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Ich freu mich ja so! Endlich darf auch ich in die 1. Klasse der Oberschule Seigakuin High.
Oh, da fällt mir ein, dass ich mich noch gar nicht vorgestellt habe.
Mein Name ist Yumi Hiromi. Ich bin 17 Jahre alt und wohne mit meinen älteren Schwestern Keiko und Naomi in Tokyo. Zum Glück haben wir noch das Haus unseres Vaters, der aber schon vor 3 Jahren bei einem Autounfall gestorben ist. Wer unsere Mütter sind, wissen wir nicht mal. Und ja, ihr habt richtig gehört. Ich sagte, Mütter, denn ich hatte ganz offensichtlich eine andere Mutter.
Keiko und Naomi sehen wenigstens annähernd aus wie Japanerinnen, wohingegen ich ganz anders aussehe.
Beide haben diesen leicht gebräunten Teint und eher dunkle Haare und Augen. Ich hingegen steche überall heraus. Viel zu gross, goldblonde Haare und eisblaue Augen. Ich wünschte ich währe einfach so normal wie alle anderen.
Aber da ihr ja jetzt wenigstens wisst, wie wir aussehen, kann ich ja weitermachen.
Ich bin also gerade mit meinen Schwestern auf dem Weg zur Schule. Für mich ist es ja egal, dass es eine reine Mädchenschule ist, aber meinen Schwestern passt das gar nicht. Sie haben nämlich beide Freunde, die auf eine gemischte Schule gehen, aber wir haben Dad versprochen, auf diese hier zu gehen.
Hauptsächlich geht es ihnen um ihre Freunde, und darum, dass die Regeln hier ziemlich streng sind.
Zum Beispiel müssen wir immer die Schulfarben und die Uniform tragen. Manchmal halten sich sogar daran, aber beide haben ihre Uniform meistens aufgepeppt. Keiko trägt zum Beispiel ein farbiges Top und farbige Strümpfe. Und statt den schwarzen Halbschuhen trägt sie Ballerinas. Ausserdem lässt sie die Anzugjacke immer weg.
Naomi hat ihren Rock, genau wie Keiko auf Mini gekürzt und auf Hüfthöhe runtergesetzt. Dazu trägt sie anstatt der marineblauen Anzugjacke ein Bolerojäckchen in derselben Farbe. Eigentlich müssten wir ja eine rote Krawatte tragen aber Naomi trägt eine süsse rote Seidenschleife.
Wie immer ziehen sie auch gleich alle Blicke auf sich, während ich mich lieber im Hintergrund halte. Die Haare habe ich zu einem Knoten am Hinterkopf zusammengefasst. Würde ich sie offen lassen, würden sie mir über den rücken bis zur Hüfte fallen.
Jetzt mache ich mich aber auf den Weg zur Aula. Dabei achte ich nicht gross auf die Leute um mich herum und pralle auch gleich mit jemandem zusammen.
„Hei Miststück! Pass auf wo du hinläufst, oder es setzt was!“
„Tut mir Leid. Ich hab nicht hingesehen“, entschuldige ich mich hastig und verbeuge mich schnell.
„Na gut. Dieses Mal verzeihen wir dir noch. Aber wenn das noch mal passiert, bis du dran“, droht sie mir und ich nicke schnell.
Hastig renne ich in die Aula und setze mich in die letzte Reihe. Kurz darauf taucht auch schon die Rektorin auf, die uns an die Lehrer verteilt.
Der Reihe nach werden wir aufgerufen und sollen uns zu unseren Klassenlehrern stellen. Als dann endlich alle bei ihren jeweiligen Klassenlehrern sind, starten die Rundgänge durch die Schule, die beim Klassenzimmer enden. Dort sollen wir uns alle in einen Kreis setzen. So beginnt die Vorstellungsrunde, die mit mir endet. Viel sage ich nicht. Nur so das übliche. Dass ich Pizza und Eis mag und am liebsten Cola oder Eistee trinke. Und natürlich meine Hobbys, singen, tanzen, zeichnen, shoppen, Tagträumen, Kino, Tiere, Kampfsport und die Natur geniessen. Meine Schwestern erwähne ich natürlich auch. Die sind hier so was wie Berühmtheiten.
Als ich fertig bin, stellen wir alle unsere Stühle ordentlich hin und ich setze mich natürlich wieder in die letzte Reihe.
„Du heisst Yumi, richtig?“, fragt meine Tischnachbarin neugierig und dreht ihren Stuhl ein wenig zu mir.
„Ja. Hina Nanami, stimmt’s? Was gibt’s?“
„Du hast doch gesagt, dass du gerne singst, und auch tanzen kannst. Ich auch. Hättest du Lust mit mir diesen neuen Tanzfilm im Kino anzusehen? Vielleicht könnten wir ja dann was nachsingen, oder so“, schlägt sie enthusiastisch vor.
„Ähm, ja klar. Klingt interessant. Hast du denn die Stimme dafür? Ich hab sie nämlich nicht.“
„Keine Ahnung, aber das sehen wir ja dann noch“, antwortete sie schlicht.
„Hei. Worüber redet ihr? Was dagegen wenn ich mich euch anschliesse. So alleine ist es doch hier nicht auszuhalten.“
Wenn ich mich recht erinnere ist das Miyu Kumiko, die uns eben angesprochen hat.
„Also von mir aus gerne.“
„Ja, je mehr desto besser“, stimmt auch Hina zu und Miyu rückt ihren Stuhl näher an unseren Tisch.
Anscheinend haben wir alle so ziemlich dieselben Interessen, weshalb wir uns auf Anhieb gut verstehen. So quatschen wir miteinander, bis der Unterricht beginnt.
Bis zur Pause sind wir alle voll konzentriert und schreiben brav mit.
In der Pause jedoch setzen wir uns ausserhalb des Schulgeländes in den Park. Dort sind wir zwar nicht alleine, aber falls wir uns blamieren, kriegen es die anderen Mädchen wenigstens nicht mit.
Aus dem Augenwinkel erkenne ich wie eine Gruppe Jungs uns aus einiger Entfernung beobachtet.
„Was schauen die denn so?“
„Die Mädchen der Seigakuin-High sind nicht dafür bekannt, dass sie die Schulregeln brechen“, erklärt Hina schlicht und zuckt nur mit den Schultern.
„Ah ja. Und aus welcher Schule kommen die denn?“, will Miyu grinsend wissen.
„Aus der Saiku-High“, gibt Hina bereitwillig Auskunft. Sie erzählt uns auch gleich, dass es eine reine Jungenschule ist. Ihr Bruder geht da auch hin. Deshalb kennt sie die Uniform.
„Was klickert hier denn die ganze Zeit so komisch?“
Aufmerksam sieht Miyu sich um, bis ihr Blick an mir hängen bleibt.
„Oh, tut mir Leid. Das mache ich immer, wenn ich nachdenke.“
Grinsend strecke ich ihnen die Zunge raus und zeige ihnen mein Zungenpiercing.
Aufgeregt wollen sie wissen, ob das denn nicht weh getan hat und ob ich noch mehr Piercings habe.
Also zeige ich ihnen auch noch die an meinen Ohren und das an meinem Bauch. Und natürlich hat es weh getan. Aber bloss ne Stunde oder so.
So unterhalten wir uns über das, anstatt endlich mal ein wenig zu singen.
Fünf Minuten bevor es klingelt machen wir uns auf den Weg zurück.
Wir wollen uns gerade reinschleichen, als das Tor geschlossen wird.
So sind wir gezwungen, vom Park aus über die Mauer zu klettern.
„Könnt ihr mich hochheben? Dann zieh ich euch rauf.“
Ein eifriges Nicken reicht und ich gebe eine kurze Einführung.
Also halten die beiden je einen meiner Füsse und stemmen mich hoch. Ein Glück dass ich trotz meiner Grösse so leicht bin. So schaffen sie es, mich hochzuwerfen und ich lande sitzend auf der Mauer.
Eine nach der anderen ziehe ich sie hoch, bevor ich auf der anderen Seite runterspringe.
Dort helfe ich beiden runter und wir rennen zurück in unser Klassenzimmer.
Gerade noch rechtzeitig fallen wir atemlos auf unsere Plätze und versuchen wieder ruhiger zu Atmen.
Auch die zweite Hälfte des Morgens vergeht schnell und darüber bin ich auch froh, denn mein Magen knurrt schon eine ganze Weile.
Während die anderen schon mal vorgehen, will ich noch kurz zur Toilette.
Mit Schwung stosse ich die Tür auf, die doch tatsächlich jemandem an den Kopf knallt.
„Oh Mist! Das tut mir so…“, mitten im Satz breche ich ab, als ich sehe, wer da vor mir steht.
„Du schon wieder! Jetzt reichts! Dafür wirst du büssen.“
Mit einem Tritt in die Magengegend werfen sie mich zu Boden.
Mit Tränen in den Augen will ich mich entschuldigen, doch sie schlagen einfach noch mal auf mich ein, bis ich nur noch ein Wimmern über die Lippen bringe.
Ein Glück wird ihnen aber schnell langweilig und sie verschwinden mit den Worten, dass sie nichts mehr von mir hören, oder sehen wollen. Was so viel heisst wie, ich soll mal schön weiter unsichtbar bleiben.
Aber darin bin ich ja gut. Also rapple ich mich auf, gehe auf die Toilette und betrachte mich kurz im Spiegel.
Äusserlich sieht man mir nichts an, also ordne ich meine Kleider neu und gehe zu den anderen, wo ich mich mit meinem Essen setze.
Schweigend verdrücke ich mein Sushi und meine Limo.
Auf dem Weg zum Musikunterricht summen wir im Chor dasselbe Lied. Jede in einer anderen Tonlage.
