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Die Gabe



Das Erwachen der Kräfte

Peter war ein Junge wie jeder andere, zumindest auf den ersten Blick. Heute war sein großer Tag, er würde das erste Mal zur Schule gehen. Die Mutter war froh, dass er endlich mit den anderen Kindern durch die Schule Kontakt bekam und hoffentlich auch dadurch vielleicht ein paar Freunde finden konnte.

Peter war erst fünf Jahre alt gewesen, als er seinen Vater verloren hatte. Das war ein tragisches Schicksal für die ganze Familie. Nein, nicht einen Unfall hatte ihm den Vater genommen. Der Vater war nach einer jahrelangen Krankheit in einer Nervenklinik gestorben. Das war eine richtig grausige Sache gewesen. Die Ärzte konnten sich bis heute nicht erklären, wie ihr Patient zu solchen Verletzungen gekommen war, obwohl er zum Schluss in einem Raum untergebracht worden war, in dem es wirklich keinen Gegenstand gab, mit dem
der Mann sich selbst solche Verletzungen hätte zufügen können.

Tödliche Gedanken

Marley, die Mutter von Peter konnte bis heute nicht begreifen was mit ihrem Mann James und anfangs treu sorgenden Familienvater passiert war. Als sie ihn kennen gelernt hatte, war er ein fröhlicher junger Mann, der se auf Händen trug, gewesen. Dann, nach drei Jahren glücklicher Ehe, kam wunschgemäß der Nachwuchs. Ein richtig süßes Baby war der kleine Peter.
Peter war gerade vier Jahre alt geworden, als das Unheil anfing über die Familie hereinzubrechen. James hatte zwar in letzter Zeit etwas mehr Stress im Betrieb als sonst, aber solche Dinge steckte er normalerweise locker weg. Schweißgebadet war er eines Morgens erwacht und hatte seiner Frau von einem fürchterlichen Albtraum berichtet. Er hatte in diesem Traum mit einer grausigen Kreatur gekämpft und war nur knapp mit dem Leben davongekommen. Fast hätte ihn diese Kreatur in einem Traum mit seinen Klingen an der Schulter erwischt. In letzter Sekunde konnte er an dem steilen Hang, an dem er mit de Monster gekämpft hatte, in die Tiefe springen in einen darunterliegenden See. Dabei war er so hart aufgekommen, dass ihm scheinbar sogar jetzt noch das ganze Genick weh tat.
Tatsächlich konnte er sich an diesem Morgen kaum bewegen und verspürte starke Rückenschmerzen. Vermutlich war er in der Nacht ungeschickt gelegen und hatte sich deshalb ein wenig verrenkt. Der Arbeitstag war eine einzige Plage. Am Abend ging er zu seinem Hausarzt, der sollte ihm ein Schmerzmittel verschreiben. Bei der Untersuchung stellte er Arzt allerdings zur Verblüffung seines Patienten fest, dass die Schmerzen eindeutig von einem schweren Sturz kommen. Deutlich konnte der Arzt die Blutergüsse erkennen, die seine Diagnose bestätigen. Von einer ungeschickten Lage, nachts im Schlaf, war so etwas unmöglich.
Diese Geschichte war mehr als rätselhaft. Die Albträume wurden immer realer. Als James eines Morgens erwachte und an seinem Arm eine tiefe blutende Wunde besaß, glaubte er seine Frau hätte ihm diese angetan. In seinem allnächtlichen wiederkehrenden Albtraum hatte er mit einer Horde Betrunkener gekämpft und dese Verletzung abbekommen. Aber so etwas war ja unmöglich.
Marley bekam es ernsthaft mit der Angst zu tun, als sie von ihrem Mann verdächtigt wurde, ihm dies nachts im Schlaf angetan zu haben. Sie liebte ihren Mann und hätte ihm so etwas niemals angetan, warum auch?


Trotzt allem war es unerklärlich, woher diese Verletzung kam. Ein Neurologe wusste Rat. Der Patient hatte sich in seiner Zwangvorstellung diese Verletzung selbst zugefügt. Er warnte allerdings Marley davor, dass solche Patienten für ihre Familie sehr gefährlich werden könnten und man sie außerdem vor sich selbst schützen musste.
Marley konnte vor Kummer die Tränen nicht mehr zurückhalten als ihr geliebter Mann in die geschlossene Nervenklinik eingewiesen wurde. Sie hatte sogar noch dazu ihre Einwilligung gegen Unterschrift geben müssen. Aber der Arzt hatte ihr glaubhaft versichert, dass nur eine schnelle Behandlung ein Fortschreiten der Krankheit verhindern konnte und se als Mutter außerdem die Verantwortung besaß, ihr Kind vor den Übergriffen des verrückten Vaters zu schützen.
Es war trotz allem ein großer Schock, als die Nachricht vom Tod ihres Mannes James eines frühen morgens kam. Fast ein Jahr lang hatten die Ärzte versucht, James von seinen Wahnvorstellungen zu befreien. Ohne Erfolg. Im Gegenteil es wurde mit ihm immer schlimmer. Seltsamerweise fand einer der jüngeren Ärzte heraus, dass die Vorfälle in den Albträumen ihres Patienten tatsächlich zu passieren schienen. Einmal hatte der Patient davon berichtet, in seinem Traum bei einem Flugzeugabsturz dabei gewesen zu sein. Er erzählte in solch detaillierten Einzelheiten, dass man wirklich glauben konnte, er sei bei dem Geschehen anwesend gewesen. Eine Frau sei noch in den Trümmern lebend eingeklemmt, hatte er berichtet. Irgendwie hatte er das Feuer gerade noch im letzten Augenblick löschen können, das drohte, die arme Frau zu verbrennen. Als dann in den Frühnachrichten die Meldung über einen tragischen Flugzeugabsturz kam, bei dem nur durch sehr viel Glück eine Frau eingeklemmt in den Trümmern überlebt hatte, konnte es der Arzt fast nicht glauben. Sein Patient hatte ihm diese Geschichte bereits detailliert erzählt. Das wohl verblüffenste war die immer wieder von der geretteten Frau gestammelte Aussage, dass ein Engel sie vor dem Feuer beschützt hätte.
Peter war natürlich sehr traurig, als sein Vater plötzlich fehlte. Zwischen den beiden hatte schon immer eine Art Seelenverwandtschaft bestanden. Der Junge zog sich zurück und galt in der gesamten Nachbarschaft als auch ein wenig seltsam. Die Mutter hatte Angst, dass ihr Sohn Peter die Veranlagung zur Erkrankung des Geistes wie sein Vater in sich trug. Die Ärzte beruhigten sie aber, sie erklärten ihr, dass nach dem Verlust der Vater in so einem Alter so ein Verhalten durchaus normal wäre. Es müsse nicht zwangsläufig so sein, dass der junge die Krankheit vom Vater geerbt habe. So Krankheiten können manchmal mehrere Generationen überspringen. Allerdings konnte Marley trotz intensiver Nachforschung diese Geisteskrankheit bei keinem der Familienmitglieder ihres verstorbenen Mannes in der Ahnenreihe herausfinden. Vielleicht hatten diese es aber auch geschickt verstanden, diese Krankheit zu verschweigen.
Nun war Peter Sechseinhalb Jahre alt und durfte zur Schule gehen. Der Junge war außer seiner wenig ausgeprägten Kontaktfreudigkeit ansonsten recht aufgeweckt. Dass er überdurchschnittlich intelligent war, bewiesen die Tests, die man immer wieder mit ihm gemacht hatte. Die Angst der Mutter, dass ihr Sohn die Veranlagung der Vaters zu der geistigen Krankheit geerbt hatte, war völlig unbegündet. Er besaß für sein alter einen überdurchschnittlichen Intelligenquotient und verblüffte die Ärzte eher dadurch, dass er in seinem Alter den anderen Kindern geistig weit voraus war. Hätten die Ärzte allerdings gewusst, welche Fähigkeiten er wirklich von seinem Vater geerbt hatte, wären sie vermutlich mehr als verblüfft gewesen.


