eng, aber was solls, bin Schlechteres gewöhnt.“ Ich zwinkerte ungläubig einige male und traute mich kaum, mich umzudrehen. Nicht dass ich schwul wäre oder so, aber sein Körper an meinem ...
„Nein, das ist doch viel zu eng!“, widersprach ich, doch er winkte ab. Mürrisch ließ ich mich wieder neben ihn sinken, das gerötete Gesicht abgewendet.
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Es ist mitten in der Nacht, der Mond schien spärlich durch das Fenster ins Zimmer und ich war wach. Putz munter, könnte man sagen. Kein Auge hatte ich bis jetzt zugekriegt und ich war auch nicht gerade optimistisch, was den Rest meiner Schlafenszeit anging. Was vor allem an Matzes Hüfte liegen könnte, die etwas oberhalb meines Hinterns fest an mich drückte und sich das ein oder andere mal bereits an mir gerieben hatte.
Ob absichtlich oder nicht, ist ja wohl keine Frage! Das Bett ist einfach zu eng, als dass man genügend Platz zu zweit hätte.
Deswegen waren auch seine Arme um meinen Brustkorb geschlungen, genau, das erklärt alles ...
Ich schluckte hart und biss verzweifelt in meine Lippe. Ich hätte mich niemals breitschlagen lassen sollen, jetzt hatte ich den Salat, wenn ich nicht aufpasste, würden längst versunkende Gefühle wieder auftauchen und das galt es zu vermeiden! Sein Körper war aber auch einfach zu kuschelig ...
„Eddy!“, kam es flüsternd von hinten, dazu heißer Atem, der in meinen Nacken blies und eine Gänsehaut hinterließ. Oh, verdammt! War er etwa wach?
Ein Schmatzen, dann wieder. „Eddy ... “, seufzend kuschelte er sich an meinen Rücken, die Arme schlangen sich noch enger um mich. Ein warmes, mir nur allzu bekanntes Gefühl schlich sich unter meine Haut, doch das durfte nicht sein!
Ich würde doch wohl hier, mitten in Bett, in dem ich mit Matze, meinem besten, einzigen Freund schlief, keine Erektion bekommen, oder? Besonders nicht von meinem, im Schlaf dahingemurmelten Namen! Wahrscheinlich hatte das gar keine Bedeutung, also flipp nicht so aus.
„Schluss jetzt, hör auf!“, schallte ich mich selbst, etwas zu laut, sodass der Blonde hinter mir merklich zusammen zuckte und seine Umarmung sofort lockerer wird. „Alles okay?“ Fragend hob sich seine verschlafene Stimme, die eher einem Krächzen glich als allem anderen.
„Äh ... klar, schlaf nur weiter“, murmelte ich hastig und hoffte, er spürte nicht das verräterische Poltern meines Herzens unter seinen großen Händen. Störte es ihn gar nicht, wie wir hier lagen? Oder hatte er es im Halbschlaf gar nicht erst bemerkt?
Nachdem ich eine Weile stocktsteif und still dagelegen hatte, hörte ich endlich das ersehnte ruhige
Schnorcheln, das weder richtiges Schnarchen, noch normales Atmen war. Schnorcheln eben.
Als er sich auch nach weiteren Minuten nicht außergewöhnlich regte, erlaubte ich es, dass mein Körper sich entspannte und meine Muskeln weicher wurden. Aber an Schlafen war trotzdem nicht zu denken, zu groß war die Gefahr, dass ich in die falschen Träume geriet und mit einer Morgenlatte aufwachte. Oder, noch schlimmer, den Körper neben mir zum Werkzeug meiner Fantasien machte.
Das alles war relativ unwahrscheinlich, mal von der Latte abgesehen, aber ich hatte Angst, Angst davor, dass vergessene Gefühle wieder auftauchten, die nicht da sein sollten. Seufzend machte ich es mir so bequem wie möglich für eine schlaflose Nacht.
Krümel. Überall Krümel. Auf dem Tisch, auf dem Boden, auf meinem Schreibtisch. Das war das Erste, was ich sah, als ich mit noch triefendem Haar ins Zimmer stapfte, kleine Wasserspuren auf dem Teppich hinterlassend, nachdem ich früh am Morgen eine Dusche genommen und den schlafenden Matze alleine gelassen hatte.
Das kalte Wasser hatte mir geholfen, meine Frustration wegzuwaschen, die sich über die Nacht in mir aufgebaut hatte, denn außer, besser gesagt wegen, dem fehlenden Schlaf, hatte ich immer wieder zu Matze schauen müssen und war drauf und dran gewesen, meine Hand über seine verwuschelten Haare fahren zu lassen.
Natürlich nur ganz kurz und auch nur so, dass er es gar nicht bemerkt hätte, aber ich wusste, dass jede Art von Körperkontakt ungewollte Gefühle hervorrufen könnte, dabei hatte ich eben diese in der letzten Zeit so gut in den Griff bekommen.
Also hatte ich die scheinbar ewig andauernde Nacht damit verbracht, auf meinen zuckenden Händen zu liegen, damit sie sich ja nicht in die falschen Richtung bewegen konnten. Ich sagte es ja immer wieder: Ohne Schlaf ging der Verstand verloren! Und das wollte ich auf keinen Fall riskieren.
Meine Augen folgten der Krümelspur auf dem Boden, immer höher, und höher. Und dann sah ich den Verursacher: ein mit Marmelade bestrichenes Brötchen, das in den Händen des Jungen lag, der noch etwas ganz anderes, viel schwerwiegenderes in den Fingern hielt: einen Aktenordner.
Genauer gesagt: der Hefter, der all meine Werke enthielt, die ich in mühevoller Kleinstarbeit aufgeschrieben, abgedruckt oder gar aufgezeichnet hatte und nun neugierig von Matze durchblättert wurden. Mein Atem stockte, als ich die Situation realisierte und konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, da handelte mein Körper schon wie von selbst.
„Was...? Was tust du da, verdammt! Finger weg, das geht dich gar nichts an!“, empörte ich mich sofort und griff panisch nach meinem Ordner, lieferte mir sogar ein wahres Tauziehen mit dem Blonden, der einfach nicht loslassen wollte und selbst energisch seine Muskeln einsetzte.
Meine Finger krallten sich um den glitschigen Metallhefter in der Mitte, um einen besseren Halt zu haben und tatsächlich - nach einem weiteren harten Ruck meinerseits, konnte ich ihm das schwere Ding vollständig entreißen.
Mit knallroten Wangen, schlug ich hastig den Deckel über die beschrifteten Zettel zu und verstaute den Hefter sorgfältig zwischen einigen weiteren im Regal, dort würde er sicher nicht weiter auffallen und damit wäre ein erneutes Eindringen in meine Privatsphäre verhindert, das hoffte ich jedenfalls und wenn nicht, würde ich mir einen anderen Platz dafür überlegen müssen. Jetzt galt es aber eine ganz andere Herausforderung zu überstehen, nämlich den peinlichen Moment, der mir nun bevorstand.
Wie viel hatte er wohl gesehen? Hatte er genug Zeit gehabt, eine der Geschichten anzulesen? Ich überschlug in Gedanken, wie lange ich Matze alleine gelassen hatte. Es waren höchstens fünfzehn Minuten gewesen und als ich ging, war er noch fest am Schlafen.
Meine Mutter musste ihn mit Frühstück geweckt haben, bei meinem Pech wahrscheinlich nur wenige Sekunden nachdem das Rauschen des Wassers alle Gespräche übertönt hatte.
Schon dem Untergang entgegensehend drehte ich mich mit hängendem Kopf und rasendem Herzen um, allerdings vermied ich dabei jeglichen Augenkontakt, ich musste nicht, nein, ich wollte nicht, den Spott oder den Ekel in seinen blauen Augen sehen.
Was dachte er nur von mir, jetzt wo er einige meiner Boyslove-Geschichten gesehen hatte? Dachte er, ich wäre auch schwul, genauso wie sein Bruder und hatte es nur nie zur Sprache gebracht? Fragen über Fragen, die in meinem Oberstübchen kochten und auf Erlösung warteten.
Matze legte schmollend das Brötchen auf den Schreibtisch, ehe er sich zu mir wandte und mich argwöhnisch musterte.
„Stell dich nicht so an! Anstatt mich anzufauchen, solltest du dich lieber entschuldigen! Immerhin hast du mir nie erzählt, was für ein toller Schriftsteller du bist“, meckerte er beleidigt und drängte mich mit verschränkten Armen zur Seite, während er einen Ordner nach dem anderen herauszog, öffnete und wieder wegstellte.
Verzweifelt beobachtete ich sein Tun und trat mir gedanklich selbst in den Arsch: Wenn ich nicht wollte, dass er noch mehr von meinem Gekrakel las, sollte ich nun dringend protestieren!
„Matze, hör sofort auf damit. Das hat dich nicht zu interessieren!“, krächzte ich hektisch und obwohl ich es sonst tunlichst vermied, ihm zu nahe zu kommen, überwand ich mich selbst und hielt mit einem gezielten Griff meinerseits seine Hand auf.
„Eddy, ich weiß gar nicht, was du dagegen hast, du schreibst doch wirklich toll.“ Genervt zog er eine Augenbraue deutlich höher als die andere, eine typische Geste, die ihn jedoch mehr aggressiv als alles andere aussehen ließ, derweil wehrte ich immer wieder seine tückischen Versuche ab, an den grauen Hefter zu kommen.
Fast schon wütend blies er schnaubend seinen Atem aus und schob mich entschlossen mit seinem ganzen Körper gegen das Bücherregal, meine Hände mit fünf Fingern umklammernd, mit den anderen sich das Stück seiner Begierde schnappend, doch anstatt sich anschließend abzuwenden, blieb er genau so stehen.
Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich spürte, wie meine Handinnenflächen anfingen, in seinem festen Griff zu schwitzen. Diese Stellung war eindeutig zu körperbetont! Meine nassen Haare tropften noch immer leicht, hinterließen Spuren auf seinem T-Shirt, auf dem nun kleine Wasserflecken prangten und den weißen Stoff leicht durchsichtig werden ließen, ich konnte erahnen, was für eine perfekte, blasse Haut sich dahinter verbergen musste.
Mein Blick nagelte sich dort fest, zum einen, weil ich mich nicht von dem Anblick seiner trainierten Brust losreißen konnte, und zum anderen, hatte ich furchtbare Angst davor, in sein Gesicht zu sehen, was es mir erschwerte überhaupt zu atmen. Alle meine Bewegungen erschienen unerträglich laut in meinen dröhnenden Ohren und mir wurde viel zu warm in meiner Haut.
„Eddy“, flüsterte Matze leise gegen meine Stirn, der Hefter glitt mit einem ohrenbetäubenden Klatschen aus seinen Händen und landete auf dem Boden, doch ich hielt meinen Kopf weiterhin strikt gesenkt. „Eddy. Sieh mich an“, bat er erneut.
Kam es mir nur so vor, oder drängte er sich wirklich noch enger gegen mich? Ich konnte die Haut seiner Arme deutlich auf meinen spüren, seine Finger, die hauchzart über meine Handgelenke strichen und sein Duft, der langsam aber sicher meinen Verstand vernebelte, drang stetig mehr in meine feine Nase. Ich musste hier weg, ganz dringend, sonst würde ich etwas fürchterlich, fürchterlich Dummes tun!
Sein Daumen und Zeigefinger umfassten sanft, aber bestimmend, mein Kinn und drückten es nach oben, sodass ich nur noch meine Augen schließen konnte, um den forschen blauen Augen meines besten Freundes zu entgehen.
Plötzlich hörte ich ein unterdrücktes Schluchzen und spürte, wie etwas Nasses auf mein Gesicht fiel und Spuren darauf hinterließ, als es sich seinen Weg nach unten bahnt, geleitet von der Schwerkraft. Zu spät merkte ich, dass es nicht meine Tränen waren, nicht mein Schluchzen. Verblüfft und verwirrt öffnete ich flatterhaft meine Lider und entdeckte das hoffnungsvolle Lächeln vor mir.
„Ich... Ich habe mich in dich verliebt, Eddie“, er stoppte und sah mich mit tränenverschmierten Augen an. Ich hatte gar keine Zeit zu reagieren, da waren seine rauen Lippen schon auf meine gepresst und seine rechte Hand in meinen schwarzen Haaren vergraben.
Immer wieder liebkoste er mich mit seiner neckenden Zunge, die versuchte, sich spielerisch ihren Weg in meinen Mund zu ergaunern, doch ich konnte mich nicht regen, keine Faser meines Körpers wollte auf mich hören und als ich auch nach eindeutigerem Drängen seinerseits nicht nachgab, löste er sich von mir.
Das Lächeln war verrutscht, die Hoffnung schwangte sehnlichst, statt ihrer nahm nun Zweifel ihren Platz ein. Und in mir herrschte ein unbändiger Sturm an Gefühlen. Der einzig klare Gedanke, den ich fassen konnte war, dass seine Lippen, trotz ihres rauen Aussehens, so unendlich süß und weich waren. Sie hatten haargenau auf meine gepasst. Mein erster Kuss ...
„Ich...“, setzte er an, verstummte jedoch sofort wieder. Seine Finger glitten zögernd aus meinem Haar, vergruben sich stattdessen in seinen und verstrubelten diese dadurch noch ein wenig mehr.
„Tut mir leid, dass ich dich geküsst habe. Deine Geschichten...“ „Sind Boyslove-Geschichten“, ergänzte ich ihn wie ferngesteuert. Mein Atem ging hektisch. Er hatte mich geküsst. MICH, den übergewichtigen Halbitaliener, der so uncool war wie eine Scheibe Toastbrot.
Noch vor ein paar Monaten hatte ich jedes erdenkliche Szenario in meinem Kopf durchgespielt, mir vorgestellt, wie wir am späten Abend zusammen, vom Regen vollkommen durchnässt, unter einer dieser abbruchreifen Bushaltestellen in der Gegend stehen und uns gemeinsam unter einen Regenschirm quetschen, sodass unsere Körper sich zwangsläufig ganz nahe kommen und er mich plötzlich, völlig unerwartet küsst.
Ziemlich kitschig, ziemlich peinlich, ziemlich unrealistisch. Zum einen fahren wir so gut wie nie mit dem Bus, jedenfalls nicht zusammen, zum anderen war Matze nicht an Jungen interessiert.
Andererseits hatte er mich nicht eben geküsst? Meine Lippen kribbelten noch immer und ich konnte nicht anders, als mit dem Zeigefinger zaghaft meine Unterlippe zu berühren und ihn dabei hypnotisiert anzustarren.
Ja, er hatte mich geküsst. Er hatte mir gestanden, dass er in mich verliebt war und wir waren alleine, folglich war das absolut nicht witzig. Meinte er das etwa ernst?
„Ich glaube, ich hab falsche Schlüsse gezogen, oder?“, fragte er, den Kopf gesenkt, sodass ich seine strahlend blauen Augen nicht sehen konnte.
„Ja“, flüsterte ich rau. Einen Moment später rauschte er schon aus dem Raum, nur mit Boxershorts bekleidet, seine Sachen lagen noch immer in meinem Zimmer.
„Ja“, hauchte ich wieder und die Haustür krachte unten so laut, dass ich selbst ein Stockwerk drüber die ausgelöste Vibration spüren konnte.
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Ahhhhhhhhhhhhh! Guckt euch das an! Das hat crimson.rose gemalt, drauf sind Eddy und Matze, die beiden Schnuckelchen sind wahrscheinlich gerade Eddys Fantasien entsprungen: Regen, gemeinsam unter einem Regenschirm und geküsst wird auch :) Danke, Crimson! Bist eben die Beste!
Liebe Grüße,
Häschen :3
Die Schulglocke klingelte schrill, bereits zum Zweiten und damit Letzen mal, doch Matze war noch immer nicht auf seinem Platz, der merkwürdig kühl ohne seinen Besitzer wirkte. Schuldig knabberte ich an meiner vollen Unterlippe, bis ein leicht metalliger Geschmack meinen Gaumen kitzelte und schielte auf den leeren Stuhl neben mir.
Zugegeben: Es wäre mir auch mehr als unangenehm, wenn ich heute, nur einen Tag später, neben dem Blonden sitzen müsste, während sich mein Inneres noch stritt, welche Methode am besten wäre, um das Geschehene zu verarbeiten. Ignorieren und so tun, als wäre nie etwas gewesen, oder doch ein tiefgründiges Gespräch führen, in der Hoffnung, dass damit unsere Freundschaft noch gerettet werden könnte.
In Wahrheit wusste ich schon lange, was ich nehmen würde, mochte es ja schließlich einfach. Aus dem Grund saß ich auch ganz hinten, in der linken Ecke des Klassenraums, neben dem verschmutzten Fenster, sodass sich keiner gezwungen sehen musste, sich neben mich zu setzen.
Für diesen Platz war ich am Anfang des Halbjahres sogar extra früh hier angetanzt und hatte neben mir sicherheitshalber meine Tasche platziert, doch Matze hatte das wissentlich ignoriert. Wie jedes Jahr. Und jedes Jahr aufs neue, war ich überrascht, dass er mich noch nicht satt hatte.
Matze. Ich seufzte. Der große Blonde hatte in mir wiedermal Gefühle geweckt, die da eindeutig nicht mehr hingehörten. Ich hatte so lange dagegen angekämpft, ihn nicht mehr wie ein verliebter Trottel anzugaffen und jetzt, nachdem ich mich einigermaßen gefangen hatte, überraschte er mich mit einem Liebesgeständnis.
Mich, seinen besten Freund, der es absolut nicht verdient hatte, an der Seite dieses gutaussehenden Kerls zu landen. Aber das war nicht der Grund dafür gewesen, dass ich ihm einen Korb gegeben hatte, obwohl es auch nicht minder dazu beigetragen hatte.
„Ey, Egbert, oder wie auch immer du heißt, weißte, wo der Kringel bleibt?“, blaffte mich Justin von der Seite an, zupfte dabei an seiner viel zu großen Jogginghose, die im beinah vom Hintern rutschte und wischte sich mit einem Ruck den Rotz von der Nase, den die Kälte dort ungewollt hinbefördert hatte.
Ich zuckte nichtssagend mit den Achseln, wobei ich hoffte, dass er sich damit zufrieden geben würde. „Kannste auch mal was sagen? Ein nettes 'weiß nich', vielleicht?“ Er verdrehte die Augen und nuschelte so etwas wie 'Spast' , bevor er schlürfend davon marschierte, bei jedem zweiten Schritt einen Hüpfer einlegend.
Die Tür flog auf, krachte lautstark gegen die Betonwand, Krause erschien und zog einen überdimensionalen Fernsehapparat hinter sich her, dessen Rollen sich quietschend übers Linoleum bewegten.
Während des Films stützte ich meinen schweren Kopf auf die Handflächen und versuchte dem Inhalt ernsthaft zu folgen, doch ich wusste schon, dass es sinnlos war, als ich die ersten Ausschnitte aus der 80-Jahre-Dokumentation über die Vegetation der Tundra erhaschte. „Eduardo?“ Ich sah zu Herr Krause, der mich aufmerksam musterte. „Sie haben Ihr Referat letzte Woche nicht gehalten.“
Er ließ die Worte bedeutungsschwanger in der Luft hängen und verzog seinen Mund zu einem verdrossenen Lächeln. „Wollen Sie das heute nachholen, oder soll ich gleich ein 'ungenügend' eintragen?“ Ich hörte, wie die anderen anfingen zu kichern und auch dem Krause entwich ein Glucksen.
Ein Engegefühl in meiner Brust schnürte mir die Luft ab und ich merkte, wie meine Finger taub wurden und ich die Kontrolle über meine Muskeln verlor, die leicht zu zittern begannen.