Als es jedoch im Unterricht ans singen geht, halte ich mich brav zurück. Ebenso im Sport.
Offensichtlich war ich doch noch zu gut, denn auf dem nach Hause Weg passen sie mich ab und verprügeln mich noch mal.
Zu sechst gegen eine Person. Da habe noch nicht mal ich eine Chance, obwohl ich seit ich drei bin Kampfsportarten trainiere. Aber ich bin nicht alleine. Aus sie beherrschen einige Tricks.

Nun verprügeln sie mich schon seit zwei Wochen regelmässig. Heute haben sie mir die unterste Rippe auf der rechten Seite gebrochen. Ich habe das Knacken deutlich gehört.
Jetzt sitze ich zu Hause auf dem Bett und fixiere meine Seite und bandagiere alles so gut es geht. Auch den verstauchten Knöchel. Das Atmen fällt mir schwer, aber ich benehme mich wie immer. Meine Schwestern dürfen davon nichts erfahren. Sonst passiert ihnen vielleicht dasselbe wie mir. Ausserdem währe das Krankenhaus zu teuer.
Ich gehe heute früh ins Bett und schlafe auch lange. Als mein Wecker klingelt, stehe ich auf und ziehe mich an. Die Haare fasse ich am Hinterkopf zu einem Knoten zusammen.
Dabei muss ich einen Schmerzensschrei unterdrücken. Heute habe ich extra eine Entschuldigung gefälscht. Darauf steht, dass ich eine Treppe runtergefallen bin. Das sollte für den Sportunterricht reichen.
Wie immer frühstücke ich kurz und mache mich mit Keiko und Naomi auf den Weg.
Der Unterricht verläuft ziemlich schmerzfrei, da ich mehrere Aspirin eingeworfen habe.
Den Sportunterricht kann ich zwar ausfallen lassen, muss aber bleiben und zusehen.
Gleich darauf verschwinde ich und wage schon zu hoffen, dass ich ihnen für heute entkommen bin, als ich sie hinter mir höre.
Sofort renne ich los. Meine Lungen drohen zu zerspringen und meine Rippen schmerzen wie Hölle.
In meiner Panik schreie ich ihnen zu, sie sollen mich endlich in Ruhe lassen, bevor ich um eine Ecke biege.
Plötzlich werde ich an der hand gepackt und in eine dunkle Gasse gezogen.
Jemand hält mir den Mund zu und dämpft meinen Schrei.
„Sch… Sei leise. Gleich sind sie weg“, flüstert mir eine angenehm samtene Stimme ins Ohr.
leise prüft ein Junge etwa in meinem alter, ob die Luft rein ist. Erst dann lässt er mich los und ich breche hustend und keuchend zusammen.
„Was ist los? Geht es dir nicht gut?“, besorgt beugt er sich über mich und legt seine Hand auf meinen Rücken. Unter Schmerzen zucke ich zurück. Die Wirkung des Aspirin muss nachgelassen haben.
Langsam stehe ich auf und sehe ihn an. Dabei habe ich aber nicht bedacht, dass sie mir ja vor dem Sportunterricht noch ein blaues Auge verpasst haben.
„Mein Gott! Waren die das etwa?“
Ich nicke bloss und hebe meine Tasche auf.
„Komm. Das muss sofort behandelt werden. Meine Schwester kann das machen.“
Ohne meinen Widerstand zu beachten zieht er mich mit sich. Auf dem Weg gehen wir noch in eine Apotheke. Inzwischen folge ich ihm einfach nur noch schweigend.
„Wie heisst du eigentlich?“, will er schliesslich wissen.
„Yumi Hiromi. Du?“
„Shigeru. Einfach nur Shigeru“, antwortet er lächelnd.
Ich erwidere das Lächeln nur kurz.
„So, wir sind da.“
Mit einem elektronischen Schlüssel entriegelt er die Tür und bittet mich rein.
Vorsichtig schlüpfe ich aus meinen Schuhen und folge ihm ins Wohnzimmer.
„Sayuri! Sayuri!“, ruft er durch das ganze Haus, doch er kriegt keine Antwort.
„Oh, Schätzchen. Deine Schwester ist noch nicht da. Sie hat Sporttag. Das weisst du doch“, ruft eine Stimme aus dem Nebenzimmer, und kommt dabei immer näher.
„Huch! Wer ist das denn?“
„Mutter. Das ist Yumi“, stell er mich einer Frau Mitte 40 vor, die ihm auch unglaublich ähnlich sieht.
„Yumi. Das ist meine Mutter, Kazumi.“
Nachdem wir einander vorgestellt wurden erklärt er ihr die Situation und bittet sie, an seiner Schwester statt, mich zu verarzten.
Vorher steckt sie mich aber bei sich ins Bad und schickt Shigeru los, mir etwas zum anziehen zu kaufen.
Während ich vorsichtig die Bandage entferne, höre ich Kazumi-sempai unten in der Küche arbeiten.
Zehn Minuten später tappe ich in ein Badetuch gewickelt nach unten in die Küche. Dabei muss ich darauf achten, dass der Handtuchturban nicht von meinem Kopf fällt.
Gerade als ich die Treppe runter gehe, öffnet sich die Tür und Shigeru tritt ein. Von der kalten Luft kriege ich eine Gänsehaut.
„Bin wieder da!“, ruft er und seine Mutter kommt aus der Küche in den Flur.
„Mein Gott Yumi! Was stehst du da nur rum. Du erkältest dich noch“, mahnt Kazumi-sempai und zieht mich mit sich ins Wohnzimmer.
„Du bleibst draussen“, entschlossen nimmt sie Shigeru die Kleider ab, die er für mich gekauft hat, ehe sie ihm die Tür vor der Nase zuknallt.
Sanft bittet sie mich, mich aufs Sofa zu setzen. Vorsichtig zieht sie das Handtuch von meinem Oberkörper und schnappt schockiert nach Luft.
„Shigeru?“
„Ja, was ist?“, fragt er durch die Tür.
„Ruf den Chauffeur. Er soll sofort herkommen. Und dann versuch deine Schwester zu erreichen“, trägt sie ihm auf.
Erst will er aber wissen, was los ist.
„Wir müssen sofort mit Yumi ins Krankenhaus. Da hilft keine Salbe mehr.“
„Was?“, völlig ausser sich stürmt er ins Zimmer, dreht sich aber gleich wieder weg.
Schnell bedecke ich mich und gebe bescheid, dass er sich umdrehen kann.
Während seine Mutter einen Föhn aus dem Bad holt und beginnt, mir die Haare zu trocknen, hängt Shigeru sich ans Telefon.
Eine halbe Stunde später trage ich einen Kimono und ein paar Sandalen. Meine Haare sind zu einem Zopf geflochten und Sayuri, Shigerus Schwester, habe ich auch kennengelernt.
Jetzt sitzen wir im Auto, auf dem Weg in ein Krankenhaus.
Dort werde ich sofort gründlich untersucht und danach in eins dieser eklig kotzgrünen Krankenhaushemdchen gesteckt. Zuletzt werde ich schliesslich in ein Zimmer gebracht.
Sofort stürmt Shigeru an den Schwestern vorbei ins Zimmer.
„Was machen sie jetzt mit dir? Die wollen mir einfach nichts sagen.“
„Sie werden mich gleich in den OP bringen. Wenn sie nicht sofort eingreifen, könnte der Knochen meine Lunge verletzen und ich würde an inneren Blutungen sterben. Und wenn sie operieren, dann könnte was schief gehen und ich wache nie wieder auf. Also was ich auch mache. Ich werde so oder so sterben“, schluchze ich und vergrabe mein Gesicht in den Händen.
„Du wirst nicht sterben. Hier arbeiten Spezialisten aus der ganzen Welt. Dir wird nichts passieren. Du brauchst keine Angst zu haben“, versucht er mich zu beruhigen und reicht mir ein Taschentuch.
„Das sagst du so leicht. Du wirst ja auch nicht aufgeschnitten“, trotzig wische ich mir die Tränen vom Gesicht.
„Glaub mir. Das wurde ich auch schon. Zwei Mal. Siehst du“, selbstsicher schiebt er sein Hemd hoch und zeigt mir eine kleine Narbe an seinem Bauch.
„Da mussten sie mir den Blinddarm rausholen. Und ein paar Jahre später dann auch noch die Mandeln. Beides wurde hier unter Vollnarkose gemacht. Und wie du siehst geht es mir so gut wie immer.“
„Na gut. Aber wehe du irrst dich“, drohe ich lachend und zucke zusammen. Meine rechte Seite fühlt sich an, als würde jemand ein Messer reinstechen und in der Wunde umdrehen und rumstochern.
„Das ist so gemein. Jetzt kann ich noch nicht mal mehr lachen“, genervt raufe ich mir die Haare, sofern das bei dem langen Zopf möglich ist.
Kurz darauf kommt eine der Schwestern rein.
„So, ich werde sie jetzt in Narkose versetzen. Wenn sie nicht gelogen haben, dann haben sie seit heute Morgen nichts mehr gegessen.“
Ich nicke und sie verabreicht mir eine Spritze.
Dann trägt sie mir auf, von 100 auf 0 runter zu zählen.
Irgendwie kann ich nicht mehr klar denken und brabble nur noch irgendwelchen Schwachsinn vor mich hin, bis ich schliesslich wegdrifte.

Mir dröhnt der Schädel aber alles andere ist noch taub. Als ich die Augen öffne sehe ich als erstes die weisse Zimmerdecke.
An der Wand hängt eine Uhr. Es ist fünf Uhr morgens und ich bin alleine in einem Zimmer.
Draussen vor der Tür vernehme ich aufgeregte Stimmen.