Die Kinder hatten natürlich zum erstaunen der Lehrer immer recht viel zu erzählen. Es gab Geschichten über verschiedene Märchen und Abenteuer die die Kinder als Filme gesehen, oder auch aus Büchern gelesen haben.
Peter wusste auch von solchen Geschichten. Schon bald war er bekannt, immer die spannendsten Geschichten erzählen zu können. Vor allem erzählte er immer von Dingen, die noch keiner zuvor als Buch gelesen oder Film gesehen hatte. Woher sollten sie auch wissen, dass Peter diese Geschichten gar nicht zu erfinden brauchte wenn er von den Kämpfen mit wilden Ungeheuern auf fremden Planeten erzählte.

Bald war die anfängliche Zurückgezogenheit des Jungens einer besonderen Beliebtheit unter seinen Mitschülern gewichen. Er war hilfsbereit und konnte es irgendwie jedes Mals fertig bringen, einen aufkommenden Streit unter den Mitschülern zu schlichten. Die Lehrer waren manchmal verblüfft zu sehen, dass Peter nur mit ein paar wenigen Worten Ruhe in die Klasse brachte, obwohl sie zuvor dies in Nervenaufreibender Art und Wiese erfolglos mehr las oft versucht hatten. Der Junge schien fast eine Art Hypnose mit seinen Worten zu verbreiten.

Er bekam immer gute Noten und die Mutter daheim war sehr zufrieden, dass er sogar am Jahresende jedes Mal einen Schulpreis mit nachhause brachte. Gott sei Dank waren alle Befürchtungen umsonst gewesen, der Junge entwickelte sich normal und war eine mehr als gute Unterstützung für die Mutter, die den Unterhalt für die Familie verdienen musste. Er half viel im Haushalt mit, oder wenn es Dinge aus dem Alltag zu erledigen gab.
Zwölf Jahre als war Peter diese Jahr geworden. Die Geburtstagsfeier mit Freunden organisierte er fast alleine. Glücklich darüber, so einen tüchtigen Jungen zu haben, saß die Mutter am Abend nach der Feier als die letzen Gäste gegangen waren mit ihm noch zusammen und sah sich die alten Familienbilder in einem großen Fotoalben an. Lange hatte Marley diese Fotoalben nicht mehr aus der Truhe mit den Fotosachen genommen. Der Schmerz über den Verlust ihres geliebten Mannes und auch über die tragischen Umstände nagte immer noch an ihrem Herzen.

Natürlich wollte Peter beim Anblick der Bilder wissen, wer sein Vater gewesen war, und vor allem, warum er nicht mehr lebt. In diesem Alter kamen solche Fragen einfach auf und jetzt, nachdem er die Bilder seines Vaters in den Händen hielt, flackerten auch bei ihm wieder Fetzen der Erinnerung auf.
Wie konnte die Mutter dem Jungen erklären, dass sein Vater sich in einer Irrenanstalt praktisch selbst getötet hatte? Sie erklärte ihm, dass der Vater sehr krank gewesen sei, und er durch eine unheilbare Krankheit gestorben wäre.

Peter war nicht nur sehr intelligent, er war auch überaus neugierig. Als die Mutter bereits bei Aufräumen der Überbleibseln von der Geburtstagsfeier war, kramte er immer noch in der alten Truhe nach weiteren Bildern seines Vaters. Verblüfft hielt er plötzlich den ausgeschnittenen Zeitungsbericht über einen Flugzeugabsturz mit einer seltsamen Rettung in seinen Händen. Was hatte dieser Bericht bei den Bildern seiner Familie zu suchen?

Aufmerksam las er den bericht durch. Dort war eine kurze Erwähnung, dass ein Patient der in der Nähe liegenden Klinik anscheinend den Flugzeugabsturz vorausgesehen hatte. Wie der Schreiber zu den Informationen gekommen war, konnte nicht nachvollzogen werden. Die Frau hatte der Beschreibung nach einen Engel gesehen der sie davor bewahrt hatte, unter


Den Trümmern eingeklemmt bei lebendigem leib verbrennen zu müssen. Man hatte ihr Erlebnis allerdings dem Schock, den sie bei dem Absturz erlitten hatte, zugeschrieben.

Es gab noch einen weiteren Zeitungsartikel. Dort war ein kurzer Bericht nachdem die Frau wieder gesund aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Immer noch behauptet sie felsenfest, von einer Person gerettet worden zu sein, die in Lichtstrahlen eingehüllt das Feuer gelöscht hatte das drohte sie zu verbrennen. Se beschrieb diese Person sehr genau.

Peter wollte natürlich von seiner Mutter wissen, warum sie diese beiden Zeitungsausschnitte aufgehoben hatte. Jetzt erfuhr er, dass die Beschreibung der Frau genau auf seinen Vater passte. Der war aber zu der angegeben Zeit in einem abgeschlossenen Zimmer gesessen. Außerdem war der Flugzeugabsturz viele Kilometer entfernt passiert.

Seltsam war nur gewesen, dass sein Vater vorallen andren gewusst hatte, dass die Rettungsmannschaft in den Trümmern noch eine junge Frau finden würde. Das wohl unerklärlichste war der Arztbericht über den Gesundheitszustand seines Vaters an dem Morgen, als das Flugzeug kurz zuvor abgestürzt war. Er hatte an beiden Armen Verbrennungen erlitten die er sich normalerweise in dem Zimmer hätte niemals zuziehen können. Man vermutete damals, dass die Heizung nicht richtig funktioniert hatte und er sich bei seinem Geisteszustand aus Unachtsamkeit diese Verbrennungen an dem Heizkörper zugezogen hatte. Der behandelnde Arzt verriet allerdings Marley, dass man sich solche Verbrennungen normalerweise nur an einer offenen Flamme zuziehen kann.

Peter fand diese Geschichte sehr seltsam. Er wollte seine Mutter nicht beunruhigen, aber auch er hatte schon des Öfteren solche seltsamen Träume gehabt. Auch er fühlte am morgen, dass er nicht nur auf geistiger Ebene in diesen Träumen wandelte, sondern irgendwie fast körperlich dabei zu sein schien. Er war manchmal mehr als müde, wenn er geträumt hatte, dass er vor einem Gegner geflohen war oder er so eine Traumkreatur verfolgt hatte. Was, wenn alles gar keine Träume waren, wenn alles was er im Traum erlebte Wirklichkeit war, es alles real irgendwo passierte?

War sein Vater gar nicht verrückt gewesen, hatte er diese angeblichen Albträume alle wirklich real erlebt? Hatte er der Frau das Leben gerettet und sich dabei die Verbrennungen an beiden Armen zugezogen? Wie aber um alles in der Welt konnte man einen Raum nur mit der kraft des Geistes verlassen? Das hätte die Mutter oder später die Ärzte doch auch einmal bemerken müssen? Verwirrt stellte Peter fest, dass er viele Fragen stellte, aber keine Antworten finden konnte. Besaß er, wie auch sein Vater, besondere Kräfte die ihm die Fähigkeiten verliehen, kraft seines Geistes Dinge und Geschehnisse real beeinflussen zu können?
Er nahm sich fest vor, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Mit den modernen mitteln der Technik musste man doch in der Lage sein, so eine Fähigkeit offen legen zu können.
Peter hatte in den Nächten zuvor schon öfters davon geträumt, zusammen mit einem Wesen von einem anderen Planeten in dessen Heimatwelt gegen irgendwelche Bestien gekämpft zu haben, die das Dorf dieses Wesens immer wieder überfielen. Das Ganze war so real gewesen, als ob er sich an dem platz des Geschehens wirklich befunden hätte. Er konnte manchmal das Gefühl nicht loswerden, den eingeatmeten Geruch den er in seinem Traum wahrgenommen hatte, nach dem Erwachen immer noch in der Nase zu spüren. Einmal hatte ihn so ein Tier am Arm gepackt und er konnte sich gerade noch aus dessen Griff befreien. Der Arm schmerzte ihn am nächsten Morgen, als ob der Albtraum Wirklichkeit gewesen wäre.


