Prolog
Schattenpracht
Ich war 8 als ich es das erste Mal wahrnahm, beziehungsweise als ich SIE zum ersten Mal fühlte und sah.
Es war in der Nacht, als mein Opa im Krankenhaus starb.
Ich ging gerade ins Bett, wusste nicht das mein Opa im Krankenhaus war und schlief ein.
Ich habe in dieser Nacht nichts geträumt.
Mitten in der Nacht wurde ich an der linken Schulter berührt.
Meine Schulter wurde gestreichelt, ganz sanft als wolle sich jemand verabschieden.
Ich fühlte alle fünf Finger dieser Hand. Sie war warm und gab mir ein Gefühl von Geborgenheit.
Ich wollte nachsehen wer das war der mich da berührte und knipste das Licht an meinem Bett an.
Aber da war niemand.
Ich weiß, das klinkt verrückt und hätte ich das nicht erlebt dann würde ich es selbst ja nicht glauben.
Ich sah überall nach wo sich jemand verstecken könnte.
Im Schrank, unter dem Schreibtisch und am Schluss überwand ich meine Angst und sah sogar unter dem Bett nach.
Aber da war nichts.
Ich hab damals die Stirn gerunzelt und dachte mir wer oder was das gewesen war.
Unruhe machte sich in meinem Magen breit und ich ging nach oben, wo ich meine Mutter in der Küche fand.
Ich wollte ihr gerade erzählen was passiert war, als das Telefon klingelte.
So spät noch?
Es war ja bereits 11 gewesen als ich ins Bett ging.
Meine Mutter hörte zu was der Sprecher am anderen Ende zu sagen hatte.
Sie wurde weiß, krallte sich an dem kleinen Abstelltisch fest den wir in der Küche stehen hatten.
Als sie auflegte, kullerten ihr Tränen über das Gesicht.
"Mama, was ist denn?"
Ich wollte versuchen meine Mama zu trösten, ging zu ihr hin und umarmte sie fest.
Sie fuhr mir durch meine Locken und wischte sich die Tränen ab.
"Nichts, es ist nichts. Aber... Ann, was machst denn du noch hier?"
"Nicht böse sein Mama, ich bin zu dir gegangen weil ich dir was erzählen muss. Ich weiß das es spät ist, aber das hat mich aufgeweckt und..."
"Ann, wenn du wieder einen Alptraum hattest, dann zähl Schäfchen und schlaf wieder. Ich hab jetzt keine Zeit für dich, geh wieder ins Bett."
Sie ließ mich los und schupste mich Richtung Tür.
"Aber Mama, ich hatte keinen Traum... ich will dir sagen, das..."
"Still jetzt, Ann! Ich muss nachdenken und du gehst jetzt ohne Widerspruch ins Bett."
Meine Mutter wollte schon an mir vorbeigehen als ich ihr leise sagte was passiert war.
"Jemand hat sich von mir verabschiedet, ich konnte seine Hand an meiner Schulter fühlen. Aber niemand ist in meinem Zimmer."
Da blieb meine Mutter plötzlich stehn und drehte sich zu mir um.
Ihr Gesichtsausdruck machte mir Angst.
Panik, Verzweiflung, Trauer und Angst konnte ich in ihren Augen sehen.
Wer hatte vorher angerufen?
Oder lag es an dem was ich ihr gerade erzählt habe?
"Du hast was?!"
In der Nacht erfuhr ich, das mein Opa gerade gestorben war.
Und noch etwas, was mich nie wieder los ließ.
Meine Mutter erzählte mir von Geister, von ihrer Präsens.
Das manche Menschen diese Präsens wahrnehmen und vielleicht sogar sehen können.
Damals erzählte sie mir zum ersten mal davon, das unsere Familie schon seit Generationen Geister sehen könnte und manchmal auch mit ihnen sprechen.
Seit diesem Gespräch glaube ich an Geister und nicht nur das.
Ich sah immer wieder welche.
Einmal sah ich eine rothaarige Frau in einem Sommerkleid.
Sie stand auf der Straße und lächelte.
Ich hab kurz geblinzelt und die Frau war weg.
Nur eine rot weiße Katze war an dem Platz an dem die Frau kurz zuvor noch gestanden hatte.
Ich hab mir das alles eingebildet?
Die Frau hat sich sicher irgendwo versteckt?
Gut, das würde ich ja auch denken...
... Wäre da aber nicht dieser eine Fakt, dass es nirgends Möglichkeiten gegeben hatte sich zu verstecken.
Keine Autos, keine Büsche oder Bäume, kein Haus oder sonst etwas.
Nur dieser verdammte Straße mit der Katze.
Und wenn das noch nicht Beweiß genug ist das ich Geister sehen kann, dann hab ich noch was.
