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Inhaltsverzeichnis

Hallo ihr lieben :) hier sind mal die Seitenzahlen zu den jeweiligen Kapiteln ... manchmal kommt es ja zu Verschiebungen also kann es sein das ein KApitel auch schon auf der Vorigen der erst auf der nächsten Seite anfängt die ich hier angebe ...

Prolog S. 6
1. Das Erwachen S. 21
2. Komplikationen S. 45
3. Erkenntnisse S. 81
4. Der Aufbruch S. 144
5. Die Flucht S. 174
6. Verschleierung S. 206
7. Einfach "cool" bleiben S. 236
8. Verschlungene Pfade (Teil 1) S.269


Prolog

Der Abend war einfach göttlich. Wenn es so weitergeht, wird er sich zu einem der unvergesslichsten Erlebnisse meines Lebens weiterentwickeln.

, dachte ich völlig verzückt, als Francis, mein gut aussehender Freund und ich den Club verließen.
Er lag nicht weit entfernt von unserer Wohnung, in die wir erst vor drei Wochen eingezogen waren. Das zwei-Zimmer-Apartment befand sich im südlichen Teil Galways nicht weit weg vom Atlantischen Ozean.
Schon seit meiner Kindheit faszinierte mich die grüne Insel. Die wunderschöne Landschaft und die Irische Mythologie zogen mich magisch an. Als Francis und ich darüber nachdachten im Ausland zu studieren, war ich überglücklich als er Vorschlug uns eine Uni in Irland zu suchen. Wie es schien stand das Glück uns zur Seite, da wir gleich eine passende fanden und diese uns ohne zu zögern annahm. Höchst zufrieden begannen wir unseren Umzug zu planen und zu organisieren.
Da meine Adoptivmutter ein ewiger Single war, beruhigte mich die Vorstellung, dass die Eltern meines Freundes direkt neben ihr wohnten. Seit dreißig Jahren waren unsere Mütter eng miteinander befreundet und fast eben solange lebten sie in derselben Reihenhaussiedlung. Den Ort zu verlassen an dem man sein ganzes Leben verbracht hatte fühlte sich irgendwie komisch an. Ob ich die Deutsche Kleinstadt vermissen würde? Einiges bestimmt.
In manchen Momenten machte mir der Gedanke eine riesen Angst, das Vertraute hinter sich zu lassen. Ins Unbekannte zu treten war gar nicht so einfach wie es sich anhört. Wenn Francis nicht mitgegangen wäre, hätte ich den Mut für diesen Schritt niemals aufbringen können. Dafür war ich ihm sehr dankbar. Er war mein sicherer Anker, mein bester Freund den ich schon mein ganzes Leben lang kannte. Erst vor zwei Jahren legten wir unsere Ängste beiseite und ließen unseren Gefühlen freien lauf. Wir haderten lange mit uns, da wir befürchteten alles aufs Spiel zu setzten was wir hatten.
Doch durch das tiefe Vertrauen in unsere Freundschaft und unsere Liebe, nahmen wir die Chance war und wurden nicht enttäuscht.
Gemeinsam waren wir stark und konnten alles schaffen.
Als wir unsere neue Wohnung zum ersten Mal betraten, waren wir erleichtert, dass diese genauso aussah wie die Bilder, die unsere Vermieter per E-mail geschickt hatten. Die erste Woche hier in Galway verbrachten wir hauptsächlich damit unser neues Zuhause einzurichten und die Umgebung zu erkunden. Wir schafften es geradeso diese schöne und auch stressige Aufgabe bis zum Semesterbeginn fertigzustellen.
Schon vom ersten Tag an kannten die Dozenten keine Gnade mit uns armen Studenten. Jede einzelne Stunde war mit geballtem Wissen gefüllt. Ungeahnt, hatten wir vor lauter Wissenshunger so viele Seminare belegt das auch die Nachmittage bis zum platzen voll gestopft waren.
Nachdem wir uns diesem Stress zwei Wochen ohne entspannenden Ausgleich ausgesetzt hatten, wurde es langsam Zeit sich diesen zu suchen. Durch Zufall hatte ich gehört wie meine Banknachbarin über einen Club gesprochen hatte in dem nur Alternative – Rock gespielt wurde. Natürlich war Francis hell auf begeistert als ich ihm vorschlug den Abend dort zu verbringen. Und wie sich herausstellte war es genau das, was wir gebraucht hatten.
Das wir diesen zu Fuß erreichen konnten stellte sich als wahrer Segen heraus.
Als wir den Heimweg antraten waren wir noch völlig berauscht vom hingebungsvollen Tanzen der Nacht und unsere leidenschaftlichen Gefühle füreinander erhitzten unsere Gemüter.
Es war eine dunkle und sternenlose Nacht, aber davon bekamen wir fast nichts mit, da wir uns eher mit den sinnlichen Bewegungen unserer ineinander verschlungenen Zungen beschäftigten. Oh Mann, der Kerl kann küssen, da zieht es mir jedesmal aufs Neue fast die Schuhe aus! Nichts wie Heim!

, dachte ich voller Vorfreude. Und wie ich meinen Schatz kannte würde die mit Sicherheit auch belohnt werden.
Wir beide konnten manchmal ganz schön widersprüchlich sein. Einerseits wünschten wir uns nichts sehnlicher als endlich in unseren eigenen vier Wänden anzukommen, aber andererseits konnten wir nicht die Finger voneinander lassen.
Somit dehnte sich unser Heimweg bis zum Unendlichen aus.
Werden wir diesen Marathon je bezwingen, oder reist mir gleich hier an Ort und Stelle der Geduldsfaden?

, fragte ich mich als Francis seine Hände bebend über meinen Körper gleiten ließ. Diese Bewegungen signalisierten mir, dass es ihm genauso erging wie mir.
Schnell warf ich einen prüfenden Blick in die Straßen die vor und hinter uns lagen. Nichts, keine Menschenseele. Niemand der uns sehen oder stören konnte. Die Entscheidung war gefallen und der dünne Faden, der meine Selbstbeherrschung aufrecht erhielt war nun endgültig gerissen.
Gerade als unsere Küsse und Berührungen drängender wurden, hallte ein wirklich bösartig klingendes Lachen und Kreischen von den uns umgebenden Wänden wieder. Scheiße. Ausgerechnet jetzt wurden wir gestört. Hätten sich diese Volldeppen nicht noch etwas Zeit lassen können? Aber nein, Vandalen wie diese es sein mochten hielten sich schlicht und ergreifend nicht an meine Bedürfnisse! Na wartet, euch werd ich es zeigen!

, sprach der Frust in meinem Inneren. Ohne große Worte zu verschwenden entschieden wir uns den Heimweg nun doch anzutreten. Francis schnappte sich meine Hand und an dem Druck die diese ausübte, erkannte ich, dass ihm nicht wohl in seiner Haut war.
Sollte es mir auch so gehen? Unterschätze ich die Situation?


Oder war mein Schatz einfach nur leicht zu erschrecken?

, überlegte ich noch, als das Grauen in Form eines erbarmungslosen Brüllens immer näher rückte. Schlagartig lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken, der jegliche Leidenschaft und Rebellion von mir abfallen ließ. Zurück blieb eine erdrückende Angst. Was, wenn dies gar keine harmlosen Vandalen waren, sondern ein paar skrupellose Schläger? Oh Gott, was hatten sie nur vor? In meinem paranoiden Schädel tauchten unzählige Bilder von blutüberströmten Leichen und vergewaltigten Frauen auf.
Doch was diese aus Horrorfilmen bekannten Szenarien so grausam machte, war die Tatsache, dass es sich hierbei nicht um anonyme Leichen handelte. Nein, mein ach so tolles Vorstellungsvermögen bastelte jedem dieser Opfer die Gesichter von Francis und mir auf die verunstalteten Körper.
Zudem kramte ich in meinem Gedächtnis eine reale Gräueltat aus. Erst vor knapp einem Jahr wurde hier in Galway eine Schweizer Sprachschülerin erwürgt. Der Mörder saß zwar im Gefängnis, aber vielleicht hatte er Komplizen von denen keiner wusste! Sollten wir die nächsten Opfer sein. Ich wollte nicht auf dem Titelblatt der Zeitungen landen, weder Tot noch lebendig!
„Bitte lasst uns in Ruhe!“, appellierte ich etwas zu kleinlaut, so das es nur Francis hören konnte. Als er zu mir rüber schaute entdeckte ich Panik in seinen Augen, es war dieselbe die mich ergriffen hatte. Die Gefahr die in der Luft lag hatte den aus Urzeiten in uns angelegten Fluchtinstinkt zur Folge.
„Lass uns schnell abhauen!“, flüsterte er mir mit unsicherem Unterton zu.
Und wir rannten was das Zeug hielt. Angetrieben durch das Adrenalin, dass durch unsere Adern jagte, waren unsere Körper dazu bereit Höchstleistungen zu geben. Bis dahin wusste ich gar nicht, dass ich so schnell rennen konnte ohne über meine eigenen Füße zu stolpern. Warum ich in so einer Situation über meine Tollpatschigkeit nachdachte lag sicherlich an meiner erhöhten Ablenkungsbereitschaft, die in keinen Moment meines Lebens wirklich hinein zupassen schien, sich jedoch immer wieder breit machte. Sobald mir diese bewusst wurde, ermahnte ich mich meine Konzentration auf wichtigeres zu lenken. Nämlich die Flucht!
Lauf schneller!

, trieb ich mich an. Doch so schnell wir auch rannten, das bösartige Lachen schien schneller zu sein. Je näher die feindseligen Stimmen kamen, desto mehr stellten sich meine Nackenhaare aufrecht. Sie wurden immer lauter und durch das Echo konnten wir nicht erkennen aus welcher Richtung sie kamen. Mit von Panik geweiteten Augen schauten wir uns nach der Bedrohung um. Hier und da flackerten ein paar in die Länge gezogene Schatten auf, aber sonst war nichts zu sehen.
Plötzlich ertönte eine grausam klingende männliche Stimme.
„Es hat keinen Zweck wegzulaufen, denn wir kriegen euch sowieso!“
Und als ob dies noch nicht genug wäre wurde diese Botschaft von einem hysterischen Kichern noch zusätzlich untermalt.
Immer wieder wurde das zweigeteilte Grauen von den Wänden wiedergegeben. Dieses beschissene Echo, führte nicht gerade dazu dass ich mich beruhigte. Nein, es feuerte mein Herz nur noch mehr an und es schlug so fest gegen meine Rippen, dass man meinen konnte es wolle herausspringen. Dem Herzschlag folgend strömte das Blut wie ein reißender Fluss durch meine Halsschlagadern. Das Rauschen welches dadurch entstand, übertönte meine stoßweise Atmung völlig. Hoffentlich hält mein Körper diese Scheiße noch ein bisschen aus! Wenn ich jetzt umkippe ist keinem geholfen. Hm, zumindest die Irren die uns folgen würden sich darüber freuen. Aber diesen Gefallen tue ich ihnen nicht! … Warum sind wir eigentlich in eine so verdammt ruhige Gegend gezogen? Wir haben drei Uhr morgens und keine Menschenseele ist hier Unterwegs! Aber an welchem Ort dieser Welt ist zu dieser Zeit eigentlich überhaupt noch was los? Wo immer das sein mag, dort will ich auf der Stelle hin!

Während ich mich fragte wo dies wohl sein mochte, kam mir ein viel produktiverer Gedanke!
Doch bevor ich ihn aussprechen konnte wurde meine Angst von einer weiteren Lach und Kreischsalve weiter angeschürt. Diese Mistkerle waren viel schneller als wir, so erklärte ich mir jedenfalls die immer lauter werdenden Jagdrufe.
„Wir… müssen … uns … verstecken … sie … kommen … immer … näher!“ Und so stieß ich völlig außer Puste meinen einen nützlichen Gedanken doch noch aus.
Schneller als es bei mir der Fall gewesen wäre, verarbeitete Francis das Gehörte und zog mich auch schon einen Sekundenbruchteil später in eine Gasse. Diese war sehr unübersichtlich, aber das war ja genau das was wir suchten! Die sich anbietenden Verstecke waren jedoch spärlicher gesät als wir angenommen hatten. Die komplette Gasse war in ein schummriges Licht getaucht. Zwei große, stinkende Mülltonnen verunstalteten die linke Seite. Auf der anderen führte eine im Verfall begriffene Treppe zu einer massiven Stahltür, hinter der sich vermutlich die Kellerabteile des Hauses befanden. Insgesamt lagen uns also zwei Möglichkeiten offen, die Mülltonnen oder die Tür. Wir entschieden uns für die in die Tiefe führende Treppe. Unten angekommen zeigte uns das Schicksal, dass es heute nicht gut für uns bestellt war.
„Mist! Abgeschlossen!“, fluchte ich in einem leiseren Ton als sonst.
Um keine Zeit zu verschwenden schleifte mich mein Freund schon wieder nach oben und zeigte auf die letzte uns verbleibende Chance.
Igitt! Eine stinkende Mülltonne. Bäh! Rein bekommt mich da niemand! Eher gebe ich freiwillig auf!

, redete ich mir Gedanklich gut zu. Doch als ich die am Boden verstreuten Kartons liegen sah, lobte ich die Faulheit der Menschen. Mein schlauer Francis hatte in Null Komma nix meinen hysterischen Blick gedeutet und zog mich und ein Paar riesen Pappschachteln hinter den Container.
Schnell krabbelten wir unter die lieblos behandelte Verpackungsware und setzten uns aneinander geklammert auf den dreckigen Boden. Da es zwischen diesen Ungetümen von Kartons ganz schön muffelte, hoffte ich das die Qual wenigstens ihren Sinn erfüllte und wir unentdeckt blieben.
Immer wieder musste ich meine Atmung bewusst regulieren, da diese vor Angst und der zuvor bewältigten Anstrengung nur stoßweise aus meiner Lunge entwich. Wenn ich dies nicht bald in den Griff bekomme unterschreibe ich dadurch noch unser Todesurteil!

, klärte der vernünftige Teil von mir den anderen auf. Meine irrationale und panische Seite gab sich geschlagen.
Folglich inhalierte ich die stickige Luft etwas ruhiger, aber das Zittern meiner Muskeln konnte ich nicht verhindern. Deshalb versuchte ich meinen Körper ganz klein zu machen, damit dieser keinen Kontakt zu den Schachteln um uns herum hatte. Dies war zwar vergebens, aber wenigstens hatte ich es versucht! Um meine Panik zu dämpfen streichelte der Engel, der neben mir saß behutsam meinen Kopf. Beim Versuch ihm in seine fast türkisfarbenen Augen zu schauen, wendete er schnell den Blick ab. Vermutlich wollte er nicht, dass ich in ihnen die Angst sehen konnte, welche auch ihn eingenommen hatte. Er wollte mich beschützen das konnte ich spüren. Auch wollte er meine Angst durch seine eigene nicht noch verstärken. Dankbar erhöhte ich den Druck meiner Arme, um ihn noch näher an mir zu spüren und er tat es mir gleich. Unsere aneinander gedrückten Herzen rannten um die Wette und stachelten sich gegenseitig zu einem noch schnelleren Lauf an.
Ich wollte ihn fragen was er von der Situation hielt, wollte wissen wie er unsere Chancen einschätzte, stattdessen schwieg ich. Und dies fiel mir verdammt schwer.
Mit der beträchtlichen Anspannung die sich in uns breit gemacht hatte, lauschten wir nach Geräuschen die uns den Aufenthaltsort unserer Verfolger genannt hätten. Nichts! Plötzlich herrschte eine Totenstille.
Hatte das etwas Gutes oder eher etwas Schlechtes zu bedeuten?
Und wie es manchmal so war, kam die Antwort auf die Frage gleich mitgeliefert!
Denn wie aus heiterem Himmel stoben die Kartons - die unseren einzigen Schutz darstellten - von uns weg. Aber es gab keinen sichtbaren Hinweis dafür. Niemand war zu sehen der sie hätte wegziehen können. Zudem herrschte absolute Windstille.
Einen Wimpernschlag später lösten sich aus dem dunklen Hintergrund die Umrisse von zwei Personen. Beim genaueren Hinsehen konnte man erkennen das einer von ihnen sehr weibliche Formen hatte, während der andere ein wahres Muskelpaket zu sein schien. Keine Sekunde später waren der furchteinflößende Mann und seine nicht minder beeindruckende Begleiterin schon viel zu nah an uns herangetreten.
Mein Herz setzte für ein paar Takte aus, nur um danach in einem noch schnelleren Tempo weiter zuschlagen.
Da es stockdunkel war, konnte ich nur ihre Schemen ausfindig machen. Man konnte weder ihre Gesichter noch ihre Mimik erkennen und ich wusste nicht, ob es mich eher beunruhigen oder trösten sollte.
Mein furchtbar krankes Hirn half mir wieder einmal auf die Sprünge und setzte dem Unerkenntlichen Masken auf, die zum Erschrecken verzerrt waren. Wie paralysiert saß ich auf dem Boden, zu starr um zu reagieren.
Francis hingegen bewahrte die Fassung, zog mich nach oben und hinter sich, damit wir ihnen nicht am Boden kauernd wehrlos ausgeliefert waren. Die Bewegung befreite mich aus meiner Ohnmacht und ich wollte unsere Angreifer fragen, was sie von uns wollten doch ich brachte keinen Ton heraus. In dem Moment als ich dies herausfand spürte ich eine unsichtbare Kraft, die mich gegen die Wand hinter uns presste. Was war denn hier los? Wie konnte das sein?
Als ich verwirrt und ängstlich zu Francis hinüber blickte, bemerkte ich, dass auch er gegen den Beton gedrückt wurde. Todesangst erfasste mich.
Ich will noch nicht sterben! … Lasst wenigstens Francis in Ruhe!

, schrie ich innerlich, da meine Stimmbänder immer noch keinen Ton produzieren konnten.
Die beiden Angreifer lachten noch einmal auf und auch diesmal klang dieselbe Grausamkeit mit, die ich vorhin schon herausgehört hatte. Sadisten!
Der Mann vollzog eine ruckartige Bewegung mit seinem rechten Arm, welche dazu führte das sowohl Francis als auch mein Kopf gegen die Mauer gestoßen wurden. Ich erwartete die berühmten Sternchen zu Gesicht zu bekommen, stattdessen breitete sich eine Schwärze vor meinen Augen aus. Am Rande meines Bewusstseins bekam ich noch mit wie meine Beine nachgaben und ich langsam zu Boden ging.
Ich liebe dich Francis! Es tut mir so Leid das es so mit uns enden muss!


Dies war der letzte Gedanke den ich fassen konnte, bevor ich das Bewusstsein verlor. Immerhin konnte ich so keine Schmerzen spüren.


1.Das Erwachen
„Guten Morgen, wie geht es ihnen?“
Wer spricht denn da? Hab ich diese Stimme schon mal irgendwo gehört? Hmm, vielleicht sollte ich einfach die Augen öffnen, dann kann ich mich davon überzeugen wer da sitzt!

, dachte ich, während ich mich noch im Halbschlaf befand.
Langsam erhoben sich meine Augenlider und was ich da zu sehen bekam machte mich sprachlos. Da saß ein völlig Fremder. Ein großer und gut gebauter dunkelhaariger Mann, dessen strahlend grüne Augen auf mir ruhten. Das schöne Gesicht und seine Ausstrahlung erinnerten mich an Johnny Depp in seinen späten Zeiten von 21 Jump Street. Gut, dieser hier hatte längere Haare, denn sie reichten ihm bis übers Kinn, waren aber genauso zerzaust wie damals das Haar von Johnny in seiner Rolle als Tom Hanson. Auf seinen männlichen breiten Schultern trug er eine schwarze Lederjacke und ein weißes T-Shirt. Seine Beine wurden von einer blue-stone-wash Jeans umschmeichelt und seine Füße verbargen sich in schwarzen Turnschuhen. Meine eigene Ausgabe von einem Traummann saß auf dem beigefarbenen Sessel der neben meinem Bett stand und eigentlich für meine zwei süßen Katzen gedacht war. Die Tageszeit wurde von meinen herunter gelassen Rollos verdeckt und draußen gelassen.
Das ich sehen konnte, verdankte ich einer kleinen Lampe die auf meinem Nachttisch stand, durch ihren Schirm leuchtete das Zimmer in einem warmen Orange.
Ich muss noch träumen, wie sonst wäre dieser Mann in meine Wohnung gekommen. Wenn ich aufwache liegt mein Schatz Francis neben mir und alles ist so wie immer. Bestimmt! Oder hatte ich in der letzten Nacht irgendeinen schwerwiegenden Fehler begangen? Großer Gott bitte nicht! Wie bin ich überhaupt Heim gekommen? Das letzte an das ich mich erinnern konnte umfasste das gemeinsame Tanzen mit Francis - unter einer erheblichen Menge Alkohol.

Diese war wahrscheinlich auch die Ursache für die Gedächtnislücke.
Scheinbar sah ich ziemlich verwirrt aus, denn der Blick mit dem er mich nun bedachte, spiegelte eine gewisse Vergnügtheit, aber auch eine gewisse Nervosität wieder, so als würde er sich über meinen Anblick freuen und doch Angst vor meiner Reaktion auf ihn haben. Oder sah ich heute so furchterregend aus, denn diese Deutung würde seinem Blick genauso gerecht werden.
„Können sie mich hören?“
Was sollte denn die Frage. Langsam sendete mein Gehirn motorische Informationen an meine Sprechmuskulatur und ließ folgende Worte erklingen: „Natürlich kann ich sie hören, schließlich träume ich nur und bin nicht taub!“ Huch das war ja ganz schön frech, ich sollte öfter sprechen ohne dabei darüber nachzudenken wie es bei meinem Gegenüber ankommt! Diese Information musste ich dringend in meinen Wachzustand mitnehmen!
Mit einem Lächeln, welches seine sinnlichen Lippen umspielte, sprach er langsam weiter „Es ist schön zu wissen, dass sie zu den mit Gehör gesegneten … Menschen zählen. Aber was das Träumen angeht muss ich sie enttäuschen! Sie sind vor ein paar Minuten aufgewacht. Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen, ich bin Edward und wie heißen sie.“
Aha, Edward mit den Scherenhänden saß hier bei mir. „Mein Name ist Felicitas. … Wie kommen sie hierher und was wollen sie von mir?“
Er fixierte mich mit seinen durchdringenden Augen und begann damit, mir eine äußerst surreale Erklärung zu geben.
„Meine Schwester Alexis und ich hatten letzte Nacht gesehen wie sie und ihr Freund von zwei bluthungrigen Vampiren überfallen wurden. Wir kamen zum Glück rechtzeitig um sie zu retten und haben sie anschließend nach Hause gebracht. Können sie sich noch an irgendetwas von dem was letzte Nacht passierte erinnern?“
Ich musste lachen. Von wegen! Wäre ich vor ein paar Minuten aufgewacht, würde ich nicht so ein Märchen erzählt bekommen. Bluthungrige Vampire, der hatte sie doch nicht mehr alle!
Plötzlich kam eine Erinnerung an die letzte Nacht zurück in mein Bewusstsein. Schlagartig fing mein Herz an zu rasen. Der Gedanke an das furchteinflößende Pärchen jagte mir erneut einen Schauer über den Rücken. Wie sie uns verfolgt und in die Enge getrieben hatten!
War das wirklich geschehen oder war das nur ein Albtraum? Die Erinnerung fühlte sich jedoch sehr wirklich an.
Hm, vielleicht war ich ja doch wach und der Typ hatte einfach eine lebhafte Phantasie!
Ich wusste zwar nicht wie wir entkommen konnten, aber wie Vampire hatten diese Irren nicht ausgesehen. Gut, in den Schemen die ich erkennen konnte, hätte ich solche Feinheiten wohl kaum erfassen können. Außerdem gab es ja gar keine Vampire, oder etwa doch?
„Wollen sie mich verarschen?“, diese Frage kam mir in diesem Moment sehr sinnig vor! Er antwortete jedoch nicht.
Irritiert schaute ich mich in meinem Schlafzimmer um und merkte, dass hier etwas fehlte. Und das waren nicht der schlichte eichenholzfarbige Kleiderschrank und das dazu passende Regal und der Schreibtisch, die sich in meinem winzigen Schlafzimmer um mehr Platz stritten.
„Wo ist eigentlich Francis? “
Ohne auf mich zu achten erzählte er seine sonderbare Sicht der Dinge weiter. „Bei dem Überfall haben ihr Freund und sie einen ziemlich harten Schlag auf den Kopf bekommen, weshalb sie das Bewusstsein verloren haben. Das vom Blutrausch besessene Paar wollte sie gerade in ihr Quartier verschleppen, als wir ihnen einen Strich durch die Rechnung machten.
Wir konnten die beiden Vampire nach einem harten Kampf eliminieren.
Es ging alles sehr blutig zu, denn freiwillig wollten die Beiden ihre Beute, also sie beide, nicht hergeben. Leider sind meine Schwester und ich dabei auch verletzt worden. Da sie und ihr Freund zu nah bei dem stattfindenden Kampf lagen, konnten wir leider nicht vermeiden das sie, und wie heißt er doch gleich, ach ja, Francis eine ganze Menge Blut von uns abbekommen haben. Durch den Kontakt mit unserem Blut wurden ihr Freund und sie jetzt ebenfalls infiziert!“ Hier legte er eine Pause ein.
„Was, sie haben HIV und wir wurden von ihnen angesteckt? Das darf doch wohl nicht war sein!“, schrie ich ihm entsetzt entgegen.
Ich wusste gar nicht, dass HIV Halluzinationen bei den Erkrankten auslöst. Oh mein Gott, wie konnte das alles nur passieren?
„Wir sind nicht HIV Positiv und HIV löst auch bei den Erkrankten keine Halluzinationen aus!“
Was ging denn jetzt hier vor sich, das mit den Hallos hatte ich doch gar nicht ausgesprochen! Oder doch?
„Nein haben sie nicht! Ich besitze die Fähigkeit Gedanken zu lesen. Tut mir Leid, ich wollte nicht einfach so in ihrem Kopf herum stöbern, aber ihre Gedanken sind so laut das ich einfach nicht weghören konnte! Im Übrigen habe ich so herausgefunden wo sie wohnen, da ich das Bild von ihrem Haus ständig in ihrem Kopf aufblitzen sah.
Als wir es gefunden hatten, probierte ich die Schlüssel aus, die sie bei sich trugen und stellte erleichtert fest das einer davon passte!“
Jetzt wusste ich es sicher, ich träumte den komischsten Traum den ich je geträumt hatte. Ja, so sah es aus!!!!!
Edward verdrehte seine Augen und gab ein genervtes seufzen von sich. Sehr geduldig war dieser Traummann ja nicht gerade mit mir!
Liebe Grüße an mein Unterbewusstsein, in meinem nächsten Traum möchte ich gern respektvoller behandelt werden!!! Danke!

, schimpfte ich gedanklich.
Der Mann, der mir gegenüber saß lächelte kurz auf, als hätte er meine gedankliche Rüge verfolgt.
„Wie erkläre ich es wohl am besten ohne meine kleine Neurotikerin hier zu beleidigen.“ Dies sagte er wohl eher zu sich, als zu irgendjemand anderen. „Versteh mich bitte nicht falsch aber du schläfst nicht mehr, das hier ist die Realität ob du es nun glauben möchtest oder nicht! … Ach ja, ich darf dich doch duzen oder? Es ist so schwierig für mich, jemanden zu siezen dessen Gedankenwelt ich unausweichlich in meinem Kopf hören kann!“
„Natürlich darfst DU mich duzen DU Arsch!! Ich und neurotisch, DU spinnst doch!!“
Von meinem Ausbruch wenig beeindruckt hob er seinen Rücken von der Lehne des Sessels, legte seine Arme auf seinen Oberschenkeln ab, faltete die Hände und dann erzählte er einfach weiter.
„Alexis und ich, wir sind ebenfalls Vampire. Allerdings gehören wir zu denjenigen von unserer Art, die versuchen ihre Blutlust zu zügeln. Das heißt, wir beißen niemanden ohne ihn um Erlaubnis zu fragen. Auch morden wir nicht, da es uns sinnlos und dumm vorkommt, diejenigen die uns nähren auszulöschen! Da du Vampirblut abbekommen hast, bist du gerade im Begriff dich in eine von uns zu Wandeln.“ Hier machte er eine Pause, weil er wahrscheinlich nicht wusste wie er das was als nächstes kommen sollte in Worte zu verpacken hatte. So zumindest deutete ich seinen - trotz alledem sehr anziehenden - Gesichtsausdruck.
Mittlerweile hatte ich mich im Bett aufgesetzt, mich in meine vielen Kissen gelehnt und mir die Decke bis unters Kinn gezogen.
Als Edward weiter sprach wirkte er nervös, mein Verhalten ihm gegenüber war ja auch nicht gerade ermutigend.
„Mein Blut fließt ab jetzt in deinen Adern, das nennt man bei uns Blutsband, von jetzt an sind wir voneinander abhängig! Ich kann nicht ohne dich und du nicht ohne mich leben. Wenn wir uns voneinander entfernen fühlt sich das so an, als würde dir jemand mit roher Gewalt deine Seele aus dem Leib reißen, dass kann man mit der Bindung die eine Mutter zu ihrem Kind spürt vergleichen! … Zu allem Überfluss brauchst du nun auch täglich eine kleine Ration von meinem Blut, damit du dich gut entwickeln kannst! Es enthält die entsprechenden Antikörper und hilft deinem Körper besser mit den neuen Gegebenheiten umzugehen!
Vampire die sich weigern von ihrem Schöpfer zu trinken, trocknen innerlich aus, sie sind nach kurzer Zeit nur noch Haut und Knochen und können nur darauf hoffen das jemand so nett ist und diesem dahinvegetieren ein Ende bereitet. Selbst das Trinken von Menschenblut kann dies nicht aufhalten. … In den ersten Jahren ist das Blutsband am stärksten, dass heißt in dieser Zeit sind wir quasi aneinander gebunden, danach kann jeder von uns seine eigenen Wege gehen. Wobei die meisten nie lange voneinander getrennt bleiben, es ist einfach zu schmerzhaft, so als würde man einen Teil von sich verlieren! ...
Das Vampirblut hat aber noch andere Auswirkungen auf dich. In den nächsten Tagen wird sich dein Körper sehr verändern, deine Sinne werden geschärft, du wirst stärker und schneller. Auch wirst du nicht mehr altern und ...“
Ohne weiterhin auf ihn zu achten, stand ich auf und stellte erleichtert fest, dass ich etwas an hatte. Wie peinlich wäre es gewesen, wenn ich jetzt plötzlich splitterfasernackt vor ihm gestanden hätte. Naja, so durchgeknallt wie dieser Typ war, hätte er es wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkt! Mit meinem weiß-schwarz-gestreiften Trägershirt und der enganliegenden schwarzen Jeans bekleidet, die ich letzte Nacht schon auf der Party getragen hatte, setzte ich einen Fuß vor den anderen und verließ das Schlafzimmer. Igitt, ich hatte in meinen, vom leidenschaftlichen Tanzen durchgeschwitzten Klamotten geschlafen und zu allem Überfluss waren diese auch noch mit merkwürdigen rotbraunen Flecken verziert.
Also verschob ich erst einmal das Kaffee kochen, welches normalerweise immer meine erste Handlung an einem neuen Tag war, ging ins Bad und schloss die Tür ab. Durch die Tür hörte ich das Edward sich in meinem Esszimmerbereich einen Stuhl zurecht rückte, um wie ich annahm darauf platz zu nehmen. Vielleicht fragen sie sich jetzt wie ich darauf kam das er im Esszimmer war, dies kann ich ganz leicht beantworten! Ich hatte in keinem weiteren Zimmer Stühle die man hätte verrücken können.
Erleichtert, dass ich endlich mal allein war, schaute ich mich in meinem kleinen Badezimmer um, in dem geradeso eine Wanne, ein Waschbecken mit einem mediterran angehauchten Unterschrank, die Toilette, meine Waschmaschinen-Trockner-Kombination und ein kleines Schränkchen in dem ich meine Unterwäsche, ein paar alte Klamotten und Handtücher aufbewahrte platz hatten. Wenn ich es mir recht überlegte, waren sowohl das Zimmer als auch der Schrank wohl doch nicht so klein.
Etwas unbeholfen, zog ich meine Klamotten aus und schmiss diese in eine Ecke. Kurz, wirklich nur kurz, plagte mich ein schlechtes Gewissen weil ich so achtlos mit meiner Garderobe umgegangen war. Aber als ich den Rand meiner Badewanne erklommen hatte, wurde dieses, von dem freudigen Sehnen nach dem heißen Wasser das aus der Brause hinunter auf meiner Haut fiel, verdrängt. Ich weiß nicht wie lange ich reglos unter der Dusche stand, mir kam es jedenfalls wie eine Ewigkeit vor, einer Ewigkeit völlig frei von irgendwelchen Gedanken.
Nachdem ich mich dann doch in Bewegung versetzt und mich von dem ganzen Schmutz der letzten Nacht reingewaschen hatte, stieg ich, etwas wackelig auf den Beinen, wieder hinaus und trocknete mich ab. Ohne einen Blick in den Spiegel zu werfen, - der über dem Waschbecken hing und perfekt zu den beiden Schränken in diesem Zimmer passte -, zog ich mir ein schwarzes Shirt und eine dazu passende schwarze Jogginghose an, die ich mir aus dem vorhin erwähnten Schrank geangelt hatte. Die in der Ecke liegenden Klamotten riefen erneut einen inneren Zwang in mir hervor, also packte ich sie und schmiss diese in die Waschmaschine. Dann öffnete ich die Tür, ging wie benommen in die Küche und setzte eine Kanne Kaffee auf. Als ich diese Handlung fast automatisch vollführt hatte, ging ich ins Wohnzimmer. Dort angekommen, schmiss ich mich auf mein braunes, altes Sofa, welches trotz der vielen Jahre die es schon hinter sich gebracht hatte sehr bequem war.
Der geheimnisvolle Mann war mir in die Küche gefolgt, stand nun dort herum und sah der Kaffeemaschine dabei zu, wie diese fleißig das erhitzte Wasser durch die gemahlenen Kaffeebohnen fließen lies. Ich hätte ihn rausschmeißen sollen! Aber ich tat es nicht. Warum? Hm, wahrscheinlich war ich doch oberflächlicher als ich immer dachte und ließ mich von seiner Attraktivität täuschen. Edward besaß eindeutig einen Schönheitsbonus, also traute ich ihm nichts Böses zu, da wir Menschen unbewusst das Schöne mit dem Guten gleich setzen. Und ich fiel voll darauf rein und änderte trotz dieser Erkenntnis mein Verhalten nicht. Nein, stattdessen ließ ich das Gehörte nochmal Revue passieren und nahm zum ersten Mal seit ich die Küche verlassen hatte meine Umgebung war.
Gegenüber von dem Sofa, auf dem ich nun saß, stand mein Lesesessel und darauf hatten sich meine beiden Katzen zusammengerollt und bildeten ein Ying-Yang-Zeichen. Die beiden bemerkten meinen Blick, woraufhin sich Billy und Ally - so hießen die beiden - streckten, vom Sessel sprangen und zu mir rüber getigert kamen. Da ich vollkommen von meinen Gedanken eingenommen war, bemerkte ich dies nur noch am Rande meiner Aufmerksamkeitsschwelle.
Ich konnte es kaum glauben was mir gerade eben erzählt wurde.
Ich sollte ein Vampir sein, ha, so ein Blödsinn! Nur um mich davon zu überzeugen, dass mir gerade eine Lüge aufgetischt wurde, betastete ich meine Zähne.
„Autschn, so ne Scheiße, wieso sind die so scharf?“
Mit Fragezeichen in meinen Augen, betrachtete ich meinen blutenden Finger. Das war unmöglich!
Langsam löste sich ein Tropfen Blut von meinem misshandelten Finger und traf die Nasenspitze meines Katers Billy, der den Störenfried sofort ableckte. Ally meine verfressene Katzendame glaubte um eine Leckerei betrogen worden zu sein, hüpfte auf meinen Schoß und leckte über meinen Finger. Zwar nahm ich für einen Augenblick die leicht kratzige Zunge meines kleinen Lieblings wahr, doch im nächsten Moment zog dieses groteske Schauspiel fast unbemerkt an mir vorüber. Ich war mir sicher, dass das was hier gerade geschah, irgendwann noch eine Rolle spielen würde. Aber ich ignorierte es, da meine Zweifel an der ganzen Vampirsache, meinen unruhigen Geist nach Erklärungsmöglichkeiten suchen ließ.
Entweder ich schlief noch und hatte den abgefahrensten Traum aller Zeiten oder der Idiot da drüben, hatte mir im Schlaf die Zähne mit einer Feile geschärft? Das war jedenfalls logischer als seine Geschichten von Vampiren, Wandlung und irgendeinem Blutsband. Oder etwa nicht? Hm, jetzt stellte sich nur noch die Frage, warum er dies überhaupt hätte tun sollen? Welche Antwortmöglichkeiten standen mir denn zur Verfügung?
a.Er war ein Wahnsinniger, der zu viele Vampirbücher gelesen hatte und nun in einer Fantasiewelt lebte und ausgerechnet mich da mit reingezogen hatte!
b.Hier stand irgendwo eine versteckte Kamera und mein Freund würde gleich hervorgesprungen kommen um lauthals zu lachen, da sein Streich mich so getroffen und verwirrt hatte.
c.Er sagte die Wahrheit!
d.Ich hatte keine Ahnung, aber die Antwort würde mich schon noch rechtzeitig ereilen.
Mit einem spöttischen Grinsen auf dem Gesicht, trat Edward, der mich von der Küche aus beobachtete, ins Wohnzimmer ein. Er reichte mir eine Tasse, die zu einem drittel mit Milch und dem Rest mit Kaffee aufgefüllt war. Genauso wie ich ihn schon immer trank. Woher wusste er das nur?
Mit meiner Nase, nahm ich den wunderbaren Geruch von frischen Kaffee in mich auf. Daraufhin schloss ich meine Augen und entspannte mich, durch dieses Verhalten, was man schon als Rituell bezeichnen konnte, da ich es jeden Morgen aufs Neue durchführte. Langsam führte ich die Tasse zu meinem Mund. Als meine Lippen den Rand berührten, floss auch schon der erste Schluck des hellbraunen fast beigen Getränks in meinen Mund. Da dieser noch etwas zu heiß war, verbrannte ich mir fast die Zunge. Deshalb stellte ich den Kaffee auf den Tisch, der vor mir stand und entschloss mich ihn noch ein paar Minuten abkühlen zu lassen. Kaum war mein Arm wieder an meinem Körper angelangt, öffnete Edward seinen Mund und begann zu sprechen.
„ Wenn dir etwas an deinen Stubentigern liegt, solltest du hoffen, dass sie immun auf Vampirblut reagieren. Denn durch dein unvorsichtiges Blutvergießen kann es sein das du soeben ihr Todesurteil unterschrieben hast!“
Augenblicklich traf mich eine unvorstellbare Angst, gepaart mit Wut über meine leichtgläubige Art. So ein Quatsch, beruhige dich, du bist nur wieder zu überängstlich was deine Katzen betrifft. Du glaubst doch gar nicht an den ganzen Blödsinn, also besteht doch gar keine Gefahr für die beiden! Oder doch?????

