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Also, hier schreibe ich mein bisheriges Leben rein.
Ich habe schon mehr erlebt als andere, was nicht heißt das ich mich für wichtig halte.
Ich weiß, das es schlimmeres gibt, aber für mich war das Leben auch nicht leicht.
Ich hoffe, das es aber bald besser wird.
Am liebsten würde ich nur vergessen. Niemandem kann ich meinen Schmerz erzählen, da es eine Schwäche ist und weil ich mich einfach nicht aufrappen könnte, es jemandem zu erzählen, den ich persönlich kenne.
Gut, genug gequasselt, jetzt erzähl ich mal mein eigenes Leben, ich vermute aber das es viele langweilig finden.
Wenn du einer dieser Leute bist, dann solltest du jetzt ganz sicher nicht mehr weiter lesen.
Wenn du einer bist, den das vielleicht interessiert, dann würde ich mich freuen auf Ideen und Tipps, wie man so etwas vergessen kann.
Denn mich hat es so sehr geändert, das ich keine richtige Kindheit hatte und mich sehr wenigen Leuten öffne.

Woran ich mich erinnern kann ist schon lange her, aber ich glaube, das das Folgende das erste war, was mich veränderte.

Ich hatte damals nur drei Schwestern, eine von ihnen wohnte aber bei ihrem Vater. Sie (Jelena)ist drei Jahre älter als ich und ich hab sie früher selten gesehen. Die zweite (Jasmin) Schwester war immer bei mir, wir haben Mutter und Vater gleich. Sie ist zwei Jahre jünger als ich.
Also, damals gingen wir schon zum Kindergarten, aber noch nicht lange.
Jasmin ist die Rutsche im Kindergarten hinunter gerutscht und jemand hat sie so sehr gezwickt, das ich die andere Person geschlagen habe.
Als unsere Mutter uns abholte, wollte ich ihr alles erzählen weil sie wütend auf mich war.
Sie ließ mich nicht ausreden und ich bekam Hausarrest. Einen Tag später war Jasmin bei einer Freundin und ich war mit Mama und Papa allein zu Hause. Ich lag auf meinem Bett und hab gespielt, als ich Schreie des Zorns hörte.
Ich wusste nicht, was los war, ich war erst 5.
Ich wollte nachsehen und machte leise meine Zimmertür auf.
Da sah ich, wie Mama Papa anschreit und ihm ihren Ring hinwirft.
Sie schrie was von wegen, das Mama ihn mit uns verlassen wird.
Ich habe den Streit lange angesehen und mir kullerten die Tränen das Gesicht hinunter.
Ich wollte nicht Papa verlassen.
Warum sollten wir das tun?
Ich schloss wieder die Tür, legte mich auf mein Bett, unter die Bettdecke und weinte sehr lange.
Über was stritten die so lange?
Ich drückte mir die Hände auf die Ohren aber das half gar nichts, ich hörte alles.
Den ganzen Streit.
Es hat mir in meiner Seele weh, obwohl ich noch nicht wusste, um was es ging. Es tat so sehr weh, das ich etwas in mir reißen spürte (nicht wörtlich gemeint).
Kurz darauf hat Mama Jasmin und mich gepackt und uns mitgenommen.
Aber ich wollte doch nur Papa sehen.
Ja, damals begann das alles.
ungefähr vier Jahre später hab ich dann gehört, das ich jetzt einen Bruder habe.
Mein Vater hatte geheiratet und ich habe wieder geweint. Seit Jahren hab ich meinen Vater nicht mehr gesehen. Er hat nie angerufen, geschrieben, hat uns nie besucht und dann heiratet er plötzlich und ich hab einen Bruder den ich nich kenne.
Wieder tat es so sehr weh.
Warum musste man so was als Kind erleben?
Mein Vater liebte mich nicht und bei meiner Mutter fühlte ich mich auch nicht zu Hause.
