Als ich aufwache bin ich alleine. Ich weiss, dass es eigentlich dunkel sein sollte. Nur durch ein kleines, vergittertes Fenster, fällt das silberne Licht des Mondes und der Sterne. Doch schon diese kleine Lichtquelle ermöglicht es mir, jedes einzelne Staubkörnchen zu sehen, das sich über mir im steten Luftstrom bewegt. Ich sehe nicht nur einfach kleine graue Punkte, nein, es ist faszinierender. Ich sehe die, vom Licht angestrahlte und die, im Schatten liegende Seite, klar voneinander getrennt. Darüber erkenne ich eine alte, von Würmern zerfressene Holzdecke. Die Wände sind aus verschiedenen Steinen zusammengesetzt worden. Anscheinend liege ich in einem Keller, denn das würde auch den fauligen Geruch, und die Kartoffelsäcke und Weinflaschen in der Ecke erklären. Von draussen herein dringt der Verkehrslärm einer Grosstadt. Viele Stimmen, die sich über Filme, Musik und andere Dinge unterhalten, die mich nicht sonderlich interessieren, und lachen. Aber Moment mal! Wieso höre ich was sie sagen? Offensichtlich ist die Stadt meilenweit von diesem Keller entfernt, denn inzwischen bin ich zu dem kleinen Fenster gegangen, um mich umzusehen soweit mir das möglich ist. Das einzige was ich sehe ist eine Wiese, einen Kiesweg und einen äusserst teuren Sportwagen, dessen Marke ich nicht kenne. Dahinter beginnt der Wald, der schon nach wenigen Metern undurchdringlich scheint.
Als ich höre, wie hinter der Tür schritte die Treppe runter kommen, lege ich mich wieder auf den Boden, und hoffe, das mein hektischer Herzschlag mich nicht verrät, bis mir auffällt, das ich gar keinen Herzschlag mehr habe.
Doch ehe ich weiter darüber nachdenken kann, öffnet sich die Tür.
„Du kannst aufstehen. Ich weiss das du wach bist“, spricht eine Stimme, sanft aber bestimmt zu mir und ich merke instinktiv wie sich jemand über mich beugt, obwohl ich die Augen immer noch geschlossen habe. Missmutig schlage ich sie auf und blicke in das perfekteste Gesicht, das ich je gesehen habe.
„Was ist passiert? Wo bin ich? Und wieso, verdammt noch mal, habe ich keinen Herzschlag?“, fluche ich verwirrt und lasse mir hoch helfen.
„Du weisst es nicht mehr?“, fragt er und sieht mir dabei unverwandt in die Augen.
Ich schüttle den Kopf.
„Nun gut. Ich werde dir alles erklären, aber erst wirst du ein Bad nehmen. Meine Schwester hat dir einen Kimono gekauft, den du anziehen kannst. Es liegt alles im Bad. Folge mir.“ Er ergreift meine Hand und zieht mich hinter sich her ins Licht, was mich erst mal zurückzucken lässt.
„Ich weiss es ist unangenehm. Aber wir mussten dich in den Keller bringen, weil wir geschäftlichen Besuch hatten, der nicht wissen soll, was wir sind. Damit wollen wir lieber noch warten.“
„Was wir sind?“
„Vampire“, antwortet er angespannt und umklammert, ohne es zu merken, dabei meine Hand.
„Okay“, entgegne ich schlicht.
„Bist du denn gar nicht überrascht, oder wütend, …verwirrt?“
„Nein. Eigentlich nicht. Ich weiss ja nicht mal was passiert ist“, erkläre ich und versuche mit meinen Fingern seinen Druck zu lösen.
„Tut mir Leid“, sagt er mit dem Blick auf meiner Hand, die ziemlich deformiert aussieht, sich aber sofort wieder in ihre ursprüngliche Form verzeiht.
„Schon okay.“ Ich versuche zu lächeln, was mir aber anscheinend nicht zu gelingen scheint, denn er sieht nicht gerade überzeugt aus.
„Nein wirklich. Es ist schon okay“, versuche ich es noch mal, während ich im nach oben in den ersten Stock folge. Alles ist ziemlich Luxuriös und trotzdem Modern, was mich auf einen Designer schliessen lässt. Alles ist in hellen Tönen gehalten, klar strukturiert, doch in jedem Raum gibt es mindestens ein Detail, das aus der Reihe tanz. Als wir das Bad betreten, schnappe ich erst mal hörbar nach Luft und erstarre. Bisher ist mir noch gar nicht aufgefallen das ich gar nicht geatmet habe, aber anscheinend brauche ich das nicht mehr. Jedenfalls bin ich überwältigt von der Grösse des Badezimmers, in das mein altes Zimmer und das Wohnzimmer locker gepasst hätten.
„Ich hab meine Schwester gebeten, dir schon mal ein Bad einzulassen. Ich werde dich jetzt alleine lassen. Wenn etwas ist, einfach rufen“, erläutert er auf dem Weg zur Tür.
„Aber ich kenne noch nicht mal deinen Namen!“, rufe ich bevor er ganz verschwinden kann.
„David, einfach nur David.“
„Ich bin Camille“, stelle ich mich ebenfalls vor.
„Ich dachte du würdest dich an nichts erinnern?“, fragt er offensichtlich verwirrt.
„Ich sagte nur ich erinnere mich nicht an das was passiert ist, nicht, nicht daran, wer ich bin“, erkläre ich und er muss sich ein Lachen über mein Satzungetüm verkneifen.
„Okay, wie du meinst. Ich lass dich jetzt alleine. Einfach rufen, ja?“
Ich nicke und fange an mich aus den blutigen Fetzten zu schälen die Mal meine Kleider waren, noch bevor er zur Tür raus war. Als er sich noch mal zu mir umdrehte um mir etwas zu sagen, war ich bereits nackt und gerade dabei, mich in die Wanne sinken zu lassen. Bevor ich reagieren konnte, hatte sich die Tür schon hinter ihm geschlossen.
Mir entweicht ein wohliges seufzen als ich mich vollständig in das warme Wasser sinken lasse. Mit einem Badeschwamm schrubbe ich das getrocknete Blut von meinem Körper, bevor ich auch meine Haare nass mache und mir das einzige Shampoo nehme, das ich finden kann. Nachdem ich auch allen Schmutz aus meinen Haaren gewaschen hatte, stieg ich nach einer Weile wieder aus dem Wasser und trocknete mich ab. Die Haare fasse ich mit einem Haargummi zusammen, nachdem ich sie getrocknet habe. Danach schlüpfe ich in ein rosa Spitzenhöschen und einen farblich passenden Seidenkimono.
Nachdem ich die Schleife gebunden habe, trete ich nach draussen auf den Flur und lausche. Ich folge dem Klang der ersten stimme die ich höre. Sie führt mich zu einer verschlossenen Tür, an der ich zögerlich klopfe. Ich höre wie sich drinnen jemand bewegt und trete ein wenig zurück. Die Tür öffnet sich und ich stehe einer jungen Frau mit mahagonifarbenem Haar gegenüber. Sie hat grosse Ähnlichkeit mit David, was mich darauf schliessen lässt, dass sie wohl seine Schwester sein muss.
„Wow! Er hatte recht. Du bist wirklich wunderschön“, begrüsst sie mich und zieht mich in ihr Zimmer.
„Ähm ja. Danke, schätz ich mal.“
„Setz dich doch“, bietet sie an und deutet auf einen Stuhl vor einem Spiegel.
Erleichtert, nicht immer wie eine dusslige Kuh in der Gegend rumstehen zu müssen, setze ich mich, vermeide dabei aber, in den Spiegel zu blicken.
„Komm, ich mach dir mal eine schöne Frisur. Ich hab da diese Essstäbchen für die Haare. Die werden ganz bestimmt wundervoll dazu passen.“
Ohne auf meine Antwort zu warten, verhüllt sie den Spiegel mit einem Tuch, bevor sie davon flitzt und wenige Sekunden später, mit allen Dingen die sie für meine Haare zu brauchen scheint, wieder hinter mir steht.
Geschäftig wuselt sie um mich rum und versucht Locken in mein nun wider offenes Haar zu kriegen. Nach etwa zwanzig Minuten hat sie es geschafft, und fängt an mir eine aufwendige Hochsteckfrisur zu machen.
„Wie heisst du eigentlich?“, frage ich sie nach einer Weile. Inzwischen ist sie gerade dabei, die eine Strähne zu einer kleinen Locke zu rollen, die sich einfach nicht zurückstecken lässt.
„Dariah“, antwortet sie während sie mich mit einer Haarspray Wolke umnebelt und zum Schluss noch die Essstäbchen durch meinen Haarknoten Steckt, den sie gemacht hat.
„Deine Schuhgrösse?“, fragt sie schon auf dem Weg zum Schrank.
„40. Aber… Zuhause gehe ich im Haus immer Barfuss, und bei Freunden auch. Und ich will mich erst mal an all die neuen Eindrücke gewöhnen“, erkläre ich schüchtern.
„Oh ja, natürlich. Ich verstehe. Kommst du morgen mit mir shoppen?“, fragt sie begeistert und hüpft schon beinahe auf und ab.
„Ja, klar. Aber wie? Ich hab doch kein Geld“, werfe ich ein.
„Ach darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Du gehörst jetzt zur königlichen Familie.“
„Was? Königliche Familie?“
„Ja, weil du sowohl von David als auch von mir Blut bekommen hast, wurdest du zu einem Mitglied der königlichen Familie. Das haben wir noch nie gemacht. Normalerweise hat ein Vampir immer nur einen Macher, aber ich hab gemerkt wie wichtig du David bist und hab ihm deshalb geholfen. Durch unser beider Blut ist es dir möglich, weiterhin auch Tagsüber raus zu gehen. Und du wirst auch nicht schlafen müssen. Normale Vampire schlafen Tagsüber, weil sie sowieso nicht raus können“, erklärt sie aufgeregt. Sie ist total hyperaktiv.
„Irgendwie erinnerst du mich an Alice“, scherze ich.
„Die aus Twilight?“
„Klar. Hyperaktiv. Liebt Shopping. Hat immer gute Laune. Das alles trifft auf dich zu“, erkläre ich.
„Team Edward oder Team Jacob?“, fragt sie lachend.
„Ich würde sagen, überwiegend Edward aber auch ein bisschen Jacob. Vor allem aber Team Eric.“
„Eric?“, hackt sie auch sofort nach.
„Eric Northman. Aus der Serie True Blood. Auch ein Vampir. Ein Wikinger Krieger. Sheriff aus Bezirk Fünf um Shreveport und Umgebung. Ihm gehört in der Serie ein Vampirclub namens Fangtasia“, erzähle ich begeistert.
„Oh Gott. Der Typ ist so was von heiss.“
„Du kennst True Blood?“, frage ich lachend.
„Ja. Wir wollen in ein paar Jahren auch damit an die Öffentlichkeit. Durch True Blood sind wir ja überhaupt erst auf die Idee gekommen, Blut in Flaschen anzubieten“, erklärt sie nun wider ernst.
Kurz verschwindet sie in ihrem begehbaren Schrank und kommt mit einigen Blutbeuteln zurück.
Dann füllt sie von jeder Sorte ein Glas, bevor sie mir das erste reicht. Vorsichtig nippe ich daran. Abwartend sieht sie mich an.
„Ein wenig holzig, aber ich mag den Zimtgeschmack“, teile ich ihr mit. Blutgruppe A, erklärt sie, bevor ich auch schon das zweite Glas bekomme.
„Vanille und Jasmin. Ziemlich zart und der Geschmack hält lange an.“
„Ja, lecker, nicht? Blutgruppe B, ist meine Lieblingssorte“, lächelnd trinkt sie den Rest aus. Dann folgt Glas Nummer drei.
„Schmeckt irgendwie merkwürdig, hat aber einen vollen Abgang.“ Das war Blutgruppe 0. Anscheinend nennt sie mir immer den Namen, damit ich nachher auch meine Lieblingssorte weiss.
Nummer vier spucke ich fast wieder aus.
„Mein Gott ist das anfangs Scharf. Danach irgendwie sauer, und zum Schluss schmecke ich Lakritz.“
„AB positiv...Dachte mir schon, dass das nicht so dein Fall ist. Die schärfe ist krass. Die säure etwas, na ja, eben sauer, aber Lakritz war schon immer gut. Trotzdem mochte ich es noch nie. Ich trinke es nur im Notfall“, teilt sie mir mit.
Bei Glas Nummer vier, trinke ich sofort alles aus.
„Wow! Ich schmecke Honig, ausserdem hat es einen blumigen Abgang. Das ist so komplex, da schmeckt man immer wieder was Neues. Das mag ich besonders gern. Kann ich davon noch mehr haben?“
„AB negativ, kommt sofort.“ Schnell reicht sie mir einige Beutel, die ich, wie durch ein Strohhalm, ausschlürfe. Nach dem fünften Beutel bin ich so voll, dass ich glaube, platzen zu müssen. Doch schon nach wenigen Minuten ist das Gefühl verflogen, und ich fühle mich wieder normal.
„Lässt das immer so schnell nach?“, hacke ich nach.
„Ja, aber nur am Anfang. Schon in wenigen Tagen wirst du weniger Blut brauchen.“
„Da bin ich aber froh. Sag mal, hab ich mich stark verändert?“
„Nun ja, ich hab dich nur gesehen, als du schon tot warst, aber nach dem was David mir erzählt hat, warst du wunderschön und das bist du jetzt auch wieder. Sieh doch.“
Mit Schwung zieht sie mich auf die Beine und führt mich in ihren begehbaren Kleiderschrank. In dem grossen Spiegel in der Mitte, sehe ich mich an.
„Wir haben also ein Spiegelbild?“
„Ja, das ist nur ein Mythos. Ebenso das mit dem Weihwasser und Kruzifixen“, erklärt sie.
„Können wir sterben?“, unsicher drehe ich mich zu ihr um. Auf mein Spiegelbild habe ich gar nicht gross geachtet.
„Wir von der königlichen Familie nicht, aber die anderen Vampire schon. Durch Sonnenlicht, Pflöcke, Feuer, oder wenn man ihnen den Kopf abschlägt“, zählt sie auf und mir klappt automatisch die Kinnlade herunter. Natürlich will ich wissen, wieso wir nicht so sterben können und sie erklärt mir, dass, selbst wenn wir sterben, wir wieder aus dem Himmel rausgeworfen und wiedergeboren werden.
„Aber wieso kommen wir dann nicht einfach in die Hölle?“
„Nun, dass ist eine berechtigte Frage, aber selbst da werden wir rausgeworfen. Uns ist es einfach nicht erlaubt zu sterben. Schliesslich müssen wir das Gleichgewicht wahren. Wir wurden erschaffen um die Werwölfe unter Kontrolle zu bringen. Sie wurden vor den Menschen erschaffen und brachten später immer alles Leben um. Da tun sie jetzt weniger, weil sie gelernt haben, menschliche Gestalt anzunehmen. Aber trotzdem sind sie manchmal noch ein Problem“, eine Weile höre ich ihr noch zu, als sie von der Widergeburt erzählt, bis sie mich schliesslich dazu drängt, endlich in den Spiegel zu sehen.