, dachte ich verwirrt.
In meiner Panikattacke hatte ich gar nicht bemerkt wie mein Körper vom Sofa auf den Boden gerutscht war. Unbewusst hatte ich mir Billy geschnappt und ihn an meine Brust gedrückt, in der mein Herz den Hummelmarsch nachspielte. Was ist wenn er recht hat? Werde ich die beiden Engel für immer verlieren? Wie soll ich das überleben, mit dem Bewusstsein die Schuld an ihrem Tod zu tragen?

, diese und weitere unproduktive Gedanken, veranstalteten in meinen Hirnwindungen eine Verfolgungsjagd, während heiße Tränen in Strömen meine Augen verließen.
Als Edward erneut die Stimme erhob, riss er mich aus meinen angstgeprägten Bildern über das Verenden meiner Katzen.
„Vielleicht ist dein Blut noch zu menschlich und ihnen passiert nichts! Aber die Schärfe deiner Zähne spricht eindeutig dagegen, da dies ein Zeichen für eine sehr fortgeschrittene Veränderung des Organismus ist. Die Wandlung vollzeiht sich bei dir so schnell, dass hab ich noch nie gesehen!!“ Mir schien es als würde er eher zu sich selbst, als zu mir sprechen.
Ok, was wäre, wenn das was er gesagt hatte der Wahrheit entsprach?
„Können wir irgendwas für sie tun, falls mein Blut schon seine ganze Menschlichkeit verloren hat?“ Oh, Felicitas du musst echt wahnsinnig sein wenn du das alles glaubst.

, schloss ich aus der Frage die ich gestellt hatte.
„Ich weiß es nicht. Hab noch nie gehört wie Tiere auf den Kontakt mit unserem Blut reagieren. Bei Menschen lässt sich der Blutkontakt nicht rückgängig machen, die Veränderung des Organismus lässt sich nicht aufhalten! Entweder der Mensch stirbt oder er wird selber zum Vampir!“
Ich schluckte. „Wie lange dauert es bis man weiß, ob der Mensch die Wandlung übersteht?“
„ Kurz nach dem Kontakt zeigen sich die ersten Vergiftungszeichen, wie Atemnot, Halluzinationen, Aggressivität und vieles mehr.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „ Du scheinst jedenfalls kompatibel mit unserem Blut zu sein!“
Kompatibel, war der von allen guten Geistern verlassen, ich war doch kein Computer der irgendeine Software in sich zum laufen bringen sollte. Naja, der wichtigere Schluss aus dem was er sagte war wohl, dass ich, wenn er recht hatte überleben würde?
Mein Blick fiel erneut auf die zwei Katzen. „ Das heißt also, da Billy und Ally hier quicklebendig, ohne irgendwelche Anzeichen von Verwirrung und Atemnot durch die Wohnung stiefeln, sind sie entweder immun gegen mein Blut, befinden sich gerade im Prozess der Wandlung oder ich bin gar kein Vampir und du willst mich die ganze Zeit auf den Arm nehmen!“ Edward schaute mich fragend an, dann zauberte er ein Lächeln auf sein schönes Gesicht, welches dadurch nur noch anziehender wurde. Hey, was soll denn der Gedanke, du bist glücklich verliebt du blöde Kuh, also hör auf diesen Verrückten so anzusehen!

, schalt ich mich. Sein Lächeln wurde noch breiter als könnte er meine Gedanken lesen, was er ja auch tat. Na super, jetzt hast du wahrscheinlich auch noch gesabbert als du ihm in seine schönen grünen Augen gesehen hast.

, und so ging mein Gezeter weiter.
Nachdem Edward mich noch eine geraume Zeit gemustert hatte, gab er mir endlich die Antwort auf die Frage, die ich ihm schon vor einer halben Ewigkeit gestellt hatte. „Ich schätze, dass sie sich im Prozess der Verwandlung befinden“, als er dies sagte zeigte er mit dem Zeigefinger auf die Katzen, die sich über ein blaues Ungetüm hermachten, welches sich bei näherem Hinsehen als Kühltasche entpuppte. Diese kam mir nicht im Geringsten bekannt vor. Wo kam dieses Ding her? Was hatte es in meinem Wohnzimmer, ja sie haben richtig gelesen, in meinem Wohnzimmer zu suchen? Gab es nicht einen geeigneteren Platz für so ein sperriges Teil?
Ok. Ok. … Zurück zum Thema! Wo waren wir doch gleich? Warte, warte, jetzt hab ich´s!
„Ach das, dass sagt überhaupt nichts aus, die Zwei stehen auf Taschen, Körbe und alles wo man reinschlüpfen kann!“ Doch zu meiner Erschütterung zerrten Billy und Ally jeweils einen Plastikbeutel mit einer dunkelroten Flüssigkeit heraus. Ohne es zu merken, war meiner Kehle ein Schrei entsprungen, der jeden in meiner Umgebung für kurze Zeit erstarren lies. Als die Katzen spürten, dass keine Gefahr drohte, stießen sie mit einem lustvollen Blick ihre Zähne in das Plastik und tranken hastig alles aus. Übelkeit, aber auch ein merkwürdiger Durst überkamen mich, wobei die Übelkeit so schnell verschwand wie sie aufgetreten war. Das konnte nicht sein! Beim Anblick und bei dem Geruch des Blutes lief mir das Wasser im Mund zusammen, ich erhob mich kaum merklich und bewegte mich in einer Art Trance auf die Kühltasche zu. In dem Moment in dem mein Verstand wieder arbeitete, hatte ich meine Zähne schon in einen Beutel voller Blut gestoßen und trank.



2. Komplikationen
Als dieser leer war schmiss ich ihn völlig entsetzt beiseite. Der Gedanke an das, was ich gerade getan hatte bereitete mir Übelkeit und Entsetzen. Mein Kopf fühlte sich so an als wäre gerade ein Wirbelsturm durchgefegt und hätte alles von seinem ehemaligen Platz gerissen, neu angeordnet und die Wege dorthin verschüttet. Ich fühlte mich zwar schon immer zu dem Übersinnlichen hingezogen, aber als ich dies plötzlich am eigenen Leib erfuhr, ohne darauf vorbereitet worden zu sein oder irgendwelche Vorwarnungen bemerkt zu haben, war mein Geist sichtlich überfordert. Dieser hatte sich mit jahrelanger Übung Schritt für Schritt Gedanken - und Glaubensmuster zugelegt die sich an eher greifbaren und realistischen Dingen orientierten. Gut, dies klappte natürlich nicht immer, aber das behielt ich lieber für mich. Da ich es satt hatte ständig belächelt zu werden, ließ ich den Hang zum Übernatürlichen nur dann heraus wenn ich Fantasiebücher las oder ebensolche Filme sah. So konnte ich mir selbst, als auch meiner Umwelt eine gewisse Normalität vorgaukeln. Doch nun war dem so ganz plötzlich ein Ende gesetzt worden. Das musste ich erst einmal verdauen.
Wie ich später herausfand spürte Edward die Verwirrung meines Geistes und konnte keinen meiner Gedanken lesen noch zum positiven beeinflussen, da er hierfür einen klaren Ansatzpunkt brauchte. Er fühlte sich doch etwas hilflos, da die meisten die sich in der Wandlung befanden nach dieser Information, die einen Skeptiker in einen überzeugten gläubigen verwandelte, erst einmal in einen Schlaf fielen in dem das Unterbewusstsein die Rolle des Ordnungsdienstes übernahm. Aber ich saß mit aufgerissen Augen, einer unregelmäßigen Atmung und einer Körperspannung, die beim Betrachter Schmerzen im ganzen Körper hervorrief, da. Ich wirkte völlig benommen und er hätte mir am liebsten eine übergebraten damit er sich dieses Elend nicht mehr mit ansehen müsste. Aber dies brachte er nicht über sich, schließlich war und ist er ja ein friedliebender Mann.
Unruhig lief er in meiner kleinen Wohnung herum ohne mich aus den Augen zu lassen. Er war sich sicher, dass ich meine Ruhe brauchte und sprach mich nicht an. Dies war nicht ganz so uneigennützig wie es vielleicht wirken mochte, nein, er hatte auch einen gewissen Respekt vor der ihm drohenden Reaktion von dieser verwirrten jungen Frau, die ich für ihn darstellte. Einer Person die sich ihm als eher launenhaft offenbart hatte. Beim herum Stiefeln sah er in seinem Blickwinkel das die Katzen schlauer waren und tief und fest schliefen. Naja, wenigstens hatte er so nur mit einer Durchgeknallten zu tun und nicht noch mit zwei verrückten Katzen.
Da er sonst nichts tun konnte stöberte er in dem überfüllten Bücherregal und freute sich über die bunte Mischung aus Krimis, Psychothrillern und der noch größeren Auswahl an Fantasiebüchern. Nach einiger Zeit fand er etwas was er schon immer mal lesen wollte, deshalb schnappte er sich den über 1000 Seiten schweren Wälzer und setzte sich in den Lesesessel der direkt neben dem Regal stand. Von hieraus konnte er sowohl mich als auch die Katzen im Auge behalten. So verging eine Stunde bis er eine Veränderung an mir feststellen konnte. Ich war eingeschlafen!
Blitzschnell, jedoch ohne irgendein Geräusch zu produzieren sprang er auf, ging zu mir rüber und legte mich vorsichtig auf das Sofa und deckte mich mit einer schön flauschigen Decke zu. Er war erleichtert und dachte, dass ich den Schreck so mit Sicherheit besser verarbeiten konnte. In dieser Ruhe vergingen zwei Tage und Nächte. Die Sonne ging gerade unter und Edward hatte das Buch gerade geschafft, als ich mich regte.
Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken zu verscheuchen und betrachtete den schönen Mann der auf meinem Sessel saß und mich mit Fragezeichen in den Augen ebenfalls beobachtete. Plötzlich kam aus meinem Mund ein Geräusch das einem hysterischen Kichern glich und sich im Verlauf zu einem Schrei entwickelte. Dann schaute ich mich etwas benommen im Zimmer um und kreischte: „Ich hab es immer gewusst und jeder dachte ich hätte den Verstand verloren. Dabei waren die diejenigen die einfach zu rational und zweiflerisch veranlagt waren. Ha, jahrelang hab ich nach dem Unglaublichen gesucht und jetzt als ich es aufgegeben habe sucht es mich Heim!!!!“
Nach diesem verbalen Ausbruch, saß ich erst einmal für ein paar Minuten Gedankenverloren da. Ja, ich war ganz schön verwirrt! Einerseits erfreut und andererseits völlig schockiert über diese Ereignisse die mir wiederfahren waren. Ich spürte so eine Art klopfenden Druck in meinem Kopf, so als würde sich etwas was sich die ganze Zeit meiner Aufmerksamkeit entzogen hatte, mit brachialer Gewalt in mein Bewusstsein hämmern. Und so war es auch!!!
„Francis, wo ist Francis? Geht es ihm gut? Was hast du mit ihm gemacht? Sag es mir endlich du arroganter Mistkerl!“, schrie ich ohne Vorwarnung auf den armen Edward ein. Gut, in dem Moment als dies aus mir heraus gesprudelt kam, tat es mir kein bisschen leid! Warum auch!!! Hatte er mir in irgendeiner Weise einen Grund gegeben, dass er eine nette Behandlung von mir verdient hätte? Immerhin hatte er mir bis jetzt noch keinen einzigen Hinweis auf das Verbleiben meines geliebten Freundes gegeben!! Ok, er hat sich ganz rührend um mich gekümmert, aber trotzdem!
Edward räusperte sich um meine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als er diese bekam, fing er an mir die längst fällige Antwort zu geben.
„Dein Freund befindet sich gemeinsam mit Alexis, du weißt schon meine Schwester, im Untergeschoss dieser Wohnung!....“, ohne weiteres abzuwarten sprang ich auf und zerrte an der Tür die mich vom Treppenbereich welcher nach unten führte trennte. Ich stolperte mehr als das ich die Treppen hinabstieg, dicht gefolgt von meinem Schöpfer. Billy und Ally hatten mehr Glück als ich, denn ihnen war ein längerer und erholsamerer Schlaf gegönnt als mir.
Unten angekommen platzte ich zu der einzigen Tür hinein, die in einen Raum dieses Gebäudes und nicht nach draußen führte. Drinnen angekommen blieb ich auch schon wie angewurzelt stehen. Mein Gesicht vor Schreck, Angst und noch weitaus schlimmeren Gefühlen völlig zu einer Maske verzerrt, die sich wahrscheinlich nicht einmal zu Halloween gut verkauft hätte, da jeder der sie sah angewidert und doch peinlich berührt gewesen wäre. Der Anblick der wohl schönsten Frau die ich jemals gesehen hatte, in einer sehr widerwärtigen, ja erschreckenden Position. Sie war über meinen Francis gebeugt, während ihr Blut von ihrem grazilen Handgelenk in seinen geöffneten Mund tropfte und er unersättlich schluckte. Zwar bemerkte ich dass er nicht wirklich bei Bewusstsein war und trotzdem erfüllte mich eine unsägliche Eifersucht. Diese blöde, billige Schlampe, steckte in einem phantastischen Outfit. Einer hellblauen, wirklich enganliegenden Jens - welche ihr hoffentlich alle Innereien vom Blutkreislauf abschnitt - und einem bezaubernd und raffiniert geschnittenem türkisen Top, dieses schmeichelte ihrer Vampir-Blässe sehr. … Was fällt der ein sich so lasziv über meinen benebelten Freund zu beugen.

, war der Gedanke, der zu meinen Augen passte, die man wohlwollend, höchstens als Schlitze bezeichnen konnte.
Würde er jetzt die Augen öffnen, hätte er die beste, sich ihm bietende Aussicht auf den perfektesten Busen den er je zu Gesicht bekommen hatte. Wutentbrannt stapfte ich zu der irritiert blickenden Alexis hinüber. Sie saß da, mit ihrem wallend schönem dunklem Haar und ihren unergründlichen, tiefen, blauen Augen, in dem perfekt symmetrischen Gesicht und verpasste ihr eine mit der flachen Hand in eben dieses. Genau in dem Moment nahm sie den noch blutenden Arm von dem Mund meines Freundes, stand auf und packte mich an meinem Hals. Ihre fließenden Bewegungen waren so schnell, dass ich sie mit meinen Augen kaum erfassen konnte. Ihr Blick versprühte Funken der Wut, des Hasses und Rachegelüsten.
„Was fällt diesem Miststück ein mich anzugreifen? Hast du irgendwas dazu zu sagen Bruderherz?“
Mir war in dem Moment alles egal, Hauptsache sie hatte sich von Francis abgewandt.
„Lass sie los!“, sagte Edward in einem vor Autorität strotzendem Ton.
„Sie ist verwirrt! Überleg doch mal wie dieses Bild, was sich ihr hier geboten hat, vor vielen Jahren auf dich gewirkt hätte!“
Der Griff um meinen Hals lockerte sich. Finster schaute sie mir in meine mit Tränen gefüllten Augen. Ich bin eine verdammte Heulsuse, hatte ich das schon erwähnt? Nein. Jetzt wissen sie ja Bescheid.
„Tu das nie wieder. Einen Vampir reizen, der gerade dabei ist einem deiner Lieben das Leben zu retten, denn das kann ganz schön nach hinten losgehen. Hast du das verstanden du Neugeborene Idiotin?“
Ich nickte und dachte aber gleichzeitig, dass der Versuch ihn durch den Anblick ihrer riesigen, aufgepumpten Brüste zu retten, wohl Erfolgreicher gewesen wäre wenn er sie auch hätte sehen können. Schließlich stoppte ich den Auswurf gedanklicher Nettigkeiten, indem ich mich darauf besann, dass es im Moment wichtigeres gab.
„Was ist los mit ihm? Wieso musst du ihm das Leben retten, beziehungsweise warum ist es überhaupt in Gefahr?“, ja das war viel wichtiger als meine Gedanken an diese Ziege zu vergeuden!
Alexis und Edward wechselten einen vielsagenden Blick und entschieden sich einstimmig, dass es wohl besser wäre wenn er Antworten würde. Was er dann auch tat. „Das wollte ich dir eigentlich gerade erklären als du wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen und nach unten gerannt bist!“
Ja, es wäre auch zu schön gewesen eine Antwort zu erhalten ohne dabei einen Vorwurf in meine Richtung geworfen zu bekommen. In seinen Augen konnte ich sehen dass er meine Gedanken gelesen hatte, in dem Moment, als ich dies begriff lief ich rot an, dass heißt, wenn ich das überhaupt noch konnte. „Tut mir Leid, ich wollte dich nicht verletzen! .... Francis verträgt die Wandlung nicht so gut wie du! Ähm, wie soll ich das erklären? … Sein Körper zeigt im Moment starke Abwehrzeichen, so als hätte er einen sehr starken Infekt! Er hat hohes Fieber und verliert ständig das Bewusstsein! Wenn er aufhört sich dagegen zu wehren, wird er es schaffen. Alexis gibt ihm Stündlich eine Ration ihres Blutes, um seine Widerstandsfähigkeit zu erhöhen!“
Mir wurde bei dieser Erklärung ganz übel. „Hast du nicht vorhin etwas davon erzählt das manche die Wandlung nicht überleben?“, welches dämliche Wort hatte er noch mal benutzt? Ach ja. „Heißt das, dass er nicht Kompatibel ist? … Wenn er stirbt will ich auch nicht mehr leben!“, den letzten Satz schrie ich mit aller Kraft aus meiner Kehle heraus, während heiße und dicke Sorgentränen über mein Gesicht rollten.
In dem Moment schloss Edward mich in seine Arme. Leise und behutsam sprach er nun weiter zu mir. „Wir glauben, dass er es schafft! Nach unserer Erfahrung und von alledem was wir gehört haben wäre er gar nicht so weit gekommen, wenn er Inkompatibel wäre. Ich glaube diese Abwehr kommt aus seinem Inneren, welches große Probleme hat mit dem Glauben an das was gerade passiert. Er kann das nicht mit seinem rational denkenden Verstand vereinbaren! Hast du schon mal was von Psychosomatik gehört?“
„Ja! Damit meint man körperliche Leiden, die auf einen seelischen Ursprung zurückgeführt werden können. Eine organische Ursache liegt hierbei nicht vor. … Mein armer Schatz… ich … dann hoffe ich mal das du recht hast!“, immer noch weinend drückte ich mein Gesicht an seine sehr schöne und feste Brust. Nachdem ich mich etwas beruhigt hatte, setzte ich mich neben Francis, der auf einem alten, nicht wirklich schönen und ziemlich unbequemen Sofa lag. Sein schönes Gesicht fühlte sich so heiß an, dass ich Angst hatte meine Hände zu lange auf ihm ruhen zu lassen. Nicht das zum Schluss noch meine Haut an ihm kleben bleib!! Gut, mein Hirn neigt dazu übertriebene und teilweise unrealistische Ängste und Bilder zu produzieren, aber so war und bin ich eben!
Als ich ihn streichelte und mein Geist Unsinn vor meinem inneren Auge abspielte öffnete Francis seine Augen. Trotz des vom Fieber glasig gefärbten Blicks, erfüllten mich seine wunderschönen blaugrünen Augen mit einem Gefühl der Wärme.
„Francis kannst du mich hören?“, na toll, hoffentlich gibt er mir nicht die gleiche dämliche Antwort die ich Edward entgegnet hatte.
„Fee,….“, so nannte er mich schon seit Ewigkeiten.
„Ja, ich bin es mein Engel! Hast du Schmerzen? Brauchst du irgendwas?“
Sein Kopf bewegte sich schleppend von links nach rechts, was wohl nein heißen sollte. In Francis Gesicht zeichnete sich nun eine Mimik ab, die eindeutig entspannter war als die vorherige. Mein Kopf neigte sich zu ihm hinab und meine Lippen suchten die seinen. Als ich an seinem sinnlichen Mund angekommen war und sich unsere Lippen berührten, war er schon wieder in die Welt der Träume hinab getaucht.
In meinen Augen sammelten sich, schon wieder, eine Menge Tränen, die gleich mehrere ausgetrocknete Seen wieder gefüllt hätten. Wie in den meisten hoffnungslosen Situationen meines Lebens, kam nun der Punkt an dem ich mich Zwang positiv zu denken. Und so malte ich mir in fein säuberlichen Bildern aus wie Francis sein Schicksal annahm und langsam aber sicher wieder auf die Beine kam. So versuchte ich mich immer zu beruhigen und vor dem drohenden Wahnsinn zu bewahren, der wenn ich dies nicht täte unweigerlich über mich hinwegfegen würde. Edward und seine blöde Schwester beobachteten mich und wussten anscheinend nicht wie sie reagieren sollten. Wenn ich so zurückdenke taten sie genau das richtige, nämlich nichts!
Ich weiß nicht wie lange ich so dasaß und weinte, mir eine Zukunft herbeisehnte die für Francis und mich gut ausging, während mein Kopf auf seiner Brust lag und meine linke Hand sein Gesicht streichelte und die andere seine Schulter umklammert hielt.
„Du bist eine Heilerin!“, sagte Edward und in seiner Stimme klang erstaunen sowie eine Spur Neugierde mit. Langsam begann mein Hirn das Gehörte zu entschlüsseln und ich stellte fest, dass er mit mir sprach.
„Was?“, etwas besseres fiel mir nicht ein, was ich ihm hätte entgegnen können.
Mein Kopf hatte sich inzwischen von der Brust meines Freundes gelöst und ich starrte entgeistert in die Augen meines Schöpfers.
„Außer der Telepathie habe ich die Fähigkeit zu erkennen welche Talente in den Personen die mir begegnen verborgen liegen! … Gerade eben habe ich gespürt wie diese Fähigkeit in dir zum Leben erwacht ist! Und dein lieber Francis hat dir wie es aussieht dabei geholfen!“, er schwieg für eine Weile und ich machte mir Gedanken um sein Seelenheil. Denn jetzt übertrieb er! Erstens bin ich jetzt ein Vampir und keine Heilerin und zweitens liegt Francis bewusstlos, beziehungsweise schlafend neben mir, wie soll er mir da in irgendeiner weise behilflich sein?

, dachte ich so für mich. Ok, dass ich das nur so für mich dachte war ein riesengroßer Irrtum, denn unser lieber Eddie hatte sich schon wieder in meine Gedanken eingehackt, das konnte ich spüren! Aber wieso? Vorhin konnte ich das nicht. Oder?
„Wie du ja schon mitbekommen hast haben wir alle besondere Begabungen, wie ich zum Beispiel die Telepathie, hat Alexis die Fähigkeit Visionen zu empfangen! Du kannst Heilen und Francis kann die Fähigkeiten von anderen durch Berührung verstärken!“, wie immer erzählte er dies in dem gewohnt ruhigen Ton.
„Ja, er ist schon was besonders unser Edward und wie es aussieht du auch.“, entgegnete Alexis schnippisch und verließ uns, indem sie durch die Haustür nach draußen schlich, anders konnte man ihren leisen und trotzdem schnellen Gang nicht beschreiben.
„Was ist den mit der los?“, murmelte ich.
Edward wirke genauso verwirrt wie ich, hob und senkte fast unmerklich die Schultern, um seiner Unsicherheit mehr Ausdruck zu verleihen. „Das ich ihr beigebracht habe ihre Gedanken vor mir zu verschließen hat nicht immer nur Vorteile!“, sagte er.
Zu meinem Erstaunen spürte ich das Francis Körpertemperatur unter meinen Händen zu sinken begann. Wow, das ist ja irre! Hat er vielleicht recht und ich kann wirklich Heilen? Dem Himmel sei dank das ich zwischen den Informationen von gestern und den jetzigen schon mal geschlafen hatte, den ansonsten hätte jeder der telepathisch begabt war in meinem Hirn nur noch „System Error“ lesen können, da meine synaptischen Schaltkreise schon wieder beinahe am durchbrennen waren. Kein Wunder dass Francis, dessen Glaubenssystem immer wissenschaftlich belegbar sein musste, solche Schwierigkeiten hatte.
„Durch den Bluttausch erhält der Neugeborene auch immer eine der Fähigkeiten seines Schöpfers. Wie ich, kannst du die Gedanken von anderen lesen, deshalb hast du gerade gespürt, dass ich in deinem Kopf war! Langsam aber sicher wirst du von den Hirnströmen der dich umgebenden Personen überflutet! Ich werde dir helfen und beibringen deine Fähigkeit zu Kontrollieren. So, dass du lernst dich von den Gedanken der andern abzuschotten und du deine Gabe gezielt einsetzen kannst. Es gibt auch eine Möglichkeit sich vor anderen Telepathen zu schützen, so dass sie nicht in deinen Gedanken rumstöbern können! Aber das erkläre ich dir noch genauer wenn es soweit ist! “, schloss er.
„Und was hat Francis von deiner Schwester geerbt?“, ein besseres Wort fiel mir beim besten Willen für diesen Vorgang nicht ein!
„Francis wird genau wie Alexis Visionen haben.“
Wow, diese Begabung würde mir auch gut gefallen! Blöde Alexis!!!
„Seid ihr beiden eigentlich richtige Geschwister oder nur durch den selben Schöpfer Verwandte geworden?“, diese Frage wehte nun schon länger in meinem Kopf herum, auch hätte ich gerne gefragt wie alt die beiden waren aber diese persönliche Frage stellte ich lieber noch hinten an.
„Beides!“, mehr wollte er anscheinend nicht dazu sagen!
„Es geht ihm schon viel besser!“, so wechselte er galant das Thema. Mein Blick ruhte nun wieder auf meinem schlafenden Freund.
„Du bist erschöpft! Felicitas, du solltest aufhören und deine Kräfte aufsparen, er schafft es auch ohne deine Hilfe.“
Verwundert hob ich meinen Kopf und veränderte meinen Blickwinkel, so das sich Edward nun wieder in diesem befand.
„Ich mach doch gar nichts! Darf ich denn nicht bei ihm sitzen und ihn meine Anwesenheit spüren lassen?“
Daraufhin warf er mir ein Lächeln zu das beinahe mitleidig wirkte. „Dadurch, dass du dir so viele Sorgen machst und du ihn die ganze Zeit berührst, schickt die Heilerin in dir, die ganze Zeit Energien zu ihm, die ihn schneller heilen lassen, aber dich selbst ziemlich aufzehren. Heilen kostet dich schließlich auch Kraft. Also las nun ab von ihm und ruh dich aus! Alexis kümmert sich weiterhin um ihn, mach dir keine Sorgen und denk auch mal an dich!“, dies sagte er mit einem Ton der keinen Wiederspruch dulden lies.
Unsere Ausreißerin betrat das Haus in genau dem Moment, als Edward ihren Namen und ihre bevorstehende Aufgabe nannte. Verrückt, hatte er in seinen ganzen Ausführungen auch erwähnt, dass er Hellsehen kann? Jedenfalls hab ich davon wohl nichts mitbekommen!
„Nein das hab ich nicht, da ich diese Fähigkeit auch nicht besitze! Als Alexis näher kam hab ich ihren Geist wahrgenommen! Und jetzt steh auf, ich bring dich ins Bett!“
Bei dem Versuch aufzustehen merkte ich, dass er recht hatte. Meine Beine zitterten vor Erschöpfung und wenn Edward mich nicht gestützt hätte, wäre ich wohl einfach umgefallen.
Oben in meinem Wohnbereich angekommen bemerkte ich, dass sich Billy und Ally je einen neuen Blutbeutel geschnappt und ausgeschlürft hatten und erneut in einen tiefen Schlaf gefallen waren. Durch den geöffneten Beutel gelang der Duft des Blutes in meine Nase und rief eine mir noch sehr befremdliche körperliche Reaktion hervor. Meine Eckzähne fuhren sich aus und mich überkam ein unbändiger Durst. Edward hielt mir auch schon einen mit Blut gefüllten Beutel hin und sprach: „Trink diesen erst mal aus, danach bekommst du noch etwas von meinem Blut!“
Ach du grüne Neune, ich hatte ja ganz vergessen das ich von ihm trinken musste und das über Jahre.
Wie dieser Vorgang wohl aussehen mochte konnte ich mir nicht so richtig vorstellen. Sollte ich ihn beißen? Oder fügte er sich die Wunde selbst zu und lies dann das Blut in meinen Mund laufen? Was gibt es noch für Möglichkeiten?
„Das bleibt deiner als auch meiner Fantasie oder unseren Vorlieben überlassen!“ Na hoppla, in seinen Worten, als auch in seinem Blick schwang etwas mit was ich an dieser Stelle lieber nicht deuten mochte.
Nachdem meine anfängliche Verstörtheit etwas abgeklungen war, machte ich mich daran das Blut zu mir zu nehmen. Bis auf den letzten Tropfen trank ich den Beutel aus.
Nervös blickte ich in seine leuchtenden Augen. „Mir macht der Gedanke daran von dir zu trinken Angst! Ich glaube nicht das ich dich beißen kann!“
„Bitte hab keine Angst! Glaub mir wenn ich dir sage, dass das gegenseitige Beißen zu den großen Annehmlichkeiten des Vampir-Daseins gehört! Ich habe noch keinen unserer Art getroffen, dem das keine Freude bereitet hätte! Aber wenn du es wünschst, werde ich mir etwas Blut abzapfen und dir in einem Glas reichen!“
Freude? Bei diesem Gedanken erklomm sich ein hysterischer Anfall den schon geebneten Weg aus meinen Tiefen an die Oberfläche heran.
„Warum sollte es irgendjemandem Freude bereiten wenn er seinem Gegenüber in den Hals beißt und das Blut aus den Adern saugt? Auch glaube ich nicht, dass es sehr angenehm ist, wenn sich die scharfen und langen Vampirzähne durch jede einzelne Schicht deiner Haut bohren um an deine Adern zu gelangen.“ Das stellte ich mir wie Blutabnehmen vor, dieser ziehende und drückende Schmerz konnte doch keinem Lebewesen Freude bereiten! In diesem Moment hätte ich wohl keinen Schönheitswettbewerb gewinnen können, da sich mein Gesicht durch meine vom Ekel gezeichnete Mimik verzerrte. „Ich nehme das Glas! … Danke für das Angebot!“ Wie ich es bereits gewohnt war, setzte Edward in Augenblicken wie diesen, sein unwiderstehlich schönes Lächeln auf, nicht ohne dabei den spöttischen Anteil zu unterschlagen. Warum sollte er das auch tun? Hm! Meine Reaktion ist ja auch sehr abwegig! Man der muss ja schon Uralt sein, wenn er das so empfindet!! Pff, abgebrühter Vampir - Blödmann!

, während ich mich meinem gedanklichen Anfall von Wut widmete, erklang ein langes Seufzen aus Edwards Rachen.
„Ich bin 286 Jahre alt! Und deine Reaktion ist nicht widernatürlich!“, und damit verschwand er in der Küche. Zurück kam er mit meinem schönsten und größten Weinkelch und zwei kleinen Schüsseln. Den Kelch konnte ich, bei der Vorstellung an das nun folgende Vorhaben, bildlich einfügen, aber die Schüsseln ergaben für mich keinen Sinn! Welchen Zweck sollten diese wohl erfüllen? Wie immer kannte Edward die Antwort auf meine Gedanken.
„Ich bin hier nicht der einzige, der ein bisschen Blut spenden muss! Da du die Schöpferin von den zwei Vampcats bist müssen wir dich wohl auch anzapfen!“ Ach, herrjemine, Ally und Billy brauchten mein Blut, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Mm, wie sollte ich das hier alles nur überstehen, ohne dabei dem Wahnsinn zu verfallen? „Ich weiß nicht wie ich das anstellen soll! Ich trau mich nicht! Ich kann mir doch nicht einfach ins Fleisch schneiden!“, als die Worte aus meinem Mund kamen, lag Verzweiflung in meinem Gesicht.
„Jetzt reiß dich mal zusammen Felicitas! Ich bin doch hier und steh dir bei!“, nach dieser kurzen Strenge, bekam seine Stimme wieder die gewohnt sanfte Tonlage. „Mach die Augen zu, wenn ich dir Helfe wirst du keinerlei Schmerzen spüren! Und wenn doch, darfst du dich gerne an mir rächen!“
Wieso hatte ich nur das Gefühl das er gefallen an der Rache gefunden hätte. Trotz dieser Ahnung fügte ich mich seinen Worten und schloss meine Augen. Ja, manchmal ist es gar nicht so übel wenn jemand mal Klartext mit dir redet!

, gestand ich mir ein.
Denn dies hatte eine vorteilhafte Wirkung auf meinen Gemütszustand, statt Panik herrschte nun eine innere >Na wart nur, dir werd ich es zeigenIch muss es ja sowieso trinken, und es war merkwürdigerweise wirklich köstlich! Was macht es für einen Unterschied wenn ich es gleich aus seinen Adern sauge, oder er es erst von diesen abzapft und in ein Glas tropfen lässt?


„Tut es weh, wenn du dir deinen Arm aufritzt?“
„Nicht sehr! Aber die andere Variante ist eindeutig angenehmer!“ Als er dies sagte und auch schon davor, wirkte er als hätte er sich von der Situation deutlich distanziert. Warum?
„Ich möchte dich nicht weiterhin durch mein Verhalten zu irgendetwas drängen was du nicht willst!“ sagte er in seinem sachlich, knappen Ton.
Plötzlich durchfuhr mich ein mächtiger Anstieg meines Adrenalinspiegels. Mein Herz raste und mein ganzer Körper spürte eine freudige Aufregung und ich konnte nur noch denken jetzt oder nie!
Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, riss Edward sich in einem Tempo, dem man kaum mit dem Auge folgen konnte die Kleider vom Leib, so als hätte er Angst, dass ich mir es anders überlegen würde, wenn er nur einen Augenblick gewartet hätte. Ok, wenn ich das schon tun musste, warum sollte ich dann dabei keinen Spaß haben? Ja, jetzt dreh ich den Spieß mal um und zeig ihm, dass ich das genauso gut kann wie er! Also setzte ich ein sinnliches Lächeln aufs Gesicht, konzentrierte mich auf das Blut in seinen Adern und öffnete meinen Mund einen kleinen Spalt. So konnte er ganz genau dabei zusehen, wie meine Zähne sich langsam aber sicher bis zu ihrer neugewonnen Größe ausfuhren. An seinem Gesicht und der dazugekommenen Körperspannung, konnte ich sehen dass ihm gefiel wie ich mit ihm spielte, genauso wie er es vorhin mit mir getan hatte! Seine Arme, seine Brust und sein Bauch waren genauso ausgeprägt wie man es sich bei einem schönen und sexy Mann vorstellt. Nicht zu viel und nicht zu wenig Muskelmasse, kein Gramm Fett wo man es nicht gebrauchen konnte. Oh Mann er war einfach perfekt! „Wo hättest du es denn gern?“, fragte ich, in dem sinnlichsten und herausforderndsten Ton den ich zustande brachte. Dieser führte dazu, dass sein Gesicht vor Überraschung für einige Sekunden festgefroren blieb. Seine Augenbrauen hatten sich erhoben, so dass sie fast ein auf dem Kopf stehendes „V“ bildeten. Seine Augen hatten sich vor Erstaunen geweitet und sein Mund stand offen. Nachdem er seine Fassung wiedererlangt hatte sagte er, dass ich es mir aussuchen sollte. Langsam trat ich näher, mit einem meiner neuen Sinne sah und spürte ich das Blut in seiner Halsschlagader pulsieren. Mich durchfuhr eine Gier, die ich noch nie in meinem Leben gespürt hatte, lag das an meinem Spiel oder war dieser Hunger normal? So offen wie noch nie in meinem Leben, sagte ich Edward wie ich diese Tat bezwingen wollte.
„Dreh deinen Kopf, so dass ich dich in die linke Seite deines Halses beißen kann! Und halt still!“, auf das Gesprochene folgte ein von leichtem Stolz geprägter Gedanke: Oh man, ich kann ja richtig dominant sein, wenn ich will.

Hoffentlich drückte mein Gesicht dieselbe Entschlossenheit aus, wie meine Stimme und deren Worte sie verklingen lies. Er positionierte gerade seinen Kopf, als ich langsam immer näher an ihn trat. Ich bemerkte gleich, dass er ein paar Zentimeter größer als Francis war. Wohl bedacht führte ich meine Bewegungen aus, stellte mich leicht auf meine Zehenspitzen um besser an seinen schönen, schlanken und doch sehr männlichen Hals zu gelangen. Mein Herz raste so schnell, dass man meinen Herzschlag auf dem schwarzen Shirt das ich trug beobachten konnte. Um mir Mut zu machen holte ich tief Luft und dachte: Jetzt bist du schon so weit gegangen, da kannst du es auch zu Ende führen!

Auf seinen Schultern legte ich meine bebenden Hände ab. Seinem Hals war ich schon so nahe gekommen, dass ich die Gänsehaut, die ich durch meinen Atem auf seiner reinen und geschmeidigen Haut ausgelöst hatte, gut sehen konnte. Ich wollte schon anfangen die feinen Härchen zu zählen, als ich mich auf meine Aufgabe zurück besann. Wenn einem der Mut abhanden kommt, neigt man dazu die verrücktesten Dinge tun zu wollen nur um die Sache, die einen verschreckt, noch etwas heraus zögern zu können. Aber das bringt natürlich nichts!

, sagte der intelligente Teil meines Geistes.
So wie er es vorhin bei mir getan hatte, leckte ich über die Stelle auf seiner Haut, unter der sein Blut am stärksten pulsierte. Meine Zunge spürte die Vibration auf seiner Haut, die durch sein Blut darunter ausgelöst wurde. Durch die Feuchtigkeit die ich auf seinem Hals hinterließ, standen seine Haare nur noch mehr zu Berge als zuvor. „Ist es besser wenn ich langsam oder wenn ich schnell zubeiße?“ Dies hauchte ich, in einem flüsternden und nicht mehr ganz so sichern Ton, wie vorhin, in sein linkes Ohr. Dabei lief ihm ein Schauer über den Rücken. „Langsam!“, war das Einzige was er mir voller Vorfreude entgegnen konnte.
Und so tat ich das Unvermeidliche. Meine Zähne spürten einen Wiederstand den es zu überwinden galt, immer weiter drückte ich sie in sein warmes Fleisch. In dem einen Moment glaubte ich noch das ich die Barriere nie überwinden könnte und im nächsten spürte ich schon das warme und frische Blut meine Kehle hinunterlaufen. Ein süßes und metallisch schmeckendes Rinnsal. Ach du liebe Güte, dieser Geschmack war phantastisch, viel besser als das abgepackte Blut in Beuteln. Dem Lauf seines Blutes folgte eine angenehme Hitze, welche meinen gesamten Leib entspannte. Jede Zelle meines Körpers wurde von seinem Blut zu neuem Leben erweckt. Während sich die Wärme in meinem gesamten Organismus ausbreitete, wurde ich von einer unsagbaren Energie durchströmt. Einer Energie die ich noch nie in meinem Leben gespürt hatte. Ich fühlte mich lebendiger als jemals zuvor. Wie konnte dieser Mann mir so etwas wundervolles Schenken? So stark, so gesund und so vital, wie ich mich in diesem Moment fühlte, so wollte ich mich für immer fühlen! Ich wollte mehr davon, mich an dieser Energie bis zum Schluss ergötzen. Koste es was es wolle. Je mehr ich von ihm trank, desto mehr fühlte ich mich zu ihm hingezogen, wollte mehr von ihm, ihn berühren, ihm über den ganzen Körper streicheln. Ja ich wollte mich im Einklang mit ihm bewegen, jeden Zentimeter seiner Haut küssen. Ich wollte dieses Geschöpf, welches mir so viel gegeben hatte, mit Haut und Haaren besitzen.


3. Erkenntnisse
STOPP, schalt ich mich und löste mich ruckartig von ihm. „Was hast du mit mir gemacht? Wie konntest du mich dazu bringen, mich so … so unpassend zu Verhalten? Du manipulatives Schwein!“, schrie ich ihn an. Die Wut auf mich selbst, als auch auf ihn, prägte meinen entsetzten Gesichtsausdruck. Ich bebte! Die vielen Emotionen, die in diesem Moment über mich einstürzten, ließen meinen Körper viel zu viel Spannung aufbauen. Meine Hände waren zu Fäusten geballt und meine Fingernägel bohrten sich durch die Haut meiner Handflächen.
Ich drückte so fest zu, dass mir das Blut von den Händen tropfte.
Als ich dies sah begann ich zu schreien. Dies war wohl das klügste was ich in den letzten 20 Minuten getan hatte. Denn mit dem Schrei, löste sich ein großer Teil der Anspannung und der Druck den meine Nägel auf meine Haut ausübten lies nach.
„Tut mir Leid, aber ich hab dich nicht manipuliert! Dein neues Wesen, ist in dem Moment als du dich entschlossen hast mir das Blut aus den Adern zu saugen zum Leben erwacht! Das war der Durst der dich dazu getrieben hat mich mit deinem Spiel zu betören!“, antwortete er. Leider war es nicht ihre Reaktion auf mich! Nein, dafür liebt sie Francis viel zu sehr. Schade! Hm, aber auch so war es ein tolles Erlebnis!

, fügte er in Gedanken hinzu.
Überrascht blickten wir uns in die Augen. „Hab ich gerade deine Gedanken gelesen oder hab ich halluziniert?“, fragte ich erstaunt.
Er nickte, wobei er etwas peinlich berührt zum Boden blickte.
Gedanklich tadelte er sich, da er vergessen hatte seine Barriere Aufrecht zu halten. Zwar war sein nicken nicht ganz eindeutig, da ich zwei Fragen auf einmal gestellt hatte, aber seine Reaktion war Antwort genug. Er war unzufrieden mit sich.
Ich hingegen freute mich, da meine Fähigkeit erwacht war. Außerdem mochte ich den Gedanken, dass ich ihm zu gefallen schien.
„Stell dich nicht so an, du hast vorhin in meinen Gedanken ähnliches zu hören bekommen! Jetzt sind wir wohl Quitt! … Aber glaub ja nicht, dass ich Francis wegen einem Charmeur wie dir verlassen werde! Hast du mich verstanden!“, scheinbar war meine Wut noch nicht vollends verklungen.
Sein Mund bildete ein Lächeln, aber dieses erreichte seine Augen nicht. Bei dem Versuch mich in seiner Gedankenwelt umzusehen stieß ich auf Widerstand. Dieser fühlte sich an als würde ich gegen eine Mauer knallen, rein geistig natürlich. So ein Mist! Ich möchte zu gern wissen was er jetzt denkt!


„Später! Leg dich jetzt ins Bett du bist erschöpft!“, seine Stimme klang kühl, so wie ich sie noch nie gehört hatte. Meine Güte ist der empfindlich! Wenn ich die ganze Zeit, als er in mir gelesen hatte so reagiert hätte, könnte ich jetzt beim hinab Blicken wahrscheinlich meinen Hintern betrachten, da mein Kopf um hundertachtzig Grad verdreht auf meinem Körper stecken würde.

Meine gedankliche Ausuferung wurde durch ein beherztes Lachen unterbrochen. Als ich aufblickte, sah ich Edward in seiner gewohnten Art, da sich sein Lächeln übers ganze Gesicht erstreckte.
„Danke! Deine lebhafte Fantasie kann einen immer wieder aus der Reserve locken! Schau mal lieber nach unten, denn dein Verhalten war nicht besser als meines!“, als er dies sagte, schwangen die Nachbeben seines Lachanfalls immer wieder mit ein.
Na, was glaubt ihr war meine Reaktion? Richtig, ich blickte panisch an mir herab und konnte natürlich keinerlei Veränderung feststellen. Für einen kurzen Moment verengten sich meine Augen zu Schlitzen. Doch dann fiel ich in sein Lachen mit ein.
Als wir uns beide beruhigt hatten, griff er mit sanftem Druck um meinen rechten Oberarm und führte mich ohne ein Wort zu verlieren ins Schlafzimmer. Was hatte er denn nun schon wieder vor? Hab ich ihm nicht klipp und klar gesagt, dass ich nichts mit ihm anfangen würde?!


Lachend komplimentierte er mich aufs Bett, er selbst blieb stehen. „Schlaf jetzt! Ich glaub wir beide brauchen jetzt erst mal eine Pause. Mir tut mein Bauch schon weh vom vielen Lachen.“, sagte er mit einem grinsen im Gesicht. Als ich mich unter die Decke legte, beschwerte ich mich fortwährend. Ich gab ihm deutlich zu verstehen, dass es sinnlos war, was ich hier tat, da ich eh nicht schlafen konnte. Doch nachdem mein Körper eine bequeme Position gefunden hatte, war keine Zeit mehr um sich zu beklagen, da ich schon eingeschlafen war.

Ein zweistimmiges Gemurmel bahnte sich seinen Weg in mein Bewusstsein. Langsam begann ich, meinen in Embryohaltung gebeugten Körper und die mich umgebende Decke wahrzunehmen. Ich hatte tief und fest geschlafen, so dass ich mir meiner Umgebung erst einmal klar werden musste. Die Bettdecke und die Kissen fühlten sich an wie meine eigenen. Also war ich Zuhause in meinem Bett. Vibrationen an meinem Bauch und meinen Waden verrieten mir, dass sich Ally und Billy zu mir gelegt hatten. Ihr schnurren wirkte wie eh und je beruhigend auf mich. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass sich in meinem Schlafzimmer irgendwas verändert hatte. Aber was? Da es stockdunkel war, konnten mir meine Augen, die ich gerade öffnete, keine hinreichenden Informationen liefern. Deshalb schloss ich sie auch gleich wieder. Was sollte man schon in einem schwarzen Bild erkennen? Ok. Mit diesem Sinnesorgan kam ich nicht weiter. Meine Körpersinne hatten mir schon geholfen herauszufinden wo ich mich befand, zumindest nahm ich dies stark an. Also ging ich zum nächsten über und erhielt sofort einen Informationsschub. Das Kissen roch nach Francis und mir, aber das war nicht alles was meine Nase wahrnahm. Ein Potpourri an Düften lag in der Luft. Es roch herrlich süß nach Zimt und Jasmin. Dazu gesellte sich noch ein erdig und waldiger Geruch. Dieses Gemisch führte zu einer Flut an Erinnerungen. An den Wald in den ich immer gegangen war um nachzudenken. Das Cafe um die Ecke, dort hatte ich immer einen Cappuccino mit Zimt getrunken. Oh Mann, dieses göttliche Getränk vermisste ich wirklich. Erinnerungen an den Jasminbaum meiner Adoptivmutter, wie ich ihn kurz vor dem Umzug noch einmal umgetopft hatte, da der Baum immer weiterwachsen wollte. Wie Francis mich währenddessen mit seinem Besuch überraschte. Mit meinen von der Erde verdreckten Händen, hatte ich sein Gesicht umschlossen und ihn geküsst. Danach sah er aus als hätte er sich eine Kriegsbemalung angelegt. Hm, wie sollte es anders Enden als in einer Erdschlacht. Wir hatten riesigen Spaß und sahen danach wie Schlammketcher aus. Ja, ja wir hatten schon schöne Zeiten. Nachdem ich alle Nuancen eingeordnet hatte verebbte die Flut. Da ich keine Ahnung hatte woher diese Düfte kamen und dies auch nicht so schnell herausfinden konnte widmete ich mich dem nächsten Sinnessystem. Einem der mir in meiner derzeitigen Lage wohl kaum weiterhelfen konnte, dem Geschmackssinn. Dieser sagte mir nur, dass es wiedermal Zeit war sich die Zähne zu putzen. Was hatte ich denn anderes erwartet? Na ja, zurück zum Thema. Hm, ich wusste, dass ich durch irgendetwas aufgewacht war. Aber was? Was vergaß ich denn?
Erneut erreichten mich zwei flüsternde Stimmen welche bei mir zu einem Aha-Effekt führten. Endlich! Die eine war männlich und kam mir sehr bekannt vor und die andere war von einer weiblichen Person, welche ich noch nicht oft sprechen gehört hatte. Langsam bildete sich in meinem Kopf ein zu den Stimmen passendes Bild. Edward und Alexis unterhielten sich im Nebenzimmer.
So wie sich die Betonung der Worte anhörte, unterhielten sie sich wohl in einer sehr geringen Lautstärke. Irritiert hob und senkte ich die Schultern, da ich nicht begreifen konnte wie um alles in der Welt ich zwei flüsternde Personen durch eine Geschlossene Tür hören konnte. Wie auch immer jetzt war ich wach, hatte alle Sinne beisammen und fing gespannt an zu lauschen.
„… du hast das doch auch am Tatort gerochen, oder?“
„Ja! Aber dieser Geruch muss doch nicht unbedingt von ihr stammen. Es kann genauso gut eine oder einer in der Nähe leben den wir da wahrgenommen haben, so wie du es selbst an dem Abend angenommen hast! Interpretiere nicht so viel in sie rein, bloß weil du auf sie stehst!“, zischte Alexis.
Edward ignorierte ihre schnippische Art und sprach weiter.
„Hast du ihre Augen gesehen? Dieses leuchtende grün, die rotbraunen Flammen um ihre Pupille … dann noch der blaue Rand und diese golden Sprenkel ...nein die sind nicht menschlich! Oder hast du schon mal etwas Vergleichbares außerhalb unserer Welt gesehen?“, seine Stimme klang ehrfürchtig und das was er beschrieb kam mir bekannt vor.
„Ok, das ist ungewöhnlich aber nicht unmöglich! Einige der El…“, Mist das Wort konnte ich nicht verstehen. „… haben ja schließlich auch ziemlich normale Augen. Also wieso soll das nicht umgekehrt auch bei den Menschen möglich sein?“
„Du hast ja recht! Wir sollten uns trotzdem mit einem der Zuständigen in Verbindung setzten. Weißt du wer der Elfenbeauftragte in dieser Gegend ist?“
„Bruno von Waldberg wenn ich mich nicht täusche. Ich ruf mal schnell Aidan an der kann das für uns rausfinden und uns bei der Kontaktaufnahme behilflich sein!“, in ihrer Stimme klang nun etwas versöhnliches mit.
Als sie schwieg hörte ich ein Rascheln, gefolgt von einem leisen Fluch. „Hab mein Handy unten vergessen! Da ich eh runter muss, führ ich das Gespräch dort. Da muss ich nicht so leise sprechen!“, der letzte Teil klang irgendwie anklagend.
Launenhafte Zicke!


„Warte ich geh mit!“, sagte Edward schnell.
Nachdem ich die Tür zufallen hörte, dachte ich über das eben Gehörte nach.
Hatte Edward gerade was von einem Elfenbeauftragten gesagt? Und Alexis hatte es einfach so hingenommen, und zu allem Überfluss konnte sie diesem Nonsens auch noch einen Namen geben. Bruno der Elfenbeauftragte, ich glaub die beiden leiden unter einer schweren Form von Logoröh!

Ja, verbaler Durchfall war der einzig logische Schluss den ich daraus ziehen konnte!
Gut, hätte ich das geklärt.
Aber was war das mit dem Geruch? Hatten die beiden von unserem Tatort oder von einem anderen gesprochen? Hab ich gestunken?

Vielleicht hatte ich den widerlichen Gestank der Mülltonne angenommen. Dieser war so penetrant und allgegenwärtig gewesen das er unmöglich auf mich zurückzuführen war! Oder doch? Bäh! Die Erinnerung daran ließ mich erschaudern! Aber selbst wenn er an mir haftete wie die Pest, warum mussten sie das so debattieren? Schließlich hatte ich mir diese Note nicht freiwillig angelegt!
Wie unhöflich! Wie peinlich!
Die Beschreibung, der Augen könnte auf meine zutreffen, wobei diese noch niemand zuvor so liebevoll beschrieben hatte. In diesem Moment wurden meine Gedanken von einem Stöhnen unterbrochen. Komisch ich dachte ich wäre allein! Francis?


Da das Geräusch von rechts kam, tastete ich an meinem Bett entlang und stellte fest, dass ich ganz am Rand lag und somit hatte keiner mehr Platz neben mir. Zumindest auf der Seite, von der ich das Stöhnen vernommen hatte!
Oh Mann, lag mein armer Schatz am Boden?
Ich erhob meinen Oberkörper von der Matratze, beugte mich über den Rand und suchte den Boden nach Francis ab. Nichts.
Vielleicht lag er noch ein Stück weiter drüben! Noch auf dem Bett sitzend, tastete ich den Boden nach Hinweisen ab. Plötzlich traf mein Kopf auf Widerstand, als er an einem unbekannten Objekt hängen blieb. Durch den Stoß sichtlich erschreckt, verlor ich meine Körperkontrolle und plumpste aus dem Bett heraus. „Aua, so eine Scheiße!“, fluchte ich leise vor mich hin. Warum hatte ich eigentlich kein Licht angemacht??? Vermutlich weil ich die schlafende Person nicht wecken wollte. Um den leichten Schmerz einzudämmen rieb ich mir den Kopf.
Etwas peinlich berührt lag ich neben meinem Bett und war froh, dass keiner meine Ungeschicklichkeit bemerkt hatte. Sobald ich mich von meinem Schreck erholte, rappelte ich mich auf. Neben dem unbekannten Missetäter sitzend, erkundete ich mit meinen Händen die Umgebung und stellte zu meiner Überraschung fest, dass es sich bei dem Objekt um mein altes Sofa handelte. Dieses stand normalerweise in dem Gästezimmer im Erdgeschoss. Scheinbar hatten die beiden Vampire es samt Francis nach oben getragen.
Denn wer sonst sollte stöhnend hier bei mir liegen? Um mich zu versichern wollte ich die Person abtasten, wenn es Francis war würde ich das erkennen. Und wenn er es nicht war, würde ich dies ebenfalls herausfinden! Das Erste was ich zufassen bekam war eine Hand. Sie fühlte sich vertraut an. Trotzdem war ich mir noch nicht hundertprozentig sicher! Also weiter. Von der Hand, die auf jeden Fall männlich war, tastete ich mich Stück für Stück weiter noch oben. Bei jedem Zentimeter, den ich mit meinen Fingern erklomm, wurde ich mir immer sicherer, dass das neben mir mein geliebter Francis war. Als ich das wundervolle Gesicht erlangte, machte mein Herz einen Freudensprung.
In einer hektischen Bewegung richtete ich mich auf und küsste meinen Schatz ab. Dieser befand sich zwar im Tiefschlaf, aber sein Körper reagierte mit Zuneigung auf mich. Sein Gesicht kuschelte sich an meines und seine Hände erwiderten meine Berührung. Ohne es bewusst gesteuert zu haben, lächelte ich.
Ich freute mich so sehr, ihn bei mir zu wissen und ihn endlich wieder berühren zu können.
Doch die positive Stimmung wurde von einem schlechten Gewissen vertrieben!
Denn bei dem Gedanken, wie schlecht es ihm gestern noch ging - oder war das schon länger her? - hatte ich Angst, ihn durch meine drängenden Berührungen aus seinem heilsamen Schlaf zu reißen. Widerwillig zog ich mich zurück.
Jetzt durfte ich nicht egoistisch sein, bloß weil ich mich danach sehnte ihn zu berühren, durfte ich ihn in seiner Ruhe die er bitter nötig hatte nicht stören! Beschämend musste ich mir eingestehen, dass es mir nicht leicht fiel.
Um meine Beherrschung nicht unnötig auf die Probe zu stellen, setzte ich mich so leise wie möglich wieder aufs Bett.
Plötzlich machte sich eine riesengroße Eifersucht in mir breit, als ich daran dachte das er von Alexis getrunken hatte. Oh Gott, hatte unsere Beziehung überhaupt noch eine Chance?
Konnten wir damit umgehen?
Wie konnte ich ihm nur so etwas antun? Das schlechte Gewissen das ich bis zu diesem Zeitpunkt verdrängt hatte, war dabei wieder die Oberhand zu gewinnen.
Doch meine Selbstanklage wurde von dem Öffnen und Schließen der Tür, zumindest für eine Weile beendet. Sie waren wieder oben.
Immer noch leise, damit Edward und Alexis mich nicht hörten kuschelte ich mich wieder unter die Decke. Ganz ruhig legte ich mich hin, spitzte die Ohren um den Gesprächen der Geschwister heimlich zu lauschen. In diesem Moment kamen mir die beiden sehr gelegen, ich konnte mich noch nicht mit meinem Verhalten auseinander setzen! Zu groß war die Angst, all das zu verlieren was mir wichtig war! Derweil begannen Billy und Ally mit der Suche einer angenehmen Schlafposition neben mir. Putzig! Meine Katzen schafften es doch immer wieder mich aufzuheitern.
„…also morgen.“, sagte Edward ruhig. Mit einer etwas belebteren Stimmlage als zuvor, fuhr er fort: „ Da haben wir wohl nicht mehr viel Zeit es Felicitas schonend beizubringen. Hm, ich bin gespannt wie sie auf die Neuigkeit, dass wir nicht die einzigen übernatürlichen Wesen auf der Welt sind, reagiert.“ Sobald er das letzte Wort ausgesprochen hatte, hörte ich ihn kichern. Das war aber nicht alles was ich zu hören bekam!
„Sie wird es schon überleben! Auf ihre Wandlung hat sie doch ganz gut reagiert. Ich glaube, dass was sie jetzt erfährt schluckt sie noch leichter! Immerhin weiß sie ja nun das ein paar Märchen, einen wahren Kern haben!“, sagte Alexis und ihre Stimme klang ungewohnt sanft in meinen Ohren wieder.
Das war das netteste was ich sie bisher hatte sagen hören. Vielleicht irrte ich mich ja, vielleicht war sie doch eine nette Person. Tja, die Zeit wird es zeigen!!!
Aber was sollte mir das gehörte nur sagen? Das die beiden und neuerdings Francis, die Katzen und ich, nicht die einzigen Vampire auf der Welt waren, war mir irgendwie klar. Hm, vorhin war ja auch noch die Rede von Elfen, meinten sie etwa das? War das Gerede über Elfen vielleicht doch kein Nonsens, sondern schlicht und ergreifend die Wahrheit? In Bezug auf den wahren Kern von Märchen musste ich Alexis recht geben, denn das hatte ich mittlerweile schon begriffen.
Mein gedankliches Rätselraten wurde wieder einmal durch einen auditiven Input unterbrochen.
„Guten Morgen Felicitas! Wie ich höre bist du schon länger wach!“, trällerte Edward gutgelaunt. Oh Mann, jetzt wurde ich doch glatt beim Spionieren erwischt! Mist, irgendwie fühlte ich mich jetzt wie ein unartiges Kind und schämte mich für mein Verhalten. Ja, das hätt ich mir wohl früher überlegen sollen. Wie es aussah musste ich mich jetzt wohl in die Höhle des Löwen begeben. Sie werden mich schon nicht fressen!

, dachte ich und stand auf. Mein Kopf fühlte sich so heiß an, so dass ich höchstwahrscheinlich rot wie eine Tomate war.
Als ich ins Nebenzimmer, also mein Wohnzimmer trat, grinsten die beiden bis über beide Ohren. Anscheinend hatten sie keine Probleme mit meinem Lauschangriff. Wie immer hatte ich mir zu viele Sorgen gemacht. Mein Verstand sagte, dass alles in Ordnung war. Aber meine Gefühle konnten sich nicht so schnell regulieren, deshalb wünschte ich den beiden eher zaghaft einen guten Morgen.
„Glaub nicht, dass wir etwas anderes getan hätten, zu einer Zeit in der uns noch so viele Geheimnisse verborgen lagen! Das dich die Neugier packt ist völlig normal. Also mach dir keinen Kopf! Edward kocht uns jetzt erstmal einen Kaffee und du setzt dich zu mir aufs Sofa!“, sagte Alexis.
Immer noch etwas verschämt, warf ich ihr ein freundliches Lächeln zu und tat was sie sagte. Sobald mein Hinterteil das Polster erreicht hatte, schwebte mein Blick durch den Raum auf der Suche nach Edward. Doch der hatte sich schon in meine Küche zurückgezogen.
Irgendwie fühlte ich mich noch etwas beklommen in der Nähe von Alexis. Während ich noch grübelte, über was ich mich mit ihr unterhalten sollte, nahm sie mir die schwierige Aufgabe ab und brach das Schweigen, welches nun schon mehrere Minuten anhielt.
„Was hast du denn alles mitbekommen?“
Schon wieder schoss mir das Blut in den Kopf. Was hatte ich doch vorhin für mich zusammengefasst?
„Ähm, … irgendetwas von einem Elfenbeauftragten Namens Bruno! Das ich oder irgendwer anderes am Tatort gestunken hat. Hm, was noch? Ach ja, das morgen irgendwas passiert und ihr mich darauf vorbereiten wollt!“, resümierte ich.
Sie lachte und begann, weiterhin freundlich, etwas klarzustellen.
„Du hast nicht gestunken! Aber das erklären wir dir gleich beim Kaffee trinken!“, aufmunternd blinzelte sie mir zu.
Langsam begann ich mich in ihrer Gegenwart wohler zu fühlen, und entspannte mich.
Ich hatte noch so viele Fragen zu meinem neuen Dasein als Vampir.
Waren wir alle Untote?
Oder lebten wir noch?
Meinen Herzschlag konnte ich zwar noch wahrnehmen, aber vielleicht stellte er nur noch ein Echo meines vorherigen Lebens dar. …
Aber wie es schien, kamen nun anstatt Antworten, nur noch mehr Rätsel auf mich zu!
Edward brachte alles was wir für den Kaffee brauchten, stellte es auf dem Tisch ab und bereitete uns den Kaffee zu. Auch diesmal war die Mischung perfekt!
„Danke!“, hauchte ich.
Er setzte sich schräg neben mich und schaute mir in die Augen. Das machte mich ganz nervös und zauberte ihm ein lächeln aufs Gesicht. Nach alldem was wir letzte Nacht miteinander getan hatten fühlte ich mich erstaunlich wohl in seiner Gegenwart. Ich hatte erwartet, dass ich mich irgendwie befangen fühlen würde, stattdessen machte sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl in mir breit. Dies führte natürlich dazu, dass mein Schlechtes Gewissen noch mehr Futter bekam.
„Also“, sagte Edward mit seiner ruhigen und angenehmen Stimme. „Auch wenn in den Geschichten über Vampire meist von Untoten die Rede ist, sehen wir es doch etwas anders! Wir sind nicht Tot oder Untot. Wir sind noch genauso lebendig wie vorher! Unser Herz ist noch vollkommen intakt, es schlägt und pumpt das Blut fortwährend durch unseren Körper. Auch sind wir bei Bewusstsein und unsere Persönlichkeit ist erhalten geblieben. Das einzige was sozusagen gestorben ist, ist unser vorheriges Leben! Da sich das Umfeld und einige unserer primären Motivationen geändert haben! … Unsterblich wäre eine treffendere Bezeichnung für unseresgleichen, da wir schwer Tot zu kriegen sind! So, ich denke hiermit hab ich einen Teil deiner Fragen schon mal beantwortet!“
Es war schon erstaunlich, irgendwie unheimlich und doch auch praktisch, wie klar er die Informationen aus meinem Kopf saugen konnte. So musste ich mich nicht erst dazu durchringen meine Fragen zu stellen, sondern bekam sie schon beantwortet bevor ich sie verbalisieren konnte.
„Ja das hast du! Danke!“, sagte ich und lächelte ihm freundlich zu.
Während er dies erwiderte begann er erneut zu sprechen und Alexis beobachtete uns weiterhin schweigend, mit einem Blick den ich nicht zu deuten vermochte.
„Und jetzt erklär ich dir erstmal, welche Wesen noch neben uns existieren!
Wo fange ich denn am besten an? Hm, ok die Legenden über Werwölfe sind zum größten Teil wahr, außer das sie sich immer verwandeln können und nicht nur zu Vollmond. Das ist eine Fehlinterpretation der Erzähler. Nur die allererste Wandlung findet zu Vollmond statt, egal ob sie genetisch bedingt oder durch einen Biss hervorgerufen wurde! … Neben den Wölfen gibt auch noch andere Werwesen, vor allem Werkatzen. Bei ihnen gibt es eine Besonderheit, durch die Vermischung der verschiedenen Arten, kommt es manchmal vor das sie sich in mehrere verschiedene Katzen wandeln können … Tiger, Löwen oder auch Hauskatzen, einfach alle Katzenrassen ob groß oder klein können vorkommen“, hier legte er eine kurze Pause ein.
Während ich versuchte das Gehörte zu verarbeiten und zu glauben, spürte ich die Blicke der beiden auf mir. Das machte mich irgendwie nervös. Um die Situation etwas aufzulösen erhob ich das Wort. „Ist das alles oder gibt es noch mehr? Habt ihr mir mit der Unterhaltung über Bruno den Elfen einen Bären aufgebunden oder bekomm ich jetzt doch noch was über ihn und seines gleichen zu hören?“, sprudelte es aus mir heraus. In der Erwartung, dass mir in den nächsten Minuten ein hysterischer Anfall drohte, biss ich mir, angespannt wie ich war, auf die Unterlippe. Aber ich wartete vergebens! Scheinbar hatte ich mich in den letzten Tagen an diese unglaublichen Wahrheiten gewöhnt und mich Unbewusst schon auf so einiges Eingestellt.
Alexis und Edward konnten sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als sie mich bei meinen Überlegungen beobachteten. Wenn mein Gesicht so aussah wie ich mich fühlte, konnte man es ihnen nicht verübeln.
„Das ist sehr nobel von dir!“, sagte Edward, der schon wieder in meinen Gedanken rumschnüffelte. Blödmann!

, war mein gedanklicher Kommentar.
Er schaute mich daraufhin mit gespieltem Entsetzen an. Dem konnte ich nur ein selber Schuld, was musst du auch immer in meinen Kopf reingucken, als wäre dieser ein offenes Buch

hinterher setzen. Wir beide mussten lachen. Und meine schnippische Stimmung verpuffte, so schnell wie sie aufgetreten war.
„Was ist, willst du noch mehr erfahren oder soll ich dir erst noch eine Pause gönnen?“
„Ich glaube ich vertrage mehr als ich erwartet habe! Also bevor meine Toleranzschwelle wieder zu sinken beginnt, erzählst du mir lieber noch ein paar Dinge über die Welt in der ihr lebt!“, antwortete ich in sehr gelassenem Tonfall.
„Wie du willst!“, sagte er und warf mir und Alexis ein Lächeln zu.
Im Gegensatz zu mir, saß Alexis völlig entspannt da. Sie lümmelte sich in die Lehne des Sofas und schien mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein!
„Also ich mache es kurz! Zu den nicht erfundenen Wesen zählen Elfen, Feen, Hexen, Hexer, Geister und Dämonen! Dann gibt es da noch eine Zwischenwelt, Nimbatus genannt. Dies ist ein in Nebel gehüllter Ort, hier leben Feen und Dämonen. Die Geister halten sich dort aber auch sehr häufig auf. Werwesen und Vampire betreten diese Nebelwelt normalerweise nicht, da wir an diesem Ort an überreizter Orientierungslosigkeit leiden. Frag mich nicht warum, ich war noch nie dort. Es gibt zwar einige Elfen und Hexen die sich der Aufgabe widmen unseresgleichen hindurch zuführen, aber ich hatte einfach noch nie das Bedürfnis dies in Anspruch zu nehmen.“
Die Informationen sickerten langsam wie Sirup zu dem Teil meines Gehirns der für die Verarbeitung zuständig war.
„Dämonen?“, fragte ich ungläubig.
„Ja. Aber die trifft man eher selten an, außer man ist im Nimbatus. Es gibt nicht mehr viele die verrückt genug sind diese zu beschwören. Es hat einfach zu viele Nachteile für den Betreffenden.
So hast du dazu noch fragen oder willst du erstmal den Grund erfahren, wegen dem Bruno hier morgen auftaucht?“
Ich empfand es als sehr freundlich, dass er mich nun aktiv mit einbezog. Meine Gedanken rasten, als ich innerlich abwog, ob ich mehr von Bruno oder dieser Zwischenwelt in Erfahrung bringen wollte. Da mein Geist sich schon mit der Frage um den Elfenbeauftragten beschäftigt hatte, wollte ich erst diese Neugier stillen.
Edward nickte, da er meiner Entscheidung wiedermal gelauscht hatte.
„Also Bruno von Waldberg ist der Elfenbeauftragte in dieser Gegend. Das bedeutet, dass er weiß wo und wie viele Elfen hier wohnen. Er kennt ihre Namen und kümmert sich darum wenn einer von ihnen aus der Rolle fällt! Das heißt wenn ein Elf unvorsichtig wird, zum Beispiel wenn er in der Öffentlichkeit unter Zeugen zaubert, greift Bruno ein. Er ist also für die Schadensbegrenzung und die Belehrung der Elfen zuständig.
Als Alexis und ich euch zu Hilfe kamen, konnten wir den Geruch einer Elfe wahrnehmen. … Und wir wollen nun mit Brunos Hilfe herausfinden was es damit auf sich hatte! Am Telefon sagte er uns das an dem Ort wo wir euch fanden keine Elfe wohnt! Nicht mal im Umkreis von einem Kilometer.“, seine letzten Worte wurden immer leiser.
Als Edward aufhörte zu sprechen, hatte ich nicht das Gefühl das er alles gesagt hatte. Nein er wirkte eher nachdenklich.
„ Was ist eigentlich mit deinen Eltern, leben sie auch hier in Galway?“ fragte er zögernd.
Warum wollte er das Wissen? Als ich zu sprechen begann breitete sich ein beklemmendes Gefühl in meiner Brust aus. „Nein. Ich kenne weder meinen Vater noch meine Mutter.“, ich schluckte und meine Kehle fühlte sich staubtrocken an. „Meine Mom starb kurz nach meiner Geburt … wer mein Dad ist habe ich nie erfahren!“
Beide warfen mir einen traurigen Blick zu. Als sie etwas sagen wollten, stoppte ich sie mit einem vehementen Kopfschütteln. Nein, Mitleid konnte ich jetzt nicht gebrauchen. Außerdem hätte jedes weitere Wort über dieses Thema eine aufwühlende und verletzende Wirkung gehabt. Egal wie alt man ist, sowas tut immer weh. Vergeht nie ganz. Bleibt, und macht einen großen Teil des emotionalen Ungleichgewichtes aus, das jederzeit über einen herfallen konnte.
„Hm, aber das könnte passen!“, murmelte Edward und durchbrach so das Schweigen.
Ich verstand nur Bahnhof.
„Ich weiß nicht wie ich dir das Folgende erklären soll!“, in seiner Stimme klang Unsicherheit mit und auch seine Körperhaltung drückte alles andere als Sicherheit aus. Er war nervös. Aber warum?
Jetzt meldete sich Alexis erstmals wieder zu Wort.
„Dann tu ich es eben! Also einige deiner Eigenschaften scheinen von elfischer Natur zu sein. Das Heilen ist eine Fähigkeit die wir noch nie bei einem Vampir gesehen haben. Dies können nur andere Wesen wie zum Beispiel die Elfen.
Auch das deine Fähigkeiten so schnell erwacht sind, ist ein ungewöhnliches Phänomen. Genauso sieht es mit deiner Wandlung aus! Sie vollzog sich so schnell bei dir, dass ist nicht normal weißt du! … Elfen heilen schneller als Menschen! Das könnte bedeuten, dass du die Elfe an dem Tatort warst! … Da du jetzt ein Vampir bist, können wir nicht mehr erkennen ob du eine Elfe bist! Du riechst jetzt wie eine von uns. Deswegen haben wir uns an den hiesigen Elfenbeauftragten gewandt. Wenn Bruno kommt kann er es eventuell an deiner Aura sehen ob du eine Elfe bist!“
So wie auch Edward hatte Alexis eine ruhige Art, Tatsachen zu schildern. Beide weckten mein Interesse, ja ich wollte mehr von ihnen erfahren. Von ihrer Stimme noch immer völlig fasziniert, saß ich da und versuchte das was sie gerade gesagt hatte zu rekonstruieren.
Gedankenverloren schüttelte ich meinen Kopf. Das war nun die dritte Überraschung, die sie mir - über mich selbst - offenbarten. Die ersten beiden hatten sich ja als wahr herausgestellt. Aber das? Ich wusste nicht ob ich das glauben sollte. Die vorherigen Ereignisse hatten mich ja gelehrt ihnen glauben zu schenken. Aber diesmal konnte ich es nicht ohne weitere Informationen hinnehmen. Und so bastelte ich mir eine Frage zusammen.
„Edward du hattest doch vorhin davon gesprochen, dass unser vorheriges Leben sozusagen gestorben ist. Und Alexis du sagtest das ich jetzt wie ein Vampir rieche, nicht mehr wie ein Mensch oder eine Elfe! Ich schließe daraus das, hm, wie soll ich es am besten ausdrücken … meine vorherige Lebensform nicht mehr existiert! Ich bin jetzt ein Vampir, wie soll Bruno etwas in mir sehen was nicht mehr da ist? Oder ist das bei Elfen anders?“
Ich war so damit beschäftigt gewesen meine Gedanken zu formulieren, dass ich glatt das Atmen vergessen hatte. Erleichtert sog ich nun den Sauerstoff in meine Lungen.
„Das wissen wir selber nicht! Wir wissen nicht ob es schon mal eine Elfe gab die mit unserem Blut in Kontakt kam! Demnach können wir auch nicht einschätzen wie sie darauf reagieren! Aber wir nehmen an das, dass magische was eine Elfe ausmacht weiter existiert.“, scheinbar hatte Edward seine Worte wieder gefunden.
„ Wieso ist es denn so wichtig! … Warum wollt ihr unbedingt herausfinden wer die Elfe war?“, fragte ich, während mein blick zwischen den beiden hin und her schwang.
„Wenn du die Elfe bist kann es sein, dass ihr nicht aus reinem Zufall die Opfer der beiden wart. Denn es verschwinden immer wieder Elfen. Irgendjemand hat es auf sie abgesehen. Die Abteilung, für die wir arbeiten hatten Tina und Thomas, also die beiden die euch angegriffen hatten, schon länger in Verdacht dafür verantwortlich zu sein. Nur deshalb waren wir in der Nähe, denn wir waren zurzeit mit ihrer Beschattung beauftragt. Bis jetzt konnten wir aber noch keine konkreten Hinweise sammeln. In der Nacht glaubten wir, dass wir sie wegen versuchten Mordes an euch dran gekriegt hatten. Aber vielleicht steckte ja doch mehr dahinter. Verstehst du nun warum es so wichtig für uns ist?“, fragte mich Edward mit seiner weichen und charmanten Stimme.
Abteilung?
„Oh mein Gott, wenn ich eine Elfe bin, oder war, wie auch immer, dann ist es meine Schuld. Dann liegt Francis nur wegen mir da drüben und kämpft gegen die neuen Umstände an!“, sagte ich und mir liefen schon wieder einmal Tränen über meine Wangen.
„Ich … ich … will nicht … schuld sein … an seinem Leid!“, waren die einzigen Worte die ich in meinem Heulkrampf heraus stoßen konnte.
In einer Geschwindigkeit, der ich mit meinen Augen kaum folgen konnte, setzte sich Edward neben mich und schloss mich in seine Arme. Diese boten mir soviel Geborgenheit wie es kaum jemand vor ihm geschafft hatte. Dabei kannte ich ihn erst seit ein paar Tagen. Unglaublich.
Während er mir tröstend die Wangen streichelte, verebbten die wilden Kontraktionen in meinem Brustkorb langsam. Ich wurde ruhig und die Überproduktion meiner Tränenflüssigkeit wurde schon nach wenigen Augenblicken gestoppt.
„Dich trifft keine Schuld! Wenn jemand schuld ist, dann wohl Thomas und Tina. Und ihre Auftraggeber, sofern sie welche hatten.“, flüsterte mir Edward ins Ohr.
Als ich aufblickte konnte ich erkennen, dass Alexis deutlich mehr Schwierigkeiten mit meinen Gefühlsausbrüchen hatte, als Edward. Nervös rutschte sie auf dem Sofa herum. Kaum trafen sich unsere Blicke, lächelte sie verlegen und stand auf.
„Ich geh mir mal die Beine vertreten.“, sagte sie während sie die Tür öffnete und verschwand.
„Hey, mach dir keine Sorgen, es ist alles gut. Francis erholt sich doch schon wieder. Wie wäre es, wenn ich dich ein bisschen ablenke und dir die Frage über unsere Abteilung beantworte?“, wieder einmal klang seine Stimme so sanft das sie von einem Engel hätte stammen können.
Ohne zu ihm aufzusehen, nickte ich ihm zu und hoffte, dass er es schaffte das Chaos aus meinem inneren zu vertreiben. Die letzten Tage schienen sehr anstrengend gewesen zu sein, denn selbst für mich waren in dieser Zeit eindeutig zu viele Tränen geflossen.
„Ja, das waren sie wohl!“, antwortete er meiner Überlegung nachdenklich.
„Um auf deine Frage zurückzukommen muss ich dir erst einmal erzählen wo und wie Alexis und ich leben, da es in direktem Zusammenhang zueinander steht.
Also unser Wohnort und die vorhin erwähnte Abteilung befinden sich in der Nähe von Dublin, auf der Halbinsel Howth. Dort an den Klippen steht ein Schloss, in dem wir zusammen mit mehreren übernatürlichen Wesen leben und arbeiten.
Der Bereich rund um das Schloss ist von jeher, ein magischer Ort.
Das heißt, er ist für alle die nicht von ihm wissen oder ihn nicht betreten dürfen unsichtbar. Aber dazu erzähle ich dir später noch mehr.
Eingeweiht sind nur diejenigen die dort leben und deren enge Vertraute.
Um deine Frage zu beantworten, nein es hat keinen Namen. Im Gegensatz zu den Menschen, geben wir unseren Gebäuden keine namentliche Bezeichnung.“, sagte er und warf mir ein lächeln zu.
„Also wir die im Schloss leben sind die sogenannten Hüter. Wir sind für die Ermittlungen und das Aufspüren von Gefahren zuständig. Deshalb werden die Hüter noch in verschiedene Aufgabenbereiche unterteilt. Alexis und ich gehören zu den Wächtern. Wir arbeiten sozusagen an der Front und gehen den Hinweisen die unsere Ermittler herausgefunden haben nach. Und wenn es nötig ist beseitigen wir die Straftäter.
In ganz Leinster gibt es noch weitere vierzehn Hüter-Abteilungen. Wir stehen alle in Verbindung zueinander und sprechen uns ab.“
„Wow, wie viele seid ihr in eurer Abteilung?“
„Wir waren bis vor kurzem fünfzehn Personen, aber eine von unseren drei Elfen ist verschwunden.“, sagte er mit betrübter Stimme.
„Das ist ja furchtbar! Habt ihr eine Spur?“, fragte ich und meine Stimme war erfüllt mit Mitleid für die arme Elfe.
„Leider nein. … So, dass sollte erstmal genügen. Du bist müde und brauchst deinen Schlaf.“, sagte er und ging in die Küche.
Was wollte er denn dort? Was essen bestimmt nicht!
Und was sollte denn das schon wieder du bist müde

