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Brandan Cheneys Sicht:

„Mum, ich geh noch nach draussen!“, rufe ich in Richtung Küche.
„Okay, Schätzchen, aber bitte komm rechtzeitig zum Abendessen wieder zurück“, bittet sie und sieht nur kurz um die Ecke.
Gedankenverloren wandere ich direkt durch unseren Garten in den Wald hinein. Ich denke darüber nach, auf welches College ich wohl gehen werde. Schliesslich will ich Medizin studieren und wie mein Vater Arzt werden. Ich lerne auch jetzt schon fleissig dafür, sodass das Abschlussjahr eigentlich ganz leicht für mich werden sollte.
Eine Weile folge ich noch dem kleinen Pfad, der zwischen den von Moos und Efeu bewachsenen Bäumen hindurch führt, bis er kaum noch zu erkennen ist und ich einfach geradeaus ins Unterholz stapfe. Dabei muss ich darauf achten, dass meine Kleider nicht an den Dornen der Büsche und Sträucher hängen bleiben.
Schliesslich setze ich mich auf einen umgefallenen Baumstamm, der an einem anderen Baum angelehnt daliegt. Müde ziehe ich die Beine an den Oberkörper und schlinge meine Arme darum.
So sitze ich da und lasse meinen Blick schweifen und höre einfach nur dem Zwitschern der Vögel zu.
Plötzlich höre ich ein Rascheln im Unterholz und blicke mich um. Mitten durch den Wald, rennt ein Mädchen mit wehendem Haar, so hellblond, dass es fast weiss scheint. Zierlich und so leichtfüssig als würde sie schweben eilt sie zwischen den Bäumen und Büschen hindurch und sieht nur für einen Augenblick zu mir herüber. Leider ist sie so weit weg, dass ich nur ihre Silhouette erkennen kann. Und nach wenigen Sekunden ist sie auch schon wieder verschwunden.
Ob ich mich wohl geirrt habe? Noch mal sehe ich mich um, doch alles ist so, als währe nichts gewesen. Nachdenklich stehe ich auf und gehe auf die Stelle zu, wo ich sie gesehen habe. Doch nichts beweist mir, dass sie wirklich da war.
Nur die Stille des Waldes kommt mir merkwürdig vor, bis ich auf die Uhr blicke und bemerke, dass es schon bald Zeit fürs Abendessen ist.
Wieder auf dem Weg sprinte ich zurück und ins Haus. Meine Mutter wartet schon und schüttelt den Kopf. Ich zucke nur mit den Schultern und lächle entschuldigend, bevor ich mich neben meinen Vater setze und wir anfangen zu Essen.
Danach dusche ich erst mal und setze mich dann wie immer in Boxershorts aufs Bett und sehe noch ein wenig Fern.
Um halb elf gehe ich noch mal nach unten und wünsche beiden eine gute Nacht, bevor ich mir die Zähne putze und müde ins Bett falle. Schon wenige Minuten später bin ich auch schon eingeschlafen.

Shiro Norois Sicht:

Silverton im Staate Oregon. Hier soll also mein neues Leben beginnen. Schon vor zwei Wochen bin ich in einem kleinen Häuschen, nahe dem Wald angekommen, in dem ich ab jetzt wohnen werde.
Irgendwie habe ich es geschafft, mich an der örtlichen Schule anzumelden, alles einzurichten und mir ein Auto zu besorgen. Ein Glück, dass ich meine magischen Fähigkeiten habe. Es ist zwar nicht sehr Ehrenhaft was ich mache, aber irgendwie muss ich ja an Geld kommen. Also spiele ich einfach in der Lotterie mit und handle nebenbei mit Aktien. Über die Jahre hat sich da einiges angesammelt.
Immer noch bin ich auf der Suche nach anderen meiner Art. Denn ich wurde nicht als Mensch geboren, sondern eigentlich als Einhorn.
Durch den Fluch eines schwarzen Magiers bin ich gezwungen, nun schon seit 3'500 Jahren als Mensch durch die Welt zu reisen und die wahre Liebe zu finden. Nur in Neumondnächten verwandle ich mich in meine wahre Gestalt und kann dann die Verwandlung auch nicht aufhalten und muss warten, bis die Sonne aufgeht. Erst wenn ich meine wahre Liebe gefunden habe, hebt sich der Fluch auf, und das ist für ein Einhorn so gut wie unmöglich, weil wir nämlich gar keine Gefühle haben. Wir kennen keine Liebe und keinen Schmerz, Kein Leid und keine Freude. Doch ich habe über die Jahre gelernt, zu Fühlen, zu leben und nicht einfach nur zu existieren. Soviel also zu meiner Herkunft…
Nun sitze ich aber gerade in der Küche und esse ein Marmeladenbrot zu Abend. Meine Füsse sind noch schmutzig von meiner Erkundungstour durch den Wald.
Ich hätte nie gedacht, so tief im Wald noch jemanden zu sehen, doch auf einem Baumstamm sass ein Junge mir rotbraunen Haaren. Seine caramelgoldenen Augen sahen mich direkt an, und ich bekam eine Gänsehaut. Eigentlich wollte ich ja länger im Wald bleiben, doch so war ich leider gezwungen, schnell wieder zu verschwinden. Für Menschliche Augen war ich zum Glück zu weit weg, als dass er mich genauer hätte erkennen können.
Während ich fertig esse, denke ich darüber nach, ob ich ihn wohl wiedersehen werde.
‚Vielleicht geht er ja auf meine Schule’, überlege ich und stehe auf.
Schnell spüle ich das Geschirr ab und gehe nach oben ins Bad, wo ich dusche. Dann trockne ich meine Haare, bis sie mir seidig glatt und silbern glänzend bis über meinen Po fallen und flechte sie zu einem Zopf.
Schnell schalte ich meinen Wecker ein und lege mich ins Bett. Kurz darauf bin ich auch schon eingeschlafen.

Als am nächsten Morgen der Wecker klingelt reibe ich mir erst mal verschlafen die Augen und stehe schliesslich auf. Nach einer kurzen, extrem kalten dusche bin ich endlich wach und kann mir was zum anziehen suchen. Schliesslich entscheide ich mich für ein hübsches cremefarbenes Kleidchen mit Rüschen und dazu goldene Riemchensandalen.
Zu Schminken brauche ich mich nicht. Nur meine Langen Haare mache ich jetzt wieder auf und kämme sie durch, bevor ich mit einer kleinen Spange die Haare an der Seite meines Gesichtes nach hinten nehme und feststecke. Dann packe ich noch alle Schulsachen in meine Tasche und steige in mein Auto.
Die Fahrt zur Schule dauert knapp 10 Minuten, da ich eigentlich immer ein wenig zu schnell fahre. Auf dem Schulgelände drehe ich erst mal eine Runde und finde zum Glück noch einen Parkplatz, auch wenn er weit vom Schulgebäude entfernt ist.
Gekonnt parke ich meinen Wagen und steige aus. Dabei fällt mir auf, dass ich von allen angestarrt werde. Augenblicklich schiesst röte in meine sonst so blassen Wangen und ich senke den Blick.
‚Reiss dich zusammen! Dir sollte klar sein, dass du immer und überall angestarrt wirst’, rüge ich mich selbst und straffe die Schultern. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nehme ich meine Tasche und drücke den Verrigelungsknopf für die Autotüren.
Dann sehe ich mich kurz um und gehe schliesslich auf das Schulgebäude zu.
„Hm, wo finde ich jetzt wohl das Sekretariat“, murmle ich zu mir selbst und blicke mich suchend um. Schliesslich entscheide ich mich, einfach nach rechts zu gehen.
Plötzlich grapscht mir jemand mit der Hand an meinen Po und ich drehe mich schockiert um.
„Liam Orson! Da haben wir seit knapp fünf Minuten eine neue Schülerin und du belästigst sie jetzt schon!“, zetert ein Mädchen direkt hinter mir los.
„Hi, ich bin Clover Lane. Freut mich, dich kennen zu lernen“, freundlich lächelnd streckt sie mir die Hand hin.
„Ich bin Shiro Noroi“, stelle ich mich ebenfalls vor und ergreife ihre Hand.
„Interessanter Name. Gefällt mir. Komm ich zeig dir wo du das Sekretariat findest“, grinsend zieht sie mich hinter sich her durch die Flure.
„Also wegen Liam. Halt dich am besten von ihm fern. Der Typ ist so ein Arsch. Der will doch bloss Sex. Aber lassen wir das Thema. Hier ist das Sekretariat. Ich warte dann draussen auf dich.“
Mit einem leichten Schubs bugsiert sie mich durch die Tür, die mit einem Knall hinter mir zufällt.
„Oh, sie müssen Shiro sein. Kommen sie doch näher, dann erkläre ich ihnen alles“, begrüsst mich eine Frau mittleren alters.
Schüchtern trete ich näher an den Tresen und sehe mir die Papiere an, die sie vor mir ausgebreitet hat. Den Stundenplan, die Schulregeln, die Gebäudepläne der Etagen mit den Zimmernummern. Dankend nehme ich alles an und erhalte noch einen Laufzettel, den ich von allen meinen Lehrern unterschreiben lassen muss.
„Also, zeig mal deinen Stundenplan“, fordert Clover und reisst mir beinahe das Blatt aus der Hand.
„Und, wie lautet dein Urteil“, ich versuche witzig zu klingen, doch es klingt eher besorgt.
„Du hast Sport und Englisch mit Liam. Aber keine Sorge, bei Sport bin ich auch mit dabei. Den Ersten Kurs hast du heute mit mir, den zweiten und dritten alleine. Und den Rest dann wieder mit mir“, erklärt sie mir auf dem Weg zum ersten Schulzimmer. Auf dem Weg dorthin begegnen wir vielen Schülern. Wir wollen gerade um eine Ecke gehen, da sehe ich ihn. Den Jungen aus dem Wald, und auch er scheint mich erkannt zu haben. Wie erstarrt bleibe ich stehen, werde aber sofort wieder von Clover mitgezogen. Hastig werfe ich noch mal einen Blick zurück und auch er sieht mich an.
Ich spüre wie mir die Hitze in die Wangen steigt und senke peinlich berührt den Blick. Clover hat davon zum Glück noch nicht mal was bemerkt und zieht mich einfach weiter. Kurz stellt sie mir ihre Freunde vor, deren Namen ich mir versuche zu merken, bevor sie mich zu meinem ersten Zimmer schickt.
Lächelnd verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg. Die Tür des Raumes ist noch offen, aber Mr. Wright, bei dem ich Biologie habe, ist schon da. Zögernd klopfe ich an den Türrahmen und trete ein.
„Ah guten Tag, Miss Noroi. Setzen sie sich doch einfach auf einen freien Platz“, mit einem Wink deutet er in die Runde und ich sehe mich um.
‚Oh mein Gott! Er ist in meinem Bio Kurs!’
Kurz atme ich durch, bevor ich durch die Reihen gehe und mich neben ihn setze.
„Nun, wie ihr eben mitbekommen habt, dürfen wir dieses Jahr eine neue Schülerin begrüssen. Shiro Noroi ist aus Salem hier hergezogen und wird hier ihren Abschluss machen.“, erklärt er kurz und alle drehen sich zu mir um, woraufhin ich schüchtern in die Runde blicke und lächle.
Die feindseligen und neidischen Blicke der Mädchen machen mir ein wenig angst, doch eigentlich hätte mir das klar sein müssen. Es ist nie leicht, die Neue zu sein.
‚Ob ich ihn wohl ansprechen soll?’, frage ich mich, während ich versuche, dem Unterricht zu folgen. Schliesslich entscheide ich mich, es zu wagen und schnappe mir einen kleinen Zettel
Hi, ich bin Shiro. Das mag jetzt vielleicht blöd klingen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich dich ansprechen soll…
Schüchtern schiebe ich ihm den in der Mitte gefalteten Zettel zu und lächle, als er mich mit seinen caramelgoldenen Augen mustert. Schliesslich liest er und nimmt sich einen Stift.
Du hättest mich ruhig ansprechen können. Ich beiss dich schon nicht. Ich bin übrigens Brandan Cheney.
Grinsend streckt er mir den Zettel hin und ich falte ihn auf und meine Mundwinkel ziehen sich automatisch nach oben.
Ich überlege gerade, was ich schreiben soll, als er mir denn Zettel wegnimmt und etwas draufkritzelt. Dann erst kriege ich ihn zurück.
Hast du denn schon Freunde gefunden?
Na ja. Clover Lane. Und dich…?
Abwartend sehe ich zu ihm herüber und atme erleichtert auf, als er nickt.
Darf ich dich was fragen?
Dieses Mal ist er es, der auf meine Antwort wartet. Ich frage mich, was er wohl wissen will, doch schliesslich stimme ich zu.
Okay, halt mich jetzt bitte nicht für Verrückt, aber ich war Gestern im Wald, und da hab ich was gesehen. Ich könnte schwören, dass du das warst…
Okay, ganz offensichtlich hat er mich erkannt. Aber das hab ich ja schon geahnt. Jetzt brauch ich nur eine Ausrede, weshalb ich da war.
Ja, das war ich… Ich wollte alleine sein. Um nachzudenken. , schreibe ich schliesslich und forsche ganz genau in seinem Blick, was er wohl davon hält. Doch nichts, rein gar nichts gibt mir einen Anhaltspunkt.
Dir ist aber schon klar, dass dir was hätte passieren können. , antwortet er schliesslich und ich erkenne einen Hauch Sorge, die aber von Faszination überlagert wird.
Ich mag vielleicht nicht so aussehen, aber ich kann ganz gut auf mich aufpassen. Der Wald ist sozusagen mein zweites zu Hause.
Ich versuche ihn zu Beruhigen, indem ich mich selbstbewusst gebe, doch er durchschaut meine Farce und schüttelt bloss grinsend den Kopf.
Wie auch immer. Die Stunde ist vorbei, wir sollten endlich die Sachen zusammenpacken.
Gerade als ich fertig gelesen habe, klingelt es zum Ende der Stunde.
„Oh, dann kann ich ja endlich richtig mit dir reden“, fröhlich packe ich meine Sachen an, während er mich bloss mit offenem Mund anstarrt.
„Was siehst du mich so an?“, sofort macht sich Panik in mir breit und ich sehe an mir herunter, doch mir fällt nichts auf.
„Tut mir Leid. Deine Stimme ist so wundervoll. Du hast mich ein wenig aus dem Konzept gebracht“, gibt er kleinlaut zu und spricht dabei so leise, dass ich ihn kaum verstehe.
„Okay, wenn’s nur das ist“, sofort wieder erleichtert atme ich einmal tief durch. Neben ihm her gehe ich den Flur entlang auf dem Clover schon auf mich wartet.
„Los, komm. Wir müssen in die nächste Stunde.“
Ohne Brandan auch nur eines Blickes zu würdigen zieht sie mich hinter sich her und ich kann mich nur noch mal kurz umdrehen.
„Wie hast du es denn geschafft, mit ihm zu reden?“, will sie neugierig wissen und ich erzähle ihr alles, auch das im Wald.
„Na du bist gut. Wir versuchen hier schon seit zwei Jahren mit ihm ins Gespräch zu kommen, doch er geht nie darauf ein. Und du schaffst es schon in der ersten Stunde, mit ihm Freundschaft zu schliessen“, bewundernd klopft sie mir auf die Schulter und wendet sich dann nach vorne, weil der Matheunterricht bei Ms. Gibson beginnt.
Auch Französisch, bei Ms. Cook, habe ich nach der Pause mit Clover. Beide Stunden sind schnell vorüber und schliesslich zeigt Clover mir den Weg zum Musikunterricht im Nebentrakt.
Miss Moore wartet dort auch schon und unterschreibt sogleich den Zettel den ich ihr reiche, bevor sie mich bittet, mich zu den anderen zu setzen. Bloss ist kein Stuhl mehr frei, was ihr eben auch klar geworden ist.
Ohne zu zögern steht Brandan auf, den ich eben erst bemerkt habe, und kommt zu mir, um mir seinen Stuhl anzubieten.
„Oh, nein danke. Schon okay, mir macht es nichts aus, zu stehen.“
Meine Hand immer noch fest in seiner zieht er mich einfach mit, setzt sich hin und zieht mich auf seinen Schoss.
„Warte doch. Ich bin viel zu schwer“, versuche ich schwach zu widersprechen, doch er schüttelt nur den Kopf und rückt mich zurecht. Hastig Ziehe ich mein Kleid ein wenig weiter nach unten über die Beine. Das ist ja so was von Peinlich. Ich glaube das ist eins der Gefühle, dass ich am meisten habe. Merkwürdigerweise ist mir immer irgendwas peinlich. Aber so schlimm war es noch nie.
Angespannt sitze ich quer über seinem Schoss und bin bereit, jeden Moment aufspringen zu können.
„Ich werde dir schon nichts tun, aber wenn du willst stehe ich einfach. Dann hast du den Stuhl für dich alleine.“
„Nein. Du hattest den Stuhl zuerst. Ich stehe schon auf“, hastig will ich aufspringen, doch er hält mich zurück.
„Lass mich einfach.“
Sofort lässt er los und ich stehe in einer einzigen, geschmeidigen Bewegung auf, streiche mein Kleid glatt, die Haare aus dem Gesicht und gehe hinüber zum Klavier, wo ich mich auf einen der Hocker setze.
Die Hände in meinem Schoss gefaltet warte ich auf Miss Moore, die im Nebenzimmer verschwunden ist, um für mich noch ein Blatt mit dem Liedtext auszudrucken.
Kurze Zeit später reicht sie mir eine A4 Seite und geht zum Radio.
„Versuch einfach mitzusingen. Wir hören es noch einmal durch, dann spiele ich mit dem Klavier mit.“
Ich kenne das Lied zwar nicht, doch ich bin sofort begeistert davon und merke mir jeden Ton, jedes Wort. Den Text lege ich einfach neben mich und lausche der Melodie mit geschlossenen Augen.
Dann geht’s ans singen und sie setzt sich neben mich auf den zweiten Hocker.
Sie sagt uns genau, wann wir einsetzen müssen, doch das hätte ich auch so gemerkt.
Automatisch formen meine Lippen den richtigen Text, meine Stimme trifft die richtigen Töne und ich geniesse es. Ich lasse mich von der Melodie tragen und merke nicht einmal, dass alle um mich herum verstummt sind, bis das Lied fertig ist.

Your Song

It's a little bit funny
This feeling inside.
I'm not one of those who can
Easily hide.

I don't have much money
But boy if I did
I'd buy a big house where
We both could live.

So excuse me forgetting
But these things I do.
See I've forgotten if
They're green or they're blue.

Anyway the thing is...
What I really mean...
Yours are the sweetest eyes
I've ever seen.

And you can tell everybody
This is your song.
It maybe quite simple but
Now that it's done
I hope you don't mind (x2)
That I put down in words
How wonderful life is
Now you're in the world.

If I was a sculptor
But then again no.
Or a girl who makes potions in
A travelling show.
I know it's not much but
It's the best I can do.
My gift is my song and
This one's for you.

Oh... (x8)

And you can tell everybody
This is your song.
It may be quite simple but
Now that it's done
I hope you don't mind (x2)
That I put down in words
How wonderful life is..
Now you're in the world.

