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Kapitel 1


Zwischen Traum und Wirklichkeit



Ich wachte auf.
Es regnete, wie so oft in diesem Sommer. Ein warmer, trotzdem heftiger Regen.
Ich stand auf, ging zum Fenster.
Draußen lief ein Mädchen vorbei. Ihr Haar und ihre Kleidung waren durchnässt und dennoch lächelte sie und hüpfte in die nächste Pfütze. Ihr folgte ein Junge, er lächelte auch, nahm sie in den Arm und küsste sie.
Ich bemerkte, wie eine Träne über meine Wange ran, eine zweite folgte.
Gerade dann, wenn ich glaubte den Schmerz besiegt zu haben, wenn ich glaubte, dass die Wunde verheilt ist, geschehen Dinge und reißen alles wieder auf. Ich würde gern die Einsamkeit verbannen. Ich würde ihn gern verbannen, aus meinem Herz, meinen Gedanken, aus meinem Leben.
Doch egal wie sehr ich mich ablenke und versuche zu vergessen, es funktioniert nicht.
Jede Nacht träume ich von ihm und manchmal, auch wenn es noch so idiotisch ist, kommt es mir vor als würde er neben mir liegen und mich beim schlafen beobachten.
Auch in dieser Nacht träumte ich von ihm.
Ich träumte er würde neben mir, an meinem Bett sitzen und mit mir sprechen. Nur konnte ich mich an keines seiner Worte erinnern, es war wie ausgelöscht obwohl es sich so echt anfühlte. Es war, als würde sein Geruch meine Nase erfüllen, als würden seine braunen Augen ganz tief in meine sehen. Um zu verhindern, dass ich wieder zu weinen beginne machte ich mich auf den Weg in die Küche.

Ich schüttete gerade den Tee in meine Tasse. Der warme Dampf stieg mir ins Gesicht, der Duft von warmen Beeren erfüllte meine Nase. Plötzlich klingelte es an der Tür. Ich verließ die Küche, doch als ich öffnete stand niemand draußen, auch als ich rief: „Hallo ist da jemand?“ bekam ich keine Antwort.
Also wollte ich mich voll und ganz meinem Tee widmen, ich blies den heißen Rauch ein bisschen weg und wollte die Tasse an meine Lippen setzen als sie mir, plötzlich und mit voller Wucht, aus der Hand geschlagen wurde.
Ich drehte mich um, doch niemand stand hinter mir, wieder drehte ich mich und vor mir lagen die Scherben der Tasse und der Tee begann sich am Küchenboden auszubreiten.
Was auch immer es war und ich war mir sicher das es etwas war, es ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich wollte die Scherben wegräumen und bückte mich, es lief mir eiskalt den Rücken hinunter als plötzlich jemand meinen Nacken berührte. Ich drehte mich um, sah ich in ein paar pechschwarzer Augen. Ich wollte schreien, doch meine Kehle war wie zugeschnürt, kein Ton verließ meinen Mund und dann sah ich plötzlich ihn, er riss diese leeren Augen von mir weg, es wurde immer mehr und mehr.