? „Ich bin nicht müde!“, entgegnete ich seinem Rücken. Der spinnt wohl!


Dauernd will er mich ins Bett schicken, so als wäre ich ein kleines Kind das solche Entscheidungen nicht selbst treffen kann. Hallo, ich bin dreiundzwanzig Jahre alt und nicht sieben!

, schimpfte ich.
Aus der Küche vernahm ich ein Glucksen welches sich verdächtig nach Edward anhörte. Schuft

, entgegnete ich ihm darauf.
„Was machst du da eigentlich?“
Kaum hatte ich meine Frage gestellt, sah ich sie auch schon beantwortet.
Es war Fütterungszeit! Edward setzte sich gerade neben mich auf die Couch, als ich nach meinem Kaffeebecher griff. Die nun folgende Blutspende machte mich noch immer ganz schön nervös. Hilfesuchend klammerte ich mich an meiner Tasse fast, als diese plötzlich in tausend Einzelteile zersprang. Scheiße. Wie konnte denn das passieren? Verwirrt von der unerwarteten Kraft in meinen Händen starrte ich auf meinen Schoß. Geschmückt mit feucht - braunen Flecken und den blauen Scherben des Bechers, gab dieser kein schönes Bild ab.
„Wie ich sehe wirst du immer stärker! Wenn das so weiter geht bist du bald ein vollwertiger Vampir.“ Edwards Erklärung zufolge war das also wieder so ein Vampir-Ding, das in mir erwacht war. Immer wieder konnte ich eine neue Überraschung erleben, ob das wohl je ein Ende nehmen würde?

, dachte ich als ich mich vorsichtig erhob um mir etwas trockenes anzuziehen. Währenddessen beseitigte mein Gast das Chaos das ich auf dem Wohnzimmerboden hinterlassen hatte. Die neue Stärke, war gar nicht so übel. Vorher gehörte ich eher zu den etwas zu schwachen Geschöpfen der Welt. Mit der Ausrede, dass ich nun mal eine Frau war konnte ich mich auf meiner Faulheit ausruhen. Das ich nun an Stärke gewonnen hatte - ohne das ich vorher ein anstrengendes Training durchlaufen musste - hatte schon einige Vorteile. Mich meinem Schicksal beugend verließ ich das Bad und bereitete mich auf meine Spende vor.

Nach meinem Aderlass und der täglichen Portion Edward, fiel mir eine Frage ein die ich schon vor einiger Zeit stellen wollte. Ich richtete mich im Sofa auf und stützte mich mit den Armen auf den Beinen ab. Mir tat alles weh. Die Muskeln die mich aufrecht halten sollten, befanden sich zurzeit im Streik. Das viele Liegen und meine neue Ernährungsweise schien ihnen nicht in den Kram zu passen. Aber vielleicht hatte ich die Ansage "wegen Umbau geschlossen", einfach verpasst und musste nun die Rechnung dafür zahlen.
Nach etlichem Hin und Her, fand ich eine Position in der ich einigermaßen bequem sitzen und Edward anschauen konnte. Wie immer zog er sich nach meinem - Bloody Eddy - etwas zurück. Es schien als brauche er den Abstand um nicht die Kontrolle zu verlieren. Ich konnte mir jedoch nicht vorstellen, wie der Couchtisch zwischen uns, einen Vampir im Blutrausch aufhalten sollte. Mit müden Augen musterte ich ihn, er sah entspannt aus. Als er etwas belustigt meinen Blick erwiderte, fragte ich mich was ihn so amüsierte, bis ich mir vor Augen führte was für ein erbärmliches Bild ich gerade abgegeben hatte. Meine schleppenden Bewegungen sahen vermutlich zum Schreien komisch aus. Nichts desto trotz verdrängte ich die Pein, überlegte warum ich mich dem ganzen ausgesetzt hatte und erhob das Wort als es mir wieder einfiel.
„Warum habt ihr eigentlich Francis samt Sofa hochgetragen? Neben mir war doch noch Platz!“
„Zu deinem Schutz! Wir hatten Angst, dass du deine Ganze Energie an ihn abgibst, wenn du ihn zufällig oder bewusst berührst. Wir wollten nicht, dass du dir aus reiner Uneigennützigkeit schadest. Seine Selbstheilung ist aktiviert und er braucht deine Hilfe nicht mehr, zumindest was die Heilung anbelangt. Verstehst du!“
„Hm, ich denke schon. Ihr glaubt, dass ich meine neue Fähigkeit noch nicht bewusst steuern kann und sie sich wahrscheinlich verselbstständigt hätte.“, sagte ich und gähnte.
„Genau, dass hast du gut erkannt! Aber jetzt ab ins Bett mit dir.“, sagte er sanftmütig. Und diesmal konnte ich es ihm nicht übel nehmen.
„Eine Frage hab ich noch. Warum schlafen Francis und die Katzen denn soviel? Sie sind immer nur kurz wach um Blut zu trinken und dann schlafen sie gleich wieder! Gut ich schlafe auch sehr viel aber die drei verschlafen doch schon die letzten Tage!“
„Sie verhalten sich völlig normal! Als neugeborener Vampir verschläft man im Normalfall die ersten sieben Tage. Da die Veränderungen die man mitmacht den Körper schlauchen. Warum du solange wach bist können wir auch nicht mit Sicherheit sagen. Wenn du eine Elfe bist, liegt es wahrscheinlich daran! Wenn nicht weiß ich auch nicht was das auf sich hat!“
Bei dem Wort Elfe fiel mir noch etwas ein, etwas was ich schon vor längerem fragen wollte: „Was habt ihr eigentlich mit Tina und Thomas gemacht?“ Jemanden eliminiert zu haben musste ja nicht zwangsläufig bedeuten, dass dieser Tot war. Oder? „Und was wolltest du damit sagen, als du vom beseitigen von Straftätern gesprochen hast? Gibt es ein Vampirgefängnis?“
Edward rutschte er in seinem Sessel herum. Es sah so aus als ob er sich aus der Sache herauszuwinden versuchte. Als ihm dies nicht gelang, gab er sich geschlagen und begann seine Erklärung zu formulieren.
„Ja, es gibt ein Gefängnis für alle straffällig gewordenen Supras! Was eure Angreifer betrifft hatten wir keine andere Wahl als sie zu töten. Sie hatten sich zu sehr gewehrt um sie verhaften zu können. Ihr Drang euch zu entführen war zu groß, als das sie in Betracht zogen aufzugeben. Gerade als wir etwas Abstand von ihnen gewinnen konnten und ich mich bemühte auf sie einzureden, versuchten sie uns mit einer Art Pflock niederzustrecken. In letzter Sekunde konnten wir diese fliegenden Geschosse von uns ablenken. Und so wurden sie mit ihren eigenen Waffen geschlagen! Mir wäre es lieber gewesen wenn sie sich ergeben hätten. Aber sie waren zu keinem vernünftigen Gespräch und geschweige denn zu einer Verhaftung bereit.“, sagte er mit reuevoller Stimme. Sie waren Tot. Alexis und er hatten jemanden ermordet. Wie ich mit diesem Wissen umgehen sollte wusste ich nicht. Aber das würde ich später noch herausfinden. Im Moment war ich zu müde um über solche höchst komplizierten Sachverhalte zu grübeln und diese mit meinen Moralvorstellungen abzugleichen. Das musste warten, dachte ich als ich gähnte. „Na komm mit!“, flüsterte Edward mir ins Ohr.
Kaum das er ausgesprochen hatte, lotste er mich schon ins Schlafzimmer, direkt aufs Bett zu. Schnell schlüpfte ich unter die Decke und schlief, nahezu in dem Moment ein als er mir eine gute Nacht wünschte und das Zimmer verließ.

Als ich aufwachte schwirrte mein Kopf immer noch, so viele Erkenntnisse und so viele Fragen. Und doch konnte ich nichts davon wirklich greifen. Während ich noch überlegte ob ich liegen bleiben oder doch aufstehen sollte, ging die Schlafzimmertür auf und Edward trat herein. In seiner Hand hielt er einen Kelch gefüllt mit Blut. Hmm, lecker! In dem Lichtschein der von hinten auf ihn fiel und durch die aufmerksame Geste wirkte er wie ein Heiliger. Sobald der Duft des Blutes in meine Nase kroch, stachen mir meine neu erworbenen Fangzähne in die Unterlippe, da ich meinen Mund noch nicht geöffnet hatte. „Aua! Damit hätte ich rechnen müssen!“, murrte ich etwas kleinlaut herum. Aber das hielt mich nicht davon ab, mir das Glas zu schnappen und den Inhalt in einem Zug zu leeren.
Als das Blut meinem Körper neue Kraft schenkte, profitierte glücklicherweise auch mein Gehirn davon, und mir schoss gleich die erste Frage aus meinem Mund heraus.
„Ist dieser Bruno schon da? Oder hab ich noch Zeit mich frisch zu machen?“
„Er kommt circa in einer halben Stunde! Geh du unter die Dusche und ich mach uns einen Kaffee!“, sagte er.
Nickend, da ich sichtlich zufrieden war mit seiner Antwort, stand ich auf und ging ins Bad. Auf dem Weg dorthin sah ich, dass Alexis von ihrem gestrigen Ausflug zurückgekehrt und nun in eine Tageszeitung vertieft war.
Wie immer war die Dusche phantastisch und zu meinem Erstaunen musste ich feststellen, dass sich das Wasser auf meiner Haut viel intensiver und sinnlicher anfühlte als je zuvor. Ob das was mit meiner neuen Lebensform zutun hatte oder ob ich mich heute einfach mehr auf dieses Gefühl konzentrierte, vermochte ich nicht zu sagen.
In aller frische und von allen Verwirrungen reingewaschen, schmiss ich mich in eine Jeans und in einen bequemen und auch gutaussehenden schwarzen Pullover. Beides schmeichelte mir. Und um dem ganzen eine Krone aufzusetzen, zog ich mir über meine etwas zu groß geratenen Füße die schönsten Stiefel die meine Augen je gesehen hatten. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich eine gute Wahl getroffen hatte. Schließlich will man ja einen guten Eindruck hinterlassen wenn man jemand neues kennenlernt.

Als mir Bewusst wurde das ich gerade mein Spiegelbild gesehen hatte, machte sich Erleichterung in mir breit. Gott sei dank diesen Teil des bekannten Dracula Mythos konnte ich widerlegen. Wie hätte ich sonst in meinem ewigen Leben mit einer anständigen Frisur rumlaufen sollen, wenn weder ich noch der Friseur einen prüfenden Blick in den Spiegel werfen konnte? Phu, so wird es wesentlich einfacher!

, dachte ich. Zurzeit trug ich mein rotbraunes Haar in einem schulterlangen Stufenschnitt. Der Pony und einige Fransen umrahmten mein Herzförmiges Gesicht. Meine Lippen formten ein nettes lächeln, als ich sah wie gut meine Frisur heute saß.
Große strahlende Augen blickten aus dem Spiegelbild auf mich zurück.
Mit gestrafften Schultern und einem guten Gefühl trat ich aus dem Badezimmer.
Das Erste was ich wahrnahm war der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee und das zweite Alexis die angeregt auf Edward einredete. Abrupt beendete sie die Diskussion und ging mit einem Blick der Ärger verhießen ließ auf mich zu. Panik stieg in mir auf. Was war hier los? Ich hatte doch gar nichts angestellt. In völlige Starre versetzt blieb ich an Ort und Stelle stehen.
„Dieser Herr von Waldberg hat gerade eben unser heutiges Treffen abgesagt. Zudem hat er Edward darauf hingewiesen das wir so schnell wie möglich zurück nach Dublin gehen sollen. Und unser Supervamp hier … “, wutentbrannt stieß sie ihren Zeigfinger in Edwards Brust, „ … will sofort aufbrechen ohne dabei an Francis zu denken. Ich bin jedoch der Meinung, dass wir warten sollten bis er aufwacht, da es eh schon schwer genug für ihn wird! Das siehst du doch genauso oder?“
Sie sorgte sich um Francis. Wow, war das echte Sympathie oder doch nur so ein Schöpfer Ding? Beschütze den, den du geschaffen hast egal was es kostet!

, so kam mir jedenfalls das Verhalten der Beiden vor. Wie auch immer, für nichts in der Welt wollte ich Francis Wohlergehen riskieren.
„Selbstverständlich!“, sagte ich und war völlig entsetz darüber wie gedankenlos Edward mit dem Schicksal von Francis spielte. Aus meiner Enttäuschung entwickelte sich Wut. Diese blieb ihm nicht verborgen.
„Ich hab es nur gut gemeint! Wir sind hier scheinbar nicht sicher. Drei Straßen weiter wurde eine blutleere Leiche gefunden, weshalb ich so schnell wie möglich von hier verschwinden will. Die Hüter dieser Gegend wissen nicht wer dahinter steckt. Aber ich hab so eine Ahnung, dass der Angriff auf euch und das neue Opfer miteinander zusammenhängen! Je länger wir bleiben desto wahrscheinlicher wird es das wir hier in der Falle sitzen. Da wir keine Gewissheit haben wer und wie viele da draußen lauern, will ich hier verschwinden. … Bitte lass mich euch alle in Sicherheit bringen.“, flehte er.
„Wegen irgendeiner Ahnung von dir bringe ich Francis bestimmt nicht in Gefahr!“, schrie ich.
„Alexis, kannst du uns nicht mithilfe deiner Visionen sagen ob die Bedrohung näher rückt?“
Wozu waren denn sonst diese Fähigkeiten gut?
„Danke! Das wenigstens du an mich und meine Gabe glaubst.“, sagte sie mit einem niederschmetternden Blick in Edwards Richtung. Gibt es denn einen Grund daran zu Zweifeln?

, fragte ich mich irritiert.
„Egal welche Entscheidung ich durchdenke, es tauchen keine Bilder einer gefährlichen Zukunft auf. Weshalb ich davon ausgehe das wir uns keine allzu großen Sorgen machen brauchen!“
„Alexis“, begann Edward mit beschwichtigendem Ton.
„Deine Visionen sind von so vielem abhängig, nicht nur von unseren Entscheidungen! Was ist wenn sie hier in der Nähe sind und sich ganz kurzfristig dazu entschließen uns Anzugreifen? Dann taucht deine Vision viel zu spät auf! Ist es das Risiko Wert unser aller Leben aufs Spiel zu setzen?“
„Ja!“, sagten Alexis und ich wie aus einem Mund. Er bedachte uns mit einem verzweifelten Blick und trat zur Tür hinaus. Als ich ihm folgen wollte hielt Alexis mich zurück.
„Lass ihn! Er muss sich nur kurz abreagieren, dann kommt er zurück. Komm wir trinken einen Kaffee.“ Sagte sie als sie in die Küche ging und die Kanne von der Maschine nahm. Um mich nicht unnütz zu fühlen, folgte ich ihr und schnappte mir drei Tassen aus dem Schrank. Vorsichtig platzierte ich diese in meiner linken Hand und holte anschließend die Milch aus dem Kühlschrank. Da ich keine Hand mehr frei hatte schubste ich die Tür mit dem Ellbogen zu.
Anders wie sonst ließ sich Alexis an meinem Esstisch in einen Stuhl plumpsen und ich tat es ihr gleich. Während ich mir meinen Kaffee zubereitete hörte ich plötzlich Edwards Stimme in meinem Kopf.
Felicitas, bitte schau dich in meinen Gedanken um und sag mir dann ob du deine Entscheidung nicht doch noch revidieren möchtest!

, kaum endeten seine Worte wurde ich von unzähligen Bildern überschwemmt. Dieser Einblick zeigte mir, dass nicht nur ich mit einem Übermaß an Phantasie gesegnet war. Er hatte Angst davor von einer Horde wild gewordener Vampire überfallen zu werden. In seiner Vorstellung waren es so viele das keiner eine Chance hatte zu entkommen. Als ich dies sah war ich froh das nicht er sondern Alexis die Gabe der Visionen besaß. Denn so konnte ich mich davon Überzeugen das es eher unwahrscheinlich war das dies passierte. Neben diesen Bildern konnte ich auch seine Emotionen spüren. Hierdurch offenbarte er mir das ich falsch lag, als ich ihn beschuldigte völlig kaltherzig über Francis Schicksal zu entscheiden. Edward machte sich genauso viele Sorgen um ihn wie wir. In dem Moment als mein Gewissen anfing mich zu peinigen, verebbte der Zugang zu seinem Geist.
„Was ist los mit dir? … Hey du schüttest die ganze Milch auf den Boden!“, und so holte mich Alexis wieder aus meiner Versunkenheit. Ruckartig drehte ich die Packung in meiner Hand so, dass nichts mehr hinauslaufen konnte. In ihrer Vampir Geschwindigkeit schoss sie an mir vorbei in die Küche. Sie holte dort Tücher und wischte die Sauerei auf. Bis ich diese Veränderung meiner Umgebung verarbeitete und wahrnahm, war nichts mehr von meinem Missgeschick zu sehen.
„Er hat dir gerade Zugang zu seinen Gedanken gewährt! Oder?“
„Ja, hat er! Edward macht sich wirklich sorgen um uns alle. Sei ihm nicht mehr böse, ich konnte fühlen, dass Francis ihm nicht egal ist! Er meinte es nur gut. Aber ich bin trotzdem der Meinung das wir warten sollten bis Francis aufwacht!“
Nickend stimmte sie mir zu. Als dies geklärt war, stand ich auf und schüttete den Überschuss an Milch aus meiner Tasse. Wieder am Tisch angekommen füllte ich den Becher mit Kaffee auf. Der Duft war wie immer herrlich, er wirkte gleichzeitig belebend und entspannend auf mich.
„Ist noch einer für mich übrig?“, fragte Edward als er den Raum betrat.
„Ja. Wenn du mir sagst wie du ihn möchtest, bereite ich ihn dir zu!“, sagte ich erleichtert da er trotz meiner Entscheidung - die er mit Sicherheit mit verfolgt hatte - nach oben gekommen war. Ich blickte ihm in die Augen und spürte, dass er seine Barriere wieder fallen ließ. Ich bevorzuge dieselbe Mischung wie du.

, dies konnte ich so klar und deutlich hören als hätte er die Worte ausgesprochen.
Während ich Edwards Kaffee eingoss, breitete sich ein lächeln auf meinem Gesicht aus. Gedankenlesen war einfach klasse und hielt eine Menge Raum für Spaß offen.
„Oh man, könnt ihr diesen Scheiß nicht sein lassen solange jemand im Raum ist!“, schimpfte Alexis. Edward ignorierte ihren schnippischen Ton und setzte sich zu uns an den Tisch.
„Also gut“, begann er „wir bleiben bis Francis erwacht! Aber sobald eine Gefahr droht brechen wir auf, egal wie weit er ist! Ich will, dass ihr dann ohne zu zögern handelt, könnt ihr mir das versprechen?“ Fragend suchte ich Alexis Blick, sie kannte ihn besser als ich und wenn er eine Tücke eingebaut hatte würde sie es mit Sicherheit erkennen.
Du vertraust mir ja nicht gerade!

, warf mir mein Schöpfer mit Entsetzen entgegen.
Ich sage ja nicht das du es aus reiner Boshaftigkeit tun würdest!

, zischte ich gedanklich zurück.
Alexis die nichts von unserer kleinen Zankerei mitbekommen hatte stimmte Edwards Vorschlag zu und leicht beschämt schloss ich mich ihr an.
„Gibt es die Möglichkeit unsere Sachen mitzunehmen oder müssen wir alles zurücklassen?“ Bitte, bitte, bitte las sie ja sagen

, schoss es mir durch den Kopf.
„Ok, aber dann sollten wir sofort mit dem Packen beginnen und einer von uns muss sich nach einem Transporter umschauen!“
„Das mache ich.“, entschied Alexis ohne einen von uns zu Fragen.
„Einverstanden, dann werden Felicitas und ich mit dem Packen beginnen. Nimm aber dein Handy mit. Falls du Unterwegs eine Vision hast gib uns bescheid!“
„Ich bin ja nicht bescheuert!“, flüsterte sie und schüttelte dabei den Kopf.
„Es wird nicht lange dauern!“, sagte sie entschlossen.
„Stellt ihr doch schon mal alles nach unten, wenn ich komme verstaue ich es gleich im Wagen!“ Dann schnappte sie sich ihre Handtasche und verließ uns.
„Edward, könnten wir es so machen, dass Francis nicht gleich vor vollendete Tatsachen gestellt wird? Er wird schon geschockt genug sein wenn er erwacht!“
„Und wie stellst du dir vor wie wir das bewerkstelligen könnten?“, fragte er und schnappte sich seinen Kaffee und trank diesen in einem Zug aus. Bevor ich meine Stimme erhob zuckten meine Schultern, da ich mir nicht sicher war ob es funktionieren würde.
„Naja, wir könnten alles was sich in den Schränken befindet verpacken und im Transporter verstauen. Und wenn er dann wach ist und all das verdaut hat, tragen wir die Möbel gemeinsam nach unten!“ Ich wusste, dass wir so um einiges länger für unsere Abreise brauchen würden.
„Also gut. Lass es uns so versuchen! Aber wenn uns keine Zeit mehr bleibt verschwinden wir, egal ob noch irgendeines deiner Möbelstücke hier oben steht!“
Erleichtert über seine Zustimmung, nickte ich eifrig.
„Dann lass uns mal loslegen! Im Untergeschoss habe ich noch die ganzen Umzugskartons gelagert. Ich geh sie schnell holen.“ Und so sauste ich in meiner neu erlangten Geschwindigkeit nach unten. Während ich noch völlig erstaunt war über meine Schnelligkeit, knallte ich auch schon mit dem Kopf gegen die Tür. Verdammt. Grinsend kam Edward mir hinterher.
„Geht es dir gut?“, fragte er mit einem vom Lachen eingefärbten Ton.
„Ja. Ich spüre komischerweise gar nichts mehr von meinem Aufprall.“, in meiner Stimme klang die Verblüffung die ich spürte mit.
Da wir uns bereits im Untergeschoss befanden begannen wir gleich hier mit dem Packen. Schneller als wir unser Habundgut vor circa drei Wochen auspacken konnten, verstauten wir alles in Kartons. Nach einer halben Stunde waren wir fertig.
„Das ging ja flott! Ich bring schon mal die leeren Kartons hoch während du hier unten alles für Alexis vorbereitest. Ist das Ok?“, fragte Edward.
„Ja, klar mach das! Ich komm dann gleich nach.“ Er klemmte sich die restlichen Schachteln unter die Arme und verschwand nach oben. Wahnsinn, für diese Menge hätte ich mindestens dreimal hoch und runter laufen müssen! Wie macht er das nur?

, grübelte ich und begann damit Ordnung zu schaffen. Ich war gerade dabei die Kisten zu stapeln als das Geräusch eines brummenden Motors sich seinen Weg in mein Bewusstsein bahnte. Der Wagen brachte den Boden leicht zum beben. Diese Schwingungen nahmen meine Füße in Form von Vibrationen war. Wieso konnte ich diese feinen Erschütterungen spüren? Hatte Alexis uns etwa einen Panzer besorgt, denn nur ein Fahrzeug von dieser Größe konnte den Boden so zum zittern bringen.
„Wo sind sie denn.“, ließ eine mir völlig unbekannte männliche Stimme verklingen. Da ich damit nicht rechnete, erschrak ich und ließ den Karton den ich gerade nach oben hievte fallen. Einen sekundenbruchteil später, befand sich mein Körper in einer hockenden Position und fing das fallende Objekt mit Leichtigkeit auf. Wow, wie hab ich denn das jetzt angestellt?

, fragte ich mich. Als mir die einzig logische Erklärung für diese ungewöhnlichen Körperlichen Fähigkeiten einfiel.
Seit meiner Wandlung war dies heute mein erster aktiver Tag, weshalb das Ergebnis meiner getunten Sinne mir erst jetzt sein ganzes Ausmaß zeigte. Vampir zu sein brachte also einiges an nützlichen Veränderungen mit sich.
„Aus dem Weg du hirnrissiger Wolf!“, als ich Alexis Stimme hörte erinnerte sie mich daran das es im Moment wichtigeres gab über das ich nachdenken sollte. Wer war dieser Mann und was hatte er hier zu suchen?
„Erst wenn ich den Rest des Geldes in der Tasche habe. Bis dahin bewege ich mich hier keinen Zentimeter weg! Hast du mich verstanden du arroganter Vamp!“, brüllte Mister Unbekannt zurück. Aus dem was ich hörte schloss ich, dass er wahrscheinlich ein Werwolf war und uns seinen Transporter lieh. Als mich die Neugier packte, stellte ich den Karton beiseite und begab mich nach draußen. Da Alexis sich der Sonne aussetzen konnte, nahm ich an das sie auch für mich kein Problem darstellte. Die Helligkeit die das Tageslicht mit sich brachte, bahnte sich ihren Weg in meine Augen und überforderte dort meine Fotorezeptoren. Seit fünf Tagen hatten meine Augen kein Sonnenlicht mehr zu sehen bekommen, da in der gesamten Wohnung die Rollos permanent heruntergelassen waren. Der grelle Schein ließ mich für kurze Zeit erblinden, was mich jedoch nicht davon abhielt weiter in die Richtung der Stimmen zu taumeln. Ich versuchte mich gerade an die veränderten Lichtverhältnisse zu gewöhnen, als ich einen Luftzug spürte der vor mir stehen blieb. Da ich immer noch geblendet war und nichts erkennen konnte, griff ich nach vorne. Es war Edward der sich schützend vor mich stellte und die Situation zu deuten versuchte. Kaum hatte mein Herz einen Schlag vollzogen entspannte er sich auch schon wieder.
Ohne sich zu mir umzudrehen, begann er mir ein Paar Fragen zu stellen. Und damit es kein anderer mitbekam, machte er dies auf unsere eigene spezielle Weise der Kommunikation. Es war schon irgendwie cool, aber trotzdem gewöhnungsbedürftig.
Wie geht’s dir?
Gut! Warum fragst du?
Macht dir das Sonnenlicht gar nichts aus?
Geht so! Bin grad dabei mich daran zu gewöhnen!
Bist du dir sicher?

, Edwards Stimme klang ungläubig und gleichzeitig fasziniert.
Ja!
Dir tut nichts weh?
Nein!

, gerade wollte ich ihn noch fragen warum er so zweiflerisch klang, als meine Aufmerksamkeit in eine andere Richtung gelenkt wurde.
„Ist das der mit dem restlichen Geld?“, die Stimme von Mister Unbekannt klang unsicher. Scheinbar glaubte er in eine Falle gelaufen zu sein.
„Meine Leute wissen wo ich bin!“, setzte er nach und bestätigte meine Vermutung.
„Keine Panik. Wie viel schulden wir ihnen noch?“, fragte Edward sanft. Langsam begannen sich meine Augen an die Gegebenheiten anzupassen. Meine Sicht wurde zwar noch von dunklen flecken beeinträchtig aber ich konnte etwas erkennen. Mister Unbekannt sah aus als wäre er einer Rockband der Achtzigerjahre entsprungen. Er hatte hellbraunes lockiges Haar, Sonnengebräunte Haut und trug eine dunkle Sonnenbrille, um die ich ihn im Moment ganz schön beneidete. Seinen breiten, muskelbepackten Körper hatte er in eine schwarze Lederkluft gesteckt. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig, aber vermutlich lag ich damit voll daneben. Dafür hatte ich eben einfach kein Talent.
„Einhundert Euro in Bar bitte!“, der Rocker trat nervös von einem Bein aufs andere als er den Preis nannte. Das Bild war verwirrend, da der Mann viel gefährlicher aussah als die beiden Vampire die um ihn herumstanden.
Alexis hatte sich einen langen Mantel übergezogen, der ihrem Aussehen etwas Verwegenes und Wildes verlieh. Wo hatte sie denn den her?
Sie beobachtete den Mann in Leder mit einem Blick, der reine Belustigung widerspiegelte. Der Wagen den sie besorgt hatte, schien groß genug für all unsere Habe zu sein. Hatte jedoch keinerlei Ähnlichkeit mit einem Panzer wie ich vorhin vermutet hatte.
„Ich geh es schnell holen, warten sie hier!“, sagte mein Schöpfer und bewegte sich Blitzschnell nach oben. Genauso schnell wie er verschwand, tauchte er wieder auf. Ohne Anzeichen der Anstrengung erhob Edward das Wort:
„Was würde es wohl kosten wenn wir ihnen den Wagen erst in drei Tagen zurückgeben?“
„Das brauchen sie nicht, unsere Firma >Rent a WolfSchon drei Stunden auf den Beinen! Wow, ich bin ja ein richtiger Draufgänger! Andere brauchen Aufputschmittel um so lange wach zu bleiben! Und ich schaff das einfach so.

, verspottete ich mich selbst.
Mein Schöpfer unterbrach diesen netten Monolog, als er zu sprechen begann. „Es freut mich sehr ihre Bekanntschaft zu machen Mister Ò Lupis! Mein Name ist Edward Amans. Meine Schwester kennen sie ja schon. Und das hier ist…“, er zeigte auf mich. „… meine Freundin Fee!“ In Gedanken fügte er hinzu, dass ich zu meiner Sicherheit mitspielen sollte. Ich tat ihm den Gefallen.
Ganz der zuvorkommende Geschäftsmann, kam Ò Lupis einen Schritt auf mich zu.
Durch die Bewegung strömte sein Geruch zu mir rüber. Ein intensiver aber nicht unangenehmer Geruch. Er hatte etwas wildes, exotisches an sich, mit einer Spur von Erde, Wald und Moos. Süß und doch rauchig. Wo hatte denn der sich rumgetrieben? Oder war das ein Parfum? Nein, ich kann keine Spur von Alkohol wahrnehmen.

, dachte überfordert von dieser starken Sinneswahrnehmung.
„Ein … ungewöhnlicher Name für einen Vamp!“, sagte Ò Lupis und reichte mir seine Hand. Sie war heiß, weshalb ich mich ihr schneller entzog als ich es sonst tat.
Der Blick mit dem er mich bedachte spiegelte Wissen und Verständnis für dieses Verhalten wieder. Scheinbar war es eine typische Reaktion auf seine dem Siedepunkt nahe kommende Körpertemperatur. Ich fragte mich ob dies die normale Temperatur von Werwölfen war. Denn aufgrund seiner Visitenkarte war ich mir nun zu neunundneunzig Prozent sicher das er zu dieser Spezies gehörte. Mister Ò Lupis hatte sich wieder einen Schritt von mir entfernt, denn so konnte er uns alle sehen und schloss niemanden aus. In der Art wie er dastand, konnte ich erkennen, dass er gehen wollte. Doch scheinbar fühlte er sich durch Edwards Angebot dazu verpflichtet zu bleiben. Irgendwie tat er mir Leid. Gerade als ich überlegte wie ich ihm behilflich sein konnte erfasste mich eine neue Welle von brennenden Stichen. Aua! Was ist das?

, fluchte ich innerlich da es diesmal richtig schmerzte.
Edward bemerkte meinen inneren Aufschrei, er wirkte etwas beunruhigt und begann mit einem nervösen Ausdruck in den Augen die Verabschiedung einzuleiten.
„Wir sind leider etwas in Eile, weshalb wir so schnell wie Möglich unsere Sachen in dem Transporter verstauen möchten. … Ich werde mich bei ihnen Melden um ihnen den Stand des Transporters zu melden! Es hat mich gefreut mit ihnen Geschäfte zu machen Mister Ò Lupis!“, sagte er und reichte ihm die Hand zum Abschied. Der Geschäftsmann war sichtlich erleichtert als er den Händedruck erwiderte. „Auf Wiedersehen! Ich hoffe sie haben eine gute Fahrt!“, sagte der Rocker, kramte nach seinen Autoschlüsseln und verschwand.