Zögernd drehe ich mich um. Das erste was ich sehe, sind meine roten Augen. Die Pupillen zu Schlitzen verzogen und die Iris vollkommen von glänzender schwärze umgeben.
„Geht das jetzt etwa nie mehr weg?“, panisch blinzle ich und versuche mich zu beruhigen.
„Doch, keine Sorge. In ein oder zwei Tagen sollte es weg sein. Du solltest einfach alle 4 Stunden einen Beutel trinken. Ich lasse heute Abend gleich noch mehr liefern. Wir werden dir nach und nach alles erklären. Jetzt muss ich aber schnell einiges regeln. Ich bring dir dann wieder was vorbei. Sieh dich doch einfach ein wenig im Haus um“, während sie noch mit mir redet schiebt sie mich schon in Richtung Tür und steckt sich das Head Set an.
Ein wenig verwirrt bleibe ich erst kurz vor der Tür stehen, bis ich schliesslich nach unten in die Küche gehe. Neugierig öffne ich den Kühlschrank in dem einige wenige Dinge stehen. Eigentlich nur Käse, Joghurt und diverse andere für Sandwichs benötigte Sachen.
Was wohl passiert, wenn ich etwas esse? Ich beschliesse, es einfach herauszufinden und schnappe mir eines der Joghurts und einen Löffel, nachdem ich erst eine Weile suchen musste. Den Deckel ziehe ich ab und schmeisse ihn weg, bevor ich kurz umrühre und mir den ersten Löffel voll mit Erdbeerjoghurt in den Mund stecke. Aber es schmeckt nach nichts und als ich schlucke merke ich genau, wie es meine Speiseröhre nach unten rutscht. Ich glaube sogar ein dumpfes Flatsch zu hören als es unten ankommt. Trotzdem esse ich stur weiter, da nichts passiert.
Gelangweilt räume ich kurz auf und erkunde dann weiter das Haus. Direkt gegenüber der Küche befindet sich ein riesiges, wunderschönes Wohnzimmer, mit dem grössten Flachbildfernseher, den ich je gesehen habe. Ich will es mir gerade auf dem Sofa gemütlich machen, als ich Davids Stimme höre.
Sofort stehe ich auf und folge ihr bis zu einer Tür, die gerade aufgemacht wird. David tritt als erster nach draussen, gefolgt von 20 weiteren Personen. Sofort sind alle Blicke auf mich gerichtet und ich fühle mich immer mehr so, als müsste ich mich gleich übergeben. Bis mir klar wird, dass ich das ja wirklich muss.
Schliddernd komme ich vor dem Spülbecken zum stehen und würge das ganze Joghurt wieder hoch, das ich eben gegessen hab.
„Gott war das eklig“, den Würgreiz unterdrückend spüle ich mir den Mund mit Wasser aus. Ein Glück, dass ich anscheinend keine Magensäure mehr habe, weshalb ich auch keinen Mundgeruch kriege. Trotzdem trinke ich ein paar Schlucke Wasser, die aber mit dem Letzten Rest Joghurt ebenfalls wieder auf demselben Weg zurück kommen.
„Camille? Geht es dir gut?“
„Ja, jetzt schon. Tut mir Leid, das war total daneben“, entschuldige ich mich und spüle das Becken aus. Während ich das tue, fragt er mich, was ich denn überhaupt gemacht habe. Ich erkläre ihm, dass ich einfach wissen wollte, was passiert, wenn ich etwas esse, woraufhin er wütend nach oben sieht.
„Das hätte Dariah dir aber erklären sollen.“
„Schon okay. Mir geht’s ja jetzt wieder gut, aber wie ist das denn mit Kaugummis? Ich liebe Kaugummis.“
Grinsend holt er aus seiner Hosentasche eine Packung und reicht sie mir. Schnell nehme ich mir einen und gebe sie ihm wieder.
„Willst du jetzt die Obervampire kennenlernen?“
Aufgeregt nicke ich, bis mir wider einfällt, dass ich ja immer noch nur den Kimono trage. Deswegen brauche ich mir aber, wie David sagt, keine Sorgen zu machen. Also folge ich ihm in den Flur und stelle mich Barfuss neben ihn, was mich noch kleiner wirken lässt.
Dabei bin ich jetzt, wo ich ein Vampir bin, sogar noch mal sieben Zentimeter gewachsen. Jetzt habe ich eine stolze Grösse von 1,82m. Dariah hat extra nachgemessen. Aber ohne Schuhe wirke ich neben David geradezu winzig, denn er ist ein Schrank von einem Mann, während ich auch noch gertenschlank bin.
Trotzdem versuche ich einfach selbstbewusst zu wirken und freundlich zu bleiben, während David sich mit allen unterhält.
„Ziemlich langweilig, diese Treffen, was?“, werde ich plötzlich von einem Typen zwischen 30 oder 40 angesprochen.
„Geht so. Ich hab mich daran noch nicht gewöhnt.“
„Vielleicht sollten wir ins Wohnzimmer verschwinden und da weiter reden. Hier im Flur ist alles so vollgestopft“, schlägt er vor und lächelt Charmant à la George Clooney. Unsicher folge ich ihm und setze mich aufs Sofa, während er den Fernseher einschaltet und sich zu mir setzt.
Während ich versuche mir den Film anzusehen rückt der Fremde immer näher an mich ran. Deshalb rücke ich weiter weg bis ich schliesslich gegen die Seitenlehne des Sofas stosse. Der Fremde jedoch denkt noch nicht mal daran, mich in Ruhe zu lassen sondern greift mir doch tatsächlich dreist wie er ist mit einer Hand zwischen die Beine, während die andere meine Brüste begrapscht. Fauchend springe ich auf die Füsse und scheuere ihm links und rechts eine.
„Ah, eine kleine Wildkatze. Soll mir Recht sein.“
Nun ebenfalls mit Reisszähnen und roten Augen packt er meine Hüften und zieht mich zu sich runter. Ich jedoch gebe nicht auf und kratze und beisse wie eine durch geknallte Furie. Schreien kann ich nicht, da er mir den Mund zuhält. Frei beissen kann ich mich auch nicht. Mit einem Tritt in seine Weichteile schleudere ich ihn von mir weg, aber kurz darauf ist er wieder über mir.
„Lass mich los oder ich ramm dir einen Pflock ins Herz.“
„Dazu brauchst du erst mal einen Pflock Süsse!“, mit diesem typischen Bösewicht lachen reisst er mir meine Kleider runter und ich schreie so laut ich kann.
„Runter von ihr Milo, oder dein Kopf ist ab.“
Mit einem Säbel in der Hand steht David hinter ihm während ich mir eins der Sofakissen schnappe und versuche, mich damit zu bedecken.
„Ach komm schon. Sie lebt ewig. Bleibt also genug Zeit, dass wir uns Beide mit ihr vergnügen können.“
Während ich den Kimono behelfsmässig umbinde richtet sich Milo auf und so habe ich die Chance ihn noch mal richtig fest in die Weichteile zu treten.
„Wag es nie wider auch nur auf diese Weise an sie zu denken, oder dein Kopf wird wirklich rollen. Und jetzt raus hier! Alle!“
Während er mich die Treppe nach oben führt überwacht Dariah, ob die anderen auch ja verschwinden.