“Was ist? Hab ich falsch gesungen?“, besorgt sehe ich in die Gesichter der anderen. Simultan schütteln sie den Kopf und ich bin sofort erleichtert.
„Das war wundervoll. Hatten sie Gesangsunterricht?“
„Nein. Noch nie. Eigentlich singe ich nicht. Na ja, ausser manchmal unter der Dusche“, gebe ich lächelnd zu.
„Na dann, machen wir weiter. Und dieses Mal singen bitte alle mit“, ernst sieht sie jeden einzelnen an, bevor sie wieder zu spielen anfängt.
Der Musikunterricht ist einfach Klasse. Ich singe unglaublich gerne und spiele auch selber einige Instrumente. Wenn man 3'500 Jahre Zeit hat, lernt man so einiges. Doch gesungen habe ich nie viel. Mir war einfach nicht danach.
Ich bin enttäuscht als es klingelt, doch wenigstens habe ich jetzt etwas, worauf ich mich morgen freuen kann.
Gelassen packe ich den Text in meine Tasche und mache mich auf den Weg in die Cafeteria.
„Shiro! Warte mal!“
‚Oh nein. Brandan. Was er wohl will?’, erst will ich einfach so tun, als ob ich nichts gehört hätte, doch da spüre ich auch schon seine Hand auf meinem nackten Arm. Automatisch zucke ich unter seiner Berührung zurück und er zieht seine Hand weg.
„Es tut mir Leid“, stammelt er leise und weicht meinem Blick aus.
„Was?“, frage ich jetzt etwas sanfter gestimmt.
„Ich wollte nicht aufdringlich sein. Ich dachte es würde dich nicht stören. Ich hatte keine Ahnung, dass dir so eine Kleinigkeit so viel ausmacht. Es tut mir wirklich Leid.“
„Na gut. Ich bin es einfach nicht gewohnt, jemandem so nahe zu kommen. Ich war immer alleine, bis jetzt. Es hat mich schon gewundert, dass Clover mir geholfen hat, wegen Liam und so…“, erkläre ich, während wir langsam in Richtung Hauptgebäude schlendern.
„Liam? Was hat er getan?“, ernsthaft besorgt sieht er mich an, doch noch immer traut er sich nicht, mir in die Augen zu sehen.
So erzähle ich ihm, wie er mir auf der Suche nach dem Sekretariat an den Po gefasst hat. Und wie Clover dazwischengegangen ist.
„Dieses Schwein. Der kann seine Finger einfach nicht bei sich behalten. Hattest du deshalb Angst, ich würde dasselbe machen?“
Unsicher nicke ich und er senkt den Blick schon wieder.
„So was würde ich nie tun.“
Enttäuscht wendet er sich ab und geht quer über den Rasen davon. Ohne zu zögern renne ich ihm nach, doch auch er beginnt zu rennen. Ein Glück, dass ich so schnell bin. Ich schaffe es ihn einzuholen. Als ich seine Hand erwische reisst er sich grob los und stösst mich weg, bevor er weiter rennt.
Doch ich bin stur wie immer und folge ihm weiter. Wie eine Raubkatze auf der Jagd springe ich ihn an und wir fallen beide, verkeilt ineinander, zu Boden.
„Sag mal spinnst du?“, rastet er aus und befreit sich von mir. Dabei rutscht mir mein Kleid bis zur Taille hoch und ich ziehe es hastig wieder runter. Wieso muss so was immer mir passieren? Mist! Mist!! Mist!!!
„Ja, gut möglich, dass ich spinne. Aber auch ich sollte mich entschuldigen. Mir hätte klar sein müssen, dass du nicht im Geringsten so bist, wie Liam. Sonst hätte ich es gespürt. Deshalb… Es tut mir Leid“, mit einem seufzen rapple ich mich hoch.
„Okay. Dann lass uns noch mal von vorne anfangen. Ich bin Brandan Cheney und es ist mir eine Freude, dich kennen zulernen“, lässig grinsend streckt er mir eine Hand hin, während er mit der anderen kurz durch seine Haare fährt. Wir beide sehen ein wenig verstrubbelt aus. Trotzdem ergreife ich seine Hand und stelle mich ebenfalls noch mal vor.
Schnell streiche ich mir meine Haare aus dem Gesicht und folge ihm zur Cafeteria.
„Hast du vorhin was gesehen?“, frage ich schliesslich, als wir schon an der Essensausgabe stehen. Ratlos beäugt er mich und ich werde schon wider rot.
„Was meinst du?“, fragt er schliesslich, als ich nicht weiter rede.
„Nachdem ich dich angesprungen habe, hast du da was gesehen?“, frage ich noch mal und er wirkt überrascht.
„Nein, hätte ich denn was sehen sollen?“
Hastig schüttle ich den Kopf und ziehe mein Kleid noch mal ein wenig zu Recht, bevor ich mir mein Tablett nehme und ihm zu seinem Tisch folge, wo er gewöhnlich alleine sitzt, wie er mir erklärt. Doch schon wenige Minuten später kommt auch Clover zu uns und ich werde von ihr ausgefragt.
Manchmal muss ich lügen, doch ich habe mir schon bevor ich an diese Schule kam, ein ganzes Leben erfunden, mit Hobbys, einer Familie und allem was dazu gehört.
Ich habe mich nie schlecht gefühlt, als ich das jemandem erzählt habe, denn ich bin immer so nahe wie möglich an der Wahrheit geblieben. Wieso also fühlt es sich bei ihnen so falsch an?
Ist es vielleicht, weil ich zum ersten Mal jemanden wirklich mag? Fühlt es sich so falsch an, weil ich sie wirklich als meine Freunde betrachte?
Während wir schweigend essen, denke ich darüber nach, und schon bald ist es Zeit, wieder zum Unterricht zu gehen.
Keiner von beiden kommt mit mir ins Zimmer. Das heisst, ich muss da alleine durch. Nach einem zittrigen Klopfen trete ich ein und stelle mich dem Lehrer kurz vor, der mich bittet, mich zu setzen. Und der einzige freie Platz ist ausgerechnet neben Liam. Mein Blick verfinstert sich und ich sehe ihn warnend an, doch er lächelt nur verführerisch und zieht mir den Stuhl zurück.
Missmutig knalle ich meine Tasche auf den Tisch und hole meine Bücher raus. Schnell werfe ich meine Haare über die Lehne des Stuhls zurück, bevor ich mich Mr. Ryan zuwende, der mit dem Unterricht begonnen hat. Etwa in der Mitte der Stunde legt Liam einfach seine Hand auf mein Bein. Sofort versteift sich mein ganzer Körper und ich will nur noch weg.
Aber was werden sie von mir halten, wenn ich einfach aufspringe und raus renne?
Also bleibe ich sitzen. Sehne das Ende der Stunde herbei, während Liams Hand unter dem Tisch immer höher wandert. Niemand bemerkt etwas und er lässt seine Hand in mein Höschen gleiten. Scharf ziehe ich die Luft ein und weiche zurück. Schnell zieht er seine Hand weg, als Mr. Ryan sich umdreht und tut so, als würde er mitschreiben.
„Darf ich kurz auf die Toilette?“, frage ich hastig, bevor er sich wider umdreht.
„Es sind nur noch 5 Minuten bis zum Ende der Stunde. Das werden sie wohl noch aushalten“, ungehalten dreht er sich wieder um und erklärt weiter die Notizen an der Tafel. Mit einem hämischen Grinsen macht Liam da weiter, wo er aufgehört hat, ich versuche von im wegzurutschen, doch es gelingt mir nicht. Sein Fuss hält meinen Stuhl am Platz, zieht ihn sogar noch näher zu sich heran. Gleichzeitig dringt sein Finger in mich und ich muss mich zusammenreissen, dass ich nicht schreie.
„Bitte, hör auf. Es tut so weh“, flehe ich unter schmerzen, doch niemand bemerkt etwas.
„Komm schon Babe. Du geniesst es doch“, raunt er mir verführerisch zu.
Mit einem verächtlichen Schnauben macht er einfach weiter und die letzten 5 Minuten kommen mir wie eine Ewigkeit vor.
So schnell ich kann nehme ich meine Sachen und verlasse das Zimmer. Ich sehe schon Brandan auf mich zukommen, doch ich wende mich einfach ab und gehe in die andere Richtung.
Verzweifelt lasse ich den Tränen freien Lauf und haste nach draussen ins Freie.
Da fällt mir auf, dass ich in meinem gesamten Leben noch nie geweint habe. Merkwürdig, ich hätte nicht gedacht, dass sich das so komisch anfühlen würde.
Brandan glaubt wohl, ich hätte ihn einfach nicht gesehen, folgt mir, hält mich fest und dreht mich zu sich um.
Sofort zieht er mich in seine Arme, als er meine Tränen sieht.
„Ist was passiert? Geht es dir nicht gut?“, besorgt und eindeutig verzweifelt mustert er mich und sein Blick erstarrt, als er bei meinen Beinen angekommen ist.
Mein Blick ist verschwommen, aber deutlich erkenne ich die rote Spur meines Blutes, die sich über die Innenseite meines linken Oberschenkels zieht.
„Oh. Mach dir keine Sorge. Clover hat bestimmt was dabei. Das braucht dir nicht peinlich zu sein. Manchmal kommen die Tage etwas früher“, vermutet er, doch ich schüttle nur kraftlos den Kopf. Verwirrt schaut er auf mich hinab und ich weiche seinem Blick aus.
Meine Beine geben unter mir nach und ich sinke zitternd zu Boden, bevor Brandan mich auffangen kann.
„Liam“, ist das einzige was ich hervorbringe, als Brandan mich nochmals fragt, was los ist.
Ohne zu zögern zieht er mir seine Jacke über und hebt mich hoch. Mit mir auf den Armen geht er durch die Flure und zur Krankenstation. Clover hat sich uns mittlerweile angeschlossen und will natürlich wissen, was los ist.
Dummerweise sind direkt neben dem Krankenzimmer die Spinde der Footballmanschaft. Und dort steht auch Liam, der mit den anderen redet. Als er mich in Brandans Armen sieht, lacht er und die anderen fallen ein.
Vorsichtig stellt Brandan mich neben Clover ab und bedeutet ihr, hier zu warten und mich zu stützen, damit ich nicht noch mal hinfalle.
Mit geballten Fäusten stürmt er auf Liam zu und trifft ihn mit voller Kraft im Gesicht. Der war nicht vorbereitet und knallt durch die Wucht des Aufpralls gegen die Spinde. Sofort bilden die anderen einen Kreis um Brandan und Liam. Mühsam stosse ich mich von der Wand ab, an der ich halt gesucht habe und wanke benommen auf den Ring zu. Mit dem letzten bisschen Mut drücke ich mich zwischen der gaffenden Menge durch und stelle mich vor Brandan. Dabei trifft mich Liams Schlag und ich krümme mich am Boden zusammen.
Sofort ist Brandan bei mir und hebt mich wieder hoch.
„Dafür wirst du büssen!“, brüllt er, bevor er mich ins Krankenzimmer trägt. Doch da ist niemand.
„Leute! Würde mir mal jemand erklären, was passiert ist?“, fordert Clover aufgebracht und hilft mir, mich hinzusetzen.
„Liam. Er hat ihr weh getan. Was genau er getan hat, weiss ich nicht“, erklärt Brandan an meiner Stelle und holt sich einen Lappen und Wasser.
Während Brandan noch mit dem Lappen beschäftigt war, hatte ich mich schon zusammengekauert und die Arme um die Beine geschlungen.
„Süsse. Erzähl es mir. Was hat er gemacht?“, fragt Clover und setzt sich vorsichtig neben mich.
Ich schüttle bloss den Kopf und kauere mich noch mehr zusammen.
„Willst du es Brandan erzählen? Dann geh ich raus.“
Zögerlich sehe ich hoch und Brandan erwidert meinen Blick voller Sorge und noch etwas anderem in seinem Blick, das ich noch nie gesehen habe.
„Na gut, aber du kannst bleiben wenn du willst.“
„Ne, passt schon. Irgendwer muss ja erklären, wo du bleibst. Gib mir einfach deinen Laufzettel, dann mach ich das für dich“, schlägt sie vor und ich deute einfach mit einem Nicken zu meiner Tasche.
„Okay. Hab ihn. Dann bis nachher. Und keine Sorge, ich erfinde eine Ausrede. Muss ja nicht gleich jeder wissen, was wirklich passiert ist.“
Mit diesen Worten verschwindet sie und schliesst die Tür hinter sich.
„Jetzt ist es wohl an mir, zu erzählen, was er getan hat“, beginne ich und meine Stimme zittert dabei schon wieder und ein Schaudern überläuft mich.
„Du brauchst mir nichts zu erzählen. Wirklich. Niemand zwingt dich dazu.“
Langsam, um mich nicht zu erschrecken, nähert er sich mir mit dem Lappen in der Hand. Sanft wischt er das Blut von meinem Bein, bis er zum Saum meines Kleides kommt.
„Mach ruhig weiter. Jetzt ist sowieso alles egal.“
„Sag das nicht. Bitte. Das würde bedeuten, dass auch Clover und ich dir egal sind. Und deine Eltern. Dein Leben“, bittet er, bevor er weitermacht.
„Na gut… Also eigentlich hat er gar nicht viel gemacht. Aber ich hab mich einfach nicht getraut, etwas dagegen zu unternehmen. Erst hat er seine Hand auf mein Bein gelegt und ist irgendwann unter meinen Rock und…“
„Sch, alles ist gut. Ich kann’s mir denken. Das da solltest du mal einem Arzt zeigen. Nur zur Sicherheit“, bittet er mich und wäscht den Lappen aus.
„Ich geh damit zu keinem Arzt. Je weniger Leute davon wissen, desto besser. Du willst doch Arzt werden. Sieh du dir an, wie schlimm es ist. Das währe die einfachste Lösung“, schlage ich schüchtern vor. Ihm vertraue ich, dass er es, erstens, niemandem sagen wird, und mir, zweitens, auch nicht weh tun wird.
„Ich weiss nicht. Ich bitte besser meinen Vater, sich das anzusehen“, druckst er herum und ringt die Hände so sehr, dass seine Gelenke knacken.
„Nein, auf keinen Fall. Er würde es sofort meinen Eltern erzählen wollen. Du aber nicht. Ausserdem vertraue ich dir“, widerspreche ich unsicher und meine Hände zittern schon wieder unkontrollierbar.
„Okay. Na gut. Dann zeig mal. Ich glaube, so schlimm ist es nicht. Hattest du denn schon mal… Na du weisst schon.“
Erschöpft von der Aufregung schüttle ich bloss noch den Kopf. Schnell ziehe ich mein Kleid hoch und mein Höschen aus. Am liebsten würde ich schreiend wegrennen, doch ich muss da durch. Ich muss wissen, was passiert ist, und wie schlimm es ist. Ich schäme mich fürchterlich, als er sich vor mich hinkniet und meine Füsse auf seine Schultern setzt.
„Entspann dich. Ich werde dir schon nicht weh tun. Aber ich muss dich trotzdem anfassen“, warnt er mich vor und ich hohle scharf Luft, als ich seine Hände an der Innenseite meiner Oberschenkel spüre.
Von seiner Berührung kriege ich eine Gänsehaut und in meiner Magengegend Kribbelt es. Ein merkwürdiges Gefühl, dass sich auszubreiten scheint.
Seine Hände sind wundervoll warm, und trotzdem fühlt sich alles um mich herum eiskalt an. Ich blende einfach alles aus, bis er mir sagt, dass ich mich wieder anziehen soll.
„Na Doc, wie sieht’s aus?“, versuche ich zu scherzen, doch es klingt einfach nur verängstigt.
„Alles okay, aber du bist keine Jungfrau mehr“, teilt er mir mit und ich muss mich anstrengen, nicht loszuheulen.
Anscheinend habe ich trotzdem geweint, denn er zieht mich so sanft wie nur irgendwie möglich in seine Umarmung und streichelt mir über meinen Kopf, während er mir immer wieder beruhigende Worte zuflüstert und sich ein wenig mit mir hin und her wiegt.
„Es tut mir Leid dir das sagen zu müssen, aber wir müssen wieder zum Unterricht. Aber ich werde mich darum kümmern, dass ich bei den Stunden mit Liam jetzt immer dabei bin.“
Seufzend nicke ich und blicke noch mal kurz in den Spiegel, bevor ich von ihm zur nächsten Stunde begleitet werde.
„Ah, Miss Noroi. Ihnen scheint es wieder besser zu gehen. Setzen sie sich doch bitte neben Clover. Und Brandan, zurück in ihre Klasse.“
Was hast du ihm erzählt?
Zitternd schiebe ich ihr den Zettel zu und sie kritzelt hastig eine Antwort.
Ich hab gesagt, dass du deine Tage hast, und Bauchweh hattest. Aber nur Mr. Ferrer weiss es… 
Okay. Das ist gut. Wie kann ich dir nur dafür danken?
Schon okay. Das machen Freunde so.
Strahlend grinst sie mich an und ich lächle unsicher zurück.
Den Rest der Stunde folge ich dem Unterricht und gemeinsam mit Clover gehe ich schliesslich zu den Umkleiden.
In grauen langen Hosen und einem Top folge ich Clover in die Sporthalle. Der erste den ich sehe ist Liam, der mich verächtlich grinsend ansieht.
Sofort will ich mich umdrehen und wieder nach draussen gehen, doch Clover hält mich stur fest und führt mich zu Brandan, der schon auf uns wartet.
„Keine Sorge. Dir wird nichts passieren. Dafür werde ich sorgen“, versucht er mich zu beruhigen und ich nicke zögerlich.
Ein wenig ungeschickt und vollkommen verunsichert setze ich mich zwischen die Beiden und warte.
Der Unterricht beginnt mit einer Runde warmlaufen und anschliessend spielen wir Handball.
Nach dem Sport verschwinde ich sofort in einer der Duschkabinen und ziehe mich, nachdem ich wieder trocken bin hastig an.
Schnell will ich zu meinem Auto kommen, als ich von Liam aufgehalten werde. Dieser presst mich mit seinem Körper gegen eine Wand und hält mir den Mund zu, damit ich nicht schreien kann.
Mit lüsternem Grinsen reisst er den Reissverschluss meines Kleides auf und wirft dieses achtlos zu Boden. BH und Höschen folgen direkt nach.
Panisch versuche ich mich loszureissen, doch es gelingt mir nicht.
Im Nachhinein fällt mir ein, dass ich ihn einfach auf magische Weise hätte angreifen können. Doch meine Gedanken flossen zu träge, als dass es mir hätte einfallen können.
Ich war bloss froh, dass Brandan im richtigen Moment kam und mich gerettet hat.
Seither holt er mich jeden Morgen zur Schule ab und begleitet mich danach wieder nach Hause.