4. Der Aufbruch
Nachdem Brain Ò Lupis in seinen silbernen BMW eingestiegen war traten wir aus dem grellen Sonnenlicht und gingen ins Haus zurück.
Wie gut dies tat, bemerkte ich erst als sich die Haustür hinter mir schloss. Der stechende Schmerz ließ nach. Gott sei Dank.
Gedanken verloren rieb ich meine Arme und erschrak über das was ich so deutlich spüren konnte.
Die beiden so unterschiedliche Reize waren so intensiv das ich vor Schreck stehen blieb. Was zum Teufel?
Das üble Stechen war wieder da, nur viel heftiger als zuvor und meine Hände spürten die schwammigen Blasen auf meiner Haut. Panik und Übelkeit machten sich in mir breit. In Zeitlupe senkte ich meinen Kopf um mich davon zu überzeugen, dass das Gespürte nicht der Wahrheit entsprechen konnte. Doch leider war der sensorische Reiz keine Einbildung gewesen. Nein, meine geweiteten Augen blickten auf Verbrennungen die mindestens zweiten Grades sein mussten. Wimmernd stellte ich fest das mir der Anblick keinen Falls eine Linderung gebracht hatte, nein mittlerweile hatte ich höllische Schmerzen.
„Felicitas komm!“, schrie Edward mit sorgenvoller Stimme.
Ich schaute die Treppen nach oben und sah ihn mit einer Blutkonserve in der Hand im Türrahmen stehen. Da ich mich noch immer nicht bewegt hatte, kam er auf mich zugestürzt. Er hielt mir die dunkelrote Flüssigkeit an den Mund und ich stieß meine Zähne hinein und trank. Das tat richtig gut. Es war genau das was ich brauchte, es verlieh meinem Körper neue Kräfte und beruhigte meine gereizten Schmerzrezeptoren besser als es jede Schmerztablette vermocht hätte. Auch spürte ich ein heilendes kribbeln auf den Armen das ich am liebsten weg gekratzt hätte.
Aber meine Hände lagen pressend auf Edwards, den ich davon abhalten wollte die Blutkonserve loszulassen. Die Berührung seiner schlanken und doch männlichen Hände, beruhigte mich. Als ich den Beutel geleert hatte, führte ich unsere Hände von meinem Mund weg. Doch ich wagte es nicht ihn loszulassen.
Er stand direkt neben mir, ganz nah, so dass ich seine beschützende Wärme ganz in mich aufnehmen konnte. Ok Wärme war vielleicht das falsche Wort, er war nicht warm, eher kalt so wie ich. Und doch breitete sich in meinem Inneren eine wohlige Hitze aus. Eine Hitze die von einer tiefen Verbundenheit zu rühren schien. Seine dunkelbraun gewellten Haare umrahmten sein kantiges Gesicht welches leicht nach unten gebeugt war, so dass er mich besser sehen konnte. Die dunkelgrünen Augen spiegelten verschiedene Gefühle wieder. Er genoss die Nähe unserer Körper genauso wie ich, doch hinter diesem offensichtlichen Gefühl konnte ich eine bittere Selbstanklage sehen. Er machte sich Vorwürfe über das was mir geschehen war. Der Schmerz den er empfand machte mich traurig, traurig bis in die Tiefen meines Seins. Ich wollte nicht, dass er litt. Ich lächelte ihm wohlwollend und beschwichtigend zu. Und er erwiderte es.
Ja, und da Gefühle niemals etwas Einfaches waren, flammten in mir Gewissensbisse auf. Ich durfte solche Gefühle nicht haben, sie widersprachen all meinen Moralvorstellungen. Sie durften nicht da sein, da ich Francis von ganzem Herzen liebte. Ich liebte ihn, meinen besten Freund. Da durfte – oder konnte- sich kein anderer dazwischen drängen. Aber es war passiert. Ich fühlte mich zu meinem Schöpfer hingezogen, nicht aus einer flüchtigen Schwärmerei heraus, nein, diese Gefühle kamen direkt aus meiner Seele. Es war schlicht und ergreifend zum Kotzen. Wenn Francis uns in diesem Moment gesehen hätte, wäre ihm vermutlich das Herz in tausend Teile gebrochen.
Ich hasste es, mich so hin und her gerissen zu fühlen.
Etwas Missmutig zog ich mich von ihm und den bittersüßen Gefühlen zurück.
„Alles Ok bei euch?“, nun stand Alexis am Treppenansatz und beobachtete uns mit schmalen Augen.
„Ja.“, presste ich um den Klos der sich in meinem Hals gebildet hatte heraus.
Meine Füße trugen mich wie in Trance nach oben. Betrübt ging Edward mir nach.
Oben angekommen griff Alexis nach meinen Armen und musterte sie gründlich.
„Phu, nur noch eine leichte Rötung übrig!“, sagte sie erleichtert. Auch sie strahlte eine tiefe Selbstanklage aus.
Ich konnte sie nicht leiden sehen, alle beide. Also beschloss ich das Geschehene, die Schmerzen abzumildern.
„Hey, mir geht es wieder gut! Und so schlimm war es gar nicht…ich hatte mich nur ganz schön erschreckt.“, sagte ich etwas zu fröhlich klingend.
„Das hätte nicht passieren dürfen!“, presste Edward klagend heraus.
Das war doch nicht zum aushalten. Wut nahm mich in Besitz, da die ganzen Schuldgefühle die im Raum lagen ihre Wirkung ausbreiteten und mich überforderten.
„Jetzt. Reicht. Es. Aber!“, schrie ich ohne genau zu wissen warum.
„Es ist passiert. Fertig. Mir geht es wieder gut. Erklärt mir lieber warum eure Haut nicht von Blasen übersät ist.“
Und als ich sah, dass meine Worte eine ernüchternde Wirkung auf die Beiden hatte, verpufften die niederen Gefühle auch in mir.
Deutlich erleichtert über den Verlauf begann Edward zu sprechen.
„Das liegt an unserem Alter. … Wir Vampire leiden alle unter einer Art Sonnenunverträglichkeit! Durch den Kontakt mit dem Virus verändert sich der Aufbau unseres Blutes. Der Sangu-Virus beschädigt die Struktur des Farbstoffes unserer roten Blutkörperchen. Diese Veränderung führt dazu, dass unsere Haut sehr fest wird und kaum durchdrungen werden kann. Hat aber zur Folge, dass einige der vielen Schutzmechanismen unserer Haut außer Kraft gesetzt werden. Deshalb reagieren wir übersensibel auf Licht.“
Jetzt ging der Mediziner in ihm durch und das beeindruckte mich, da es genau das Themengebiet war mit dem ich mich gerne beschäftigte. Nicht umsonst war ich hier um Medizin zu studieren. Doch die Schwärmerei wurde von einer aus dem Nichts auftauchenden Erkenntnis verdrängt und lies mich meine eigene Blödheit erkennen.
„Deshalb hast du mich gefragt ob es mir gut geht? Ich dachte du meintest meine Augen, da diese Probleme hatten sich an die Helligkeit anzupassen. Stattdessen hattest du meine Haut gemeint!“ Er nickte.
Melancholisch betrachtete ich die gerötete Haut meiner Arme, während ich an die schönen Sommertage am Strand dachte. Panik stieg in mir auf. Ich kann nie wieder unbeschadet ins Sonnenlicht! Scheiße, wie halten die beiden das nur aus!


„Die Empfindlichkeit lässt nach. Je älter du bist, desto länger kannst du ohne Schäden ins Licht treten. Zu dieser Desensibilisierung trägt auch der tägliche Konsum des Schöpferblutes bei. … Eine große Hilfe ist auch, dass ein paar schlaue Köpfe eine tolle Creme entwickelt haben, die es uns Vampiren ermöglicht länger im Tageslicht zu verweilen.“, klärte mich Edward auf.
Seit wir noch oben gekommen waren hatten wir uns keinen Zentimeter bewegt und standen immer noch im Eingangsbereich herum. Normalerweise ging ich gleich in einen gemütlicheren Teil meiner Wohnung über, doch diesmal war es mir egal wo ich mich befand. Die Unterhaltung stillte meine primären Bedürfnisse und stellte die Bequemlichkeit in den Hintergrund. Alexis stand die ganze Zeit völlig reglos neben uns, hätte ich nicht gewusst, dass sie eine lebende Person war, hätte ich sie für eine originalgetreue Statue gehalten. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als sie anfing etwas aus ihrer Handtasche herauszuholen.
„Ich hab für jeden von uns eine Packung besorgt!“, sagte sie und reichte mir eine große schwarze Tube. Darauf abgebildet war eine Sonne die sich hinter dem Mond zu verstecken begann. Und darunter stand in großen silbernen Lettern >MACH DEN TAG ZUR NACHTAn was alles wird Francis sich eigentlich noch erinnern können wenn er aufwacht?

, fragte ich mich und spürte gleichzeitig das Edward dies mitbekommen hatte.
Das ist eine gute Frage!

, sendete er mir gedanklich zu.
Da du ihn geheilt und seine geistigen Strukturen angeregt hast seine jetzige Lebensform zu akzeptieren, kann es sein das sein Unterbewusstsein mehr preisgibt als es normal der Fall wäre.


Mittlerweile hatten wir das Packen sein lassen und uns bei unserer stummen Kommunikation angesehen. Deshalb bekam ich es mit, wie er die Schultern hob und senkte als er folgendes dachte: Es kann auch sein, dass er genauso wie du, glaubt alles geträumt zu haben. Wir werden wohl abwarten müssen um es genau zu wissen. Doch ich bin mir sicher, dass es durch deine Vorarbeit leichter für ihn wird und das ganze schnell vonstatten geht!
Das hoffe ich!


Kaum war das Thema abgehandelt, vertiefte er sich wieder in die Arbeit.
Die Minuten verstrichen, eine Kiste nach der anderen füllte sich mit unserem Hab und gut. Alexis war nun schon zweimal oben um die fertigen Kisten zu holen. Sie bot uns an die Schränke aus dem Gästezimmer auseinander zubauen und in dem Transporter zu verstauen. Ich war ihr sehr dankbar für ihre Hilfe. Beide schienen sich den Vorfall mehr als nötig zu Herzen zu nehmen.
So schweigsam hatte ich ihn noch nie erlebt. Die Art wie er sich gab blockierte jeden Versuch ihn aus der Reserve zu locken. Auch als wir das Wohnzimmer verließen um unsere Arbeit in der Küche fort zu führten verlor er kein Wort.
Welches Thema könnte ihn wohl aus seiner Verschwiegenheit herausholen, ihm Freude bereiten?

Um mir diese Frage beantworten zu können kannte ich ihn zu wenig. Er war im Moment so in sich zurückgezogen das er nicht einmal versuchte meinen Gedanken zu folgen. Seltsam, bis zu diesem Zeitpunkt hatte er keine Gelegenheit verstreichen lassen um in meinen Geist einzudringen. Aber da war es! Ein Thema welches ihm bisher immer Freude bereitet hatte.
Klopf, klopf. Jemand Zuhause?

, dachte ich mit einem Lächeln im Gesicht. Ich war hoch konzentriert, als ich versuchte seine geistige Mauer zu durchbrechen. Nichts, keinerlei Reaktion bildete sich in seiner Mine ab. Also gut, ich musste mich noch mehr anstrengen. Aber auch die zweite Bemühung brachte keinen Erfolg. So kann es nicht weiter gehen!

Ich setzte alle Energie die ich aufbringen konnte in den folgenden Versuch die Mauer seines Geistes zu durchdringen. Das war anstrengend und spiegelte sich in meiner Mimik und Körperspannung wieder. Meine Finger umklammerten eine blauweiße Keramik Auflaufform als ich eine Veränderung an ihm wahrnahm. Die Steine bröckelten langsam ab, ein Loch entstand und ich konnte seine Versagensängste fühlen. Als er dies spürte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf mich und prustete laut los vor lachen als er mich erblickte. Der Schreck über seine Reaktion und meinen offensichtlichen Erfolg, führte zu einer unkontrollierten Kontraktion meiner Muskulatur.
Ich hörte ein klirren und das leise Rieseln von Staub.
Huch!

, als ich nach unten Blickte sah ich, dass ich keine intakte Auflaufform mehr besaß. Um das Ergebnis genauer zu beschreiben, die Keramik Form hatte sich in mehrere ungezählte Scherben, etwas Staub und zwei Handbreite Teile, die ich immer noch umklammert hielt, aufgelöst.
„Verdammt!“, fluchend griff ich nach Schaufel und Besen.
„Bis du deine Kräfte kontrollieren kannst, wird es wohl noch etwas dauern!“, sagte er grinsend. Na, wenigstens hat das geklappt!

, dachte ich.
„Was hat geklappt?“
„Naja, dich aufzumuntern. … Ich hab schon länger versucht deine Aufmerksamkeit zu erregen, leider ohne Erfolg! Wenn ich geahnt hätte das, dass zerstören von Küchenutensilien der einzige Weg ist, dann wäre ich schon vor Ewigkeiten in die Küche gestiefelt und hätte hier einfach ein bisschen gewütet!“, sagte ich schmunzelnd.
Das Eis war gebrochen. Weshalb sich das packen nicht mehr so öde hinzog. Zwischendurch reichte er mir einen Weinkelch, gefüllt mit einem leckeren >Bloody EddyHä, was ist denn mit Francis los? Hab ich irgendwas verpasst?

, dachte ich völlig verwirrt da ich sein Handeln und seine Worte nicht richtig einordnen konnte.
Seine Augen weiteten sich vor Schreck als wir das Wohnzimmer betraten, in dem Edward und Alexis es sich gemütlich gemacht hatten.
„Mist!“, fluchte er leise und zog mich beständig weiter durch den Raum.
An nichts besonderes Denken. Du darfst an nichts besonderes Denken.

, ermahnte er sich in einer sich ständig wiederholenden Endlosschleife.
Aha, jetzt weiß ich was zu tun ist.

, unterbrach er sein Mantra für die Dauer eines Atemzuges. Die monotone Wortfolge wieder aufnehmend, griff er nach einem Schälchen das mit Trockenfutter für die Katzen gefüllt war und warf es auf die beiden Vampire die uns mit einer leicht belustigten Mine beobachteten.
Ha, da werdet ihre wohl einige Zeit beschäftigt sein!

, jubelte Francis auf.
„Was soll das?“, protestierte ich während er mich zur Eingangstür schleifte.
Als Edward in schallendes Gelächter ausbrach, drehte sich Francis irritiert um. „Was ist los mit euch? Warum zählt ihr nicht jedes einzelne der Futterbröckchen?“, schrie er verzweifelt.
Sein Griff um meine Arme wurde schwächer und seine Beine drohten ihm nicht mehr gehorchen zu wollen. Schnell schloss ich ihn in meine Arme, damit er nicht auf den Boden knallte.
„Beruhige dich erstmal und setz dich zu uns! Wir stellen keine Gefahr für euch dar!“ Edward Anweisung folgend, dirigierte ich Francis in Richtung Couch. Und platzierte uns auf dem unbesetzten Zweisitzer.
„Schatz, bei dem Angriff sind wir versehentlich in Vampire verwandelt worden. Edward und Alexis haben uns gerettet! Du hast auch schon ihr Blut getrunken, kannst du dich denn nicht erinnern?“, ups, das war wohl nicht so einfühlsam gewesen wie ich es geplant hatte.
„Doch, aber ich dachte … das es noch nicht zu spät ist! Ich dachte … sie hielten uns als lebende Blutspender und ich wollte uns vor einem Dasein als ihre Schatten bewahren!“
Wow, mein Heilungsversuch ist mir ja richtig gut geglückt! Er hatte die Existenz von Übernatürlichen Wesen akzeptiert.

, dachte ich verblüfft.
„Für einen Skeptiker kennst du dich aber in der Vampirmythologie richtig gut aus! Ich fand deine Reaktion sehr erfrischend und deine Beweggründe sehr nobel!“, Edward lachte in sich hinein. „In meiner nun doch schon langen Laufbahn als Vampir ist mir noch keiner so entgegengetreten! Woher kennst du die Legende von den unter Zählzwang leidenden Blutsaugern? Von Graf Zahl aus der Sesamstraße? Oder warst du ein begeisterter Akte X Fan?“
Was sollte denn das? Habe nur ich hier gerade eine Spur von Verachtung herausgehört?

, dachte ich und funkelte Edward böse an.
„Er meint es nicht so herablassend wie es klingt!“, warf Alexis beschwichtigend ein. Francis entspannte sich sichtlich, nachdem Alexis ihren Bruder in seine Schranken gewiesen hatte. Ich warf ihr einen dankbaren Blick zu.
„Weder noch!“, begann Francis mit leiser Stimme. Ging es bei Akte X nicht immer um Aliens? Wie auch immer

., dachte er. „Auf den Mythos bin bei meiner Recherche über Aberglauben gestolpert! Die armen Rumänen sollten aufgeklärt werden, dass die Beigabe von Samen in die Gräber nur eine Wirkung hat, nämlich die Schmälerung ihres Vermögens!“
„Du kannst froh sein das es nur eine Legende ist, sonst würden wir vier uns hier eine Ewigkeit mit Trockenfutter beschäftigen!“, sagte Edward mit einem lächeln im Gesicht.
„Was hätte ich sonst tun sollen? Einen Pflock, Knoblauch oder irgendwelche christlichen Utensilien hatte ich schließlich nicht bei der Hand!“, begann Francis sich zu wehren.
„Jetzt reicht es ihr beiden. Keiner will hier irgendjemandem was Böses!“, und so vereitelte ich Edwards Versuch Francis etwas zu entgegnen. Dann wandte ich mich meinem etwas angeschlagen wirkenden Freund zu. „ … Schatz! Edward ist normalerweise ein ganz netter, ich glaube seine Nerven gehen ihm gerade durch, da er Hummeln im Hintern hat und hier verschwinden will! Komm wir zwei packen jetzt im Schlafzimmer alles zusammen und ich erkläre dir worum es geht!“
„Ich will hier nicht weg! Wir haben uns doch gerade erst eingelebt!...“
Noch während er sich beschwerte geleitete ich Francis ins Schlafzimmer.
Benimm dich sonst kriegst du es mit mir zu tun!

, sagte ich zu Edward in Gedanken bevor ich die Tür schloss.
Francis wirkte schockiert und verängstigt. Er fragte sich was ich mit den beiden zu schaffen hatte.
„Wann hattest du die Zeit diese Beiden kennenzulernen und wieso vertraust du ihnen?“, fragte er mich. In seiner Stimme klang Eifersucht mit. Und auch seine Gedanken ließen keinen Raum für eine Fehldeutung. Egoistisch wie ich war, empfand ich seine Gefühlsregung als schmeichelhaft und beruhigend. Deshalb nahm ich sein besorgtes Gesicht in meine Hände und küsste ihn. Endlich. Ich hatte mich so nach ihm gesehnt. Auch ihm ging es nicht anders. Es war schon komisch das ich seine Gedanken lesen und seine Gefühle spüren konnte als wären es meine. Im Moment ist es ein Vorteil, doch es werden sich sicher Situationen ergeben in denen es sich als weniger Angenehm entpuppen wird. Übertreibe es nicht und übe dich in Zurückhaltung.

, ermahnte ich mich.
Aber ich hörte nicht auf meine innere Stimme und badete mich in unsern Gefühlen. Genoss seine Nähe, seine zärtlichen und ehrlichen Berührungen.
Doch irgendwann drangen geschäftige Geräusche in mein Bewusstsein und erinnerten mich daran das Eile geboten war.
Scheinbar bauten die Geschwister gerade unsere Wohnzimmermöbel auseinander.
Also erklärte ich Francis wie es zu all dem gekommen war und vermittelte ihm die Dringlichkeit unseres Aufbruchs. Da er mir vertraute, gab es keinen Grund für lange Diskusionen und wir packten im Eiltempo alles ein. Währenddessen gab ich das Wichtigste von meinem neu erworbenen Wissen über die Welt an ihn weiter.

„Geschafft!“, sagte ich als wir alles im Transporter verstaut hatten.
Hand in Hand betraten Francis und ich ein letztes Mal unsere erste gemeinsame Wohnung. Bis auf die zwei Transportkörbe in denen Billy und Ally lagen erstreckten sich die Räume in gänzlicher leere vor uns.
„Bevor wir aufbrechen solltet ihr noch einmal von uns trinken, damit ihr gestärkt seid.“, sagte Edward als er und Alexis zu uns traten.
Ich nickte. In Francis Augen erkannte ich die selbe Angst die ich vor meinem ersten Schluck Edward empfunden hatte. Beruhigend ließ ich meinen Daumen über seinen Handrücken kreisen. Als ich in die Küche gehen und zwei Kelche holen wollte, hielt ich abrupt inne. Verdammt! Wir hatten schon alles eingepackt! Oh nein, dann müssen wir wohl die Adern direkt anzapfen!, dachte ich.
Mein Gesicht glühte vor Scham und einer Furcht vor dem was gleich geschehen würde. Wie kann ich die intensiven Sinneswahrnehmungen vor Francis verbergen?
Er wird sie begehren … schön findet er sie ja schon … was wenn dieses Erlebnis ihn zu ihr hin und von mir fort treibt?

, meine Gedanken überschlugen sich. Doch mir blieb keine Wahl, wir mussten uns dem Blut unserer Schöpfer hingeben.
Um die Situation noch etwas hinauszuzögern, ergriff ich die Initiative und stieß meine Zähne in meine Handgelenke. Erst in das Rechte und dann in das Linke. Dann lief ich zu den Katzen und ließ das Blut in ihre offenen Münder tropfen. Viel zu schnell waren sie satt. Viel zu schnell schlossen sich die Wunden. Viel zu schnell erholte sich Francis von seinem Schock über die bluttrinkenden Katzen. Hatte ich ihm gar nichts darüber erzählt? Doch, aber es war ein Unterschied das Gehörte nun auch noch mit eigenen Augen zu sehen.
„Wir müssen uns beeilen!“, drängte Edward. Der meine Verzögerungstaktik durchschaute und mich zur Vernunft bringen wollte. Widerwillig bewegten sich meine Beine auf ihn zu.
„Was muss ich tun?“, fragte Francis mit zittriger Stimme. Mein Magen zog sich zusammen als ich Alexis auf ihn zugehen sah.
Vertrau den beiden!

, sagte Edward in Gedanken als er mir seinen linken Arm reichte.
Schnell warf ich noch einen Blick auf meinen Freund. Er trank. Mit schnellen und gierigen Zügen saugte er das Blut aus Alexis Arm. Klug wie ich war hatte ich meinem Geist verboten nach seinen Gedanken Ausschau zu halten. Den Kloß in meinem Hals ignorierend durchbohrten meine Zähne Edwards Haut und ein Schwall warmer Glückseligkeit ergoss sich in meinen Mund. Unerwartet wurde das sinnliche Gefühl von einer schrecklich intensiven Bilderflut unterbrochen.
Francis und Alexis hatten eine Vision an der sie uns Teilhaben ließen.

Ich weiß jetzt wo wir sie finden! Wenn wir jetzt aufbrechen sind wir in ein paar Minuten da.

, sagte ein schattenhafter Mann. Gut! Trommel die anderen zusammen wir brechen sofort auf

., sagte eine grausam klingende Stimme deren träger im Verborgenen lag. Die Bilder, als auch die Stimmen wurden von einem Schleier aus Nebel gedämpft.

Schockiert hob ich meinen Kopf und sah zwischen den dreien hin und her.
Edward leckte über die Wunde an seinem Arm um diese zu verschließen.
„Pack dir die Katzen! Wir verschwinden! Alexis was glaubst wie viel Zeit wir noch haben?“, seine Stimme klang rau. Und in seinem Kopf spielten sich noch einmal die Befürchtungen ab die er schon seit gestern in sich trug.
Alexis warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Keine! Ihre Wanduhr stand auf punkt zwölf. Wenn sie richtig ging sind sie gleich hier!“
Edward schnappte sich den Korb in dem Ally saß und reichte mir Billy. Die beiden schliefen nun wieder seelenruhig. Ohne einen Blick zurück zuwerfen rannten wir die Treppen hinunter und setzten uns in den Wagen.


5. Die Flucht
Edward trat aufs Gaspedal. Er beschleunigte den Wagen so als ob es kein Morgen geben würde, von Null auf Höchstleistung. Mit einem brummen gab der Wagen seine Beschwerde über diese rabiate Behandlung kund.
Aber er hielt sich anstandslos in der Spur und gab alles was in ihm steckte.
Das war nicht so viel wie es sich anhören mag, da die Karre nicht für Rennen ausgelegt war kamen wir gerademal auf achtzig Stundenkilometer.
Als ich einen Blick zurückwarf sah ich, dass zwei schwarze Wagen vor der Einfahrt unseres ehemaligen Zuhauses anhielten. Mehrere in dunkle Anzüge gekleidete Männer stiegen aus und rannten in den Hof. Mein Herz raste vor Aufregung.
„Das war knapp!“, stieß ich herraus als wir in eine andere Straße abbogen und aus dem Blickwinkel, der gehetzt wirkenden Männer verschwanden.
Alexis reichte uns je eine Tube >Mach den Tag zur NachtSie sind weg!

, sagte ein Mann dessen äußeres hinter einem dunklen Schleier verborgen lag. Auch die fünf Anderen konnte man nur als undeutliche Schemen erkennen.
Als wir ankamen hab ich einen Transporter wegfahren gesehen! Vielleicht waren sie das?

, sagte eine weibliche Stimme. Einer der Männer bekam einen Wutanfall und schlug der Frau mit der Faust ins Gesicht. Geschockt hielt sie sich die Blutende Nase. Und wieso hast du uns das nicht schon früher mitgeteilt? Dann hätte einer von uns das überprüfen können.

, brüllte er während die Frau von ihm durchgeschüttelt wurde.
Stopp! Alec, es reicht. Deine Wut bringt uns jetzt auch nicht weiter. Lass uns lieber versuchen ihrer Spur zu folgen!,

sagte der Schemen der am stämmigsten gebaut war. Daraufhin rannten sie die Treppen runter.

Edward griff schnell nach dem Handy und reichte es Alexis, die von der Heftigkeit der Vision noch etwas benommen wirkte. Da ich hinter ihr saß konnte ich ihr Gesicht nicht sehen, aber man konnte spüren das dass Gesehen nicht spurlos an ihr vorbei ging. Ja, ich glaubte sogar dass ihre Gabe an ihren Kräften zehrte.
„Ruf Aiden an. Frag ihn ob er eine Hexe kennt, die in der Nähe wohnt. Wir brauchen einen Zauber um den Transporter verschwinden zu lassen und einen schnelleren Wagen.“ Dann warf er einen prüfenden Blick in den Rückspiegel.
„Was ist los hab ich irgendetwas verpasst? Ihr schaut alle so … gehetzt aus … was ist denn hier los?“ Erst war ich verwirrt über Francis Ausruf aber dann begriff ich, dass er ja keine Gedanken lesen konnte und somit von der Vision verschont geblieben war.
„Sie folgen uns…einer von ihnen hat uns gesehen als wir wegfuhren!“, sagte ich ihm schnell. Ich merkte erst jetzt, dass mein ganzer Körper vor Aufregung zitterte.
Nachdem das Telefon nur dreimal tutete, hörte ich eine sehr sympathisch klingende Stimme: „Hallo Reißzahn, wie geht’s?“
Alexis leierte mit gefasster Stimme Edwards Anweisungen herunter, derweil konnte ich im Hintergrund hören wie Aiden etwas in eine Tastatur tippte.
„Wo seid ihr, ah ja hab euch geortet! Also in Loughrea, kenn ich jemanden der euch in beiderlei Hinsicht helfen kann! Fahrt die Umgehungsstraße da kommt ihr schneller voran! Falls es ärger gibt kann ich euch durch die Pampa leiten!“, sagte der gutgelaunte Mann am anderen Ende der Leitung. Die Art wie er sprach ließ mich die Situation etwas entspannter sehen. Weshalb sich meine Emotionen beruhigten und mein Geist von seinen Worten abgelenkt wurde.
Die haben ja eine wahnsinnig ausgefeilte Technik! Oder ist das heutzutage normal, dass man seine Freunde orten kann?

, fragte ich mich und verpasste den Rest des Gespräches.
Edward der meine Bewunderung bemerkte, erklärte mir sehr ausführlich wie die ganzen Hüter miteinander vernetzt waren und zählte mir etliche wichtige Gründe dafür auf. Ich muss zugeben, dass ich ihm nicht mit voller Aufmerksamkeit zuhörte da es mir eindeutig zu detailiert und technisch war. Francis hingegen konnte nicht genug von seinen Ausführungen bekommen. Er lenkte das Gespräch mit seinen Fragen immer weiter in diese Richtung. Typisch! Zu meiner Überraschung schien Alexis einen umfassenden Wissensstand in diesem Gebiet zu haben. Die drei philosophierten über diese und jene Errungenschaft der Technik. Es war zutiefst langweilig!
Um mich von der ganzen Misere abzulenken, übte ich mich im Gedanken leiser stellen. Bei Francis klappte es mittlerweile ganz gut.
Bei den Versuchen Alexis Gedanken zu lesen stieß ich immer nur auf völlige Ruhe. Deshalb probierte ich ihre Gedanken lauter zu stellen. Ohne Erfolg. Das einzige was ich erreichte war, dass sie einen verwirrten Blick erst auf Edward und dann auf mich warf.
„Sorry“, murmelte ich und verschob das Experiment auf unbestimmte Zeit.
Ich beobachtete die beiden Männer die mein Herz zum Rasen brachten. Mir war es unbegreiflich wie ich dazu im Stande war für zwei Männer so tiefe Gefühle zu haben. Den einen kannte ich ja kaum.
Was war es also, was brachte mich so durcheinander?
Sie waren Grundverschieden in ihrem Äußeren.
Edward hatte eine faszinierende ja fast rebellische Aura, während mein Freund wirkte wie der Liebling aller Schwiegermütter. Eine dunkelblonde Lockenpracht umrahmte seinen ovalen Kopf. Er trug sie um einiges kürzer als Edward, dessen dunkelbraunes Haar in ungebändigten Wellen sein kantiges Kinn und seinen Nacken umspielte. Gut beide hatten wunderschöne und liebevolle Augen aber das war auch die einzige Gemeinsamkeit die sie hatten.
Wie das karibische Meer leuchteten Francis Augen als er seinen Blick auf mich richtete. Er zwinkerte mir kurz zu und wirkte dabei freudig erregt über die neuen Informationen die er von den beiden Vampiren erhielt. Dieser Ausdruck auf seinem Gesicht zeigte mir immer wieder aufs Neue wie gut er aussah, wie sehr ich ihn liebte. Ich konnte mir ein lächeln nicht verkneifen und freute mich weil er es tat. Seine schmalen Lippen bewegten sich in einer fort, als er den beiden irgendetwas übers programmieren berichtete. Er war so vertieft in das Thema das man keine Spur von Sorge mehr in seinem Gesicht erkennen konnte. Es ging soweit das sein an den Sitz geschnallter Körper völlig gelassen jedes seiner Worte unterstrich. Mittlerweile sprachen nur noch Alexis und er. Edward schien plötzlich verdächtig ruhig zu sein. Ich schaute zu ihm nach vorne, konnte sein Gesicht aber nur über den Rückspiegel erkennen. Jeglicher Ausdruck war aus seiner Miene gewichen und seine smaragdgrünen Augen wirkten traurig. Er erwiderte meinen Blick kurz und ich konnte mehrere Gefühle darin Aufflackern sehen, bevor er sich wieder der Straße zu wendete. Eifersucht? War es Eifersucht was ich an ihm wahrgenommen hatte? Oh nein, wahrscheinlich war er bei jedem meiner Gedankengänge dabei, hatte all meine positiven Gefühle für Francis mit verfolgt. Trauer erfasste mich und ich fragte mich wie ich es beiden recht machen konnte ohne einen von ihnen zu verletzen. Leider gab es hierfür keine einfache Lösung. Nein, die ganze Situation war verflixt kompliziert. Ich verstand nicht warum mir nach nur so wenigen Tagen so viel an Edward lag, dass sein Schmerz dazu in der Lage war mein Herz zum Bluten zu bringen. Das sein von bedauern gekennzeichnetes kantige Gesicht, sich in mein inneres Auge einbrannte und die Versuchung in mir weckte es zu ergreifen um jegliche Unmut weg zu küssen.
Erinnerungen an seine Berührungen und unseren Bluttausch, überfluteten meinen Geist. Die Bilder waren stark, doch heftiger waren die Emotionen die mit ihnen kamen. Ich sehnte mich danach ihn zu berühren, ja ich sehnte mich danach an seiner Halsschlagader zu knabbern um an die darin enthaltene flüssige Glückseligkeit zu gelangen. Die Verbundenheit zu spüren, deren Ursprung ich nicht einordnen konnte da sie mich ganz heimlich überkommen hatte. Während mein innerstes schwärmend in der Vergangenheit verhaftet war, blieb meinen Begleitern das in mir herrschende Gefühlschaos nicht verborgen. Francis und Edward beobachteten mich, aber nur einer von beiden fragte sich was mit mir los sei, denn der andere wusste es bereits. Francis legte seine Hand auf meine, und trauriger weise konnte ich seine Berührung gar nicht ertragen. In Moment, fühlte ich mich so fremd in meiner eigenen Haut, dass ich keinerlei Nähe zulassen wollte. Ich hatte es einfach nicht verdient. Doch ich zeigte ihm mein Unwohlsein nicht. Stattdessen lächelte ich ihm zu und fühlte mich dabei wie eine miese Heuchlerin.
„Was hast du?“, fragte er. Seine sanften Augen versuchten all das Leid von mir zu nehmen. Gedankenverloren schüttelte ich den Kopf. „Nichts!“ Mein Magen zog sich zusammen als ich ihn das erste Mal in unserm gemeinsamen Leben „wirklich“ anlog, ihm meine Gefühle verschwieg. Doch ich wollte und konnte ihn nicht verletzen, nicht so. „Ich habe gerade über unsere Verfolger nachgedacht.“ Edward wirkte erstaunt über das gesagte und unterzog mich einer genauen Musterung der ich verschämt auswich.
„Ach was ich fragen wollte! Sagt euch der Name Alec etwas?“, erkundigte ich mich schnell um mir eine Ablenkung von all dem zu schaffen. Doch als ich meine eigenen Worte Revue passieren ließ, merkte ich wie unbedacht mein Ablenkungsversuch war. Dafür gab es unmöglich eine Antwort, schon gar keine die all das geschehene in den Hintergrund wandern lies.
„Also ich kenne keinen einzigen Alec.“, erwiderte Alexis die ich nun seit einer geraumen Zeit das erste Mal wieder richtig wahrnahm.
Edward grinste da er meinen Gedanken gefolgt und zum selben Schluss gekommen war. Seine Miene war schwer zu deuten, aber ich glaubte einen Hoffnungsschimmer darin zu sehen. Na toll.
Dann zuckte er mit den Schultern. „Da der Name nicht gerade selten ist nützt er uns ohne Nachnamen leider nicht viel! Aber …“
Was er uns noch sagen wollte erfuhren wir nicht mehr, da unser Wagen gerammt wurde. Er hatte alle Hände voll zu tun um ihn auf der Straße zu halten. Irgendwo hörte ich ein splittern von Glas, aber ich konnte es nicht lokalisieren. Ich hatte gar keine Zeit dazu. Wie in slow-motion kam mein Kopf der Nackenlehne vor mir immer näher. Alles bewegte sich im Zeitraffer, auch meine Arme die mich vor dem zusammenprall mit der Lehne schützen wollten. Doch als diese den Sitz vor mir berührten lief die Zeit plötzlich wieder in normalem Tempo ab. Ich erschrak vor dem letzten Ruck meines Körpers, konnte die Kollision aber gerade noch verhindern.
Zeitgleich mit dem Aufprall, erfuhr Alexis in einer Vision das unsere Verfolger vorhatten uns von der Straße abzudrängen. Irgendwie hatte ich mir das mit den Visionen anders vorgestellt. Aber so war es ja meistens.
Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich eines der schwarzen Autos, die ich auch schon an meiner Einfahrt gesehen hatte. Die Fenster waren verspiegelt. So ein verdammter Mist. Es wäre hilfreich gewesen die Gesichter der Handlanger des Bösen zu sehen um sie später mithilfe der Computer zu identifizieren.
Hey, du hast ja vorhin doch zugehört!