Langsam lässt die Betäubung nach und wird durch unglaubliche Schmerzen abgelöst.
Ich drücke auf den grünen Knopf der Fernbedienung über meinem Bett und die Tür geht auf.
„Ah, wie schön. Sie sind wach. Wie geht es ihnen?“
„Mir tut alles weh“, gebe ich bescheid und verziehe das Gesicht.
„Ich gebe ihnen sofort ein Schmerzmittel.“
Schnell eilt sie zur Tür raus und noch bevor diese zugefallen ist, steht Shigeru im Zimmer.
Den Rücken zur Wand wartet er, bis die Tür ins Schloss gefallen ist.
„Shigeru? Du bist dageblieben?“
„Ja klar. Und jetzt bin ich endlich bei dir. Wenn auch unerlaubt. Die wollten mir weder sagen, wie es dir geht, noch wollten sie mich rein lassen“, murrt er beleidigt und setzt sich neben meinem Bett auf einen Stuhl.
„Wie sind sie hier reingekommen? Sie sollten doch nach Hause gehen“, mit verschränkten Armen steht die Krankenschwester vor ihm. Dann deutet sie zum Ausgang und sieht ihn abwartend an.
„Nein. Warten sie. Er soll hier bleiben. Bitte“, flehe ich und strecke meinen Arm nach ihm aus.
„Na gut. Aber durch das Schmerzmittel wird sie ziemlich beduselt.“
„Das ist mir egal“, gelassen setzt er sich neben mich. Mit einem nicken bestätige ich und sie spritzt das mittel direkt in den Infusionsschlauch.
Mir fallen schon wieder die Augen zu. Doch dieses Mal einfach nur weil ich Müde bin. Zum Glück sind es noch einige Stunden bis zum Sonnenaufgang, das Zimmer hat nämlich keine richtigen Vorhänge.

Wie erwartet wache ich am nächsten Morgen auf, weil die Sonne mich blendet. Mein linker Arm fühlt sich irgendwie taub an und als ich nachsehe, sitzt Shigeru schlafend neben mir.
Meine Hand hat er mit seiner verschlungen und sein Kopf ruht auf meinem Arm. Sein anderer Arm liegt quer über meinem Bauch.
Als ich mit meiner rechten Hand seine greife, lächelt er und drückt sie ein wenig. Dabei rutscht sein Arm weiter hoch und liegt jetzt direkt unter den Verbänden. Vorsichtig hebe ich seinen Arm an und lege ihn so hin, dass er mir keine Schmerzen mehr bereitet.
Vorsichtig entwinde ich ihm meine Hand wieder und streiche ihm die Haare aus dem Gesicht. Verträumt sehe ich ihn an und denke mir, wie süss er doch aussieht, wenn er schläft.
Gerade will ich mich ein wenig anders hinlegen, als er blinzelnd die Augen aufschlägt.
„Morgen, Schlafmütze“, begrüsse ich ihn lächelnd.
Hastig setzt er sich auf und entschuldigt sich bei mir. Dabei müsste er das gar nicht. Ausser einem roten Abdruck geht es meinem Arm wie vorher auch. Und der Abdruck verschwindet eh gleich wieder. Er hingegen sieht müde und ein wenig zerknautscht aus.
„Ich sollte mal deine Schwestern anrufen“, gähnend reibt er sich die Augen und holt sein Handy aus der Tasche. Dieses reicht er mir rüber und ich gebe die Nummer ein.
Anrufen will jedoch er und ich verfolge interessiert das Gespräch. Das einzige was ich aber von meiner Schwester höre ist ein Schrei, als Shigeru ihr sagt, dass ich im Krankenhaus liege.
Dann sagt er ihr noch in welchem, bevor er das Handy an mich weiter gibt.
„Hi Keiko. Mir geht’s gut. Echt. Geht ihr nur zur Arbeit. Ich komme hier schon klar“, brabble ich los. Doch sie widerspricht und verspricht, sofort mit Naomi vorbei zukommen. Dann legt sie sofort auf, ohne mich noch einmal zu Wort kommen zu lassen, oder sich zu verabschieden.
Ich gebe ihm also sein Handy wieder zurück und versuche mich auf meine Arme zu stützen, sodass ich nicht immer liegen muss. Shigeru aber ist schlauer und drückt den Knopf einer Fernbedienung, sodass sich das Kopfende aufrichtet und ich schliesslich sitze.
Grinsend danke ich ihm und stecke meinen rechten Arm wieder neben mir aus. Denn der tut schon ziemlich weh, wegen der Infusionsnadel, die darin steckt.
Als eine der Schwestern mit meinem Schmerzmittel kommt, frage ich sie gleich, wann ich die Nadel denn wieder loswerde.
„Wenn sie immer schön viel trinken, und genug essen, dann sind sie sie schon heute Abend los“, gibt sie bereitwillig Auskunft.
Dann spritzt sie mir wieder das Mittel und verspricht, gleich Frühstück und für Shigeru noch Kaffee mitzubringen.
„Ach, und wenn sie auf die Toilette müssen, einfach von jemandem aufhelfen lassen. Und den Rücken immer schön gerade halten.“
Dann schliesst sie die Tür wieder hinter sich.
„Oh Mann, das hätte sie mir auch sagen können, wenn ich alleine gewesen wäre. Wie peinlich.“
Schnell verstecke ich mein errötendes Gesicht unter der Decke.
„Das braucht dir nicht peinlich zu sein. Jeder geht zur Toilette. Und ich werde jetzt gleich gehen.“
Grinsend steht er auf und verbeugt sich elegant vor mir, bevor er im kleinen angrenzenden Bad verschwindet.
Kurz darauf ist er auch schon wieder zurück. Jetzt sieht er auch nicht mehr so zerwühlt aus. Er hat sich nämlich die Haare etwas gerichtet und sein Gesicht gewaschen.
Gleich nachdem er sich gesetzt hat, betritt eine Frau mit einem Tablett das Zimmer und eine zweite bringt ein kleines Tischchen mit.
Beides stellen sie schön vor mich und giessen Shigeru eine Tasse Kaffee ein, während ich einen Fruchtsmothie bekomme. Und dazu ein Croissant mit Marmelade. So was gibt’s doch eigentlich nur in Frankreich.
Wie es sich gehört, biete ich ihm auch was an, aber er lehnt dankend ab und begnügt sich mit seinem Kaffee.
In wenigen Schlucken leere ich meinen Smothie und schnappe mir die Kaffeekanne. Eigentlich darf ich das nicht, aber ohne Kaffee überstehe ich den Tag nicht.
Shigeru will mir auch sofort meinen Becher wegnehmen, doch bevor er das kann, trinke ich den ganzen Kaffee schwarz und in einem Zug aus.
Tadelnd schüttelt er den Kopf.
„Was denn? Ohne Kaffee geht bei mir gar nichts“, scherze ich und stelle alles auf den grossen Tisch neben mir.
Dabei lehne ich mich aber zur Seite und Schmerz durchzuckt mich. Davon lasse ich mir aber nichts anmerken. Schliesslich sollen die mich hier ja nicht für ein schwaches kleines Mädchen halten. Das bin ich nämlich nicht. Aber sich gegen sechs kampferfahrene Mädchen gleichzeitig zu wehren, schaffe noch nicht mal ich. Deswegen bin ich aber noch lange nicht schwach. Und empfindlich bin ich auch nicht. Schliesslich habe ich zwölf Piercings. Davon zehn an meinen Ohren. Und ein Zungen und ein Bauchnabelpiercing.
Aber was denke ich denn da schon wieder über so was nach. In der Zwischenzeit wurde das Geschirr abgeholt und Shigeru ist wieder am Telefon.
Dieses Mal ist es seine Mutter gewesen, die ihm angeboten hat, was Frisches anzuziehen vorbei zubringen. Das hat er mir jedenfalls gesagt.
Jetzt ist es schon kurz vor neun und meine Schwestern stürmen ins Zimmer.
„Yumi! Was ist passiert?“, wollen die beiden sofort wissen und wuseln mich herum.
Hilfesuchend blicke ich zu Shigeru, der etwas abseits steht.
Gleich beginnt er damit, alles zu erzählen, was er von mir erfahren hat und wie er mir geholfen hat.
„Dann warst du also derjenige, der uns angerufen hat?“
„Ja, das war ich“, bestätigt er freundlich und holt zwei weitere Stühle heran.
„Aber wieso wurden wir nicht bereits gestern angerufen. Schliesslich müssen wir ja auch den Aufenthalt bezahlen“, meckert Naomi.
Shigeru jedoch teilt ihnen mit, dass die Sache mit dem Geld bereits geklärt wurde.
Nachdem er ihnen und auch mir alles erklärt hat, trinken auch die beiden erst mal eine Tasse Kaffee.
Naomi und Keiko haben versprochen, ihm alles zurück zu zahlen, aber das lehnt er entschieden ab.
Wieso, ist mir nicht klar. Aber anscheinend will seine Familie die kosten übernehmen.
Langsam versuche ich, aufzustehen. Ich ignoriere die Schmerzen so gut es geht und rutsche vom Bett.
„Sag mal. Darf sie aufstehen?“, will Keiko wissen.
„Nicht ohne Hilfe! Wieso hast du nichts gesagt? Ich hätte dir geholfen“, noch bevor Shigeru die Hand nach mir ausstrecken kann, sinke ich vor ihm auf die Knie.
„Ich danke dir so sehr für deine Hilfe. Und ich verspreche, alles zurück zu zahlen. Mit Zinsen. Oder ich arbeite es ab“, plappere ich ohne Punkt und Komma.
„Warte. Stop“, mit einer Hand hällt er mir den Mund zu.
