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Erste Begegnung

 

Wie jeden Freitagabend, wenn ich nicht arbeiten musste, stand ich bei Ally vor dem Badezimmerspiegel und versuchte meine dunkelbraunen Augen mit ein wenig Schminke zum Strahlen zu bringen. Ally stand neben mir und posierte mal wieder mit Ihrem perfekten Körper vor dem Spiegel und mäkelte nur rum. „Siehst du Beccie, ich hab` schon wieder zugenommen!“   Ich starrte sie einfach an und verdrehte genervt die Augen „Ich versteh gar nicht warum du immer so am meckern bist. Wenn du dich nicht akzeptieren kannst, dann werden dich die Jungs erst recht nicht akzeptieren.“ sagte ich altklug und fuhr mit der Wimperntusche über meine Wimpern. Ally verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein und formte einen Kussmund, während sie elegant ihre Haare nach hinten warf und mich böse anblitzte. „ Tu mal nicht so neunmalklug, du böde Kuh!“ sprach sie und verließ mit ihren neuen  roten High-heels das Badezimmer. Es war doch jedesmal das selbe mit ihr, dachte ich mir und musste ein wenig schmunzeln. Mit einem letzten prüfendem Blick in den Spiegel verließ ich das Badezimmer und ging zu Ally. Sie saß bereits fertig und perfekt gestylt  auf ihrem Schreibtischstuhl und funkelte mich immer noch an als ich das Zimmer betrat. „Können wir dann?“ fragte sie mich ein wenig mürrisch und betrachtete mich mit ihren saphirblauen Augen von oben bis unten. Ich konnte mir ein leichtes seufzen nicht verkneifen, während ich Kopfschüttelnt aus ihrem Zimmer trat.  Auf halben Weg durch den endlos langen Flur ihres Elternhauses überholte sie mich und stolzierte mit ihrem schwarzen Cocktailkleid, was ihr wie eine zweite Haut saß, an mir vorbei.  An der Haustür angekommen griff sie sich wie immer im vorbei gehen ihren Autoschlüssel  und hielt mir elegant die Tür auf. „Also dann, meine Dame, auf, auf: Party machen!“, zwitscherte  sie grinsend und ich musste mal wieder feststellen, dass obwohl wir schon seit 10 Jahren befreundet waren, ich immer noch mit ihren Stimmungsschwankungen zu kämpfen hatte.

 

Ich kannte Ally jetzt schon mein halbes Lebenlang und obwohl sie eine sehr anstrengende Persönlichkeit war, wollte ich sie in meinem Leben nicht mehr missen. Dafür war sie einfach zu ausgefallen, zu anders und kannte mich einfach zu gut. Himmel, manchmal kannte sie mich besser als ich mich selbst und das wollte schon was heißen! Sie war wie eine Schwester für mich, allerdings nicht so eine, die man mit kratzen und beißen aus seinem Zimmer jagen musste, damit man etwas Privatsphäre hatte, sondern eine, mit der man sich unter der Bettdecke vor Monstern versteckte oder heulend auf dem Sofa saß und massenhaft Schokoeis in sich hinein stopfte, weil die große Jugendliebe mal wieder gescheitert war. Sie war halt meine Ally- und Herrgott nochmal- ich wohnte schon praktisch bei ihr, da ihre Eltern wegen Auslandsaufenthalten so gut wie nie da waren.  Auch die Typischen Jugenderfahrungen hatten wir zusammen gemacht: Der erste Drink, der erste Joint und die erste Party hatten wir zusammen erlebt. Und auch wenn es sich jetzt merkwürdig anhören mag, selbst den ersten Kuss hatten wir beide mit demselben Typen.  Er hieß Mike und war in unserer Parallelklasse. Das war ein Drama als wir beide heraus gefunden hatten, dass wir beide unseren ersten Kuss von ein und demselben Typen hatten- aber wie heißt es so schön? Beste Freundinnen teilen sich einfach alles,  wobei sie bis heute nicht weiß, dass ich eine Zeit lang ihren großen Bruder Florian ganz toll fand, allerdings ist das auch schon 7 Jahre her. Florian wohnte mittlerweile nicht mehr in Münster. Er zog vor einem Jahr nach Leipzig um sein Jura Studium zu beginnen. Ally war super stolz auf ihren Bruder und wollte nach dem Abitur dasselbe tun. Nachdem wir beide den Realschulabschluss abgeschlossen hatten, habe ich eine Ausbildung als Krankenschwester begonnen und habe diese auch, wie ich finde, gut abgeschlossen. Ally allerdings ging weiter aufs Gymnasium  und ist jetzt in ihrem letzten Jahr. Wenn ich jetzt schon dran denke, das sie auch wie ihr Bruder nach Leipzig geht, könnte ich anfangen zu heulen. Sie musste bei mir bleiben, sie war meine Schwester, Hallo!, wer würde es gut finden wenn die beste Freundin/Schwester einfach abhauen würde und dann auch noch knappe 400 km entfernt. Das wäre mein Untergang.

 

Im Auto herrschte, wie fast immer wenn wir auf dem Weg zu einer Party waren, einzigartige Stimmung. Ally machte ihre Mix-CD an und gröhlte lauthals die Texte mit. Wie immer musste ich dabei herzlich lachen. In dem Moment als ich aufhörte zu lachen stellte sie die Lautstärke der Musik runter und fragte im neckendem Tonfall „ Na schaffst du es denn heute bis zum Schluss?“,  ich dachte kurz über ihre Worte nach und stellte leider fest das sie mich mal wieder zu gut kannte, denn sie wusste wie Partys normalerweise bei mir abliefen. Also antwortete ich nur mit einem „Hmm“.

 Als wir an der Party ankamen, war bereits alles im vollen Gange. Der Kollege von Allys Freund Kai gab eine Hausparty und es schien als wäre das halbe Gymnasium bereits am feiern. Ally und ich stürzten uns ins Getümmel und Kai kam direkt mit zwei Pappbechern mit Bier um die Ecke. „Hallo mein Engel, siehst heute Abend mal wieder perfekt aus.“, begrüßte er Ally und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Stirn. Mir schenkte er ein Augenzwinkern und gab mir den Becher in die Hand, ich erwiderte ein kurzes  „Hey. Danke.“.

Kai und Ally waren seit 4 Monaten ein Paar und ich konnte Kai nicht wirklich ausstehen, er war wie Ally perfekt, nur das es zu meiner Freundin dazu gehörte, bereits seit der 5. Klasse. Bei Kai allerdings war es total überzogen und er bildete sich darauf etwas ein, was unser Verhältnis nicht wirklich gut tat.

Ich drehte mich um und hielt nach ein paar Leuten ausschau, die ich kannte, um von den beiden Turteltauben wegzukommen. Nach knapp 15 Sekunden hatte ich auch welche gefunden und ging in schnellen Schritten zu Ihnen rüber. „Hey Beccie, na morgen frei?“, begrüßte mich Timo, der auch mal in meiner Stufe auf der Realschule war. „ Hey, sonst wäre ich ja wohl kaum hier oder?“ witzelte ich  und fing ein wenig an zu schmunzeln. Wir standen in einem Kreis mit mehreren, die ich alle schon mal auf Partys und auf der Schule gesehen hatte. Im nächsten Moment zog Timo mich bereits am Arm und sagte grinsend „Komm kleine, wir gehen tanzen.“, ich ließ mich mitziehen und schon eine Minute später standen wir im Wohnzimmer, vermutete ich zumindestens, wo  alle in der Mitte wie wild miteinander tanzten und ein paar auch meinten ihre Urtriebe  zu befriedigen. Mit Timo tanzen war schon immer was anderes, er hatte mich damals auf den Schulball eingeladen weil mich sonst keiner gefragt hatte und er auch nicht der Typ war, der Frauen so gerne ansprach und ich hatte gerne zugestimmt, denn er hatte den Vorteil das es eine Begleitung war, die auch nicht mal so schlecht aussah, aber keine Verpflichtungen mit sich brachte. Wir bewegten uns synchron zu der Musik und nach ein paar Liedern brauchten wir beide  etwas zu trinken. Timo ließ mich los um etwas zu trinken zu holen, als plötzlich ein großer dunkelhaariger Kerl sich hinter mich stellte und mir die Hände auf die Hüfte legte. Da ich bereits ein wenig angetrunken von den Shots beim tanzen mit Timo war, ging ich mit ihm und der Musik mit. Als ich mich umdrehte guckte ich in wunderschöne dunkelbraune Augen, die etwas von Schokocreme hatten. Er grinste mich an und sagte leise an meinem Ohr „ Dich habe ich ja noch nie hier gesehen, neu hier?“, ich war von seiner Stimme, die super zu seinem markantem Gesicht passte, so bezaubert das ich erst mal nicht mehr antworten konnte. Als ich wieder auf dem Boden der Tatsachen ankam erwiderte ich etwas verlegen „Naja, nicht wirklich, ich wohne bereits mein ganzes Leben hier. Dich habe ich auch noch nie gesehen, vielleicht bist du ja neu hier.“. Oh man, das muss sich ja scheiße angehört haben, wie ich da rumstammelte, nur zu verbergen das er in meinen Augen der Gott unter der Sonne war. Er schnalzte mit der Zunge und musste grinsend zugeben „ Ja okay, ich wohne noch nicht all zu lange hier. Mein Name ist überrings Alex und mit wem habe ich hier die Ehre?“. Es hörte sich komisch an was er sagte, also drehte ich mich um und klaute der Perle die neben uns her lief ein großes Glas vom Tablett und zog das Glas in einem Zug leer. Ich wusste nicht was in dem Glas drin war, aber es muss auf jeden Fall etwas stärkeres gewesen sein, denn ich merkte es bereits als es in meinem Magen ankam. Ich gab ihm stammelnd  zurück „Re-Rebecca, aber du kannst mich auch Beccie nennen.“ . Alex guckte ein wenig verwirrt und verstand nicht wirklich warum ich auf einmal so versessen darauf war etwas mehr Alkohol in meinen Körper zu bekommen, denn ich guckte mich nach der Perle mit dem Tablett um, und als ich sie sah stolperte ich fast zu ihr hin und nahm direkt zwei Gläser und exte sie einfach runter. Eigentlich war das überhaupt nicht typisch für mich, denn meine Partys Endeteten meistens auf dem Klo und das nicht weil ich Pippi machen musste.      