Ich wachte auf. Ich wusste nicht wo ich war. Ich bemerkte erst nach ein paar Minuten, dass mein Vater neben mir saß und meine Hand hielt.
„Liebes, oh Gott sei Dank, geht es dir gut?“ Ich nickte und sah, dass ich in einem Krankenhausbett lag. „Was ist den passiert?“ „Das würde ich dich gerne fragen.“ Ich versuchte mich zu erinnern und plötzlich sah ich diese Augen und ihn, er war da.
„Dwain.“ „Was ist mit ihm? Hat er dir das angetan?“ Ich schüttelte den Kopf. „Er war da, aber da war noch jemand.“ „Bist du dir sicher. Vielleicht hast du dir auch nur deinen Kopf angeschlagen, Liebes? Du weißt doch, dass es fast unmöglich ist das Dwain da ist. Ich meine er wohnt jetzt in Europa und...“ „Vielleicht, ja vielleicht hast du Recht.“, unterbrach ich ihn. „wahrscheinlich habe ich das alles nur geträumt. Weißt du mir ist die Tasse runtergefallen und dann habe ich mich geschnitten.“ „Luz, du kleiner Tollpatsch. Aber wenn alles gut geht darfst du Morgen schon nach Hause. Ich geh und ruf deine Mutter an, ist das okay? Du brauchst sowieso etwas Ruhe.“
Ich nickte und schaute beim Fenster hinaus.
Er war da, ich war mir sicher. Nur, wollte ich nicht das mein Vater glaubt er wäre es gewesen. Dwain hat mich lediglich beschützt, aber vor wem?
Und woher wusste er, dass mir dieser jemand etwas antun wollte? Ich war bereit dazu es herauszufinden.
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Ich saß an ihrem Bett sprach mit ihr in ihren Träumen. Eigentlich war es nicht erlaubt das zu tun doch es war der einzige Weg, ihr nahe zu sein.
Und doch musste ich ohne sie leben, damit sie in Sicherheit war. Ich hatte ihr nur einen Brief hinterlassen und war dann verschwunden. Darin stand, dass unsere Liebe nicht stark genug sei und ich nach Europa gehe. Beides Lügen.
Ich lebte auf einer Range ganz in der Nähe von Albany und ich liebte Luz von ganzem Herzen.
Auch in dieser Nacht sagte ich ihr, dass ich sie liebte und das mit dem Gedanken, dass sie es sobald sie aufwachte wieder vergessen hatte. Denn ich musste all ihre Träume und Gespräche wieder auslöschen, alles was sie wusste war, dass sie von mir geträumt hatte.
„Dwain, du hast mich angelogen.“ Jede Nacht sagte sie mir das. „Ich weiß, aber ich musste.“ Ich antworte jede Nacht mit demselben Satz. „Wirst du jetzt wieder gehen?“ „Jetzt nicht.“ „Aber später nicht wahr? Du lässt mich wieder allein.“ „Wahrscheinlich.“ Sie nahm meine Hand und sagte: „Ich werde dich nicht gehen lassen.“ „Wie willst du mich aufhalten?“ Sie lachte und ließ meine Hand los. „Du hast Recht, ich kann dich nicht zwingen hierzubleiben, aber ich kann dich Bitten.“ Ihre blauen Augen leuchteten, doch ich konnte aus ihnen herauslesen, dass sie ganz genau wusste, dass ich wieder gehen werde. Sie begann an einer Haarsträhne zu zupfen, schüttelte ihr langes blondes Haar. „Sag mir wenigstens, warum du mich verlassen hast?“ „Weil ich dich liebe, bist du in großer Gefahr, ich bin nämlich nicht der für den du mich hältst. Ich bin böse und gefährlich.“ Sie lachte kurz auf, war dann sofort wieder ernst. „Red keinen Blödsinn. Wärst du böse könntest du nicht lieben, aber du tust es.“ „Du weißt nicht wovon du redest.“ Sie strich mit ihrer Hand über meine linke Wange und lächelte still. „Dann sag mir wer du bist, was du bist? Ich will es wissen.“ Wieder schüttelte ich den Kopf. „Du wirst es noch früh genug erkennen Luz.“ Und mit diesen Worten löschte ich ihren Traum. Jede Nacht.
Eigentlich wollte ich sie warnen, sie solle aufpassen. Jemand ist hinter ihr her, doch ich wusste sie würde es am nächsten Tag sowieso nicht mehr wissen. Mir wurde klar, dass ich sie durch mein verschwinden nur noch mehr in Gefahr gebracht hatte. Ich wusste nicht warum er hinter ihr her war, was er von ihr wollte, deshalb war ich mir voll und ganz bewusst, dass ich von nun an nicht von ihrer Seite weichen würde.