„Also Erstens. Ich will das Geld nicht zurück. Und zweitens. Mach dass bloss nie wieder.“
Tadelnd sieht er mich an und schüttelt den Kopf. Verlegen senke ich den Blick.
Er jedoch ergreift meine Hand und hilft mir hoch.
„Du solltest übrigens erst mal was anziehen. Die Dinger sind nämlich hinten offen“, grinsend reicht Keiko mir einen Stapel Kleidung. Den Rest packt sie in den Schrank.
Gerade kommt eine Schwester rein, um nach dem Rechten zu sehen. Diese frage ich auch gleich, ob ich duschen darf.
Daraufhin bittet sie mich gleich ins Bad. Shigeru ist sogar so nett, sich umzudrehen. Meine Kleidung lege ich auf den zugeklappten Toilettendeckel.
Die Schwester hat inzwischen meinen Infusionsständer neben der Dusche platziert.
Erst hilft sie mir aus diesem Hemdchen, bevor sie die Verbände abnimmt und die Narbe mit durchsichtiger Folie abklebt.
Danach erst öffnet sie meine Haare und kämmt sie einmal durch.
Es ist mir ziemlich peinlich, von jemand Fremdem geduscht zu werden, doch ich hab es schnell überstanden.
Nachdem sie mich abgetrocknet und die Wunde verbunden hat, trocknet sie mir die Haare und flechtet sie wieder zu einem Zopf.
In einer Yogahose und einem Top gehe ich schliesslich wieder zurück, während die Schwester meinen Infusionsständer hinter mir herschiebt.
„Ich bring ihnen gleich noch mehr zu trinken. Irgendeinen besonderen Wunsch?“
„Mineralwasser oder Coke Zero“, antworte ich und setze mich wieder vorsichtig aufs Bett.
Das hinlegen ist schwieriger, aber mit Keiko, die meine Beine hochhebt und Naomi, die meinen Rücken stützt ist es gleich viel leichter.
„Sag mal Yumi. Wie heisst noch mal das Buch, das du unbedingt wolltest?“
„Die Auswahl von Allie Condie. Das kommt Montag neu raus. Aber das ist noch so teuer. Besser ich hole es mir, wenn ich wieder aus dem Krankenhaus raus bin“, schlage ich vor. Keiko und Naomi finden die Idee natürlich Super. Wir haben sowieso schon nicht so viel Geld.
Während Shigeru noch etwas in sein Handy eintippt, fragen Keiko und Naomi, was sie in der Schule erzählen sollen.
Ich erkläre ihnen, dass fürs erste nur Hina und Miyu die Wahrheit erfahren sollen. Den Rest soll die Rektorin mit mir persönlich besprechen.
Wahrscheinlich werde ich sowieso die Schule wechseln müssen. Ich lass mir bestimmt nicht noch mehr Knochen brechen. Verklagen kann ich die Mädchen ja eh nicht. Die können sich einen Anwalt leisten, wir aber nicht. Also wird das eh nichts. All das sage ich ihnen auch.
Ich hab gerade fertig gesprochen, als eine der Aushilfen mit einem Rollwägelchen reinkommt. Diesen rollt sie neben mein Bett. Darauf stehen Gläser und Flaschen. Dazu eine Kühlmaschine, wo bereits eine Flasche Wasser drinsteht.
„Wenn sie noch was brauchen, einfach läuten.“
„Äh, ja. Noch eine Frage. Dürfen hier Tiere rein?“, flehend sehe ich sie an.
„Eigentlich nicht. Wieso?“
„Na ja. Sie hat zwei Chihuahuas. Mika und Yue. Und die Beiden liebt sie wirklich über alles. Sie kriegt fast die Krise, wenn sie alleine sind“, erklärt Keiko.
„Na ja. Da sie ein Einzelzimmer haben, kann man da vielleicht was machen. Aber dableiben dürfen sie Leider nicht.“
Mit diesen Worten schliesst sie die Tür hinter sich.
„Du, es ist schon bald Mittag. Wir konnten das so einrichten, dass wir nachmittags arbeiten gehen.“
„Oh, na klar. Geht nur. Ich komm hier schon klar“, verabschiede ich mich. Und die Beiden umarmen mich noch kurz vorsichtig.
„Willst du nicht mal nach Hause. Was essen und duschen? Ist nicht so, dass ich dich loswerden will. Ganz im Gegenteil. Aber das muss doch langsam nervig werden.“
Herrgott noch mal. Wieso brabble ich in seiner Gegenwart bloss immer unkontrolliert irgendwelchen Schwachsinn.
„Wenn du es mir erlaubst, werde ich hier duschen. Meine Mutter wird nach dem Mittagessen vorbeikommen. Ist das okay?“, flehend blickt er mich mit seinen saphirblauen Augen an und ich nicke schliesslich.
Von mir aus könnte er für immer dableiben, aber das sage ich ihm jetzt lieber nicht. Am besten sag ich’s ihm nie.
„Ich hatte doch meine Schultasche dabei. Gestern meine ich. Liegt die noch bei dir zu Hause?“
„Nein. Die hab ich in den Schrank verstaut. Soll ich sie holen?“, will er lächelnd wissen.
Schüchtern erwidere ich das Lächeln und nick. Geschmeidig steht er auf und holt die Tasche. Mit der Tasche und einem Glas Wasser setzt er sich wieder.
Ich bitte ihn, mir die Tasche zu geben, doch erst zwingt er mich, das Glas bis auf den letzten Tropfen zu leeren.
Dann erst kriege ich was ich wollte. Die Schulbücher lasse ich vorerst links liegen. Stattdessen hole ich meinen Zeichenblock, meine Bleistifte und einen Radiergummi raus und fange einfach an zu zeichnen.
„Was soll’s denn werden, wenn’s fertig ist? Zeig mal“, neugierig will er über den Rand spähen.
„Warte bis es fertig ist“, mit einem teuflischen grinsen sehe ich ihn an. So kann ich noch mal sein Gesicht mustern. Immer wieder spähe ich zu ihm rüber, bevor ich weiterzeichne.
Schnell krame ich noch einige verschiedene blautöne raus. Zusammengemischt ergeben sie ein Shigerus Augenfarbe ziemlich ähnliches Saphirblau.
Ich achte auch genau auf den Lichteinfall und füge einige Schattierungen hinzu.
Prüfend sehe ich ihn noch mal an und zeichne noch einige Details nach, die ich vergessen habe. Erst als ich mit meinem Werk zufrieden bin, lege ich die Stifte zur Seite.
„Also. Was hast du gezeichnet? In 10 Minuten kann es ja nicht so viel gewesen sein“, herausfordernd sieht er mich mit seinen perfekten Augen an. Gelassen reiche ich ihm den Block und warte auf eine Reaktion.
„Das kann doch nicht… Das hast du in so kurzer Zeit gezeichnet? Das ist ja fantastisch!“
Verlegen senke ich den Blick und murmle was, von wegen, er könne es gerne behalten. Erst aber blättert er sich durch meine anderen Werke, bevor er die Seite vorsichtig raustrennt. Liebevoll legt er das Bild neben sich auf den Tisch.
Kurz darauf gibt es Mittagessen und schon bald platzen auch schon Kazumi-sempai und Sayuri-chan ins Zimmer.
„Oh, Schätzchen. Wie geht es dir? Sind die Schmerzen sehr schlimm?“
„Oh, es geht mir gut, soweit. Und die Schmerzen sind erträglich“, gebe ich bescheid und auch Sayuri begrüsst mich, während Shigeru seine Kleidung entgegennimmt.
Fröhlich springt diese schliesslich an Shigeru hoch und er fängt sie auf und hält sie fest.
Lachend wirbelt er sie im Kreis und lässt sie dann wieder runter.
„Uh, Shigeru. Du stinkst. Geh duschen“, spielerisch schubst sie ihn ins Bad, wo sowieso schon seine Sachen liegen.
„Hast du das gemacht?“, will Kazumi-sempai wissen und zeigt mir das Bild von vorhin. Wieder ein wenig verlegen nicke ich.
„Das ist wundervoll. Wie lange hast du dafür gebraucht?“
„Zehn Minuten.“ Es klingt eher wie eine Frage.
„Unfassbar. Sogar die Augenfarbe stimmt“, bemerkt Sayuri und streicht sanft mit den Fingern darüber.
Als Shigeru wieder zurück ist, unterhalten wir uns noch ein wenig über Gott und die Welt, bis Kazumi-sempai und Sayuri-chan wieder los müssen. Heute ist Samstag, und sie müssen noch die Einkäufe erledigen.
Dabei ist es erst zwei Uhr Nachmittags, und die Sonne scheint.
„Oh, ich würde so gerne ein wenig nach draussen gehen“, schmachtend blicke ich aus dem Fenster.
„Ich geh gleich mal nachfragen, ob das möglich ist.“
Enthusiastisch hastet Shigeru aus dem Zimmer und schliesst die Tür hinter sich.
Einige Minuten später kehrt er, gefolgt von zwei Schwestern und einem Arzt, zurück.
„Und?“, frage ich sofort neugierig.
„Wenn sie nur langsam gehen und sich nicht überanstrengen, ist es kein Problem. Aber sie kriegen eine Art Metallkorsett, damit ihr Oberkörper stabil bleibt“, erklärt er und deutet auf die beiden Frauen, die eine Konstruktion aus diversen Metallteilen in den Händen halten.
Vorsichtig hilft mir Shigeru, aufzustehen. Dann soll ich die Arme zur Seite ausstrecken und mir wird erst ein genau abgepasster Metallgurt um die Hüfte gelegt. Natürlich ist er gepolstert.
Dann gibt es dasselbe noch über der Brust, bloss viel Schmaler.
Dazwischen werden dann vier gebogene Stäbe gespannt. Die garantieren, dass ich mich nicht mehr bewegen kann.
