Cover

Der Wald

Der Wind strich durch mein Haar als ich durch den Wald ging. Es war schon dunkel geworden und überall raschelten die Blätter an den Bäumen. Wenn ich nicht so oft hier langlaufen würde, wäre ich schreiend davon gelaufen.
Heute jedoch kam mir der Wald noch unheimlicher vor als sonst. Ich weiß nicht warum, aber irgendwas stimmte so gar nicht. Denn sonst hörte man immer die Vögel singen oder man sah einen Hasen weg hoppeln, aber heute war gar nichts los. Als wäre der Wald ausgestorben oder die Tiere machen einen Winterschlaf,im Sommer, was natürlich noch unwahrscheinlicher ist.
Plötzlich war es totenstill, man hörte noch nicht mal mehr die Blätter. Nur meine Schritte auf dem feuchten Boden und da war noch etwas, aber ich konnte mir nicht erklären was.
Für ein Reh war das Geräusch zu laut und Bären oder sogar Löwen gibt es hier nicht. Vielleicht ein Mensch, das wäre aber komisch, da ich eigentlich nie auf dem Waldweg bliebe, weil keiner von ihnen direkt zum Friedhof führt und es querfeldein sowieso schneller geht.
Die Schritte kamen näher und jetzt ging auch ich schneller.
Bitte lass es nur eine Einbildung sein, dachte ich.
Da berührte plötzlich etwas meine Schulter. Doch als ich mich umdrehte war da nichts.
Oh mein Gott. Auf dem Boden lag ein toter Hase in einer Pfütze aus Blut.
Ich war geschockt und starrte den Hasen eine ganze Zeit lang an. Dann drehte ich mich wieder um und rannte.
Ich muss hier raus. Ganz weit weg von dem Wald und dem toten Hasen.

Auf den Straßen war nichts mehr los und nur noch wenige Autos fuhren. Die Straßenlaternen waren auch schon an.
Tante Celine macht sich bestimmt schon Sorgen, aber ich kann ihr nicht schon wieder erzählen, dass ich bei meiner Lerngruppe war, die es eigentlich gar nicht gibt. Aber wenn sie wüsste das ich wieder auf dem Friedhof war, würde sie durchdrehen.

Als ich durch die Tür ging, kam sie gerade aus der Küche auf mich zu.
„Wo warst du so lange ? Ich hab mir schon Sorgen gemacht, Miranda!“
„Du musst dir echt keine Sorgen machen, ich kann schon auf mich alleine aufpassen. Außerdem war ich nur spazieren. Also kein Grund zur Sorge.“
„Aber kannst du das nächste Mal nicht anrufen wenn du etwas später kommst?“
„Ja, okay. Wenn es dich beruhigt.“
„Oh, ja, das würde es. Möchtest du etwas essen, Liebling? Hannah und ich haben schon gegessen.“
„Ähm... nein danke.“
„Naja, falls du es dir anderes überlegen solltest, der Kühlschrank ist voll.“
Ich nickte nur.


Erinnerungen

Tante Celine ist wie eine Mutter für mich geworden. Sie hat mich großgezogen und obwohl sie, als ich 10 war, Hannah bekommen hat und mich trotzdem geliebt, wie ihre eigene Tochter. Für Hannah bin ich immer die große Schwester, sie weiß schon das wir keine richtigen Schwestern sind, aber ihr ist das egal und mir auch.
Meine Eltern sind gestorben als ich noch ziemlich klein war, deshalb kann ich mich kaum daran erinnern, wie sie gestorben sind. Und Tante Celine will nicht darüber reden. Sie meint, ich werde es noch früh genug erfahren.

Ich bin 16, kenne meine Eltern nur von wenigen Fotos, weiß nicht woran oder wie sie gestorben sind und das Einzige was ich von ihnen habe ist ein kleines Amulett, das ich immer trage. Darin befindet sich ein Foto, wo meine Mutter mit ihren langen braunen Haaren und ihrem unglaublich schönen Gesicht, mein Vater, der groß und muskulös wirkte und ich zusammen zu sehen sind.
So wird es nie mehr sein.
Hannah weiß, dass meine Eltern tot sind. Einmal hat sie zu mir gesagt, ich soll nicht traurig sein, denn ich würde sie irgendwann wieder sehen, aber jetzt ist es noch zu früh dafür.
Hannah war zu dem Zeitpunkt 5. Sie hatte mich beobachtet wie ich in meinem Zimmer saß und mir Bilder von meinen Eltern ansah.
Auch Hannah hatte ihren Vater nie kennen gelernt. Er war noch vor ihrer Geburt verschwunden, aber wenigstens hatte sie noch ihre Mutter.
Manchmal fragte sie mich ob ich ihren Vater gesehen oder sogar gekannt habe. Aber ich musste immer mit einem Nein antworten. Als Celine mit Hannahs Vater zusammen war, lebte ich schon seit einiger Zeit bei ihr, aber David, Hannahs Vater habe ich nie zu Gesicht bekommen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.07.2009

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /