Ich halte die Hand meiner Schwester fest umklammert. In meinem Kopf wiederholen sich immer wieder sie selben Worte: „Du hast es geschafft. Du bist mit ihr in Paris. Weg von Berlin. Weg von ihm. Endlich!“
Doch die Worte haben nicht diese freudige Stimmung die ich erwartet hatte. Es passte irgendetwas nicht. Aber ich war in Paris, zwar noch am Falschen Bahnhof aber es war Paris. Dort wo ich hingewollt hatte. Eine französische Durchsage verriet mir dass der Zug aufgrund technischer Schwierigkeiten 10 Minuten Verspätung hatte.
Das war ja kein Problem. Denn eines der Dinge die ich so an diesem Leben als Ausreißerin liebte war die Tatsache dass ich an keine Zeiten gebunden war.
Das hieß auch das ich keinen Anschlusszug brauchte ich nahm einfach den der gerade da war und in die richtige Richtung fuhr.
Das mit dem Französisch war auch kein Problem. Ich wohnte bis zu meinem 9.Lebensjahr hier und hatte danach in der Schule immer noch Unterricht.
Das einzige Problem war mein Alter und das von Mily, naja eigentlich hieß sie ja Emily aber ich nannte sie immer Mily. So wie sie mich immer Eve nannte obwohl ich eigentlich Evelyn hieß. Ich war erst 17 und sie 7 und somit fielen wir schon ein bisschen auf aber es ging so und wir waren schließlich bis hierhergekommen.
Ich halte ihre Hand immer wenn wir warteten oder im Zug saßen oder irgendwo herumliefen. Wir durften uns auf keinen Fall verlieren.
In der anderen Hand hielt ich eine Sporttasche und über der Schulter hing mir ein Rucksack. Milys Gepäck war ihr Stoffhase Moppel den sie nie und nimmer losließ und immer herumtrug. Aber ich hatte damit kein Problem.
„Eve. Haben wir noch was zu trinken?“
Ihre helle kleine Stimme fragte mich immer nett. Sie maulte nie.
„Klar, Schatz“, antworte ich und greife in die Sporttasche um ihr die Wasserflasche zu reichen.
Als sie mir die Flasche zurückgegeben hatte verstaute ich sie schnell, da eine weitere Durchsage uns mitteilte dass unser Zug bald einfahren würde.
Doch da sah ich die zwei Polizisten die die linke Treppe zum Gleis hochgingen. Der eine sagte etwas zum anderen und sie gingen geradewegs auf mich und Mily zu.
Vielleicht was ich etwas zu voreilig aber ich schrie nur noch schnell: “Mily, Renn!!!“
Da zog ich sie auch schon mit mir. Sie rannte wirklich schnell das merkte ich doch sie war trotzdem noch langsamer als ich.
An einer anderen Treppe die unter die Gleise führte drehte ich mich kurz um, um nach unsren Verfolgern Ausschau zu halten dann rannte ich nach unten.
Ich hatte mich überschätzt und war zu schnell so, dass ich stolperte und einige Stufen hinunter purzelte. Ich spürte sie harten Kanten der Steinstufen an meinen Armen und meiner Seite.
Doch ich stand trotz der Schmerzen schnell wieder auf und schrie zu Mily das sie weiterrenne sollte und mich etwas hinter sich lassen sollte. Wir waren trotzdem schnell. Die Treppe rauf durch die große Bahn Halle. Dort mussten wir erst einmal über eine vielbefahrene Straße. Ich sah noch die grüne Fußgänger Ampel und Mily die schon fast drüben war dann drehte ich mich um .Die Verfolger kamen immer näher. Ich höre noch die Auto Hupe dann ist da nur noch Schwärze.
Es ist als stünde man in einer Straßenunterführung. Alles ist dunkel und nur ganz weit entfernt ist da ein kleines Licht. Du gehst und gehst und nur ganz langsam wird das Licht größer bis du direkt davor stehst und das Licht dich verschluckt. Es wird immer größer und dann blendet es dich und du siehst nur noch weiß, bis sich aus dem tiefen weiß deine Umgebung schält und du aufwachst.
Und genau so war es gerade eben. Zuerst das weiß und dann die fast genauso weiße Zimmerdecke.
Mit den Geräuschen ist das anders. Während man nur weiß sie wird aus der Taubheit ein Gefühl wie mit Watte auf den Ohren. Und wen man wieder die Umgebung sieht hört man auch alles.
Ich bemerkte die Stimmen früh und regte mich nicht.
Regel Nr. 1: Jede Information ist wichtig…
Das Gespräch zum Beispiel verriet mir schon mal wo ich war und wie meine Lage aussah.
Gut das ich Französisch so gut wie im Schlaf beherrschte.
„Was ist jetzt eigentlich passiert?“
„Vor einigen Polizisten geflohen, über rote Ampel gerannt, von Auto angefahren.“
„Die Menschheit passt gar nicht mehr auf. Und das nur weil wir sie ja wieder zusammenflicken können.“
„So negativ würde ich das nicht sehen.“
„Ich schon.“
Kurze Pause.
„Weiß man schon wer sie eigentlich ist?“
„Naja nicht direkt. Also…nein. Höchstwahrscheinlich eine Ausreißerin aber man vermutet das sie nicht aus Frankreich.“
„Na toll…konnte man durch ihr Gepäck etwas herausfinden?“
„Vergiss es. Sie hatte vorgesorgt. Jedes Fach des Rucksacks war mit einem Schloss verriegelt und sie trug keinen Schlüssel bei sich.“
„Und das kleine Mädchen?“
„Im Großstadt-Dschungel verschwunden.“
Ja, Mily…sie war untergetaucht. Wie wir es vereinbarte hatten. Ach…sie war einfach spitze.
„Sonst gar nicht?“
„Garnichts.“
„Ich hasse Puzzeln.“
Durch einen Lautsprecher drang knisterndes Französisch: „Dr. Cooper in Raum 243.“
„Salut, Coop.“
„Salut.“
Also ich hatte meine zwei Antworten:
1. Ich war in einem Pariser Krankenhaus.
2. Meine Lage sah beschissen aus.
Da drehte sich jemand um und bemerkte meinen Wachen-Zustand.
Innerlich verdrehte ich die Augen und fluchte.
Im Nachhinein weiß ich nicht mehr genau was er gesagt hat, was mir im Gedächtnis blieb war seine blonden Harre, seine blasse Haut und seine goldenen Augen. Trug er Kontaktlinsen war er schwul. Wenn nicht dann war es irgend so ein medizinischer Grund. Ich glaube Blondie fragte mich nach einem Namen. In meinem Kopf liefen rasend schnell Gedanken ab und dann entschied ich mich zu schweigen.
Ich bin mir bis heute nicht sicher ob er sich fragte ob ich überhaupt Französisch spreche oder ob er sich fragte ob ich meine Zunge verschluckt oder zerkaut hatte.
Ich versuchte so schnell wie möglich zu reagieren aber mein Arm tat weh und mein Kopf fühlte sich an als würde er platzen. Als er sich, wegen was weiß ich, zur Seite drehte prang ich auf und rannte schon auf die Tür zu, da umfasste er mich schon von hinten. Ich war stark doch wie auch immer waren dann gleich noch zwei weitere Idioten in weißen Kitteln da. Hatten die sich gegenseitig eine Gedankenverbindung eingepflanzt?
Also mitten in einem Gerangel kam noch so ein Kittel-Träger herein.
„Ich habe hier die Blutwerte. Ähm…störe ich?“
„Ne gar nicht!“, rief Blondie sarkastisch, streckte ihm aber trotzdem seine Hand entgegen um die Mappe mit den Ergebnissen entgegenzunehmen. Na…Sarkasmus lässt grüßen.
Dann musste sich noch dieser andere Typ neben mir einmischen: „Steht da drin wieso sie so Aggressiv ist. Vielleicht PCP oder so?“
Danke bezeichne mich ruhig als Drogensüchtig. PCP? Die Sinne hier alle…aber wirklich. Wo war ich hier nur gelandet?
Nach einer geschlagenen halben Stunde gab ich auf. Drei gegen einen war ja auch voll unfair.