Das läuft jetzt schon seit nunmehr zwei Wochen so und Clover glaubt, dass da was zwischen uns am laufen ist, wie sie es so schön sagt.
Aber das streite ich vehement ab. Brandan sagt dazu sowieso nichts, sondern sieht mich immer nur so komisch an. Wahrscheinlich weil er sich fragt, wieso Clover so was denkt. Ich meine, wer könnte mich schon wollen?
Trotzdem scheint er mich aus irgendeinem Grund beschützen zu wollen. Und dafür bin ich ihm auch unendlich dankbar. Es scheint, als währe er mein Schutzengel geworden.
Bloss heute kann er mich nicht nach Hause begleiten. Er muss nach der Schule direkt los. Aber das ist schon okay. Deshalb will er ja dann, dass ich ihn anrufe, sobald ich wieder zu Hause bin.
Es ist Freitag, und Liam wird sicher auch direkt gehen. Wenn ich etwas länger warte, kann ich sicher unbemerkt verschwinden.
Also setze ich mich noch fünf Minuten auf eine Bank in der Umkleide und mache mich dann auf den Weg zu meinem Auto.
Die Tasche über der Schulter gehe ich an der Halle entlang und sehe mich dabei aufmerksam um. Gerade will ich zum Parkplatz rennen, als ich zurück gehalten werde.
Noch bevor ich schreien kann wird mir etwas in den Mund gestopft und mit Paketklebeband fixiert.
Panisch will ich wegrennen, werde aber zu Boden geworfen. Mit einem triumphierenden Grinsen im Gesicht steht Liam neben mir und blickt auf mich hinunter.
„Tja, selber Schuld. Wenn du mir nicht gibst, was ich will, muss ich es mir eben nehmen“, spricht er und beobachtet mich dabei aufmerksam. Erst nachdem ich wieder fliehen wollte, krallt er seine Hand in meine Haare und zieht mich auf die Füsse.
Mit einem Ruck reisst er mir mein Shirt in der Mitte auseinander und schmeisst es samt BH zu Boden, bevor er mir unsanft an meinen Brüsten rumfummelt.
Schliesslich greift seine Hand an den Bund meiner Hose und öffnet den Knopf, bevor er mir auch meine restlichen Kleider vom Leib reisst.
Aus vollem Halse schreiend winde ich mich und versuche frei zu kommen, doch niemand hört mich und frei komme ich erst recht nicht.
Ohne zu zögern presst er mich gegen die Wand, bevor er sich an seiner Hose zu schaffen macht.
Mit tränen in den Augen bin ich gezwungen, ihm zuzusehen, wie er sich gleichzeitig an seinem Penis zu schaffen macht und mich Fingert.
Ich ahne fürchterliches, als er mich plötzlich hoch hebt und hatte tatsächlich recht. Ohne zu zögern stösst er in mich und mir entwischt ein beinahe unmenschliches Kreischen. Die Augen vor Schmerzen krampfhaft zugekniffen schlage ich meine Fingernägel in seinen Rücken und kratze was das Zeug hält. Doch meine Finger rutschen an seinem Shirt ab und ich habe keine Chance.
Verzweifelt versuche ich noch ein letztes Mal zu fliehen, bevor ich schliesslich entkräftet aufgebe. Weinend lasse ich einfach alles über mich ergehen und warte nur noch darauf, dass es endlich vorbei ist.
Nach einer gefüllten Ewigkeit spüre ich ein letztes Zucken in mir, bevor er sich aus mir zurück zieht.
Wie Müll lässt er mich einfach fallen und schnappt sich nur noch, was auch immer er mir in den Mund gestopft hat, bevor er verschwindet.
Träge versuche ich meinen Kopf zu heben und ihm nachzusehen. Für wenige Sekunden schaffe ich es auch, doch danach knallt mein Kopf kraftlos auf den Rasen zurück.
Ich weiss ich sollte eigentlich aufstehen, doch dazu fehlt mir einfach der Wille.