, dachte Edward.
In meinem äußeren Blickfeld sah ich das sich der schwarze Flitzer wieder nach hinten absetzte.
„Geht es euch allen gut?“, noch während er die Frage stellte warf er einen Blick auf den Beifahrersitz. Seine Mine spiegelte einen heftigen Schock wieder. Ich verstand in dem Moment noch gar nicht so recht was passiert war.
Es war alles sehr verwirrend da viel zu viel auf einmal passierte. Edward, Francis und ich waren unversehrt. Die Katzen hatten sich durch das herumrutschen im Korb und den Lärm nur furchtbar erschreckt. Aber Alexis hatte weniger Glück. Ich beugte mich nach vorne um nach ihr zu sehen. Bei ihrem Anblick, gab mein Atmungssystem schlagartig seine Tätigkeit auf. Nur um einen sekundenbruchteil später doppelt so schnell zu arbeiten. Scheinbar waren wir an einem Straßenschild hängen geblieben. Denn ein Teil des Stützpfeilers steckte in Alexis Brust. Wie das passieren konnte, wie das Metall so brechen konnte das es sie traf, entzog sich meinem Vorstellungsvermögen. Sie war bewusstlos, oder? Oh Gott, ist sie tot?
Gerade wollte ich in Panik ausbrechen als uns der Wagen hinter uns erneut rammte. Mittlerweile veranstaltete das Adrenalin in meinem Kreislauf eine Hetzjagd, um auch jedem Organ die wichtige Botschaft von Gefahr übermitteln zu können.
Der erste Zusammenstoß war heftiger gewesen als dieser, aber einen dritten würde der Transporter wohl nicht überleben. Wie durch ein Wunder, drehten die beiden schwarzen Autos ab. Einen Augenblick später konnte ich den Grund dafür auch erahnen. Aus der Ferne kam ein Sirenen Geheul direkt auf uns zu.
„Schaffst du es sie zu heilen?“, brüllte Edward und holte mich aus meiner Agonie.
Voller Angst und Ungewissheit saß ich da und wusste nicht was ich antworten sollte.
„Sie verliert sehr viel Blut, wenn wir den Pfeiler herausziehen verblutet sie!“, sagte Francis entsetzt.
„Keine Angst so schnell geht das bei uns Vampiren nicht! Aber wir brauchen sie bei Bewusstsein! Wir müssen wissen was diese Idioten vorhaben! Bevor noch schlimmeres passiert, sollten wir handeln!“, seine Stimme besaß ein Drängen welches mich erreichte.
„Bist du sicher, dass sie nicht tot ist? Immerhin steckt da ein riesen Metalltrum in ihrem Herz!“, jedes der Wörter kam mir zittrig über die Lippen.
„Keine Panik, ihr Herz wurde verfehlt! Aber bitte hilf ihr!“ Edward flehte mich mit seinen bezaubernden Augen an. Die Art wie er mich betrachtete spendete mir Mut und Zuversicht
„Ok! Ich versuche es.“, entfuhr es mir, ohne das ich es bewusst gesteuert hätte.
„Soll ich das Teil herausziehen?“, fragte Francis. Er konnte die Fassung viel besser bewahren als ich, mit ihm gemeinsam konnte ich es schaffen.
Noch bevor ich ihm eine verbale Antwort geben konnte kletterte er nach vorne.
„Bist du bereit?“ Diesmal wartete er auf meine Erwiderung, die ich ihm mittels eine Kopfnickens gab. Ohne weiterhin Zeit zu verschwenden zog er das Trum aus Alexis Brust und warf es aus dem Fenster, scheppernd landete es im Straßengraben. Edward hielt währenddessen den Wagen so ruhig es ging.
Ich holte nochmal tief Luft, dann legte ich meine Hände auf die Wunde und stellte mir vor wie sie sich von selbst verschloss. Eine unglaubliche Hitze breitete sich unter meinen Fingern aus. Ich spürte wie Energie meinen Körper verließ und in ihren eindrang. Als das Kribbeln aufhörte wusste ich, dass die Wunde sich geschlossen hatte. Dennoch verblüffte mich der Anblick ihrer makellosen Haut.
Sie rührte sich nicht, lag immer noch bewusstlos da.
Hatte ich irgendwas falsch gemacht? Mein Herz raste.
Bleierne schwere breitete sich in meinem ganzen Körper aus und hinterließ Übelkeit.
„Verdammt, ich hab es vermasselt!“, sagte ich resigniert.
„Sie braucht Blut! Dann geht es ihr wieder gut!“ Edwards Worte klangen fordernd. Doch das Gefühl versagt zu haben lähmte mich.
Durch den Schleier meiner Apathie sah ich, wie Francis sich das Handgelenk mit den Zähnen aufritzte und sein Blut in ihren Mund tropfen ließ. Sein Handeln führte mir meine Unfähigkeit noch mehr vor Augen.
Alexis regte sich. Dann griff sie gierig nach dem Arm meines Freundes und stieß ihre Zähne in diesen, da seine selbstzugefügte Wunde sich bereits zu verschließen begann. Beide stöhnten kurz auf, als sie mit unersättlichem verlangen das Blut aus ihm heraussaugte.
Er saß auf ihrem Schoß und bei jedem von ihr vollzogenen Schluck senkte Francis seinen Kopf näher an ihren Hals. Tat er dies aus Schwäche oder ließ ihn die Erregung seine Umgebung völlig vergessen? Mistkerl! Schlampe!
Eifersucht ersetzte schlagartig Schuldgefühle.
Wie lange konnte ich das ertragen?
Mit jedem Zug schien sie kräftiger zu werden, deshalb hielt ich es für angebracht diese Farce zu stoppen. Und zwar so schnell als möglich!
„Es reicht! Francis braucht auch noch etwas Blut in seinem Körper!“, ätzte ich die beiden an, während ich versuchte sie voneinander zu lösen. Zwei Paar verlegen blickende Augen richteten sich auf mich, als Alexis von ihm abließ. Francis kletterte schnell wieder nach hinten zu mir. Er wusste nicht wie er reagieren sollte, sagte nichts und drückte sich in den Sitz.
Ich wollte wissen was er jetzt dacht und stellte mir wieder einen Volumenregler vor. Gerade als ich an ihm drehen wollte, sprach Edward zu mir.
Lass das besser sein, seine Gedanken sind jetzt nicht klar! Du würdest dich nur umsonst quälen!


Er hatte wohl recht. Denn der vernünftige Teil von mir pflichtete ihm bei.
„Ich brauch noch mehr Blut! Ich fühl mich so kraftlos und müde.“, hauchte Alexis.
Beim genauen Hinschauen erkannte ich, dass sie noch sehr geschwächt war. Da ich es nicht zulassen konnte, dass sie noch mal an meinem Freund rumnuckelte, ergriff ich die Initiative und kletterte selbst zu ihr nach vorne. Der Anblick ihres Blutbesudelten T-Shirts und dem Sitz der seine Farbe von grau in rotbraun gewechselt hatte, zeugte von einem höheren Blutverlust als ich angenommen hatte. Plötzlich fühlte ich mich schlecht und fragte mich ob meine Reaktion gerechtfertigt war.
„Darf ich?“, wisperte Alexis und zeigte auf meinen linken Arm.
Ich nickte und hob ihn ihr entgegen. Kaum war er an ihrem Mund angelangt spürte ich wie ihre Zähne sich durch meine Haut bohrten. Kurz zuckte ich zurück, doch dann gab ich mich dem Prickeln hin, welches von ihrem kontinuierlichen Sog auf meine Arterien ausgelöst wurde. Dieses Gefühl beseitigte jeden von Vernunft geleiteten Teil meiner selbst und ich genoss jeden Schluck den sie von mir nahm. Ich fühlte mich lebendig, fühlte wie sich diese Vitalität verdoppelte und in ihren Körper wanderte. Der Wind der sich durch das zerstörte Fenster zu uns gesellte, verhedderte sich in meinem Haar und streichelte meine Haut. Er bestärkte alles was der Biss in mir ausgelöste. Und dennoch war es ganz anders als mit Edward, hier fehlte etwas. Doch es fühlte sich richtig und wichtig an, deshalb gab ich mich dem Augenblicks hin und vergas das Drumherum, bis sie sich wieder von mir löste. Noch völlig verwirrt von den Emotionen die Alexis in mir ausgelöst hatte schaute ich sie an und erkannte das auch sie nicht damit gerechnet hatte.
„Oh mein Gott. Dein Blut ist phantastisch, jetzt weiß ich was Edward meinte! So viel Energie konnte ich noch nie von einem Schluck Blut resorbieren. Ich danke dir Felicitas!“, ihre Stimme besaß nun wieder Kraft.
Verlegen schaute ich weg. Durch die Heckscheibe erhaschte ich einen Blick auf den Verkehr hinter uns.
„Verdammt! Sie sind immer noch hinter uns her! Einer von denen ist nur fünf Wagen hinter uns! Was machen wir den jetzt?“, meine Stimme bebte vor Panik.
„So lange die Bullen hinter uns sind können wir uns in Sicherheit wiegen. Die wären doch schließlich sehr dämlich, sich vor den Gesetzeshütern zu outen! Zumal wir dann eine bessere Chance haben sie zu identifizieren!“
Edward hatte recht.
„Alexis. Schön das du wieder fit bist! … Wenn du dich dazu im Stande fühlst, könntest du bitte Aiden nochmal anrufen. Wir brauchen einen Weg auf dem wir alle die hinter uns her sind abhängen können!“, Sorge schwang in Edwards Stimme mit.
„Ja, klar Bruderherz. Aber nur wenn du mir dein Telefon gibst.“, zog sie ihn auf.
Schwach erwiderte er ihr lächeln und reichte ihr das Handy.
Das Telefonat dauerte nicht lange. Aiden schickte einen Routenplan auf Edwards Handy. So konnten wir ein paar abgelegene Wege fahren. Durch das Ablenkungsmanöver veränderte sich allerdings unser Zielort.
Loughrea war schon zu nah und die Hexe die dort wohnte zu bekannt. Weshalb unsere Verfolger schnell auf die Idee kommen konnten uns dort zu suchen. Aiden wies einen der anderen Schlossbewohner an sich mit der Hexe in Verbindung zu setzen und ihr jemanden zum Schutz zu schicken. Denn wenn unsere Vermutung stimmte fanden sie den Weg zu ihr.
Unser neues Ziel hieß Birr und war ein Ort den ich gerne für ein Paar Tage besucht hätte. Durch meine Liebe zur Grünen Insel, bekam ich zu Geburtstagen oder ähnlichen Anlässen viele Reiseführer und Bücher über Irland geschenkt. In einem von diesen hatte ich etwas über Birr Castle gelesen, was mein Interesse geweckt hatte. Dort gab es ein siebzehn Meter langes Teleskop, welches ein Astronom im Jahre 1845 im Park des Schlosses erbaut hatte.
Leider bot uns die Situation in der wir uns momentan befanden nicht die Möglichkeit einer Besichtigungstour.
Das Teleskop steht jetzt schon über hundertfünfzig Jahre an dieser Stelle und wird sich auch nicht so schnell von dort fortbewegen. Wenn sich die Lage Entspannt hat machen wir einen Ausflug dorthin. Versprochen!


Edward schnüffelte so oft in meinen Gedanken herum, dass ich es gar nicht bemerkte wenn er dies tat.
Deshalb erschreckten mich seine plötzlichen Kommentare jedesmal aufs Neue. Er bemerkte dies und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Wehe du streitest es später ab, mich auf einen Trip nach Birr eingeladen zu haben!

, scherzte ich zurück.
„Was geht da eigentlich zwischen euch beiden ständig ab?“, fragte Francis der seine Sprache nun doch wiedergefunden zu haben schien.
In seiner Stimme klang Eifersucht mit und diese war ihm auch deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Nichts weiter! Edward belauscht meine Gedanken und kommentiert diese.“, sagte ich mit einem beschwichtigenden Lächeln im Gesicht.
Er wirkte etwas besänftigt, doch ganz vertraute er der Sache nicht.
Um ihn von seinem Misstrauen abzulenken erzählte ich ihm den Rest von dem neu gewonnenem Wissen über das Übernatürliche.
„Wie wird man denn zum Hüter? Sind wir jetzt auch welche weil wir zu euch gehören?“, wollte Francis wissen. Das war eine gute Frage, eine die mir bis jetzt noch gar nicht in den Sinn gekommen war.
„Nun ja, so einfach ist das nicht.“, sagte Edward mit gerunzelter Stirn.
„Jeder der diesen Wunsch hegt muss eine Ausbildung machen. Wie lange die dauert ist unterschiedlich, da man sich ja auf gewisse Bereiche spezialisiert. Auch hängt es davon ab welche „Gabe“ man hat. Man muss sich in Kampftechniken ausbilden lassen, aber auch in der Beherrschung seiner Kräfte…also die Geistigen meine ich.“
„Wow. Gibt es da wohl eine Schule wie bei Harry Potter?“, fragte ich euphorisch.
Ein schallendes Lachen breitete sich im Wagen aus. „Hey das war keine scherzhafte Frage!“, ich funkelte alle drei böse an.
„Das macht es ja so witzig!“, trällerte Alexis. Jegliche Sympathie die ich mittlerweile für sie empfand verpuffte in diesem Augenblick. Ja, ich weiß dass ich viel zu empfindlich reagierte.
„ Es ist ähnlich. … Aber doch eher etwas ganz anderes.“, an dieser Stelle trat ein wirklich süßes und verschmitztes lächeln in Edwards Züge. „Bei Vampiren oder neu geschaffenen Werwesen erinnert es eher an eine Erwachsenenbildung als an Potter. Bei den jungen Werwesen, meist die die so geboren wurden und auch bei den Hexen ist die Ähnlichkeit schon größer. Sie beginnen diese Ausbildung ab dem Erreichen des sechzehnten Lebensjahres, sie leben und lernen dann in einem Internat. Bei den Elfen ist es wieder ganz anders, bis ihre Kräfte erwachen, meist so anfang Zwanzig, leben diese sehr Naturverbunden. In der Zeit lernen sie alles was sie über die Kräfte der Natur und auch die der Tiere wissen müssen, da sie ihre Magie daraus schöpfen. Erst wenn sie ihre Kräfte entwickeln, beginnen sie die Ausbildung. Das ist im Übrigen auch der Zeitpunkt an dem sie aufhören zu altern. In so einer Art Abendschule lernen sie den Umgang mit ihrer Magie. Nur der Abschluss gestaltet sich bei allen gleich, wenn sie alles Wichtige gelernt haben und sie geeignet sind für diesen Weg legen sie eine Prüfung ab. Bestehen sie diese entscheidet der Rat wie und wo sie eingesetzt werden!“
„Wahnsinn wie Organisiert das Ganze ist!“, sagte ich fasziniert.
„Das muss es!“, Alexis sprach mit voller Überzeugung. „Ohne dieses Vorgehen würde Sodom und Gomorra auf Erden herrschen!“
Das war alles was sie sagte. Jeder von uns hing seinen eigenen Gedanken nach.
Währenddessen nahm Edward mehrere Abzweigungen, so dass wir uns nun auf einer weniger befahrenen Straße befanden.
Nach einiger Zeit war nichts mehr von unseren Verfolgern zu sehen.
„Wir sind gleich in Birr und ich möchte nicht mit den Blutbespritzten Kleidern für Aufmerksamkeit sorgen! Felicitas, bist du so lieb und gibst mir den grauschwarzen Rucksack der hinter deinem Sitz steht?“
„Ja klar.“, entgegnete ich.
Ohne groß suchen zu müssen sah ich das Monstrum von einem Rucksack. Wenn ich mir diesen noch vor ein Paar Tagen auf den Rücken geschnallt hätte, wäre ich mit samt dem Ding einfach zusammengeklappt. Dank meiner neuen Kräfte und dem dazugehörigen Geschick, zog ich das Gepäckstück zu mir und reichte ihn dann zu Alexis nach vorne.
„Danke.“, sagte sie und machte sich gleich daran die Verschlüsse zu öffnen.
„Gott sei dank!“, flüsterte Alexis. „Ich hatte schon geglaubt alles auspacken zu müssen um ein Oberteil zu finden!“
Mit einem Klaps auf Francis Oberschenkel, machte ich ihm klar dass er seinen Blick besser nach draußen richteten sollte. Und ein funkeln meiner Augen machte ihm wohl bewusst das es richtig Ärger gäbe wenn er sie beim Umziehen beobachtete, denn er drehte sich sofort ab.
Schneller als meine vampirischen Augen ihren Bewegungen folgen konnten, zog Alexis sich um. Es verblüffte mich das sie es schaffte bei so einer Geschwindigkeit das Shirt auch noch richtigherum anzuhaben.
Meine neidvolle Analyse ihres Bewegungsablaufes wurde unterbrochen, als ein markerschütterndes Maunzen aus den beiden Transportkörben erklang. Dicht gefolgt von zwei Stimmen in meinem Kopf die mir völlig unbekannt waren. Beide klangen fordernd und klagten über schrecklichen Hunger. Billy? Ally? Wart ihr das?

, fragte ich die jammernden Stimmen. Und gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich dringend zu einem guten Psychiater musste. Blut, gib uns dein Blut!

, kam die Antwort die mit einem Miauen unterlegt war. Jetzt reicht es! Du drehst völlig durch! Wenn es kommt, dann kommt es dicke. Ich kann nicht nur einfache Hallos haben, nein, meine Unterhalten sich auch noch mit mir! Sprechende Katzen.

Um meinen Gedanken noch mehr Ausdruck zu verleihen, schüttelte ich vehement mit dem Kopf. Dabei bemerkte ich das wirklich jeder der in diesem Wagen saß seine Augen auf mich gerichtet hielt. Verdammt! Nicht mal einen Nervenzusammenbruch konnte ich ohne Zuschauer hinbekommen. Super. Hier ist die Psychotante persönlich, live und in Farbe. Schaut nur her.

, wetterte ich gedanklich weiter.
Ganz schön theatralisch!

, meldete sich Edward in meinem Kopf. Ich glaube nicht, dass du halluzinierst! Du bist ihr Schöpfer und hast deswegen eine ganz besondere Verbindung zu ihnen! Also gib ihnen was sie brauchen und hör auf dich so fertig zu machen

. Kaum hatte er seinen Monolog in meinen Gedanken vollendet richtete er seinen Blick wieder auf die Straße. Die anderen beiden hatten unsere kleine und geheime Kommunikationsrunde mitbekommen. Weshalb Alexis sich wieder nach vorne drehte und Francis beleidigt drein schaute. Ihm gefiel es gar nicht.
Das mussten wir unter vier Augen klären, aber nicht jetzt.
Da das Klagen immer drängender wurde, hielt ich mich gar nicht erst mit dem suchen zweier Gefäße auf, wo hätte ich diese auch finden sollen.
Also ritze ich mir schnell kleine Wunden in meine beiden Zeigefinger und hielt sie vor die hungrigen Mäulchen. Gierig schleckten sie mit ihrer rauen Zunge das Blut von meinen Fingern. Es war ein angenehmes Gefühl, weshalb ich die unbequeme Position die ich hierfür einnehmen musste ignorieren konnte. So wie ich eine Massage genießen würde, saß ich da und hoffte, dass meine Wunden sich nicht zu schnell schließen würden.
Danke!

, sagten sie zufrieden und legten sich zusammengerollt in ihren Korb.
„Das ist seltsam!“, sagte Francis der uns die ganze Zeit beobachtet hatte.
„Wem sagst du das.“, erwiderte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.
Seit seinem Erwachen lag zu viel Unausgesprochenes zwischen uns. Das und unsere veränderte mit gefahren beladene Situation, führte zu einer Distanz zwischen uns welche wir nicht kannten. Plötzlich verspürte ich den Drang ihn zu berühren, ihn im Arm zu halten oder von ihm gehalten zu werden. Egal, Hauptsache wir waren uns nahe. Ungelenk rutschte ich zu ihm rüber und legte meinen Kopf an seine Schulter. Erleichtert spürte ich wie er sich entspannte. Dann legte er mir seinen Arm um meine Schulter und auch ich beruhigte mich etwas. Ich schloss meine Augen, genoss die Nähe während mir >One I loveHey, es tut mir Leid das ich dich so durcheinander bringe!! Ich werde mich mehr zurückhalten, damit du dir Klarheit über deine Gefühle verschaffen kannst!

, sagte Edward.
Eigentlich hätte ich froh sein müssen, doch ich war es nicht.
Schnell steckte ich die verwirrenden Emotionen, in einen hinteren Teil meines Gehirns, außerstande mich länger damit zu beschäftigen.
Stattdessen wurde mir Bewusst das ich mich angesichts der gefährlichen Situation, sonderbar sicher fühlte. Obwohl die Fahrt bewiesen hatte dass dies nicht der Wahrheit entsprach, hatte ich größten teils die Fassung bewahren können.
Ich fiel in einen Unruhigen Schlaf.
„Was. Sie haben was getan?“, stieß Edward entsetzt aus.
Nun war ich wieder hellwach.


6. Verschleierung
Edward legte das Handy beiseite und schaute mürrisch betrübt durch die Frontscheibe. Mit dem Kopf an der Scheibe schlief Francis seelenruhig. Wie konnte er bei so einem Lärm weiterhin im Land der Träume verweilen?
„Was ist los?“, fragte ich verwirrt und beängstigt zugleich. Keiner antwortete. Obwohl ich mir sicher war, dass Alexis wusste was los war. „Hey sagt schon was ist passiert?“
Hilfe suchend schaute Alexis zu dem werten Herrn auf dem Fahrersitz. Warum wollten sie mir nichts sagen? Wahrscheinlich hatten sie angst das ich völlig ausflippen würde. Oh Gott, mir wurde ganz flau im Magen.
„Gleich!“, dieses eine Wort transportierte so viele eindeutige Botschaften wie ich es nie für möglich gehalten hätte. - Nein. Das war mein letztes Wort. Lass mich in Ruhe nachdenken. Sorge, Trauer und Angst. Ja, es klang sogar wie ein fluchen! – Und all das zeigte auch sein angespanntes Gesicht. Das verhieß nichts gutes.
Francis Geist wendete sich nun doch dem bewussten Zustand zu. Seine Gedanken waren so konfus das ich keinen einzigen greifen konnte, er war noch total verschlafen und konnte die Situation in die er rein geschlittert war nicht einordnen. Mit leicht verquollenen Augen versuchte er in unseren Gesichtern den Grund für die angespannte Situation zu lesen.
Vor lauter Neugier versuchte ich die Gedanken der Beiden zu lesen, stieß jedoch gegen eine Wand. Zum Glück konnte ich mir an ihrer gedanklichen Barriere nicht den Kopf aufschlagen, denn bei meinen Bemühungen hätte ich mir sonst das ganze Gesicht zerschunden. Noch während ich grübelte wurde der Wagen immer langsamer und hielt schließlich an.
Edward öffnete die Tür und stieg aus.
„Lass uns erstmal den Wagen loswerden … dann erklär ich alles. Kommt wir sollten uns beeilen!“, die Stimme meines Schöpfers hatte einen merkwürdigen Klang, einen den ich bei ihm noch nie wahrgenommen hatte. Er war wütend. Nein, stinksauer traf es wohl eher. Ich weiß, dass das jetzt total Idiotisch klingen mag, aber in diesem Moment war er einfach unglaublich sexy. Die Körperspannung, seine fast funkensprühenden Augen die auf wundersame weise mehrere Nuancen dunkler waren als sonst. Wow, er sah aus wie ein Krieger der voller Selbstvertrauen gegen seinen Erzfeind in die Schlacht zog. Das war eine ganz neue Seite an ihm, eine die mir besser gefallen hatte als ich es mir je hätte vorstellen können. Ich dachte eigentlich immer das ich das sanfte an ihm oder auch an Francis mochte, doch scheinbar mochte meine Libido zwei ganz gegensätzliche Wesenszüge. Ja, ja es stimmte also wirklich, wir Frauen wussten einfach nicht was wir wollten! Oder doch?
Während ich noch völlig fasziniert war von seiner Ausstrahlung, öffnete Alexis die Tür um auszusteigen und griff nach ihrem Gepäck. Als ich ihren Blick traf, bemerkte ich, dass sie in derselben Stimmung war wie ihr Bruder.
Dies war Anhaltspunkt genug um uns zur Eile zu drängen, weshalb wir ihr ohne zu zögern folgten. Francis schien zwar etwas abwesend zu sein, aber auch er hatte die Schwingungen wahrgenommen. Oder stieg er nur aus weil es alle taten? Er wirkte wirklich ganz schön verwirrt, wer weiß was er geträumt hatte.
Die atemberaubende Schönheit dieses Ortes traf mich so unvorbereitet als ich meine Füße auf den erdigen Boden setzte, dass es mir schwindelte. Ich kam mir vor wie in einem Paradoxon, denn das was ich sah passte überhaupt nicht zu der herrschenden Stimmung.
Der Feldweg auf dem unser schrottreifer Wagen parkte, war von einer märchenhaften Wiese eingesäumt. Ein Windhauch fuhr mir durch die Haare und verband sich auf wundersame Weise mit der Landschaft. Gemeinsam mit dem Atem der Lüfte tanzten die vielen bunten Blumen im Angesicht der Sonne. Es war eine sagenhafte Farbenpracht, dass leuchtende Grün des Grases verschmolz mit den roten, gelben, blauen und fliederfarbenen Blüten und erinnerte schon fast an einen Regenbogen. Es war Anfang Oktober, aber hier wirkte alles wie im frühen Sommer, selbst die Temperaturen schienen dem normalen Lauf der Dinge zu trotzen und bescherten uns eine wohlige Wärme. Und das in Irland!
Je näher die Wiese in Richtung Wald verlief desto mehr Ginster Büsche tauchten in dem hügeligen grünen Meer auf. Ok es war ein kleiner Wald, aber immerhin, bis jetzt hatte ich auf der grünen Insel noch nicht so viele Bäume auf einem Fleck gesehen. Der Anblick nahm mich so gefangen das ich schon glaubte mich niemals von ihm losreißen zu können. Doch wie so oft in letzter Zeit, wurde meine Überzeugung in Null Komma nichts zerschmettert.
„Da seid ihr ja. Nehmt schnell das Nötigste aus dem Wagen, damit ich ihn verschwinden lassen kann!“, sagte die Waldfee als sie auf uns zu kam.
Ja ich weiß, dass sie eine Hexe ist, aber aussehen tut sie wie eine naturverbundene Fee.

Um diese Assoziation zu vervollständigen, fehlten ihr nur noch Blumen oder Efeuranken als Kopf und Körperschmuck.
Ihr traumhaft gelocktes blondes Haar reichte ihr bis zu den Schultern. Wobei, wenn man die Spiralen auskämmen würde fielen sie vermutlich bis über die Mitte ihres Rumpfes.
Ein hellbraunes Kleid mit grünen Mustern betonte ihren mit tollen Kurven gesegneten Körper. Aber nicht das war es, was mich an eine Fee erinnerte, nein, es war ihre zauberhafte Aura. Ein magnetisches Flimmern umgab sie, so dass die Luft um sie herum eigentlich hätte knistern müssen.
Ihre großen tiefblauen Augen wurden in dem Moment als sie die Geschwister erblickte noch größer. Irritiert blieb sie stehen. Mit einem vom Erstaunen gekennzeichneten Gesicht, schaute sie zwischen Edward und Alexis hin und her. So als ob die Beiden gerade ein spannendes Pingpongmatsch hinlegen würden. In den drei Augenpaaren blitzte schlagartig erkennen auf. Ich glaubte das beherrschende Gefühl war Freude. Und doch konnte ich eine Spur Befangenheit spüren. Diese Regung kam vor allem von Alexis, die sich seit dem Erscheinen des Lockenkopfes völlig versteift hatte, aber auch die Hexe selbst schien nicht unbeteiligt zu sein. Während Edward auf die Waldfee

zuging, war Alexis noch damit beschäftigt sie zu mustern.
„Mai! Was machst du denn hier? Ich dachte du wärst in Sibirien geblieben?“, Edward wirkte nun nicht mehr wie ein Krieger der in die Schlacht zog, nein eher wie einer der nach einem Sieg wieder nach Hause zurückkehren durfte. Bevor sie Antworten konnte lagen sie sich in den Armen, hielten sich so fest als hätten sie sich seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Ihn in den Armen der schönen Blonden zu sehen, verpasste mir einen Schlag in die Magengrube, einen Stich mitten ins Herz.
„Genug mit der Gefühlsduselei!“, brüllte ich und erschrak über meine eigenen harten Worte. „Wir müssen uns doch beeilen!“, setzte ich mit der süßesten Stimme die ich zustande brachte hinterher. Oh Gott, wie peinlich war das denn? Irgendwie bereitete mir der Erstkontakt in letzter Zeit deutliche Probleme. Das hatte ich echt super gemacht, ich stand keine fünf Sekunden in ihrer Nähe und schon wusste sie, dass sie es mit einer durchgeknallten zu tun hatte. Edward wirkte belustigt und schenkte mir sein verschmitztes Lächeln, dass bei dem seine Augen immer besonders strahlten. Beleidigt funkelte ich ihn an. Mistkerl

, schrie ich ihm in Gedanken zu. Doch diesmal blieben sie unbeantwortet. Hm, das gefiel mir überhaupt nicht. Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder meinen Mitmensch zu, da meine innere Welt im Moment kein behaglicher Ort war. Und so bekam ich gerade noch so mit wie Alexis meinen Worten mit einem Nicken beipflichtete. Aber Mai und Francis schienen meine niederen Gefühle dahinter zu verstehen.
Über das türkisene Meer in Francis Augen schien in diesem Moment ein Sturm hinwegzufegen. Scheiße! Egal wie sehr Edward sich zurück hielt, am Ende würde doch ICH alles versauen. Er hatte sich aus meinen Gedanken zurückgezogen, blieb auf Abstand und was machte ich? Ich flippte in einem Anfall von rasender Eifersucht einfach aus. Ich fühlte mich wie eine Meuchelmörderin, die ihrem Freund ohne Rücksicht auf Verluste ein Messer ins Herz gerammt hatte.
Mir wurde wieder einmal schmerzlich bewusst das ich dabei war einem Mann den ich von ganzem Herzen liebte, das Herz zu brechen. Es war nur noch nicht entschieden wer es sein würde.
Ich wusste nicht was ich sagen oder machen sollte. Also entschied ich mich dafür meinen Blick verschämt zu senken.
Von meiner verbalen Attacke wenig beeindruckt kamen die Beiden auf uns zu.
„Mai das sind unsere Begleiter Felicitas und Francis.“ Edward zeigte auf uns und als er weitersprach legte er seine Hand auf die Schulter der Waldfee. „Wer Mai ist habt ihr ja jetzt schon herausgefunden, sie ist die fabelhafte Hexe die uns helfen wird!“ Etwas betreten ging ich einen Schritt auf sie zu und versuchte die Situation zu retten. Leider begleitete mich eine bleiernen Nervosität. „Hallo!“, meine Stimme klang dünn, doch bei den nun folgenden Worten wurde sie immer dünner und dünner. „Vielen dank das sie uns Helfen! Sie sind die erste Waldfee die ich kennenlerne ...“, hatte ich sie gerade eben eine Waldfee genannt? Sämtliches Blut was sich in meinem Körperkreislauf befand, wurde von einem unstillbaren Sog in meinen Kopf katapultiert. Mir war plötzlich ganz heiß und ich schluckte trocken. Mai lachte. „Du bist echt witzig.“ Ihr Gesicht wurde von einem herzlichen Grinsen eingenommen. „Der Spitzname gefällt mir.“ Ich konnte zwar ihre Gedanken nicht lesen, aber ihre Körpersprache sagte mir, dass sie die Wahrheit sagte. Erleichterung machte sich breit. Mit einem freundliche Lächeln schüttelten wir uns die Hände. Bei dieser Berührung konnte ich eine unglaubliche Energie in ihr spüren. Es war fast so als ob ich einen Schlag bekam, nur eben nicht so unangenehm. Nein, es war eine positive Kraft die den Kontakt zu meinen Nervenzellen suchte.
Seit sie so nahe bei uns stand, konnte ich einen angenehmen warmen und weichen Geruch wahrnehmen. Er war holzig - und das nicht wegen dem nahen Wald – süß und doch herb. Fast so wie Räucherwerk aus Sandelholz und noch einer Note die ich nicht benennen konnte. Ihr Duft war wunderbar und kein bisschen aufdringlich.
„Habt ihr alles? Ich hab kein Blut da, also nehmt eure Konserven mit!“, Mai hatte eine wirklich schöne Stimmfarbe. Wenn ich mich nicht irrte könnte sie eine bezaubernde Sängerin sein.
Scheinbar riss sie Edward wieder in die Gegenwart zurück, denn nun wirkte er wieder fast so grimmig wie vorhin. Oh man und ich dachte ich wäre diejenige die von heftigen Stimmungsschwankungen heimgesucht wurde! Hm, vielleicht bin ich ja ansteckend?


„Gleich.“, sagte mein Schöpfer und deutete gleichzeitig auf die Katzen. Gleich, das schien heute sein Lieblingswort zu sein. Ich sagte nichts, stattdessen nickte ich ihm zu und befreite die Transportkörbe von den provisorischen Gurten. „Das Blut hab ich in meinem Rucksack!“, nuschelte Alexis und kickte währenddessen einer Pusteblume den Kopf ab. Sie wirkte verschlossen, ja sogar verschlossener als sonst. Ich hätte mir nie vorstellen können das dies überhaupt möglich war.
Endlich hatte ich die Katzen befreit und stellte mich neugierig neben den Wagen. Francis wollte gerade einen Koffer herausholen als Mai zu ihm sprach: „Sorry, aber die müsst ihr erst einmal da lassen! Wir haben nachher nicht die Möglichkeit das alles mitzunehmen … der Transport der Katzen wird schon schwierig genug!“, beim letzten Teil ihrer Worte wirkte sie sehr nachdenklich. Frustriert stellte Francis sich etwas abseits von uns mit vor der Brust verschränkten Armen hin. Trotz seiner negativen Stimmung konnte ich an ihm eine gewisse Neugier entdecken.
Mir blieb gar keine Zeit dazu, mir Sorgen um die Fortbewegung der Katzen zu machen, da ich von den folgenden Ereignissen abgelenkt wurde.
Mai trat vor den Umzugswagen und griff nach einem kleinen Beutel, welcher zuvor noch an ihrem Gürtel gebaumelt hatte. Mit der freien Hand malte sie verschnörkelte Zeichen in die Luft, dann griff sie in den Beutel holte eine Prise von etwas gemahlenen heraus und pustete es auf den Wagen. Es roch würzig aber ich konnte es beim besten Willen nicht identifizieren. Sie wiederholte das Prozedere auf den anderen drei Seiten des geschundenen Fahrzeugs. Als sie fertig war fing das mit Magie belegte Objekt an zu flimmern und verschwand nur einen Augenblick später im Nichts. Ich war so verblüfft das ich mir einen kleinen Aufschrei nicht verkneifen konnte. Beeindruckt ging ich zu der Stelle an der unser Transporter gestanden hatte. Wollte nach ihm tasten aber meine Finger griffen ins leere. Nun wenn ich vorher schon gestaunt hatte, war ich mittlerweile absolut überwältigt von ihrem Zauber.
„Wow!“, faselte ich immer wieder vor mich hin, so als ob meine Platte einen Sprung hätte. Francis schaute total ungläubig drein, er suchte die Stelle nach irgendwelchen Hinweisen über den Verbleib unseres fahrbaren Untersatzes ab. Aber auch er fand nichts.
„Ähm, tschuldigung das ich frage … aber kommen wir jemals wieder an unsere Sachen ran?“, stammelte mein immer noch etwas beschämtes Mundwerk.
„Ja. Keine Sorge, ich kann alles wieder auftauchen lassen was ich weggezaubert habe! So und jetzt lasst uns ins Haus gehen.“, in Mai`s Stimme klang keinerlei Stolz mit, wahrscheinlich war dies für sie das normalste auf der Welt. Noch immer gebannt schnappte ich mir Billy und Ally und trug sie in Richtung Haus. Normalerweise würde Francis sie mir abnehmen aber er spielte ja gerade die Rolle einer beleidigten Leberwurst, weshalb er, verständlicher weise einfach nur hinter mir her trottete. Seit der Wandlung verhielt sich Francis ziemlich ruhig. Das war ungewöhnlich für ihn. Normalerweise musste er zu allem seinen Senf dazu geben, ob man nun wollte oder nicht. Hm, vielleicht hatte ich bei der Heilung irgendetwas in ihm kaputt gemacht? Aber vielleicht hatte ich ihm zwar Akzeptanz geschenkt, aber ihm alle Sicherheit genommen die er brauchte? Bei dem Gespräch über Technik war er eigentlich wie der Francis den ich kannte, lustig, schlau und sehr Redegewandt. Ja, bei dem Thema befand er sich in sicheren Gewässern. Doch alles andere war unbekannt und unsicher, überall lauerten neue sonderbare Enthüllungen. Vermutlich schwamm er gerade in einem endlosen offenen Meer, ohne dass er halt finden konnte. Ich hätte sein Fells sein sollen. Stattdessen kämpfte ich mit meinen widersprüchlichen Gefühlen. Man, ich bin echt eine gute Freundin!

, wetterte ich mit mir.
„Darf ich?“, sagte Edward und nahm mir einen der Transportkörbe ab. Schweigend gingen wir nebeneinander her. Irgendwie hatte ich das Gefühl das sich die Situation soeben verschärfte.
„Hör auf dich an meine Freundin ranzumachen!“, spie Francis so leise aus das nur wir drei es hören konnten. „Ich wollte nur Hilfsbereit sein.“, erwiderte Edward und zuckte dabei mit den Schultern.
Darauf wusste Francis nichts zu sagen. Aber er schaute noch finsterer drein als zuvor, da ihm bewusst wurde das er es normalerweise nicht anders gemacht hätte.
Und ich fühlte mich irgendwie als würde ich zwischen den Stühlen sitzen. Ich konnte für keinen Partei ergreifen, da beide ihr Recht auf diese Verhaltensweisen besaßen.
Francis war noch keine vierundzwanzig Stunden wach und doch erwies sich unsere Situation jetzt schon als total verfahren. Oh man, wohin sollte sich das alles nur hin entwickeln?


Sobald wir die ersten Bäume erreichten, konnten wir das kleine Haus sehen. Dieses stand in einer kleinen Lichtung, umzäunt von knorrigen alten Eichen. Es wirkte fast so, als hätten sie nur um des Hauses Willen platz gemacht.
Verwundert bemerkte ich, dass kein direkter weg zu Mai`s Domizil führte. Weshalb man sich zwischen den vielen Bäumen hindurch schlängeln musste. Der mit Moos bewachsene Boden hielt einige Stolperfallen bereit. Doch wie durch ein Wunder umging ich die vielen Wurzeln ohne mir dabei die Knochen zu brechen.
Ich fragte mich wie sie es geschafft hatten, die Materialien für das Haus und ihre Möbel durch dieses Labyrinth zu transportieren. Hm, vermutlich mit Magie!