Sie brachten mich in ein Zimmer da in meinen Blutwerten natürlich kein PCP und auch nichts anderes war
Wenn man dauernd schweigen musste war das Leben irgendwie trostlos. Ich aß auch wenig. Aber ich fand ein paar neue Informationen heraus:
1. Blondie heißt eigentlich Dr. Cullen
2. Blondies ähm… ich meine Dr. Cullens Freund von vorhin Coop heißt eigentlich Dr. Cooper
3. Das Irrenhaus in dem ich gelandet war, war das Hospital Esquirol
4. Meiner Schwester ging es gut
5. Die Schlüssel für meine Tasche hatten sie wirklich nicht entdeckt (Dummheit schlägt Wellen)
6. Ich musste hier raus
7. Das war gar nicht so einfach
8. Dieser laden machte mich verrückt
9. Ein Teil meiner Ausrüstung fehlte
10. Durch den Autounfall hatte ich eine Gehirnerschütterung, einen verstauchten Arm und eine Tonne blauer Flecke, Schnitte und Schürfwunden
Also das mit der Ausrüstung kam mir schon seltsam vor den der Schlüssel war noch da, alle Schlösser zu und es fehlten nur ein paar bestimmte Dinge:
Dabei hatte ich am Anfang:
• Wasserflasche (0,5l)
• Notvorrat an Essen
• Geld (300¤)
• Handy
• iPod+Kopfhörer
• Aufnahmebrief von der Hochschule
• Briefe
• Fotos
• Tagebuch
• Zeichenblock+Stifte
• Ballettschuhe
• Ordner mit Geschichten
• Kleidung
• Messer
• Zeichnungen
• Videos von Auftritten (11)
• „Die Bücherdiebin“ von Markus Zusak
• Pullover
• Kleiner Papierrosenstrauß
• Ring
• Zwei Armbänder mit jeweils zwei Herzen und den Eingravierungen „A“ und „S“
• Kissen
Na super und davon fehlte jetzt die Fotos, die Ballettschuhe, ein Auftrittsvideo und die beiden Armbänder.
Das blödeste war das Video das hätte ich später noch gebraucht. Gut, dann halt nur noch zehn.
Traurig war ich über die Armbänder.
Nervig waren die Ballettschuhe weil wir nicht das Geld hatten um neue zu besorgen.
Aber das schlimmste waren die Fotos.
Sie waren Beweise für meine Herkunft.
Aber es stimmte. Ich wurde hier langsam verrückt. Oder:..?Egal…am dritten oder vieren Tag des Schweigens setzte ich mich auf das Fensterbrett. Die Polizisten waren inzwischen ein oder zwei Mal da gewesen um mit mir zu reden doch ich Schwieg.
Also ich saß da auf dem Fensterbrett und betrachtete die unzähligen Fenster die ich durch die U-Form des Gebäudes gut sehen konnte.
Ich entdeckte Blondie …Pardon Dr. Cullen in einem Fenster. Ich stand auf, holte meinen Zeichenlock und begann schließlich zu zeichnen. Das war ja noch gar nicht Krank aber die Tatsache dass ich das plötzlich jeden Tag machte beunruhigte mich. Es war fast schon Zwanghaft.
In der Nacht schlich ich mich aus meinem Zimmer um herauszufinden wie ich hier wegkam aber bis dahin ohne großen Erfolg.
Dr. Cullen lief durch den Korridor auf Coop zu.
„Salut, weißt du wo Aicha ist.“
„Ja in 213.“
„Merci.“
In 213 wartete Aicha. Sie war die Psychologin des Krankenhauses.