Seiner Mutter verriet er nicht, dass er solche nächtlichen Erlebnisse verspürte. Sie hatte schon immer Angst gehabt, er würde so werden wie sein Vater.

Jetzt da er wusste, was für seltsame dinge mit seinem Vater passiert waren, wollte er unbedingt wissen, ob er vielleicht doch besondere Fähigkeiten besaß. Eine kleine Videokamera an seinem Computer angeschlossen sollte in der Nacht seinen Schlaf überwachen. Es müsste sich doch herausfinden lassen, ob er wirklich in seinen Träumen in der Lage war, Kraft seines Geistes seinen Körper woanders hin zu versetzen.
Sonst waren die Träume immer von alleine gekommen. In dieser Nacht dachte Peter bewusst an das Wesen, das ihn immer auf dem fremden Planeten bei seinen nächtlichen Abenteuern begleitet. Kaum hatte er sich das Dorf vorgestellt, war er auch schon gedanklich dort.

Sulfon war erfreut, seinen Kampfgefährten plötzlich neben sich zu sehen. Allerdings griff dieser fremde Gedankenkrieger nicht gleich zu den Waffen sondern stellte eine menge seltsamer Fragen die Sulfon überhaupt nicht verstand. Die Geister hatten ihm einen mächtigen Krieger geschickt der ihm bisher immer mit Erfolg geholfen hatte die listigen Orks zu vertreiben. Jetzt wollte dieser mächtige Krieger wissen, on Sulfon tatsächlich existiert. Das konnte verstehen wer wollte.

Bisher hatte dieser mächtige Krieger sich immer geweigert, das Zeichen der Freundschaft zu tragen. Das war ein besonderes Ritual unter dem Volk von Sulfon. Es wurde ein Zeichen in den rechten Arm geritzt, ein Dreieck mit einem Symbol der Blutsbrüderschaft.
Überraschenderweise äußerte jetzt dieser fremde Krieger sogar von sich aus den Wunsch,
von Sulfon das Zeichen der Blutsbrüderschaft zu bekommen.

Es war natürlich ein besonderes Ritual, dieses Zeichen anzubringen. In dem Dreieck wurde noch das Symbol von Sulfons Familie und die des fremden Krieger tätowiert. Der Fremde Krieger wählte als sein Familiensymbol eine gezackte Linie, die Sulfon nicht bei seinem Volk als Symbol kannte. Der Fremde Krieger erklärte ihm, dass dies in seiner Sprache das Symbol des Anfangsbuchstaben seines Namens sei.

Peter erwachte am Morgen durch einen dumpfen Schmerz an seinem rechten arm. Dort war ein Dreieck reingeritzt mit einem “V“ und einem unbekannten anderen Zeichen in seinem Inneren. Hatte er sich diese Verletzung selbst zugefügt? Wurde er jetzt auch verrückt wie sein Vater?

Die Videokamera, fiel ihm sofort wieder ein. Fast panisch sprang er aus seinem Bett und eilte zu seinem Computer.
Den Film zurückspulen. Dort konnte man sehen, wie er sich unruhig im Schlaf wälzte. Dann plötzlich schien sein Körper zu erstarren. Keine Regung, wie tot lag er da während die Kamera Bild für Bild auf die Festplatte spielte. Im Hintergrund konnte man die zeige der Uhr sehen, als Peter den Schnellvorlauf betätigte. Da plötzlich war etwas zu erkennen. Schnell spulte er den Film ein Stück zurück. Das was er dann sah war eigentlich völlig unmöglich.

Wie von Geisterhand entstand an seinem rechten Arm plötzlich eine Wunde die zum Schluss aussah wie ein Dreieck. Ebenso formten sich wie aus dem Nichts heraus diese Symbole in dem Dreieck. Also hatte Peter sich diese Wunde nicht selbst zugefügt.


Ein Schauer ging ihm über den Rücken als er sch bewusst wurde, über welch seltsame Kräfte er zu verfügen schien. War dies tatsächlich möglich? Der Film war ein eindeutiger Beweis, dass er offensichtlich irgendwie in der Lage war mit seinem Geist sich räumlich zu einem anderen Ort bewegen zu können. Bestimmt hatte sein Vater die gleiche Fähigkeit besessen, war sich aber dessen nie bewusst gewesen.

Wie so etwas physikalisch möglich war, konnte Peter absolut nicht erklären. Wieder und wieder sah er sich den Film der Überwachungskamera an. Das sah wirklich gespenstisch aus, als sich an seinem Arm plötzlich die eichen langsam abbildeten. Aber es war außer ihm niemand im Raum zu erkennen. Konnte er sich tatsächlich kraft seines Geistes räumlich bewegen? Wie aber entstand dann der andere Körper? Fragen konnte er bestimmt niemand, die würden ihn sofort wie seinen Vater in ein Irrenhaus stecken.

Vielleicht war es möglich, diese Fähigkeiten bewusst einzusetzen. Bisher war er nur in seinen Träumen zu irgendeinem Ort gewandert ohne sich bewusst zu sein, warum er ausgerechnet dort gelandet war. Das Zeichen auf seinem Arm. Das durfte die Mutter nicht wissen, woher es kam. Ein Pflaster verdeckte die Wunde, als Peer mit dem Fahrrad ur Schule fuhr. Geschickt hatte er sein Hemd über die Wunde gestreift. Nach der Schule ging’s wieder nachhause über den alten Spielplatz wo er sich gern manchmal aufhielt.

Da kam ihm die Idee wie er diese Wunde seiner Mutter erklären konnte. Ein wenig von der weichen Erde der Einpflanzbeete am Hemdsärmel, das Pflaster entfernt, schob er sein Fahrrad nachhause. Schon von weitem ahnte sie Mutter, dass etwas passiert war als Peter sein Fahrrad schob.

“ Es ist nicht schlimm“ rief er gleich seiner Mutter zu, “ nur eine kleine Risswunde von dem alten Karussell“. Er schwindelte seine Mutter an, dass er es ein wenig mit dem Karusellfahren übertrieben habe und im hohen Bogen in den Dreck geflogen sei. Es hätte inzwischen auch schon aufgehört zu bluten.
Die Mutter sah die Wunde sehr genau an. “ Da musst du zum Arzt“, meinte sie ernsthaft, “ die wunde scheint mit irgendwas schwarzem infiziert zu sein, bestimmt altes Fett oder Rost“.
Peter wehrte ab: “ Das braucht keinen Arzt, die anderen lachen mich ja aus wenn ich wegen so einer kleinen Wunden gleich zum Arzt renne“. Die Mutter lies es sich nicht nehmen, die Wunde musste ausgewaschen werden.
Peter biss die Zähne zusammen, als seine Mutter jetzt mit dem kleinen Fläschchen Desinfektionsmittel aus dem bad zurückkam. Besser die Schmerzen ertragen als dem Arzt erklären zu müssen, wie man bei einem Sturz vom alten Karussell eine Tätowierung bekommt. Der Arzt hätte dies bestimmt gleich bemerkt, dass die Einfärbung nicht von altem Öl oder Rost stammte.

Warum musste das Zeug eigentlich so höllisch brennen? Erst ein paar Minuten später lies der Schmerz nach. Die Mutter war jetzt zufrieden. Die gesamte Wunde war mit einer tiefbraunen Schicht bedeckt, das desinfektionsmittel würde Bakterien alle abtöten.
Eine halbe Stunde später saß Peter am Tisch mit einem kleinen Verband um seinen Arm und löffelte seine Lieblingssuppe aus dem Teller. Bach dem Essen musste er seine


Hausaufgaben machen. Die Mutter brauchte ihm dabei nie zu helfen, er konnte alles alleine bewältigen.