Es ist ein furchtbar unangenehmes Gefühl, doch um nach draussen zu können, nehme ich das gerne auf mich.
„So. Fertig. Um es wieder auszuziehen müssen sie ab jetzt nur noch die Schnallen an den Seiten öffnen. Die Stäbe bleiben dazwischen.“
„Okay. Das wird schon gehen. Ich bin nur froh, dass ich nicht im Zimmer festsitze.“
„Schön. Aber alleine dürfen sie fürs Erste leider nicht raus. Sie müssen mindestens eine Begleitperson mitnehmen“, weisen sie mich an und Shigeru meldet sich sofort freiwillig.
War ja klar. Obwohl ich immer noch nicht verstehe, wieso er das tut. Wieso er überhaupt hierbleiben will.
Na gut. Er hat mir geholfen und mir quasi das Leben gerettet. Aber mir wird es schon bald wieder besser gehen. Und ausserdem werde ich für immer eine Narbe haben.
Aber über das alles will ich gar nicht nachdenken. Ich bin nur froh, dass er hier bei mir ist, denn, das klingt jetzt vielleicht verrückt, ich habe mich anscheinend in ihn verliebt.
Jedenfalls kommt er heute mit mir nach draussen in den angrenzenden Park.
Langsam gehe ich neben ihn her die Treppen nach unten. Die Infusion haben sie mir abgenommen. Zum Glück. Unentwegt flattern seine Hände um mich herum, in ständiger Bereitschaft, einen möglichen Sturz abzufangen.
Ich kratze all meinen Mut zusammen und nehme seine Hand in meine.
Schüchtern lächle ich ihn an und ziehe ihn weiter und nach draussen.
Kaum berührt mich der erste Sonnenstrahl, breite ich die Arme aus und lege den Kopf in den Nacken.
So bleibe ich eine Weile stehen und geniesse die wärmende Energie auf meiner Haut, bis es plötzlich vor meinen geschlossenen Augen dunkel wird.
Missmutig schlage ich sie auf und blicke in Shigerus neugierige Augen.
„Komm“, fordert er und greift wieder nach meiner Hand.
Seite an Seite schlendern wir durch den Park und setzen uns dann unter eine Weide, deren Äste bereits den Boden berühren.
Vorsichtig setze ich mich hin und ohne zu zögern zieht Shigeru mich an sich.
Unsicher versuche ich ein Stück abzurücken und sofort zieht er seine Hände weg.
Ungeschickt drehe ich mich zu ihm um und lächle ihn schüchtern an.
„Darf ich dich mal was fragen?“, interessiert mustert er mich und ich nicke.
„Okay. Was ist deine Lieblingsfarbe?“, er stellt die Frage mit so ernsthaftem Blick, dass man glauben könnte, es ginge um das Schicksal der Welt.
„Ist das dein Ernst? Du fragst mich nach meiner Lieblingsfarbe?“
„Ja. Wenn ich darf?“, grinsend sieht er auf mich hinab.
„Gut. Schwarz, rot, blau, silbern, gold. Na ja und auch sonst eigentlich alle. Und deine?“, will ich im Gegenzug erfahren.
„Heute darf ich fragen und morgen bist du dran. Okay?“
Nach längerem zögern stimme ich zu und er sieht zufrieden aus.
„Lieblingsessen?“
„Pizza und Eis.“
„Getränk?“
„Cola und Eistee.“
„Bestes Fach?“
………
So geht die Fragerei noch über eine Stunde weiter und ich verrate ihm unter anderem auch all meine Hobbys. Irgendwann wurden die Fragen persönlicher.
Er wollte wissen wie es ist, wenn man nur noch seine Geschwister hat. Und ausserdem schien es ihm sehr wichtig zu sein, herauszufinden, ob ich einen Freund habe.
Doch das hatte ich nie, und auch jetzt nicht.
Natürlich wollte er erfahren, woran das liegt.
„Weil ich nicht normal bin. Ich sehe nicht so aus, als würde ich hier her gehören“, war meine Antwort.
Nun schwieg er schon eine ganze Weile und musterte mich nur.
Ich tue es ihm gleich und wir sitzen einander gegenüber, bis es schliesslich Zeit ist, wieder rein zu gehen. Morgen ist Sonntag und Shigeru verspricht mir, wieder zu kommen.
Dann verabschiedet er sich für die Nacht und lässt mich zum Abendessen alleine. Das Essen schmeckt zwar gut, aber ich hab keinen grossen Hunger.
Trotzdem esse ich alles brav auf und trinke dazu eine Flasche Wasser.
Nach dem Essen kriege ich noch mal Schmerzmittel. Schon eine Stunde später kriege ich auch noch ein Schlafmittel und damit sinke ich ein einen erholsamen, traumlosen Schlaf.

Als ich am nächsten Morgen aufwache, steht das Essen schon bereit und ich verschlinge alles hungrig, bevor ich mich hoch quäle und mich im Bad zurechtmache und auf die Toilette gehe.
Nach einer kurzen Katzenwäsche lege ich mich wieder ins Bett, vor dem eine Schwester steht und auf mich wartet.
„Sofort hinlegen! Und wenn sie noch mal alleine aufstehen, dann sind wir gezwungen, sie ans bett festzuzurren“, neckt sie und ich setze mich Schulter zuckend wieder hin und strecke mich aus.
„Wie auch immer. Ich bin nur gekommen um aufzuräumen und ihnen zu sagen, dass sie Besuch haben.“
Hastig bedanke ich mich und warte.
Kurz nachdem sie das Zimmer verlassen hat, kommt Shigeru rein und mustert mich erst mal.
Automatisch stielt sich mir ein Lächeln auf die Lippen, ebenso wie ihm.
„Hast du schon mal nach draussen gesehen?“
„Nein. Noch nicht. Wieso?“
„Na du hast Besuch. Die Sonne ist gekommen um dich zu sehen“, erklärt er und setzt sich neben mich.
Glücklich lächle ich ihn an und er mustert meinen, unter der Decke verborgenen, Körper.
„Wie geht es dir?“
„Ganz gut. Aber alles ist ziemlich umständlich. Und wenn ich mich zu schnell und zu heftig bewege, fühlt es sich an, als würde ich mit einem Messer erdolcht werden“, erzähle ich und verziehe das Gesicht, als ich mich ein wenig mehr aufrichte.
„Na dann brauchst du bestimmt Ablenkung.“
„Ja, das währe schön, aber all meine Bücher liegen bei mir zu Hause“, ich verfluche mich selbst, dass ich ausgerechnet an diesem Tag kein Buch dabei hatte.
„Wie wär’s dann für den Anfang mit diesem hier?“
Mit einer eleganten Bewegung öffnet er seine Tasche und holt eine Tüte raus, die er mir reicht.
Neugierig greife ich rein und nehme das Buch raus, von dem ich gestern noch gesprochen habe.
Die Auswahl von Ellie Condie.
„Wow. Aber wie hast du das jetzt schon bekommen? Das erscheint doch erst Morgen.“
Verlegen sieht er mich an und zuckt nur mit den Schultern.
„Na egal. Danke, tausend Mal danke.“
Entschlossen ziehe ich ihn zu mir und umarme ihn. Dabei durchzuckt mich der Schmerz, doch ich ignoriere es und drücke ihn nur noch ein wenig fester an mich.
Schon bald lasse ich ihn wieder los und lasse mich erst mal wieder aufs Bett fallen.
Meine Rippen schmerzen, doch das ist mir egal. Bald schon machen wir uns auf den Weg nach draussen.
„Heute bin ich dran“, platzt es plötzlich aus mir heraus.
„Womit denn?“
„Fragen. Heute darf ich“, zufrieden sehe ich zu ihm hoch und grinse.
„Na gut. Was willst du wissen?“
„Hmm… Ich fange einfach wie du an. Lieblingsfarbe?“
„Dieselben wie deine. Eigentlich alle“, antwortet er und sieht mir dabei direkt in die Augen.
„Okay. Cool. Lieblingsessen und Getränk?“
„Pizza, Sushi, Chips, Eis und Red Bull“, zählt er auf.
Auch ich stelle solche Fragen, bis ich denke, dass ich persönlicher werden kann.
„Okay. Hast du irgendein Piercing oder Tattoo?“, das hat er mich gestern nicht gefragt, weshalb er sich wohl gerade fragt, wie ich auf so was komme.
„Ausser die vier an den Ohren, keins. Du etwa?“
„Klar doch. Nur schon an den Ohren sind es zehn. Und dann noch zwei andere“, erzähle ich bereitwillig.
„Und wo?“
„Bauchnabel und Zunge“, beide zeige ich ihm und er scheint besonders von meinem Zungenpiercing fasziniert zu sein.
Fragend sehe ich ihn an, doch er schüttelt bloss den Kopf.
„Hattest du schon eine Freundin?“
„Ja, aber sie alle wollten mich nur wegen des Geldes meines Vaters“, erklärte er und bedenkt mich dabei mit einem abschätzenden Blick.
„Ach und jetzt glaubst du, ich bin auch so?“
„Nein. Das denke ich nicht. Denke ich…“, es scheint ihn selbst ein wenig zu verwirren.
„Wie auch immer. Ich hoffe du merkst noch, dass es nicht so ist. Ich meine, klar, ich bin dir dankbar, aber nicht nur wegen der hervorragenden Behandlung die ich hier geniesse, sondern auch, dass du mich, ohne zu zögern, gerettet hast, als die anderen mich mal wieder verfolgt haben.“
„Ich würde dir jederzeit wieder helfen. Ach ja, bevor ich’s vergesse, soll ich eigentlich deinen Schulfreundinnen sagen, dass du hier bist?“
Schweigend denke ich darüber nach und nicke schliesslich.