„Dr. Cullen um welchen Schützling geht es heute.“
„Unbekannt. Kein Name, Kein Umfeld, kein Nichts. Höchstwahrscheinlich eine Ausreißerin. Wir vermuten aus Deutschland. Aber sie hat irgendetwas und dafür brauch ich dich.“
„Schieß los…“
„Sie befindet sich immer in drei verschiedenen Zuständen: Entweder sie redet gar nicht und starrt einfach nur ins leere. Oder sie flüstert die ganze Zeit ununterbrochen Wörter vor sich hin die aber garkeinen Sinn ergeben oder sie ist total Aggressiv Schreit und weint. Und keiner weiß weiter was wir mit ihr machen sollen.“
„Also zu eurem Umfeld würde ich sagen das sie nur schlechte Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufbauen. Ich glaube so wie du das beschreibst hat sie eine schwere Zeit hinter sich. Wie Alt schätzt ihr sie?“
„17-19“
„Irgendetwas hat ihr Leben total umgekrempelt oder zerstört und das macht ihr jetzt so zu schaffen. Wahrscheinlich ist sie auch deshalb abgehauen.“
„Wir glauben dass sie noch eine kleine Schwester mitgenommen hat.“
„Dann vermute ich dass sie zuhause ein sehr schlechtes familiäres Umfeld hatte und deshalb ihre Schwester mitgenommen hat.“
„Danke Aicha.“
„Imme gerne.“
Somit wartete ich bi zum fünften Tag und an diesem Tag schaffte ich es per Brieftaube (ja ich bin so altmodisch) meiner Schwester zu sagen sie sollte am 18.Juli vor dem Krankenhaus auf mich warten, ich würde kommen.
Ich hatte es abends geschafft mich aus meinem Zimmer zu schleichen da hörte ich in der Stille Schritte und eine gedämpfte Männerstimme: „Du gehörst doch zu unserer kleinen Ausreißerin. Na die wird sich freuen.“
MILY!!!!
Ich drückte mich gegen die Wand und luckte um die Ecke, doch bevor ich etwas sehen konnte spürte ich eine Hand die meinen Arm packte.
Erschrocken führ ich herum und da stand (the one and only Blondie…sorry ich gewöhne mich nicht daran…) Dr. Cullen.
Ich zerrte an meinem Arm doch er ließ mich nicht los. Da kam Dr. Cooper, mit meiner Schwester die er am Arm hielt genau wie Blo…Dr. Cullen mich, um die Ecke.
Für einen kurzen Moment waren die beiden erstaunt und ich konnte mich losreißen, mir Mily schnappen und losrennen.
Irgendwohin.
Um irgendeine Ecke und in irgendeine Abstellkammer.
Ich verriegelte schnell die Tür. Sie klopften kurze Zeit noch gegen die Tür. Am liebsten hätte ich gesagt: „Leute wir sind nicht m Hörsaal. Beifall gibt es später.“ Aber ich war gerade damit beschäftigt Mily zu beruhigen und mir erklären zu lassen wie das passiert ist.
„Ich stand unten vor dem Krankenhaus wie du geschrieben hast doch dann fing es an zu Gewittern und ich stellte mich etwas weiter in den Eingang um mich unterzustellen…dann nach ein paar Minuten kam dieser große Mann zu mir und hat mir…Bilder von Mama und Papa und von Mike und …Anna und Sophie gezeigt und hat mich gefragt ob ich die kenne. Ich war ein bisschen …erschrocken und dann meinte er ich soll al mitkommen…Ist das jetzt alles meine Schuld?“
„Nein Mily ist es nicht.“
Es dauerte ca. eine halbe Stunde bis sie die Tür aufbekamen.
B…Dr. Cullen ah ein kleinwenig seltsam drein als er mich da auf dem Boden der Putzkammer sitzen saß und auf meinem Schoß Mily mit einem Obstriegel in der Hand. Wir standen widerstandslos auf und als ich an ihm vorbeiging flüsterte ich ihm zu: Hast du jetzt was du willst?“
Ich hätte ihn auch gleich einen Wichser nennen können aber das hätte nicht so viele Schuldgefühle ausgelöst.
Und so setzten wir durch das Mily das freie Bett in meinem Zimmer bekam, naja wir klammerten uns so lange an einander fest das sie einfach nicht mehr weiter wussten. Doch dann kamen zwei weitere Fehler in unserem Plan.
Fehler Nr.1:
Ich hatte es geschafft meine älteren Schwestern die in München wohnten mit dem Handy zu erreichen. Ich redete gerade mit Sophie als ich plötzlich die Tür aufging und B…Dr. Cullen in der Tür stand.
Ich hatte gerade aufgelegt und vor Schreck fiel mir das Handy aus der Hand. Es prallte auf den Boden woraufhin der Deckel absprang und die Batterie durch das Zimmer rutschte.