„Ich ...“ Ich versuchte den trockenen Kloß in meinem Hals herunterzuschlucken, doch er schien immer größer und gewaltiger zu werden, während mich die Blicke der anderen zu erwürgen drohten. „Eduardo, geht es Ihnen gut? Sie sehen so blass aus.“
Ein plumpes Klopfen an der Tür lenkte die Aufmerksamkeit der Masse weg von mir, dankbar schnappte ich nach der eisigen Luft, die aus dem Fenster neben mir in den Raum strömte, und wischte mir an der Jeans unauffällig den kalten Schweiß von meinen Händen.
„Ah, freut mich, dass Sie auch endlich zu uns gefunden haben. Gibt es einen bestimmten Anlass für Ihre Verspätung?“
Fragend hob Herr Krause eine seiner buschigen Augenbrauen, die wie zwei schwarze Linien seine Stirn durchkreuzten. „Verschlafen“, war die missmutig gelaunte Antwort. Ich traute mich nicht, meinen Blick zu heben, doch als die langsamen Schritte immer näher kamen und der Stuhl neben mir mit einem unangenehmen Quietschen zurückgezogen wurde, wusste ich auch so, wer mir gerade den Arsch gerettet hatte. Matze.
„Hey.“ Er verzog keine Miene, während er mich begrüßte, doch mein Herz machte vor Freude trotzdem einen raschen Satz, denn gegen aller Erwartungen ignorierte er mich nicht und davor hatte ich wohl am meisten Angst gehabt.
„Hi“, erwiderte ich flüsternd und senkte beschämt meinen Kopf, weil meine Stimme in der Mitte gebrochen war. Mit geröteten Wangen riss ich routiniert ein kariertes Blatt aus meinem Collage-Block und schob es auf die andere Tischhälfte, wurde jedoch nicht angerührt.
„Nicht nötig, ich habe meinen eigenen Block.“ Er steckte die schlanke Hand in eine abgefranste Umhängetasche mit ausgeblassten, lila Streifen und zog ein DINA4-Notizbuch heraus, dessen Frankierung nicht einen Kratzer besaß und somit nagelneu war.
Ich teilte mit ihm seit der fünften Klasse jeden Tag meinen Block und hatte mich nie darüber beschwert, viel zu froh war ich, dass sich überhaupt jemand mit mir abgab. Umso verstörender war der Anblick, der sich mir nun bot und das Gefühl, dass etwas unheimlich Großes einfach zerbrochen war.
Es ging mir nicht um die Blätter, oder darum, dass er die falsche Blattart benutzte (wir waren mehrmals dazu angehalten worden, für Politik stets nur Karierte zu verwenden), sondern darum, dass es ein Zeichen dafür war, dass sich meine insgeheimen Befürchtungen bestätigt hatten.
Es hatte sich etwas verändert. Da war diese Distanz zwischen uns, die ich mir nicht begreiflich machen konnte, die nicht in Worte zu fassen war und die trotzdem so schwer auf mir lastete wie ein Güterzug. Er redete noch mit mir, aber was brachte das schon, wenn unsere Freundschaft sich einfach in Luft aufgelöst hatte?
Die restliche Stunde starrte ich ins Nichts, wartete auf das erlösende Klingeln und versuchte, die Gefühle, die sich in mir anstauten, zu unterdrücken. Ich musste es nur Nachhause schaffen, das war alles. Mir war egal, dass ich eigentlich noch vier Stunden hätte, dass heute die letzte Mathestunde vor der Arbeit war und ich sie dringend brauchte, um nicht gänzlich durchzufallen.
Ich wollte nur nach Hause, mich in mein weiches Bett kuscheln und mich für immer dort vergraben. Nie wieder wollte ich aufwachen, denn das würde bedeuten, dass ich Matze ins Gesicht gucken musste und das mit dem Wissen, dass es nie mehr so sein würde wie früher!
Als die Glocke schrillte, packte ich hastig alle Sachen zusammen - das Blatt ließ ich sicherheitshalber liegen- und eilte nach vorne zu Herr Krause. Ich konnte den Mann nicht ausstehen, die grauen Haare reichten ihm beinah bis zur Schulter, obwohl sich oben bereits eine kreisförmige Glatze gebildet hatte und er damit aussah wie der creepige Typ in Frankenstein.
„Eduardo, wie kann ich Ihnen helfen?“ Seine Stimme klang alt und verbraucht, man hörte, dass die Zigarette sein bester Freund in diesen Tagen war. „Mir geht es nicht so gut, ich glaube, ich habe mir eine Grippe eingefangen“, klagte ich und versuchte die Woge zwischen mitleiderregend und kurz vorm Verrecken einigermaßen im Gleichgewicht zu halten. „Möchten Sie auf die Krankenliege?“, fragte er und musterte meine Verfassung besorgt.
Innerlich seufzte ich entnervt auf, jeder andere Lehrer hätte mich längst nach Hause geschickt, schließlich war die Ansteckungsgefahr groß und das Bedürfnis nach ohnmächtigen Jungen klein, aber Herr Krause war da eben altmodisch. Wenn man nicht ernsthaft krank war, und eine Grippe zählte bei ihm leider nicht dazu, dann hatte man gefälligst in der Schule zu sein und sein Bestes zu geben.
„Ich glaube nicht, dass es das besser macht. Ich habe mich schon das ganze Wochenende nicht so besonders gefühlt“, versuchte ich es erneut, musste aber auch diesmal auf eisernen Widerstand treffen. „Vielleicht sollten Sie etwas trinken oder an die frische Luft, das sollte es ein wenig besser machen. Ach, Matze, begleiten Sie Eduardo doch bitte ins Krankenzimmer, nicht dass er uns noch umkippt.“
Am Ende des Satzes fügte er ein rauchiges Lachen hinzu und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter, bevor er nach den Schlüsseln griff und auf die Tür zuging. „Kommen Sie, ich schließe Ihnen auch die Tür auf.“ Er machte eine kurze Handbewegung in Richtung Flur, auf dem bereits das freudige Kichern der Fünfklässler ertönte.
Ich sah unsicher zu Matze, der sich in seine Tasche verkrallt hatte und auf mich zukam, den Mund zu einem harten Strich verzogen. Ich konnte sehen, dass er meine Taktik durchschaut hatte und er durchaus wusste, dass es nicht an einer Grippe lag, dass ich gerne nach Hause wollte. Und auch, dass es ihn verletzt hatte.
Er ließ mir den Vortritt und im Gänsemarsch folgten wir Herrn Krause durch die Gänge, die voll von Jugendlichen und Kindern waren, die aus Respekt dem Lehrer gegenüber, eine enge Gasse gebildet hatten, um uns hindurch zu lassen.
Das Krankenzimmer war eigentlich ein kleiner Abstellraum am Ende des Erdgeschosses, der mit einer schwarzen Liege ausgestattet worden war, die neben zahlreichen Kartons, voll von Kostümen und Unterrichtutensilien stand. Das Schloss gab ein leises Klack von sich, als unser Politiklehrer einen zierlichen Schlüsseln einführte und mit einer scharfen Handbewegung die Tür öffnete.
„Am besten, Sie öffnen das Fenster, Matze, dann kommt etwas frische Luft in die stickige Bude hier“, wieder lachte er und kramte eilig noch einen Schokoriegel aus seiner ledernen Arbeitstasche. „Für den Blutzuckerspiegel“, erklärte er und reichte mir die bläuliche Verpackung mit einem gutmütigen Lächeln, bevor er wieder ging.
Ich nickte dankend, wobei ich darauf achten musste, dass meine gequälte Fassade nicht sofort verrutschte. Nun waren wir alleine, Matze, der mich grimmig und ziemlich verlegen ansah, und ich, dessen Herz schon vor Minuten irgendwo in die Nähe des Fußbodens gerutscht war.
„Wenn du das nächste mal vor mich flüchten willst, solltest du nicht einen auf Streber machen, sondern einfach schwänzen, so wie es jeder andere auch macht, Eddy!“ Matze setzte sich auf einen kleinen Holzstuhl, einer von der Sorte, die eigentlich für 5-Klässler gedacht waren und der unter dem Gewicht des 1,80m großen Kerls gewaltig knartschte.
Mein Mund öffnete sich einen spaltbreit, gerade so viel, dass ich einen Luftzug auf meinen Zähnen spüren konnte, denn ich wollte eigentlich etwas Trotziges erwidern, doch mir viel nichts Passendes ein, also schloss ich ihn einfach wieder und setzte mich auf das weiche Polster der Liege, da ich die Vermutung hatte, dass meine Beine es nicht mehr lange mit machen würden. Vor Aufregung zitterten meine Finger schon leicht und das nervöse Beben ging allmählich auch auf den Rest des Körpers über.
„Wie lange, glaubst du, müssen wir hier sitzen, bis der Krause dich für krank genug hält, dass du nach Hause darfst? Eine Stunde, oder doch eher zwei?“ Sein Kopf legte sich abwägend auf die Seite und seine Arme verschränkten sich vor der breiten Brust. Bei dem Gedanken, für eine kleine Ewigkeit mit Matze, hier, in dem kleinen Abstellraum, zu bleiben, blieb mir wortwörtlich die Spucke weg.
Röchelnd versuchte ich nach Luft zu schnappen und musste mehrmals heftig husten, bevor meine Lungen wieder Sauerstoff bekamen. Matze schien aber so oder so keine Antwort erwartet zu haben, denn er setzte schon zur nächsten, rhetorischen Frage an.
„Vielleicht solltest du dich in den Eimer dort übergeben. Der Glaubwürdigkeit halber! Obwohl... Nein. Selbst dann würde er dir lieber wunderwirkende Kräutertees einflößen, als dass er die Vernunft walten lässt“, spottete er und deutete auf den grünen Mülleimer in der Ecke, sah dabei jedoch weiterhin stur auf den Boden. „Hör auf, bitte“, stammelte ich. Keine Sekunde länger konnte ich ihm dabei zuhören, wie er über meinen lausigen Versuch ihm fernzubleiben, Witze riss.