„ Können wir jetzt tanzen gehen?“, fragte ich den verwirrten Alex und zog ihn in die Mitte der Fläche. Super-Timing, denn gerade startete ein Lied zu dem man, beziehungsweise ich, super gut tanzen  konnte, also legte ich los und wollte auch nicht mehr aufhören, denn Alex und ich tanzten als hätten wir uns schon seit Jahren gekannt und als wären wir eine Person.  Nach mehreren Liedern wurde mir ziemlich heiß und ich musste mal an die frische Luft, also zog ich Alex von der Tanzfläche und zog ihn mit nach draußen. „ Hast du wohl ne Kippe für mich?“, fragte ich ihn und er fing an zu grinsen. „ Du rauchst? Wow, traut man dir nicht zu.“ . Ich musste leicht grinsen und aus meinem Mund kam ein Geräusch, was ich normalerweise als kichern beschrieben hätte, nur machte der Alkohol mir da einen strich durch die Rechnung.  „ Ach, nur mal zwischendurch auf Party, wenn mir gerade danach ist“, gab ich zu und sein grinsen wurde noch breiter und ich konnte seine schneeweißen Zähne sehen, die aussahen als hätte ein Zahnarzt sie gerade erst poliert. Er gab mir die Zigarette und holte ein Feuerzeug aus seiner Hosentasche, wobei mir auffiel das er eine Jeans an hatte, die Löcher hatte und an den Knien eingerissen war. Nachdem er mir das Feuer gab lehnte ich mich an die Haustür und guckte in den Himmel. So langsam merkte ich den Alkohol, denn auf einmal wurde mir schwindelig und auch schlecht, konnte mich aber nicht kleinlich hinstellen also rauchte ich die Zigarette weiter, obwohl mir mein Magen und auch mein Kopf sagten, das ich dies lieber lassen sollte. „ Du bist süß, Kleines.“, unterbrach Alex meine Gedanken und ich wollte etwas erwidern, aber leider kam ich leider nicht mehr dazu, denn mein Magen drehte sich um und landete bei Alex auf den Füßen und nicht nur dort, sondern auch auf der halben Jeans. Als nächstes registrierte ich sein Geschrei „ Mädchen, bist du bescheuert oder was?  Toll, jetzt habe ich überall deine Kotze. Wie alt bist du?  16 oder was?“, noch beim weggehen hörte ich ihn immer wieder fluchen und ich war froh das er weg war, denn ich wollte einfach alleine sein. Ich fühlte mich leer wie eine Seifenblase und wollte auch niemanden mehr sehen, als gerade Ally um die Ecke kam. „ Ach maus, schon wieder zu viel? Soll ich dich nach Hause fahren?“ , fragte sie ein wenig besorgt und wartete mein kleines Nicken schon gar nicht mehr ab, sondern nahm mich unter meinem Arm und schleppte mich zum Auto.  Ich konnte noch gar nicht realisieren dass ich gerade meinen kompletten Magen auf den Schuhen eines hübschen Typen geleert hatte.                           

