Im Wohnzimmer, hinter dem dicken Holzstapel unter dem Kamin, befindet sich ein kuscheliges
Mäusenest. Hier wohnt die kleine Lachmaus Kim mit Mama, Papa, Schwester Linn und Bruder Tim. Tagsüber liegen alle in ihrem warmen Nest und schlafen tief und fest. Erst gegen Abend werden sie wach. Munter rennen die Kinder hin und her, spielen Fangen und Verstecken.
Papa Lachmaus ist groß und stark. Er huscht durch die offenstehende Terrassentür nach draußen, um Eicheln und Haselnüsse für dem langen Winter zu sammeln.
Mama Lachmaus ist klein und zart. Sie trippelt in die Menschenküche. Schnuppernd hält sie die Nase hoch und sagt: „Es riecht nach Käse.“
Schnell krabbelt sie am Küchenstuhl hoch, läuft weiter über die Lehne und springt mit einem Satz auf die Fensterbank. Von hier aus kann sie auf den Spülschrank hüpfen.
Auf der grauen Arbeitsplatte steht ein großer Teller mit Schweizer Käse. Sehr praktisch!
Mama Lachmaus steckt den Kopf durch ein großes Käseloch, schleppt so das schwere Käsestück ins Nest und ruft: „Kinder, wir können essen!“
Zu Kim sagt sie: „Bitte lauf nach draußen und hol Papa!“
Papa Lachmaus hat einen ganzen Sack Haselnüsse gesammelt. Stöhnend zerrt er die schwere Last hinter sich her und schleppt den Sack ins Nest hinterm Kaminholz.
Mama Lachmaus lobt Papa. „Super Arbeit! Jetzt haben wir genügend Vorrat für den langen Winter. Wenn du dir deine Pfoten gewaschen hast, kannst du dich gleich zu uns an den Tisch setzen.“
Der Schweizer Käse aus der Menschenküche schmeckt den Mäusen sehr gut. Als Nachtisch für
die Familie hat Mama Lachmaus eine kleine reife Birne vom Baum hinten aus Omas Garten geholt.
Nach dem Essen streicht sich Papa Lachmaus über seinen dicken Bauch und lächelt zufrieden.
Plötzlich schreit jemand ganz laut. Erschrocken zucken die Lachmäuse zusammen.
„Wer war das denn?“, fragt die kleine Linn ängstlich und klammert sich an Mamas Rockzipfel.
„Das war das Menschenkind.“ Ärgerlich schüttelt Papa Lachmaus den Kopf und sagt: „Der
dreijährige Oskar ist zu Besuch bei Oma und Opa und will mal wieder nicht ins Bett.“
„Schlafen ist doch schön!“, rufen Tim und Kim. Sie sehen sich an und kichern.
„Man sollte dem Lausebengel beibringen, auf Erwachsene zu hören“, meint Mama Lachmaus und räumt den Tisch ab.
„Ihm beibringen besser zu hören, ist gut“, flüstert Kim und überlegt, wie sie es anstellen könnte.
Plötzlich hat sie eine Idee und ehe Mama und Papa sie aufhalten können, huscht sie mutig die steile Treppe zum Schlafzimmer hoch und horcht an der Tür.
Oma sagt gerade: „Lass deine Füßchen unter der Bettdecke und mach endlich die Augen zu, Oskar. Es ist schon sehr spät. Die Vögel schlafen auch schon alle. Man hört keinen Pieps.“ Energisch zieht Oma die Bettdecke über Oskar.
„Ich bin aber nicht müde, Oma!“ Und schon guckt wieder ein Fuß hervor.
„Lass den lieber drin, sonst beißt noch jemand in deinen großen Zeh!“, warnt Oma.
„Oma, du spinnst! Hier ist keiner, der mich beißt.“ Listig streckt Oskar auch den anderen Fuß unter der Bettdecke hervor.
Plötzlich hören Oskar und Oma wie es an der Schlafzimmertür raschelt, knabbert, stupst und fiept.
„Siehst du, da ist schon jemand, der dich in den Zeh zwicken will“, sagt Oma.
Mit einem Ruck zieht Oskar beide Füße unter die Bettdecke und flüstert: „Jetzt kann mich keiner beißen, und meine Augen habe ich auch fest zu!“
„Dann schlaf gut und träum was Schönes!“ Oma gibt Oskar einen Gutenachtkuss und löscht das Licht.
Die kleine Lachmaus Kim huscht eilig die Treppe herunter, damit sie nicht von Oma entdeckt wird.
Oskar hüpft und springt auf dem grünen Ledersofa herum, als wäre es ein Trampolin.
„Lass das! Du machst das Sofa kaputt“, schimpft Oma. Aber Oskar hört nicht.
„Wenn du nicht aufhörst, bringe ich dich wieder nach Hause“, sagt Oma ärgerlich.
Oskar verzieht das Gesicht und setzt sich brav aufs Sofa. Doch lange hält das nicht vor. Heute hat er nur Unsinn in seinem blonden Lockenkopf.
„Du bist ja fast so wie der Michel aus Lönneberga“, sagt Oma und droht mit dem Zeigefinger.
„Ich heiße Oskar und bin aus Bissendorf.“ Mit erhobenem Kopf stellt er sich vor Oma hin und sagt: „Ich bin schon ein großer Junge. Soll ich’s dir zeigen. Komm, wir kämpfen!“
Ehe Oma sich`s versieht, hat Oskar ein dünnes, langes Holzstück unter dem Kamin hervorgezogen und hält es wie ein Schwert drohend in die Höhe. Er zieht die Stirn kraus und
versucht mit seinen schönen blauen Augen ganz böse und gefährlich zu gucken.
„Bist du ein japanischer Samurai-Kämpfer?“, fragt Oma.
Als Oskar nickt, flüchtet sie sich schnell hinter den großen, dicken Ohrensessel. Mit grimmigem Gesicht will der Junge Oma angreifen. Doch was war das? Fünf kleine, graue
Schatten huschen an ihm vorbei, laufen eilig durch die weit offenstehende Terrassentür nach draußen.
Vor Schreck lässt Oskar das Holzstück fallen, springt mit einem Satz in den großen Ohrensessel und klammert sich angstvoll an Omas Hals.
„Nanu, was ist denn mit dir los?“ Erstaunt sieht Oma ihn an.
„Ich... Ich habe kleine graue Tiere gesehen!“, stottert Oskar.
„Du willst mich wohl veräppeln“, meint Oma lachend.
„Ganz bestimmt nicht. Ich schwöre es!“ Oskar hält die Hand hoch. Er spreizt die Finger und
sagt: „Oma, es waren genau fünf Stück!“
„Na gut“, sagt Oma. Sie nimmt Oskar an die Hand, und gemeinsam gehen sie nach draußen. Weit und breit sind keine grauen Tiere zu
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Anne Koch-Gosejacob
Bildmaterialien: Anne Koch-Gosejacob
Cover: Anne Koch-Gosejacob
Lektorat: Anne Koch-Gosejacob
Tag der Veröffentlichung: 12.07.2019
ISBN: 978-3-7487-0977-0
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