Es war ein verregneter Tag. Luz stand am Fenster und weinte wie so oft in letzter Zeit, doch sie fing sich erstaunlich schnell, zog sich an und ging hinunter. Ich beobachtete jeden ihrer Handgriffe. Wie sie das Wasser aufstellte, die Tasse aus dem Schrank holte, den Teebeutel in das Wasser gab und ihn ziehen ließ. Es schien alles harmlos, doch plötzlich klingelte es an der Tür. Ich wollte ihr folgen, aber ich sah wie plötzlich jemand in der Küche auftauchte, etwas in ihren Tee schüttete und wieder verschwand.
Luz war verwundert, als sie in die Küche zurückkam. Sie nahm die Tasse, wollte gerade einen Schluck machen, aber ich schlug sie ihr mit voller Wucht aus der Hand. Sie drehte sich entsetzt um, aber ich wusste sie konnte mich nicht sehen. Gerade als sie begann die Scherben wegzuräumen, stand er ganz plötzlich hinter ihr. Man sah die Angst in ihrem Gesicht, als sie sich umdrehte. Und doch ein kleines bisschen Freude, als sie mich sah. Sie sackte in sich zusammen und fiel in die Scherben.
Ihn hatte ich, wer auch immer er war und ich wusste ich würde es herausfinden, vertreiben können.
Ich rief die Rettung an und verschwand.

Jetzt stand ich in ihrem Krankenhauszimmer und sah ihr beim schlafen zu. Ich dachte an ihre Reaktion, wenn sie die Wahrheit erfahren würde, daran was sie sagen würde wenn ich plötzlich wieder auftauchte.
„Luz, ich liebe dich.“ Sie lächelte im Schlaf. „Wir werden uns bald wieder sehen.“