Keine Ahnung wie lange ich da gelegen habe, doch plötzlich werde ich von einem Wut und Schmerzverzehrten Schrei geweckt.
Undeutlich sehe ich eine Gestalt auf mich zu rennen und erkenne schliesslich Brandan.
Ich nehme alles ziemlich verschwommen wahr und mir fallen immer mal wieder die Augen zu, doch trotzdem weiss ich genau, was er macht.
Brandan wuselt gerade panisch um mich herum, bis er schliesslich aus seinem Hemd schlüpft und es mir überzieht.
Vorsichtig legt er meinen Arm um seinen Hals und hebt mich hoch. Schnell schnappt er sich noch meine Tasche und trägt mich zum Parkplatz. Ein wenig ungeschickt wühlt er mit einer Hand nach dem Autoschlüssel und entriegelt die Tür. Sanft setzt er mich auf den Beifahrersitz und sprintet dann um das Auto herum.
In einem Affenzahn rast er durch die Strassen und spricht immer wieder auf mich ein, doch ich will nichts sagen. Und ich kann auch nicht.
Merkwürdiger weise bringt er mich nicht nach Hause, sondern fährt zu seinem Haus. Dort angekommen trägt er mich nach oben und setzt mich auf dem Boden vor der Duschkabine ab.
Gerade als er das Wasser einschalten will, klingelt sein Handy und mit einem Seufzen fischt er es aus seiner Hosentasche.
„Hei Dad“, meldet er sich und kniet sich gleichzeitig zu mir runter, um nach mir zu sehen.
„Ja, ich weiss dass ich zu spät gekommen bin. Hab schon gemerkt, dass ihr weg seid. Ja, mach ich. Mhm. Ja okay. Wir haben übrigens noch einen Gast mehr. Mhm… Okay, bis dann.“
Je länger das Gespräch gedauert hat, umso gestresster wurde seine Miene.
„Lass mich einfach hier liegen“, krächze ich mit meiner vom vielen Schreien und Kreischen heiseren Stimme.
„Oh nein. Bestimmt nicht. Du wirst jetzt erst mal duschen und danach sehe ich mir mal an, wie schlimm es ist.“
„Muss ich wirklich aufstehen?“, frage ich müde und auch ein wenig trotzig.
„Ich fürchte ja.“
Nach heftigem blinzeln erkenne ich endlich, dass der Hauch eines Lächelns seine Lippen umspielt.
Mit der Wand als stütze rapple ich mich hoch und warte darauf, dass er das Wasser einschaltet. Da es mir mittlerweile egal ist, ob er mich nackt sieht, lasse ich das Hemd einfach von meinen Schultern gleiten. Mit zittrigen schritten stelle ich mich unter das warme Wasser und stütze mich mit einer Hand immer noch ab. Mit der anderen taste ich nach einer Shampooflasche, die mir schliesslich von Brandan gereicht wird.
Ohne gross auf meine Schmerzen zu achten schrubbe ich mich ab. Immer heftiger werden meine Bewegungen, aber ich fühle mich immer noch nicht sauber. Schliesslich kralle ich meine Fingernägel in meine Haut und kratze und schrubbe, bis ich schliesslich von Brandan aufgehalten werde.
Schluchzend falle ich auf die Knie und werde schliesslich in seine Arme gezogen.
„Es geht nicht weg. Es geht nicht mehr weg“, schluchze ich immer wieder, während er sich mit mir stetig hin und her wiegt. Gleichzeitig streichelt er mir sanft immer wieder über den Kopf.
„Du wirst ja ganz nass“, stammle ich schliesslich, nachdem ich mich wieder ein wenig beruhigt habe.
„Egal“, murmelt er nur und hilft mir hoch. Während er mit der einen Hand das Wasser ausschaltet, stützt er mich mit dem anderen Arm.
Vorsichtig, um mir nicht weh zu tun, wickelt er mich in ein warmes Handtuch ein, bevor er mir meine Haare mit einem zweiten trocken rubbelt.
„Du hast nicht zufällig Ersatzklamotten dabei?“
„Seitentasche meiner Sporttasche“, antworte ich und kauere mich auf seinem Bett zusammen.
Hastig durchwühlt er sie und findet aber nur ein Höschen.
„Hab ganz vergessen, dass ich sie gestern ausgemistet habe“, entschuldige ich mich schüchtern. Er beantwortet meinen Kommentar nur mit einem lässigen Schulterzucken.
„Ich sollte es mir jetzt mal kurz ansehen.“
Unsicher nicke ich und lehne mich auf meine Ellbogen gestützt zurück. Dann erst platziere ich meine Füsse an der Bettkante und spreize die Beine.
„Ich muss dich…“
„…anfassen. Ich weiss“, beende ich seinen Satz. Merkwürdig. Erst bin ich aufgelöst und panisch, auch verwirrt und manchmal vollkommen kontrolliert, ja schon fast Emotionslos. Wie jetzt gerade. Ich lasse seine Untersuchung wortlos über mich ergehen.
Das alles ist zum Glück schnell vorbei und ich schlüpfe in mein Höschen. Dann kriege ich von ihm noch ein viel zu grosses schwarzes Shirt und eine Boxershorts, die mir ebenfalls viel zu gross ist, durch den Gummizug aber nicht runterrutschen kann.
„Versprichst du mir, keine Dummheiten zu machen, ich muss nämlich noch kurz einige Sachen einkaufen gehen.“
„Tut mir Leid, aber im Moment scheine ich reichlich unzurechnungsfähig“, antworte ich und wiege mich jetzt wieder unkontrollierbar hin und her.
„Dann muss ich dich bitten, deine Schuhe anzuziehen. Ich muss dich nämlich mitnehmen.“
Zittrig erhebe ich mich und ziehe meine Turnschuhe über, ohne die Socken auch nur eines Blickes zu würdigen. Dann reicht er mir eine Jacke, die ihm auch zu gehören scheint. Jedenfalls schlottert sie mir bis um die Knie, aber das ist egal. Dann sieht man die blauen Flecke nicht mehr, die meine Oberschenkel bedecken. Die an den Waden sehen ja schon schlimm genug aus.
Mit vorsichtig tastenden Schritten folge ich ihm, werde aber zum Glück immer sicherer auf den Beinen.
In der Küche holt er sich Geld und die Autoschlüssel und neben ihm her gehe ich zu seinem Auto.
Schnell entriegelt er die Türen mit einem Knopfdruck und hält mir auf der Beifahrerseite sogar die Tür auf und ich steige ein.
Noch viel schneller als ich normalerweise fahre, rast er zum nächsten Supermarkt.
Dort lässt er mir die Wahl, im Auto zu warten oder mit ihm mitzukommen. Ich gehe natürlich mit. Ich will einfach nicht alleine sein, was er auch zu verstehen scheint.
Während dem Einkauf schiebt er immer den Wagen, während ich ihm dicht auf den Fersen bleibe. Sobald uns jemand zu nahe kommt, wechsle ich automatisch die Seite und greife nach seinem Arm, was er mit einem aufmunternden Lächeln quittiert.
Mit den Einkäufen beladen wankt er zum Auto und ich öffne schnell den Kofferraum, damit er seine Last abladen kann.
Danach hält er noch an einer Apotheke an und kommt mit einem Päckchen zurück, das er mir zusammen mit einer Flasche Wasser reicht.
„Was ist das?“, misstrauisch blicke ich auf die einzelne Pille in dem Päckchen.
„Das verhindert, dass du schwanger wirst. Oder willst du das etwa?“
„Auf keinen Fall“, wehre ich ab und stürze die Pille und den gesamten Inhalt der Flasche runter.
„Dacht ich mir. Na dann, ab nach Hause. Die Lebensmittel müssen in den Kühlschrank.“
Er scheint das Thema vermeiden zu wollen, aber das kann mir nur recht sein. Es reicht schon, dass jede meiner Bewegungen mich daran erinnert, was passiert ist.
Mit voller kraft tritt er das Gaspedal durch und der Wagen schiesst mit einem Ruck nach vorne.
Zischend ziehe ich die Luft ein und klammere mich am Sitz fest. Schon bald sind wir wieder bei ihm und er packt die Einkäufe weg.
„Du solltest noch ein wenig schlafen. Meine Eltern werden mit den Gästen erst in etwa drei Stunden wieder da sein. Ich wird dich dann rechtzeitig wecken.“
Eilig macht er mir das Bett und schlägt die Decke zurück. Müde lege ich mich hin und er deckt mich zu. Dann zieht er noch die Vorhänge zu und schliesst leise die Tür hinter sich.