Heute war er allerdings mit seinen Gedanken ganz woanderst. Immer wieder ging ihm diese besondere Fähigkeit im Kopf herum. Bestimmt hatte er die Hälfte der Aufgaben falsch gemacht, dachte er, als er sein Mathematikheft zuklappte. Er hatte sich vorgenommen heute sehr früh zu Bett zu gehen. Die Neugier, ob er seine Träume bewusst lenken konnte wurde immer stärker.

Der Mutter machte sein frühes Zubettgehen nichts aus. Sie nahm an, dass er sich von dem Sturz einfach ein Weilchen erholen wollte.

Peter legte sich auf sein Bett und versuchte sich zu entspannen. Wann die Träume kamen, konnte er eigentlich bisher nie sagen. Eine Zeitrechnung gab es dort nicht.

Er schloss die Augen und konzentrierte sich ganz auf einen bestimmten Ort. Es war der Raum in der Schule, wo er tagsüber gesessen und dem Lehrer zugehört hatte.

Ruhe und Stille, die Geräusche des Hauses rückten immer mehr in den Hintergrund. Peters Gedanken blieben auf dem Platz in der Schule konzentriert. Dort konnte ihn praktisch niemand entdecken wenn sein Experiment gelang.

Dann plötzlich drangen seltsame Geräusche an sein Ohr. Es war wie eine laufende Maschine die immer wieder ihren Tonfall veränderte. Die Putzmaschine des Hausmeisters hörte sich genauso an. Langsam entstand vor seinem inneren Auge das bekannte Klassenzimmer.

Durch das Fenster konnte Peter sehen, dass es draußen anfing dunkel zu werden. War er wirklich in dem Klassenzimmer? Peter fasste unter den Tisch wo normalerweise seine Bücher und Hefte lagen die er nicht zu den Hausaufgaben benötigte. Tatsächlich, in dem Halbdunkeln erkannte er seine Bücher. Er sah auf die Uhr, die direkt über der Tür des Klassenzimmers angebracht war. Dort rückte der Zeiger gerade auf halb neun. Die Uhrzeit schrieb Peter in sein Deutschheft gleich vorne auf die erste Seite. Wenn dies alles real passierte, würde er morgen früh seinen Aufschrieb lesen können.

Das Geräusch der Putzmaschine war inzwischen bedrohlich nahe gekommen. Schnell verstaute Peter seine Bücher und das Schreibheft wieder in dem Fach unter dem Tisch.
Zumindest versuchte er es. In der Hektik fiel eines der Bücher auf den Boden.

Da Geräusch der Putzmaschine verstummte schlagartig. Plötzlich war alles unnatürlich still geworden. Peter nahm das Buch vorsichtig vom Boden und schob es langsam in das Fach.

Er bekam vor Schreck fast einen Herzstillstand als plötzlich die Tür des Klassenzimmers aufgerissen wurde und er in die beiden stahlblauen grimmigen Augen des Hausmeisters sah.
Im nächsten Moment schreckte Peter aus seinem Traum auf. Ein Druck auf den Lichtschalter brachte ihn in die Realität zurück. Seine Hände zitterten noch von dem Schock, den er kurz zuvor im Traum erlitten hatte.


Die Mutter sah kurz in sein Zimmer herein um zu kontrollieren, ob es ihrem Jungen gut ging.
Geistesgegenwärtig hatte sich Peter Schnell eines seiner Bücher geschnappt bevor die Mutter das Zimmer betrat, und tat so, als ob er lesen würde.
“ Aber heute nicht die halbe Nacht lesen“, mahnte die Mutter, „du kannst morgen weiterlesen.

War das gerade Geschehene tatsächlich passiert? Peter hätte es nicht beschwören können.
Der nächste Tag brachte allerdings eine mächtige Überraschung.

In der Schule herrschte große Aufregung. Der Hausmeister war in der Nacht überfallen worden und musste mit dem Krankenwagen in die Unfallklinik gebracht werden. Die Einbrecher hatten den armen Mann offensichtlich grausam zugerichtet.

Peter wurde blass. Was um alles in der Welt war heute Nacht tatsächlich passiert? Tat er im Geiste Dinge, die er nachher gar nicht mehr wusste? Fast panisch lief er zu seinem Platz und zog das Deutschheft aus seinem Fach.

Sein Gesicht wurde noch blasser als zuvor. Auf der erste Seite stand eindeutig in seiner Handschrift geschrieben: Acht Uhr Dreißig. Also hatte er doch die Fähigkeit, seinen Geist an andere Orte zu versetzen.

In der Klasse war es sehr still. Jeder war bestürzt, dass der Hausmeister auf so grausame Weise am Vorabend misshandelt worden war. Peter wurde fast übel vor Angst, als ihm immer mehr ins Bewusstsein drang, dass er unbewusst Dinge im Traum tat, die anderen Schaden zufügen konnten.

Gegen Mittag kam dann eine Nachricht von dem Krankenhaus. Der Hausmeister sei gar nicht überfallen worden. Er habe einen schweren Schock bekommen und behauptete, in dem Klassenzimmer einen Geist gesehen zu haben. Als er vor Panik aus dem Zimmer flüchten wollte, sei er gestürzt und habe sich dabei sehr unglücklich verletzt.

Der Klassenlehrer sah alle seine Schüler der Reihe nach an. Einer von ihnen hatte diesen Blödsinn mit dem Geist bestimmt ausgeheckt und musste dafür bestraft werden. Lange haftete sein Blick auch auf Peter. Nein, dieser Schüler würde so etwas bestimmt nicht machen.

Außerdem hätte der bestimmt Hilfe gerufen, nachdem sich der Hausmeister so verletzt hatte. Das war bestimmt wieder einer aus der achten Klasse gewesen. Da gab es eine ganze Handvoll Schüler, denen der Lehrer so ein Blödsinn auf Anhieb zutraute. Peter atmete sichtlich auf, als der Lehrer seine Absicht aufgab, in seiner Klasse nach dem Übeltäter zu suchen.
Jetzt schon besser gelaunt machte sich Peter auf den Heimweg. Insgeheim tat ihm der Hausmeister sehr leid, das hatte er wirklich nicht gewollt.

Jetzt wusste Peter zwei Dinge. Erstens: Er konnte sich wirklich bewusst mit seinen Gedanken an einen bestimmten Ort begeben. Und Zweitens, und dies war eine sehr wichtige Erkenntnis: Er konnte sich ein Gefahr entziehen, indem er einfach schnell aufwachte.


Traurig wurde ihm bewusst, dass sein Vater heute vielleicht noch leben würde, wenn er von diesen Fähigkeiten gewusst hätte und sie auch hätte nutzen können.

Wie sein Körper gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten existieren konnte, dafür fand Peter allerdings absolut keine Erklärung.

Was ihm allerdings Sorgen bereitete war die Tatsache, dass er sich auch durchaus bewusst war, dass ihn irgendwann so ein Ungeheuer in einem seiner Träume erwischen konnte bevor er in der Lage war, zuvor schnell genug aufzuwachen. Er ahnte nicht, welches Schicksal ihm die Zukunft bereithielt, so ein Ungeheuer war dagegen ein harmloses Krabbeltier.


Das Training
Jetzt da Peter sich seiner besonderen Fähigkeiten bewusst war, trainierte er, sich mit seinen Gedanken bewusst auf einen Ort oder ein Geschehen zu konzentrieren. Woche für Woche verzeichnete er immer mehr Fortschritte, seine Gedanken bewusst auf ein Ziel lenken zu können und brachte es fertig, im Gefahrfall sich sofort wieder blitzschnell zurückzuziehen.

Ein Jahr war vergangen. Es war kein ´´Schlaf´´ mehr notwendig um in die andere ´´ Dimension´´ zu gelangen. Eine kurze Konzentration genügte Peter und schon sah er sich am Ort der Vorstellung ´´materialisiert´´. Die Fähigkeit schien einmalig zu sein. Es gab keinerlei Berichte von Menschen, die wie er über solch eine außergewöhnliche Begabung verfügten.