Kapitel 2


Ein Geständnis




Ich saß in meinem Zimmer und blickte Gedankenversunken aus dem Fenster. Dwain war da gewesen. Dafür hätte ich meine Hand ins Feuer gelegt, nur wer war der andere Typ und was wollte er von mir.
Ich konnte es mir nicht erklären und je mehr ich darüber nachdachte, umso schwerer wurden meine Augenlider und schließlich schlief ich ein, mit der großen Hoffnung wieder von ihm zu träumen.
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„Ach Luz, zerbrich dir deinen hübschen Kopf nicht über diese Dinge. Sie sind Vergangenheit, pass besser auf das dir in Zukunft nichts geschieht.“
„Tu ich doch, aber wenn du bei mir bleibst, dann kannst doch du auf mich aufpassen.“ Sie grinste.
„Das werde ich tun, Tag und Nacht werde ich an deiner Seite bleiben, aber dass kann ich nur wenn du alles weißt.“ „Wovon redest du?“ „Eigentlich wollte ich es dir in deinem Traum sagen, aber es ist besser wenn ich es dir so sage. Die Gefahr, dass du glaubst alles wäre eine Halluzination ist zu groß. Wir treffen uns noch heute.“
„Ich verstehe dich nicht.“ Sie blickte mich verständnislos an, sah trotzdem wie immer wunderschön aus. „In einer Stunde am Strand.“
Damit verschwand ich und ließ ihr, zum ersten Mal einen Traum. Ich hoffte, sie würde kommen.
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Ich schreckte auf und blickte mich in meinem Zimmer um. Er war doch gerade noch da, er hat mir doch im Traum gesagt, dass ich alles wissen muss.
Zum Strand. Ich muss zum Strand. Also sprang ich auf, zog mich um und setzte mich ins Auto.
Auf der Mitte der Strecke blieb ich stehen und stieg aus. Ich musste durchatmen. Wegen einem Traum, in dem Dwain mir sagte ich solle zum Strand kommen, raste ich jetzt wie eine Wahnsinnige durch die Gegend.
Ohne ein kleines bisschen Nachzudenken. Ich hatte nur geträumt, harmlos und unbedeutend.
Also beschloss ich, ins Auto zu sitzen und wieder nach Hause zu fahren. Ich startete den Motor und plötzlich hörte ich eine Stimme: „Fahr zum Strand, was hast du zu verlieren?“ Ich drehte mich um, keine Seele weit und breit. Ich murmelte leise: „Nein, es war doch nur ein Traum, einer von vielen.“ „Der erste an den du dich erinnern kannst. Ist es das, was dir solche Angst macht?“
Ich war verängstigt und wusste nicht, was ich tun sollte und obwohl ich es nicht wollte, fuhr ich geradeaus weiter. Zum Strand.
Ich stieg aus ging hinunter. Ein mulmiges Gefühl stieg in meinem Magen hoch. Das Meer war ruhig und alle paar Sekunden zerbrach eine Welle am Ufer.
Hier hatte ich Dwain, das erste Mal geküsst. Viele Stunden haben wir hier zusammen verbracht. Wir sind geschwommen, haben geredet und gelacht. Er war der wichtigste Mensch für mich, bis er plötzlich weg war. Ohne ein Auf Wiedersehen.
„Tja und was soll ich jetzt hier? Ich wusste, dass es eben doch nur ein Traum war.“
„Aber man sagt doch, dass Träume wahr werden können.“ Ich drehte mich um, doch da war niemand. Ich hörte Stimmen, dass konnte nur das erste Zeichen dafür sein, dass ich höchstwahrscheinlich bald durchdrehen würde.
Ich blickte noch einmal aufs Meer hinaus und beschloss zu gehen, ich drehte mich um und als ich aufblickte sah ich in ein paar hellbrauner Augen. Diese Augen hatte ich schon lange nicht mehr gesehen. Diese Augen, diesen Blick hatte ich so schmerzvoll vermisst.
„Dwain? Aber ich hab, und warum?“ Er blickte mich an und sagte: „Sag jetzt einfach nichts, denn ich habe dir etwas“, er lachte kurz auf „einiges zu sagen.“
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Als sie umdrehen wollte, da musste ich sie dazu bringen weiterzufahren, dass hatte ich auch geschafft, doch als ich sie, dann so traurig am Strand stehen sah, da wollte ich sie wieder fahren lassen.
Weil ich doch selbst Schuld war, nun musste ich büßen. Ich hatte sie verlassen und ich hatte ihr damit das Herz gebrochen, aber trotzdem fühlte ich mich gezwungen dazu, die Wahrheit zu erzählen.
Ich blickte in ihre Augen um mich zu vergewissern, dass sie mir auch wirklich zuhörte.
„Das, was ich dir sagen will ist jetzt wahrscheinlich unglaublich für dich, aber ich will, dass du es weißt und glaubst.
Ich lebe nicht in Europa, sondern in einer Scheune hier ganz in der Nähe und ich habe auch niemals geglaubt dass unsere Liebe nicht stark genug ist, denn ich liebe dich von ganzem Herzen. Ich hatte nie den Mut zu der Wahrheit zu stehen und deswegen bin ich lieber weggelaufen, anstatt dir alles zu erzählen. Ich bin ein Feigling, oh ja, dessen bin ich mir bewusst, auch wenn du mir das wahrscheinlich nicht glaubst.“
„Warum bist du gegangen? Ich will wissen, warum, denn für mich war die letzte Zeit die schlimmste in meinem Leben. Ich dachte, ich würde dich niemals wiedersehen und jetzt tauchst du auf einmal auf und erzählst mir hier irgendwelche Geschichten.“ Sie war aufgebracht und weinte.
„Es tut mir Leid, aber ich dachte, ich würde dich mit meiner Anwesenheit in Gefahr bringen und deshalb bin ich gegangen. Aber ich habe gemerkt, dass du dadurch schutzloser geworden bist, als du es zuvor schon warst.“ „Welche Gefahr? Wovon redest du?“
„In meiner Welt gibt es Gut und Böse.
Ich bin einer von den Bösen. Der, vor dem alle anderen zu Boden gehen, der Rudelführer sozusagen. Aber als ich gemerkt habe was du mir bedeutest und das ich mich in dich verliebt habe, da bin ich ausgestiegen. Seitdem versuchen sie mich mit allen Mitteln zurückzugewinnen. Als ihre letzte Chance sehen sie deinen Tod.
Ja Luz, ich bin ein Monster. Unsterblich, blutrünstig, verdammt dazu andere Lebewesen, andere Menschen, zu töten, um selbst befriedigt zu sein. Mit viel zu viel Kraft versehen, die sobald sie ausbricht, für mich unkontrollierbar ist. Verstehst du jetzt, wovor ich Angst hatte, warum ich gegangen bin?“
Sie umarmte mich. Ich hatte mit jeder Reaktion gerechnet, außer mit dieser. Ich dachte sie würde denken, dass ich Lüge oder einfach gehen, aber nein, sie umarmte mich obwohl ich ihr gerade gestanden hatte, was ich war.
Seelenlos.

