Ich könnte euch eine Geschichte über Ruhm und Heldentaten erzählen, über gute Menschen, die stets das Richtige vor Augen hatten und sich nie beirren ließen, aber was hätte das für einen Nutzen? Viel lieber möchte ich euch über jemanden erzählen, der nicht immer auf dem rechten Wege war und gerade zur Weihnachtszeit erfuhr, was ihm die ganze Zeit fehlte.
James war zehn, Einzelkind, Mutters Herz und reich. Im Allgemeinen konnte man sagen, er war verwöhnt, wie es ein reiches Kind nur sein konnte. Alles was er sich wünschte, lag ein paar Tage später in seinem Zimmer, meist nur ein bis zwei Stunden genutzt. Was nicht mehr in sein eigenes Spielzimmer passte, wurde getrost in den Keller geschafft.
„James, du könntest dein altes Spielzeug doch spenden, oder?“ fragte ihn einst sein Dienstmädchen, was die eigenen Worte nur ein paar Minuten darauf bereute. Die Spielzeuge blieben daheim, das Mädchen landete auf der Straße.
In der Schule, die natürlich nur für reiche junge Burschen bestimmt war, passte James nie auf, denn er sah sich schon als großen Nachfolger seines Vaters, Besitzer einer erfolgreichen Schneiderei, in der nur die reichen, edlen Menschen einkauften. Es sei gesagt, dass sich dort auch kein anderer etwas hätte leisten können. Die einzigen Armen, die das riesige Haus betreten durften, waren die Arbeiter, die für einen sehr geringen Lohn hart anpacken und Überstunden leisten mussten. Mit solchen Menschen, das hatte ihn sein Vater gelehrt, sollte man so selten wie möglich verkehren, denn sie waren unwissend und schlecht.
Eines Tages, beim Heimweg aus der Schule, saß ein ärmlich gekleideter Mann am Straßenrand, spielte Violine und bettelte um Geld. James‘ bester Freund Robert zückte einen Schilling und warf ihn in die Mütze des Herrn, der sich gleich darauf herzlich bedankte. „Wieso gibst du dem armen Alten nicht auch etwas? Du hast doch nun reichlich genug.“ fragte Robert ihn, als James die beiden voller Ekel betrachtete. Er schüttelte nur den Kopf und ging allein weiter seines Weges. Von Robert hielt er sich in Zukunft fern.
Langsam solltet ihr euch ein Bild von James gemacht haben, wie herzlos, geizig und närrisch er sein konnte. Doch glaubt mir, sein Leben sollte sich ändern, und zwar sehr bald.
Es war der 24. Dezember, der Heilige Abend, und da an diesem Tag keine Schule mehr geöffnet hatte, begleitete James seinen Vater zur Schneiderei. Voller Stolz schritt er dahin und hoffte, dass auch jeder ihn zusammen mit seinem Vater sehen würde, wie sie so in voller Pracht die Straßen entlanggingen. Als sie an der Schneiderei ankamen und eintraten, spürte James alle Blicke auf sich. Er genoss den Neid, die Eifersucht und den Hass, der diesen Blicken inne lag, und all das bestätigte nur sein falsches Menschenbild, was ihn sein Vater gelehrt hatte. Bald betraten sie das prunkvoll eingerichtete Büro, welches leuchtend und bunt für das Weihnachtsfest geschmückt war.
„Eines Tages mein Sohn, wird das alles dir gehören.“ sagte der Vater und klopfte seinem Sprössling kräftig auf die Schulter. „Du wirst lernen wie man Geschäfte macht, Geld verdient und diesen Abschaum von Menschen da draußen richtig behandelt. Ich habe keine Zweifel daran, dass du deinen alten Herrn stolz machen wirst.“
Beide grinsten sie sich zufrieden an, was noch Minuten hätte dauern können, wenn nicht ein Klopfen diese hämische Freude unterbrochen hätte.
„Herein!“ schrie der Vater, der immer darauf achtete, dass er vor seinem Sohn so dominant wie möglich glänzte; dafür liebte ihn James.
Einer der unteren Arbeiter, unverkennbar an seinen billigen Kleidern und dreckigen Händen, stand in der Tür und verbeugte sich tief. Man sah ihm seine Angst förmlich an und der daraus resultierende Schweißgeruch brannte James in der Nase.