Für Peter stand fest, dass er diese Fähigkeit von seinem Vater geerbt hatte. Wie das Ganze funktioniert, das hatte er noch immer nicht herausfinden können. Jedenfalls gab es keine physikalische Erklärung dafür.

Die erste Aufmerksamkeit erregte er erst damit, als eine spektakuläre Entführung in den Nachrichten für Aufregung sorgte. Ein Mädchen war entführt worden und die als besonders brutal bekannten Entführer verlangten von den Eltern eine große Summe Lösegeld. Es wurde sogar in den Nachrichten gezeigt, wie die Entführer das Mädchen vor ihrer Schule nach dem Kidnapping in ein Auto zerrten und davonfuhren. Ein Mitschüler hatte geistesgegenwärtig die Entführer mit seinem Handy gefilmt.

Peter sah in seinem Geist immer noch das Entsetzen auf dem Gesicht dieses Mädchens. Es stammte von einer angesehenen Familie die sehr viel Geld besaß.

Allein die Konzentration auf dieses Gesicht brachte plötzlich eine ungewöhnliche Überraschung. Peter sah in seinem Geist nicht nur das Gesicht des Mädchens, er hörte plötzlich auch die Stimme der Entführer. Tatsächlich stellte er verblüfft fest, dass er sich wohl für einen kurzen Moment in dem Versteck dieser Gangsterbande befunden hatte.

Noch einmal konzentrierte er sich auf diesen Ort. Im nächsten Moment konnte er unter sich in einer Art Lagerhalle mehrere Personen erkennen. Es waren eindeutig die in den Nachrichten gezeigten Entführer.

Das Mädchen hatten sie gefesselt und an einen der Stützpfeiler angebunden. Sie weinte leise vor sich hin. Einer der brutalen Entführer drohte ihr den Hals gleich umzudrehen wenn sie


nicht gleich ruhe geben würde. Mühsam das Weinen unterdrückend versuchte das Mädchen keine weitere Aufmerksamkeit mehr zu erregen.

Ganz offen diskutierten die Entführer über ihren Plan, wie sie mit dem Lösegeld über die Landesgrenze abhauen wollten. Sie hatten keinesfalls vor, ihr Opfer wieder zu ihren Eltern zurückgehen zu lassen.

Peter packte angesichts dieser Brutalität eine richtige Wut, am liebsten hätte er dem Anführer die Faust ins Genick gehauen.

Dieser Gedanke war ein großer Fehler. Kaum gedacht, stand er plötzlich direkt hinter dem Anführer. Schnell weg war der nächste Gedankenblitz. Peter war wieder in dem Bachgewölbe der Lagerhalle und beobachtete die unter ihm versammelten Verbrecher.

Dort herrschte einige Aufregung. Der Anführer hatte die entsetzen Blicke seiner Bandenmitglieder gesehen, als plötzlich hinter ihm eine fremde Person aus dem Nichts aufgetaucht war. Ehe sie reagieren konnten, war diese Person allerdings schon wieder verschwunden. Der Anführer hatte nur den Luftzug wahrgenommen der entstand, als der Körper von Peter auftauchte und gleich wieder verschwand

Die Burschen waren sogar bewaffnet bis auf die Zähne. Mit ihren Pistolen im Anschlag suchten sie die Fabrikhalle ab um nach dem seltsamen ´´Eindringling´´ zu suchen. Dass er keine Sinnestäuschung gewesen sein konnte waren sie sich sicher. Jeder hatte die Person deutlich gesehen und auch der Anführer bestätigte, dass er wahrgenommen hätte, dass irgendjemand plötzlich hinter ihm gestanden hätte.

Peter musste aufpassen, seine Gedanken in Zaun zu halten. So eine Unbedachtsamkeit durfte er sich nicht mehr erlauben. Damit gefährdet er nicht nur sich selbst, sondern auch das Leben des entführten Mädchens.

Die Entführer waren mehr als verwirrt über die plötzliche ´´ Erscheinung´´ und deren ebenso schnelles Verschwinden. Da sie aber trotz intensiver Suche niemand entdecken konnten, gaben sie ihre Suche schließlich auf. Sie vermuteten letztendlich, dass durch den Lichteinfall über die Oberfenster der Lagerhalle eine Luftspiegelung entstanden war und so praktisch einer Täuschung erlegen waren. Einer von ihnen, der die „Person“ nicht gesehen hatte, lästerte sogar, was seine Kameraden doch für Schisser wären, jetzt schon fast auf eine Luftspiegelung schießen zu wollen. Lediglich der Anführer machte immer noch ein sehr nachdenkliches Gesicht. Wie konnte eine Lichtreflexion gleichzeitig einen deutlich spürbaren Lufthauch verbreiten?

Peter hatte sich auf der Unterkonstruktion des Daches versteckt und hörte weiterhin der Unterhaltung der Entführer zu. Sie machten schon wieder Pläne, was sie alles mit dem erpressten Geld danach anfangen würden. Ab und zu schauten sie trotz allem vorsichtig aus dem Fenster um zu kontrollieren, dass sie nicht doch von einer Spezialeinheit der Polizei aufgespürt worden waren.
Aus ihrem Gespräch war eindeutig zu erkennen, dass sie keinesfalls vorhatten das entführte Mädchen wieder freizulassen. Sie sollte nur bei ihrer Flucht über die Landesgrenze als Pfand dienen.


Peter brachte dringend einen Plan, wie er dem Mädchen helfen konnte ohne es zu gefährden oder auch sich selber in Gefahr zu bringen. Die Entführer schienen graue Gesellen zu sein die offensichtlich keinen Spaß kannten. Die hatten wenig Achtung vor einem Menschenleben und dachten nur an das viele Geld welches sie erpressen wollten. Mit fünf Personen es gleichzeitig aufzunehmen war völlig unmöglich.

Inzwischen schienen sich die Verbrecher allerdings sicher zu sein, dass man sie nicht entdeckt hatte. Das Gefangene Mädchen konnte sich nicht befreien, so wie sie an den Stützpfeiler angebunden war. Sich ziemlich sicher, jetzt nur noch auf das Geld warten zu müssen, ließ ihre Aufmerksamkeit immer mehr nach. Zwei von ihnen wollten sich sogar dabei übertrumpfen, damit zu prahlen, was sie sich alles von dem Geld leisten würden.

Peter versuchte vorsichtig, von seinem Standort aus zu dem Pfeiler zu kommen, an dem das Mädchen fest gebunden war. Als er mit dem Fuß an eine Verstrebung stieß, gab es ein kurzes hell klingendes Geräusch. Die Entführer waren so mit ihrem Gespräch beschäftigt, dass sie Gott sei Dank nichts gehört hatten.

Peter wollte gerade weiter kriechen, als er bemerkte, dass das Mädchen das Geräusch anscheinend wahrgenommen hatte. Sie dachte wohl, dass es dort oben Ratten gab die sich an den Verstrebungen entlangschlichen. Peter sah in zwei erstaunt blickende Augen. Mit dem Finger vor den Mund haltend signalisierte er dem Mädchen, ihn ja nicht zu verraten.

Langsam kroch er weiter bis zu dem Stützpfeiler an dem das Mädchen mit einem Seil festgebunden war. Das Mädchen hatte offensichtlich schnell nach ihrem Schreck begriffen, dass der Junge ihr helfen wollte.

Ganz langsam und vorsichtig kletterte Peter an dem Pfeiler auf der den Entführern abgewandter Seite nach unten. Er musste höllisch aufpassen, sich nicht an den alten verrosteten Ouerstreben ernsthaft zu verletzten. Die Geräusche die er trotz aller Vorsicht verursachte, wurden von den eifrig geführten lauten Gesprächen der Entführerbande übertönt.

