Die Aussichten sind erschütternd, wenn man die Diagnose erhält: COPD mit Lungenemphysem.
Der Autor beschreibt das Auf und Ab, das er selbst mit dieser Krankheit erlebt hat, und gibt einen Einblick in die Auswirkungen der Krankheit, aber er stellt auch vor, was er selbst getan hat, um ein Leben führen zu können, das er selbst mit COPD genießen kann.
Zwar ist COPD nicht heilbar, aber man kann selbst viel dafür tun, dass man nicht daran zerbricht. Dem Autor geht es nach 30 Jahren mit der Erkrankung so gut wie schon lange nicht mehr.
Impressum
COPD – Mein positives Leben mit der unheilbaren Krankheit
© 2020 Roland Blümel
Grandweg 100
22529 Hamburg
Lektorat: Petra Bülow
COPD mit Lungenemphysem. Das war die Diagnose, die ich erhielt, als ich gerade 30 Jahre alt war. Ich konnte mir darunter nichts vorstellen und musste mich erst einmal informieren. Was ich darüber erfuhr, erschütterte mich zutiefst.
COPD steht für "chronic obstructive pulmonary disease", was übersetzt so viel heißt wie „chronisch obstruktive Lungenerkrankung“. Hierzu gehören Erkrankungen wie das Lungenemphysem, die sogenannte Blählunge, oder die chronische Bronchitis. Das Erschütternde für mich war die Erkenntnis: Diese Krankheit ist nicht heilbar, die Lunge ist in Teilen irreparabel zerstört.
Das hieß für mich also, dass es nicht besser werden würde. Mir wurde mitgeteilt, dass Medikamente nur helfen könnten, die Verschlechterung meines Gesundheitszustands zu verlangsamen. Richtig gesund würde ich nie wieder werden.
Ich lernte im Folgenden Begriffe wie den sogenannten AHA-Effekt kennen. Das bedeutet, dass die Hauptsymptome Auswurf, Husten und Atemnot sind. Im Anfangsstadium träten die Beschwerden nur bei Belastung auf, später auch im Ruhezustand. Da ich mehr Atemarbeit würde leisten müssen als vor meiner Erkrankung, wäre auch mit einem Gewichtsverlust zu rechnen. Zum damaligen Zeitpunkt war ich ohnehin recht dünn.
Diese katastrophalen Aussichten musste ich erst einmal verarbeiten. Wie und wie lange überhaupt würde ich mit dieser Krankheit leben können, fragte ich mich.
Dass ich die Diagnose bekam, ist jetzt 30 Jahre her, und in diesem Buch möchte ich einen Einblick geben, wie es mir gelungen ist, mit COPD incl. einem Lungenemphysem zu leben, ohne daran zu zerbrechen. Sicher sind der Grad der Erkrankung und ihre Auswirkungen bei jedem anders. Ich kann nur von meinen Erfahrungen und von meinem Umgang mit der Krankheit berichten. Der Weg war ein Auf und Ab. Das wird in den folgenden Kapiteln deutlich werden. Doch eins möchte ich gleich vorweg sagen: Das Leben ist dennoch lebenswert. Ich musste nur lernen, richtig mit der Krankheit umzugehen.
Ich werde in diesem Buch diverse Fachbegriffe verwenden, die auch im Glossar noch einmal erläutert werden. Diese Begriffe sind im Text jeweils beim ersten Auftreten fettgedruckt.
Während ich dieses Buch schreibe, wird die ganze Welt durch eine Pandemie erschüttert. Das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2, das die Lungenkrankheit COVID-19 auslöst, wütet weltweit und fordert gerade unter den älteren Menschen und denen mit Vorerkrankungen zahlreiche Opfer. Nun wird vielen Menschen noch einmal ganz besonders bewusst, welch kostbares und fragiles Gut die Gesundheit ist, und sie erkennen die Wichtigkeit, sie zu bewahren beziehungsweise mit Erkrankungen diszipliniert umzugehen und ihre Abwehrkräfte zu stärken. Dazu kann man selbst dann einiges beitragen, wenn man chronisch krank ist.
Ich möchte eingangs aber noch einmal ausdrücklich betonen, dass ich kein Arzt bin und mir das medizinische Wissen nur angelesen habe. Es ist mir jedoch wichtig, dass ich neben meinen persönlichen Erfahrungen mit der Krankheit auch den medizinischen Hintergrund, so gut es mir möglich ist, weitergebe. Dabei konnte ich die Chronologie der Ereignisse nicht ganz durchhalten, sondern habe die einzelnen Themen in vier Hauptkapitel unterteilt. Hierdurch ist eine Zusammenfassung zusammenhängender Themen gegeben, allerdings gibt es zeitliche Sprünge.