Jeder hasste mich und ich wusste nicht warum. Ich stand da und wusste nichts.
Stand allein da und verstand nichts. Allein und mit Schmerzen in der Brust.
Immer weiter entfernte ich mich von den anderen.
Ich sprach mit keinem, nicht mit Mutter und nicht mit Jasmin.
Ich wollte Jasmin nicht belaste, da sie immer nur dachte, das Papa wieder kommen wird.
Wie sollte ich ihr denn bitte erklären, das Papa nie wieder kommt weil er sich nichts um uns schert?
Also lag ich immer nur auf meinem Bett, weinte und tat in Gesellschaft so als wäre nichts.
Zwei Jahre nach Julians Geburt war plötzlich seine Mutter vor der Tür und meine Mutter und sie schlossen Freundschaft.
Damals verstörte es mich, das sie sich küssten und so. Ich wusste nicht das sie zusammen waren.
Mir war nur mein Bruder wichtig. Ich sah ihn an und erkannte mich. Er und ich sahen uns so ähnlich. Ich lächelte und wollte immer nur bei ihm bleiben.
Wollte alles um mich vergessen, wollte in die Zukunft schauen und mich nur um meinen Bruder kümmern. Ich hatte sogar fast meinen Vater vergessen.
Aber als die Mutter von Julian, Gabi, einige Monate später zu mir kam und mich in ihr Zimmer schleifte, zerriss in mir fast meine ganze Seele.
Nein, jetzt kommt nicht, das sie mich vergewaltigt hätte, aber seelisch würde ich das gleich setzen.
Wir waren allein zu Hause.
Ich habe ihr vertraut und war ihr nicht böse, das sie die neue Familie meines Vaters war. Er war ja eigentlich doch der Schuldige, oder? Das hat mir meine Mutter immer gesagt.
Ich stand also in Gabis Zimmer und die sah mich an. Sie hatte so einen Hass in ihren Augen.
Ich habe schon früh gemerkt, das meine Mutter mich nicht mag, aber der Hass in Gabis Augen ist mir noch nie aufgefallen bis jetzt.
Sie spuckte mich an und schrie, das sie mich hasse weil ich von Werner bin, also von meinem Vater. Sie schupste mich auf ihr Bett und schlug mich.
Mir kamen es wie Stunden vor, bis sie endlich von mir abließ.
Ich hatte überall da blaue Flecken, wo meine Mutter sie nicht sehen würde und meine Nase blutete.
Damals habe ich aufgehört jemandem zu vertrauen.
Ich stand auf, rannte ins Bad und wusch mich, wusch die Gewalt und das Blut ab. Wollte das Geschehene abwaschen, aber es wollte mich einfach nicht mehr loslassen.
Ich saß im Bad auf dem Fußboden als Jasmin hereinkam und mir in die Augen sah.
Sie sah meinen Schmerz, wollte mich umarmen und trösten, aber ich rappelte mich auf, entwich ihrer Berührung und schloss mich in meinem Zimmer ein.
Sie klopfte und wollte wissen, was passiert war.
Ich blieb stumm und trauerte um mein Leben.
Jetzt saß ich da, nicht nur mit Hass gegen mich, sondern auch in dem Wissen, das es kein Vertrauen geben darf und das es keine Liebe auf der Welt gibt.
Nie erzählte ich meiner Mutter, was passiert war.
Sie hätte es mir nicht geglaubt und wenn ich ihr meinen Körper hätte zeigen müssen, wäre ich zusammengebrochen. Ich fühlte mich schmutzig, hässlich und nicht wert, geliebt zu werden.
Aber vor allem hätte es meiner Mutter nicht interessiert.
Immer wenn wir allein waren, kam Gabi wieder und schlug mich.
Sie brach mir nie etwas, da sie wusste, das das dann wirklich auffallen würde.