Unten angekommen, löste er die Fesseln des Mädchens. Das war gar nicht einfach all die viele Knoten aufzubekommen und dabei die Männer im Auge zu behalten. Endlich war der letzte Knoten entfernt, das Mädchen hätte jetzt praktisch weglaufen können.

Peter flüsterte ihr ins Ohr, noch ein wenig zu warten, er würde die Ganoven ablenken. Dann könnte die flüchten. Kaum hatte er dies gesagt, war er auch schon verschwunden. Das Mädchen spürte überrascht, dass ihr Helfer nicht mehr hinter ihr stand. Wie um alles in der Welt war er so schnell verschwunden? Das war mehr als seltsam.

Plötzlich ertönte vor der Lagerhalle ein lautes Geräusch. Die Entführerbande wurde aus ihrem Gespräch aufgeschreckt und sie eilten mit gezogenen Waffen zu den Fenstern. Draußen stand ihr Auto mit dem sie gekommen waren in hellen Flammen. Allerdings konnten sie nirgends irgendwo eine Person oder die Polizei entdecken.

Dann kam ein Geräusch vom anderen Ende der Lagerhalle. Dort stand in richtig frecher Haltung ein etwa vierzehnjähriger Junge und grinste die Bandenmitglieder an, als ob er sich über ihre Entsetzen Gesichter köstlich amüsieren würde.


Hatte der womöglich ihr Auto angezündet? Dem Anführer stieg die Röte des Zornes ins Gesicht, als er daran dachte, dass diese Rotznase gerade versuchte sie zu verarschen. Er war ein recht guter Schütze. Ohne Vorwarnung schoss er auf den Jungen. Der hatte genug, den hatte er voll erwische. Der würde sich nie mehr mit Erwachsenen angelegen, dachte der Anführer der Bande. Die ganze Bande eilte zu dem anderen Ende der Halle um zu sehen wer da so lebensmüde gewesen war, sich mit ihnen anzulegen.
Da war aber niemand. Der Anführer wusste einhundertprozentig, dass er getroffen hatte. Aber er sah keinen Tropfen Blut auf dem Boden. Als er und seine Kumpanen sich umdrehten, stand die Türe der Lagerhalle offen, und mitten drin im Licht der einfallenden Sonnenstrahlen stand genau dieser Junge. Das war doch unmöglich. Jetzt zielten alle auf diese Gestalt und erst als ein helles Klicken signalisierte, dass das Magazin ihrer Waffen lehr war, hörten sie auf zu schießen.

Wohin um alles in der Welt war diese Gestalt verschwunden? Ein lautes, vermutlich bewusst verursachtes Geräusch signalisierte den neuen Standort des Jungen. Das war völlig unmöglich. Kein Mensch konnte so schnell in die Dachkonstrukiton klettern. Aber genau da oben stand der Junge auf einem der Ouerträger ohne die geringste Schramme von der vorherigen Schießübung abbekommen zu haben.

Gerade als sie das Magazin wieder mit Kugeln nachfüllen wollten, signalisierten sie laute Sirenengeräusche. Die Polizei ist ihnen auf die Spur gekommen. Sie erinnerten sich jetzt wieder an ihre Entführe Geisel.

Nur noch die Stricke lagen vor dem Pfeiler auf dem Boden, das Mädchen war weg. Verdammt was war hier eigentlich passiert? Die Polizei hatte das Gebäude bereits umstellt, sie hatten praktisch keine Chance mehr, aus ihrer misslichen Lage herauszukommen.

Als die Polizei verständigt wurde, dass er in einer stillgelegten Lagerhalle zu einem Schusswechsel gekommen war, wussten sie praktisch sofort, dass sich dort die Entführer des Mädchen befinden mussten. Vermutlich hatte das Mädchen versucht ihnen zu entfliehen und sie hatten sie dabei erwischt.

Als sie allerdings bei der Lagerhalle ankamen, stürmte ihnen das Mädchen bereits entgegen ohne von den Geiselnehmern verfolgt zu werden. „ Schnell, ihr müsst dem Jungen helfen, die bringen ihn sonst um“, flehte sie sofort die Beamten an. In der Halle konnte man tatsächlich die wüsten Flüche des Anführers hören, der offensichtlich einem Jungen drohte, ihm eigenhändig den Hals umzudrehen.
Mit schusssicheren Westen ausgerüstet stürmten die Beamten in die Lagerhalle. Dort bot sich ihnen allerdings ein seltsames Bild. Der Anführer war auf die Verstrebung der Dachkonstruktion geklettert und starrte offensichtlich auf eine Person, die es gar nicht gab. Zumindest konnte keiner der Beamten außer dem Bandenchef irgendjemand anderes da oben erkennen. Fast freiwillig kletterte der Kidnapper wieder nach unten, da oben schien es etwas zu geben, das ihm offensichtlich mehr Angst einflößte als von der Polizei verhaftet zu werden. „ Da war ein Junge gewesen…“, stammelte er immer wieder.

Das war das wohl seltsamste Protokoll, das je bei der Polizei aufgenommen worden war.
Einstimmig behauptete jeder, dass es ein Geist in der Gestalt eines Jungen in der Halle gegeben habe der zuerst das Mädchen befreit, und dann die Gangster anschließend fast in den Wahnsinn getrieben habe.


„Peter- Hallo Peter..“ Peter fühlte, dass er von irgendetwas an der Schulter gepackt wurde. Der erste Gedanke war, dass ihn der Anführer der Kidnapperbande jetzt doch erwischt hätte. Halb benommen öffnete er die Augen. Es war seine Mutter die versuchte ihn wachzurütteln.
„ Hast du schlecht geträumt“, fragte die mit sorgenvoller Mine. Peter ließ sich sehr viel Zeit für seine Antwort. „Nein, Mutter ich hatte soeben den besten Traum meines bisherigen Lebens“, beruhigte er seine Mutter gutgelaunt.

Die Mine seiner Mutter hellte sich trotz allem nicht auf. Nicht wegen seiner Antwort. Nein, sie sah auf das große Loch in seiner neuen Weste. Ihr Blick sagte ihm, dass sie fast ein wenig wütend darüber war, dass er die teure Weste schon nach so kurzer Zeit zerrissen hatte wo sie doch das Geld dafür so mühsam verdienen musste.

„Ich passe bestimmt in Zukunft besser auf- versprochen“, versuchte er die Mutter umzustimmen. In seinen Gedanken nahm er sich vor, noch ein wenig intensiver zu trainieren. Nur knapp hatte er sich dem schießwütigen Anführer der Entführerbande entziehen können. Das Loch in seiner Weste war ein gefährlicher Streifschuss gewesen der ihn um ein Haar richtig erwischt hätte. Da musste er noch um einiges schneller werden, sich gedanklich von einem Ort wegbewegen zu können. „ Los zieh die Weste aus, ich versuche das Loch wieder zuzunähen“, lenkte jetzt seine Mutter ein. Bestimmt wäre sie entsetzt gewesen, wenn sie gewusst hätte, warum Peter so ein betroffenes Gesicht machte. So schlimm wäre es nun auch wieder nicht, wenn man sich ein Loch in die Kleidung reißt das käme bei Jungen seines Alters halt doch manchmal vor.

Die Nachricht über die glückliche Heimkehr des entführten Mädchens war in alles Abendnachrichten. Der Polizeisprecher fasste sich kurz: Sehr mysteriös Umstände hätten zu der Verhaftung aller Bandenmitglieder geführt. Das Mädchen behauptete vor der Presse, einen ganz besonderen Schutzengel gehabt zu haben.

Der nächste Tag in der Schule brachte für das Mädchen allerdings noch eine zweite Überraschung. Als sie Peter auf dem Pausenhof erblickte, starrte sie ihn das Minutenlang wie ein Geist an. Als sie gerade ansetzte, ihrer Freundin zu erklären, dass dieser Junge ihrem Schutzengel zum verwechseln ähnlich sah, tat dieser etwas sehr ungewöhnliches was sie bereits schon kannte. Er hielt den Finger vor den Mund sie sollte schweigen. Das war der eindeutige Beweis, dass sie sich nicht eingebildet hatte, dass sie einen Schutzengel besaß diesen gab es wirklich.
Es war nicht nur das Geheimnis das es galt zu hüten, es sollte auch der Beginn einer sehr langen Freundschaft werden.