 

Am nächsten Morgen wachte ich in einem mir vertrauten Bett wieder auf. Der gestrige Abend steckte immer noch in meinen Knochen und mein Kopf bebte als wären tausende  kleiner Männchen herein gestiefelt und würden mit Hammer´n um sich werfen. Ally kam in ihr Zimmer, stellte ein Glas mit milchigem Inhalt auf ihren Nachttisch und fragte beiläufig „Na Süße, wieder nüchtern? Wie geht es deinem Magen? Wie viel hast du gestern getrunken?“. Diese drei Fragen waren bereits für mich zu viel und so gab ich nur ein seufzer von mir, worauf sie mich bemitleidendswert ansah. „ Was ist da drin?“ fragte ich, in der Hoffnung das Thema wechseln zu können und zeigte auf das Glas. „Ja was wohl? Ne Aspirin, du musst ein Schädel haben, nachdem du dem heißen Schnittchen die Schuhe vollgekotzt hast und dann auch noch den Teppich meiner Mutter ruiniert hast!“, sagte sie ein wenig zickig und deutete in den Flur, wo der Teppich ihrer Mutter gestern Abend noch lag. Jedes mal wenn ich ihre Mutter antraf erzählte sie das alle Teppiche, die in ihrem Haus zu finden waren aus Indien sein und wir immer gut drauf acht geben sollten. Naja das war eine teure Rechnung, das kann ich sagen. In Gedanken an den gestrigen Abend nahm ich das Glas und versuchte den Inhalt in meinen Magen zu befördern, er rebilierte ein wenig, aber ich musste diese höllischen Kopfschmerzen loswerden. Nachdem ich das Glas entleert hatte, deutete ich es an und sagte nur kleinlaut „Danke.“.                      

 

Ca. eine Stunde später ging es meinem Kopf wieder einigermaßen gut und ich hatte es auch geschafft eine kleine Scheibe Brot zu essen und den Umständen entsprechend, war alles okay. Ich schnappte mir meine Autoschlüssel und verabschiedete mich bei Ally „ Ich fahr jetzt, hab morgen wieder Frühdienst. Ich melde dich bei dir okay? Bye.“. Ally antwortet wie immer „ Okay Süße, wir hören uns. Viel Spaß!“. Ihr „Viel Spaß“ kam immer sehr übertrieben und sie zog mich auch ein wenig auf, da ich Frühschicht am Sonntagmorgen einfach nicht ausstehen konnte. Immer hatten wir irgendwelche Jugendlichen die man den Magen auspumpen mussten oder Leute die sich geschlagen haben oder oder. Es war ein einziges rennen im Krankenhaus. Ich fuhr nach Hause und stellte mich sofort unter die heiße Dusche und putzte meine Zähne noch ein zweites mal.

 

Unfassbar

 

Zwei Wochen später war ich auf dem Weg zum Spätdienst, dieser war von vierzehn bis zwanzig Uhr. In den letzten zwei Wochen war nicht wirklich viel passiert, hatte oft Spätdienst und am Wochenende musste ich arbeiten. Oft verliert man ein wenig die Kontrolle über die Zeit, denn im Krankenhaus sieht man Menschen kommen und Menschen wieder gehen. Sie kommen zu dir mit ihren Verletzungen und Krankheiten und hat man sie besiegt oder wieder behoben, gehen sie einfach, ohne ein Dank, allerdings liebte ich meine Arbeit dort. So konnte man den Menschen helfen und man war mit ihnen zusammen. Man hatte immer wieder neue Menschen und neue Charaktere und Geschichten, die manche Patienten einem fast aufdrängten.                                                          An diesem Nachmittag sollte ich auch einen neuen Patienten kennenlernen, denn als ich auf die Station kam, hielt eine Kollegin, die in zwanzig Minuten Feierabend hatte mir eine Akte hin. „Neuer Patient, ein wenig aufmüpfig, würde ich sagen. Hatte ein Unfall und liegt auf Zimmer 204.“. „Oh okay, was für Verletzungen?“ fragte ich und schaute mir die Akte an. „Prellungen und Brüche, den hat es ziemlich schwer erwischt auf seinem Motorrad“,  berichtete sie.

