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4. Der Aufbruch
Nachdem Brain Ò Lupis in seinen silbernen BMW eingestiegen war traten wir aus dem grellen Sonnenlicht und gingen ins Haus zurück.
Wie gut dies tat, bemerkte ich erst als sich die Haustür hinter mir schloss. Der stechende Schmerz ließ nach. Gott sei Dank.
Gedanken verloren rieb ich meine Arme und erschrak über das was ich so deutlich spüren konnte.
Die beiden so unterschiedliche Reize waren so intensiv das ich vor Schreck stehen blieb. Was zum Teufel?
Das üble Stechen war wieder da, nur viel heftiger als zuvor und meine Hände spürten die schwammigen Blasen auf meiner Haut. Panik und Übelkeit machten sich in mir breit. In Zeitlupe senkte ich meinen Kopf um mich davon zu überzeugen, dass das Gespürte nicht der Wahrheit entsprechen konnte. Doch leider war der sensorische Reiz keine Einbildung gewesen. Nein, meine geweiteten Augen blickten auf Verbrennungen die mindestens zweiten Grades sein mussten. Wimmernd stellte ich fest das mir der Anblick keinen Falls eine Linderung gebracht hatte, nein mittlerweile hatte ich höllische Schmerzen.
„Felicitas komm!“, schrie Edward mit sorgenvoller Stimme.
Ich schaute die Treppen nach oben und sah ihn mit einer Blutkonserve in der Hand im Türrahmen stehen. Da ich mich noch immer nicht bewegt hatte, kam er auf mich zugestürzt. Er hielt mir die dunkelrote Flüssigkeit an den Mund und ich stieß meine Zähne hinein und trank. Das tat richtig gut. Es war genau das was ich brauchte, es verlieh meinem Körper neue Kräfte und beruhigte meine gereizten Schmerzrezeptoren besser als es jede Schmerztablette vermocht hätte. Auch spürte ich ein heilendes kribbeln auf den Armen das ich am liebsten weg gekratzt hätte.
Aber meine Hände lagen pressend auf Edwards, den ich davon abhalten wollte die Blutkonserve loszulassen. Die Berührung seiner schlanken und doch männlichen Hände, beruhigte mich. Als ich den Beutel geleert hatte, führte ich unsere Hände von meinem Mund weg. Doch ich wagte es nicht ihn loszulassen.
Er stand direkt neben mir, ganz nah, so dass ich seine beschützende Wärme ganz in mich aufnehmen konnte. Ok Wärme war vielleicht das falsche Wort, er war nicht warm, eher kalt so wie ich. Und doch breitete sich in meinem Inneren eine wohlige Hitze aus. Eine Hitze die von einer tiefen Verbundenheit zu rühren schien. Seine dunkelbraun gewellten Haare umrahmten sein kantiges Gesicht welches leicht nach unten gebeugt war, so dass er mich besser sehen konnte. Die dunkelgrünen Augen spiegelten verschiedene Gefühle wieder. Er genoss die Nähe unserer Körper genauso wie ich, doch hinter diesem offensichtlichen Gefühl konnte ich eine bittere Selbstanklage sehen. Er machte sich Vorwürfe über das was mir geschehen war. Der Schmerz den er empfand machte mich traurig, traurig bis in die Tiefen meines Seins. Ich wollte nicht, dass er litt. Ich lächelte ihm wohlwollend und beschwichtigend zu. Und er erwiderte es.
Ja, und da Gefühle niemals etwas Einfaches waren, flammten in mir Gewissensbisse auf. Ich durfte solche Gefühle nicht haben, sie widersprachen all meinen Moralvorstellungen. Sie durften nicht da sein, da ich Francis von ganzem Herzen liebte. Ich liebte ihn, meinen besten Freund. Da durfte – oder konnte- sich kein anderer dazwischen drängen. Aber es war passiert. Ich fühlte mich zu meinem Schöpfer hingezogen, nicht aus einer flüchtigen Schwärmerei heraus, nein, diese Gefühle kamen direkt aus meiner Seele. Es war schlicht und ergreifend zum Kotzen. Wenn Francis uns in diesem Moment gesehen hätte, wäre ihm vermutlich das Herz in tausend Teile gebrochen.
Ich hasste es, mich so hin und her gerissen zu fühlen.
Etwas Missmutig zog ich mich von ihm und den bittersüßen Gefühlen zurück.
„Alles Ok bei euch?“, nun stand Alexis am Treppenansatz und beobachtete uns mit schmalen Augen.
„Ja.“, presste ich um den Klos der sich in meinem Hals gebildet hatte heraus.
Meine Füße trugen mich wie in Trance nach oben. Betrübt ging Edward mir nach.
Oben angekommen griff Alexis nach meinen Armen und musterte sie gründlich.
„Phu, nur noch eine leichte Rötung übrig!“, sagte sie erleichtert. Auch sie strahlte eine tiefe Selbstanklage aus.
Ich konnte sie nicht leiden sehen, alle beide. Also beschloss ich das Geschehene, die Schmerzen abzumildern.
„Hey, mir geht es wieder gut! Und so schlimm war es gar nicht…ich hatte mich nur ganz schön erschreckt.“, sagte ich etwas zu fröhlich klingend.
„Das hätte nicht passieren dürfen!“, presste Edward klagend heraus.
Das war doch nicht zum aushalten. Wut nahm mich in Besitz, da die ganzen Schuldgefühle die im Raum lagen ihre Wirkung ausbreiteten und mich überforderten.
„Jetzt. Reicht. Es. Aber!“, schrie ich ohne genau zu wissen warum.
„Es ist passiert. Fertig. Mir geht es wieder gut. Erklärt mir lieber warum eure Haut nicht von Blasen übersät ist.“
Und als ich sah, dass meine Worte eine ernüchternde Wirkung auf die Beiden hatte, verpufften die niederen Gefühle auch in mir.
Deutlich erleichtert über den Verlauf begann Edward zu sprechen.
„Das liegt an unserem Alter. … Wir Vampire leiden alle unter einer Art Sonnenunverträglichkeit! Durch den Kontakt mit dem Virus verändert sich der Aufbau unseres Blutes. Der Sangu-Virus beschädigt die Struktur des Farbstoffes unserer roten Blutkörperchen. Diese Veränderung führt dazu, dass unsere Haut sehr fest wird und kaum durchdrungen werden kann. Hat aber zur Folge, dass einige der vielen Schutzmechanismen unserer Haut außer Kraft gesetzt werden. Deshalb reagieren wir übersensibel auf Licht.“
Jetzt ging der Mediziner in ihm durch und das beeindruckte mich, da es genau das Themengebiet war mit dem ich mich gerne beschäftigte. Nicht umsonst war ich hier um Medizin zu studieren. Doch die Schwärmerei wurde von einer aus dem Nichts auftauchenden Erkenntnis verdrängt und lies mich meine eigene Blödheit erkennen.
„Deshalb hast du mich gefragt ob es mir gut geht? Ich dachte du meintest meine Augen, da diese Probleme hatten sich an die Helligkeit anzupassen. Stattdessen hattest du meine Haut gemeint!“ Er nickte.
Melancholisch betrachtete ich die gerötete Haut meiner Arme, während ich an die schönen Sommertage am Strand dachte. Panik stieg in mir auf. Ich kann nie wieder unbeschadet ins Sonnenlicht! Scheiße, wie halten die beiden das nur aus!


„Die Empfindlichkeit lässt nach. Je älter du bist, desto länger kannst du ohne Schäden ins Licht treten. Zu dieser Desensibilisierung trägt auch der tägliche Konsum des Schöpferblutes bei. … Eine große Hilfe ist auch, dass ein paar schlaue Köpfe eine tolle Creme entwickelt haben, die es uns Vampiren ermöglicht länger im Tageslicht zu verweilen.“, klärte mich Edward auf.
Seit wir noch oben gekommen waren hatten wir uns keinen Zentimeter bewegt und standen immer noch im Eingangsbereich herum. Normalerweise ging ich gleich in einen gemütlicheren Teil meiner Wohnung über, doch diesmal war es mir egal wo ich mich befand. Die Unterhaltung stillte meine primären Bedürfnisse und stellte die Bequemlichkeit in den Hintergrund. Alexis stand die ganze Zeit völlig reglos neben uns, hätte ich nicht gewusst, dass sie eine lebende Person war, hätte ich sie für eine originalgetreue Statue gehalten. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als sie anfing etwas aus ihrer Handtasche herauszuholen.
„Ich hab für jeden von uns eine Packung besorgt!“, sagte sie und reichte mir eine große schwarze Tube. Darauf abgebildet war eine Sonne die sich hinter dem Mond zu verstecken begann. Und darunter stand in großen silbernen Lettern >MACH DEN TAG ZUR NACHTAn was alles wird Francis sich eigentlich noch erinnern können wenn er aufwacht?