Mit einem markerschütternden Schrei schrecke ich aus meinem Albtraum auf.
„Was ist passiert? Geht es dir gut?“
„Er hat es nicht noch mal getan, oder? Bitte sag mir, dass er’s nicht getan hat“, schluchze ich und er setzt sich zu mir aufs Bett.
„Nein, hat er nicht. Es war nur ein Traum, hörst du? Nur ein Traum.“
Vorsichtig legt er sich neben mich und zeiht mich an sich. Schniefend vergrabe ich mein Gesicht an seiner Brust und atme erst mal tief durch. Dabei umhüllt mich sein fantastischer Duft die ganze Zeit und ich beruhige mich schliesslich wieder.
„Wie lange habe ich geschlafen?“
„Knapp eine Stunde“, antwortet er mit Blick auf seine Armbanduhr.
„Okay, dann gib mir doch bitte was zu tun. Ich kann eh nicht mehr schlafen“, bitte ich ihn und setze mich auf.
„Na ja, du könntest mir helfen, den Tisch zu decken. Meine Eltern sind noch unterwegs um meine Tante und ihre Tochter vom Flughafen abzuholen.“
„Während du geschlafen hast, hab ich übrigens deine Sportsachen in die Waschmaschine getan. Aber die sind erst morgen fertig. Das heisst, du wirst entweder wieder zu dir nach Hause, oder mit meinen Klamotten auskommen müssen“, erklärt er während ich ihm nach unten folge.
„Nach Hause? Allein?“, nur schon diese drei Worte klingen aus meinem Mund unglaublich panisch.
„Nein, natürlich würde ich dich nicht alleine lassen. Ich würde bleiben, wenn du es wollen würdest. Aber du kannst auch einfach hier bleiben. Ein Gast mehr oder weniger wird meine Eltern schon nicht stören.“
„Sicher?“, frage ich noch mal nach.
„Ja“, antwortet er schlicht und reicht mir die Teller aus dem Schrank. Schweigend decken wir erst mal den Tisch, bevor wir ins Wohnzimmer verschwinden.
„Na dann währe ich wirklich froh, wenn ich noch bleiben dürfte. Aber dein Bett gehört dir. Ich kann auch auf dem Boden schlafen“, erwähne ich und er grinst nur.
„Darüber können wir uns später Gedanken machen. Jetzt wirst du mir erst mal erzählen was passiert ist.“
Panisch schüttle ich den Kopf und weiche ich zurück. Dabei stosse ich mit den Beinen ans Sofa und falle rückwärts drauf.
„Ich weiss, dass es furchtbar ist. Aber es ist wichtig. Wir können ihn nicht schon wieder davonkommen lassen“, er klingt ernst und aufgewühlt, während er die Schubladen durchsucht.
„Es ist meine Schuld. Ich hätte mich ihm nicht so lange entziehen, sondern freiwillig zu ihm gehen sollen“, platze ich raus ohne gross nachzudenken.
„Oh nein! Sag so was nie wieder!“, brüllt er ausser sich vor Wut.
Verängstigt springe ich auf und kauere mich hinter der Couch zusammen.
„Oh Gott. Shiro. Es tut mir Leid. Ich wollte dich nicht anschreien. Bitte, komm wieder da raus“, fleht er mich an und kniet sich so hin, das er mich zwischen Sofa und Wand erkennen kann. Unsicher krieche ich auf ihn zu und er zieht mich auf die Füsse und kurz in seine Umarmung. Mir gegenüber setzt er sich schliesslich auf die Couch und mustert mein Gesicht eindringlich.
„Es war also nicht meine Schuld.“ Mein Satz klingt eher wie eine Frage und meine Stimme zittert dabei.
„Nein. Ganz bestimmt nicht. Was er mit dir getan hat, tat er aus den falschen Gründen. Es hat ihm einfach nicht gepasst, dass du nicht an ihm interessiert warst, weshalb er sich dich einfach genommen hat. Um sich selbst seine Macht zu zeigen, schätze ich mal“, versucht er Händeringend zu erklären und wippt dabei immer wieder nervös hin und her.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mädchen freiwillig so was mit sich machen lassen würde.“
Bei dem Gedanken daran kriege ich schon eine Gänsehaut und ein Schaudern durchläuft mich.
„Weisst du, wenn sich zwei Personen wirklich lieben, dann ist es das schönste was man sich vorstellen kann.“
„Und das weisst du weil?“, hake ich nach und er zieht den Kopf ein.
„Ich hatte mal eine Freundin. Bevor wir, also meine Eltern und ich, vor zwei Jahren hier her gezogen sind“, erzählt er, wirkt jetzt aber nicht mehr so froh, wie vorhin.
„Wie lange wart ihr zusammen? Und was ist passiert? Sofern ich das fragen darf.“
„Wir waren knapp ein halbes Jahr zusammen. Doch sie war nur mit mir zusammen, weil unsere Familie so viel Geld hat. Sie hat mich in Wirklichkeit nie geliebt, was ich aber erst später erfahren habe. Als ich dann auch noch herausfinden musste, dass sie mich mit meinem besten Freund betrogen hat, habe ich es nicht mehr ertragen. Da kam mir der Umzug gerade recht. Hier konnte ich neu anfangen. Ohne das alle nur wegen des Geldes mit mir befreundet sein wollten. Ich hab’s einfach niemandem gesagt. Na ja, niemandem, ausser dir. Und ich vertraue dir, dass du es niemandem erzählen wirst“, fragend sieht er mir in die Augen und ich erwidere seinen Blick und halte ihn fest.
„Ich werde es niemandem sagen. Ich verspreche es. Aber zurück zu, na du weisst schon. Wo soll ich anfangen?“ Wieder durchläuft mich ein Schaudern und ich ziehe die Beine wieder an meinen Körper und schlinge die Arme darum.
„Am besten am Anfang“, schlägt er lächelnd vor, wird aber wieder ernst, als er den Knopf einer Fernbedienung drückt.
Mit einem piepsen schaltet sich etwas ein, was er auf dem Tisch neben uns hingestellt hat.
„Was soll das werden?“
„Ich nehme alles auf, damit du es nicht noch mal erzählen musst“, erklärt er schlicht und bedeutet mir, anzufangen.
„Okay. Was am ersten Schultag war, weisst du ja noch.“
Mit einem Nicken zeigt er mir, dass er weiss, wovon ich rede. Nach und nach erzähle ich ihm immer mehr. Aber manchmal brauche ich eine Pause, weil ich anfange unkontrolliert zu zittern oder in Tränen ausbreche, und er mich erst wieder beruhigen muss.
Schliesslich, nach über einer Stunde habe ich es geschafft und Brandan fotografiert noch alle Verletzungen. Die Blutergüsse und Kratzer. Einfach alles. Danach speichert er die Aufnahmen in seinem Zimmer auf seinem Laptop.
„So, das hätten wir. Morgen werde ich mit dir zur Polizei gehen und Liam anzeigen.“
„Aber das kann ich doch nicht machen. Ich meine, er war doch sonst immer zu allen Nett. Oder etwa nicht?“, unsicher setze ich mich auf sein Bett und sehe zu ihm rüber.
„Nett? Haha. Der ganz bestimmt nicht. Für den sind Frauen nur ein Spielzeug. Er benutzt sie, und wenn sie ihm nicht mehr gefallen, wirft er sie einfach weg.“
Haare raufend lässt er sich neben mir aufs Bett fallen und bleibt einfach liegen. Auch ich lasse mich zurück sinken und wir starren schweigend an die Decke.
Nach einer Weile höre ich ein Auto in die Auffahrt fahren und auch Brandan scheint es bemerkt zu haben.
Schnell will ich im Bad meine Haare richten und erstarre mitten in der Bewegung. Ein riesiger Bluterguss zieht sich auf meiner linken Gesichtshälfte von der Augenbraue bis hinunter zum Kiefer.
Fassungslos streiche ich mit den Fingerspitzen darüber. Vor schmerz zucke ich aber wieder zurück und versuche stattdessen meine Haare darüber zu drapieren, was mir gründlich misslingt.
„Sch… Lass es. Das wird wieder verheilen.“
Scheinbar gelassen setzt er mich im Wohnzimmer auf die Couch, ehe er zur Tür geht und sie aufhält. Mit einem Lachen und freudigen Rufen wird er begrüsst und ich sehe seinen Vater, beladen mit Koffern die Treppe nach oben wanken.
Erst als dieser wieder nach unten kommt, bemerkt er mich. Sofort lässt Brandan die anderen stehen und kommt zu mir, bevor sein Vater mich erreicht hat.
Ihm muss im Supermarkt wohl aufgefallen sein, dass ich gegenüber Männern unsicher und misstrauisch geworden bin.
„Dad. Das ist meine Freundin Shiro. Ich währe dir sehr dankbar, wenn du ihr nicht zu nahe kommen würdest. Den Grund kannst du dir auf der Kamera anhören“, beginnt Brandan, während ich mich an ihm festklammere.
„Was hat das zu bedeuten Sohn? Und was ist mit dem Mädchen passiert? Ich will doch schwer hoffen, dass das nicht du warst.“
„Nein, das war nicht Brandan. Er hat mir nur geholfen“, antworte ich für ihn und versuche selbstbewusst zu klingen.
Schnell strecke ich ihm meine zitternde Hand entgegen und er ergreift sie kurz.
„Brian Cheney. Sehr erfreut“, stellt er sich vor und kurz darauf betreten auch noch drei weibliche Personen das Wohnzimmer.
„Brandan!“, kreischt ein ungefähr 14 jähriges Mädchen und stürmt auf ihn zu. Bremst aber abrupt ab, als sie mich bemerkt.
„Oh hallo. Wer bist du denn?“, fragt sie neugierig.
„Patricia. Das ist meine Freundin Shiro.“
„Ah so. Etwa so eine Freundin?“, anzüglich wackelt sie mit den Augenbrauen und ich blicke zu Brandan hoch.
„Das geht dich nichts an. Dafür bist du noch zu jung“, wehrt er ab.
„Hei ich bin 14“, protestiert sie und stemmt die Hände in die Hüfte. ‚Sehr erwachsen’, denke ich und versuche mich aber zu beherrschen.
Lächelnd trete ich ganz hinter ihm hervor und streiche das Shirt glatt.
„Wow, was ist denn mit dir passiert?“
„Nicht so wichtig“, weiche ich aus und schnell stellt Brandan mich auch noch den anderen vor.
Schon bald verschwindet Sabrina, Brandans Mom, in der Küche und nach einer Weile gehe ich ihr nach und frage sie, ob ich was helfen kann. Sie schickt mich aber nur mit einem Eisteekrug und Gläsern wieder ins Wohnzimmer und sagt, sie käme schon alleine klar und würde uns dann zum Essen rufen.
Während die anderen sich Geschichten erzählen, sitze ich einfach schweigend neben Brandan und höre zu.
Schon bald ist es Zeit fürs Essen und wir versammeln uns um den Tisch. Dort besteht Patricia darauf, neben mir sitzen zu dürfen. Mit Brandan auf der anderen Seite fühle ich mich so ziemlich wohl und verspeise schweigend meine Portion Spaghetti.
Da es schon viertel nach 10 Uhr nachts ist, wird Patricia bereits ins Bett geschickt und ihre Mutter geht gleich mit, da sie von der Reise ziemlich erschöpft ist.
„Nun Junge, was ist jetzt? Weshalb hast du dich so aufgeführt?“
Mit einem seufzen holt Brandan die Kamera hervor und reicht sie seinem Vater. Dieser setzt sich zu seiner Frau auf die Couch und die Beiden sehen sich das Video an. Ich halte mir in der Zwischenzeit die Ohren zu, um es nicht noch mal hören zu müssen.
Aus dem Augenwinkel erkenne ich, wie sich Sabrina immer wieder stumm die Tränen aus dem Gesicht wischt und mitleidig zu mir rüber sieht, während Brians Blick immer ernster wird.
„Wart ihr schon bei der Polizei?“, fragt er schliesslich am Ende des Filmes.
„Ich hatte vor, morgen mit ihr da hin zu fahren.“
„Gut, macht das. Und jetzt solltet ihr auch schlafen gehen. Na los“, fordert Sabrina und scheucht uns die Treppe hoch.
„Okay. Du kriegst das Bett. Ich schlafe auf dem Sofa.“
„Oh nein. Du wohnst hier. Das ist dein Bett. Du sollst es kriegen“, widerspreche ich trotzig.
„Müssen wir uns jetzt darüber streiten?“, er versucht genervt zu wirken, aber sein Lächeln verrät ihn.
„Sieht ganz danach aus. Aber von mir aus teilen wir uns das Bett. Es ist ja gross genug“, schlage ich schliesslich doch noch vor und verschwinde im Bad.
„Sicher? Ich meine nach dem was passiert ist?“, hakt er nach und folgt mir einfach ins Bad. Aus einem Schrank holt er eine neue Zahnbürste und Zahnpasta.
„Egal. Schlimmer kann es eh nicht mehr werden. Und du hast ja selber gesagt, dass du nicht so bist wie Liam.“
Schnell putze ich mir die Zähne und spüle mir dann den Mund aus.
Ohne gross darauf zu achten schlüpfe ich unter die Decke. Unterbewusst nehme ich noch wahr, wie er sich neben mich legt, bevor ich in den Tiefschlaf sinke.