„Wird das ab jetzt immer so sein?“, frage ich und bin froh, dass ich als Vampir nicht mehr weinen kann.
„Nein, keine Sorge. Es braucht 24 Stunden bis deine Fähigkeiten voll entwickelt sind. Erst dann beginnt dein Körper von deinen eigenen Blutreserven zu zehren, weshalb du einige Monate lang stärker sein wirst als jedes andere übernatürliche Geschöpf auf dieser Welt.“
„Oh, dass heisst, will mir noch mal jemand an die Wäsche und ich will dass nicht, dann kann ich ihn mit Leichtigkeit gegen eine Wand klatschen?“, fasse ich grinsend zusammen und es klingt eher wie eine Frage.
„Ja so könnte man es auch sagen.“ Ebenfalls mit einem leichten Lächeln auf den Lippen setzt er sich zu mir aufs Bett. Gelassen reicht er mir eine Boxershorts und ein Shirt. Schnell ziehe ich beides an.
„Sag mal, was passiert eigentlich, wenn ich zum Frisör will, um mir die Haare zu schneiden?“, platzt es aus mir raus, nachdem wir eine Weile einfach schweigend nebeneinander gesessen haben.
„Sie wachsen sofort wider nach. Dein Körper kehrt immer in den Ausgangszustand zurück“, erklärt er und geht dabei zum Fenster um nach draussen zu sehen.
„Oh mein Gott, aber dass heisst…“, schockiert lasse ich mich mit ausgestreckten Armen aufs Bett fallen.
„Das heisst was?“
„Ich war doch noch Jungfrau.“
Niemals Sex ohne anfängliche Schmerzen. Das halte ich doch niemals durch. Und wenn ich durch knalle? Umbringen können sie mich ja nicht. Ich würde ja wieder auferstehen.
„Keine Sorge, darum hat Dariah sich gekümmert“, murmelt er leise.
„Was soll das heissen? Gekümmert?“
Verlegen erklärt er, dass bei einer Frau vor der Umwandlung automatisch kontrolliert wird, ob diese noch jungfräulich ist. Sollte dies der Fall sein, wird das Häutchen erst durchtrennt, da es sonst immer wieder zusammen wachsen würde. Das hat aber zum Glück Dariah gemacht, was mich gleich ein wenig ruhiger werden lässt. Hätte er es gemacht, währe ich wahrscheinlich gleich im Boden versunken.
Eine Weile erklärt er mir noch, was sich alles verändern könnte. Einiges davon habe ich schon beim aufwachen bemerkt. Meine Augen sehen auch in der Dunkelheit hervorragend und ich höre viel besser als sogar eine Fledermaus.
Das Leben als Vampir scheint einige Vorteile zu haben. Vor allem werde ich stärker und schneller sein. Meine Sinne werden extrem geschärft sein und offensichtlich kann ich mich sogar auf den Sex freuen. Erst werde ich aber wohl mit dem Hunger klarkommen müssen, der jetzt schon wieder unaufhörlich an mir nagt.
„Ich hab durst“, rutscht es mir sogleich raus, bevor ich überhaupt darüber nachdenken kann.
„Ich weiss, und es ist auch schon 4 Stunden her, seit du das letzte Mal getrunken hast. Also, werd ich mal zu Dariah gehen, und uns was holen. Warte einfach hier oder komm mit wenn du willst. Wir könnten auch mal schauen, was so im Fernsehen läuft“, schlägt er vor und ich nicke. Also folge ich ihm zu Dariah, wo er mir 5 Beutel holt, und für sich gleich auch noch einen mit nimmt. Als währe es ganz normal, greift er nach meiner Hand während wir durch das grosse Haus gehen. Mit einem Code öffnet er die Tür zu einem Homekino, das mit der besten Technik ausgerüstet ist. Gelassen deutet er auf das grosse Liegesofa, während er alles einschaltet. Mit der Fernbedienung setzt er sich neben mich und wir suchen uns einen Film aus. Er kommt noch nicht mal im Kino, aber wir dürfen ihn schon vorab sehen. Ich habe davon gehört. Burlesque, ein Film mit Cher und Christina Aguilera.
Gespannt blicke ich auf die Leinwand, während ich meine Blutbeutel austrinke. Automatisch summe ich die Songs mit und frage mich dabei, ob ich wohl auch so gut singen könnte. Als Mensch war ich im Musikunterricht immer ziemlich gut. Aber um das zu testen habe ich auch später noch genug Zeit. Jetzt sehe ich mir erst mal den Film an und trinke fertig. Komischerweise werde ich noch nicht mal müde. Dabei ist es schon 4:36. Aber das hat mir ja Dariah erklärt. Wir müssen nicht schlafen, weil wir ja auch nicht müde werden. Ziemlich praktisch. So kann man die Zeit besser nutzen. Wie weiss ich zwar noch nicht, aber ich werde mir was einfallen lassen. Nachdem ich den letzten Beutel geleert habe, lehne ich mich zurück.
Ich bemerke erst, dass ich mich an David gekuschelt habe, als er einen Arm um mich legt.
„Oh, sorry“, ich will zurückweichen und mich wieder richtig hinsetzen, doch er hält mich einfach fest.
„Schon okay. Es ist schön, dass du dich nicht vor mir fürchtest. Die Kälte meiner Haut schreckt alle Menschenfrauen ab. Und die Vampirfrauen haben einfach zu viel Angst vor mir. Ausser Dariah natürlich, und die ist meine Schwester. Was denkst du wohl, wieso wir keine Gefährten haben?“
„Aber du bist so nett, anständig und gutaussehend. Wieso sollte ich Angst vor dir haben. Klar, du bist bestimmt älter und stärker als ich, aber du bist der geborene Gentleman. Ich bin froh, dass du mich gerettet hast. Währe ich gestorben, währe ich dir ja nie begegnet. Das währe Schade gewesen. Ich meine, wie oft trifft man schon einen König, geschweige denn, einen Vampirkönig“, ich versuche gelassen zu klingen und das gelingt mir zum Glück auch. In diesem Moment bin ich froh, dass ich nicht mehr erröten kann, ansonsten hätte mein Gesicht jetzt die Farbe einer Tomate.
„Aber sag mal. Wieso hast du mich eigentlich gerettet. Was ist überhaupt passiert. Meinen Kleidern nach zu urteilen, muss es ziemlich schlimm gewesen sein“, forschend blicke ich zu ihm auf und er beginnt zu erzählen.
Er war in einem Club und stand gerade an der Bar, da sah er mich, mit meiner besten Freundin reinkommen. Er war hin und her gerissen und wusste nicht, ob er mich nun ansprechen, oder lieber schnell verschwinden sollte. Er entschloss sich schliesslich, zu bleiben und mir einfach ein wenig zu zusehen.
Wir steuerten direkt auf die Bar zu und bestellten uns erst einen Drink, weshalb er gezwungen war, sich in eines der Separees zu setzen. Von dort aus sah er uns zu, wie wir tranken und lachten. Ihm gefiel mein Lachen sofort.
Ich beobachte, wie er dabei lächelt und verträumt ins Leere starrt.
Kurze Zeit später wurden wir zum tanzen aufgefordert. Natürlich nahmen wir das Angebot an. Deshalb waren wir ja gekommen.
David erzählt mir, dass er sich in diesem Moment wünschte, er hätte mich doch angesprochen. Denn bei den Gedanken dieses Typen der mit mir tanzte, wurde mir auch schlecht. Der wollte mich anscheinend nur ins Bett kriegen. Da aber mehr als ein tanz bei mir nicht drin war, zog er schliesslich ab.