„Warum, Eddy, warum, he? Weil du mir nicht mehr ins Gesicht sehen kannst? Wahrscheinlich ekelst du dich vor mir, dabei schreibst du doch selbst deine eigenen, kleinen Boyslove-Geschichten.“ Während er das sagte, hob er leicht den Kopf, und ich konnte sehen, wie seine blauen Augen vor Wut, Schmerz, vor allem aber vor Selbsthass glänzten, fast, als würde er gleich anfangen zu weinen.
Bei der Erwähnung meiner Geschichten, war meine Gesicht sofort rot angelaufen und ich wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. Doch stattdessen versuchte ich, seinem eisernen Blick Stand zu halten und das erdrückende Gefühl, ich wäre der schlechteste Mensch auf Erden, zu verdrängen. Nun stand er auf, umrundete den Stuhl und stellte sich vor das kleine, weiße Fenster, auf der gegenüberliegenden Seite, das er vorhin eigenhändig geöffnet hatte.
Man konnte von dort auf den winzigen Schulgarten sehen, der von Schnee und Eis überzogen war und auch auf den Parkplatz direkt daneben, doch das schmutzige Glas erschwerte die Sicht. Selbst wenn man nah davor stand, musste man die Konturen gerade mal erahnen können. Matze stand mit dem Rücken zu mir, der sich unter dem langärmligen T-Shirt rasch hob und senkte.
Ich schluckte hart und empfand das Geräusch, das dabei entstand, in der drückenden Stille als ohrenbetäubend laut. Ich wollte zu ihm gehen und ihm sagen, dass das alles ein furchtbares Missverständnis war und ich natürlich was für ihn empfand, aber schon bei dem Gedanken daran, schnürte es mir den Atem zu. „Ich ekel mich nicht vor dir“, war das Einzigste, was ich herausbrachte.
Eine Zeit lang schwieg er, doch dann drehte er sich um, das Gesicht nach unten gesenkt, sodass ich nur auf seinen blonden Haarschopf blickte. „Du kannst doch nicht mal neben mir sitzen!“, fuhr er mich wütend an und hinterließ eine brennende Spur der Verbitterung in meinem wild pochenden Herzen. Ich fühlte mich, als wäre eine ellenlange Distanz zwischen mir und Matze, dabei trennten mich gerade mal zwei große Schritte von ihm.
Wieder tauchte dieses Bild vor meinen Augen auf: Wir beide, klitschnass, selbst unsere Socken sind vom Regenwasser durchtränkt, drängen uns unter den selben, kleinen Regenschirm. Ganz nah, sodass ich seinen Geruch einatmen kann.
Mein Atem konsendiert, bildet kleine weiße Wölkchen in der Luft. Und dann beugt er sich einfach über mich und küsst mich. Lange. Mal sanft, mal leidenschaftlich. Und in dieser Vorstellung hätte ich keine Sekunde gezögert, den Kuss zu erwidern.
In meinem Zimmer hatte er mich geküsst, das war kein Traum gewesen, keine Einbildung. Aber in dem Moment, als seine Lippen meine trafen, als ich die raue, aufgerissene Haut seines Mundes an meinem spüren konnte, war mir etwas bewusst geworden und ließ mich seit dem nicht mehr los: Ich könnte ihn niemals glücklich machen. Ich wusste nicht, woher dieser Gedanke kam, aber er war da und er war so elementar, so wahrhaftig, dass ich keinen Moment lang an dessen Richtigkeit zweifeln konnte.
Matze sah auf und kam langsam auf mich zu. „Du kannst mich nicht einmal ansehen, ohne dass du rot wirst oder wegsiehst. Konntest du noch nie! Wahrscheinlich hast du es schon vorher gewusst, noch bevor ich es gewusst habe“, er klang verzweifelt und fuhr sich mit der linken Hand durch das kurze, strohblonde Haar, das so typisch für die gesamte Familie Kringel war. „Habe ich nicht recht?“
Nun sah er mir direkt in die Augen, kam noch ein Stückchen auf mich zu, sodass uns nur noch ein halber Meter voneinander trennte. „Ich habe es nicht gewusst, Matze, ich habe es wirklich nicht gewusst. Gott, hätte ich geahnt, dass ...“ Ich schüttelte nur betreten den Kopf. Es ist besser, wenn er nichts von meinen Gefühlen erfährt, beschloss ich still und biss auf meine Unterlippe, um die aufkommenden Worte im Keim zu ersticken.
Hätte ich geahnt, dass du mich magst, dann hättest du mich zum glücklichsten Menschen auf Erden gemacht, beendete ich meinen Satz in Gedanken, doch mein Mund blieb eisern geschlossen. Die hellblaue Farbe seiner Augen schimmerte wässrig im Licht der an der Decke angebrachten Energiesparlampe und ich musste mich zusammenreißen, um Matze nicht einfach an mich zu ziehen und meine viel zu große Nase in seiner Halsbeuge zu vergraben, oder, um realistisch zu bleiben, an seiner Brust, die man unter dem engen T-Shirt erahnen konnte.
Der Blonde lächelte resigniert, alle Empfindungen waren aus seinem kantigen Gesicht verschwunden, einfach weg, als hätte man sie genommen und in die nächste Tonne geschmissen. Er ging einige Schritte rückwärts, dann noch einen Schritt nach links, wo der kleine Holzstuhl stand, auf den er sich schließlich langsam niederließ.
Seine Ellenbogen lagen auf den festen Oberschenkeln, die von der dunklen Jeans eng umschlossen waren, und in einem unbekannten Takt auf- und ab wippten. „Ich wusste nicht mal, dass du schreibst ...“, kam es leise von ihm und ich konnte eine leichte Melancholie aus seiner Stimme hören, die mit Verbitterung vermischt war.
„Eigentlich weiß es Keiner“, antwortete ich schulterzuckend und zupfte mein Oberteil zurecht, das sich unansehnlich über meinen Bauch spannte. „Ist auch nur ein dummes Hobby, ich bin ziemlich schlecht darin. Um ehrlich zu sein, weiß ich auch gar nicht, warum ich das überhaupt mache.“ Matze verdrehte die Augen, eine Geste, die mich Aufatmen ließ, denn sie erinnerte mich an den alten Matze und mit dem konnte ich umgehen.
„Eddy, ich habe vielleicht nicht viel Ahnung von Büchern, aber das, was ich gelesen habe, war wirklich gut. Hör auf, dich ständig selbst so runter zu machen, du klingst schon wie ...“, er stockte. Überrascht von der Unterbrechung blickte ich auf, doch Matze sah gar nicht mich, sondern die Glastür am Ende des kleinen Raumes an. Oder besser gesagt, das was hinter der Tür war.
An der Wand lehnte ein hochroter Pascal, der von Justin und seinen Jungs gegen das harte Beton gepinnt wurde und nun offenbar kurz davor war, ein paar ordentliche Schläge zu kassieren. Normalerweise hätte es uns beide wohl einen Dreck geschert, wer gerade von wem verprügelt wurde, denn wir hatten wenig mit anderen aus der Schule zu tun.
Und das folgende Verhalten von Matze konnte ich mir wirklich nur dadurch erklären, dass es sich hier um den Lover seines Bruders handelte und er damit praktisch, oder wenigstens theoretisch, zur Familie gehörte. Und die Familie Kringel ging dem Blonden nun mal über alles.
„Verdammt ...“, knurrte Matze leise, sprang von seinem Stuhl auf, der von der Wucht nach hinten kippte und zog eilig an der schweren Glastür, die nur widerwillig aus ihrem Rahmen sprang.
„Justin, lass das!“ Die Stimme des Blonden klang für andere zwar gleichgültig und kalt, aber ich kannte ihn nun schon seit Jahren, Zweck-Freundschaft hin- oder her, und ich hörte die gewisse Schärfe heraus, die wissen ließ, dass er das verdammt ernst meinte.
Sowohl Justin als auch Pascal sahen verblüfft aus, bei Letzterem konnte ich sofort eine gewisse Erleichterung im Gesicht erkennen, als Matze die Faust um dessen Hemdkragen löste und sich schützend vor den Hungerhaken stellte.
"Kringel, was'n los bei dir?", pampte Justin und kniff die wildgewachsenen Augenbrauen zusammen, sodass seine Stirn hässliche Falten schlug. "Der Typ gehört mir, hab' noch ein Hühnchen mit dem zu rupfen, also sei so nett und verschwinde hier."
Matze verschränkte die Arme vor der Brust, während er die Ausrede ohne zu zucken präsentierte, sodass niemand außer Pascal und mir seine Hände sehen konnte, die zu Fäusten geballt waren und deren Knöchel unter der geröteten Haut weiß hervortraten.
Unsicher wippte ich von einem Fuß auf den anderen und nestelte nervös mit meinen schweißnassen Fingern am Saum meines Oberteils, während ich versuchte, die richtige Stellung zu finden, in der ich sowohl von dem Größeren verdeckt wurde als auch den Überblick über die Situation hatte.
Und das war irgendwie schwieriger als gedacht, denn ich war viel kleiner als Matze und wenn ich etwas sehen wollte, musste ich unweigerlich einen Schritt zur Seite machen und das passte mir gar nicht.
Unruhig blieb ich also wo ich war und musterte aus dem Augenwinkel Pascal, dessen Gesicht zwar noch immer gerötet war, aber der schon deutlich entspannter als vorhin zu sein schien. Anscheinend war ihm bewusst, dass er aus der Gefahrenzone war. An seiner Stelle wäre ich, glaube ich, nicht so selbstsicher gewesen.
"Wat haste denn mit dem Streber zu schaffn?", bohrte Justin weiter verblüfft nach und zog die Nase kraus, sobald er sah, dass Pascal sich, penibel wie er war, sein zerknittertes Hemd zurecht zupfte. "Is' der nich' nen bisschen zu ...", Justin machte unbestimmte Handbewegungen in der Luft, während er den hageren Burschen unverhohlen musterte, "intelligent, um sich Ärger mit dir einzuhandeln?"