„Entschuldigen Sie Sir!“ stotterte der heruntergekommene Arbeiter und nahm seine verbeulte Mütze vom Kopf. „Ich wollte Sie wahrlich nicht bei Ihren wichtigen Gesprächen mit Ihrem Sohn stören, aber ich habe wirklich ein dringendes Anliegen.“
James beobachte die Lippen seines Vaters, die sich zu einem überlegenden Lächeln formten. „Nun, was gibt es Goldburg?“
James musste unfreiwillig lachen und sein Vater grinste noch breiter. Mit solch einem Namen für solch einen erbärmlichen Mann hatte er nicht gerechnet. Goldburg schaute noch bekümmerter drein, doch ließ sich nicht beirren.
„Ich komme wegen des Lohns für diesen Monat. Da wir zu Hause eine große Familie haben und Weihnachten nicht zu ärmlich feiern wollen, dachte ich, ich könnte Sie fragen, ob Sie mir vielleicht einen Teil des Januarlohns schon in diesem Monat auszahlen könnten.“
Vorerst herrschte Stille und der Vater schloss die Augen. Er begann sich die Schläfen zu massieren und fing dann mit leiser Stimme an zu sprechen: „Heißt das der Lohn, den ich Dir zahle, reicht euch nicht aus? All meine Großzügigkeit, dass ich Dich angestellt habe, wird nun bestraft, weil du nicht mit etwas weniger zufrieden bist? Typisch! Kaum gibt man euch etwas, da wollt ihr gleich alles haben…“ „Nein, so ist es nicht Sir, aber wir kriegen zum Fest noch mehr Besuch als geplant. Wissen Sie, unsere Tochter bekam erst vor ein paar Wochen ihr Kind und…“ Doch Goldburg kam nicht dazu noch weiter zu sprechen, denn nun erhob James Vater wieder das Wort und diesmal viel lauter als zuvor: „Es ist mir egal, wenn dein Balg noch solch eine Kreatur wie euch auf die Welt gesetzt hat. Eher sollt ich darüber doch zornig sein, also raus mit dir! Sei froh, wenn ich dir deinen Lohn nicht noch kürze, und auch das hast du nur meiner Güte zu verdanken.“
Der Arbeiter zitterte nun am ganzen Körper, blickte mit entsetzten Augen erst zum Vater und dann zu seinem Sohn, der nun in das breite Grinsen seines Vaters mit einstimmte. Er schüttelte leicht den Kopf, trat hinaus und zog schnell die Tür hinter sich zu.
„Siehst du mein Sohn, wie ich es dir doch immer wieder gesagt habe. Diese Leute heutzutage wissen nicht, was sie wert sind. Vergiss das nie, sonst nehmen sie dich aus wie eine Weihnachtsgans.“
James nickte heftig mit dem Kopf. Er konnte es nun kaum erwarten auch einmal solch großer Chef in dieser Firma zu werden und den Leuten klarzumachen, dass sie nicht einmal halb so viel wert waren wie er selbst.
„Apropos Gans, wie wäre es, wenn du dieses Jahr den Braten aussuchen dürftest? Nur ein paar Straßen weiter befindet sich der Geflügelhändler, dort kannst du einen wählen und ihn bezahlen. Er wird uns dann heut Abend geliefert, damit der Koch für morgen alles vorbereiten kann.“ James Bauch kribbelte vor Aufregung und seine Wangen färbten sich vor Freude rot. Endlich erhielt auch er einmal eine wichtige Aufgabe und er wollte seinen Vater auf keinen Fall enttäuschen. So erhielt er einen Beutel voller Taler und machte sich auf den Weg, natürlich nicht ohne vorher die hasserfüllten Blicke zu genießen, die die Arbeiter ihm zuwarfen, als er fröhlich in Richtung Ausgang hüpfte und mit dem Geldbeutel schwang, sodass die Münzen darin klimperten.
Draußen schien die Sonne, aber sie war nicht einmal ansatzweise so warm und kräftig, als dass sie hätte den Schnee schmelzen können, der schon überall auf den Straßen lag. Winter war James liebste Jahreszeit, nicht weil es draußen schön weiß war und alle Menschen besinnlich wurden, sondern weil es hieß, dass Weihnachten vor der Tür stand und bald wieder etliche Geschenke unter dem Tannenbaum liegen würden.
Um noch schneller beim Geflügelhändler zu sein und ja den größten Braten zu bekommen, nahm er eine Abkürzung, die durch eine dunkle Gasse führte. Als der Junge so vor sich hin träumt und hoffte, dass er auch alles bekommen würde, was er sich gewünscht hatte, traf ihn plötzlich etwas Hartes am Knie, was ihn zu Fall brachte. Er hielt sich das linke Bein, wo der Stein, er konnte das harte Etwas nun ausmachen, denn es lag direkt neben ihm, ihn getroffen hatte. Ein paar Meter entfernt, lag sein Geldbeutel, der ihm aus der Hand gefallen sein musste, als er fiel. Gerade als er danach greifen wollte, hielt eine starke raue Hand sein Handgelenk fest und eine andere packte sich das Beutelchen und ließ es schwingen.
„Na wen haben wir denn hier? Ist das nicht der verwöhnte Schneiderssohn?“
Die Stimme war tief, aber noch jugendlich und James erkannt bald einen großen bulligen Kerl mit leuchtend roten Haar. Der Typ, der gesprochen hatte, hielt auch den Beutel und warf ihn jede Sekunde in die rechte und dann wieder in seine linke Hand.
Hinter ihm selbst ertönte ein gehässiges Grunzen, was wohl ein Lachen darstellen sollte. Es handelte sich um einen fetten, pickligen Typen, der James mit einem breiten gelben Lächeln beobachtete, wie wohl ein Bär es mit seiner Beute tat. Er hielt ihn noch immer am Handgelenk und machte keine Anstalten ihn wieder loszulassen.
„Mein Vater ist kein Schneider, sondern ein Firmenleiter ihr Gesindel.“ schrie James und versuchte sich aus dem starken Griff des Fetten zu befreien, was ihm natürlich nicht gelang, wie sehr er sich auch bemühte.
Die anderen beiden begannen zu lachen und der Rothaarige hielt sich den Bauch, was James noch rasender machte.
„Was glaubst du wer du bist, dass du uns Gesindel nennst?“ fragte er noch ganz ruhig, doch seine Mundwinkel bewegten sich immer weiter nach oben und seine Augen verhöhnten den für ihn doch so kleinen Jungen.
„James Brightmore! Und wenn mein Vater erfährt, dass ihr mich hier festhaltet und beklaut, wird er euch ins Gefängnis sperren lassen.“
„Oh, da haben wir aber Angst.“ grunzte es hinter seinem Rücken. „Glaub mir, wenn du das deinem Vater erzählen solltest, dann…“
Doch was in diesem Falle geschehen sollte, erfuhr James nicht mehr, denn das Schauspiel wurde durch einen lauten, grellen Schrei unterbrochen.
„Ahhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh… lasst ihn los!“ Ein Junge, gerade mal so groß wie James, kam angerannt, in der Hand einen langen, dicken Stock mit dem er den Rotkopf direkt ins Gesicht schlug. Der ließ voller Schreck den Beutel fallen und hielt sich seine jetzt blutende Nase.
„Verschwindet!“ schrie der Kleine und fuchtelte wie wild mit seinem Stock. Die beiden größeren Kerle rissen entsetzt die Augen weit auf und auch James wusste nicht, was er davon halten sollte. Doch die Hand um sein Gelenk lockerte sich und ließ ihn dann endgültig los.
„Das werdet ihr noch bereuen!“ rief der Rotschopf ihnen von Weitem zu, während er und der Fette, der beim Laufen kräftig grunzte, diesmal aber vor Erschöpfung, davonrannten, als wäre ein ganzer Bienenstock hinter ihnen her.
„Alles klar bei dir?“ fragte der kleine Junge, der James hoch half und ihm seinen Geldbeutel reichte, den er kurz davor aufgehoben hatte. James starrte ihn an. Er trug saubere und feine Kleidung, lächelte wie ein kleines Kind und hatte rote Backen von der Kälte.
„Vielen Dank.“ sagte er und schüttelte dem Jungen die Hand. „Darf ich nach deinem Namen fragen?“
Der Junge richtete sich auf, streckte die Brust heraus und voller Stolz verkündete er: „Mein Name ist William, Retter der Hilfsbedürftigen, aber du kannst mich auch einfach Will nennen.“
James dachte, nein er wusste, dass Will, wie er ihn nun nennen durfte, aus einer reichen Familie kommen musste, denn nur Mitglieder einer edlen Familie hatten solch prächtige Gestalt.