Womit David aber nicht gerechnet hatte, war, dass der Typ mich verfolgen würde.
Ein Glück verliess er kurz nach mir ebenfalls den Club. So bemerkte er, dass ich verfolgt wurde. Er kam aber leider zu spät. Denn als er mich schliesslich gefunden hatte, rannte ich gerade schreiend aus der Gasse, die Kleider zerrissen. In meiner Panik achtete ich nicht darauf, wo ich hinlief und sprang direkt vor einen Truck. Der konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und rammte mich, bevor David mich aufhalten konnte. Da lag ich also auf der Strasse, schwer verletzt und mit nur noch sehr langsamem, holprigem Herzschlag.
Er wusste, man würde mir nicht mehr helfen können, also nahm er mich unter den Blicken der Passanten einfach hoch und rannte mit mir davon.
In der nächsten dunklen Gasse biss er mich, und gab mir von seinem Blut. Das sollte mich so lange am Leben erhalten, dass Dariah ihm helfen konnte.
Er bat sie, mir ebenfalls von ihrem Blut zu geben und sie tat es. Dann schickte sie ihn raus und kümmerte sich anscheinend um alles Weitere.
Das Geschäftstreffen hatte er vollkommen vergessen, bis es an der Tür klingelte. Er bat Dariah, die Leute rein zu lassen, während er mich in den Keller brachte, und sich duschte und umzog, da er über und über mit meinem Blut bespritzt war.
Dann kam eben das Treffen, bis ich aufwachte und er mich holen kam. Er erklärte mir, dass ein Macher, also der, der einen neuen Vampir erschaffen hat, automatisch bemerkt, wenn sein Geschöpf aufersteht.
Und was seither passiert ist, weiss ich ja fast besser als er.
Jetzt sitze ich also hier neben ihm und kuschle mich weiter an ihn ran.
Normalerweise habe ich dafür ja meine Mutter, aber sie ist nicht hier und ich hab auch kein Kissen in der nähe, das ich umklammern könnte. Ausserdem riecht David einfach fantastisch. Also was will man mehr.
Komisch, ich spüre wie die Sonne aufgeht und bin immer noch nicht müde. Irgendwie beängstigend, dieser Tag wird nie zu Ende gehen. Ich werde nie sterben können, selbst wenn ich es wollte.
Nach dem Film stehe ich auf und gehe zu Dariahs Zimmer. Noch bevor ich anklopfen kann, öffnet sie die Tür.
„Wann wollen wir den einkaufen gehen?“, frage ich lächelnd.
„Gleich. Komm, ich leih dir was zum anziehen“, schwungvoll zieht sie mich ins Zimmer und knallt die Tür vor Davids Nase zu.
„Okay, ich werde dann wohl unten auf euch warten.“
Mit einem Grinsen setzt sie mich einfach auf ihrem Bett ab und verschwindet im Kleiderschrank. Umgezogen kommt sie zurück und reicht mir ein weisses Maxikleid mit gelben, rosanen und roten Blumen drauf, während sie selbst eines mit blauen und braunen Blumen trägt, was perfekt zu ihren Haaren passt.
„Das Kleid ist, doch viel zu schön, das kannst du mir doch nicht geben. Gib mir was anderes, was nicht so hübsch ist und was du nicht gerne trägst.“
„Dieses Kleid, habe ich extra für dich gekauft. David weiss nichts davon. Ich wollte ihn überraschen“, verrät sie mir und streckt mir das Kleid entgegen. Schnell ziehe ich mich um, und sie flechtet meine Haare zu einem wunderschönen, lockeren Seitenzopf. Dann rafft sie das Kleid ein wenig hoch und legt mir einen Gürtel um. Das ganze sieht im Spiegel betrachtet aus, als würde das Kleid auf einen Laufsteg gehören.
„Das muss doch ein vermögen gekostet haben“, murmle ich fasziniert vor mich hin.
„Mach dir darüber mal keine Sorgen. Zieh lieber die Schuhe an.“
Schnell tue ich wie geheissen und kaum habe ich das letzte Riemchen geschlossen, zieht sie mich hoch und hackt sich bei mir unter.
„David. Bist du schon fertig?“, ruft sie nach unten und ich weiss er hätte sie auch gehört, hätte sie es nur geflüstert.
„Ja, ich warte hier schon lange.“
Automatisch muss ich lächeln, als wie nebeneinander die Treppe runter gleiten. Man kann es nicht mehr gehen nennen. Mit diesen Kleidern wirkt es als würden wir schweben.
Als ich Davids staunenden Blick sehe, muss ich gleich noch mehr lächeln. In der Fensterscheibe beobachte ich gleichzeitig, wie wir aussehen und bin selbst überrascht. Hinter uns scheint die Sonne und hüllt uns in ihren goldenen Glanz, was uns wie Engel wirken lässt. Was mir aber am meisten auffällt, sind unsere Augen, die funkeln wie Diamanten. Meine beängstigend rot, wie die Farbe von Blut. Doch die Lippen stehen ihnen, dank des kleinen bisschen Lipgloss, in nichts nach.
So gehen wir nach unten und folgen David in die Garage.
„Am besten wir nehmen den Hummer. Da haben wir am meisten Platz“, schlägt Dariah vor, und David greift sich den richtigen Schlüssel vom Schlüsselbrett.
Mit einem klick öffnen sich die Türen und wir steigen ein. David hält mir sogar die Tür der Beifahrerseite auf, während Dariah schon längst angeschnallt auf dem Rücksitz wartet.
„Mach endlich“, jammert Dariah und David verdreht genervt die Augen.
Also fahren wir los und direkt in die Sonne. Dass das auch immer so blenden muss. Hastig kneife ich die Augen zusammen, bis Dariah mir eine Sonnenbrille reicht.
Lächelnd bedanke ich mich dafür und setze sie auf. Sofort wird es besser und ich kann wieder richtig sehen.
„Du solltest noch mal trinken bevor wir aussteigen. Es wird sowieso schon schwer für dich werden, ihrem Blut zu widerstehen.“
„Oh je. Und ihr seit sicher, dass ich das schaffe?“, unsicher drücke ich mich unbewusst weiter in meinen Sitz.
„Ja, hier. Trink einfach noch mal was“, beruhigt mich David und Dariah reicht mir einen Beutel. Während der Fahrt habe ich genug Zeit um noch mal drei Beutel zu leeren.
Ich hoffe dass es reicht und greife zur Sicherheit aber doch noch nach Davids Hand. Dieser verschränkt seine Finger mit meinen und lächelt auf mich hinunter. Ich merke noch nicht mal, dass wir schon beim Marktplatz sind, bis ich Luft hohle. Sofort fängt es an in meiner Kehle zu brennen, als hätte man mir glühende Kohlen in den Rachen geworfen, und ein unangenehmes ziehen befällt meine Magengegend.
Ein Glück, dass uns die Leute automatisch aus dem Weg gehen. Die meisten wirken neugierig, oder verwirrt. Vor allem die Frauen jedoch sehen so aus, als würden sie sich David am liebsten vor die Füsse werfen. Manche kommen auch auf uns zu. Doch kaum haben sie einen gewissen Radius erreicht, wenden sie sich ab, als ob sie plötzlich Angst bekommen hätten.
„Du musst wirklich Angst einflössend sein“, scherze ich und lächle ihn an.