Am nächsten Morgen werde ich von der Sonne geweckt, die durch eine Ritze in den Vorhängen mir direkt ins Gesicht scheint. Blinzelnd rutsche ich ein wenig weiter runter und drehe mich verschlafen ein wenig mehr, sodass ich halb auf dem Bauch liege.
Mit einem seufzen lausche ich Brandans gleichmässigen Atemzügen und seinem Herzschlag.
‚Moment mal. Herzschlag?’, schlagartig bin ich hellwach.
Erst jetzt fällt mir auf, dass ich mich während des Schlafens an ihn gekuschelt habe und mein Kopf auf seiner Brust liegt. Mein Bein habe ich über seine gelegt und meine Hand liegt über seinem Bauchnabel auf seinem Bauch. Seinen Arm hat er mir um die Schulter gelegt und zieht mich jetzt gerade ein wenig enger an sich.
Erst denke ich daran, mich von ihm zu lösen, doch seine Anwesenheit beruhigt mich und die Wärme, die von ihm ausgeht, und das Kribbeln, das er in mir auslöst, geben mir Kraft.
Ansonsten würde ich es nicht schaffen, jetzt aufzustehen und zu duschen. In ein Handtuch gewickelt verlasse ich das Bad und nehme die frischen Klamotten, die Brandan mir gestern noch bereitgelegt haben muss.
Schnell ziehe ich mich an und setze mich dann auf sein Sofa. Dort warte ich, bis er aufwacht.
Aber das ist er schon. Und jetzt gerade steht er auf, wünscht mir einen guten Morgen und geht ebenfalls ins Bad.
Fertig angezogen Frühstücken wir mit den anderen in der Küche und verabreden uns noch für den Nachmittag. Sie hatten vor gehabt, in den Oregon Garden zu fahren. Und da ich nun mal schon hier bin, haben sie mich einfach eingeladen, mitzukommen.
Jetzt fahren wir aber mit der Kamera im Gepäck erst mal zur örtlichen Polizei.
„Mr. Cheney. Was wollen sie denn zu so früher Stunde hier?“, werden wir von einem Beamten begrüsst.
„Wir wollen eine Anzeige machen“, mit verschränkten Armen tritt er an den Tresen und ich folge ihm.
„Wen wollen sie anzeigen und was ist der Grund?“, fragt er nach und holt ein Formular raus.
„Wir wollen Liam Orson wegen Sexueller Belästigung und Vergewaltigung anzeigen.“
Erst weiten sich die Augen des Beamten, ehe er vor uns in Gelächter ausbricht.
„Das ist kein Scherz. Glauben sie etwa, ich hätte mir das selbst angetan?“
Hastig trete ich hinter Brandan hervor und nehme mir die Kamera, wo ich ihm alle Bilder zeige.
„Ach, und wann genau war das?“, fragt er nun etwas ernsthafter.
„Gestern. Nach der letzten Stunde. Das war Sport. Was genau passiert ist, können sie sich auf Band anhören. Sie sollte es nicht noch mal erzählen müssen. Einmal war schon zu viel“, spricht Brandan für mich weiter.
„Na gut. Dann geben sie mal her. Ich sehe mir das an und sie können in der Zwischenzeit hier warten. Wollen sie Kaffee?“, fragt er noch, und dreht sich in der Tür zu uns um.
Fragend sieht Brandan zu mir und ich schüttle den Kopf.
„Nein danke. Wir kommen schon klar.“
„Na gut, wie ihr meint. Lasst mir doch eine Handynummer da. Ihr könnt ja solange in irgendein Restaurant. Ich ruf dann an, wenn alles geklärt ist. Aber ich empfehle euch jetzt schon mal, einen Anwalt zu nehmen. So wie sich das anhört, wird das ganze vor Gericht gehen. Vorher sollte sie aber noch mal gründlich untersucht werden“, empfiehlt er und Brandan antwortet sofort, dass sein Dad das vermutlich machen wird.
Panisch sehe ich zu ihm auf und er bedeutet mir nur, ihm zu folgen.
„Keine Sorge. Ich werde es machen. Dad wird vielleicht dabei sein müssen, weil er dann den Bericht unterschreiben muss, aber er wird dich nicht berühren.“
„O…kay. Wenn du das sagst, dann wird es wohl das richtige sein“, stimme ich zögerlich zu und wir fahren mit seinem Auto zu einem Diner, wo wir erst mal ein Stück Kuchen essen und eine Limo trinken.
Nach ungefähr einer Stunde kommt wie erwartet ein Anruf und wir fahren zurück.
„Alles was du gesagt hast, ist so passiert?“, werde ich gefragt, kaum habe ich die Tür hinter mir geschlossen.
Ich nicke und ein Schaudern durchläuft mich schon wieder.
„Und es war wirklich Liam?“
Wieder antworte ich nur mit einem nicken.
„Ach und Brandan ist dein Freund, nehme ich an?“
„Nicht so ein Freund. Nur ein Freund“, antwortet dieser für mich und ich lächle ihn an.
„Mehr als nur ein Freund. Mein bester Freund“, füge ich hinzu.
„Bester Freund also. Aha… Nun ja, wie auch immer. Ich sollte euch besser vorwarnen, denn wir haben Liam für Montag nach der Schule hier her bestellt. Ihr müsst ebenfalls kommen. Und bringt einen guten Anwalt mit. Ausserdem solltest du dich untersuchen lassen und wir erwarten einen Bericht darüber.“
„Schon klar. Mein Vater ist Arzt. Er wird das machen“, schlägt Brandan vor und der Beamte nickt bestätigend.
„Na dann hoffe ich, dass es dir bald wieder besser geht.“
‚Ich auch’, denke ich und nicke ihm zu, bevor wir langsam zum Auto zurück schlendern.
„Wir sollten dir noch ein paar Klamotten zum wechseln holen.“
„Gute Idee. In den Sportsachen in den Oregon Garden währe ja schon merkwürdig, aber in deinen Sachen währe eine Katastrophe. Nichts gegen deine Sachen, aber dir stehen sie eindeutig besser“, scherze ich, während wir auf dem Weg zu meinem Haus sind.
Mir ist gar nie aufgefallen, dass er bisher mein Haus noch nie betreten hat. Obwohl er mich jeden Tag abgeholt und wieder zurück gebracht hat. Schon merkwürdig, wenn man mal so darüber nachdenkt.
Jetzt aber parkt er sein Auto gekonnt direkt vor dem Haus auf der Lichtung und wir steigen aus.
Die Hände lässig in den Hosentaschen folgt er mir und sieht sich staunend um.
„Hattest du einen Designer, der dir das eingerichtet hat?“
„Nein, das war ich selber. Wieso? Gefällt es dir?“, frage ich lächelnd und deute auf mein Wohnzimmer.
„Es ist fantastisch. Aber war bestimmt schwer, die ganzen Sachen aufzutreiben.“
„Na ja, geht so. Wenn ich nichts gefunden habe, was mir gefallen hat, dann hab ich selber was entworfen und machen lassen“, erkläre ich lächelnd.
Jetzt gehen wir aber erst mal nach oben in mein Zimmer, wo ich in meinem begehbaren Kleiderschrank verschwinde. Dort schnappe ich mir eine Tasche und stopfe einige Dinge rein, die ich dringend brauche, bevor ich mich selbst noch umziehe.
Fertig umgezogen verschwinde ich noch im Bad und packe auch dort noch ein paar Sachen ein. Kurz kämme ich mir noch die Haare durch und automatisch fallen sie mir wieder silbern glänzend, glatt bis zu meinen Hüften. Wenn ich das nicht jeden morgen machen würde, hätte ich leicht gewelltes Haar. Nicht zerzaust, aber ich mag sie lieber wenn sie glatt sind. Ich denke es passt besser zu mir.
„Schade“, seufzt er enttäuscht und ich sehe ihn irritiert an.
„Ich mochte die gewellten Haare mehr. Sie wirkten natürlicher.“
„Wirklich? Ich dachte irgendwie immer, dass es nicht zu mir passt“, gestehe ich.
„Also mir gefällt beides, aber mit den glatten Haaren siehst du irgendwie so, keine Ahnung, anders aus. Nicht du selbst“, versucht er zu erklären und ich lächle.
Schnell schüttle ich meine Haare durch und streiche mir einige Male mit den Fingern durch.
„Besser?“, frage ich grinsend und er streicht mir eine Locke hinters Ohr.
„Perfekt.“ Nach kurzem zögern küsst er mich auf die Stirn und schnappt sich dann meine Tasche. Ein wenig durch den Wind folge ich ihm nach unten und schliesse hinter mir ab. Noch immer spüre ich da wo er mich geküsst hat ein warmes kribbeln, das sich langsam ausbreitet.
‚Seltsam, so was ist mir ja noch nie passiert’, nachdenklich mustere ich ihn und das kribbeln wird noch intensiver.
Anscheinend hat er bemerkt, dass ich ihn angesehen habe, denn er dreht sich zu mir um und lächelt mich strahlend an. Ganz der Gentleman hält er mir die Autotür auf und ich steige ein.
„Na ihr. Wo wart ihr denn so lange?“, werden wir von Rachel begrüsst, die auch mich in die Arme schliesst, als würde ich längst zur Familie gehören.
„Schnell auf dem Polizei Revier, aber jetzt können wir los. Alles ist erledigt.“
Wenn Brandan das sagt, klingt es so einfach, als währe nichts los.
„Oh, na ja. Dann gehen wir mal.“
Da wir so viele sind, fahren sowohl Brian als auch Brandan. Bei uns fährt noch Patricia mit.
„Wahrst du schon mal im Oregon Garden?“, will Patricia neugierig von mir wissen.
„Nein. Du?“, frage ich zurück.