Dabei zog er das Wort intelligent in die Länge und betonte es so, als wäre es etwas ganz Schlimmes, fast wie eine Krankheit: Ansteckend und absolut unheilbar! Ich musste schmunzeln, obwohl es sicher kein guter Moment dafür war und Pascal konnte sich ein überhebliches Schnauben nicht verdrücken. Obwohl er weder beliebt noch sonderlich hübsch war, hatte er eine Arroganz, die ich so gar nicht ausstehen konnte und bei der es mir kalt den Rücken runter lief.
Wäre er nicht mit Kevin zusammen ..., dachte ich plötzlich schlecht gelaunt und leckte über meine rauen Lippen, die von der angespannten Atmosphäre ganz trocken geworden waren.
"Na gut, Kringel, mach ihn fertig, alles klar? Und wisch ihm von mir auch noch mal eine drüber, hat meine Hausarbeit verhunzt, der Mistkerl!", spuckte Justin verächtlich aus, mit einem Blick auf Pascal, der nur trotzig die feinen Augenbrauen hob.
"Ich glaubs ja nich', der braucht echt mal eine Gehirnwäsche!", hörte ich den Halbstarken zu seinen Freunden sagen, bevor sie um die nächste Ecke bogen und vermutlich in den Klassenräumen verschwanden, denn der Unterricht hatte schon längst begonnen.
"Was wollten die von dir?", traute ich mich zu fragen, obwohl es mir wegen der Stille schon fast schmerzlich unangenehm war und mein Herz noch immer nervös pochte.
Pascal zuckte unbestimmt mit den Schultern und stieß sich vom weißen Putz der Wand ab, der leicht abrieselte, genau dort, wo sein Ellenbogen gewesen war und nun in Einzelteilen auf dem Boden lag. Matze drehte sich um, verzerrte wütend sein Gesicht und kam so schnell auf ihn zu, dass die Bohnenstange gar nicht reagieren konnte.
"Hör mal, ich will dir eins sagen: Glaub jar nicht, dass nur weil du meinen Bruder fickst, ich jedesmal antanze, um dich von den Kerlen da zu verteidigen, kapiert? Das war eine Ausnahme, verstanden? Eine Ausnahme! Also halt dich von Justin und seinen Leuten fern, mach seine kack Hausaufgaben, auch wenn es Stunden dauert, denn sonst wirst du schneller blau und grün geprügelt, als du um Gnade betteln kannst und ich werde genüsslich zugucken, das kannst du mir glauben!", zischte Matze gefährlich in sein Ohr, Pasal zwischen ihm und der Wand eingekeilt.
Ich sah, wie dessen Adamsapfel nervös auf und ab hüpfte, doch er verzog seinen Mund trotz allem zu einem verächtlichen Lachen. "Ich brauch dich nicht, ich komm auch gut allein klar." Damit tauchter er unter der rechten Achsel des Blonden hindurch und verschwand hinter der Ecke, wie noch eine Minute zuvor seine Angreifer.
Matze ballte seine Faust und ließ sie leicht gegen die Wand prallen, bevor er sich umdrehte und mich ansah. Eine Mischung aus Verbitterung und Wut spiegelte sich in seinem Gesicht wieder, ein Produkt, das wohl aus unserem Gespräch und nicht aus der Auseinandersetzung mit Pascal erfolgte. Eines seiner Beine war leicht angewinkelt und stemmte sich gegen die Wand, die sich durch den menschenleeren Flur zog.
Man hörte den Lärm aus den Klassenzimmern, das unverkennbar von den Schülern aus den unteren Jahrgängen stammte und manchmal auch das Geräusch von Stühlen, die auf dem grauen Linoleum quietschten, wenn sie bewegt wurden.
"Würdest du wirklich nur zusehen, wenn Justin ihn in die Finger bekommt?", fragte ich ihn neugierig, wenn auch nur, um ihn abzulenken und lehnte mich ihm gegenüber. Er grinste, ein ehrliches Grinsen, durch das man seine Zähne sehen konnte und zuckte mit seinen breiten Schultern, die sich unter dem T-Shirt abzeichneten.
"Mal sehen", lachte er und ließ seinen Kopf nach hinten sinken, sodass ich nur noch seinen langen Hals und das markante Kinn sehen konnte, an dem sich eine kleine Narbe befand.
Ganz klein, im künstlichen Licht der Flurlampen kaum zu sehen, aber wenn wir im Sommer draußen in unserem Garten saßen, unter dem einzigen Apfelbaum auf dem weitläufigen Rasen, und er die Augen schloss, um die Sonne zu genießen, dann hatte ich schon ganze Minuten damit verbracht, auf seine Narbe zu starren, die verschiedenen Farbschattierungen zu analysieren, und habe versucht, sie zu beschreiben. Doch die Wahrheit ist bitter und hat mich jedesmal aufs neue verzweifelt gemacht: Manches kann man nicht mit Worten beschreiben. Wie auch? Wie will man eine glatte, zusammengezogene, fast runzlige Haut beschreiben, die so anders war, als die Umliegende?
Meine Augen fokussierten wieder seine Kehle. Jedesmal wenn er schluckte, zeichnete sich sein Adamsapfel unter seiner Haut ab und ich biss auf meine rissige Unterlippe, um mich davon abzulenken.
Ob Kevin wusste, dass er sich einen so arroganten Typen geangelt hatte? Vermutlich, die Beiden verbrachten schließlich viel Zeit zusammen, jedenfalls laut Matze. Ich wusste wirklich nicht, wie man so jemanden mögen konnte.
Diese Arroganz, der Blick, der deutlich machte, dass er besser ist als jeder andere hier und das selbst dann noch, als er fast verprügelt worden wäre, hätte Matze nicht eingegriffen. Und doch steckte irgendwo in mir auch ein klitzekleiner Funken Bewunderung für ihn, weil er so selbstsicher war und das, obwohl es keinerlei Grund dafür gab.
Er war sich seines Wertes bewusst, brauchte dafür kein gutes Aussehen und er musste auch nicht viele Freunde haben, um stolz auf sich selbst zu sein. Er existierte und das war der einzige Grund, den er brauchte, um sich als jemand Besonderes zu fühlen, als hätte er damit eine Daseinsberechtigung.
"Mir wärs lieber, wenn du es nicht tun würdest. Ich mag ihn nicht", flüsterte ich nachdenklich. Der Blonde hob fragend den Kopf.
"Was hast du gesagt?" Ich lächelte. "Nichts. Gar nichts..."
Vorsichtig presste ich meine Nase an das eisige Glas des Schaufensters, dessen Rahmen wegen der kalten Minusgrade mit Schneeflocken bedeckt war. Meine Fingerspitzen tasteten sich vorsichtig über die Scheibe, zeichneten einen traurigen Smiley auf das beschlagene Glas und verursachten dabei ein quietschendes Geräusch.
Meine Lippen verformten sich zu einem verbitterten Lächeln, spitzten sich leicht, um das Ziehen in meinem Kiefer auszugleichen. Meine Augen brannten, doch ich schielte in den Himmel, schluckte und war erleichtert, als ich spürte, dass die Tränen wieder dorthin verschwanden, wo sie hingehörten.
Doch der schwere Kloß blieb, direkt über meinem Herzen und stieß bei jedem lebendigen Schlag ein Messer in meine Brust, höhlte sie aus und ergötzte sich daran, wie ich vor Schmerz zusammenzuckte. Ich ging ein paar Schritte, rüber zum nächsten Schaufenster, ließ meine Augen über die Waren gleiten, eher aus Routine als aus wirklichem Interesse.
Meine Hände hatte ich wieder in die Jackentasche gesteckt, wo sie sich zu Fäusten ballten und meine Fingernägel fest in die Handinnenfläche drückten. Es ist richtig, sagte ich mir, es ist richtig! Ein Seufzen glitt über meine Lippen. Es war richtig, das wusste ich, aber es fühlte sich nicht so an. Eher, als ob man mir die Luft zum Atmen genommen hätte.
Aber die Welt drehte sich weiter und noch einmal würde Matze das Thema sicher nicht anschneiden. Ich bließ schnaufend meine Luft aus und beobachtete, wie es sich in eine weiße Wolke verwandelte und nach oben stieg.
Ich konnte es abhaken, zu den Sachen packen, die zwar unangenehm, aber nötig gewesen waren. Und es würde wieder so werden, wie es einmal war. Zugegeben, es müsste noch einige Zeit vergehen, bis diese Spannung zwischen uns sich verdünnisierte, aber dann ...
Ich nickte bestätigend. Ja, dann würde alles gut werden!
Eine innere Stimme rief mir zu, dass ich mir nur selbst etwas vormachte, aber ich ignorierte sie. Es war besser so, was konnte ich ihm auch schon geben? Ich sah an mir runter, sah den Schwabbel-Bauch, meine Schwabbel-Beine meinen Schwabbel-Körper. Ich war mehr Wackelpudding als Mensch und in soetwas konnte man sich einfach nicht verlieben. Egal, was Matze sich für Gefühle einbildete, ich wusste es besser. Alles nur Trug und Schein!
Meine Vorderzähne schlugen sich in das Fleisch meiner Unterlippe, rissen sie auf und ich schmeckte den metallischen Geschmack des Blutes an meinem Gaumen, der mich befriedigte. Matze hatte so verletzt ausgesehen, als wäre seine Welt von jetzt auf gleich in tausend Einzelteile zersprungen.
Wieder ein Seufzen, nein, eher ein Schluchzen, ganz tief aus meiner Brust. Meine Finger fanden ihren Weg in mein Gesicht, bevor ich überhaupt realisierte, dass ich weinte, dass die Tränen nun endlich ihren Weg auf meine Wange fanden. Nass und warm rann das Nass durch meine blauen Finger, wärmten die kalte Haut, schrien meinen Schmerz hinaus in die Welt, wo mich keiner hörte oder hören wollte.