Eine Weile sitzen wir einfach nur da und ich schliesse die Augen. Ich bin mir darüber im Klaren, dass er mich mustert, doch ich konzentriere mich nur auf meinen Schmerz.
Ich versuche meine gesamte Energie auf die Heilung anzusetzen und auch kraft aus dem Schmerz zu schöpfen.
Man könnte es Meditieren nennen, was ich hier tue, doch an meiner Konzentration hapert es noch ein wenig.
Shigeru lenkt mich einfach zu schnell ab. Er braucht mich ja nur anzusehen, da macht mein Herz auch schon einen Sprung. Ich gebe mir die grösste Mühe, doch nach einer Viertelstunde gebe ich auf.
Mit einem genervten Seufzen schlage ich die Augen auf und sehe direkt in Shigerus saphirblaue Augen.
Schüchtern lächelt er mich an und ich erwidere es schliesslich ein wenig unsicher.
„Wir sollten wieder rein gehen. Bis du das Ding hier los bist, ist es bereits wieder Zeit fürs Mittagessen.“
Vorsichtig hilft er mir hoch und gemeinsam gehen wir die Treppe nach oben. In meinem Zimmer hilft er mir, die Verschlüsse zu öffnen und das Gebilde abzulegen.
Gerade räumt er es weg, als die Tür aufgeht und eine der Schwestern mit meinem Essen kommt.
Wenigstens haben sie auch Shigeru was mitgebracht, sodass wir gemeinsam essen können.
Am Nachmittag kommen dann noch meine Schwestern und Shigerus Eltern und seine Schwester vorbei.
Ich muss schon sagen, sein Vater ist echt nett, doch trotzdem scheint er nicht zu verstehen, weshalb sein Sohn sich mit mir abgeben will.
Nun ja, ehrlich gesagt verstehe ich ihn auch nicht.
Ich meine er ist alles, was ich nicht bin. Reich, gutaussehend und beliebt zum Beispiel. Trotzdem scheint er mich zu mögen. Vielleicht sollte ich ihn irgendwann mal fragen, weshalb.
Über all das denke ich nach, als er schon längst gegangen ist.
Bald schon ist es an der Zeit, mein Schmerzmittel und das Schlafmedikament zu bekommen.
Bis dahin werde ich einfach noch ein wenig lesen. Das Buch ist so gut, dass ich es am liebsten gar nicht mehr weglegen würde.
Trotzdem zwingen mich die Schwestern dazu, als ich es nach einer Stunde immer noch nicht weggelegt hatte. Durch die Medikamente falle ich dann auch bald in einen tiefen traumlosen Schlaf.

Oh Mann! Heute ist Montag. Das heisst, alle sind in der Schule. Irgendwie muss ich es schaffen, die Zeit alleine totzuschlagen.
Wenigstens habe ich heute schon bis halb 12 geschlafen. Erst mal gehe ich ins Bad und auf Toilette.
Dann ziehe ich mich einfach selbst aus, präpariere die Wunde und dusche erst mal. Es ist zwar nicht gerade einfach und sehr schmerzhaft. Doch ich bin Schnell fertig und trockne mich ab.
Dann verbinde ich alles neu und ziehe mich wieder an.
Die Haare lasse ich einfach offen, damit sie trocknen können.
Zurück im Zimmer lege ich mir selbst dieses komische Korsett an und schliesse die Verschlüsse.
Mit der Sonnenbrille auf der Nase und dem Buch in der Hand gehe ich nach draussen in den kleinen Park.
Dort lese ich so lange, bis ich zum Essen gerufen werde.
Mit dem Essen kriege ich auch gleich mein Schmerzmittel. Aber erst nachdem ich gründlich zurechtgestaucht wurde. Hab mir schon gedacht, dass sie wütend werden würden, wenn ich einfach alleine nach draussen gehe. Aber ich bin nun mal nicht gerne von anderen abhängig.
Also lasse ich die Predigt schweigend über mich ergehen und mache mich dann über meinen Salat her.
Dazu stürze ich einen halben Liter Wasser runter. Nach dem Essen verdrücke ich mich mit Block und Stiften wieder nach draussen und beginne den ganzen Park mit den Leuten zu zeichnen. Ich habe keine Ahnung mehr, wie lange ich da schon gesessen und rumgekritzelt habe.
Plötzlich legt sich ein Schatten über mich und ich sehe hoch. Direkt in Shigerus breit grinsendes Gesicht.
„Hi“, begrüsse ich ihn schlicht und zeichne noch die letzte Linien ein.
„Äh, ja. Hi. Wie geht’s dir?“
„Oh, hi. Ja gut, den Umständen entsprechend. Hab erst gar nicht realisiert, dass du da bist. War noch total mit zeichnen beschäftigt“, entschuldige ich mich lächelnd und er hilft mir hoch.
Kurz lege ich meine Arme um ihn und er zieht mich vorsichtig an sich.
Shigeru bleibt bei mir und unterhält sich mit mir, bis es Zeit fürs Abendessen ist.
Dann muss er leider auch wieder nach Hause. Hausaufgaben machen und so. Aber im Moment macht mir das nichts aus, denn ich bin total müde.

Jetzt sind schon zwei Wochen vorbei und jeden Tag kam Shigeru her, um mich zu besuchen. An den Wochenenden verbrachte ich auch einige Zeit mit seiner Familie, meinen Schwestern und natürlich mit meinen beiden Chihuahuas Mika und Yue.
Heute ist Montag und ich warte schon hibbelig auf Shigerus eintreffen.
Gleich nachdem er mich begrüsst hat, gehen wir wieder runter in den Park.
„Hei Shigeru! Was soll der Scheiss!“, brüllt ein Typ quer über die Anlage.
Verwirrt blicke ich von Shigeru, zu der Gruppe Jungs die auf uns zukommt.
„Ich kläre das kurz. Warte hier, ja?“, flehend sieht er mir in die Augen, doch ich senke den Blick.
Während er auf die anderen zugeht, drehe ich mich weg und renne einfach los.
Schliesslich komme ich zu unserer Weide und setzte mich schwer atmend darunter.
Ich muss mich konzentrieren, nicht laut loszuheulen. Aber es bringt nicht viel. Tränen fliessen trotzdem, und tropfen auf meine angewinkelten Beine.
Wütend über mich selbst wische ich sie weg und schüttle den Kopf, um wieder klar denken zu können.
Ich höre wie Shigeru nach mir ruft, doch ich ignoriere es und stehe einfach auf.
Hinter dem Baum warte ich darauf, dass er weg geht.
Als ich glaube, dass die Luft rein ist, will ich mich wieder in mein Zimmer schleichen.
Doch just in diesem Moment tritt er durch den Vorhang aus Weidenästen.
„Ach hier bist du. Hast du mich nicht gehört?“
„Ich habe dich gehört. Aber nur um mir zu sagen, dass du nicht mehr kommen wirst, hättest du mich nicht zu suchen brauchen. Es wendet sich früher oder später sowieso jeder von mir ab“, ich bemühe mich wirklich, nicht zu weinen und die Schluchzer zu unterdrücken. Er jedoch merkt es sofort.
„Wieso sollte ich gehen? Meine Freunde sehe ich ja jeden Tag in der Schule. Also kann ich doch danach trotzdem zu dir kommen.“
„Du solltest dich nicht gezwungen fühlen, und auch solltest du nicht bloss kommen, weil du Mitleid mit mir hast“, erkläre ich und will mich abwenden.
Ihm jedoch scheint das gar nicht zu passen. Denn er schnappt sich meine Hand und dreht mich einfach wieder so zurück, dass ich ihm gegenüber stehe.
Sanft bringt er mich dazu, ihn anzusehen. Noch bevor ich fragen kann, was los ist, zieht er mich vorsichtig, um mir nicht weh zu tun, an sich.
Seine Lippen treffen meine und erst bin ich überrascht, doch dann lasse ich mich von dem Kuss mitreissen.
Seufzend schliesse ich die Augen und verschränke meine Hände in seinem Nacken.
Ich weiss, dass der Kuss nicht lange gedauert hat, aber für mich könnte er nicht lange genug sein. Ein wenig enttäuscht löse ich mich von ihm. Unser beider Herzschlag hat sich beschleunigt.
„Warum ich?“, frage ich nach einer Weile, in der wir uns nur angesehen haben.
„Ganz einfach. Weil ich dich liebe.“
Er sagt das so gelassen, als währe es das normalste der Welt, jemandem wie mir, seine Liebe zu gestehen.
Verblüfft sehe ich ihn an, doch er lächelt nur und ich erwidere es schliesslich zögernd.
„Okay. Ich stell dir jetzt mal meine Freunde vor.“
Unsicher folge ich ihm. Und würde er nicht meine Hand halten, währe ich schon längst weggerannt.
Nun jedoch stehe ich, halb hinter ihm versteckt und klammere mich beinahe krampfhaft an seinem Arm fest.
„Süsse, entspann dich mal. Die werden dich schon nicht auffressen“, versucht er mich zu beruhigen und tritt gleichzeitig hinter mich. Sanft aber bestimmt schiebt er mich vor sich her auf die anderen zu.
„Also, dass sind, Riku Yoshihiro, Shin Takashi, Takeru Masato und Yoshio Satoshi“, stellt er mir seine Freunde der Reihe nach vor.
Sie alle scheinen sehr interessiert daran, mich kennen zulernen und wirken auch ganz nett.
„Äh, also ja, hi. Ich bin Yumi Hiromi“, stammle ich nervös und kralle mich an Shigerus Arme die locker um meine Mitte liegen.
„War nett, dich kennen zulernen. Wir müssen jetzt jedenfalls wieder los“, bemerkt Riku, und alle verabschieden sich wieder und gehen über den Rasen davon.