Sie schüttelt bloss den Kopf und ich grinse.
Sie müssen ja nicht wissen, dass ich schon zu Eröffnungszeiten einige Male da war. Einhörner lieben die Natur mehr als alles andere. Kein Wunder eigentlich. Wir leben ja auch in Wäldern. Es heisst ja, in einem Wald, wo es immer Frühling ist, lebt ein Einhorn. Aber solche Wälder findet man jetzt nicht mehr. Das war früher mal so. Es gibt auch nicht mehr viele Einhörner. Aber was denke ich jetzt über so was nach. Wir sind ja schon da und ich sollte endlich aussteigen.
Lachend hakt sich Patricia bei mir ein und zieht mich hinter sich her. Schliesslich wird sie aber von ihrer Mutter gerufen und Brandan nimmt ihren Platz ein.
„Wohin willst du als erstes?“, erkundigt er sich, als wir bezahlt haben.
„Gehen wir denn nicht mit den anderen mit?“
„Nein, meine Eltern haben vorgeschlagen, dass wir alleine gehen könnten. Aber wenn du mit den anderen mit willst…“, abwartend blickt er mich an und ich schüttle hastig den Kopf.
„Nein. So ist es einfacher. Lass uns nach rechts gehen“, schlage ich schnell vor und er lächelt wieder.
Da es so ein schöner Tag ist, sind hier sehr viele Leute unterwegs und ich bin eigentlich nur damit beschäftigt, mich hinter Brandan zu verstecken.
„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin ja da“, flüstert er mir ins Ohr und legt schützend seine Arme um mich.
Dann legt er mir einfach einen Arm um die Mitte und wir gehen langsam weiter. Immer mehr entspanne ich mich und kann mich endlich in Ruhe umsehen.
Alles ist perfekt. Bis auf einen Baum, um den sich einige Angestellte versammelt haben.
„Oh je. Warte mal.“
Langsam nähere ich mich dem Baum.
„Was ist los?“, frage ich eine der Angestellten.
„Wir haben keine Ahnung. Egal was wir machen, es funktioniert nichts. Ich glaube wir müssen ihn entfernen.“
„Wann wollen sie ihn rausreissen?“, ermittle ich schnell.
„Morgen Nachmittag.“
„Oh, wie schade. Na ja, vielleicht erholt er sich ja noch“, lächelnd gehe ich mit Brandan weiter. Mir ist klar, dass ich ja eigentlich bei ihm übernachten werde, aber wenn es sein muss, dann werde ich mich einfach rausschleichen. Ich muss diesem Baum irgendwie helfen. Er ist bereits so alt und hegt so viele Erinnerungen. Es währe Schade, wenn sie alle verloren gehen würden.
Jetzt jedoch sauge ich erst mal die Erinnerungen der anderen Pflanzen in mir auf um zu erfahren, was in den Jahren meiner Abwesenheit so geschehen ist, und geniesse die Sonne.
Gerade biegen wir um die Ecke und vor uns taucht ein Pavillon auf. Davor stehen mehrere Reihen von Stühlen und alles ist wunderschön mit weissen Lilien geschmückt.
„Wow“, staunend beobachte ich, wie die Braut durch den Mittelgang auf den Pavillon und den dort wartenden Bräutigam zuschwebt.
Lächelnd sieht sie sich um und ihr Blick bleibt schliesslich an mir hängen. Mit einem Wink bedeutet sie uns, platz zu nehmen. Begeistert sehe ich Brandan an. Und dieser führt mich auch direkt in die letzte Reihe, wo noch Plätze frei sind.
Schweigend bewundere ich die Braut, die sich jetzt gerade ihrem Bräutigam zuwendet. Sanft legt Brandan seinen Arm um mich und zieht mich ein wenig näher an sich.
Ich bin froh, dass er so tut, als hätte sich nichts verändert. Und ich gebe mir auch die grösste Mühe, mir nichts anmerken zu lassen, aber trotzdem ist mir jeglicher Kontakt unangenehm. Ich versuche wirklich, nicht zurück zuzucken und trotzdem versteife ich mich auch jetzt wieder, wo ich neben ihm sitze und er nur seinen Arm um mich gelegt hat.
Um mich abzulenken beobachte ich das Brautpaar und beobachte genauestens, was der Bräutigam tut.
Dabei fällt mir auf, wie er seine Frau ansieht und erkenne, dass es irgendwie Ähnlichkeit mit dem Ausdruck in Brendans Augen hat. Trotzdem ist es anders als bei ihm. Besonders da er immer auch noch besorgt ist. Wahrscheinlich um mich, denn ich erkenne es nur, wenn er mich ansieht. Alle anderen sieht er ganz normal an.
Irritiert blicke ich ihn an, als er den Arm von meiner Schulter nimmt und die Arme verschränkt.
„Was ist los? Wieso nimmst du denn jetzt den Arm weg?“, flüstere ich leise.
„Ich merke doch wie du jedes mal zusammen zuckst wenn ich auch nur deinen Arm streife. Es ist dir unangenehm und macht dir Angst“, antwortet er eben so leise.
Mit einem Blick bedeute ich ihm, mir zu folgen und wir gehen weiter.
„Ja, aber dafür kannst du nichts. Es sollte mir nichts ausmachen dürfen, also versuch es zu ignorieren. Das tue ich auch.“
„Nein. Das kann ich nicht. Ich kann das nicht ignorieren. Es ist unerträglich für mich, zu sehen was er dir angetan hat. Aber noch schlimmer ist, dass du Angst davor hast, jemandem wieder nahe zu sein“, wieder rauft er sich die Haare. Das scheint er immer zu machen, wenn ihn etwas aufregt, oder beschäftigt.
Vorsichtig nehme ich seine Hände in meine und ziehe ihn mit. Als wir wieder an dem Baum vorbeikommen ist niemand mehr zu sehen und ich weiss, dass jetzt meine einzige Chance ist, kurz nachzufühlen, was mit dem Baum los ist.
„Warte kurz“, bitte ich ihn und gehe dann auf den Baum zu.
Sanft lege ich meine flache Hand auf den Stamm und schliesse kurz die Augen um mich zu konzentrieren.
Von der Stelle aus, wo ich den Stamm berühre arbeite ich mich langsam vor, von den Wurzeln bis in die äussersten Spitzen der Äste erforsche ich alles und erkenne, dass eine Käferplage den Baum krank gemacht hat.
Das war schon vor Jahren, aber jetzt spüre ich, wie er langsam stirbt. Er braucht meine Hilfe. Und zwar dringend.
Ich muss mich heute Nacht wegschleichen. Koste es was es wolle.
„Was machst du denn da? Du zitterst ja schon.“
„Nichts. Ich dachte nur, ich könnte vielleicht herausfinden, was los ist, aber egal“, antworte ich schnell und nehme meine Hand weg. Das alles hat nicht länger als ein paar Sekunden gedauert.
„Na dann lass uns ins Cafe gehen. Du bist auch zum Essen eingeladen. Es ist schon spät. Wir sind länger da gesessen als du denkst.“
„Okay, dann lass uns gehen“, stimme ich zu und um mir selbst zu beweisen, dass ich keine Angst habe, greife ich nach Brendans Hand. Wenn ich von meiner Seite aus beschliesse, ihn zu berühren, bin ich vorbereitet und es macht mir nichts aus. Sehr Merkwürdig.
„Du brauchst das wirklich nicht zu tun“, beginnt er und will seine Hand der meinen entziehen.
„Wenn ich es vorher weiss, dann habe ich keine Angst, aber wenn du es einfach so tust, deinen Arm um mich legen und so, dass bin ich nicht vorbereitet und werde davon überrascht“, versuche ich stotternd zu erklären.
„Okay. Verstehe. Denke ich.“
Ein wenig verlegen lächelt er mich an und geht weiter. Schnell folge ich ihm und trete durch die Tür des Lokals, die er mir aufhält.
Dort ist bereits einiges los, denn die ganze Hochzeitsgesellschaft hat sich hier versammelt.
Weiter abseits entdecken wir Brendans Eltern, die uns zuwinken. Aber auch die Braut hat uns entdeckt und kommt mit ihrem Mann zu uns rüber.
„Hallo. Ähm, dass ist wirklich ein wunderschönes Kleid“, grüsse ich sie und sie lächelt.
„Danke. Wollen du und dein Freund nicht mit uns Essen?“
„Oh, das ist sehr nett von ihnen, aber sie kennen uns doch gar nicht“, antworte ich freundlich.
„Ach, mach dir darüber mal keine Sorgen. Du scheinst ein wenig Aufmunterung zu brauchen.“
„Aber seine Eltern warten doch schon auf uns“, gebe ich zu bedenken.
„Sie sind natürlich ebenfalls eingeladen. Ich nehme an das sind die vier Personen die da drüben so verloren an einem Tisch stehen“, vermutet ihr Mann grinsend und winkt sie heran.
„Hi. Cooles Kleid“, grüsst Patricia sofort grinsend, währen die anderen nur rumstehen.
„Danke, nett von dir. Wollt ihr mit uns essen?“
„Klar. Aber wieso denn jetzt auf einmal?“
„Aufmunterung für die Kleine hier und wir haben sowieso zu viel Essen bestellt“, erklärt ihr Mann grinsend, während sie bestätigend nickt.
„Na gut, dann gerne“, stimmen nun auch Brendans Eltern zu und wir setzen uns zu ihnen.

Impressum

Texte: Alle Rechte bei mir. Cover aus dem Internet.
Tag der Veröffentlichung: 25.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle Fans von, das letzte Einhorn.

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