„Ich heiße James und bin der Sohn eines wichtigen Geschäftsmanns hier in der Stadt. Wo wohnst du eigentlich? Ich habe dich hier noch nie gesehen.“
„Oh, ganz in der Nähe.“ Sagte der Junge mit skeptischem Blick. „Nur ein paar Straßen weiter.“
James überlegte einen Augenblick, denn er wollte Will unbedingt danken, bis ihm eine fantastische Idee kam. „Ich möchte dir etwas schenken, zum Dank dass du mich gerettet hast. Als du mir halfst diese fiesen Typen zu verjagen, war ich gerade auf dem Weg zum Geflügelhändler um einen großen Braten für das Weihnachtsfest zu holen. Mein Vater hat mir dafür diesen Geldbeutel mitgegeben und ich denke es ist genug für zwei drin. Wie wäre es also, wenn ich euch auch einen kaufe? Außer natürlich ihr habt schon einen.“
Die Augen des kleinen Will weiteten sich und man konnte ein Leuchten darin erkennen, was nur mit einem der schönsten Abendsterne gleichzusetzen war. „A…a…..aber, das kannst du doch nicht einfach so machen. Also, ich meine…es wäre wunderbar, aber, nein, das kann ich nicht annehmen.“
„Sei doch nicht so bescheiden!“ lachte James und klopfte William auf die Schulter, wie auch sein Vater es immer mit ihm machte, wenn er stolz auf ihn war. „Ich bestehe darauf, nun komm schon.“
Man konnte in seinen schüchternen Blicken erahnen, wie der Kleine das Angebot mit seinem Gewissen abwog, doch schließlich bejahte er und sie gingen die letzten Meter bis zum Händler.
Was für eine Pracht von Braten dort lag, es war unglaublich. Selbst James, der schon so manch riesigen Braten gesehen hatte, fielen fast die Augen aus dem Kopf. Natürlich war ihm klar, dass er nur Eindruck schinden konnte, wenn er auch die Beiden größten nahm, und so war der Laden in wenigen Minuten um zwei Prachtstücke und James um einiges Silber ärmer. James Braten wurde, wie mit dem Vater vereinbart, vom Händler zu ihm nach Hause gebracht, doch für den Transport des anderen, mussten sie selbst sorgen, was sich, wegen des Gewichts, als ziemlich schwierig erwies. So mussten sie beide, einer hinten einer vorne, zusammen anpacken um das große Tier fortzubewegen.
„Es ist nicht mehr weit.“ Sagte Will, der vom Tragen schon schnaufte und bei jedem Schritt versuchte, die strähnigen Haare aus dem Gesicht zu pusten. „Glaub mir, meine ganze Familie wird Augen machen, wenn wir erstmal da sind.“
James dachte sich, dass solch ein Braten für eine reiche Familie doch nichts Besonderes war, aber sagte er nichts. Vielleicht wollte Will ja auch nur stolz von seiner Heldentat berichten und den Braten als Trophäe mit nach Hause bringen, überlegte er und so freute er sich mit ihm.
Nach wenigen Minuten stoppte William abrupt. Das Entsetzen, was sich nun langsam in James Gesicht und Gemüt breitmachte, war nicht zu erklären. Es war ein solches, bei dem man nichts sagen konnte, weil es zu groß war, als dass man hätte schreien können.
Die beiden Jungs standen vor einem kleinen Haus. James korrigierte in Gedanken den Begriff und änderte ihn in Ruine um. Es war nicht zu vergleichen mit der Villa in der er selbst hauste.
„Ich weiß, es ist etwas bescheiden, aber naja, mehr können wir uns leider nicht leisten.“ Sagte Will und lächelte beschämt. Ihm war die Situation sichtlich unangenehm.
James Blicke huschten immer wieder zwischen der „Ruine“ und Will hin und her. Wieso trug er solch ein edles Gewand? Wieso war er so mutig? Wieso so bescheiden und hilfsbereit? Ein solcher Junge konnte doch niemals aus einer ärmlichen Familie abstammen, nein, das musste ein böser Scherz sein, oder gar ein Traum?