„Ja, offensichtlich. Aber im Moment macht mir das nichts aus. So halte ich dir wenigstens die Menschen auf abstand.“
„Auch wieder wahr. Darüber bin ich froh. Ich fühle mich als hätte ich glühende Kohlen verschluckt“, gebe ich gequält zu.
Plötzlich erklingt hinter uns eine mir nur all zu vertraute Stimme.
„Camille Raven! Wieso meldest du dich nicht mehr bei mir?“
„Wer ist das?“, fragt Dariah so leise das kein Mensch es hören könnte.
„Claire. Meine beste Freundin.“
„Mit ihr war sie in dem Club, bevor sie starb“, ergänzt David und ich nicke bekräftigend.
„Oh Claire, es tut mir so Leid. Ich wahr total beschäftigt und ausserdem finde ich mein Handy nicht mehr“, entschuldige ich mich bei ihr.
Womit ich jedoch nicht gerechnet hätte, ist, dass sie mir um den Hals fällt. Sofort übermannt mich ihr verführerischer Geruch wie eine Welle. Ich bin so durstig. Und sie ist meine Beute. Ich muss sie einfach beissen. Ich merke wie meine Reisszähne zum Vorschein kommen und will sie sogleich in ihrer Kehle versenken.
Aber David zieht mich von ihr weg, während Dariah sie festhält.
Knurrend versuche ich an sie ran zu kommen und schnappe schliesslich nach Davids Armen, die mich umklammern.
Nebenbei nehme ich wahr, dass wir in einer Nebengasse stehen, wo keine Leute durchkommen, und niemand uns sehen kann.
Erst als David mir Nase und Mund zuhält und ich nicht mehr atmen kann, wird mir klar, was da eigentlich passiert ist.
„Okay. Ich hab mich wieder im Griff“, versuche ich zu erklären, doch sie verstehen mich nicht.
„Was hat sie gesagt?“, fragt Dariah, die immer noch Claire festhält. Erstaunlicherweise ist diese ziemlich ruhig geblieben.
„Sie sagt, dass sie sich wieder im Griff hat“, antwortet Claire für mich.
„Woher weißt du das?“, will jetzt David wissen. Claire antwortet darauf schlicht, dass wir zusammen aufgewachsen sind und sie mich schon lange kennt.
Langsam lässt er mich los, hat aber seine Arme immer noch locker um meine Mitte gelegt.
„So. Und jetzt will ich wissen, was mit dir los ist. Wieso bist du auf mich losgegangen? Und habe ich richtig gesehen, dass du Reisszähne hattest?“
Zögernd sehe ich zu David hin, der erst von mir zu ihr und wieder zurück sieht, bevor er schliesslich nickt.
Wir beschliessen aber, uns in eins der Strassen Cafes zu setzen. Da können wir in Ruhe reden, ohne dass jemand gross auf uns achtet.
Wir setzen uns also etwas abseits in den Schatten und warten, bis Claire etwas zu Trinken bestellt hat.
„Also. Erzähl was passiert ist. Du solltest dich doch melden, sobald du zu Hause bist“, tadelt sie mich und erzählt mir von meiner aufgebrachten Mutter, der sie zur Not erzählt hat, dass ich bei ihr übernachten wollte.
„Soll ich erzählen?“, fragt David und legt seinen Arm um mich. Ich nicke und rücke mit meinem Stuhl etwas näher an ihn ran.
„Gestern, nachdem ihr den Club verlassen hattet, wurde Camille verfolgt. Du erinnerst dich bestimmt noch an den Typen, der sie beim tanzen begrapscht hat?“
„Oh, ja dieser Arsch. Dem hätte ich so gerne mal deftig zwischen die Beine getreten“, in allerbester Bösewicht Manier reibt sie die Hände aneinander.
„Nun, in einer dunklen Gasse hat er sie abgefangen und wollte sie vergewaltigen. Sie konnte sich jedoch befreien und rannte weg, achtete dabei aber in ihrer Panik nicht darauf, wohin sie lief. So rannte sie direkt auf die Strasse, noch bevor ich sie aufhalten konnte. Dort wurde sie von einem Truck überrollt.“
„Haha. Und wieso liegt sie dann nicht in einem Krankenhaus?“
Claire lacht sich hier einen ab, während wir alle sie ernst ansehen.
„Ich bin tot... Claire... Ich bin tot... verstehst du, was ich dir sage?“
Ich rüttle sie an den Schultern und blicke ihr durch meine Sonnenbrille in die Augen.
„Du sitzt vor mir. Du bist nicht tot.“
„Ich bin ein Vampir. Mein Herz schlägt nicht mehr und ich brauche nicht zu atmen. Ich sitze nur noch hier, weil David und Dariah mir ihr Blut gaben“, versuche ich zu erklären.
„Nun, das würde wiederum deine Reisszähne erklären.“
„Du scheinst nicht sehr überrascht zu sein“, stellt Dariah verwirrt fest.
„Weil ich euch diesen Schwachsinn nicht abkaufe. Verarschen kann ich mich selber.“
Na gut, da half nur noch eins. Ich nehme also meine Sonnenbrille ab und blicke ihr direkt in die Augen.
„Coole Kontaktlinsen. Wo hast du die so schnell her bekommen?“, will sie wissen und deutet lachend auf meine Augen. Ohne nachzudenken klatsche ich meine Hand gegen meinen Kopf. Wie kann man bloss so stur sein...
„Na gut. Dann eben anders. Komm mit.“
Schwungvoll ziehe ich meine beste Freundin auf die Füsse und hinter mir her in die Damentoilette. Auf dem Weg dort hin schnappe ich mir eins der scharfen Messer.
Misstrauisch will Dariah wissen, was ich vor habe. Schnell erkläre ich ihr meinen Plan. Ein Glück dass bei mir wie vermutet Verletzungen in Sekundenschnelle heilen. Das behauptet Dariah jedenfalls. Schnell checke ich, ob die Toilette frei ist. Kein Mensch hier. Sehr gut. Ich ziehe Claire also zu mir rein und Dariah folgt uns und hält die Tür zu, sodass niemand rein kann.
„Camille? Was hast du mit dem Messer vor?“, misstrauisch weicht sie einige Schritte zurück.
„Ich beweise dir, dass ich ein Vampir bin.“
Mit aller kraft ramme ich das Messer in meinen Arm und ziehe es einmal die ganze Länge runter.
Es tut verdammt weh, aber das ist mir im Moment egal. Ich halte den blutenden Arm über ein Waschbecken und sehe selbst fasziniert zu, wie sich die Wunde von innen nach aussen schliesst.
„Oh mein Gott! Es ist wahr. Aber wie ist das möglich?“
„Das ist eine ziemlich lange Geschichte. Die können wir dir auch später noch erzählen.“
Während ich das Blut von meinem Arm wasche und ihn abtrockne, gehen die anderen schon wieder zurück zum Tisch.
Das Messer spüle ich auch noch kurz ab und nehme es schliesslich mit zurück. In menschlicher Geschwindigkeit gehe ich ohne zu atmen durch das Restaurant zurück nach draussen. Dort setze ich mich brav wieder neben David und warte darauf, dass Claire beginnt, Fragen zu stellen.
„Was sagst du jetzt deiner Mom? Kommst du weiterhin zur Schule? Wo wirst du wohnen? Wieso kannst du in die Sonne? Trinkst du Blut?“, sprudelt es aus ihr raus und wir müssen automatisch anfangen zu lachen. Wenn sie aufgeregt ist, plappert sie immer ohne zu überlegen und hört nicht mehr auf, wenn man sie nicht dazu bringt.