Kapitel 3


Die ganze Wahrheit


Dwain und ich hatten uns viel zu erzählen hatten. Ich wollte alles wissen und er war bereit es mir zu erzählen.
„Wo hast du früher gelebt?“ Wir saßen am Strand. Es herrschte ein heftiger Wind, fast schon Sturm. Die Wellen kamen laut rauschend auf uns zu, aber wir waren viel zu sehr in unser Gespräch vertieft, als dass wir uns mit den Wellen beschäftigt hätten.
„Was meinst du? Bevor ich der war, der ich jetzt bin?“ Ich nickte.
„In Schottland, aber das ist schon einige Jahre her. Dann bin ich nach Norwegen, Finnland, eine Zeit lang war ich auch in Italien, Belgien und Russland, aber dann hat mein Bruder, der auch zu ihnen gehört, mich als neues Mitglied vorgeschlagen und ich bin nach Neuseeland gegangen.“
„Haben sie eigentlich einen Namen? Diese Gruppe, nennt man sie den Gruppe?“ Er nickte blickte auf seine Hand, zog seinen Ärmel nach oben und zeigte mir die Inschrift, die Tief in seinen Arm geritzt war. Wanganui.
„Das ist doch eine Stadt?“
„Ja, in Neuseeland, dort ist ihr Hauptsitz. Es gibt nur wenige Wanganui, man kann nicht einfach sagen, dass man beitreten will. Es gibt ein strenges Auswahlverfahren. Jedes Mitglied muss eine Zahl bestimmter Kriterien erfüllen und das tun nur ganz wenige.“ „Und du warst ihr Anführer, dann musst du ja wirklich unglaublich mächtig sein.“
Er schüttelte den Kopf und zog seinen Ärmel wieder nach unten. „Es ist besser keine Macht zu haben. Nicht in deiner und auf keinen Fall in meiner Welt, aber ich war nur einer der Mächtigsten, der wirkliche Anführer heißt Blake.“
Plötzlich war lautes Reifenquietschen zu hören. „Was war das?“ Ich wollte nachsehen gehen, doch Dwain nahm meine Hand und sagte: „Wir müssen gehen.“
Eine Männerstimme ertönte hinter uns: „Wohin den, Dwain? Freust du dich gar nicht uns zu sehen?“
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Wir saßen am Strand, redeten über mich und es tat gut, ihr endlich alles zu gestehen. Doch Jason und Maya, zwei Wanganui, unterbrachen unser Gespräch.
„Was wollt ihr?“ Ich hielt Luz’ Hand und hatte auf keinen Fall vor, sie loszulassen.
„Das weißt du doch, Lieber.“ Maya kam auf mich zu und flüsterte in mein Ohr: „Dich und dafür muss sie, “ Maya zeigte mit dem Finger auf Luz. „sterben.“
„Aber“, mischte Jason sich ein „davon weißt du ja bereits, nicht wahr Dwain.“ Ich schwieg und drückte Luz an mich.
„Eigentlich herzzereisend, wie du sie beschützen willst. Aber du wirst es nicht verhindern können. Sie ist ein Mensch, zerbrechlich und schwach. Trotzdem hat sie heute noch mal Glück, wir sind nicht deswegen hier.“ Er machte eine kurze Pause. „Maya.“
Maya blickte mir tief in die Augen, kam immer näher und begann leise zu sprechen: „Blake hat uns geschickt. Du hast ihm nämlich, einmal etwas versprochen. Erinnerst du dich?“ Ich nickte. „Er will, dass du dein Versprechen einhältst.“ Ich drückte Luz noch fester an mich.
Maya kam näher und flüsterte in mein Ohr: „Du wirst immer ein Wanganui bleiben und du hast kein Herz, auch wenn du glaubst eines zu haben, auch wenn du meinst das du sie liebst. In deiner Brust klopft ein kalter Stein und glaub mir, Blake würde keine Sekunde zögern, dir diesen Stein herauszureißen.“ Damit drehte sie sich um und ging. Jason folgte ihr.
„Geht es dir gut?“ Ich wollte sie in den Arm nehmen, doch sie drückte mich weg. „Was hast du ihm versprochen?“ „Das ist nicht wichtig. Nicht mehr.“ Sie blickte mich böse an. „Glaube mir Luz, du willst es nicht wissen.“ „Will ich nicht? Weil es mir das Herz zerreisen könnte oder weil es dein Herz zerreisen würde?“ „Es würde uns beiden das Herz zerreisen.“ Ihr böser Blick wechselte in pure Verzweiflung: „Was hast du ihm versprochen.“
„Das ich seine Schwester heirate. Mein Gott, damals war sie die schönste Frau der Welt für mich, ich war mit Leib und Seele ein Wanganui und Blake und ich waren wie Brüder. Eines Tages haben wir über heiraten geredet und über Frauen und ich habe ihm gestanden, wie toll ich seine Schwester finde. Weil sie aber kein Wanganui war, war sie Tabu für mich. Deshalb haben wir abgemacht, dass wenn sie ein Wanganui wird, dann werde ich sie heiraten.“ Sie blickte auf den Boden und dann nach langer Stille sagte sie: „Und jetzt?“ „Ich weiß es nicht.“