„Was denkst du gerade?“, will Shigeru plötzlich von mir erfahren.
„Frag mich das in einer Stunde noch mal. Dann kann ich wieder klar denken“, antworte ich ein wenig verwirrt und lächle ihn immer noch total verunsichert an.
„War ein bisschen viel auf einmal, was? Vielleicht hätte ich es noch nicht sagen sollen.“
Ich weiss ganz genau, was er mit es meint. Nämlich, dass ich ihn nicht liebe…
„Weisst du, ich dachte immer, ich hätte sowieso keine Chance bei dir, weshalb ich meine Gefühle für dich verdrängt habe“, beginne ich, stocke dann aber, nicht sicher, ob ich mehr sagen sollte.
„Und was sind deine Gefühle für mich?“, hakt er auch gleich nach.
„Na ja, ich war noch nie verliebt. Deshalb weiss ich nicht wie das ist, aber ich denke wirklich, dass ich dich liebe. Ich meine, ich bin gerne bei dir und freue mich jedes Mal wenn du kommst. Und es ist mir auch nicht unangenehm wenn du mich berührst. Nicht so, wie bei meinen Schwestern und auch allen anderen, die ich kenne“, plappere ich los und verfalle schliesslich in ein hysterisches Kichern.
Erschöpft setze ich mich neben ihn auf eine Bank und beinahe sofort legt er seinen Arm um mich. Obwohl das für ihn nicht sehr bequem zu sein scheint, macht es ihm offensichtlich nichts aus.
Vorsichtig, um mir nicht aus versehen weh zu tun, zieht er mich an sich und mit einem erleichterten seufzen lasse ich ihn gewähren. Ich kratze all meinen Mut zusammen und küsse ihn schliesslich noch mal.
Erst ist dieser Kuss wie auch der andere, doch schliesslich verlangt seine Zunge einlass in meinen Mund, den ich ihm, leise stöhnend, gewähre.
Als unsere Zungen dann zusammentreffen ist es für mich, als würde ein blitz durch meinen gesamten Körper fahren. Dabei hinterlässt er ein kribbeln und eine wundevoll wohlige wärme.
Schliesslich ist er es, der den Kuss unterbricht und ich ziehe eine Schnute.
Lächelnd schüttelt er den Kopf, bevor er mich noch mal küsst.
Bald gehen wir aber wieder rein ins Zimmer und Shigeru entschuldigt sich kurz, um sich einen Kaffee zu besorgen.
Die Tür ist noch nicht mal ins Schloss gefallen, als auch schon mein Persönlicher Albtraum in Form von sechs Mädchen mein Zimmer heimsucht.
Geschockt schnappe ich nach Luft, beschliesse dann aber, gelassen zu bleiben.
„Was wollt ihr hier?“
„Hast du irgendwem verraten, dass wir das waren“, will Ai, die Anführerin der Gang wissen und kommt mir dabei bedrohlich nahe.
„Nein. Keiner weiss es. Noch nicht…“
Beinahe sofort will Ai zum Schlag ansetzen und ihr Arm ist auch schon in der Luft, als Shigeru ihn packt und sie zurück stösst.
Niemand, noch nicht einmal ich, hat gemerkt, dass er reingekommen ist.
„Raus hier! Sofort! Und wagt es nicht, noch mal her zu kommen“, scheucht er sie weg.
Dann tätigt er einen Anruf, bevor er sich zu mir setzt.
Erst checkt er aber, ob es mir gut geht. Danach kommt die Frage, wer die Mädchen waren und was sie wollten.
Ich erkläre ihm genau, wer sie sind und nenne ihm auch alle Namen. Gerade bin ich fertig mit aufzählen, als es an der Tür klopft.
Zwei mindestens zwei Meter grosse, vollkommen schwarz gekleidete Muskelberge von Männern betreten das Zimmer.
„Hallo, Lee. Hiro.“
„Akira-kun. Was gibt’s?“, fragt Nummer eins, der wohl Lee ist.
„Ihr habt einen neuen Job. Ihr werdet meine Freundin hier, Yumi, beschützen. Ich wünsche nicht, dass die hier noch mal in ihre Nähe kommen“, erklärt er und zeigt ihnen ein Foto auf seinem Handy. Keine Ahnung wann er das noch gemacht hat.
„Und wieso sollten sie noch mal herkommen?“, will Hiro, Nummer 2, wissen.
„Weil sie wegen Körperverletzung angeklagt werden.“
„Und sie ist das Opfer?“, wieder Lee. Sie scheinen sich mit den Fragen abzuwechseln.
„Ja, aber ich schätze ich war nicht die einzige, die verprügelt wurde.“
„Na ja, wie auch immer. Ihr werdet Tagsüber da sein und in der Nacht dann jemand anderes. Geht das für euch klar?“, mit verschränkten Armen fixiert er die Beiden, die sofort zustimmen.
„Okay. Ab morgen beginnt der Job. Ich danke euch, dass ihr so schnell kommen konntet.“
Nachdem sie uns noch mal zugenickt haben, verlassen sie schweigend den Raum.
Und auch Shigeru musste bald los. Aber wenigstens bekam ich noch einen gute Nacht Kuss, den ich absichtlich in die Länge zog.
Trotzdem konnte er nicht mehr länger dableiben und ich liess ihn mit einem seufzen gehen.

Seit nun schon über einer Woche werde ich bewacht. Eigentlich finde ich die Überwachungssache gut, ausser einmal, als Hina und Miyu mich besuchen wollten und von meinen Beschützern aufgehalten wurden. Zum Glück hatten wir das aber schnell geklärt. Ausserdem konnten sie mir zur Not auch die Zeit vertreiben.
Heute ist es Donnerstagmorgen, 7 Uhr und ich stehe schon, wieder Mal alleine, ohne Hilfe, unter der Dusche.
Fertig angezogen in weissen Jeansshorts, einem hellblauen Trägertop und weissen High Heels, sowie dezent geschminkt, trete ich aus dem Bad und lege mir wieder dieses doofe Gestell an.
Der einzige Pluspunkt ist, dass ich dadurch voll den Model Catwalk gang bekomme.
Zusammen mit meinen Bodyguards mache ich mich auf den Weg ins Zentrum der Stadt.
Dort gehe ich zu einem Fotografen und lasse ein hübsches Bild schiessen, wo ich endlich mal gut aussehe.
Damit mache mich auch gleich auf, den Juwelier aufzusuchen.
„Ah, Miss Hiromi. Haben sie das Bild dabei?“
„Ja, hier ist es.“
Lächelnd reiche ich es dem Juwelier, der damit im Hinterzimmer verschwindet.
„So, fertig. Bezahlt haben sie ja schon. Wollen sie es noch mal sehen?“
Begeistert nicke ich und er öffnet die Schmuckschachtel.
„Wie sie es wollten. Silber. Diamantsplitter und die Gravur um das Bild und auf der Rückseite.“
Die Gravuren waren wirklich wunderschön. Auf der Rückseite des Bildes der Spruch: You have my Heart. Guard it well umgeben von blumenranken.
Und um das Bild herum der Spruch: No one on this earth loves you like I do.
„Es ist perfekt. Auch die Gravur ist toll gelungen. Kann ich es denn gleich mitnehmen?“
„Natürlich. Ich packe ihn gleich noch ein“, schnell verschwindet er mit dem Schlüsselanhänger und kommt mit einer tüte zurück.
„Jungs. Würde es euch was ausmachen, darauf aufzupassen?“
„Nö. Nur her damit“, antwortet Lee und streckt die Hand aus.
„Also dann. Auf geht’s.“
Von hier aus ist es mit dem Auto nicht mehr weit, bis zu Shigerus Schule. Da denke ich mir, ich statte ihm einfach mal einen Besuch ab.
Ich will gerade das Gelände betreten, da werde ich aufgehalten.
„Frauen haben hier keinen Zutritt.“
„machen sie doch bitte eine Ausnahme für mich“, flehend sehe ich den Wachmann an und er wird immer kleiner unter den bohrenden Blicken meiner Bodyguards.
„Na gut. Aber nur sie. Keine Freundinnen oder dergleichen.“
„Geht klar. Danke.“
Mit einem glücklichen Lächeln gehe ich an ihm vorbei.
Nachdenklich sehe ich mich in den Fluren um, auf der Sache nach der Cafeteria.
Gerade als ich losgehen will, klingelt es und die Gänge sind innerhalb von Sekunden gefüllt.
Glücklicherweise habe ich noch Lee, der mich kurzerhand hochhebt und auf seiner Schulter platziert, während Hiro uns einen Weg durch die Menge bahnt.
„Erkennst du jemanden?“
„Nein. Wir sollten in die Cafeteria. Dort vermute ich ihn eher.“
Wir kommen nur langsam voran und werden immer mal wieder angerempelt.
„Wie geht’s dir?“
„Ganz gut. Solange du mich nicht fallen lässt“, scherze ich und der Kampf durch die Flure geht weiter.
In der Cafeteria ist es zum Glück ruhiger, und ich entdecke Shigerus Freunde am hintersten Tisch bei den grössten Fenstern.
Schnell bitte ich darum, runter gelassen zu werden und stolziere dann direkt auf den Tisch zu. Dabei werde ich von Blicken verfolgt und ernte einige Pfiffe. Genervt verdrehe ich die Augen.
„Hi Jungs. Na wie geht’s denn so?“, spreche ich sie an.
„Na uns geht’s gut. Aber sag, geht’s dir besser?“, will Riku erfahren und bietet mir einen Platz an.
„Ja, schon viel besser. Ich will ja nicht unhöflich sein, aber könnt ihr mir verraten, wo mein Freund derzeit steckt?“, ermittle ich und lächle dabei unschuldig.