Ich stand für einen Moment noch wie versteinert da dann bückte ich mich, sammelte alle drei Teile zusammen, Sprang auf meine offene Tasche die auf dem Bett stand zu, stopfte es irgendwie hinein, Schloss den Reißverschluss und ließ das Schloss zuschnappen.
Fehler Nr.2:
Wir starteten noch einen Versuch zu fliehen aber dieser Endete ungefähr genauso wie der erste…
Dr. Cullen lief wieder durch den Korridor zu Aicha. Auf dem Weg kam er an dem Zimmer der Ausreißer vorbei. Er wollte eigentlich einfach daran vorbei gehen doch da hörte er eine Stimme aus ihrem Zimmer. Er blieb Stehen und tat so als würde er sich die Schuhe binden.
„Ja hier ist das Wetter nicht so toll wie in München.“
Kurze Pause.
„Ja die sind ja nicht so schwer zu knacken. Ja mach ich. Ok…hab dich lieb. Salut.“
Da berat er das Zimmer.
Sie stand hinten im Raum und hielt ein Handy in der Hand. Als sie ihn bemerkte fiel ihr vor Schreck das Handy aus der Hand. Für einen Moment starrte sie ihn nur an dann hob sie es schnell wieder auf und verstaute es in ihrer Tasche die auf dem Bett stand. Sie ließ das Schloss klicken und stand dann wie angewurzelt im Raum.
Er drehte sich um und ging.
Tief war es schon, aber das war ja genau das worauf ich es abgezielt hatte. Das Krankenhaus hatte mindestens sechs Stockwerke. Nur einen kleinen Schritt vor mir lagen der Tod, der Abgrund und die Erlösung.
Nur Fehler lagen hinter mir, doch ich wusste das hier würde noch einer sein.
Ich stand schon eine ganze Weile da und überlegte ob es das wert war.
„Bit du wirklich so egoistisch?“, fragte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und dort stand, wer sonst, Blondie.
„Wie meinst du das?“
„Bist du wirklich so egoistisch und lässt deine kleine Schwester hier einfach so allein zurück?“
„Ich habe verloren, sie wird zurück nach „Hause“ geschickt. Alles geht von vorne los. Und ich habe versagt.“
„Trotzdem ist es das nicht wert. Du hast doch noch das ganze Leben vor dir.“
„Leben. Mein Zuhause ist eine Bruchbunde, ich habe einen schlagenden Trinker-vater und ich Mutter die aus Angst immer zu ihm hält. Auf mich wartet niemand der mich braucht.“
Ich beginne zu weinen und eine Trän fällt am Abgrund entlang nach unten.
„Doch deine Schwester.“
„In ihrem Leben habe ich schon genug versucht zu helfen.“
„Dann spring und lass alles zurück. Genau wie dein Bruder.“
„Woher weißt du von meinem Bruder?“ Nun schrie sie.
„Wir wissen alle wer du bist. Und deshalb weiß ich das dein
Ich sitze auf meinem Bett, neben mir Carlisle also Dr. Cullen und in meinem Arm schläft Mily. Ich erzähle ihm alles was zu meiner Vergangenheit gehört.
„Geboren bin ich ja hier in Paris. Ich glaube sogar hier in diesem Krankenhaus. Deshalb kann ich auch so gut Französisch. Mit neun Jahren sind wir dann umgezogen. Nach Berlin. Doch dort fand mein Vater keine Arbeit und fing an zu Trinken. Mit 15 hielt ich es nicht mehr aus und wurde zunehmend deprimierter Irgendwann drückte ich das auch in meinem Aussehen aus und entwickelte eine Art Emo-, Punk-, Gothic- und Metallstyle. Ich begann mich zu ritzen bis ich beschloss mich normal anzuziehen, mir die Pinke Haarfarbe heraus zu waschen und abzuhauen.“
„Du hattest pinke Haare?“
„Ja warte ich habe ein paar Fotos dabei. Obwohl…nein die hat mir dein Kollege…wie hieß der I…sorry …Ach…genau Cooper geklaut.“
„Ne die habe ich.“
Er griff in die Tasche seines Kittels und gab mir den kleinen Stapel zurück. Ich zog genau eins hervor und gab es ihm.