Mitten beim Gehen schlich Alexis nun doch auf Mai zu und schaute ihr mit einem sehnsüchtigen Blick in die Augen. Oh man, hatte ich da etwas verpasst? Aber mir blieb keine Zeit mehr zu einer Vollständigen Analyse, denn wir hatten das Dickicht hinter uns gelassen.
Vor uns stand ein einzelnes, kleines grün gestrichenes irisches Landhaus. Auf seinem Dach thronte ein für dieses Land typisches Reetdach. Es sah sehr idyllisch aus mit seiner dunkelbraunen abgerundeten Holztür. Die braunen Fensterläden rundeten das Bild noch zusätzlich ab. Ja, genauso hatte ich mir ein Hexenhaus immer vorgestellt.
Mai öffnete die Tür und bat uns einzutreten.
Jetzt war ich es die die Augen aufriss. „Können wir ohne Einverständnis etwa kein Gebäude betreten?“ Oh man, das könnte einige Schwierigkeiten mit sich bringen! Gerade diesen Mythos hatte ich für völligen Humbug gehalten.
„Fee das ist er auch! Mai wollte nur höflich sein.“, sagte Edward grinsend.
Hinter mir hörte ich Francis murmeln, dass Edward mich gefälligst nicht so nennen sollte, da es sein Spitzname für mich war.
Plötzlich versperrte die Hexe uns den Weg und blickte jedem von uns mürrisch in die Augen. „Das reicht jetzt ihr drei! Wir haben wichtigeres zu tun!“
„Mai untersteh dich!“, sagte Edward grimmig.
„Nein, den Gefallen kann ich dir nicht tun! Du wirst es mir noch Danken mein Lieber!“, antwortete sie lächelnd.
Oh oh, das hörte sich nicht gut an. Irgendwie hatte ich das ungute Gefühl das mir das Folgende gar nicht gefallen würde. Unbewusst verzog ich mein Gesicht zu einer abwehrenden Grimasse. Leider konnte ich hiermit keinen Eindruck schinden. Na ja, den Versuch war es wert.
Dann hob sie ihre rechte Hand und malte jedem einzelnen von uns die keltische Rune Naudhiz auf die Stirn. In dem Moment als sie beiseite trat fühlte ich mich frei von jeglichen verstörenden Gefühlen. Wir alle drei waren einfach nur noch ruhig und gelassen. Ja ich glaube sogar, dass ich etwas belämmert aus der Wäsche guckte. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes high, losgelöst von allem.
Ohne die Last der schweren Gefühle, traten wir in den winzigen Gang. Alexis war schon durch die nächste Tür geschlüpft und wartete ungeduldig, dass wir ihr folgten.
Die Hexe malte noch schnell ein weiteres Zeichen auf ihre Eingangstür bevor sie diese schloss. „So jetzt kann uns keiner mehr finden oder zumindest sehr schwer!“, sagte sie und schlängelte sich an mir vorbei.
Ihr folgend trat ich in den nächsten Raum. Es war eine riesengroße Küche, die mit antiken dunklen Holzmöbeln bestückt war. Und doch waren ihre Küchenutensilien sehr modern. Sie besaß einen Herd den ich eher in einer noblen Großküche eines fünf Sterne Restaurants erwartet hätte.
Die linke Wand schien nur aus Fenstern zu bestehen. Deren Nutzen war auf den ersten Blick sichtbar, da vor jedem ein kleiner „Balkon“ angebracht war auf dem Unmengen angesäter Kräuter standen. So brauchte sie nur die Fenster öffnen und ihre Zauberutensilien standen griffbereit vor ihr. Darunter umgab die ganze Wand eine dunkle Küchenzeile, an der bestimmt fünf Personen gleichzeitig arbeiten konnten ohne sich dabei in die Quere zu kommen. Verrückt, bei mir wäre so etwas einfach nur Verschwendung gewesen, aber Mai schien diese voll und ganz auszunutzen. An den weißen Wänden hingen überall getrocknete Kräuter. Die rechte Seite wurde vollständig von einem Regal eingenommen, welches gefüllt war mit tausend und einem Buch.
In der Mitte des Raumes stand ein großer runder Tisch an dem mehr als acht Personen platz finden konnten. Sie wies auf die Stühle und wir setzten uns alle. Edward und ich stellten die Katzen neben uns ab. Sie schliefen weiterhin seelenruhig und bekamen nichts von den ganzen seltsamen Ereignissen mit.
Auf dem Tisch stand eine überdimensionale Schokoladentorte, bei der mir jetzt im Nachhinein wahrhaftig das Wasser im Mund zusammen läuft. Aber in dem Moment als dies geschah, interessierte sie mich kein Stück. Nein, ich fühlte mich einfach nur stumpf. Was hatte Mai da nur mit mir oder besser gesagt uns gemacht. Fancis, der mir gegenüber saß blickte leer im Zimmer herum. Mit gerunzelter Stirn beobachtete Alexis uns, aber wie ich es von ihr gewohnt war sagte sie nichts. Sie saß zu meiner linken und wirkte noch immer ungewöhnlich steif. Ihre Finger fummelten geistesabwesend an ihrem blauen Pulloverrand herum. Als sie dies merkte ballte sie die Hände zu Fäusten und verstaute sie in ihrer Jackentasche.
„Greift zu ihr lieben!“, sagte Mai die zwischen den zwei Streithähnen platz genommen hatte.
Und das taten wir alle. Obwohl ich gar keinen Appetit auf die nichtssagende Torte hatte, gehorchte ich ihr.
Wie ein Roboter lud ich mir ein Stück auf den Teller der vor mir stand auf. Und erst nachdem ich die Hälfte des köstlichen Schokotraums zu mir genommen hatte, regten sich etwas in mir. Die cremige süße, weckte einen kleinen Teil von mir, den Mai zuvor zum einschlafen gebracht hatte. Ich konnte wieder eigenständig denken und besann mich endlich zu einer Frage die mir vor unserer Ankunft fast den Verstand geraubt hatte.
„Hey Edward, wird es nicht langsam Zeit das du uns sagst was du vorhin erfahren hast?“, meine Stimme klang so ruhig das ich das nur auf Mai`s Zauber zurückführen konnte. Francis aß mittlerweile ungehemmt sein zweites Stück Torte. Wie konnte er nur immer so schlingen?
„Ach das hätte ich dank Mai fast vergessen!“, vermutlich sollte das anklagend klingen aber auch diese Regung nahm der Zauber von ihm fort.
„Aiden hatte angerufen um … na ja, also die Hexe zu der wir ursprünglich unterwegs waren und die Hüter, die bei ihr waren wurden ermordet aufgefunden …nach den Spuren zu urteilen waren es Vampire und Hexer.“, Gleichgültigkeit unterstrich jedes seiner Worte. Was komisch war, da er ja nach besagter Nachricht so außer sich zu sein schien.
Ich wusste das seine Antwort eigentlich etwas in mir hätte auslösen müssen, stattdessen nahm ich einfach nur die Information in mich auf. Mit einem verzerrten Lächeln im Gesicht sprach er weiter: „Meinst du nicht das dein Zauber etwas zu stark war?“
Beschämt runzelte sie die Stirn. „Vielleicht ein bisschen!“, dann zuckte Mai mit den Schultern. „Er lässt schon bald nach. Esst noch etwas von der Torte, die regt eure Sinne an und schwächt den Zauber etwas ab.“, sagte sie mit einem entschuldigenden Lächeln. Dann wurde sie wieder ernster und fragte mit trauriger Stimme: „Wer war die Hexe und kenne ich die Hüter die es getroffen hat?“
Alexis schien sich gerade in anderen Sphären herumzutreiben und ich nahm stark an das diese etwas mit Mai zu tun hatten.
„Es war Niamh, sie wurde übel zugerichtet. Auch Nail und Sean hat es erwischt.“, langsam kamen wieder Gefühle in seine Stimme.
„Oh nein, das ist ja furchtbar.“, Mai liefen Tränen über die Wangen.
Francis und ich waren immer noch total benommen von ihrer Rune. Bei ihm hatte es zur Folge, dass er seinem unersättlichen Wesen nachgab und so viel Torte in sich rein stopfte, dass ich dachte er würde gleich platzen. Und ich, ich war ohne Gefühle einfach nur ruhig. Saß da und schaute in der Gegend herum ohne wirklich etwas zu “sehen“ und aß sporadisch von der Torte.
„Was machst du hier? Wolltest du nicht mit Carmen in Sibirien leben?“, sagte Alexis mit Wut verzehrter Stimme. Trotz meiner stumpfen Sinne konnte ich die Eifersucht und die Trauer, die in ihrer Stimme lagen förmlich greifen.
Unberührt stopfte ich mir das nächste Stück Torte in den Mund.
„Bis vor drei Monaten haben wir das auch.“, Mai's Stimme schlüpfte stockend über ihre Lippen. „Wir brauchten etwas Abstand, weshalb sie wieder nach Spanien gegangen ist … ja und ich bin hierher zurück gekommen.“
„Warum hast du dich nicht bei uns gemeldet? Sind wir dir so unwichtig geworden?“, schrie Alexis ihr entgegen. In ihren Augen sammelten sich Tränen, doch sie schaffte es diese zurückzuhalten. Das war etwas, dass ich mir unbedingt von ihr beibringen lassen musste.
„I … ich … ich war ... noch nicht bereit dazu!“, auch Mai schien um ihre Fassung zu kämpfen.
Beide schwiegen, während sie versuchten in die Seele des anderen zu Blicken.
Die wiederholten Geschmacksexplosionen, kombiniert mit dem schmelzenden Gefühl auf meiner Zunge taten langsam ihre Wirkung. Ich konnte wieder fühlen, es war diesmal aber nicht mein eigenes Leid, was jedoch nicht bedeutete das es weniger intensiv war. Vielleicht lag es an der vorangegangen Taubheit das ich ihre Gefühle wie meine eigenen spürte, vielleicht lag es aber auch einfach an meiner Empathie. Die herrschende Spannung zwischen den beiden war kaum auszuhalten und ich fragte mich was alles dahinter steckte. Ein Blick zu meinen Leidensgenossen zeigte das der Zauber auch bei ihnen nachgelassen hatte. Die Gesichter waren nun wieder voller Leben und Mimik. Da sie sich nicht angifteten und in mir keine Kämpfe mehr stattfanden, ging ich davon aus das ein Teil des Zaubers noch seine Wirkung entfachte.
„Alexis komm mal mit … ich möchte mit dir unter vier Augen sprechen!“, zittrige Aufregung begleitete jeden Ton den Mai von sich gab. Ohne ein weiteres Wort standen die Beiden auf und verließen den Raum. Einmal mehr fragte ich mich was zwischen den Beiden vorgefallen war. Ich hatte fast den Eindruck das sie mal ein Paar waren. Ja. Das waren sie.

, antwortete Edward unverhofft in meinem Kopf. Erstaunt schaute ich zu ihm rüber und schenkte ihm ein warmes lächeln. Irgendwie hatte ich unseren Gedankentausch ganz schön vermisst. Er blinzelte mir liebevoll zu.
„Woher kennt ihr euch eigentlich?“, fragte Francis und holte uns aus unseren Gedanken heraus. Wie es schien hatte er nichts mitbekommen. Zum Glück.
Edward wirkte nachdenklich. „Mai war mit unserm Schöpfer befreundet. Sie haben Alexis und mich vor dem sicheren Tod gerettet. Wir sollten gemeinsam mit unseren Eltern auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden.“ Tiefe Trauer zeichnete sich in seinen Zügen ab. Er behielt währenddessen seinen Geist offen, so dass ich die erschütternden Bilder empfangen konnte, welche die Erinnerung in ihm hervorrief.
In seinen Gedanken erschien ein kleines Bauernhaus, die Bilder waren ohne Farbe, da diese mit der Zeit vermutlich verblasst waren. Ich sah ein kleines Mädchen von ungefähr neun Jahren. Sie spielten verstecken und Edward pirschte sich gerade von hinten an sie heran. Das dunkelhaarige Mädchen trug ein helles Kleid und sah zuckersüß darin aus. Kurz bevor er sie erreichte, kam eine Frau von Mitte zwanzig auf sie zu gerannt, auch sie trug ein langes Kleid. Sie brüllte mit von Angst verzerrter Stimme: „Lauft weg … versteckt euch … sie kommen um uns zu holen!“
Das Mädchen drehte sich mit geweiteten Augen um und sah verdächtig nach Alexis aus. Die beiden Kinder waren geschockt und bewegten sich keinen Millimeter. Als die Frau sie erreichte, erkannte ich das sie wie eine Mischung der beiden Geschwister aussah. Sie schnappte sich ihre Kinder und zog sie in Richtung Haus. Während sie dies tat rief sie nach einem Stephen.
Er war der Vater der Geschwister, und kam von der anderen Seite das Hauses zur Tür herein. Im ersten Moment dachte ich es sei Edward, aber meine unbegreifliche Logik sagte mir das es sein Vater war. Schnell erzählte die Mutter ihm was los war. Doch als sie zu ende gesprochen hatte, war klar das es zu spät war. Das ganze Dorf hatte sich vor dem Haus versammelt. Sie brüllten unerbittlich, warfen Steine und stampften mit ihren Mistgabeln immer wieder in den Boden.
Die Eltern packten ihre Kinder am Arm und schleiften sie zur Hintertür. Als Stephen zu sprechen begann: „Alexis, Edward ihr müsst fliehen, wir können es nicht gemeinsam schaffen.“ Trotz seiner ersichtlichen Sorge sprach er ruhig auf seine Kinder ein.
Er sagte sie sollen sich zur Hintertür raus schleichen. Das sie vorsichtig sein sollen und sich zwischen den Bäumen verdeckt halten und sich langsam vom Haus entfernen mussten. Sie sollten keinen blick zurück werfen und das Dorf so schnell wie möglich verlassen. „Wir lieben euch, ihr müsst uns jetzt vertrauen. Tut alles was euer Vater euch gesagt hat, dann werdet ihr sicher sein.“, sie klang zugleich überzeugt als auch zu Tode verängstigt. Dann nahmen die Eltern ihre Kinder ein letztes mal in die Arme, bevor sie sie drängten zu gehen.
Edward zog seine weinende Schwester hinter sich her. Als sie die schützenden Bäume erreichten, blieben sie stehen und duckten sich. Sie sahen wie ihre Eltern gefesselt wurden und das einige Männer in das Haus rannten um nach etwas zu suchen. Wieder andere Dorfbewohner errichteten währenddessen den Scheiterhaufen. Alexis schluchzte und Edward hielt ihr schnell den Mund zu damit sie nicht gehört wurden. Die nächsten Bilder die in seinem Geist aufflackerten, waren zutiefst schockierend. Die Umgebung war weiterhin farblos, doch das Feuer das seine von Schmerzen geplagten Eltern umgab, leuchtete mahnend und intensiv. Das Mädchen wollte schreien und Edward drückte ihr seine Hand noch fester auf das Gesicht. Er wusste das sie verschwinden mussten, doch zuerst musste er das schlechte Gewissen bekämpfen was an ihm nagte. Nur um Alexis zu retten, entschied er sich dem Grauen den Rücken zu kehren und zu fliehen. Vorsichtig zog er sie auf die Beine und dann rannten sie Hand in Hand los. Teilweise musste er sie tragen da ihre Beine nicht mehr konnten.
Die Bilder verebbten . In seinem Gesicht spiegelten sich die längst vergangenen Qualen wieder als würde das alles erst in diesem Moment stattfinden. Was sie ja auch irgendwie taten.
Ich griff nach seiner Hand und versuchte ihm etwas Trost zu spenden. Es war furchtbar, all die schlimmen Dinge durch seine Augen gesehen zu haben. Die Bilderflut hatte zwar nur einige Sekunden gedauert und doch hatte ich das Gefühl gerade eben dort gewesen zu sein. Es war erschreckend was die Beiden damals mitmachen mussten.
„Waren eure Eltern wirklich Hexen?“, fragte Francis mit aufrichtigem Interesse. Das ich Edwards Hand hielt schien ihn im Moment gar nicht zu interessieren.
„Nein. … Eine Frau im Dorf hatte sich in meinen Vater verliebt. Da er sie abblitzen lies und bei uns blieb, stiegen in ihr wohl Rachegelüste auf. Sie konnte es wohl nicht ertragen, dass er mit uns glücklich war. Also hatte sie begonnen, lügen über uns zu erzählen. Wir sollten schuld sein das es bei ihr gebrannt hatte, sollten die Ursache für das Sterben mehrere Kühe sein. Ja und irgendwie fanden ihre Spinnereien Anklang bei den Dorfbewohnern.“ Meine Augen brannten und ich blinzelte mir schnell ein paar aufkommende Tränen weg.
„Was für ein Miststück!“, Francis schüttelte ungläubig den Kopf. „Wie konnte sie euch das nur antun! Das alles tut mir ehrlich sehr Leid für euch. “
Mit diesen Worten sprach mein Freund mir aus der Seele.
„Und welche Rolle spielen jetzt Mai und euer Schöpfer in dieser Geschichte?“, meine Stimme war leise.
„Ich versuchte gerade Alexis aus dem Dorf raus zu schaffen als wir auf die Beiden trafen.“ Ich konnte große Dankbarkeit in seinen Zügen erkennen und als er weiter sprach gesellte sich auch eine gewisse Freude in seine Stimme. „Dimitri, unser Schöpfer, und Mai hatten von dem Schicksal unserer Familie erfahren und haben uns gesucht um uns ihre Hilfe anzubieten. Die beiden schafften uns kurzerhand aus Irland raus. Sie zogen uns in Sibirien auf. Dimitri besaß in Magadan ein Grundstück, dort war es einfach herrlich. Als Alexis und ich alt genug waren stellte er uns vor die Wahl auch Vampire zu werden. Und wie ihr euch schon denken könnt entschieden wir uns dafür.“
Endlich wusste ich auch etwas über ihn. Gerade wollte ich ihn Fragen ob es merkwürdig war von einem Vamp und einer Hexe aufgezogen zu werden, als Mai und Alexis zurück kamen.
Beide wirkten nun wieder entspannter, wer weiß was sie getrieben hatten.
„Mai wie sieht dein weiterer Plan aus? Du hast vorhin etwas angedeutet … ?“, fragte Edward mit gespanntem Gesichtsausdruck. Gott, ja, wir befanden uns ja nur auf der Durchreise. Das ganze Chaos drumherum hatte mich dies einfach vergessen lassen.
„Ja. Ich werde euch durchs Nimbatus nach Dublin führen!“, ihre Stimme klang ernst. „Im Moment schauen sich ein paar Freunde von mir dort um, wenn alles ok ist sagen sie mir Bescheid und wir können aufbrechen.“
Was! Sie wollte tatsächlich nach Dublin laufen. Mir klappte der Unterkiefer auf. Allein der Gedanke an die weite Strecke verursachte mir Muskelkater.
Die verrückte Hexe, konnte meinen Schock spüren. Sie lächelte mir freundlich zu.
„Keine Angst im Nimbatus sind die Strecken nicht so lange. Ich denke das wir von hier aus eine halbe Stunde unterwegs sind.“
Alexis und Edward wechselten einen verunsicherten Blick. Hm, das ich das auch mal erleben würde, hätte ich nicht gedacht.


7.Einfach cool bleiben

Irgendwo im Haus klingelte ein Telefon und Mai stürzte aus dem Zimmer um den Anrufer noch zu erwischen.
„Was zum Henker ist denn nun schon wieder dieses Nimbrutus oder wie dieses Ding heißt?“, fragte Francis. Ups, das hatte ich wohl in meinen ganzen Ausführungen ganz vergessen. Mist. Er sah nicht gut aus, schließlich konnte er die Unbehaglichkeit der beiden Vamps deutlich spüren. Irgendwie hatte ich das Gefühl das nun der Zeitpunkt gekommen war an dem ihm die ganzen Neuigkeiten zu viel wurden.
Francis verschränkte seine Arme vor der Brust und seine angespannten Hände versuchten ihn vor dem auseinander Fallen zu schützen.
„Du meinst das Nimbatus.“, begann Edward und erzählte ihm das, was er auch mir schon gesagt hatte. „Mehr weiß ich auch nicht! Da wird uns Mai wohl noch etwas aufklären.“
Francis war mittlerweile ziemlich blass um die Nase. Ja, Vampire konnten noch blasser werden als sie es eh schon waren. Wobei ich sagen muss das Francis und ich noch nicht ganz so hellhäutig waren wie die Geschwister. Aber das lag wohl daran, dass wir noch nicht so lange die Sonne meiden mussten. Man wurde ja nicht von einem auf den anderen Tag seine bräune los.
„Hey, so schlimm wird das nicht...“, begann Alexis auf meinen Freund einzureden. „Ich kenne Mai und wenn sie sagt das sie uns da durch führen kann, dann können wir ihr hundertprozentig glauben!“
Ihre Worte schienen gut bei ihm anzukommen, da er sich aus seiner verkrampften Haltung löste. Und dennoch fühlte er sich nicht ganz wohl in seiner Haut. So zumindest deutete ich seinen unsicheren Gesichtsausdruck.
Hey, ich will hier raus.

, ertönte eine männliche Stimme in meinem Kopf. Es war eine Stimme, die ich bis dato nur einmal gehört hatte.
„Billy?“, hauchte ich und beugte mich zu dem Kater hinunter. Ich muss mich Bewegen, lass mich raus! Bitte! Bitte! Bitte!

Der kleine Charmeur wusste schon bevor er in meinen Gedanken sprechen konnte, wie er alles von mir bekam.
Als ich ihm Antwortete wurde es richtig peinlich, denn ich verfiel in die gewohnte Art mit meinen Katzen zu kommunizieren. Richtig, ich sprach in der altbekannten Babysprache. „Ach mein süüüüüßer, … dass wüüürde ich ja gerne machennnn, … aber vorher … muss ich Mai um Erlaubnis bittennnn!“ Während ich wie eine Bekloppte vor mich hin faselte, streckte ich ihm einen Finger entgegen. Er stupste seine zarte hellrosa farbene Nase dagegen. Ich finde es ja ganz niedlich wenn du so sprichst, aber ich kann dich genauso gut verstehen wenn du normal redest.

, sagte der Kater. Na toll, jetzt wurde ich nicht nur von Francis veräppelt, nein, mein Herr Kater gab ihm auch noch recht.
Edward lachte aus ganzer Seele, vermutlich hatte er Billys Worten in meinem Kopf gelauscht. Erbost schaute ich zu ihm nach oben und erhaschte dabei die Blicke der Anwesenden. Mist, alle grinsten übers ganze Gesicht.
„Was wolltest du mich fragen?“ Mai's Stimme schwappte vom Kücheneingang zu mir herüber. Oh, nein. Ich hätte mich jetzt am liebsten zu Billy in seinen Korb verkrochen und mir die Hände übers Gesicht gelegt, so wie er es gerne tat. Keiner Antwortete Mai. Dafür hatte ich das Gefühl das sich alle angestrengt ein Lachen verkneifen mussten. Kein Wunder, schließlich hatte diese Aktion mein Gesicht erröten lassen und auch meine Mimik verbesserte mein Aussehen nicht gerade.
„Da solltet ihr euch dran gewöhnen. So spricht Fee immer mit ihren Katzen.“, da war sie, die Rache meines Freundes auf meinen begangenen Meuchelmord.
Wie kam ich nur schnell aus dieser misslichen Lager heraus? Einfach cool bleiben.

, dachte ich mir. Dann schluckte ich meinen angeknacksten Stolz herunter und lenkte die Aufmerksamkeit von meinen dämlichen Gewohnheiten ab.
„Mein Kater lässt fragen ob er aus dem Körbchen raus darf.“
Erstaunte Augen blickten mich aus Mais überraschtem Gesicht an.
„Wie? Du kannst mit deinen Katzen sprechen?“ Sie schien vom Inhalt meiner Worte etwas abgelenkt zu sein. Gut, sie wusste ja noch nicht das meine Vampcats und ich eine telepathische Verbindung hatten.
„Ja. Seit sie Vampire sind. Darf ich sie nun rauslassen oder stört es dich?“
„Hm. Oh. Ja ja, mach nur.“, ihre Gedanken schienen sich zu überschlagen. Aber das konnte ihr wohl keiner verdenken.
Mein Ablenkungsmanöver hatte Erfolg gehabt, da das spöttische Grinsen aus den Gesichtern verschwunden war. Alexis erklärte Mai wie es zur Entstehung der Vampcats kam. Sie hörte aufmerksam zu und riss an manchen Stellen verblüfft die Augen auf.
Ladys first

., dachte ich und löste mit ungeschickten Fingern die Gitter der Transportkörbe. Scheinbar konnte ich das mit dem Cool sein nicht so gut.
Sobald Billy den winzigen Spalt in Richtung Freiheit erblickte stürmte er heraus und setzte zu einem einzigen großen Sprung an und platzierte sich auf meiner Schulter. Von dort aus begutachtete er den Raum. Ally hingegen schaute schüchtern über den Rand das Korbes und beschnupperte ihre derzeitige Lage. Da sie eine Pfote nach der anderen hinaus setzte, nahm ich an das sie sich wohl fühlte.
Süßkram. Lecker.

, sagte der Kater und sprang in Richtung Tisch davon. „Billy!“, brüllte ich dem Schleckermäulchen hinterher. Natürlich war keinem im Raum der Aufruhr entgangen. Mit einem einzigen Satz gesellte sich Ally zu dem Kater der sich langsam der Torte näherte. Stopp! Wagt es ja nicht an der Schokocream zu lecken. Ich schwöre euch, dann bekommt ihr keinen Tropfen Blut mehr von mir.

Während ich meine schnurrenden Freunde zu erpressen versuchte, schauten vier verdutzte Augenpaare auf das eben entstandene Chaos. Oh nein, oh nein.

, wimmerte Ally als sie sich auf den Rückzug machte. Billy folgte ihr zwar, doch seinen Gedanken konnte ich entnehmen, dass er mir nicht glaubte.
Schlauer Kerl.
„Ich bin beeindruckt!“, sagte Edward der meiner Standpauke gelauscht hatte. In seinem Gesicht stand pure Belustigung. Ich funkelte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Wandte mich dann aber schnell unserer Gastgeberin zu.
„Sorry Mai … normalerweise sind die beiden eher schüchtern … es wundert mich das sie dir gleich auf den Tisch gesprungen sind. Das kommt nicht wieder vor. Ok?“ Ich schaffte es einfach nicht, meinen Fauxpas unseres Kennenlernens zu retuschieren. Eher das Gegenteil war der Fall, denn ich trat in jedes Fettnäpfchen das mir in die Quere kam.
Francis schien das Ganze genauso peinlich zu sein wie mir.
„Hey, das ist doch wirklich kein Problem.“, sagte die Hexe. Dann ging sie auf einen ihrer Küchenschränke zu und holte zwei kleine Schalen heraus. Alexis wirkte nicht so gelassen wie Mai. Angewidert schob sie ihren Teller beiseite. Ok, deutlicher ging es nicht. Sie und Francis fingen eine Unterhaltung an, in der es um die Erziehung von Haustieren ging. Typisch mein geliebter Freund. Ich verwehrte meinen Ohren auch nur einen einzigen Ton von den Beiden aufzunehmen. Sollten sie doch in der Hölle schmoren, ich erzog meine Katzen so wie ich das wollte. Da konnte mir keiner was vorschreiben. Ha, jetzt hatte ich es ihnen aber gezeigt. Na ja, zumindest mit dem Blick den ich ihnen zugeworfen hatte. Edward verdrehte die Augen.
Der sollte bloß aufpassen, nicht mehr lange und mein Ärger lud sich auch über ihm aus.
Ein aufdringliches ziehen an meinem Hosenbein riss mich aus meinen Gedanken. Als ich nach der Ursache suchte, stellte Mai gerade zwei mit Wasser gefüllten Schalen neben mir auf den Boden. Die zwei Quälgeister ließen von meinem Bein ab und schauten was die Hexe ihnen bereit gestellt hatte. Ach so. Ist nur Wasser.

, dachte Ally enttäuscht. Dann machten sie sich wieder über mein Bein her.
„Mmm. Vielen Dank Mai, dass war sehr lieb von dir, aber ich glaube sie dürsten eher nach meinem Blut!“
„Oh. Ich verstehe.“, dann schnappte sie sich die Schalen, leerte das Wasser aus und reichte mir diese mit einem Augenzwinkern. Man, eine gelassenere Person wie sie hatte ich noch nie getroffen. Ob, sie sich selbst mit einem Zauber zur Unerschütterlichkeit zwang? Wenn ja, hätte sie mir ruhig einen abgeben können.
Da ich langsam Angst um meine Jeans bekam, biss ich in meine beiden Handgelenke und füllte die Gefäße mit meinem stetig tropfenden Blut.
Freudig schnurrend warteten sie auf ihr Mal.
„Raubtierfütterung!“, murmelte ich als ich ihnen die Näpfe reichte. Sie folgten dem Geruch des Blutes und ich war froh das sie ihre Beute – also mich - nicht doch selbst erlegen wollten. Sobald ich ihnen meinen Lebenssaft vor die Nase stellte, begannen sie begierig zu trinken. Fasziniert schaute die Hexe ihnen dabei zu.
„Ich möchte euch ja nicht stören!“, begann Edward mit unruhiger Stimme. „Aber ich denke wir sollten uns langsam wieder unserer Flucht widmen.“
Nun ruhten alle Blicke auf ihm. „Richtig. Joe hat ja gerade angerufen.“, Mai schaute ihm entschuldigend in die Augen. „Er sagt das eigentlich alles ruhig ist. Es sind keine weiteren Wanderer unterwegs.“
„Was heißt eigentlich?“, bohrte mein Schöpfer. Seine Miene deutete darauf hin das er Ahnte das noch etwas im Busch war.
„Nun ja, ich muss vorwegnehmen, dass dies nichts ungewöhnliches ist, also keine Panik ...“, bei ihren letzten Worten wanderte ihr Blick verdächtig in meine Richtung. Ich wusste nicht ob ich deswegen beleidigt sein sollte, versuchte aber gegen diesen Drang anzukämpfen, als ich ein leichtes grollen in mir spürte.
„Bei den Ausgängen bei Dublin und Howth schleicht sich ein Spinnendämon herum. Aber wie gesagt das tun sie öfters.“
Langsam sickerten ihre Worte durch meine Hirnwindungen. Doch das einzige worauf mein Denkapparat reagierte war das Wort Spinnendämon. Panisch kratzte ich das ekelhafte kribbeln weg, welches sich immer dann auf meinem ganzen Körper ausbreitete, wenn das Wort Spinne fiel. Luft anhaltend verzog sich mein Gesicht zu einer Grimasse. Irgendwer sprach, doch ich konnte weder die Worte verstehen noch deren Ursprung erkennen. Ich schüttelte mich, doch der Schauder blieb wo er war. Die vielen Weberknechte die mir mein Leben schwer gemacht hatten, fraßen sich in meinen Gedanken fest. Die Augen zupressend wollte ich die Bilder verscheuchen. Doch hätte ich gewusst welche Phantasien ihren Platz einnahmen, wären meine Augen sperrangelweit offen geblieben. Die winzigen Körper wurden von einem einzigen Ungetüm abgelöst. Meine eigene haarige Kreation einer Tarantel, war größer als die meisten Menschen. Wieder versuchte ich die Bilder zu verdrängen, doch diesmal gelang es mir nicht. Das Monster schien sich immer weiter in mein Bewusstsein zu drängen. Mein Herz raste, als wollte es vor der imaginären Gefahr fliehen.
„Felicitas! Felicitas! Hey Fee, du solltest Mai zuhören!“, brüllte mir Edward ins Ohr. Mir wurde bewusst das er vermutlich recht hatte. Doch noch viel klarer wurde mir etwas anderes.
„Nein. Nein.“, während ich die Worte schrie, fuhren meine Hände in einer hektischen Bewegung über meinen sich wehrenden Kopf. „ … Da geh ich mit Sicherheit nicht mit!“, meine Stimme klang völlig verzehrt, da sich jeder einzelne Muskel in meinem Körper aufs maximalste anspannte.
Die Katzen hatten sich mittlerweile unter dem Tisch verkrochen, machten sich ganz klein und suchten die Ursache für meine Furcht.
„Mensch Fee, jetzt reiß dich doch mal zusammen.“, fuhr mich mein Freund an.
„Halt den Mund!“, giftete ich zurück. „Du weißt ganz genau wie groß meine Angst vor Spinnen ist!“ Mit meinen Augen schleuderte ich ihm blitzende Wut entgegen.
„Du solltest dich lieber vor diesen Mördern die hinter uns her sind fürchten. Denn die sind wirklich gefährlich!“ Ich erkannte die Wahrheit in seinen Worten und doch weigerte ich mich ihm recht zu geben. Zum Teufel mit der Wahrheit. Schmollend setzte ich mich wieder auf meinen Stuhl. Es vergingen einige vom Schweigen gekennzeichnete Minuten. Eigentlich war ich ihnen dankbar dafür, denn ihre Worte hatten die Bilder verdrängt.
„Wenn du Mai vorhin zugehört hättest wüsstest du bereits das der Dämon uns nichts anhaben kann.“, Edwards Stimme drang sanft und beruhigend in mein Inneres.
„Außerdem werde ich jedes Krabbeltier von dir fern halten.“, in der Art wie Francis Sprach, hörte ich das ihm seine vorhergegangene Rüge Leid tat. Hey, die Beiden kämpften immer noch nicht gegeneinander sondern für mich. Der Zauber war wirklich gut. Mein Herz wurde warm und doch eisig kalt zugleich. Ja, Mai hatte uns vorerst von den verwirrenden Gefühlen befreit, doch dadurch schaffte es meine Paranoia an die Oberfläche. Schnell schüttelte ich meinen Kopf, aus Angst wieder in ihn hineingezogen zu werden. Man wo war meine Konzentrationsfähigkeit wenn ich sie brauchte? Ich holte tief Luft, und besann mich auf die wichtigen Dinge.
„Ok. Ich höre zu.“, dass ich verstimmt war konnte wohl jeder erkennen.
Alexis verdrehte die Augen, dann stand sie auf und ging auf ihren Rucksack zu.
Die Beiden Männer an meiner Seite warfen mir aufmunternde Blicke zu. Warum sie mich nach dieser Aktion immer noch mochten war mir schleierhaft.
Mai wirkte das erste Mal seit ich sie kennengelernt hatte, etwas ungeduldig. Ach nein, falsch. Als sie uns mit der Rune belegt hatte, trug sie denselben Ausdruck im Gesicht. Irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass Mai mich wieder mit einem Zauber belegen würde, wenn ich mich nicht sofort zusammenriss.
Schlaues Mädchen.

erklang Edwards Samtstimme in meinem Kopf. Das sollte verboten werden.

, konterte ich mürrisch. Im Prinzip ist es das auch. …

, was er noch sagen wollte, erfuhr ich nicht mehr da unsere Aufmerksamkeit durch ein räuspern eingefordert wurde.
Alexis blieb von dieser Aufforderung unbeeindruckt und kramte weiterhin in ihrem Rucksack. „Was suchst du?“, die Hexe griff sich vor lauter Ungeduld in ihre goldenen Locken.
„Deine Torte war ja wie immer ein Traum, aber dass was ich wirklich brauche ist Blut! Und ich denke da bin ich nicht die einzige.“ Mai's Haare wackelten als sie ihre Finger daraus befreite.
Dann räusperte sie sich nochmals und ihre Mimik wurde wieder weicher. Als Alexis uns allen ein Gläschen des roten Goldes eingeschenkt hatte, erklangen bettelnde Maunzer unter dem Tisch.
„Ist das bunte Ding nicht schon Fett genug?“, brummte Alexis während sie auch den Katzen eine reichliche Portion darbot. Ich glaubte ja sie mochte die Beiden, sie wollte es aber um keinen Preis zugeben.
„Könnte ich jetzt eure Aufmerksamkeit haben?“, Mai's Blick wanderte zwischen uns vieren hin und her. Beklommen nickte ich ihr zu, während ich an meinem Glas Blut nippte. Es schmeckte nicht so gut wie das Lebenselixier meines Schöpfers, aber es war ok.
„Alles klar. Also wie ich vorhin schon sagte, werde ich uns, bevor wir ins Nimbatus gehen, mit einem Schutzzauber belegen. So können uns die Dämonen nichts anhaben.“, sie warf mir ein Zwinkern zu. Welches ich mit einem gekünstelten Lächeln quittierte. „Schwieriger wird es mit eurer Orientierungslosigkeit.“, ihr Blick ruhte nun auf Alexis. Die mit zusammengepressten Lippen dasaß. Als Mai weiter sprach wandte sie sich wieder an uns alle. „Leider können nur Elfen den Hand-in-Hand Zauber wirken, weshalb wir darauf angewiesen sind uns gegenseitig Festzuhalten, damit keiner verloren geht.“
„Was ist denn ein Hand-in-Hand Zauber?“, sprudelte es aus mir heraus. Irgendwie war es mir peinlich, dass ich sie schon wieder unterbrechen musste. Aber sie nahm es mir nicht übel.
„Das ist ein Zauber, der es bei einer Flucht oder Reise ermöglicht die Personen die ihn nutzen aneinander zu binden. So kann selbst im größten Tohuwabohu keiner verloren gehen.“ Ich warf ihr einen Anerkennenden Blick zu.
„Wie gesagt, den können leider nur Elfen nutzen.“
„Schade.“, entfuhr es mir.
Bevor ich rot werden konnte, stimmte sie mir mit einem Nicken zu.
„Ich habe aber noch niemanden verloren! Und ich habe weiß Gott schon viele Führungen gemacht.“, bestärkte Mai sich selbst.
„Das weiß ich.“, begann Alexis. „Ich … ich meine wir, wir vertrauen dir!“
Naja, ich wusste nicht für wen die Vampirin sprach. Jedenfals nicht von mir, denn ich hatte so meine Zweifel an der ganzen Reise.
„Da sagen mir die Blicke von mindestens zwei Personen hier im Raum aber etwas anderes.“ Mais Stimme klang angespannt. Und ich wusste das sie von Francis und mir sprach. Entschuldigend verzog ich mein Gesicht. Sie ignorierte meine nicht so leicht zu deutende Grimasse und fuhr mit ihrer Rede fort:
„Ich denke das meine beiden anderen Freunde sich bald melden, um uns zu sagen, ob die Luft rein ist! Deshalb werde ich euch jetzt noch schnell erklären, worauf ihr im Nimbatus achten müsst!“ Bestimmtheit schwang bei jedem von Mais Worten mit.
Aus dem kleinen Stein den ich schon vorher in meinem Magen gespürt hatte, wurde gerade eben ein ganzer Felsen. Schnell nahm ich noch einen Schluck Blut zu mir, um dass mulmige Gefühl hinwegschwemmen. Doch die rote Flüssigkeit sickert viel zu langsam um die Blockade in meinem Inneren herum.
„Ihr dürft euch nicht von den Feen ablenken lassen. Sie werden versuchen euch in die Irre zu führen. Also lasst auf keinen Fall die Hand eures Vordermanns los! Die Feen sehen zuckersüß aus, sind aber verdammt hinterlistige kleine Viecher, die sich einen Spaß daraus machen Wanderer von ihrem Weg abzubringen.“, Verachtung lagen in Mais Worten und Gestik. Hm, Feen waren in meiner Vorstellung immer freundliche Wesen. Das was Mai beschrieb wich davon vollkommen ab.
Ohne Gnade führte sie ihre Anweisungen fort.
„Wenn wir auf einen Dämon treffen, haltet ihr eure Blicke gesenkt. Denn sobald er in eure Augen schaut erkennt er eure schlimmsten Ängste … er wird denjenigen mit Illusionen quälen und sich dann von dessen Panik ernähren.“
„Na toll, dann werde ich heute vermutlich einen Dämon zum platzen bringen.“, sagte ich frustriert. Alle kicherten über meine Verdeutlichung unserer Lage.
„Das ist nicht die schlechteste Art einen Dämon zu beseitigen.“, trällerte Edward vergnügt.
„Leider geht das nicht so einfach!“, sagte Mai streng.
„Je mehr Angst du hast, desto mehr spornst du ihn an dich zu foltern! Also halt um Himmelswillen deinen Blick von den Dämonen fern!“ Während sie schimpfte, verweilte ein besorgter Blick auf mir. Wieso immer ich?