„Ihrer Mutter wird sie die Wahrheit sagen dürfen. Aber niemandem sonst darf sie es verraten“, beantwortet David für mich die erste Frage und ich strahle ihn glücklich an.
„Nun, wenn ich darf, werde ich auch weiterhin zur Schule gehen?“, es klingt eher nach einer Frage, doch Dariah nickt lächelnd.
„Wohnen wird sie natürlich ab jetzt bei uns. Das ist sicherer. Wie du siehst hat sie sich in Gesellschaft von Menschen noch nicht im Griff. Und ja. Wir trinken tatsächlich Blut“, bestätigt Dariah lächelnd.
„Seit ihr so wie die Twilight Vampire. Trinkt ihr Tierblut?“, fragt sie nun schüchtern und macht sich in ihrem Sitz kleiner.
„Nein, wir trinken Menschenblut“, antwortet David ehrlich auf ihre Frage.
„Oh, dann beisst ihr also Menschen?“, bohrt sie weiter und ich muss lächeln.
„Nein, wir besitzen einige Blutbanken und Pharmakonzerne. Die Versorgung ist für uns kein Problem. Ausserdem testen wir zurzeit künstlich hergestelltes Blut. Aber wir arbeiten noch am Geschmack. Es schmeckt wirklich furchtbar“, lacht David und Dariah verzeiht angewidert das Gesicht.
„Und die Sache mit der Sonne ist ein Mythos?“
„Nein. Die erschaffenen Vampire können nicht ins Sonnenlicht, aber wir schon. Wir sind sozusagen die königliche Familie. Die ersten Vampire, die es jemals gab“, erzählen die beiden.
„Das verstehe ich nicht. Wieso kann dann Camille in die Sonne? Sie ist doch auch eine Erschaffene.“
„Ja, das ist richtig. Aber ich bekam sowohl von David, als auch Dariah Blut, weshalb ich anschienend jetzt auch zur königlichen Familie gehöre“, erkläre ich so gut es geht.
Wir unterhalten uns noch eine Weile darüber, wie das denn bei normalen Vampiren so ist mit den ganzen Mythen wie Knoblauch, Spiegeln, Kreuzen und Weihwasser. Einige Dinge sind vollkommen falsch, andere wiederum sind wahr. Wie zum Beispiel die Sache mit dem Silber, Feuer, Sonnenlicht, und dass normale Vampire eine Einladung brauchen um ein Haus betreten zu können. Das man einen Vampir aufhalten kann, indem man Reis oder Samen ausleert, die er zählen muss, oder ihm ein verknotetes Seil hinwirft das er erst entknoten muss, ist einfach nur bescheuert. Wer sich das ausgedacht hat, der muss ja schon dämlich gewesen sein. Ebenso dass der Klang von Kirchenglocken uns Schmerzen bereitet. Das können wir auch gleich beiseite räumen, denn gerade läutet die Kirchenglocke zur vollen Stunde. Davon lassen wir uns aber nicht beeindrucken. Obwohl es ziemlich störend ist, wegen unseren geschärften Sinnen.
Schliesslich müssen wir uns dann aber doch auf den Weg machen. Laut Dariah klappern wir nämlich jeden Laden ab.
Also verabschiede ich mich von Claire. Dieses Mal umarmt sie mich aber nicht mehr. Ich will ja nicht wieder die Kontrolle verlieren. Wir verabreden uns noch für Montagmorgen. David hat nämlich angeboten, uns in Zukunft in die Schule zu fahren und auch wieder ab zu hohlen.
Jetzt ist aber erst mal einkaufen angesagt. Dariah will gleich als erstes mit mir in ein Dessous und Bademodengeschäft.
David sträubt sich jedoch dagegen und verschwindet mit den Worten, er müsse noch etwas abholen.
Ich hacke mich schnell bei Dariah ein und zusammen betreten wir den Laden. Sie zieht mich sofort zu einer Vitrine mitten im Laden. Staunend blicke ich auf den funkelnden Bustier und das dazu passende Höschen.
„Es gefällt dir, oder?“, wissend sieht Dariah mich an und ich nicke lächelnd.
„Kann ich ihnen helfen?“, fragt eine freundlich lächelnde Verkäuferin, die uns interessiert mustert.
„Ja, welche Grösse ist das?“, will Dariah wissen, die ebenfalls lächelt.
„75C und das Höschen Grösse 36.“
„Perfekt. Meine Schwester würde es gerne probieren. Wenn es passt, dann ist es gekauft. Und bringen sie uns doch bitte auch noch andere schöne Sets. Einige Bikinis und auch Nachtwäsche. Sie muss ganz neu eingekleidet werden.
Panisch wuselt die Angestellte nach hinten und holt noch mehr Leute, die anfangen sollen, zu suchen. Alle versammeln sich um uns und fragen nach meinen Vorlieben.
Verlegen gebe ich zu, dass sich das immer ändert und ich eigentlich alle Farben gerne trage. Also verstreuen sie sich im ganzen Laden, während zwei dableiben, und die mit Panzerglas gesicherte Vitrine öffnen. Erst müssen sie einen Code eingeben, bevor sie mit einem Schlüssel die Schlösser öffnen können.
Wir folgen den Beiden also zu den Umkleiden und sie reichen mir die Kleidungsstücke. Als erstes probiere ich den BH, bevor ich auch in das Höschen schlüpfe. Und, oh Wunder, beides passt wie angegossen.
„Zeig schon“, fordert Dariah auch sofort und schüchtern trete ich aus der Kabine.
„Woah! Wie für dich gemacht. Das nehmen wir auf alle Fälle.“
Durch meine geschärften Sinne höre ich, wie eine der Angestellten Dariah den Preis ins Ohr flüstert. $ 13,25 Millionen!
„Warte mal. Das ist doch viel zu teuer. Den kannst du mir doch nicht einfach so kaufen. Lass uns was Billigeres suchen.“
Immer noch nur in dem Set trete ich noch mal nach draussen. Ich habe nicht mal mitgekriegt, dass David schon wieder zurück ist. Mit einer Tüte von Tiffany’s steht er mir jetzt gegenüber und starrt mich an.
„Okay. Das musst du einfach kaufen. Es steht ihr wirklich fabelhaft“, während es sich David auf einem der Stühle bequem macht, probiere ich mich durch das ganze Sortiment. Schliesslich entscheide ich mich für 10 Sets und das, dass David und Dariah mir unbedingt kaufen wollen. Natürlich alles von Victoria’s Secret. Insgesamt kommen wir auf eine Summe von über $ 20 Millionen. Natürlich werden die Stücke alle nach Hause geliefert. Dass ist aber nicht vor nächste Woche möglich, weshalb sie mir zwei der Sets bereits einpacken.
Das teuerste jedoch müssen sie wieder in der Vitrine einschliessen. Da das neue Teil erst nächsten Mittwoch kommt.
David ist so freundlich, unsere Taschen zu tragen und so geht die Einkaufstour den ganzen Tag weiter. Währe der Ärmste kein Vampir, währe er unter der Last der Taschen bereits zusammen gebrochen.
Ich biete ihm an, auch was zu tragen, doch ehr lehnt ab und schleppt tapfer weiter die Sachen mit sich, die wir gekauft haben. Und nach jedem Laden kommen noch mehr dazu. Nur die Sachen, die Dariah für sich oder David gekauft hat, trägt sie. Aber auch da sind es schon zehn bis zum Rand gefüllte Taschen.
Als es dann anfängt zu Dämmern, machen wir uns auf den Weg zum Wagen und fahren nach Hause.