, fragte ich mich und spürte gleichzeitig das Edward dies mitbekommen hatte.
Das ist eine gute Frage!

, sendete er mir gedanklich zu.
Da du ihn geheilt und seine geistigen Strukturen angeregt hast seine jetzige Lebensform zu akzeptieren, kann es sein das sein Unterbewusstsein mehr preisgibt als es normal der Fall wäre.


Mittlerweile hatten wir das Packen sein lassen und uns bei unserer stummen Kommunikation angesehen. Deshalb bekam ich es mit, wie er die Schultern hob und senkte als er folgendes dachte: Es kann auch sein, dass er genauso wie du, glaubt alles geträumt zu haben. Wir werden wohl abwarten müssen um es genau zu wissen. Doch ich bin mir sicher, dass es durch deine Vorarbeit leichter für ihn wird und das ganze schnell vonstatten geht!
Das hoffe ich!


Kaum war das Thema abgehandelt, vertiefte er sich wieder in die Arbeit.
Die Minuten verstrichen, eine Kiste nach der anderen füllte sich mit unserem Hab und gut. Alexis war nun schon zweimal oben um die fertigen Kisten zu holen. Sie bot uns an die Schränke aus dem Gästezimmer auseinander zubauen und in dem Transporter zu verstauen. Ich war ihr sehr dankbar für ihre Hilfe. Beide schienen sich den Vorfall mehr als nötig zu Herzen zu nehmen.
So schweigsam hatte ich ihn noch nie erlebt. Die Art wie er sich gab blockierte jeden Versuch ihn aus der Reserve zu locken. Auch als wir das Wohnzimmer verließen um unsere Arbeit in der Küche fort zu führten verlor er kein Wort.
Welches Thema könnte ihn wohl aus seiner Verschwiegenheit herausholen, ihm Freude bereiten?

Um mir diese Frage beantworten zu können kannte ich ihn zu wenig. Er war im Moment so in sich zurückgezogen das er nicht einmal versuchte meinen Gedanken zu folgen. Seltsam, bis zu diesem Zeitpunkt hatte er keine Gelegenheit verstreichen lassen um in meinen Geist einzudringen. Aber da war es! Ein Thema welches ihm bisher immer Freude bereitet hatte.
Klopf, klopf. Jemand Zuhause?

, dachte ich mit einem Lächeln im Gesicht. Ich war hoch konzentriert, als ich versuchte seine geistige Mauer zu durchbrechen. Nichts, keinerlei Reaktion bildete sich in seiner Mine ab. Also gut, ich musste mich noch mehr anstrengen. Aber auch die zweite Bemühung brachte keinen Erfolg. So kann es nicht weiter gehen!

Ich setzte alle Energie die ich aufbringen konnte in den folgenden Versuch die Mauer seines Geistes zu durchdringen. Das war anstrengend und spiegelte sich in meiner Mimik und Körperspannung wieder. Meine Finger umklammerten eine blauweiße Keramik Auflaufform als ich eine Veränderung an ihm wahrnahm. Die Steine bröckelten langsam ab, ein Loch entstand und ich konnte seine Versagensängste fühlen. Als er dies spürte, richtete er seine Aufmerksamkeit auf mich und prustete laut los vor lachen als er mich erblickte. Der Schreck über seine Reaktion und meinen offensichtlichen Erfolg, führte zu einer unkontrollierten Kontraktion meiner Muskulatur.
Ich hörte ein klirren und das leise Rieseln von Staub.
Huch!