, grummelte ich in Gedanken. Edwards Körper bebte als er sich ein Lachen verkniff.
Diesmal reagierte ich nicht darauf, denn ich hatte viele Fragen und besann mich seltsamer weise auf das Thema zurück.
„Hast du nicht gesagt dein Zauber schützt uns vor den Dämonen?“
Mai lächelte mich etwas verbissen an.
„Ja. Der Zauber hält die Dämonen davon ab euch zu verschleppen und nimmt ihnen die Kraft euch wirklich etwas anzutun. Aber sie können weiterhin eure Ängste schüren, wenn sie sie denn kennen.“
Verfluchter Mist. Die Dämonen wurden mir immer unsympathischer je mehr ich von ihnen erfuhr. Bevor ich eine weitere Frage stellen konnte, klingelte das Telefon. Diesmal musste sich Mai nicht erst auf die Suche danach machen, da sie das schnurlose Kommunikationsmittel vorhin mit in die Küche gebracht hatte.
„Ja. Hallo.“, sagte sie als sie dran ging.
Ich war viel zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt um ihrem Gespräch zu folgen. „Fee! Du packst das schon.“, flüsterte Francis mir zu. Ich hob meinem Kopf um ihm ein zustimmendes Nicken zu schenken. Zur Antwort lächelte er und blinzelte mir aufmunternd zu. Auch Edward und Alexis führten eine stumme Kommunikation, die rein auf ihre Körpersprache beschränkt war. Es sah so aus, als wäre eine einstimmige Entscheidung getroffen worden. Ja. Wir würden uns durch diese Zwischenwelt führen lassen, in der Hoffnung so eine bessere Chance zu haben unseren Zielort zu erreichen.
Erst als Mai den Hörer weglegte bemerkte ich das sie das Telefonat beendet hatte.
„Wir können aufbrechen.“, begann die Hexe. „Auch meine anderen Freunde konnten keine ungewöhnlichen Beobachtungen machen!“
Ich schluckte schwer. Um meiner aufkommenden Nervosität etwas Dampf zu nehmen, stieß ich geräuschvoll die Luft aus, die sich in meinem Körper gesammelt hatte. So verharrte ich einen Moment.
Dann holte ich tief Luft, schloss die Augen und suchte in mir ein Fleckchen das mir Ruhe bot. Da mein Herz bis zum zerbersten raste, war es nicht einfach die Angst zu bezwingen. Doch wie durch ein wunder entspannte ich mich etwas. Der Auslöser dafür war vermutlich Edwards Hand auf meiner Schulter, sie gab mir Kraft und zeigte mir auf das ich nicht allein war. Ja, gemeinsam mit Francis und meinen neuen Freunden konnte es klappen. Seine Hand blieb wo sie war.
In den Augen meines Freundes nahm ich Verwirrung war. Schnell drehte ich an dem Volumenregler um seinen Gedanken zu lauschen. Er sah Edwards Hand auf meiner Schulter, er wusste das dies etwas in ihm auslösen sollte, doch das tat es nicht. Beinahe wäre er dahinter gekommen, doch dann stieß der Zauber ihn von seiner Erkenntnis fort. Unbewusst schüttelte er den Kopf. Und ich drehte meinen Körper so, dass die Hand langsam von meiner Schulter glitt. Edward verstand den Wink und zog sich zurück.
„Ähm, Mai.“, sagte ich verunsichert. „Wie bringen wir denn Billy und Ally da durch? Wenn wir uns alle an den Händen halten müssen, wird das mit den Transportkörben etwas schwierig.“ Ich runzelte die Stirn, dann sprach ich die Idee aus, die mir vorhin gekommen war. „Hast du einen Rucksack in den sie sich reinsetzen können? Ich denke jetzt wo ich mit ihnen Reden kann, könnte das Funktionieren! Oder hast du eine bessere Idee?“ Erwartungsvoll suchte ich eine Antwort in ihrem Gesicht. Die Hexe erhob sich von ihrem Stuhl und bewegte sich in Richtung Gang.
„Nein. Dein Vorschlag ist viel besser und vor allem sicherer.“ Scheinbar wollte sie mir ihre Idee nicht verraten.
„Felicitas du bist genial. Dein Einfall ist sowohl einfach als auch super umsetzbar.“, schmeichelte Alexis mir. Anerkennend verzog sie ihren Mund.
Dann kam Mai auch schon mit einem schwarzen Lederrucksack zurück und drückte ihn mir in die Hand. Ja, der könnte passen.

, dachte ich, kletterte von meinem Stuhl herunter und setzte mich auf den Boden zu den Katzen.
Hey, ihr zwei süßen. Ihr müsst euch jetzt eine Weile in diese Tasche setzen.

, sandte ich ihnen zu. Ja, das haben wir gehört.

, sagte Ally. Ihr schien unser Vorhaben genauso wenig zuzusagen wie mir. Billy leckte ihr über ihr rechtes Ohr. Komm schon Kleine, das schaffen wir.

Und damit sprang er in den Rucksack. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren folgte Ally ihm. Es sah irgendwie total niedlich aus wie die Beiden aus der Tasche raus schauten. Der Lederrucksack hatte oben zwei Schnüre zum zusammenziehen. Vorsichtig begann ich die Zwei zu sichern. Ich will aber rausschauen können.

, forderte Billy. Die Kätzin stimmte ihm zu.
Irgendwie schaffte ich es dann auch, ihre Wünsche nach Blickfreiheit mit meinem Bedürfnis, sie in Sicherheit zu wissen in Einklang zu bringen. Ich war so damit beschäftigt gewesen das ich den Aufruhr um mich herum gar nicht bemerkt hatte. Mai hatte sich umgezogen. Sie trug nun wie alle anderen im Raum eine blue -Jeans. Über ihren grünen Pulli, zog sie sich gerade eine dunkelbraune Lederjacke. Diese war schlicht und schmeichelte ihrer tollen Figur.
Alexis ging gerade auf meinen Freund zu und hielt ihm ihren Arm entgegen, als Edward meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Hier trink das.“ Er hielt mir mein Glas hin. Da ich es vorhin geleert hatte, nahm ich an das es nun mit seinem Blut gefüllt war. Als ich es an mich nahm sagte mir der berauschende Duft, das ich mich nicht getäuscht hatte. In meinem äußern Blickfeld sah ich das Francis sich gerade in Alexis Handgelenk verbiss. Ich beneidete ihn. Ich wollte auch lieber an der Ader meines Schöpfers saugen. Aber der Blödmann hielt sich an seine versprochene Zurückhaltung. Verdammter Mist. Frustriert kippte ich mir das Blut in den Rachen. Es schmeckte wie immer berauschend und doch fehlte mir etwas.
„So. Können wir Aufbrechen?“, fragte Mai. Sie stand schon im Gang und tippte ungeduldig mit ihrem linken Fuß auf den Boden.
Mit vor Anspannung bebenden Händen griff ich nach den Katzen.
Ganz Gentleman kam Edward mir zu Hilfe. Francis, stand noch neben Alexis, und schaute mit lebhaften Augen ins Leere. Er erholte sich wohl noch von seinem Rausch. Mistkerl.
Behutsam hielt Edward den Rucksack, so dass ich einfach in seine Träger schlüpfen konnte. Ich bewegte mich etwas und fragte meine Beuteltiere ob sie es bequem hatten. Sie bejahten es, und klangen dabei ganz aufgeregt.
Als ich mich im Raum umsah stellte ich fest das die Torte und das Geschirr vom Tisch verschwunden waren. Ich runzelte die Stirn und fragte mich wieso ich davon nichts mitbekommen hatte. Du warst mit deinen Katzen beschäftigt.

, klärte mich Edward auf. Dein Freund ist wirklich ein schneller und fleißiger Haushaltshelfer.

Bei dem letzten Satz zwinkerte er mir schelmisch zu. Ja. So kenne ich ihn.

, erwiderte ich während ich auf Mai zuging.
Die Hexe reichte mir ein Amulett und sagte : „Trage dies. Wenn die anderen ihres umgehängt haben, werde ich es aktivieren.“ Mit diesen Worten ging sie auf meinen Schöpfer zu.
Es sah aus wie eine etwas unförmige Tonscheibe, auf der ein paar grün glänzende Steine und Kräuter angebracht waren. Die Rückseite zierten viele verschiedene Muster. Einige hatten Ähnlichkeit mit Buchstaben, andere waren nicht zu deuten. Der an einem Lederband befestigte Anhänger erinnerte mich stark an Indianerschmuck. Er war nicht sehr groß, hatte höchstens einen Durchmesser von fünf Zentimetern, und bedurfte bei der Anfertigung, einiges an feinmotorischer Geschicklichkeit. Ich warf Mai einen anerkennenden Blick zu, als ich mir das Amulett um den Hals hängte. Mittlerweile trugen auch die anderen ihre Anhänger. Nun trat Mai hinter mich und befestigte auch an dem Rucksack einen ihrer Schutzzauber. Im Stillen dankte ich ihr, für ihre Weitsichtigkeit.
Ich hörte etwas brechen, nichts großes, nein eher so etwas wie einen kleinen getrockneten Zweig. Der Duft von Salbei schwängerte die Luft. Ich versuchte einen Blick auf das, was hinter mir geschah zu erhaschen. Doch erkennen konnte ich nichts, da mein Hals sich leider nicht um hundertachtzig Grad wenden ließ. Die Hexe klopfte mir auf die Schulter. „Keine Sorge, ich komme gleich zu dir … dann kannst du besser sehen was ich tue.“, sie zwinkerte mir einäugig zu.
An Francis Gesichtsausdruck konnte ich erkennen, dass er ihre Vorgehensweise anzweifelte. Aber hey, bis vor ein paar Stunden hätte ich auch nicht geglaubt das ein auf meiner Stirn angebrachtes Zeichen irgendeine Wirkung auf mich haben würde.
Mai trat vor mich, nickte mir munter zu und griff nach dem Amulett. Neugierig beobachtete ich jede ihrer Bewegungen.
Zuerst brach sie ein Stück des Kräuterzweiges ab. Dann drehte sie den Anhänger um, und fuhr mit dem Bruchstück die tiefste Rille nach. Erst jetzt erkannte ich das es sich um ein eingeritztes Pentagramm handelte. Sie begann an der oberen Spitze, und als sie diese wieder erreichte leuchtete das Schutzsymbol grün auf. Ich war so fasziniert, dass ich gar nicht mitbekam das Mai schon die anderen Amulette aktivierte. Das Leuchten hielt an.
Als der Anhänger auf meiner Brust zum Liegen kam, spürte ich wie sich eine angenehme Wärme auf meinen Körper legte. Es war unglaublich, mit jedem Zentimeter den sich der Zauber auf mir ausbreitete, fühlte ich mich sicherer. Ich löste mich langsam von der Sinneswahrnehmung, und schenkte den mich umgebenden Personen meine Aufmerksamkeit.
Francis stand mit offenem Mund da, auch er konnte die Magie spüren. Die Ungläubigkeit war vollkommen von seinem Gesicht gewischt. „Das ist doch irre.“, sinnierte er. Da konnte ihm keiner widersprechen.
„Seid ihr bereit?“ Mai schien genauso Aufgeregt zu sein, wie alle anderen hier im Raum. Vermutlich färbte dies von uns auf sie ab.
Sie wartete nicht, holte tief Luft und ging mit selbstbewussten Schritten auf die Tür zu. Trotz des Gefühls der Sicherheit, schlug mein Herz um einige takte schneller als sonst. Wir folgten ihr mit von Anspannung gekennzeichneten Gesichtern durch den Gang. Er war mit vielen Jacken und Taschen zugehängt und ein großer Spiegel zierte die rechte Wand. Der winzige Raum wirkte zugestopft und doch hatte er eine Einladende Wirkung, die mir beim Betreten völlig entgangen war. Draußen angekommen blendete mich die Helligkeit und ich stellte irritiert fest das die Sonne seit unserer Ankunft noch nicht viel weiter gewandert war. Sie hatte sich kaum merklich dem Westen zugewendet. Mir kam unser Aufenthalt im Hexenhaus viel länger vor als ein nur ein paar Stunden. Doch mehr als zwei schienen nicht vergangen zu sein.
Die Baumkronen leuchteten durch die Strahlen des brennenden Sterns. Wieder erfüllte mich die Magie dieses Ortes mit staunen.
„Folgt mir. Der Eingang befindet sich noch etwas tiefer im Wald.“ Die Hexe hatte all ihr Selbstbewusstsein wieder erlangt. Ich nahm an das die Natur sie von unseren Schwingungen befreite. Die Vampirin folgte ihr als erstes. Dann setzten auch wir uns in Bewegung. Francis ging vor mir und Edward bildete das Schlusslicht. Bei jedem Schritt den wir taten knackte es unter unseren Füßen. Je weiter wir in den Hain vordrangen, umso mulmiger wurde mir. Das Adrenalin meines Körpers hielt den Zauber wohl für ein betrügerisches etwas. Mit der Überproduktion des Stresshormons, kam ein aufdringliches Beben jeder Zelle meines Leibes. In mir herrschte ein Tumult, für den mein Körper viel zu klein zu sein schien. Viele Äste streiften meinen Körper, doch ich registrierte sie kaum. In dem winzigen Zauberwald duftete es nach Moos und Pilzen. Normalerweise hatte dies eine entspannende Wirkung auf mein Gemüt, aber diesmal erreichte mich das Potpourri der Düfte nicht.
Pass auf.

, schrien zwei Stimmen leicht versetzt in meinem Kopf.
Bevor ich begriff was los war, stolperte ich über eine Wurzel und sah den Boden immer näher kommen. Mit weit aufgerissenen Augen machte ich mich schon auf meine Bauchlandung gefasst, als sich ein starker Arm um meine Tallie wickelte.
„Vorsicht.“, hauchte Edward mir ins Ohr. Sein Atem jagte einen angenehmen Schauer über meinen Körper. „Danke.“, gab ich zittrig zurück. Seine durchdringenden Augen schienen meine Reaktion auf ihn wahrzunehmen. Ein weiches, zärtliches Lächeln umspielte jeden Winkel seines Atemberaubenden Gesichts.
„Hab keine Angst wir schaffen das schon.“, seine Worte wurden von einem angenehmen Druck seiner Hand an meiner Hüfte begleitet. Dann lies er mich wieder los und mit ihm verschwand auch ein Teil meiner Angst. Beruhigt schnurrten die beiden Katzen im Rucksack. Sorry, dass ich euch erschreckt habe.

, murmelte ich in Gedanken. Anerkennend stupsten sie ihre Köpfe gegen meinen.
Die anderen hatten nichts von meinem beinahe Unfall mitbekommen. Puh, eine Peinlichkeit weniger. Mit gerötetem Kopf, achtete ich nun auf jeden Schritt den ich tat. Der Abstand zwischen den Bäumen wurde immer kleiner, so dass man sich durch sie hindurchschlängeln musste. Meine Hände trafen auf die raue Rinde eines ziemlich großen Baumes. Knapp neben meinen Fingern sah ich wie Harz an ihm herunterlief. Da hatte ich aber mal Glück gehabt. Der Weg lichtete sich nun wieder und gab seine Umgebung preis.
Auf unserer rechten Seite verlief ein kleiner Bach an dem sich drei wunderschöne Weidenbäume tummelten. Ich liebte die herabhängenden Äste, sie hatten etwas verträumtes und magisches an sich. Trauerweiden waren wohl die schönsten Bäume auf unserem Planeten. Mai hielt auf den Mittleren zu, und blieb stehen als sie diesen erreicht hatte. Sie zeigte auf eine Stelle zwischen dem Baum und dem fließenden Gewässer und sagte: „Hier ist der Eingang. Ihr könnt ihn an einer erhöhten Farbintensität erkennen.“
Und tatsächlich, jetzt wo sie es sagte erkannte ich die circa zwei mal zwei Meter große Fläche. Sie leuchtete um einige Nuancen intensiver als der Rest der Umgebung. Hätte ich nicht gewusst worauf ich achten musste, wäre mir dieser Eingang verborgen geblieben.
Die Hexe hielt Mai ihre Hand hin. „Lasst uns eintreten!“, sagte sie selbstsicher.
Mit einem Nicken ihres Kopfes bedeutete sie uns ihrem Beispiel zu folgen. Wir hielten unsere Reihenfolge ein. Francis Hand in meiner linken, drückte vor lauter Anspannung etwas fester zu als Edwards.
Ally grummelte mir über die Schulter. Ja, ich weiß was du meinst Süße.


Und schon setzte sich unsere Kette in Bewegung. Meine Muskeln verspannten sich als ich das farbenfrohe Etwas betrat. Es war wie als würde man durch eine Tür gehen, in einen Raum der um einige Grade kälter war als der vorherige. Doch das was ich sah, konnte mit nichts verglichen werden was ich vorher erblickt hatte.


8. Verschlungene Pfade
Es war als würde mein Äußeres nach innen gekehrt und mit ihm zog sich auch die Erde in sich hinein. Irgendwie kam es mir vor als wäre ich durch einen Zerrspiegel getreten, nur dass ich scharf sehen konnte und alles seine wahre Größe und Form beibehielt. Dennoch war alles anders als ich es kannte. Im Gegensatz zu unserer Welt zeigte sich hier alles Spiegelverkehrt, der Bach und die Trauerweiden befanden sich nun zu unserer linken Seite.
Ja, alles hier war das Gegenteil von dem was ich kannte.
Ich empfand das Gesehene als zu bunt und grell.
Alles, wirklich alles hier war zutiefst verwirrend. Die Umgebung lag in Nebel gehüllt und doch war es das farbenfrohste was ich je erblickt hatte. Früher wäre ich verblüfft gewesen, doch meine neue Art zu sehen machte es mir verdammt schwer dieses Spektakel zu genießen.
Es war so ungewohnt und intensiv, dass mir die Augen schmerzten. Auch die anderen drei Vampire hatten ihre Schwierigkeiten, immer wieder kniffen sie die Augen zu und wenn sie sie öffneten, wirkte ihr Blick genauso kräftezehrend wie er sich bei mir anfühlte. Trotz der Überanstrengung meines Sehorgans konnte ich mich nicht abwenden.
Das Skurrile an dem Bild, dass sich uns darbot war die völlig abwegige Farbgebung der Dinge. Alles tönte uns in Komplementärfarben entgegen.
Orange-schwarz plätscherte das Gewässer neben uns. Die Rinde der Bäume war hellblau und die vielen kleinen Blätter zeigten sich in einem hellen Purpur. Mit einem hektischen Kopfschütteln, versuchte ich dass Bild wieder zurecht zu rücken, doch es half nichts, die verrückte Färbung blieb.
Und doch es gab etwas, dass noch viel irritierender war. Alle Pflanzen umgab eine wellenförmige Energie, die sich aufblähte und wieder zusammen zog. Ständig wechselte ihr Farbspektrum, im Rausch der vielzähligen Energiewirbel.
Je länger mein Blick daran verhaftet blieb, desto schwindliger wurde mir.
Wie aus weiter Ferne hörte ich Mais Stimme zu mir durchdringen: „Lasst uns weiter gehen! Versucht euch nicht zu genau umzusehen, dann wird euch nicht so übel. Konzentriert euch am Besten auf euren Vordermann.“ Und so setzten wir uns wieder in Bewegung. Francis war noch immer total angespannt, weshalb sein Gang deutlich steifer war als sonst.
Schweigen kennzeichnete unsere Reise, denn wir waren viel zu sehr damit beschäftigt die vielen intensiven Eindrücke zu verarbeiten. Wie immer schaffte ich es nicht, auf gut gemeinte Ratschläge zu hören und ließ meinen Blick in der Umgebung herumschweifen.
Alles war von einem heftigen Wind durchzogen, doch an unseren Körpern kam dieser nicht an. Kein einziges Haar wippte gemeinsam mit dem Wind, den ich so deutlich sehen konnte. Es war fast so als stünden wir im Auge des Sturms.
Jede Böe trug ein neues Stimmengewirr in meine Ohren, doch kein einziges konnte ich verstehen. Dennoch spürte ich deutliche Unterschiede in deren Hintergrund heraus. Manche wirkten fröhlich, ja fast schon Überschwänglich und andere waren erfüllt von bösen Verheißungen. Dazu gesellten sich noch andere Geräusche wie Vogel gezwitscher, verschiedene Melodien und Gesänge, aber auch fremdartig klingendes Gebrüll und Gekreische, welches mir einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Wenn man all das zusammen nahm, war der Geräuschpegel schlimmer als in jeder Großstadt.
Das Potpourri an Düften half auch nicht, die Umstände besser zu verarbeiten. Es roch nach Dreck, Wald und einer Blumenwiese. Blöd war nur, dass sich der Geruch bei jedem Schritt den wir taten veränderte.
Von diesen Eindrücken völlig übermannt erschien es mir unmöglich mich zu konzentrieren und ich fragte mich, wie Mai es schaffte die Orientierung nicht zu verlieren. Mit stoischer Gelassenheit führte sie uns Hand in Hand durch den Nebel ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren.
Ich weiß nicht wie lange wir schon durch den Nebel wateten, da ich jegliche Orientierung zum Zeitlichen als auch Räumlichen verloren hatte. Wenigstens wusste ich noch wer ich war und warum wir durch diesen unglaublichen Ort wanderten.
Wie geht es euch?

, fragte ich die Katzen auf meinem Rücken.
Ganz gut.

, gurrte Ally in meinem Kopf.
Ja, mir gefällt es hier!

, meinte Billy mit interessierter Stimme.
Na, dann bin ich ja froh, dass wenigstens ihr diese Reise genießen könnt!

, entgegnete ich und fragte mich gleichzeitig warum es für die Beiden nicht genauso irritierend war wie für mich.
Auch die Gehirne der anderen drei Vamps waren total überlastet. Keiner von ihnen konnte seine gedanklichen Barrieren aufrecht erhalten. Gut, dass ich Francis Gedanken hören konnte lag wohl eher an meinem synaptischen Stromausfall, denn er hatte ja noch nicht gelernt wie er sich vor anderen verschließen kann.
Es war schwierig ihre Gedankengänge aus der bombastischen Geräuschkulisse herauszufiltern, doch neugierig wie ich war, stellte ich mich dieser schwierigen Aufgabe. Was ich mir daraus versprach, konnte ich nicht sagen, aber Hauptsache ich war abgelenkt.
Francis war speiübel, und er fragte sich wie lange es noch dauern würde bis er sich mitten im Laufen übergeben musste. Oh, Gott der Arme. Trotz meiner vergangenen Manipulation seiner Denkweise, konnte sein wissenschaftlich gepoltes Gehirn diese Realität nicht wahrhaben, was dazu führte, dass auch sein Körperliches befinden darunter litt. Seine Steuerzentrale spielte vollkommen verrückt. >>Na hoffentlich, leiden nicht auch noch andere vegetative Mechanismen unter seinem Stress. Wenn Francis plötzlich unter Flitzekacke leiden würde, hätten wir wohl ein riesen großes Problem an der Backe.<<
Ohne es bewusst zu steuern, versuchte ich den Abstand zwischen uns zu vergrößern. Denn ich hatte Angst etwas von seinem Output abzubekommen. Es war mir dann schon fast peinlich, da mein Verhalten wenig Mitgefühl zeigte, doch mein Ekel war stärker als mein Helfersyndrom. Wobei das nicht ganz stimmte, denn meine Fähigkeit zu Heilen, kam nun urplötzlich mit ins Spiel. Meine linke Hand begann zu kribbeln und sandte helfende Energie in den Körper meines Freundes. Seine Organe beruhigten sich und die Übelkeit verschwand klammheimlich von der Bildfläche. Körperlich ging es ihm nun besser, aber er blieb wachsam und achtete vermehrt auf seine inneren Abläufe. Komischerweise blieb diese Aktion für mich ohne Folgen. Ich hatte ja schon befürchtet, dass es mir danach schlechter gehen würde. Aber scheinbar, war der Einsatz meiner Magie keine vom Gehirn geleitete Funktion und somit auch keine Überbelastung.
Alexis hatte fast völlig den Bezug zu unserem Vorhaben verloren, wie im Drogenrausch, rasten ihre Gedanken von einem Punkt zum Anderen. Ich glaube wenn sie hier ohne Führung entlang gestiefelt wäre, hätte sie sich einfach nur im Kreis gedreht ohne es zu bemerken. Sie war so sehr in ihrer glücklichen Vergangenheit mit Mai verhaftet, dass alles andere unwichtig für sie wurde. Gerade bei ihr hätte ich mit anderen Kompensationsmechanismen gerechnet. Wer hätte Gedacht, dass ausgerechnet sie sich in die Welt der Gefühle stürzen würde? Also ich bestimmt nicht! Sie war schließlich immer die Erste, die die Flucht ergriff wenn eine Situation von Emotionen überschwemmt wurde. Im Moment befand sie sich in einer sehr romantischen Erinnerung. Sie und Mai gingen im Schein des Vollmondes an einem einsamen Stand entlang. Das Meer rauschte entspannend im Hintergrund ihrer Gedanken.
Beide trugen sie ein leichtes sommerliches Kleid. Mai sah in dem grünen knielangen Kleid einfach süß aus. Es fiel locker um ihre weiblichen Kurven, bedeckte aber soviel, dass Alexis erst einmal ihre Fantasie gebrauchen musste um Mais Reize auf sich wirken zu lassen. Das hatte sie damals fast um den Verstand gebracht, und ihr Begehren wuchs dadurch immer weiter. Sie selbst sparte nicht mit ihren weiblichen Vorzügen und zeigte gerne was sie hatte. Deshalb war ihr Kleid auch ein Hauch von einem nichts. Es strahlte förmlich die Bereitschaft zu einem hemmungslosen körperlichen Treffen aus. Alexis näherte sich dem Gesicht der blond gelockten Hexe, und als auch ihre Hände Mais Körper in Besitz nahmen, floh ich schnell aus ihrem Kopf. Schließlich war ich ja kein Voyeur, oder zumindest keiner der die Intimitäten von anderen beobachtete.
Oh man, das mit den Beiden konnte ja noch heikel werden!
Etwas peinlich Berührt musste ich feststellen, dass Edwards Gedanken sich um keinen anderen als mich drehten. Heiße Röte stieg mir ins Gesicht, bis ich bemerkte dass es keine romantischen Hintergründe dafür gab. Er machte sich Sorgen um mich und die Katzen. Ungeordnet raste sein Geist von einem Punkt zum anderen, was es mir sehr schwer machte, alles zu fassen zu bekommen. Der Elfenbeauftragte hatte ihn gewarnt, wir sollten meine eventuelle Elfenherkunft unbedingt geheim halten, nicht dass noch ein paar Wissenschaftler Interesse an mir bekamen. Er gab ihm recht und fragte sich wie er das anstellen sollte, denn schon nach ein paar Stunden mit mir zusammen konnte Mai eins und eins zusammenzählen.
Denn was sonst hätte die Warnung bedeuten sollen, die sie ihm beim Verteilen der Schutzamulette gegeben hatte?
Nur ein einziges Wort hatte sie ihm ins Ohr geflüstert „Werhexe!“. Dies war das Stichwort zu einer Geschichte, die sie ihm in seiner Kindheit erzählt hatte. In dieser ging es um eine Hexe die von einen Werwolf angegriffen und gewandelt wurde. Als sie sich danach das erste Mal gewandelt hatte, wurde sie zum Gegenstand der neusten Forschungen. Dies war zwar nur eine Geschichte, aber dennoch hatte er Angst, dass sich dies bewahrheiten könnte.
Er war sich nicht sicher wie Mai dahinter gekommen sein könnte, glaubte aber dass es etwas mit den Vampcats zu tun haben musste. Er wusste, dass wir ihre vampirischen Eigenschaften nicht vor den anderen Werwesen verbergen konnten. Im Vergleich zu Vampiren war ihr Geruchssinn um ein dreifaches besser, weshalb sie es sofort riechen würden.
Zu allem Überdruss, wusste er nicht wie er es mir beibringen sollte. Blödmann!
Was dachte er sich nur dabei? Sein absolut beschissener Beschützerinstinkt, schien unter Fehlfunktionen zu leiden. Wie konnte er glauben, mir mit Verschwiegenheit helfen zu können? Männer! Am liebsten hätte ich ihm eine Ohrfeige gegeben, aber dafür hätte ich seine Hand loslassen müssen, dass war es mir dann doch nicht Wert! Denn verlieren wollte ich ihn hier an diesem unheimlichen Ort auf keinen Fall.
Dann musste wohl eine verbale Attacke erst einmal genügen. Mit funkelnden Augen drehte ich mich zu ihm um und brüllte was das Zeug hielt.
„Was fällt dir ein! Du bist doch ein absolut Hirn amputierter Idiot! Wie kommst du darauf alles im Alleingang lösen zu müssen?“
Sein Herz schien bei meinen Worten stehen zu bleiben und seine Mimik gleich mit. Jeglicher Ausdruck war aus seinem Gesicht gewichen. So verdattert hatte ich ihn noch nie gesehen. Und wenn ich nicht so wütend gewesen wäre, hätte ich erst mal lauthals los gelacht. Damit er die Zuckungen um meine Mundwinkel nicht sehen konnte, drehte ich mich wieder von ihm ab.
Erst jetzt merkte ich, dass wir stehen geblieben waren und von drei neugierigen Augenpaaren betrachtet wurden. Hubs. So viel Aufmerksamkeit wollte ich doch gar nicht auf uns lenken. Naja, jetzt war es zu spät.
Edward wusste noch immer nicht genau was ich mit meinem Gebrüll aussagen wollte. Also musste Plan B her, mit dem ich einerseits meinen Schöpfer aufklären konnte und andererseits an Informationen herankam.
Mit einer noch immer erhobenen Stimme sagte ich: „Mai, woher weißt du das ich elfische Vorfahren habe?“
Bei Edward machte es klick, dass konnte ich so deutlich hören wie sein darauf folgendes Seufzen.
Mai strahlte Verblüffung aus und schaute abwechseln mich und den verschwiegenen Kleingeist hinter mir an. Gott, war ich heute wieder nett.
„Nun ja.“, begann die Hexe. „Eigentlich wusste ich es nicht! Ich hatte nur eine Vermutung, da eigentlich nur Elfen so eine enge Beziehung zu Tieren haben können die eine gedankliche Kommunikation ermöglicht!“
Aha, also hatte ich mich wiedereinmal selbst verraten. Mist. Ich konnte schon manchmal ein richtiger Vollhorst sein. Wobei ich mir die Krone zu diesem Titel mit meinem Schöpfer teilen konnte! Schließlich war er ja nicht ganz unschuldig an diesem Missgeschick.
Er ahnte nicht, dass wir den Thron im nächstgelegenen Horst würden gemeinsam besteigen müssen und im Moment wollte er vermutlich gar nichts mit mir zu tun haben. Denn er war zutiefst beleidigt, da ich ihn als Hirnlos bezeichnet hatte. Ich stellte mir schon vor, wie wir vor dem Vogel in seinem Nest standen und darüber diskutierten wer von uns von dem Titel freigesprochen werden würde, als sein mürrisches Schnauben die durchgeknallten Bilder vertrieb. Seine ganze Körpersprache drückte Verstimmung aus, und sein Blick zeigte, dass er eine Entschuldigung erwartete. Pha! Sollte er doch schmollen, vielleicht lernte er ja etwas daraus. Aber er war ja ein Mann! Und beleidigte Männer sind die Lernunwilligsten von allen! Vermutlich würde ich ihm noch erklären müssen was er falsch gemacht hatte.
Ich seufzte. Während Edward und ich böse Blicke tauschten, wurde der verwirrt Blickende Francis von Alexis und Mai aufgeklärt.
„Das ist ja ein großer Mist!“, fluchte Francis mit kummervollem Blick.
Edward trat von einem Fuß auf den anderen. „Ihr wird nichts geschehen. Wenn Mai es nur anhand der Katzen erahnt hat, dann ist doch alles ok! Im Schloss können wir allen vertrauen und wenn wir uns außerhalb aufhalten sind die Katzen nicht dabei!“
Eigentlich wollte ich gar nicht mehr wütend auf ihn sein, schließlich hatte er es ja nicht böse gemeint, aber meine Angst vor dem was mir bevorstehen könnte, ließ meine Gefühle immer wieder von neuem aufbrodeln. „Machst du es dir da nicht ein bisschen einfach?“, meine Stimme wurde von Wort zu Wort immer wütender. „Beruhige dich wieder!“, brüllte er zurück. Oh mein Gott, wir hatten unseren ersten wirklichen Streit! „Wir halten es Geheim! Vor den Werwesen im Schloss werden wir es nicht verbergen können, aber ich werde sie um Verschwiegenheit bitten! Vertrau mir, sie gehören zu meinen besten Freunden und sie werden den Mund halten! … Sag mal Fee was machst du da eigentlich?“ Da ich nicht wusste was er meinte, erhob ich meinen Blick und sah in seine geweiteten Augen, die mich mit erschrocken Ausdruck fixierten. Bevor ich fragen konnte was er meinte, durchbrachen die Stimmen von Mai und Alexis meinen Gedankengang.
„Hör auf damit!“, schrie die Hexe.
„Hey was hast du vor?“, murmelte die verblüffte Vampirin.
Francis schaute einfach nur total ungläubig zwischen mir und dem Baum zu meiner rechten hin und her.
Bitte hör auf damit, du machst mir Angst!

, grummelte Ally mir über die Schulter zu und zog sich gemeinsam mit Billy ganz in den Rucksack zurück. Ich fühlte mich als müsste ich gleich platzen.
„Sagt mal was wollt ihr eigentlich alle von mir? Ich mach doch gar nichts!“, noch während ich meinem Unmut Luft machte sah ich was sie meinten. Unbewusst schien ich die Energie des zu meiner Seite stehenden Baumes in mich aufzunehmen. Ich wollte es stoppen, doch es klappte nicht. Dieser Vorgang entzog sich meiner Kontrolle. Ohne das ich etwas tun konnte nahm mein Körper immer mehr von der Aura das Baumes in sich auf. Mittlerweile spürte ich die Energie in mir, spürte dass das Maß eindeutig voll war, doch es half nichts. Ich wusste einfach nicht wie ich es stoppen konnte. Panisch schaute ich zu meinen Begleitern und wimmerte was das Zeug hielt. Der Druck auf meinen Körper war so überwältigend, dass alles um mich herum verschwamm. Langsam aber sicher schmerzte mein zum Bersten gefüllter Körper. Meeresgeruch machte sich in mir breit, Wind umspielte meine Haare und als ich zu brüllen begann löste sich die Energie in mir und bahnte sich ihren Weg in die Freiheit und nahm mein Bewusstsein gleich mit. In dem einen Moment spürte ich noch wie meine Füße unter mir nachgaben und im Nächsten umgab mich eine glückselige schwärze.


Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei mir :)
Tag der Veröffentlichung: 13.05.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich allen meinen treuen Lesern, denen ich zu tiefem Dank verpflichtet bin :) Eure tollen Worte sind es die mich auch in einer stressigen Zeit wie dieser dazu motivieren weiter zu schreiben :) Wünsch euch allen viel spaß beim Lesen

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