Als ich meine erste Wohnung mit 18 gekauft hatte, habe ich Bekanntschaft mit einem Geist geschlossen.
Nicht nur das.
Alexan hat mich damals angelacht, mit mir gescherzt und seit dem waren wir die besten Freunde.
Ok, er war auch mein einzigster Freund.
Wir waren uns damals von Anfang an sympathisch und bis heute waren wir noch die besten Freunde und unternehmen auch sehr viel.
Gut, viele schauen mich blöd und verwirrt an wenn ich mit Alexan rede weil niemand sonst ihn sah.
Aber das war ja eigentlich das Lustige daran etwas mit Alexan zu unternehmen.
Ich weiß, ich bin verrückt.
Aber ich bin ich und ich fühl mich gut so damit.
1.Kapitel
Ich, die Verrückte
Etwas kitzelte an meiner Wange.
Ich ließ die Augen zu und verkroch mich noch weiter unter meiner Decke.
Doch das Kitzeln hörte nicht auf, ging sogar weiter zu meiner Nase.
Da musste ich niesen.
Gott, musste Alexan das denn immer machen?
Geister waren ja so nervig, vor allem er.
Ich gähnte und murmelte leise vor mich hin.
"Alexan, lass mich schlafen. Ich brauch noch ein paar Stunden bis ich ansprechbar bin und überhaupt ist heute Samstag, also kann ich länger schlafen."
"Aber mir ist langweilig, Ann und es ist schon neun Uhr."
Er hörte sich tatsächlich an wie ein quengelndes Kind.
Ich drückte ein Kissen auf mein Gesicht.
"Du bist störender und nerviger als ein Poltergeist, Alexan. Und das ist sicher kein Kompliment von mir also wisch dir das Grinsen aus dem Gesicht. Ich kann dich zwar grad nicht sehen aber ich weiß das du grinst. Lass mich schlafen und geh weg."
"Aber mit wem soll ich denn dann spielen?"
"Spiel doch mit Tigger, der wird sicher mit dir spielen wollen. Aber lass mich schlafen."
Ich hörte wie er empört Luft holte.
"Ich spiel doch nicht mit deiner dreckigen hässlichen Katze! Ich, von meinem Rang, werd mich sicher nicht so weit herunter wagen und mit einer Katze spielen. Die fauchen, kratzen und gifteln nur rum wenn sie mich schon wahrnehmen. Und da ist dein ach so Geliebter nicht anders."
"Gott, Alexan! Dann geb mir wenigstens noch ne halbe Stunde. Ich brauch Schlaf im Gegensatz zu dir. Und meine Augenringe kann ich nicht so einfach wegmachen wie du verschwinden kannst."
"Ok, aber wenn du um halb nicht aufstehst, wende ich härtere Mittel an und du weißt was das heißt."
Ich stöhnte auf.
Leider wusste ich genau was er meinte.
Entweder er schüttet mir kaltes Wasser ins Gesicht, bringt den Feuermelder zum schreien oder er macht seine Lieblings-Trick.
Mich an die Decke schweben lassen und dort oben würd ich dann kleben bleiben bis ich ihn lieb und oft genug anbetteln würde.
"Schon gut, ich weiß schon. Aber bevor ich wieder FRIEDLICH einschlafe, muss ich noch eins wissen. Was genau hast du heute vor, weswegen ich so früh aufstehen muss?"
"Heute ist ein schöner Tag und wenn wir in das Cafe gehen das gleich um die Ecke ist dann will ich endlich meinen Plan in die Tat umsetzen."
Müde und fast schon wieder eingenickt fragte ich:
"Und, was hast du denn für einen großen Plan?"
"Ich will das du mal wieder etwas Freude am Leben hast. Ich will nicht mehr das du ständig Single bist, also will ich dich mit einem Typ verkuppeln der im Cafe arbeitet." sagte er unschuldig.
Aber als das ich -wie immer, wenn ich fast wieder schlief- "ja" gesagt hätte, sprang ich aus dem Bett.
Und schrie, nackt wie ich war und plötzlich putzmunter meinen besten Freund an.
"WAS hast du geplant? Ist dir denn gar nicht mehr zu helfen? Haben dich jetz all deine guten Geister verlassen?"
Alexan lachte und verschand durch die Tür die zum Bad führte.
"Da du ja jetz wach bist, kannst du dich ja jetzt schon schön machen. Und vergess nicht, dir was anzuziehen. Wir wollen ja nicht, das du nackt ins Cafe gehst. Auch wenn du ne hammer Figur hast, die bestimmt jeder Mann mal gern sehen möchte. Wir treffen uns in der Küche wenn du fertig bist."
Damit flog er durch die Türen bis zur Küche.
Oh, na warte.
Dieser dreckige, nervige Plagegeist konnte was erleben!
Aber erst wenn ich mich angezogen hatte.