Die neue Fähigkeit

Immer noch wollte Peter wissen, wie seine besondere Fähigkeit „funktioniert“.
Wissenschaftlich gesehen gab es dafür eigentlich keine Erklärung. Dass er aufpassen musste, in seiner „Gedankenwelt“ nicht verletzt zu werden weil sein richtiger Körper anschließend ebenfalls diese Verletzungen auswies, war für ihn ein Umstand der ihn zwang, sich sehr zurückzuhalten. Wenn die Kugeln auf der Waffe des Anführers der Kidnapperbande nur ein paar Zentimeter weiter abgewichen wären, würde er bestimmt auch wie sein Vater jetzt nicht mehr am Leben sein. Sich der Gefahr kraft der Gedanken zu entziehen, konnte bestimmt nicht immer schnell genug gelingen. Kampfhaft überlegte Peter, ob es nicht eine andere Möglichkeit gab.


Mehr durch Zufall als bewusst, entdeckte er eine neue Fähigkeit, die ihn künftig vor solchen Attacken auf seinen „ruhenden“ Körper Bewahren würde.

Es war in einer der Nächte wo draußen der Mond die Landschaft in ein kaltes helles Licht tauchte. Der Schlaf stellte sich seltsamerweise in so einer Konstellation immer etwas schlechter und oberflächlicher ein als sonst. Das war aber bestimmt nicht Peters Vollmondnacht ebenfalls als ´´ Schlafkiller´´.

Wie gesagt, Peter lag in seinem Bett in einer Art Halbschlaf verfallen. Immer wieder wachte er auf und sah in das unnatürliche Mondlicht. Fetzen der Erinnerung an seinen zuvor durchlebten Traum waren immer noch in seinem Bewusstsein. Irgendwie hatte er ob diesem Zustand das Gefühl, dass sich ´´ Traum´´ und Realität miteinander zu vermischen schienen.

Bei seiner besonderen Fähigkeit konnte man im eigentlichen Sinne ja nicht von ´´Traum´´ sprechen.

Wieder befand er sich gedanklich auf einer fremden Welt und wehrte zusammen mit Sulfon ein Angriff der Orks auf dessen Dorf ab. Einer der Orks kam bedrohlich nahe und schnappte plötzlich nach seinem Arm. Peter war aber irgendwie noch halb wach in seinem Zimmer und konnte das Mondlicht wie das helle Licht eines Leuchtturmes durch seine geschlossenen Augenlieder wahrnehmen. Es war eine richtig gespenstische Szene.

Er wusste, dass ihn der Ork mit seinem messerscharfen Gebiss am Arm erwischt hatte. Wie ein sich überblendeter Film sah er das helle Mondlicht das die Erde in dieser Nacht in ein unnatürliches Licht tauchte, war aber trotz allem wie in weiter Ferne auch noch gedanklich auf dem fremden Planeten.

Mit der freien Hand packte er den Ork in seinen Nasenlöchern und im nächsten Moment öffnete der mit einem Schmerzschrei sein mächtiges Gebiss und ließ seine Beute los. Die Nase der Orks war die empfindlichste Stelle ihres Körpers. Dass Peter im fackelnden Mondlicht auf seinen rechten Arm sah und schon mit Sorge bangte, dass dort gleich das Blut aus der Bisswunde spritzen würde, machte ihn jetzt vollständig wach und seine Gedanken wechselten in die reale Welt seines Zimmers zurück.

Normalerweise hätte sein Arm höllisch schmerzen müssen, aber er empfand nichts dergleichen. Die Nachttischlampe schaltete er hastig an und befühlte gleich die Stelle an seinem rechten Arm wo ihn zuvor der Ork gepackt hatte. Dort war allerdings keine Wunde zu sehen, noch irgendwelche anderen Spuren eines Kampfes.

Jetzt kam Peter die Erkenntnis, dass wenn er gedanklich nicht vollständig in diese unerklärliche andre Welt eintauchte, konnten sich Verletzungen, die er sich dort zuzog, nicht an seinem real existierenden Körper auswirken.

Das war eine fantastische Fähigkeit die ihm völlig neue Möglichkeit offenbarten.
Anscheinend hatte seine Mutter wegen dem hellen Mondlicht auch nicht schlafen können. Ihre sorgenvolle Frage, ob Peter einen schlimmen Traum gehabt hätte und deswegen in seinem Zimmer Licht brannte, konnte er beruhigend verneinen.


Seine Mutter hatte im Unterbewusstsein immer noch eine höllische Angst davor, dass ihr Sohn doch die Krankheit des Vaters geerbt hatte und ebenfalls in einer Nervenklinik enden würde. Peter konnte manchmal gar nicht verstehen, dass sich die Mütter immer so viele unnötige Sorgen machen.

Müde von den Erlebnissen des Tages schlief dann Peter doch wieder ein- diesmal ohne „bewusst“ in dem weiteren Verlauf der Nacht einen „ Traum“ zu erleben. Am nächsten Morgen fiel es Peter schwer, aufzustehen. Er war noch müde und der fehlende Schlaf durch das Mondlicht verstärkte das Gefühl noch, dass es eigentlich besser gewesen wäre, anstatt aus dem Bett zu springen, sich auf die andere Seite zu drehen und noch ein paar Minuten Schlaf nachzuholen. So ging er in die Schule und traf dann in der ersten Pause auf dem Hof Kathy, das Mädchen welches er aus den Händen der Entführer befreit hatte.

Als Kathy sah, dass Peter ihr gebot zu schweigen, war ihr sofort klar, dass er nicht wollte, dass jeder diese Geschichte erfuhr.

Es war allgemein bekannt, dass es in der Familie Fox sogar einmal einen Selbstmord gegeben hatte. Alle erzählten sich, dass sich der Vater von Peter selbst getötet hätte, nachdem man ihn zuvor in die ´´Klapsmühle´´ gesteckt hatte.

Die Mutter war zu bedauern. Sie musste alleine für ihr Kind sorgen und auch noch die Blicke der Nachbarn ertragen, die von der Geschichte wussten.

Wenn Kathy ihrer Freundin von ihrem Retter erzählte, würde Peter auch bald wieder ins Gerede kommen. Schnell konnte dann der Gedanke entstehen, dass nur ein ´´Verrückter´´ so einfältig sein konnte, sich gleich mit einer ganzen Entführerbande anzulegen. Der Erfolg zählte bei solchen Mutmaßungen meist nicht mehr viel.

Die Meyers wollten bestimmt nicht mit so einer Familie zu tun haben, in der ein Familienmitglied verrückt geworden war und sich in seinem Wahn sogar selbst umgebracht hatte.

Trotzdem wollte Kathy Meyer wissen, wie es Peter fertig gebracht hatte, sie ganz alleine aus den Händen der Entführer zu befreien. So etwas hätte ihm niemand in der Klasse zugetraut. Er galt allgemein als eher der ruhigere Typ der nicht zu solchen Heldentaten neigte.

Dass Peter sehr sportlich war, das wusste so gut wie jeder. Bei den alljährlichen Sportfesten der Schule stand er immer auf dem Siegertreppchen. Wie er allerdings den Kugeln des Anführers der Kidnapper ausgewichen war, das wollte Kathy von ihm persönlich wissen. Noch nie hatte Kathy gesehen, dass sich jemand so schnell bewegen konnte. Nur ein Augenzwinkern hatte genügt, und schon war Peter aus der Schusslinie geraten.