Kapitel 4


Besuch



Ich lag in meinem Bett und starrte an die Decke. Ich malte mir ihr Gesicht aus. Ob sie wirklich so wunderschön war?
Ich saß auf, blickte in den Spiegel. Ich war doch auch schön, oder? Die braunen langen Haare fielen über meine Schultern. In den Spitzen lockten sie sich ein wenig, weil ich sie gewaschen hatte und nun lufttrocknen ließ.
Meine blauen Augen leuchteten und waren von einem schwarzen Wimpernkranz umgeben, meine Augenbrauen hatten eine natürliche Form, meine Zähne waren gerade und auch meine Nase war nicht zu groß. Eigentlich schön, aber wie sieht sie aus? Vielleicht hat sie viel blauere Augen, viel schönere Haare, viel geradere Zähne.
Plötzlich riss mich ein klingeln aus meinen Gedanken. Es war das Telefon im unteren Stock.
„Ja hallo?“ „Luz, wir müssen reden. Kann ich vorbeikommen?“ Es war Dwain. Er klang müde und traurig. „Ja natürlich. In einer Stunde?“ Er murmelte etwas und legte auf. Ich starrte noch zehn Minuten auf den Hörer, bis ich schließlich auflegte und stumm in mein Zimmer ging.
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Ich saß in der Scheune und blickte aus dem kleinen Fenster.
Völlig in Gedanken versunken vergaß ich alles um mich herum. Ich vergaß die Scheune, ich vergaß wer ich war.
Ich wusste tief in mir, dass mein Herz für Luz schlug und ich war mir sicher, dass es das auch für immer tun würde. Trotzdem musste ich sie beschützen und wenn dadurch mein Herz brechen würde, dann müsste ich es ertragen. Ich wusste ohnehin, dass mir nichts anderes übrig blieb. Trotzdem war mir in diesem Moment alles egal. Hauptsache war für mich, dass Luz in Sicherheit ist und ich wusste sie würde irgendwann wieder glücklich sein.
„Du hast dich nicht im Geringsten verändert, Dwain. Außer das du ein kleiner Schwächling geworden bist. Ein Schwächling, der seine Gefühle nicht im Griff hat.“ Blake stand hinter mir, um seine Stimme zu erkennen musste ich mich nicht einmal umdrehen. „Weißt du ich habe dir ein Geschenk mitgebracht. Willst du es sehen Dwain?“ Ich gab keinen Laut von mir.
„Na gut, ich werte deine Reaktion als ja. Das Geschenk heißt Amber und falls ich mich nicht irre, hatten wir mal eine Abmachung. Kannst du dich noch an diese Abmachung erinnern?“
Ich stand wütend auf, hob ihn vom Boden weg und drückte in mit voller Wucht gegen die Mauer. Er grinste und sagte: „Wie ich sehe kannst du dich erinnern.“ „Ich halte meine Versprechen, Blake und ich werde sie heiraten.“ Er grinste immer noch. „Unter einer Bedingung.“ „Alles was du willst.“, keuchte er. „Ihr haltet euch von Luz fern.“ „Sie riecht ausgesprochen gut und wahrscheinlich schmeckt sie auch so, aber ich werde meine Finger von ihr lassen, sobald sie alle Erinnerungen an dich und uns vergessen hat.“ Seine Stimme bekam einen befehlenden Unterton. „Ich soll ihr Gedächtnis löschen?“ Er nickte und sagte: „Du hast 2 Tage Zeit.“ Ich ließ ihn los und er verschwand.