Ich duschte und zog mir dann einen schwarzen Rock und eine weiße Bluse an, die etwas über meine Brüste spannte.
Warum musste ich auch so verflickst große Brüste haben?
Ich hasste das.
Vor allem wenn Arschlöcher, die es leider fast überall zu geben schien, auf diese Rundungen glotzten.
Manche fingen sogar an zu sabbern.
Igit.
Ich kämmte mir durch meine schwarz-rot gefärbten Locken, putzte mir die Zähne und schminkte mich.
Ich wusste nicht warum ich es tat, aber immer wenn ich außer Haus ging schminkte ich mich so, dass meine grau-blauen Augen richtig zur Geltung kamen.
Manchmal kam es mir vor wie ein Zwang, das ich mich schön machen MUSSTE.
Fertig ging ich in die Küche.
Und sah gerade noch wie Alexan seine Geisterhand schnell von Tigger nahm.
Ich musste grinsen und feixte: "Ich dachte du als hochrangiger Geist spielst nicht mit einer unwürdigen Katze wie Tigger eine ist?"
Ertappt strich er mit seiner Hand durch seine braunen Haare.
Was mich sofort wieder an was erinnerte.
Leider.
Ich fand es schade das Alexan schon tot war, denn er sah richtig gut aus.
Er hatte eine sportliche Figur, braune Haare, braun-grüne Augen und markante Gesichtszüge.
Wäre er noch am Lebe, ich würde glatt mit ihm ins Bett springen und Jahre lang nicht mehr unter der Decke hervor kriechen.
Hätte er doch nur einen Nachfahren der nur Ansatzweise so gut aussehen würde wie er, ich wäre zufrieden.
Aber er hatte nie erwähnt ob er mit seinen 28 Jahren mal Kinder gezeugt hatte oder wann er überhaupt gestorben war.
Woran er so jung gestorben war, wusste ich auch nicht.
"Weißt du... Ich hab nicht mit deiner Katze gespielt! Ich wollte ihn aus dem Fenster werfen damit ich nicht mehr von ihm belästigt werde."
Nun musste ich richtig laut lachen und setzte mich auf einen Stuhl.
Tiggers Schnurren strafte Alexan lügen.
Und ich bildete mir das sicher nicht ein weil nämlich der Kater laut und deutlich zufrieden schnurrte.
Und dann war ja noch die Sache, das Alexan nur mit viel Konzentration etwas bewegen, geschweige denn anfassen konnte und er Tieren nie was antun könnte weil er diese "Viecher" ALLE liebte.
Damit sind auch Krabbeltierchen gemeint, die mich eher fast zum Kotzen bringen.
Er wollte sogar mal eine große Spinne als Haustier halten, in MEINER Wohnung.
Mich graust es immer noch wenn ich allein an das Vieh denke, das er damals mitgebracht hatte.
"Gut, also... nehmen wir mal an ich glaub deine Lüge. Was würdest du bezwecken wollen? Wir sind im ersten Stock!"
Alexan kratzte sich am Kinn.
"Ähm... Ich... Lenk nicht hab, wir gehen jetzt in das Café und dann stell ich dir jemanden vor. Und du wirst nicht kneifen oder verrückt spiele, verstanden? Die Person ist wichtig für mich und so."
"Aha! Du willst mich mit einer Person verkuppeln die DIR wichtig ist?"
Verwirrt runzelte er die Stirn.
"Ja? Und?"
Ich tat als wäre ich geschockt und zu tiefst verletzt.
"Wie kannst du mir das nur antun? Dir ist eine andere Person wichtiger? Oder wie? Schatz, wie konntest du nur!"
Ich versuchte so zu tun als würde ich weinen und machte laute Schniefgeräusche.
Alexa lachte und schwebte zu mir.
"Du warst schon immer die schlechteste Schauspielerin die ich je getroffen habe und das soll was heißen."
"Ich verstehs nicht. Wenn man dich als Freund hat, ist alles zum Heulen. Aber ich kann noch nicht mal so tun als würde ich weinen. Ich glaub mit mir stimmt was nich."
Alexan grinst.
"Ich weiß nich...Du siehst also nichts, was andere nicht auch sehen können? Keine Geister oder so?"
Ich stand auf und zog meine Jacke an.
"Ich weiß nich was du meinst. Geister gibts doch gar nicht!"
Während ich aus der Wohnung gehe, fliegt Alexan einfach durch die Tür.
"Dann stimmt mit dir alles und du bist nicht verrückt."
Wir sahen uns an und lachen laut los.
Texte: Da meine Erfahrung und meine Fantasie, alles meins :)
Bildmaterialien: Google, aber hab ich zusammengebastelt
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch an die, die an Geister oder ihre Präsens glauben. Obwohl es hier hauptsächlich um Liebe geht, ist manches NICHT erfunden.