Als er versuchte alle Möglichkeiten durchzugehen, öffnete sich die Tür vor ihnen und eine rundliche, aber liebenswert aussehende Frau stand darin. „Ach da bist du ja mein Willy.“ Rief sie und drückte dem Kleinen einen dicken Kuss auf die Wange. „Und wer ist der hübsche junge Mann, den du da mitgebracht hast?“ Sie brauchte einige Sekunden um zu erkennen, was die beiden Jungs in den Armen hielten.
„Meine Güte…was habt ihr denn da mitgebracht?“ Sie nahm ihnen den Braten ab und trug ihn ins Innere des bescheidenen Heims. „Nun kommt schon, ihr müsst mir schon erzählen, woher ihr dieses prächtige Ding herhabt. Ihr habt doch nicht etwas gestohlen?“ Die liebenswürdigen Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Nein Mom, ich erklär es dir.“ Sagte Will und begann zu erzählen.
James schwieg die ganze Zeit und schaute sich in der Küche um. Es gab kaum etwas, nur einen einzigen kleinen Schrank in dem alles stand, von Töpfen bis Geschirr, ein mickriger Ofen, ein Holztisch und ein Kamin, indem das Feuer prasselte. Es war leer, spöttisch im Vergleich zu James Behausung, aber doch strahlte es Gemütlichkeit und Geborgenheit aus, was ihn schier überraschte.
„Warum hast du eigentlich immer noch dieses alberne Kostüm an?“ fragte Wills Mutter, denn das war die rundliche Frau.
„Ko…ko…kostüm?“ stotterte James und blieb wie erstarrt stehen. Er sah Will aus dem Augenwinkel sich drehen und lachen. „Ich liebe es einfach und darin ist man mutiger.“ Seine Mutter lachte mit ihm und nahm ihn in den Arm. „Du bist ein kleiner Held, und dir mein Lieber…“ sie schaute dabei James an, „dir danke ich natürlich für diesen wunderschönen Braten.“
James schüttelte kräftig mit dem Kopf „Nein, das ist nicht der Rede wert, wer weiß was die beiden Typen mit mir gemacht hätten, wenn William nicht gekommen wäre.“
Will grinste nur noch stolzer. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür erneut, dieses Mal aber kam jemand von draußen herein. James erkannte ihn sofort, wie auch nicht. Die arme Gestalt, das abgemagerte Gesicht, der traurige Blick… es war Goldburg.
„Guten Abend meine beiden Lieblinge.“ Sagte er und drückte Frau und Kind an sich. Bis dahin hatte er James noch nicht gesehen und dieser hoffte fast ohne gesehen zu werden zu entkommen, doch da war es auch schon zu spät. „Oh.“ Sagte Goldburg und sah ihn an. Doch mehr konnte er nicht dazu sagen, denn schon erhob Will das Wort und erzählte ein weiteres Mal von seiner glorreichen Tat und dem Braten, den er dafür bekommen hatte.
„Ich wusste es doch immer mein kleiner, aus dir wird mal etwas Großes werden.“ Sagte der Mann mit Tränen in den Augen und drückte seinen Son noch fester an sich.
Etwas in James stieg auf und versetzte ihm einen Stich mitten ins Herz. Ein Klopfen auf die Schulter war alles, was er von seinem Vater immer bekam… ein schlichtes Klopfen, ein paar stolze Worte, aber das, was war das? Umarmungen, Liebe, Tränen des gerührt Seins in den Augen? Er hatte mehr Geld, mehr Spielzeug und ein größeres Haus als Will und nun sollte er doch ärmer sein als der Kleine?
„Vielen Dank für den Braten.“ Sagte Goldburg und unterbrach mit damit James wirre Gedankengänge. „Ich hoffe doch Ihr Vater wird darüber nicht all zu böse sein.“ Er sagte das mit etwas Sorge in den Augen, die eindeutig James galten.
Wie konnte dieser Mann denn immer noch so freundlich zu ihm sein? Wie konnte er sich seinetwegen Sorgen machen? James war verwirrt und schaute die kleine Familie an, die so arm war und doch so reich.
„Ich, ich muss gehen!“ stammelte er und rannte aus der Tür. Aus der Ferne hörte er noch Wills Rufe „Du kommst doch mal wieder oder? Sind wir jetzt Freunde?“ Doch all das schnitt James nur noch tiefer ins Herz und er weinte während es draußen schneite und es ihm schien, als würden all seine Tränen langsam gefrieren und für immer an seinen Wangen haften bleiben.
Tag der Veröffentlichung: 24.12.2009
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