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Leseprobe

Robert Louis Stevenson

Die krumme Janet

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Deutsch von Marguerite Thesing

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Reverend Murdoch Soulis war seit Vielen Jahren Pastor der Gemeinde Balweary, eines im Tale des Dule gelegenen Haidedorfes. Ein strenger, freudlos blickender, alter Mann, der Schrecken seiner Hörer, hauste er während der letzten Jahre seines Lebens in dem kleinen, einsamen Pfarrhause am Fuße des Hanging Shaw, ohne Verwandte, Diener oder irgendwelche menschliche Gesellschaft. Trotz der eisernen Gesetztheit seiner Züge war sein Blick wild, unsicher und voller Furcht; und wenn er in privater Ermahnung die Zukunft des unbußfertigen Sünders schilderte, schien sein Auge die Stürme der Zeit zu durchdringen und die Schrecken der Ewigkeit zu schauen. Viele junge Leute, die sich mit seiner Hilfe auf das heilige Abendmahl vorbereiteten, wurden von seinen Reden zu panischer Furcht aufgerüttelt. Insbesondere hatte er eine Predigt über Petrus I, Vers 5 und 8, »Der Teufel ist ein brüllender Löwe«, in der er sich selbst übertraf, sowohl durch den grauenerregenden Gegenstand wie durch das Furchtbare seines Gebarens auf der Kanzel, und die er an jedem ersten Sonntag nach dem 17. August hielt. Die Kinder wurden dabei von Krämpfen befallen, die alten Leute dagegen sahen mehr als gewöhnlich orakelhaft drein und ließen den ganzen Tag über allerlei Andeutungen fallen von der Art, wie Hamlet sie zu mißachten liebte. Das Pfarrhaus selbst lag neben den Wassern des Dule zwischen einigen dichten Bäumen; es war auf der einen Seite überschattet von dem hängenden Shaw selbst und bot nach der anderen Seite einen Blick auf zahlreiche, kalte Haidehügel, die sich hoch gegen den Himmel abhoben, und die bereits zu einer sehr frühen Zeit von Mr. Soulis Amtsdauer während der Abenddämmerung von allen, die sich auf ihre Vorsicht etwas einbildeten, gemieden wurden. Ja, die Gevattern, die sich in dem Dorfgasthause versammelten, pflegten bei dem Gedanken, spät in der Nacht an jenem unheimlichen Ort vorbei zu müssen, den Kopf zu schütteln. Um ganz genau zu sein, gab es dort eine Stelle, die mit besonderer Scheu betrachtet wurde. Das Pfarrhaus lag zwischen der Landstraße und den Wassern des Dule, mit je einem Giebel nach jeder Seite, während die Rückwand nach dem fast eine halbe Meile entlegenen Kirchdorf Balweary blickte und die Vorderfront samt einem kahlen, von einer Dornenhecke eingefaßten Garten den Raum zwischen Fluß und Straße einnahm. Das Haus hatte zwei Stockwerke mit je zwei geräumigen Zimmern. Es grenzte nicht unmittelbar an den Garten, sondern an einen Hohlweg oder Gang, dessen eines Ende auf die Straße führte und dessen andere Mündung durch hohe Weiden und Ellern, die den Fluß umsäumten, begrenzt wurde. Dieser gemauerte Gang erfreute sich unter den jüngeren Gemeindemitgliedern von Balweary eines ganz besonders schlimmen Rufes. Der Pastor pflegte dort häufig nach Anbruch der Dunkelheit auf und ab zu wandeln und mitunter in der Inbrunst seiner stummen Gebete laut zu stöhnen; und wenn er von Hause fort und

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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 02.12.2014
ISBN: 978-3-7368-6111-4

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