Da bin ich erst mal über eine Stunde damit beschäftigt, überall die Preisschilder abzuschneiden und alles in einen grossen begehbaren Kleiderschrank zu hängen. Und das obwohl ich in Vampirgeschwindigkeit arbeite. Dasselbe macht Dariah auch bei Davids und ihren Sachen, da David es nicht selber machen kann. Er muss in seinem Club, nach dem Rechten sehen.
Später frage ich Dariah um Erlaubnis, auch noch in den Club gehen zu dürfen. Begeistert von der Idee, scheucht sie mich sofort wieder in mein Zimmer und fordert mich auf, etwas anderes anzuziehen.
Sofort schnappe ich mir dieses coole neonfarbene Kleid und schlüpfe rein. Mit den neuen Miu Miu Peep Toes ist das Outfit bereits komplett.
Meine Haare lasse ich mir von Dariah in sekundenschnelle Glätten. Mit ein bisschen Wax und Haarspray fixiert sie das ganze und stylt alles dass es so aussieht, als hätte ich kaum was gemacht.
Auch sie sieht in ihrem burgunderroten Kleid fabelhaft aus. Ihre mahagonifarbenen Haare hat sie zu Locken gedreht.
„Wollen wir laufen?“, fragt Dariah, während sie ihre Schuhe anzieht.
„Aber das ist doch viel zu weit“, werfe ich ein.
„In Vampirgeschwindigkeit. Da sind wir in zwei Minuten da. Und keiner wird uns sehen. Auch deinen Kleidern wird nichts passieren“, zerstreut sie gleich alle Zweifel und ich nicke. Lächelnd greift sie meine Hand und geht mit mir die Treppe runter. Nachdem sie die Tür verschlossen hat greift sie wieder meine Hand und zieht mich einfach hinter sich her. Kontinuierlich steigert sie unsere Geschwindigkeit, doch das macht mir nicht die geringste Mühe.
Wir sind bereits so schnell, dass die Menschen nicht mal bemerken, dass wir an ihnen vorbeirennen. Wir berühren ja noch nicht mal mehr den Boden richtig. Das einzige was sie bemerken, ist ein leichter Lufthauch, wenn wir ihnen wirklich sehr nahe kommen. Trotzdem erkenne ich jede Einzelheit. Ich sehe alles. Rieche alles. Besonders die Abgase, doch die stören mich nicht. Ich muss ja eigentlich auch gar nicht atmen.
In einer kleinen Nebengasse halten wir schliesslich an. Gelassen treten wir nach draussen und gehen die letzten Meter auf den Club zu.
Und ja, unsere Haare sind noch genau so perfekt wie vor unserem Marathonlauf. Ich hab Dariah extra gebeten, es zu kontrollieren.
So stolzieren wir also in bester Modelmanier an den wartenden Gästen vorbei zum Türsteher.
„Oh. Hallo Dariah. Dein Bruder ist bereits da. Wie ich sehe hast du eine neue“, begrüsst uns ein Berg von einem Mann.
„Ja, sie ist wie wir.“
„Wirklich. Na dann achte aber darauf, pünktlich zu Hause zu sein“, grinsend zwinkert er mir zu.
„Sie ist königlich“, fügt Dariah gelassen hinzu und legt ihren Arm um meine Taille.
„Oh je. Das wusste ich nicht. Verzeiht, ich wollte nicht unverschämt sein.“
„Hei, kein Ding Mann“, beruhige ich ihn grinsend und sehe nach oben.
„Na dann kommt rein, Ladys“, mit einer galanten Bewegung winkt er uns durch.
„Also einmal AB negativ?“, wendet sich Dariah wieder an mich. Hungrig nicke ich und sie zieht mich mit hoch in den VIP bereich.
„Bring uns einen AB negativ und einen B“, weist sie einen der angestellten an. Dieser hastet in einen Nebenraum und kommt gefolgt von zwei Menschen wieder zu uns zurück. Inzwischen haben wir uns schon zu David gesetzt.
„Hier bitte. Einmal AB negativ“, mit einem Wink schickt der angestellte einen blonden Mann zu mir, der sich neben mich setzt und mir seinen Hals hinhält.
„Nein. Das mach ich nicht“, mit verschränkten Armen rutsche ich weiter weg. Davon lässt sich der Spender aber nicht beirren sonder ritzt sich einfach die Haut ein. Sofort steigt mir der wundervolle, pulsierende Geruch seines Blutes in die Nase.
„Es tut mir Leid“, presse ich noch hervor. Ich weiss nicht was schlimmer ist. Dem Spender weh zu tun, oder mich vor David zu blamieren, weil ich nicht widerstehen konnte.
Mit einem knurren schlage ich meine Zähne in seinen Hals und sehe mit Tränen in den Augen zu David.
Der Herzschlag meines Opfers dröhnt mir in den Ohren und ein Kribbeln befällt meinen gesamten Körper. Mit einem Stöhnen zieht mich mein Spender auf seinen Schoss und seine Hände wandern automatisch an meinen Hintern. Mit einem fauchen löse ich mich von seinem Hals und schlage seine Hände weg.
„Hände weg von meinem Hintern, oder heute wird dein letzter Tag sein“, zische ich drohend und sofort weicht er zurück.
„Und noch was. Entweder ich kriege meine gewohnten Blutbeutel, oder ich verlasse nie wieder auch nur das Haus.“
Die Arme um die Beine geschlungen sitze ich wie ein Häufchen Elend in der dunkelsten Ecke des Separees. Meine Stimmungsschwankungen sind extrem, von rasendem Durst, zu Wut und jetzt zu Scham und Traurigkeit.
„Hast du eigentlich eine Ahnung, wie Stolz ich gerade auf dich bin?“, langsam rutscht David zu mir heran und legt mir einen Arm um die Schultern.
„Sag mal geht’s noch. Ich wollte nie von einem Menschen direkt trinken. Das war das einzige, was ich mir vorgenommen habe.“
„Glaube mir. Kein so junger Vampir wie du, hätte dem widerstehen können. Aber das du dich von ihm lösen konntest, ist wirklich erstaunlich. Jeder andere hätte den Spender im Blutrausch getötet“, erklärt er und mir wird bei dem Gedanken an die Leiche dieses Mannes total schlecht.
„Na dass ist ja mal sehr gut zu wissen. Nicht mal als Vampir bin ich normal“, gespielt beleidigt verschränke ich die Arme und David nimmt das tatsächlich auch noch ernst.
„So hab ich das doch nicht gemeint. Bitte, es tut mir Leid.“
„Jetzt nimm mich doch nicht so ernst. Das war doch nur ein Scherz. Und jetzt will ich erst mal tanzen“, mit einem lachen ziehe ich ihn hinter mir her aus dem VIP Bereich, runter ins Gedränge des Clubs und fange an, mich zur Musik zu bewegen.
„Sag mal hast du schon mal zu solcher Musik getanzt?“, frage ich lachend, denn er steht wie erstarrt vor mir und sieht mich an. Als antwort schüttelt er bloss den Kopf und ich ziehe ihn näher zu mir ran.
„Du hast mich doch schon mal mit jemandem tanzen sehen, erinnere dich dran und tu es einfach. Das klappt schon.“
Nach etwa einer halben Minute legt er endlich richtig los und ich geniesse das Tanzen mit ihm sehr, denn obwohl er mir gesagt hat, dass er nicht zu so was tanzen kann, macht er seine Sache besser als manch andere.
Texte: ALLE Rechte bei mir.
Cover by Internet
Tag der Veröffentlichung: 25.07.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Vampirfans wie mich! XD