Nachdem sie Feierabend gemacht hatte, ging ich meiner alltäglichen Arbeit nach, Regale auffüllen, ans Telefon gehen und zu den Patienten gehen, wenn sie die Klingel drückten. Als ich am Schreibtisch im Schwesternzimmer saß leuchtete die rote Birne und der Bildschirm zeigte mir Zimmer 204 an. Mit schnellen Schritten ging ich zum Zimmer und öffnete die Tür. Beim Hereintreten stellte ich mich vor „Ich bin Schwester Rebecca, sie haben die …“, doch da verstummte ich schon und sah entgeistert auf den neuen Patienten. Ich kannte ihn und er schien auch mich zu kennen, denn als er mich sah sagte er nur mit einem breitem grinsen „Ja, ich weiß wie du heißt. Schon vergessen? Du hast mir auf meine Schuhe gekotzt. UND  auf die Jeans.“. Ich fand dies nicht wirklich lustig und konterte sehr schnippisch „Ja, ich weiß. Warum haben sie die Klingel geläutet? Gibt es ein Problem?“. Er deutete auf die Wasserflasche und gab großkotzig von sich „Gibt es hier nichts ordentliches zu trinken oder besitzt ihr hier nur dieses plörige Wasser. Das schmeckt ja zum kotzen!“. Also bitte was bildete er sich denn überhaupt ein? „ Tut mir leid, wenn sie etwas anderes trinken möchten dann sagen sie bitten ihren Verwandten bescheid.  Bei uns im Haus gibt es für die Patienten nur Wasser oder Tee.“ , versuchte ich ihm freundlich mitzuteilen. Er guckte mich kurz irritiert an und verzog dann das Gesicht zu einem kleinem lächeln. „ Also bitte, du hast mich schon vollgekotzt. Dann kannst du mich auch Alex nennen, das SIE geht mir eh schon voll auf die Nerven. Wie soll ein Mensch den hier bitte gesund werden wenn man nur Wasser hat, was ja mehr Magenschmerzen macht als alles andere?“.

Ich fand seine Bemerkung ziemlich daneben, weshalb ich ihm nur ein schiefes lächeln schenkte und noch „ Wenn ich ihnen nicht weiterhelfen kann werde ich wieder an meine Arbeit gehen.“ , und wollte gerade den Raum verlassen, als er mich fragte „ Wie kann man eigentlich in einem Krankenhaus arbeiten? Das ist doch absoluter Horror oder nicht? Immer nur mit kranken und Leuten die einfach nur scheiße drauf sind. Also ich würde nach einer Stunde hier schreiend raus rennen.“.

Was sollte das? Warum versuchte er sich mit mir zu unterhalten? Irgendwie war der Kerl komisch, aber es war mir auf der Party gar nicht aufgefallen. Den Abend war er super nett und einfach nur sexy. „Ach komm schon, das war gerade gar nicht so gemeint. Mir geht es einfach nur beschissen und Wasser ist eigentlich gar nicht mein Ding.“, ergänzte er noch und ich erwiderte nur noch „ Ja weiß ich.“ Und ging aus dem Zimmer.

Es war schon seltsam. Erst macht er einen halbwegs fertig und dann wieder super freundlich. Aber wenn das so weiter ginge dann würde das heute eine super Schicht werden.

Immer wieder klingelte Alex und wollte belanglose Dinge. Es war der reinste Horror. Nach dem gefühlten Tausendsenmale  blaffte ich ihn halbwegs von der Seite an „Boa, was ist es denn diesmal? Sitzt ein Furz quer oder was?“. Es rutschte mir einfach so heraus und er guckte mich total schockiert an. „ Krass, du kannst ja richtig zicken.“. Sofort versuchte ich zurück zu rudern und entschuldigte mich „ Tut mir wirklich leid Herr Muschner, aber wir haben auch noch andere arbeiten hier zu erledigen und ich muss mich noch um die anderen Patienten kümmern und nicht ausschließlich um sie. Das funktioniert so einfach nicht.“. „ Ich heiße immer noch Alex. Aber ich kann mich kaum bewegen, wie soll ich denn sonst auf den Pott kommen oder meine Beine anders legen. Außerdem wirst du doch für die Arbeit hier bezahlt, also tu sie gefälligst auch.“, war alles was er dazu zu sagen hatte. So langsam aber sicher platzte mir der Gedulsfaden. Der Kerl brachte einen wirklich zur Weißglut. „ Also das kann ja nicht dein Ernst sein. Hast du sie noch alle oder wie? Nur weil wir auf der Party ein wenig getanzt habe, heißt das nicht das du so mit mir reden kannst. Es reicht mir so langsam mit dir. Es kann doch nicht sein das du alle 5 Minuten schellst. SO und jetzt entschuldige mich bitte. Ich habe noch andere Patienten um die ich mich kümmern muss.“, schrie ich fast und machte direkt kert um aus diesem Zimmer raus zu kommen.

Als ich draußen vor der Tür stand kochte mein Körper immer noch vor Wut und ich wusste nicht wirklich wohin damit. Auf einmal ging ich ins Schwesternzimmer zum großen Schreibtisch und holte Anjas Kippen schachtel heraus und ging auf den Balkon. Es war bereits halb acht und ich hatte bald Feierabend. Der Mond ging bereits langsam auf, jedoch war die Sonne immer noch zu sehen. Es lag eine herrliche Brise in der Luft. Ich zündete die Zigarette an und Ließ mit einem großen Seufzer meine Wut und den Rauch davon. Morgen hatte ich Nachtschicht und konnte morgen früh erst mal nett ausschlafen, solange meine Eltern das zuließen. Es war morgens immer die Hölle zuhause.

 

Nach der Zigarette war meine Wut wie weggeblasen und ich ging wieder auf die Station. Auf dem Flur traf ich die Kollegin die gleich Beginn ihrer Nachtschicht hatte, was Schichtwechsel für mich bedeutete. Ich berichtete ihr von den Ereignissen und ging total leer und erschöpft nach Hause.

Wie jeden Abend nach der Spätschicht guckte ich in der Mirowelle nach ob noch etwas von dem Abendessen übrig war. Meine Mutter achtete immer darauf so viel zu kochen das ich jeden Abend einen vollen Teller essen konnte ohne mir wirklich etwas zu kochen. Es stand schon immer fertig in der Mikrowelle und ich musste nur START drücken, denn auch die Minutenanzehl tippte sie schon vorher ein. Sie war immer der Meinung das das, dass Privileg war, wenn man noch zu Hause wohnte. Ich selber hasste es wie die Pest. Ich war keine 15 mehr und wollte endlich hier raus.

Leider fand ich heute Abend nichts mehr, warum ich mir einen Becher Joghurt aus dem Kühlschrank nahm und nach oben im mein Zimmer schlenderte.

Ich legte meine Sachen ab und ging direkt durch ins Badezimmer. Es lag eine Tür weiter als mein Zimmer und um diese Uhrzeit war hier oben sowieso keiner. Mein Bruder Nik war um diese Zeit immer noch Unterwegs, wobei mir der Gedanke direkt wiederstrebte.

Ich stellte mich unter die Dusche und genoss das warme Wasser auf meiner Haut. Heute war wirklich ein anstrengender Tag gewesen und dieser Alex ist einfach nur eine Katastrophe. Ich freute mich jetzt schon auf die bevorstehende Nachtschicht.

Nach der Dusche legte ich mich ins Bett und kam gar nicht mehr dazu meinen Joghurt zu essen, denn als mein Kopf auf dem Kopfkissen lag war ich bereits eingeschlafen.

 

Der nächste Tag verlief ohne große Vorkommnisse. Meine Mutter hatte mich wie immer um halb elf aus meinem Bett geschleift und mir erzählt ich müsste unbedingt mal wieder shoppen gehen. Am besten mit ihr. Nein auf keinen Fall waren nur meine Gedanken dazu.

Ich hatte ausgiebig gefrühstückt und hatte den Tag in Jogginghose und Schlabber T-shirt verbracht.

Gegen sechs Uhr machte ich mich fertig und bereitete mich auf die Nachtschicht vor. Sie war nichts besonderes, aber man war die ganze Nacht alleine und wirklich viel passierte Nachts auch nicht auf unserer Station. Man hatte viel Zeit zum Nachdenken und man war halt alleine. Alleine sein gefiel mir. Ich konnte mich und meine Gefühle ein wenig fallen lassen und die Stille genießen die um einen herrschte.

Bei der Übergabe hörte ich mir an das Alex auch meine Kollegen auf den Plan gerufen hat. Er klingelte immer noch wegen jeder Kleinigkeit und wurde schnell persönlich.

´Das kann ja was werden.´, dachte ich mir nur und bekam ein leichtes Grinsen auf den Lippen. Ich hatte den letzten Tag oft Alex vor meinem Auge, irgendwie ein wenig gruselig.

Bei der Übergabe gab es wie immer neue Patienten und andere waren gegangen. Alex lag immer noch auf Zimmer 204. Ich hatte schon gehofft er wäre verlegt worden oder noch besser entlassen worden. Leider war das Glück heute gar nicht auf meiner Seite.

Wie bei jeder Nachschicht begann ich mit meiner letzten Runde. Alles verlief wie gewohnt, bis ich ins Zimmer 204 kam. Alex lag in seinem Bett und schlief seelenruhig. Ich betrachtete ihn und musste feststellen das er wirklich ein kleines Leckerbisschen war. Nach bestimmt 3 Minuten merkte ich wie seine Augen sich öffneten und er mich mit seinen Schockocreme Augen anguckte.

„ Kann man hier nicht mal in Ruhe schlafen oder wie sieht das aus?“, war die Begrüßung die ich an diesem Abend von ihm bekam. Ich musste erst ein mal schlucken und einen klaren Gedanken fassen als ich antwortet „ Tut mir leid Herr Muschner, aber ich müsste einmal ihren Puls und den Blutdruck kontollieren. Darf ich?“, fagte ich ich als ich mit der kleinen Uhr und dem Blutdruckmessgerät auf ihn zutrat. Er nickte nur mürrisch und hielt mir den Arm hin. Zum Glück war er heute Abend nicht wrklich gesprächig und ließ mich meine Arbeit erledigen. Zum Schluss fragte ich noch „ Brauchen sie noch etwas für die Nacht?“. Er schüttelte einfach kurz den Kopf und drehte sich auf die andere Seite.

Ich ging aus dem Zimmer und setzte meine Runde fort. Nach allen Einträgen und dem Protokollieren

ging ich ins Schwesternzimmer und holte mir ein beriets belegtes Brot heraus, jedoch läutete jemand die Klingel und der Bildschirm zeigte mir an das es Zimmer 204 war. Alex. Was wollte er denn jetzt?

 

Als ich ins Zimmer kam grinste er mich frech an. Ich fragte etwas verwirrt „Was kann ich für sie tuen?“. Er fing an zu lachen und erwiderte etwas frech „ Ach nichts, ich wollte dich einfach gerne sehen. Und jetzt hör bitte endlich mit dem SIE auf. Sry, aber das geht wirklich gar nicht. Kannst du dich nicht zu mir setzen? Wäre echt cool von dir.“. Ich war total verdattert und wusste ich überhaupt nicht wie ich reagieren sollte, also stand ich wie bestellt und nicht abgeholt mitten im Zimmer und Alex brach förmlich in einem Lachanfall aus. „ Haben sie dir die Zunge abgeschnitten oder was ist Passiert?“. „Ehm, wie bitte? Entschuldige bitte, aber ich muss an die Arbeit.“, versuchte ich mich ein wenig zu retten, aber die Hoffnung war bereits gekentert, denn irgendwie stand ich immer noch total von der Rolle vor ihm als wäre er ein Außerirdischer auf Crack.

Wie versteinert ging ich Richtung Tür, doch Alex hielt mich wieder einmal auf. „Ach kleine, komm schon her. Ich meine das alles nicht so, das weißt du doch. Aber hier ist es einfach mega langweilig. Gesell dich wenigstens ein wenig ein wenig zu mir. Bitte.“. Ich glaubte ich hätte mich da gerade verhört. Hatte er wirklich BITTE gesagt? Zu mir? Oh man, heute ist ja wirklich ein komischer Tag.

Ich drehte mich um und versuchte ihn streng anzugucken „ Warum sollte ich bei dir bleiben?“. Er guckte genauso streng zurück und zeigte auf den Sessel neben seinem Bett „ Setz dich doch einfach mal. Ich beiße dich schon nicht, habe ich beim letzten mal schließlich auch nicht getan.“.

Ich war ziemlich erstaunt über seine Aussage und setzte mich tatsächlich einmal hin und stellte direkt fest das ich total angespannt war.

 

Am Ende saß ich da fast 4 Stunden, denn wir unterhielten uns über Gott und die Welt. Mit ihm konnte man super reden, denn er hatte zwar seine Meinung, war aber nicht wie meine Eltern oder meine Freundin, die einem immer ihre Meinung aufzwängen wollten, sondern er wollte die Gründe für meine eigene Meinung wissen und dachte über seine Perspektive nochmal nach.

Es war fast ein befreiendes Gefühl. Er war so Einfühlsam und er kam einfach nur Ehrlich rüber. Aber das schlimmste war bereits passiert. Nur durch Zufall ist mir etwas aus der Hand gefallen und er wollte es für aufheben und da passierte es schon. Er legte einfach seine Lippen auf meine. In diesem Moment stand mein Körper, denn er küsste mich so Leidenschaftlich das ich bereits die Wärme in meinem ganzen Körper spüren konnte. Ich versuchte es unter Kontrolle zu bekommen, was einfach nicht gelangen wollte. Er schaffte es wirklich das ich mich vergesse. Ich vergaß die Arbeit, meine Problem, einfach alles. Ich ließ es zu und der Kuss wurde nur noch leidenschaftlicher, bis ich schon in seinem Bett mit lag und er sich mit beiden Händen an meinen Kopfseiten abstützte.

   Es war einfach der beste Sex, den ich hatte. Alex war auf der einen Seite super Leidenschaftlich und auf der anderen Seite zu erforschent und nehmend. Herr, er hat mir die Sinne geraubt und ich wusste danach nicht einfach nicht wie ich damit umgehen sollte. Nach dem Höhepunkt realisierte ich ein wenig was hier gerade geschehen war. Ich lag Nackt in einem Patientenzimmer auf meiner Arbeit. Meiner ARBEIT. Wie von einer Tarantel gestochen sprang ich aus dem Bett und sprang förmlich in meine Jeans. Alex gab nur ein Lächeln von sich und guckte mich von oben bis unten an. Was sollte das denn jetzt? Sein Blick konnte ich leider nicht deuten. Es war zum verfluchen. Alles in mir kreiste gerade um das Geschehende und mir wurde schon wieder ein wenig heiß, somit ich mich beim anziehen noch mehr beeilte um endlich aus diesem scheiß Zimmer rauszukommen.

Ich raste zur Tür, nachdem ich auch Top und den Kasack drüber gestülpt hatte. Vor der Tür atmete ich zwei mal tief durch und versuchte mich wieder normal auf die Arbeit zu konzentrieren. Leider gelang mir das gar nicht, denn in meinen Gedanken herrschte nur Alex und sein Körper. Er hatte sich so an meinen gepresst das ich Augenblicke hatte wo man meinen könnte wir wären eine Person. Wie zwei die in ihrer Wurzel verbunden sind. Sowas hatte ich noch zuvor gespürt.

Selbst zuhause in meinem Bett herrschte immer nur noch Alex. Langsam war das kaum noch zum aushalten und ich wusste einfach nicht woher das auf einmal kam. Er existierte so in meinem Kopf das ich meine Haltung nach ihm anpasste. Es war einfach zum verfluchen.

Nachdem ich zwei Stunden nur in meinem Bett hin und her gerollt war, entschied ich mich doch wieder aufzustehen und mich an meinen Schreibtisch zu setzen und Papiere zu erledigen. Leider fand ich nichts wirklich was ich tun hätte können, dass ich wieder mein Tagebuch rausholte. Das holte ich immer nur raus, wenn es mir unendlich schlecht oder undendlich gut fühlte und es kannte alle meine großen Geheimnisse. Ich schlug es auf und war erst mal am überlegen. Sollte ich wirklich wieder was reinschreiben? Nach fast einem Jahr? Hilf mir das überhaupt?

Nach ein paar Minuten nahm ich einfach den Stift und fing an zu schreiben.

 

Liebes Tagebuch!

Sry, ich habe mich wirklich lange nicht mehr bei dir gemeldet.

In letzter Zeit bringt mich dieser Alex ganz schön in Schwung. Ich hab ihn auf einer Party kennengelernt und jetzt haben wir miteinander geschlafen. Während meiner Schicht. Das kann doch nicht mein Ernst sein? Scheiße, was  hab ich da eigentlich getan? Ich muss doch total bescheuert sein! Wie soll ich ihm jetzt noch in die Augen gucken?

Ich muss die ganze Zeit an ihn denken. Mein Alex. Er ist einfach so süß…

Kacke… was mach ich hier eigentlich? Ich glaube ich habe ein Problem. Ich finde ihn netter als ich das dürfen würde.

Ich glaube ich muss erst mal wieder klar kommen. Mein Leben geht gerade voll den Bach runter und das nur wegen einem Typen. Aber er ist heiß…. MEGA HEIß !

Ich versuche jetzt mich noch einmal hinzulegen und doch noch zu schlafen.

 

Marie

 

Jetzt erst mal hatte ich ein wenig Ruhe von ihm. Ich hatte 3 Tage frei und wollte die auch genießen. Ich nahm mir vor ein wenig für mich selbst zu tun und so nahm ich mir vor in die Saune zu gehen und mal wieder zum Friseur.

 

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Tag der Veröffentlichung: 13.05.2014

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