„Das hier.“
„Das bist du nicht.“
„Doch das bin ich.“
„Also um ehrlich zu sein das was ich gesagt habe von wegen wir wissen alles über dich. So genau stimmt das nicht ich weiß nicht wie genau das mit deinem Bruder war.“
„Also meine Familie sah ungefähr so aus: ein kleiner Bruder, eine kleine Schwester, drei große Schwestern, zwei große Brüder, mich, Vater, Mutter.“
Bei den Worten eine kleine Schwester, strich sie Mily liebevoll übers Haar. Dann erzählte sie weiter:
„Meinem kleinen Bruder ging es eigentlich von uns allen am besten wenn man von meinen älteren Geschwistern absieht. Ich habe ich n immer in Schutz genommen genau wie Mily. Doch eines Tages stürzte er sich vor einen Bus.“
„Das tut mir leid.“
„Wieso es ist doch nicht deine Schuld?“
„Schon aber du tust mir leid klingt so mies.“
„Aha.“
„Und deine älteren Geschwister?“
„Alle abgehauen als sie volljährig wurden. Mein ältester Bruder Jimmy nach London. Dann Ethan nach New York. Meine Schwester Rosé nach Sydney und meine anderen beiden Schwestern Lola und Leni nah München.“
„Das heißt deine Eltern sind jetzt gerade ganz alleine in Berlin.“
„Ja. Ich habe irgendwie Schuldgefühle weil ich meine Mutter zurückgelassen habe. Ich hoffe das mein Vater sie nicht zu Tode geprügelt hat.“
„Bestimmt nicht.“
Kurzes Schweigen.
„Hattest du eigentlich mal ein Hobby als du ein Teenager warst?“
„Ich habe immer gerne kreative Dinge getan. Getanzt, eigene Geschichten geschrieben, gezeichnet. Ich konnte mich aber nie zwischen diesen drei Sachen entscheiden. Also habe ich versucht etwas zu finden wo ich alles drei machen kann. Und ich habe tatsächlich etwas gefunden.“
Ich kramte schnell in meiner Tasche und holte einen Brief hervor.
„Kreativitäts Universität Paris“, las er laut vor. „Alle Achtung. Du musst ganzschön gut sein um dort aufgenommen zu werden.“
Ich nicke und musste plötzlich gähnen.
„Du solltest schlafen gehen.“
Er stand auf und wollte gerade gehen als ich rief: „Warte Carlisle…“
Er drehte sich noch einmal um.
„Kann…Kannst du hier bleiben?“
Er lächelte und setzte sich neben mich aufs Bett. Ich sah ihm kurz in die Augen und dann küsste ich ihn.
Dr. Cullen lief gerade den langen, weißen, seriellen Korridor entlang als ihm eine Menschentraube an der Theke vorne in der Station auffiel wo sich gesammelt hatte und alle ganz aufgeregt durcheinander redeten. Mitten unter den anderen Dr. Cooper. Er stand etwas abseits hörte aber zu. Carlisle ging zu ihm und als Begrüßung fragte er: „Klinkklatsch oder ist was ernsthaftest?“ ohne ihn überhaupt anzusehen. Er war mit den Gedanken irgendwie abgelenkt doch dann als er zwei- oder dreimal in seinem Kopf wiederholt hatte was Coop gesagt hatte drang langsam die Wirkung zu ihm durch. „Das Mädchen und ihre Schwester sind verschwunden…“
Er lief in das Zimmer das ihr zugeteilt worden war und riss die Tür auf…es war leer. Coop trat hinter ihn und meinte: „Ich verstehe auch nicht wie sie hier rausgekommen ist…“
„Ich schon…“ Er zeigte auf den offenen Luftschacht. „Sie mussten sich dort ja vor niemanden verstecken oder ist nicht stehen geblieben weil du mit ihrer kleinen Schwester vorbeigekommen bist.“ Beide lachten ein bisschen. Doch Carlisle durchforstete schon seine Erinnerung an das gestrige Gespräch auf irgendeinen Hinweis wo er sie finden könnte. Sie hatte erzählt dass sie die Brunnen und Häuser vor dem l'Arche de la Défense gemocht hatte und die alten Straßen in der Nähe des Eifelturms und natürlich den Eifelturm selber…
Das könnte Ewigkeiten dauern…und Carlisle war sich gar nicht sicher wieso er sie überhaupt finden wollte? Aus beruflichen Gründen? Wohl kaum…privatlich käme eher hin aber wieso?