„Ach, der kommt gleich. Warte doch einfach hier“, schlägt Yoshio grinsend vor.
„Okay. Gute Idee. Lee. Hiro. Ihr könnt mir die Tüte da lassen und was Essen gehen. Na los“, fordere ich sie auf und muss sie fast wegscheuchen.
Schliesslich verschwinden sie aber doch noch und ich kann mich mehr oder weniger entspannt zurück lehnen.
Takeru will gerade dazu ansetzen, etwas zu sagen, als von der Seite jemand an den Tisch tritt.
„Hi, Süsse. Was macht ein Schnittchen wie du denn so alleine an einer Jungenschule?“, flirtet mich ein nicht all zu nett aussehender Typ an.
„Sie ist hier, um ihren Freund zu sehen“, antwortet Shin für mich.
„Ach und wer von den Luschen ist dein Freund?“, verächtlich blickt er in die Runde.
„Shigeru ist keine Lusche“, fauche ich ihn wütend an.
„Was? Etwa Shigeru Akira, der später Akira Industries übernehmen wird?“
„Genau der.“
„So weil Glück hast du nicht“, überlegen grinsend sieht er auf mich hinab und späht mir dabei in den Ausschnitt.
„Dazu braucht sie auch kein Glück. Ich liebe sie. So einfach ist das“, erklingt Shigerus Stimme hinter mir.
Sofort springe ich auf und hätte dabei beinahe den Stuhl umgeworfen.
Grinsend schliesst er mich in seine Arme und küsst mich vor aller Augen. Daraufhin geht ein einstimmiges enttäuschtes Stöhnen durch die ganze Cafeteria.
Verlegen drehe ich mich zu den anderen und zucke mit den Schultern.
Gerade noch rechtzeitig erkenne ich, wie Riku sich die Tüte schnappt und reinsehen will.
„Finger weg von der Tasche“, hastig stürze ich mich darauf und ignoriere die Schmerzen in meiner Brust.
„Was ist denn da drin?“, wispert Shigeru mir ins Ohr und zieht mich schliesslich auf seinen Schoss.
„Ein Geschenk“, antworte ich schüchtern.
„Und für wen?“, bohrt er nach.
„Dich?“
„Und darf ich es denn auch sehen?“
„Äh… Also… Hmm… Ja…“, stammle ich und sehe mich, immer röter werdend um.
„Nicht hier?“
Ich nicke erleichtert und senke schüchtern den Blick.
„Dann nach der Schule.“
Breit grinsend küsst er mich auf den Hals und beginnt schliesslich zu essen.
Immer mal wieder kriege ich einen Happen ab und mir geht es auch voll gut, bis mein Handy klingelt.
Seufzend nehme ich den Anruf an und bereite mich darauf vor, wieder mal zusammen gestaucht zu werden.
Wie erwartet meldet sich eine vollkommen aufgelöste Schwester, die von mir wissen will, wo ich bin.
Schnell beruhige ich sie und erkläre auch, dass ich in Begleitung gegangen bin.
Aber das war ihr ja klar. Sonst würden die Bodyguards ein leeres Zimmer bewachen.
„Musst du schon wieder zurück?“, will Shigeru nach dem Telefonat sofort erfahren.
„Theoretisch schon. Aber praktisch gehe ich nicht zurück. Ich hab kein Bock, im Zimmer festzusitzen.“
„Ich hab nur noch Sport. Aber von mir aus können wir den Nachmittag in der Stadt verbringen“, schlägt er grinsend vor, aber ich wehre ab.
„Meinetwegen solltest du nicht schwänzen.“
„Na gut. Dann bleib hier und sieh mir zu. Wenn du willst, natürlich.“
„Coole Idee“, stimme ich zu und wir essen noch zu Ende.
Fünf Minuten bevor es klingelt, machen wir uns auf den Weg zu den Garderoben.
Grinsend spähe ich in die Umkleide, als Shigeru die Tür aufmacht.
Mit einem tadelnden Blick verschwindet er darin, nachdem er mich noch mal geküsst hat.
Direkt neben der Tür lehne ich mich gegen die Wand und warte darauf, dass er wieder raus kommt.
In schwarzen Shorts und einem weissen Shirt tritt er wieder nach draussen und gemeinsam gehen wir den Gang entlang ins Freie. Jetzt erst wird mir Klar, dass unsere Schulen die ganze Zeit nebeneinander waren.
Auf dem Sportfeld der Mädchenschule trainiert meine Klasse und noch zwei andere, welche aber ihr Spiel unterbrechen, um zu den Jungs rüber zu sehen. Lachend rede ich mit Miyu und Hina über den Unterricht und will erfahren, was sie denn so machen müssen.
In der Zwischenzeit hatten sich die anderen Mädchen an den Zaun geklammert und schmachteten die Jungs an.
„Oh Wow! Shigeru und seine Gang sind so cool. Wen magst du am liebsten?“
„Also ich finde Riku scharf. Was ist mit euch?“
„Shin!“
„Nein, Takeru ist doch viel Cooler.“
„Aber Yoshio ist so süss.“
„Ich finde Shigeru am besten. Aber angeblich soll der ja jetzt eine Freundin haben.“
So ging es noch eine weile weiter.
„Hei Yumi. Wie bist du denn auf die andere Seite gekommen?“, fragte plötzlich eins der Mädchen.
„Ich kann doch nicht zur Schule. Weil ich im Krankenhaus sein muss. Schon vergessen?“
„Aber was machst du dann hier?“, möchte eine andere Schülerin wissen.
„Ich bin ausgebrochen. Hab keine Lust immer alleine im Zimmer rumzusitzen“, erkläre ich lächelnd.
„Achtung Mädels. Ruhig bleiben. Shigeru und seine Gang kommen auf uns zu“, höre ich jemandem im Hintergrund.
„Hei Süsse. Stellst du uns mal deine Freundinnen vor.“
Lässig. Als währe es das normalste der Welt, legt Shigeru seine Arme um mich und küsst mich grinsend auf den Hals.
„Äh, ja klar. Hina Nanami, Miyu Kumiko. Das ist mein Freund Shigeru Akira. Shigeru, dass sind Hina und Miyu. Meine besten Freundinnen.“
„Hi Mädels“, grüssen Riku, Shin, Takeru und Yoshio im Chor zurück.
Immer mal wieder hört man von einem der Mädchen ein kichern.
„Wollt ihr nicht weitermachen? Eure Lehrerin scheint nicht sehr begeistert von euch zu sein“, bemerkt Shin grinsend und deutet auf die Sportlehrerin, die wild herumhampelt, aber von allen ignoriert wird.
„Na du bist gut. Wir sollten aber auch los“, scherzt Yoshio und die vier verschwinden schon mal.
Inzwischen haben sich meine Bodyguards neben uns aufgestellt und Shigeru küsst mich noch kurz, bevor auch er zu den anderen geht und das Fussballspiel beginnen kann.
Schon in den ersten fünf Minuten landen sie das erste Tor.
Am Ende der Stunde haben Shigeru und seine Kumpels mit 10 zu 5 gewonnen.
Umgezogen, nun aber in Jeans und T-Shirt, kam Shigeru nach der Stunde endlich aus der Umkleide. Dafür, dass er noch geduscht hatte, war er ziemlich schnell.
Lächelnd umarme ich ihn und streiche ihm kurz mit den Fingern durch sein noch feuchtes Haar.
„Also, wohin wollen wir?“, frage ich und sehe ihn abwartend an.
„Lass dich überraschen.“
Und das machte ich auch. Schliesslich brachten uns seine Bodyguards in einen wunderschönen Park und liessen uns da alleine.
Plötzlich erklingt hinter uns ein fies klingendes Lachen.
Gezwungenermassen drehe ich mich um, da Shigeru noch seinen Arm um mich gelegt hat.
„Hahaha. Akira! Ich würd’s nicht glauben, wenn ich’s nicht gesehen hätte. Musst du dir jetzt schon eine Freundin einfliegen lassen? Mann, bist du ein Loser!“, spottet ein etwa gleich alter Junge.
„Hei. Also erstens verstehe ich dich, also sei nicht so unfreundlich. Zweitens bin ich hier aufgewachsen. Und drittens ist Shigeru bestimmt kein Loser. Ausserdem ist er viel netter als du. Und jetzt verschwinde“, fahre ich ihn wütend an.
„Ach was. Du bist von hier?“
„Sag mal, bist du schwerhörig? Das hab ich doch eben gesagt.“
„Ja, ja. Ist ja schon gut. Sei bloss vorsichtig mit der kleinen Wildkatze. Nicht dass sie dich noch beisst. Du verstehst schon“, mit einem verächtlichen Schnauben dreht er sich um und stolziert von dannen.
„Wer war dass denn? Und was hat er gemeint?“
„Das war mein ehemals bester Freund und was er gemeint hat, musst du nicht wissen“, antwortet er gelassen und ich belasse es fürs Erste dabei.
Shigeru schlägt vor, dass wir uns eins der Bote nehmen und damit aufs Wasser raus fahren.
„Aber nur wenn du ruderst“, stimme ich grinsend zu und folge ihm.
Vorsichtig hilft er mir rein, damit ich nicht ins Wasser falle und ich setze mich hin. Dann erst steigt auch er rein und beginnt sofort zu rudern, bis wir ungefähr in der Mitte des Sees sind.
„Ähm… Ich hab dir ja was mitgebracht. Also, na ja“, schüchtern reichte sie ihm die Tüte und er blickte rein.
Vorsichtig nahm er die Schachtel raus und öffnete sie.

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Texte: Alle Rechte bei mir. Cover von deviantart.com
Tag der Veröffentlichung: 28.07.2011

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