Jasmin sah so oft dann in meine Augen und wollte mich umarmen und trösten, aber das konnte ich einfach nicht zulassen. Ich wollte sie nicht beschmutzen und mit reinziehen und ich wollte einfach keine Berührungen.
Nie wieder wollte ich so verletzt werden.
Mein kleiner Bruder war immer mein Lichtblick, aber auch der war bald weg.
Gabi machte nach einem Jahr mit meiner Mutter Schluss und nahm Juli mit.
Wieder verlassen saß ich einfach da und verlernte selbstbewusst, mutig und so zu sein. Ich hasse es wenn mich jemand ansieht oder auch nur meine Schulter berührt.
Plötzlich ruft dann Werner an und will uns sehn.
Aber ich wusste gleich, das das nur die halbe Wahrheit war.
Ich hab dann raus gefunden, das Juli nach mir gefragt hat und da Juli oft bei meinem Vater war, musste er mich oft zu sich nehmen damit Juli glücklich war.
Ich fühlte mich nur benutzt, aber ich war froh um die Zeit mit Juli und Gabi sah ich nie.
Jasmin war überglücklich und ich sah ihr Strahlen in ihren Augen die sprachen "Schau, ich wusste doch, dass er uns lieb hat".
Ich wollte sie nicht verletzen und schwieg bis unser Vater uns wieder nicht sehen wollte.
Gabi wollte Julian ganz behalten und schon wahren wir nicht mehr wichtig.
Jetzt aber verstand Jasmin endlich und weinte, damals war es das einzige mal, das ich sie in die Arme nahm und tröstete.
Was unser Vater angetan hatte, verdiente niemand und Jasmin war schon immer etwas gefühlvoll.
So musste ich mit ansehen, das sie langsam wurde wie ich und das wollte ich nicht zulassen.
Ich versuchte, sie von Vater abzulenken, leider gelang mir das nicht immer.
Jetzt wo er uns wieder bei sich haben will, ist mein Bruder auch wieder mit im Spiel, aber wir vertrauen unserem Vater beide nicht mehr. Jasmin und ich wissen jetzt, das wir unser Herz einfach verschließen müssen.
Aber während Jasmin Freunde fand, trinkt und für eine kurze Zeit geraucht hat, saß ich nur da und versuchte alleine zu bleiben.
Ich hab angefangen Bücher zu lesen. Liebesbücher, weil ich selber so etwas ja nie erfahren würde.
Meine Mutter wird sich nie für mich interessieren und mein Vater benutzt mich nur.
Mein Bruder, Jasmin und Jelena sind die einzigen, die ich im Herzen trage, weil ich weiß, das es ihnen genau so weh tun würde wie mir wenn sie mich verlassen und "betrügen/verraten" würden.
Ich hätte mir schon längst etwas angetan, hätte ich nicht meine Geschwister.
Denn mein Stiefvater hasst mich auch und ich wurde 10 Jahre in der Schule von den Menschen fertig gemacht, weil ich dick und anders bin.
So lernte ich, meine Welt in den Büchern zu sehen und hab mich dahinter versteckt.
So lernte ich, wie ich alleine zurecht kommen könnte und das ich nur meine Geschwister brauche.
Aber die Vergangenheit frisst mich innerlich immer weiter auf und ich weiß nicht, was ich dagegen tut kann.
Innerlich schreie ich verzweifelt um Hilfe und bin doch hoffnungslos verloren.
Ich weiß nicht, ob ich alles vergessen kann und wie.
Auch weiß ich nicht, ob mich das Weglaufen vergessen lässt und mich endlich leben lässt.
Aber ich versuche mein Leben irgendwie zu ändern und zu ordnen.
Und das ich jetzt das alles geschrieben habe, war der erste Schritt.
Weiß jemand, wie ich weiter kommen kann?
Wie ich mit der Vergangenheit leben könnte?
Wie ich wieder selbstbewusster werden kann?
Wenn ja, dann schreibt mir bitte.

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Tag der Veröffentlichung: 16.05.2012

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