Ich machte mich auf den Weg zum Strand. Ich ging langsam. Das Schlucken und Atmen gelang mir nur mit großem Bemühen. Meine Augen taten weh, alles was in der Ferne zu sehen war, verschwamm. Ich setzte mich in den Sand. Beim Versuch zu schreien, versagte meine Stimme. Es hörte sich wie ein ängstliches Piepsen an. Schmerzerfüllt saß ich am Strand. Immer wieder Luz vor meinen Augen.
Sie war ein Mensch, Blake hatte Recht und Jason auch. Sie war schwach und ich war viel zu stark. Sie musste jemand finden, der so wie sie, ein Mensch war. Genauso zerbrechlich und schwach.
Obwohl ich mir dessen bewusst war, zerbrach mein Herz jedes Mal, wenn ich daran dachte, dass sie sich bald nicht im Geringsten an mich erinnern konnte. Ich stand auch und machte mich auf den Weg zu ihr, zu Luz. Sie und ich, wir mussten es jetzt hinter uns bringen. Ansonsten hätte ich nicht mehr die Stärke dazu.

Sie öffnete mir lächelnd die Tür und sagte: „Was ist den passiert, dass du so dringend mit mir reden willst?“ Immer noch lächelte sie und ich wusste, dass sie in ihrem inneren aufgebracht und durcheinander war.
Wir gingen in ihr Zimmer, setzten uns auf ihr Bett. Ich sah ihr tief in die Augen und sagte dann: „Ich muss Amber heiraten.“ Sie versuchte zu verstecken, wie sehr sie dieser Satz getroffen hatte. „Das dachte ich mir schon.“ „Ja, aber das ist noch nicht alles.“ ,sagte ich kühl. Sie sah mich verzweifelt an und in ihren Augen standen die Tränen.
„Ich muss nicht nur Amber heiraten, sondern auch dein Gedächtnis löschen. Du kannst dich bald kein bisschen mehr an mich erinnern.“ „Dwain, damit wollen sie dich nur zurück gewinnen.“ Ich nickte. „Warum tust du dir das an?“
„Ich habe keine andere Wahl, Luz.“ „Es gibt immer eine andere Wahl.“ Ich schüttelte den Kopf, nahm sie in den Arm und flüsterte: „Ich wünschte es, aber nein Luz, dieses Mal gibt es leider keine andere Wahl, dieses Mal gibt es nur diesen Weg.“
Sie löste sich aus meiner Umarmung und sah mich böse an: „Ich will lieber sterben, als…“ Ich hielt ihr einen Finger auf die Lippen: „Als ohne mich zu leben? Sei nicht albern.“ Sie begann zu weinen und drückte sich an mich. Nach einigen Minuten sah sie mich an, lächelte und sagte: „Ich liebe dich, aber ich will, dass du mich jetzt ein allerletztes Mal küsst und meine Gedanken löschst.“
Ich tat es genauso wie sie es mir gesagt hatte. Wie Blake es mir gesagt hatte.

Wieder einmal hatte ich getan, was die anderen von mir verlangten und nicht das was ich eigentlich wollte. Luz.

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Tag der Veröffentlichung: 20.12.2009

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