Verdammt, ich wollte ihn, wollte seinen Mund spüren, wollte den Morgen zurück und alles ändern. Ich wollte meine Hände mit seinen verschränken und, weiß Gott, nie mehr loslassen! Wollte ihm sagen, dass ich ihn doch auch liebte, dass alles nur gelogen war und ich ein Idiot.
Ich kniff meine Lippen zusammen, ließ keinen Laut mehr darüber kommen und wischte mir die Tränen davon. Atmen, Eddie, atmen. Ich schluckte schmerzhaft den Kloß herunter, stieß mich von der Betonwand ab, an die ich mich in meiner Verzweiflung gelehnt hatte und ging davon. Einfach nur weg, dachte ich, einfach nur weg von hier! Vielleicht würde der Schmerz ja dort bleiben, an den Schaufenstern, mitten in der Stadt, umgeben von Menschen, die einen doch nicht sahen.
Während ich durch die vollen Straßen zog und einen Fuß vor den anderen setzte, behielt ich meine Hände fest in den Taschen. Die Finger meiner rechten umklammerten noch immer mein Portemonnaie und erinnerten mich still daran, was ich eigentlich hier verloren hatte.
„Matzes Geburtstag“, seufzte ich leise und es schien, als hätte der Wind meine Worte einfach mit sich genommen. Schneeflocken bedeckten mein Haar, setzten sich auf meine Wimpern oder Lippen, schmolzen fröhlich weg und hinterließen kleine Wassertröpfchen, die von meiner Haut perlten und ihren Weg auf den Boden fanden.
Siebzehn Jahre. Ich musste lächeln. Er hatte kein Sterbenswörtchen über seinen Geburtstag verloren und in letzter Zeit hatte ich ihn auch ganz vergessen. Aber jetzt, wo alles ruhig war, fiel es mir wieder ein. Nur noch drei Tage für das perfekte Geschenk! Nervosität schlängelte sich in mir hoch. Oder...
Ich biss mir auf die Lippen. Vielleicht sollte es gar nicht perfekt sein, vielleicht sollte ich ihm irgendetwas Unpersönliches kaufen, etwas Praktisches, etwas, das keine Gefühle ausdrückte. Ganz oberflächlich eben. Irgendein Schnick-Schnack für den PC. Oder ein Buch, eine CD vielleicht?
Wie hieß nochmal dieser Rapper, den er so gern mochte? Es klang ausländisch... Angestrengt runzelte ich die Stirn, kämpfte mich durch eine kleine Seitengasse wieder auf die Hauptstraße und murmelte konzentriert türkische Namen vor mich her. Irgendwas mit F... Ferrari? Nein, aber so ähnlich. Egal, die im Laden würden schon wissen, wen ich meine!
Ich schlang die Jacke enger um mich, zog den Kopf ein und griff mit meiner rechten Hand nach der eisigen Klinke, um die Tür des Elektrogeschäfts aufzuziehen. Orange Letter prangten über dem Eingang und leuchteten grell. Überall waren Menschen, Verkäufer, Käufer, ab und zu ein Kind, das schreiend durch die Gänge rannte und verlangend auf Spiele deutete. Es wirkte alles so normal. Wenn ich früher hier war, dann fühlte ich mich wie ein Teil dieser Menge, auch wenn ich mich doch abgrenzte, aber jetzt ...
Jetzt war es, als wäre ich nur ein Beobachter, dabei unterschied mich rein gar nichts von ihnen. Gut, ich hatte zu viel auf den Rippen und das war noch milde ausgedrückt, aber wenn ich mich umsah, dann war ich mit diesem Problem nicht alleine.
Seufzend quälte ich mich von einer Abteilung zur nächsten, streifte Verpackungen von überteuerten Kaffeemaschinen und Preisschilder der noch überteuerteren Mobiltelefone. Ganz hinten im Laden, neben Videospielen und jeglichem Kabelgedöns, waren die CD's aufgebaut. Eine Scheibe nach der anderen, säuberlich aufgeteilt nach dem Alphabet.
Meine Fingerspitzen glitten über die Ränder der Plastikhüllen, schoben eine nach der anderen nach vorne, um die nächste zu begutachten. Fernanda Brandao, Fantastischen Vier, Fall out boys, Farid Bang, Fear Factory ... Warte, das … ! Farid Band, das war es! Genau danach habe ich gesucht!
Ich griff nach der CD, zerrte sie aus all den anderen heraus und drehte sie prüfend um. Keine Ahnung, was Matze an diesem Kerl fand. Protziger Muskelmann, mit ner Militärfrisur und fast krampfhaft geballten Fäusten. Würde ich so nem Typen auf der Straße begegnen, ich würde mich hinter einer Straßenecke verstecken! Ganz sicher sogar ...
Ich rümpfte die Nase, spähte auf den Preis des neusten Chartstürmers Killa (ich musste augenblicklich die Augen verdrehen) und zuckte akzeptierend mit den Schultern. Es war okay, es war ... Ich seufzte. Ich hatte ein nagendes Gefühl in meinem Bauch, das mir einzureden versuchte, dass es einfach nicht richtig war. Ich wog die CD in meinen Händen, reichte sie von der einen zur anderen, und atmete tief ein.
Es war so ... kalt. Unpersönlich. Und ich wusste, dass ich seinen Gesichtsausdruck, wenn er die CD aus dem Geschenkpapier gefummelt hatte, für immer in meinem Kopf haben würde. Wahrscheinlich wird er nicht mal mit der Wimper zucken, wenn er sich bedankt. Es wird ihm wirklich gefallen, daran hatte ich keinen Zweifel.
Aber es gefiel mir nicht. Ich mochte das Gefühl von der Klarsichtfolie unter meinen Fingerspitzen nicht und der chemische Geruch, der daran heftete, verursachte Übelkeit bei mir. Aber ich riss mich zusammen. Ich hatte das Desaster angefangen und jetzt musste ich es auch durchziehen!
Ich straffte meine Schultern, ging den kurzen Gang zu den Kassen hinunter und legte sie auf das Band. Ich spürte die Blicke meines Hintermannes in meinem Nacken und dessen heißen Atem auf meiner Haut. Ich hasste es, wenn es so eng war, Menschenkörper aneinandergepresst, sodass kaum ein Blatt zwischen sie passte. Ich bewegte mich einen Schritt weiter, holte das schwarze Leder-Portemonnaie aus meiner Jackentasche, öffnete es einen Spalt und fummelte einen zerknitterten Zehner heraus.
Und was ich noch mehr hasste, war das Gefummel, das durch das ganze Kleingeld verursacht wurde, wenn man versuchte, sowohl Einkauf als auch Rückgeld zu händeln und die Börse dabei noch in der Hand hat. Schrecklich. Ich war froh, als ich wieder den kalten Winterwind in meinem Gesicht spürte und die kleine Tüte wild an meinem rechten Handgelenk baumelte, während die Eingangstür hinter mir zuschlug.
Irgendwie wurde das Nagen beim Anblick der vollen Tragetasche noch ein wenig intensiver. Vielleicht …? Nein! Kam gar nicht in Frage! Ich hatte mich ganz klar dazu entschieden, dieser ganzen Romantik-Dusselei keinen Platz zu geben. Aus gutem Grund - ich war schlichtweg nicht dazu fähig, einen Menschen wahrhaftig glücklich zu machen.
Vielleicht lag es an den Genen, oder daran, dass meine Eltern sich in meiner Gegenwart zu wenig knutschten und das nun traumatische Narben hinterlassen hatte, aber der Gedanke, Matze in irgendeiner Weise zu verlieren, war schier unerträglich. Und ebendies würde aus so einer Beziehung resultieren: Verlust!
Ich mochte den Blonden echt. Und nun stelle man sich mal vor, ein Beziehungs-Legastheniker wie ich, würde ... Nein, einfach unmöglich! Ich schüttelte wild den Kopf und fing mir dafür einige verstörte Blicke von Passanten ein. Lieber ertrug ich den brennenden Schmerz in meinem Herzen, der hoffentlich irgendwann resignierend erlischt, als mich in einen wilden Strudel von Problemen und Traurigkeit zu begeben, der uns am Ende womöglich beide fertig machen würde.
Möglicherweise hatte das mit meinem angeborenen Selbsterhaltungstrieb zu tun, aber ich wusste instinktiv, dass das eine Übel, dem anderen vorzuziehen war. Wäre da nur nicht dieses nagende, ätzende Gefühl in meinem Magen, das mir sagte, dass ich gerade einen völlig falschen Weg einschlug. Ich bohrte meine Vorderzähne in die Unterlippe und kniff mit Daumen und Zeigefinger leicht in meinen Nasenrücken, um die stockende Durchblutung anzuregen und unauffällig den Schnodder darunter wegzuwischen.
Ich war schon immer schlecht darin gewesen, Entscheidungen zu treffen, aber in dieser Sache war ich mir doch zu 100% sicher gewesen, oder etwa nicht? Ich seufzte. Schon wieder und diesmal aus vollem Herzen.
Klack. Klack. Klack. Immer wieder. Klack. Meine Fingerspitzen flogen in einem unregelmäßigen Rhythmus über meine Tastatur und füllten Zeile um Zeile des weißen Desktops. Mein Mund nuckelte aufgeregt an dem Ende eines Strohhalms, der mit meinen Bewegungen nach oben und unten wackelte. Ein letztes Mal: Klack. Fertig. Aus. Vorbei. Endlich.
Ich spuckte den Halm hastig aus, sah, wie er auf dem Boden liegen blieb und stockte kurz. Sollte ich ihn nicht lieber … Nein, Eddy, später! Ich stellte den Drucker an, der röchelnd und ratternd ansprang und schob hastig einen Stapel ungebrauchtes Papiers hinein, das sogleich in einem verschlungen wurde. Verdammt!
Ohne Zeit zu verlieren, schlang ich meine Finger um die Blätter und zerrte gegen den Widerstand des Druckers an. Die Zahnräder, die die Blätter eingesogen hatten, gaben krachend nach und ich hielt nicht nur das Papier, sondern auch eines der kleinen Plastikteile, das zwar nachgegeben, sich aber in den Stapel gebohrt hatte, in der Hand. Verzweifelt stieß ich meinen Atem aus und ließ mich schlaff auf den Boden fallen. Was eine Tortur!
„Ich sollte es definitiv bei der CD belassen“, murmelte ich abgelenkt, während ich auf Knien eines der Blätter in den Drucker friemelte und die Funktionstüchtigkeit testete. Das etwas ungesund klingende Rattern erklang und ich hätte vor Erleichterung beinah vergessen, ein neues Blatt einzulegen, als das erste Bedruckte zischend herauskam.
So lief das eine Zeit lang: Das Produkt herausnehmen, dabei auf die frische, feuchte Tinte achten, ein neues Blatt einlegen und das andere eilig einen dieser Klappmappen verstauen, in denen man immer die Bewerbungsunterlagen aufbewahrte, auf die man sowieso nie einen zweiten Blick warf. Und dann war es fertig - abgedruckt und nach billiger Bio-Tinte riechend hielt ich es stolz in meinen Händen und strich vorsichtig darüber.
„Ja, ich sollte definitiv die CD nehmen“, flüsterte ich lächelnd und spürte, wie meine Augen anfingen zu glitzern. Wann genau ich mich dazu entschieden hatte, von meinem eigentlichen Plan auf den Jetzigen umzusteigen, wusste ich selbst nicht so genau. Ich schätze, irgendwann zwischen der dritten Wiederholung von Titanic und dem vierten Stück von Mamas Apfelkuchen, möglicherweise aber auch schon vorher …
Wahrscheinlich war es aber eher das Bild von Matze, das irgendwo tief in der Galerie meines Handys gesteckt hatte und in einem meiner Sehnsuchts-Anfälle hervorgekramt worden war. Es hatte sich wortwörtlich in meine Netzhaut gebrannt.
Ich könnte schwören, irgendjemand hätte es in tausendfacher Ausgabe überall dort aufgehängt, wo ich entlanglief. Und das seit drei, qualvollen, herzzerreißenden Tagen, die ich entweder mit Räuber Hotzenplotz schmusend in meinem Zimmer, in der Schule oder in Erdans Imbiss verbracht hatte.
Dad hatte sogar versucht, mich aufzumuntern, indem er mich zum Wochenmarkt mitschleifte – seiner Meinung nach eine super Möglichkeit sich abzulenken von „was auch immer, Eddy“. Er hatte sich keine Mühe gemacht, nachzuforschen, warum ich mich so anders verhielt, und genau das war es, was ich an ihm so mochte: Er ließ mich einfach machen.
Mum war da ganz anders. Sie hatte mich erst besorgt gemustert und dann um-hätschelt wie einen sterbenden Schwan. Dabei fühlte ich mich eher wie das hässliche Entlein, als wie ein Schwan. Soweit ich es nämlich beurteilen konnte, wuchs in den letzten Tagen nicht nur mein Liebeskummer, sondern auch mein Bauchumfang.
Stress bekam mir noch nie gut, sagte ich mir still, während ich beim morgendlichen Wiegen tatsächlich 1,5 Kilo mehr entdeckte. „Einfach unmöglich“, murmelte ich kopfschüttelnd immer wieder, bis Mum meinen verstörten Anblick nicht mehr ertragen konnte und mich kurzerhand zum Putzen quittierte.
Naja, also irgendwann zwischen diesen ganzen Ereignissen hatte ich entdeckt, dass es vielleicht gar nicht schlecht wäre, auf Risiko zu setzen. Denn, wie es Justin einmal passend formuliert hatte: Yolo. You only live once – „Du lebst nur einmal!“.
Genau das hatte ich nun also vor. Mit Matzes Bild vor Augen lief ich in einem meiner schickesten Hemden und meiner babyblauen Winterjacke, einer spärlich verpackten CD und einer Bewerbungsmappe zu den Kringels.
Das Hochhaus hatte sich in der kurzen Zeit kaum verändert, der Aufzug war noch immer „außer Betrieb“ und das schmale, mit Linoleum überzogene Treppenhaus war genauso schmutzig wie immer. Nach und nach erklomm ich Stufe für Stufe die Treppen bis hoch zur Wohnung von Matzes Dad.
Ich meinte das Kreischen der Kleinsten Kringels hören zu können, als mir auch schon ein völlig verzauster Manu entgegenhastete. In einer tiefsitzenden Hose und einem fleckigen, blauen T-Shirt, das völlig ungeeignet für das eisige Wetter draußen war, hoppste der Jüngste der fünf Brüder ungeduldig von einem Bein auf das andere.
„Manu, verdammt, warte doch mal, du Zwerg! Deine Jacke!“ Matze hielt eine kleine rote Jacke hoch, die mit winzigen Spielzeugautos bedruckt war. „Und das du ja nicht, … “ Verblüfft sah er mich an und ließ die Jacke schlaff nach unten fallen, worüber sich Manu lautstark beschwerte, aber seinen Bruder schien das nicht einmal zu kümmern.
„Eddy, was machst du denn hier?“ Ich lächelte schief und hielt das buntverpackte Geschenk hoch. „Na Geburtstag feiern, was denkst du denn?“ Er lächelte zaghaft zurück und zupfte fahrig seine übergroße Jogginghose zurecht, die von seinem Hintern zu rutschen drohte.
Ich übersprang die nächsten zwei Stufen und zögerte eine kurze Sekunde lang, ehe ich meine Arme um ihn schlang und mein Kinn vorsichtig auf seine Schulter stützte. „Alles Gute zum 17ten, Matze“, flüsterte ich heiser in sein Ohr und spürte die Hitze seines Körpers an meinen Händen hochschlängeln.
Nur zögerlich legten sich seine Finger auf meinen Rücken, drückten leichte Dellen in meine Jacke, ehe ich mich von ihm löste und mit rot gewordenen Wangen einen Schritt zurück trat und ich mich fragte, ob ihm das wohl auch so unangenehm war wie mir.
„Man Eddy, du stehst auf meiner Jacke!“, meckerte Manu und strich sich verärgert über eine blonde Strähne, die ihm im Gesicht hing. „T-Tut mir leid.“ Hastig stieg ich von dem roten Ärmel, der vom Schnee unter meinen Schuhen nun einen großen Wasserfleck aufwies.
„Mach, dass du weg kommst, Kleiner, Pascal kommt gleich.“ Matze zog bedeutungsschwanger seine linke Augenbraue hoch und sein Bruder verzog angeekelt sein Gesicht, bevor er sich umdrehte und hastig die Treppen runterflitzte.
„Wo-Wohin geht er denn?“, fragte ich verlegen und beobachtete, wie der Blonde sich durch das zerzauste Haar fuhr. „Er bringt sich beim Nachbarn in Sicherheit. Kevin und Pascal planen eine Runde Matratzensport und Manu hat daraufhin ausnahmsweise ganz freiwillig die Wohnung verlassen!“
„Und du? Willst du gar nicht gehen?“, fragte ich zögerlich. Er zuckte mit den Schultern. „Naja, die beiden Turteltauben verziehen sich zu der Bohnenstange, das weiß der Kleine natürlich nicht und ich“, er klopfte sich stolz auf die Brust, „habe jetzt offiziell sturmfrei!“
Ich lachte kurz auf, ehe ich mir zögerlich auf die Unterlippe biss und noch einmal sachte über das Geschenkpapier der CD strich. „Ich hab hier was für dich …“ Matze machte große Augen, wobei sich eine kleine Falte zwischen den Augenbrauen bildete - ich hätte nur zu gern versucht, sie glatt zu streichen.
„Eddy, du weißt doch, dass das nicht nötig …“, fing er an, doch ich winkte hastig ab. Wenn er noch länger reden würde, wäre meine Entschlossenheit irgendwo hin, aber sicher nicht hier, wo ich sie doch so dringend brauchte.
„Na gut, ähm, dann lass uns reingehen, ja? Aber nur zur Vorwarnung: Ich hab' echt nicht mit Besuch gerechnet, also …“ Er zuckte mit den Achseln und deutete unbeholfen auf die offene Wohnungstür, die das Chaos freigab, das unweigerlich dann entstand, wenn man mit kleinen Kindern lebte.
Mit klopfendem Herzen und schweißnassen Händen schritt ich durch den engen Flur, vorbei am Wohnzimmer und dem Bad, direkt auf die Zimmertür mit dem abgewetzten Totenkopf zu.
Meine Finger schwebten wage über dem metallernen Türknauf und mir wurde bewusst, dass, wenn ich dieses Zimmer betrat, es zwei Möglichkeiten gab, wie ich es wieder verlassen könnte. Entweder war ich dann in einer aussichtslosen Beziehung mit meinem besten Freund oder es würde keinen besten Freund mehr geben. Beides nicht wirklich erfolgversprechend. Aber Ersteres war mir deutlich lieber! Ja, sogar viel lieber …
„Willst du hier noch ewig stehen bleiben?“ Matze schubste mich spielerisch weg und öffnete die Tür, ohne auch nur einen Moment zu zögern. Kein Wunder, er hat ja auch keinen Schimmer, was hier gleich passieren würde, dachte ich schweigend und ließ mich neben ihm auf dem ausklappbaren Schlaf-Sofa fallen, dessen Polster viel zu hart zum Pennen war und sich unangenehm an meinen Körper schmiegte.
„Magst du was trinken? Ich hab hier noch irgendwo ne Cola versteckt … warte kurz!“ Ächzend streckte er sich über die Sofakante, griff wage ins Leere und tauchte anschließend triumphierend mit einer Flasche des Süßgetränkes wieder auf.
Fragend hielt er sie in meine Richtung, doch ich winkte ab. „Ähm, nein … danke!“, stammelte ich stattdessen und schloss meine Fäuste krampfhaft um die Tüte, während die CD auf meinem Schoß im Takt meiner nervösen Beine auf- und abwippte.