, als ich nach unten Blickte sah ich, dass ich keine intakte Auflaufform mehr besaß. Um das Ergebnis genauer zu beschreiben, die Keramik Form hatte sich in mehrere ungezählte Scherben, etwas Staub und zwei Handbreite Teile, die ich immer noch umklammert hielt, aufgelöst.
„Verdammt!“, fluchend griff ich nach Schaufel und Besen.
„Bis du deine Kräfte kontrollieren kannst, wird es wohl noch etwas dauern!“, sagte er grinsend. Na, wenigstens hat das geklappt!

, dachte ich.
„Was hat geklappt?“
„Naja, dich aufzumuntern. … Ich hab schon länger versucht deine Aufmerksamkeit zu erregen, leider ohne Erfolg! Wenn ich geahnt hätte das, dass zerstören von Küchenutensilien der einzige Weg ist, dann wäre ich schon vor Ewigkeiten in die Küche gestiefelt und hätte hier einfach ein bisschen gewütet!“, sagte ich schmunzelnd.
Das Eis war gebrochen. Weshalb sich das packen nicht mehr so öde hinzog. Zwischendurch reichte er mir einen Weinkelch, gefüllt mit einem leckeren >Bloody EddyHä, was ist denn mit Francis los? Hab ich irgendwas verpasst?

, dachte ich völlig verwirrt da ich sein Handeln und seine Worte nicht richtig einordnen konnte.
Seine Augen weiteten sich vor Schreck als wir das Wohnzimmer betraten, in dem Edward und Alexis es sich gemütlich gemacht hatten.
„Mist!“, fluchte er leise und zog mich beständig weiter durch den Raum.
An nichts besonderes Denken. Du darfst an nichts besonderes Denken.

, ermahnte er sich in einer sich ständig wiederholenden Endlosschleife.
Aha, jetzt weiß ich was zu tun ist.

, unterbrach er sein Mantra für die Dauer eines Atemzuges. Die monotone Wortfolge wieder aufnehmend, griff er nach einem Schälchen das mit Trockenfutter für die Katzen gefüllt war und warf es auf die beiden Vampire die uns mit einer leicht belustigten Mine beobachteten.
Ha, da werdet ihre wohl einige Zeit beschäftigt sein!

, jubelte Francis auf.
„Was soll das?“, protestierte ich während er mich zur Eingangstür schleifte.
Als Edward in schallendes Gelächter ausbrach, drehte sich Francis irritiert um. „Was ist los mit euch? Warum zählt ihr nicht jedes einzelne der Futterbröckchen?“, schrie er verzweifelt.
Sein Griff um meine Arme wurde schwächer und seine Beine drohten ihm nicht mehr gehorchen zu wollen. Schnell schloss ich ihn in meine Arme, damit er nicht auf den Boden knallte.
„Beruhige dich erstmal und setz dich zu uns! Wir stellen keine Gefahr für euch dar!“ Edward Anweisung folgend, dirigierte ich Francis in Richtung Couch. Und platzierte uns auf dem unbesetzten Zweisitzer.
„Schatz, bei dem Angriff sind wir versehentlich in Vampire verwandelt worden. Edward und Alexis haben uns gerettet! Du hast auch schon ihr Blut getrunken, kannst du dich denn nicht erinnern?“, ups, das war wohl nicht so einfühlsam gewesen wie ich es geplant hatte.
„Doch, aber ich dachte … das es noch nicht zu spät ist! Ich dachte … sie hielten uns als lebende Blutspender und ich wollte uns vor einem Dasein als ihre Schatten bewahren!“
Wow, mein Heilungsversuch ist mir ja richtig gut geglückt! Er hatte die Existenz von Übernatürlichen Wesen akzeptiert.

, dachte ich verblüfft.
„Für einen Skeptiker kennst du dich aber in der Vampirmythologie richtig gut aus! Ich fand deine Reaktion sehr erfrischend und deine Beweggründe sehr nobel!“, Edward lachte in sich hinein. „In meiner nun doch schon langen Laufbahn als Vampir ist mir noch keiner so entgegengetreten! Woher kennst du die Legende von den unter Zählzwang leidenden Blutsaugern? Von Graf Zahl aus der Sesamstraße? Oder warst du ein begeisterter Akte X Fan?“
Was sollte denn das? Habe nur ich hier gerade eine Spur von Verachtung herausgehört?

, dachte ich und funkelte Edward böse an.
„Er meint es nicht so herablassend wie es klingt!“, warf Alexis beschwichtigend ein. Francis entspannte sich sichtlich, nachdem Alexis ihren Bruder in seine Schranken gewiesen hatte. Ich warf ihr einen dankbaren Blick zu.
„Weder noch!“, begann Francis mit leiser Stimme. Ging es bei Akte X nicht immer um Aliens? Wie auch immer

., dachte er. „Auf den Mythos bin bei meiner Recherche über Aberglauben gestolpert! Die armen Rumänen sollten aufgeklärt werden, dass die Beigabe von Samen in die Gräber nur eine Wirkung hat, nämlich die Schmälerung ihres Vermögens!“
„Du kannst froh sein das es nur eine Legende ist, sonst würden wir vier uns hier eine Ewigkeit mit Trockenfutter beschäftigen!“, sagte Edward mit einem lächeln im Gesicht.
„Was hätte ich sonst tun sollen? Einen Pflock, Knoblauch oder irgendwelche christlichen Utensilien hatte ich schließlich nicht bei der Hand!“, begann Francis sich zu wehren.
„Jetzt reicht es ihr beiden. Keiner will hier irgendjemandem was Böses!“, und so vereitelte ich Edwards Versuch Francis etwas zu entgegnen. Dann wandte ich mich meinem etwas angeschlagen wirkenden Freund zu. „ … Schatz! Edward ist normalerweise ein ganz netter, ich glaube seine Nerven gehen ihm gerade durch, da er Hummeln im Hintern hat und hier verschwinden will! Komm wir zwei packen jetzt im Schlafzimmer alles zusammen und ich erkläre dir worum es geht!“
„Ich will hier nicht weg! Wir haben uns doch gerade erst eingelebt!...“
Noch während er sich beschwerte geleitete ich Francis ins Schlafzimmer.
Benimm dich sonst kriegst du es mit mir zu tun!

, sagte ich zu Edward in Gedanken bevor ich die Tür schloss.
Francis wirkte schockiert und verängstigt. Er fragte sich was ich mit den beiden zu schaffen hatte.
„Wann hattest du die Zeit diese Beiden kennenzulernen und wieso vertraust du ihnen?“, fragte er mich. In seiner Stimme klang Eifersucht mit. Und auch seine Gedanken ließen keinen Raum für eine Fehldeutung. Egoistisch wie ich war, empfand ich seine Gefühlsregung als schmeichelhaft und beruhigend. Deshalb nahm ich sein besorgtes Gesicht in meine Hände und küsste ihn. Endlich. Ich hatte mich so nach ihm gesehnt. Auch ihm ging es nicht anders. Es war schon komisch das ich seine Gedanken lesen und seine Gefühle spüren konnte als wären es meine. Im Moment ist es ein Vorteil, doch es werden sich sicher Situationen ergeben in denen es sich als weniger Angenehm entpuppen wird. Übertreibe es nicht und übe dich in Zurückhaltung.

, ermahnte ich mich.
Aber ich hörte nicht auf meine innere Stimme und badete mich in unsern Gefühlen. Genoss seine Nähe, seine zärtlichen und ehrlichen Berührungen.
Doch irgendwann drangen geschäftige Geräusche in mein Bewusstsein und erinnerten mich daran das Eile geboten war.
Scheinbar bauten die Geschwister gerade unsere Wohnzimmermöbel auseinander.
Also erklärte ich Francis wie es zu all dem gekommen war und vermittelte ihm die Dringlichkeit unseres Aufbruchs. Da er mir vertraute, gab es keinen Grund für lange Diskusionen und wir packten im Eiltempo alles ein. Währenddessen gab ich das Wichtigste von meinem neu erworbenen Wissen über die Welt an ihn weiter.

„Geschafft!“, sagte ich als wir alles im Transporter verstaut hatten.
Hand in Hand betraten Francis und ich ein letztes Mal unsere erste gemeinsame Wohnung. Bis auf die zwei Transportkörbe in denen Billy und Ally lagen erstreckten sich die Räume in gänzlicher leere vor uns.
„Bevor wir aufbrechen solltet ihr noch einmal von uns trinken, damit ihr gestärkt seid.“, sagte Edward als er und Alexis zu uns traten.
Ich nickte. In Francis Augen erkannte ich die selbe Angst die ich vor meinem ersten Schluck Edward empfunden hatte. Beruhigend ließ ich meinen Daumen über seinen Handrücken kreisen. Als ich in die Küche gehen und zwei Kelche holen wollte, hielt ich abrupt inne. Verdammt! Wir hatten schon alles eingepackt! Oh nein, dann müssen wir wohl die Adern direkt anzapfen!, dachte ich.
Mein Gesicht glühte vor Scham und einer Furcht vor dem was gleich geschehen würde. Wie kann ich die intensiven Sinneswahrnehmungen vor Francis verbergen?
Er wird sie begehren … schön findet er sie ja schon … was wenn dieses Erlebnis ihn zu ihr hin und von mir fort treibt?

, meine Gedanken überschlugen sich. Doch mir blieb keine Wahl, wir mussten uns dem Blut unserer Schöpfer hingeben.
Um die Situation noch etwas hinauszuzögern, ergriff ich die Initiative und stieß meine Zähne in meine Handgelenke. Erst in das Rechte und dann in das Linke. Dann lief ich zu den Katzen und ließ das Blut in ihre offenen Münder tropfen. Viel zu schnell waren sie satt. Viel zu schnell schlossen sich die Wunden. Viel zu schnell erholte sich Francis von seinem Schock über die bluttrinkenden Katzen. Hatte ich ihm gar nichts darüber erzählt? Doch, aber es war ein Unterschied das Gehörte nun auch noch mit eigenen Augen zu sehen.
„Wir müssen uns beeilen!“, drängte Edward. Der meine Verzögerungstaktik durchschaute und mich zur Vernunft bringen wollte. Widerwillig bewegten sich meine Beine auf ihn zu.
„Was muss ich tun?“, fragte Francis mit zittriger Stimme. Mein Magen zog sich zusammen als ich Alexis auf ihn zugehen sah.
Vertrau den beiden!

, sagte Edward in Gedanken als er mir seinen linken Arm reichte.
Schnell warf ich noch einen Blick auf meinen Freund. Er trank. Mit schnellen und gierigen Zügen saugte er das Blut aus Alexis Arm. Klug wie ich war hatte ich meinem Geist verboten nach seinen Gedanken Ausschau zu halten. Den Kloß in meinem Hals ignorierend durchbohrten meine Zähne Edwards Haut und ein Schwall warmer Glückseligkeit ergoss sich in meinen Mund. Unerwartet wurde das sinnliche Gefühl von einer schrecklich intensiven Bilderflut unterbrochen.
Francis und Alexis hatten eine Vision an der sie uns Teilhaben ließen.

Ich weiß jetzt wo wir sie finden! Wenn wir jetzt aufbrechen sind wir in ein paar Minuten da.

, sagte ein schattenhafter Mann. Gut! Trommel die anderen zusammen wir brechen sofort auf

., sagte eine grausam klingende Stimme deren träger im Verborgenen lag. Die Bilder, als auch die Stimmen wurden von einem Schleier aus Nebel gedämpft.

Schockiert hob ich meinen Kopf und sah zwischen den dreien hin und her.
Edward leckte über die Wunde an seinem Arm um diese zu verschließen.
„Pack dir die Katzen! Wir verschwinden! Alexis was glaubst wie viel Zeit wir noch haben?“, seine Stimme klang rau. Und in seinem Kopf spielten sich noch einmal die Befürchtungen ab die er schon seit gestern in sich trug.
Alexis warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Keine! Ihre Wanduhr stand auf punkt zwölf. Wenn sie richtig ging sind sie gleich hier!“
Edward schnappte sich den Korb in dem Ally saß und reichte mir Billy. Die beiden schliefen nun wieder seelenruhig. Ohne einen Blick zurück zuwerfen rannten wir die Treppen hinunter und setzten uns in den Wagen.

Impressum

Texte: Der Text, die Geschichte, die Personen und die nicht Existierenden Orte sind mein geistiger Eigentum. ;)
Tag der Veröffentlichung: 03.05.2010

Alle Rechte vorbehalten

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