Weil sie sich geküsst hatten…wenn es für sie irgendetwas bedeutet hätte wäre sie nicht einfach so gegangen…obwohl ein bisschen kalt war sie ja schon gewesen.
Er sollte aufhören darüber nachzudenken und dem Mini-Vortrag den Coop gerade hielt lauschen.
„…Und ich meine zu wem sollte sie den Gehen…oh Mann wir hatten sowieso schon wenig Informationen genug…und jetzt ist sie weg und wir haben keine Ahnung wo sie ist und überhaupt wie ging es ihrer Gehirnerschütterung?“
Da es am Anfang des Gesprächs gereicht hatte nur „Hmmm…“ zu sagen war Carlisle zuerst etwas überfordert…
„Ähm…naja…sie…so normal halt….Ähm….ja.“
„Sag mal wo bist den du mit deinen Gedanken?“
„Na bei dir?“
„Klingt nicht so?“
„Ähm…ja.“
„Das meine ich…“
„Jaja schon gut…ich bin anwesend.“
„Ok, dann verrate mir mal zu wem sie gehen sollte?
„Ähm wir haben gestern Abend geredet und…“
„Ihr habt geredet?“
„Ja aber das ist nicht wichtig…ähm…sie hat von …einer Tante erzählt die in der Rue de Hennon wohnt.“
„Immer noch nicht ganz wach oder?“
„Doch doch…also eine Tante die in der Rue…“
„Jaja ich habe schon gehört…äh keine Ahnung ob uns das was bringt….“
„Ich weiß das auch nicht.“
Carlisle wusste schon was er machen würde….und als er dann vor dem einzigen Haus mit dem passenden Nachnamen stand betrachtete er den Namen lange und die Menschen die m ihn herum voreigingen interessierten ihn nicht…er stand da bis tief abends…als sich die Tür öffnete…und ein Mädchen mit Kunstvollgeflochtenen blonden Haaren herauskam…die Tante.
Sie wandte dich den Briefkästen zu und sagte ohne ihn anzusehen: „Sie ist nichtmehr hier. Nachdem dein Freund hier aufgetaucht war…“
Ich saß an dem Brunnen vor dem l'Arche de la Défense und Mily betrachtete die unregel-mäßigen Bewegungen des Springbrunnens, doch ich bemerkte es zu spät…den Mann der sich näherte.
Carlisle sah mich an als er vor mir stehen blieb…und als ich aufsah sah ich dass er wusste was ich empfand.
„Es tut mir leid.“
„Wie viel hast du ihm erzählt?“
„Nur das wir geredet haben und dass du gesagt hast das du eine Tante in der Nähe des Eifelturms hast…“
Ich sagte lange Zeit nichts…
„Wo willst jetzt hin?“
Sie zuckte nur die Schultern.
„Ich habe eine Idee…“
Doch bevor er weiterreden konnte unterbrach ich ihn: „Nein hast du nicht…du wirst mir nicht helfen…du hast schon genug geholfen.“
„Du lässt mich es ja nicht mal versuchen…“
Ich nahm die Hand von Mily die vom Brunnen wegging und stand nah vor ihm.
„Will auch nicht…“
Er zog die Augenbrauen hoch doch ich sagte: „Du sollst nachdenken…“ Ich stand direkt vor ihm und dann stellte ich mich auf die Zehenspitzen um ihn zu küssen. Er stand da wie angewurzelt und ich ging weg und sah kurz bevor ich hinter einer Ecke verschwand nochmal zu ihm und er stand noch genauso da wie davor…
Carlisle war sonst durch nicht von seiner Arbeit in der Klinik abzulenken aber diesmal liesen seine Gedanken nicht los. Sein Gedankenkarusel lief pausenlos und er rempelte mindesten dreimal jemanden an weil er so in seinen Gedanken versunken war das er wieder seine Umgebung verloren hatte.