Einen Jungen ihrer Klasse hatte Kathy bis jetzt noch nie zu sich nachhause eingeladen. Ihre Eltern hatten da sehr Strenge Sitten und Vorstellungen. Peter war der erste, dem diese Ehre zuteil wurde. Kathy hatte nur ein wenig Angst davor, ihren Eltern zu sagen, aus welcher Familie Peter stammte.
Auch Kathy verriet Peter sein ´´kleines Geheimnis´´ nicht wie er so schnell in die alte Leerstehende Lagerhalle kommen konnte. Er erzählte ihr, dass er zufällig dort bei der alten Lagerhalle gewesen sei und bei Kletterübungen die Entführerbande entdeckt habe


Kathy hörte aufmerksam und doch ein wenig skeptisch zu, als ihr Peter versuchte zu erklären, wie er dem Kugelhagel des Anführers entkommen sei. Normalerweise begibt sich kein Mensch in so eine Gefahr, sich mutig vor einen Verbrecher zu stellen der mit einer Waffe auf einen zielt. Entweder war derjenige total verrückt, oder aber er besaß eine außergewöhnliche Courage.

So oberflächlich wie die Verhaltensweise von Peter in der Schule von Kathy allgemein bisher beurteilt wurde, hatte sie sofort nach seiner erzählten Version der Geschehnisse das Gefühl, dass Peter irgendeine Wahrheit verschwieg und viel mehr bei seiner mutigen Tat dahinter steckte als er momentan zugab. Dieser Junge war so ganz anders als sie ihn sich vorgestellt hatte nachdem sie jeden tag mit ihm im gleichen Klassenzimmer gesessen hatte und nie von ihm beachtet wurde. Sie war verwirrt wie man sich Täuschen kann wenn man mit Vorurteilen jemand anderen versucht einzuschätzen: Peter war sehr gut in der Schule, so ein kleiner nachdenklicher Streber halt, der nur Freunde besaß die sich an ihn ranmachten weil er ihnen bei den Hausaufgaben aus der Patsche half. Vermutlich lief er bei der kleinsten Gefahr eher davon, als sich mitten in ein Abenteuer zu stürzen. So hatte sie bisher ihren Mitschüler gedanklich sortiert.

Dass dieser Junge sie aus den Händen der Entführer befreien würde, ohne ein einiges Mal auch nur den Ansatz von Angst zu zeigen, das hätte sie ihm in tausend Jahren nicht zugetraut.

Über ihre Menschenkenntnis fast ein wenig ärgerlich und beschämt, hatte sie Peter eingeladen um hinter sein ´´Geheimnis´´ zu kommen warum er sich in der Schule so völlig anderst zeigt. Das was sie in der alten Lagerhalle erlebt hatte, war fast wie ein Traum gewesen. Vermutlich wäre Kathy mehr als verblüfft gewesen, hätte sie in diesem Augenblick gewusst, wie nahe sie mit ihren Gedanken der Wahrheit gekommen war.

Dieser Peter, der kleine Streber, war ehrlich gesagt nicht der Typ Junge, mit dem Kathy normalerweise eine Freundschaft suchen würde. In der Schule war er bisher nur aufgefallen, weil er immer die begehrten Schulpreise kassierte. Dafür hatte sie ihn manchmal sogar zugegebenermaßen fast gehasst, wenn es ganz knapp darum ging, wer denn nur den Preis für den Klassenbesten bekam.
Die Eltern von Kathy zwangen ihre Tochter mehr oder weniger zum lernen. Sie besaßen eine große Firma, da musste traditionsgemäß einmal die Tochter die Leitung übernehmen. Nachhilfeunterricht, wo andere faul in der Sonne lagen, das waren oft Kathys Nachmittage. Da war es besonders ärgerlich, wenn so ein Streber ihr dann fast ohne große Anstrengung den begehrten Schulpreis als Klassenbester vor der Nase wegschnappte.

Jetzt saß Peter vor ihr, hatte ihr junges Leben gerettet und war so ganz und gar nicht nur der kleine lästige Streber, als den sie ihn bisher eingeschätzt hatte.

Zu dem Thema Entführer schien sich Peter leider eher ausschweigen zu wollen. Kathy spürte, dass er den Fragen auswich und es ihm irgendwie unangenehm war, wenn sie versuchte nachzubohren um ihre Neugierde zu befriedigen.

Wie dann das Gespräch auf das Thema ´´Lernen´´ und Nachhilfeunterricht gekommen war, konnte keiner der beiden mehr genau sagen.


Kathy war allerdings verblüfft, wie Peter es ohne Nachhilfeunterricht und ohne die Hilfe seiner Eltern fertig bringen konnte, fast in allen Fächern sehr gute Noten zu schreiben. Seine Mutter besaß kein Geld um Nachhilfeunterricht bezahlen zu können. Nach dem Tod des Vaters musste sie für den Lebensunterhalt der Familie sorgen, da blieb auch wenig Zeit, um mit Peter lernen zu können.

Peter verriet, dass er immer alles ohne fremde Hilfe erlernen würde.

Es war schon recht spät am Nachmittag geworden als sich Peter wieder auf den Nachhauseweg begab. Er und Kathy hatten beschlossen, künftig zusammen lernen zu wollen wenn sich die Möglichkeit dazu ergab. Jetzt musste er sich aber beeilen, nachhause zu kommen seine Mutter machte sich bestimmt schon Sorgen wo ihr Junge wohl steckt.

Kathy saß noch lange in ihrem Zimmer und dachte darüber nach, wie man sich doch in manchen Menschen täuschen kann. Dieser Peter war bestimmt ein anständiger und freundlicher Junge, er besaß zudem Eigenschaften, die hätte sie nie zuvor bei ihm vermutet. Das von der Erziehung durch ihre Eltern geprägte Weltbild und die Vorurteile gegen die sozial schwächeren anderen Menschen schienen offensichtlich absolut nicht zu stimmen. Kathy nahm sich fest vor, ab heute sich jetzt immer selbst eine eigene Meinung zu bilden und sich nicht mehr von ihren Eltern vorschreiben zu lassen, wer ihre Freunde sein durften, und wer nicht. Ihren Umgang mit anderen Menschen würde sie ab sofort selbst bestimmen.

Peter hatte in dieser Nacht einen wirklich schönen Traum: Hand in Hand wanderte er mit seiner neuen Freundin über eine Wiese mit vielen bunten Blumen. Es war eine Landschaft im Hintergrund zu erkennen, die er noch nie zuvor so gesehen hatte.

Das Mädchen neben ihm war Kathy, allerdings war sie in seinem Traum erwachsen und zu einer ausnehmend hübschen jungen Frau herangereift. Sie lächelte ihn glücklich an und strich ihm mit ihrer rechten Hand durch seine vom warmen Sommerwind zerzausten Haare.

Etwas irritiert sah Peter an ihrem rechten Arm, dass dort ein Dreieck mit drei in dessen Zentrum liegenden Tätowierungen eingeritzt worden war.

Vor Schreck ´´wachte´´ Peter auf. Er hatte noch immer den betäubenden Geruch der Blütenpollen in seiner Nase, als er schnell das Licht einschaltete um dadurch vollständig in die Realität zurückzufinden.
So seltsam es auch war, aber Peter hatte das Gefühl, auch diesen Traum real erlebt zu haben. Allerdings gab es gegenüber seinen sonstigen ´´ Traumerlebnissen´´ diesmal einen entscheidenden Unterschied: Das Geschehen hatte eindeutig in der Zukunft stattgefunden. War es tatsächlich möglich, sich nicht nur in den Gedanken räumlich, sonder auch in der zeit bewegen zu können?
Verwirrt und auch müde schlief Peter wieder ein, diesmal allerdings ohne bewusst zu ´´träumen´´. Zumindest konnte er sich am Morgen an nichts anderes als den Traum auf der Blumenwiese erinnern. Wo sein Unterbewusstsein in der Nacht tatsächlich ´´herumgeisterte´´, das sollte er viel später auf makabere Art und Weise erfahren.


ENDE

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.12.2012

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