„Ich habe echt nicht damit gerechnet, dass du auftauchst.“ Matze strich sich fahrig über seine Nasenspitze und ich konnte dabei erstaunt beobachten, wie seine Wangen sich röteten.
„Du bist mein bester Freund“, antwortete ich schlicht und zuckte mit den Achseln.
„Hier.“ Ich hielt ihm die verpackte CD entgegen und lächelte leicht, als er den Kleber Streifen für Streifen löste, bevor er das Papier in Fetzen riss.
„Killa ... Die ist verdammt gut, ich hatte ja keine Ahnung, dass wir den selben Musikgeschmack haben!“
Er öffnete grinsend die Plastikhülle, steckte sich die silberne Scheibe auf den Zeigefinger, ehe er sie in das bunte Kinder-Radio schob.
„Haben wir auch nicht wirklich, aber ich weiß ja, dass du so ein Zeug hörst, also …“ Wieder ein zögerliches Schulterzucken.
Reiß dich zusammen, Eddy! Soll ja schließlich nicht alles umsonst gewesen sein.
„Ich habe noch etwas für dich.“ Wortlos hielt ich die weiße Plastiktüte hoch, durch die man bereits den dunklen Umschlag der Mappe erkennen konnte.
Es raschelte, als Matze sie mir vorsichtig aus der Hand nahm und die Träger auseinander zog.
„Was ist das?“
„Dein richtiges Geburtstagsgeschenk“, flüsterte ich heiser und leckte über meine rauen Lippen, die vor Aufregung bebten. Zögernd griff er nach der Mappe, legte die Tüte auf das Bett und kniete sich selbst davor.
„Du hast mir doch schon die CD …“ Ich lachte nervös. „Es ist nicht gerade spektakulär, also … !“
Ich zuckte mit den Schultern. Seine Hände schlugen die Mappe auseinander und legten das weiße Deckblatt frei.
„Eddy! Was ist das?“ Seine Fingerspitzen blätterten durch die Seiten, betasteten prüfend das Papier, als wollten sie es auf eine geheime Hintertür untersuchen.
Hastig schluckte ich den Kloß hinunter. Jetzt oder nie!
„Das- das sind m-meine … Es sind meine Gefühle für dich, Matze.“ Ich zuckte verzweifelt mit den Schultern, „Ich dachte, es wäre einfacher, wenn ich sie aufschreibe, auch wenn es wahrscheinlich nichts daran ändern wird, dass …“
„ Scheiße, Eddy! Du bist so verdammt dämlich! “
Erschrocken zuckte ich zusammen. Meine Fäuste hingen lasch an meinen Seiten, unfähig, sich auch nur einen Millimeter zu rühren. Kalt lief es mir den Rücken runter und eine Gänsehaut bildete sich auf meinen nackten Unterarmen. Bitte nicht! Bitte, bitte nicht, flehte ich stumm vor mir her.
Er raufte sich mit beiden Händen das blonde Haar und ließ die Mappe dabei achtlos mit einem platsch auf den Boden fallen. Schmerzhaft schlossen sich meine Augenlider.
Ich wusste es ja. Ich hatte gewusst, dass es so enden könnte. Und doch hatte sich ein klitzekleines Stückchen Hoffnung in mein Herz geschlichen und war während der ganzen Zeit heimlich, still und leise herangewachsen.
Tja, jetzt saß ich hier und wünschte mir, ich wäre Zuhause in meinem kleinen, dunklen Zimmer geblieben, mit den Postern meiner Kinderhelden und meinem Bett.
Ich sehnte mich nach meinem schützenden Kissen, das alle meine Tränen in sich aufsog und sich nahtlos an meine Haut kuschelte, wenn ich es brauchte.
Das Dumme war nur, dass es nicht so warm wie Matze war. Und auch nicht so hübsch oder witzig.
Es hatte keine blonden, schimmernden Haare, die an allen Seiten abstanden, wenn der Wind sachte dadurch fuhr. Und keine blasse, weiche Haut, die wie purer Schnee aussah, wenn wir nebeneinander saßen.
Und überhaupt war es eben nur ein dummes Kissen!
„Matze, ich …“
„Halt die Klappe, Eddy!“, unterbrach er mich sofort. „Aber …“, versuchte ich es erneut, doch er wehrte ab.
„Halt einfach für einen Moment deinen Mund, okay?“
Ich nickte ergeben und presste nervös meine bebenden Lippen aufeinander.
Ich traute mich nicht, aufzusehen oder etwas zu sagen, also blickten meine Augen stur auf den abgewetzten Boden, mit hunderten Macken und dunklen Flecken, die sich in meine Netzhaut bohrten.
„Irgendwie machst du es mir immer verdammt schwer, weißt du das?“ Ich hörte, wie Matze sich schnaufend gegen das Gestell des Bettes lehnte und seufzend nach der Mappe griff.
Ich wagte es, meinen Blick ein Stück zu heben, nicht viel, nur so weit, dass ich auf seine Hände schielen konnte, und atmete so leise wie möglich aus.
Matze schob das schlichte Deckblatt beiseite und biss sich leicht auf die Unterlippe, während er jede einzelne Zeile las, die ich für ihn abgetippt hatte.
Es war nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Er grinste nicht und es gab keine Tränen, ich fühlte mich nicht leicht wie eine Wolke und romantisch war es schon gar nicht.
Es schien eher, als würde jeder meiner Atemzüge hektischer und lauter werden, während es um mich herum immer leiser wurde. Es war mir unangenehm hier zu sitzen und zuzusehen, wie er mein Innerstes begutachtete.
Er verzog keine Miene und bewegte sich auch sonst nicht. Nur seine Hände blätterten alle paar Minuten um, strichen die Kante des Blattes zurecht und legten sich dann wieder auf Matzes straffen Oberschenkel.
Es fühlte sich wie Ewigkeiten an, als er die Mappe endlich senkte und sich der Länge nach ausstreckte. Seine Knochen knackten und ich wartete angespannt auf irgendeine Reaktion. Ein Lachen vielleicht, oder ein wutentbranntes Schnauben.
Doch er sagte nichts. Er saß einfach nur da, lehnte sich gegen das Bettgestell und schloss die Augen.
Unsicher schluckte ich.
„Matze?“ „Mmh?“
„Willst du denn … ich meine – willst du denn gar nichts dazu sagen?“
Seine Mundwinkel hoben sich leicht und er lachte erstickt. „Nein, eigentlich nicht.“
„Ich meine … So gar nichts?“ Nervös zupfte ich an meinen kühlen Fingerspitzen und sah abwechselnd von ihm zur Zimmerwand.
„So gar nichts.“
Bestätigend nickte er mit dem Kopf. Sein nackter Zeh malte kleine Kreise auf den Boden und mit jedem verstrichenen Zentimeter wurde der Drang zu fliehen stärker.
Ich hätte nie herkommen dürfen, ich hätte seine Worte ignorieren sollen. Denn jetzt hatte ich das Dilemma.
Wahrscheinlich hatte er nichts davon ernst gemeint. Wie könnte er auch? Wenn man mich ansah, sah man einen stark übergewichtigen Italiener mit unreiner Haut und einer zu dicken Nase. Ich war weder witzig noch intelligent und gutaussehend schon mal gar nicht.
Zusammenfassend gesagt: Es gab eigentlich keinen Grund, mich zu mögen!
Ich hatte es immer gewusst und ich wusste es auch jetzt, wahrscheinlich sogar noch intensiver als in jedem anderem Moment.
Aber es hatte sich die Hoffnung eingeschlichen, dass ich es vielleicht doch wert war, geliebt zu werden, ganz unabhängig von meinem Aussehen oder meinem kindischen Auftreten. Einfach, weil ich existierte und auf dieser Erde wandelte wie noch 7 Milliarden anderer Menschen neben mir.
Scheiß Pascal, der hatte mich verdorben mit seinen abstrusen Ideen und Vorstellungen!
„Wenn das so ist, dann sollte ich wohl besser gehen.“
Hastig griff ich nach meiner Jacke und stieß mich von der Matratze ab, auf der sich bereits die Form meines Hinterns abzeichnete.
„Ich denke, du solltest bleiben, immerhin hast du mir gerade eine Liebeserklärung gemacht!“
Lachend strich er sich die Haare aus dem Gesicht und sah verschmitzt zu mir hoch, ehe er seine Hand hob und mit ihr nach der Meinen griff.
Seine schlanken Finger fühlte sich angenehm warm auf meiner unterkühlten Haut an, die vom eisigen Wetter noch ganz bläulich war.
Irgendwie war es verrückt, wie viele meiner Hoffnungen ich unbemerkt in meine Geschichten gesteckt hatte. Wie viel von mir selbst in einem jeder meiner Wörter steckte, ohne dass ich es wollte. Ich wollte, dass jeder der flüchtigen Berührungen eine kleine Liebkosung war und jeder durchdringender Blick ein Beweis dafür, dass die Liebe nicht nur ein Hirngespinst war, sondern Realität.
Und erst im Nachhinein wurde mir klar, wie notorisch ich mich selbst belügt hatte. Denn vielleicht drückt eine einfache Berührung im wirklichen Leben nicht alles aus, was wir in unserem Inneren verbergen, aber sie drückt etwas aus. Ich musste nur lernen, sie zu verstehen.
Und Matzes Finger mit Meinen verschränkt drückte etwas aus, das ich mir nie hatte träumen lassen können:
Liebe!
Texte: Die Rechte für diesen Unsinn hier liegen bei mir!
Bildmaterialien: Ich besitze keine Rechte an dem Original des Bildes und bitte alle, das Kopieren und Vermehren des Titelbildes zu unterlassen!
Tag der Veröffentlichung: 29.12.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Hallo!
Ersteinmal freut es mich, dass du hier vorbei geschaut hast und ich hoffe, es hat dir gefallen! Ich widme dieses Buch wie immer den Lesern und den großartigen Liedern, deren Titel die Kapitel zieren ;)
Liebe Grüße
Osterhase :3