Irgendwann…kurz nach Dienstschluss ging Carlisle hoch auf das Dach des Krankenhauses. Irgendetwas sagte in ihm das er hier etwas zum Nachdenken finden würde. Er stand dort oben und fand auch sehr bald etwas jemand hatte auf den Hüfthohen Rand auf dem sie gestanden hatte mit Klebeband die Ränder eines dicken Briefumschlags festgeklebt. Das braune Papier des Umschlags war leicht feucht als er es vorsichtig abtrennte und vorne hatte jemand mit geschwungener Schrift das Wort „Gedanken“ geschrieben hatte.
Als Carlisle den großen Umschlag öffnete fand er ein Video, einen Schnellhefter und zwei weitere kleinen weißen Briefumschlag. Er steckte alles wieder hinein und öffnete den Umschlag erst wieder als er zuhause war.
Zuerst sah er sich das Video an…es war noch gar nicht so alt. Es war eine Bühne zusehen und eine einzelne blasse Tänzerin mit langen lockigen roten Haaren im schwarzen Ballett-Tütü.
Sie tanzte wunderschön. Sie war eine fließende Bewegung…der Tanz war eine Bewegung…bis sie irgendwann langsam aus der Bildfläche tanzte und das Video endete.
Er durchblätterte den Schnellhefter… ca. 100 Seiten geschriebenes und 10 gemalte Bilder.
Er betrachtete die beiden weißen Umschläge…auf dem einen stand nichts und auf dem anderen in derselben geschwungenen Handschrift „Als letztes öffnen“
Also öffnete er den unbeschrifteten Umschlag. Darin befand sich ein Stapel alte schwarz-weiß Polariod-Fotots. Er betrachtete sie flüchtig und stellte fest dass sie hier aus Paris stammten.
Ein Pärchen im Park, ein Mann in der Metro, zwei Mädchen vor einem H&M, eine Wolke, ein Mädchen auf einer Parkbank…
Doch erst als er zweimal hinsah bemerkte er etwas. neben dem Mädchen saß die schwache Silhouette eines Jungen…die Wolke sah aus wie ein Hase…der H&M war vollkommen leer ohne Kleider oder ähnlichem im Schaufenster, neben dem Mann in der U-Bahn saß eine Frau die seine Hand hielt und ihn umarmte, die Wolke sah aus wie ein Hase…
Als letztes öffnete er den Brief:
„Genug zum Nachdenken...
Eine Anregung….wenn du es verstehst dass das einzige was ich brauche du bist….jemand der mir zuhört….der mir hilft und mich beschützt….doch du hast es ihm gesagt….und ich weiß nicht aber ich dachte es ändert etwas doch das tut es nicht….ich will nur mit dir zusammen sein.
Ich liebe ich …“
Carlisle legte alles zusammen wieder in den Umschlag und ging wieder nach draußen. Sie saß tatsächlich in dem kleinen Park beim L’Arche de la Défense. Mily lag schlafend in ihren Armen und schlief.
Als sie aufsah lagen Tränen in ihren Augen. Carlisle ging einfach auf sie zu und legte den Briefumschlag in ihren Schoß zu Mily…setzte sich neben sie…nahm ihr Gesicht in seine Hände…und küsste sie.
Ich hatte mich überschätzt…ich hatte keinen Schlafplatzt gefunden. Mily saß auf meinem Schoß und schlief.
Plötzlich tat sich etwas in der Dunkelheit und ich sah Carlisle der zu mir kam…mir den Umschlag in den Schoß…setzte sich neben mich…nahm mein Gesicht in seine Hände…und küsste mich.
Nach dem ersten Schock legte ich die Arme um ihn und erweiterte den Kuss. Ich weiß nicht wie lange wir uns küssten aber irgendwann lösten wir uns wieder voneinander und er fragte: „Darf ich jetzt helfen…?“
Ich sah ihm in die Augen: „Nichts lieber!“
Er reichte mir die Hand und wir gingen zu ihm nachhause. Er trug die schlafende Mily und als sie ankamen legte er sie sanft auf dem Sofa ab und wand sich mir zu. Er nahm ich in die Arme, ich sah in seine Augen und küsste ihn wieder…
Tag der Veröffentlichung: 03.09.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Schnürchen...wen du das liest möchte ich dir sagen:Du hast dieses geheimnisvolle Etwas an dir das ich nicht beschreiben kann,bleib so <3