Noch ein persönliches Wort: Ich versuche zu meinen Lesern eine Beziehung aufzubauen und werde zum Du übergehen. Ich hoffe, das ist in Ordnung! Ansonsten ersetzen Sie das Du einfach durch ein Sie.
Ich war 30 Jahre alt und ehrenamtlicher Mitarbeiter bei einer Kinderfreizeit. In den Wochen zuvor hatte ich einige problematische Gespräche führen müssen, stand unter Druck und war froh, dem Ganzen für zwei Wochen entfliehen zu können.
Doch dann merkte ich bei einem Fußballspiel mit den Kindern, dass ich schon nach wenigen Metern total aus der Puste war. Hatte ich mich erkältet? Allerdings fühlte es sich dieses Mal anders an als sonst bei einer Erkältung oder einem grippalen Infekt. Ich spürte eher so etwas wie Seitenstechen schon bei geringer Anstrengung.
Zurück zuhause besorgte ich mir einen Termin bei meinem HNO-Arzt. Leider war dieser im Urlaub, aber seine Vertretung hatte schnell eine Erklärung zur Hand: Nebenhöhlenentzündung und Allergien. Ich bezweifelte die Diagnose zwar, nahm aber artig die Medikamente und machte auch die verschriebenen Mikrowellen-Behandlungen mit. Es wurde nicht besser. Ich suchte erneut die Ärztin auf, doch sie beharrte auf ihrer Einschätzung.
Endlich kehrte "mein" HNO-Arzt zurück, hörte sich meine Beschwerden an und überwies mich sofort an einen Lungenfacharzt, manchmal auch kurz als LuFa bezeichnet, mit der Diagnose "chronische Bronchitis".
Wenige Tage später nahm ich im Wartezimmer des Lungenfacharztes Platz, das in den nächsten Wochen mein zweites Zuhause werden sollte, und führte meine Beschwerden auf dem Formular aus, das man mir reichte.
Es folgten ein Lungenfunktionstest (siehe unten), den ich heute immer noch hasse, und diverse weitere Untersuchungen. Mein erster Besuch bei diesem Arzt dauerte ca. 6 Stunden. Als man mir am Ende Blut abnahm, klappte ich zum ersten Mal in meinem Leben dabei körperlich zusammen. Mir wurde schwarz vor Augen
»Geht Ihnen das öfter so?«, fragte mich die Sprechstundenhilfe besorgt.
»Nein, nur wenn ich sechs Stunden beim Arzt sitze und völlig unterzuckert bin«, erwiderte ich. Seit dem Frühstück hatte ich weder etwas gegessen noch getrunken und fühlte mich entsprechend hungrig und durstig. Mit dieser Antwort war sie zufrieden, gab mir ein Glas Wasser und nach einigen Minuten konnte ich auch wieder aufstehen und endlich die Praxis verlassen. Ich war gespannt auf das Ergebnis und hoffte, dass dieser Experte mir nun in Kürze ein Heilmittel gegen meine Beschwerden geben würde.
Doch auf die endgültige Diagnose musste ich länger als gedacht warten und mich in den kommenden Wochen noch diversen weiteren Untersuchungen unterziehen. Es war schnell klar, dass es sich nicht um eine bloße Bronchitis handelte. Auch Allergien schieden als Grund für meine Atemnot aus. Ich litt zwar unter Heuschnupfen, aber der führte mit Sicherheit nicht zu dieser Art von Atemnot, unter der ich jetzt litt. Asthma schloss der Arzt ebenfalls aus.
Nach etwa drei bis vier Wochen teilte mir mein Lungenfacharzt schließlich die Diagnose mit. Es handelte sich um eine COPD mit Lungenemphysem. Die Begriffe hörte ich zum ersten Mal. Im Gespräch mit dem Arzt wurde klar, dass es sich hierbei um eine Zerstörung der Lungenbläschen, der sogenannten Alveolen, handelte, die auch nicht wieder heilen würden. Dies führte zu einer Überblähung der Lunge, die ich dann als Atemnot spürte. Es verblieb nach dem Ausatmen zu viel verbrauchte Luft in meiner Lunge, die ich nicht wieder herausbekam. Die Medikamente, die der Arzt mir verschrieb, würden lediglich dazu dienen, die Verschlechterung meines Zustands zu bremsen, also die Zerstörung weiterer Alveolen zu vermindern.
Ich besorgte mir zusätzliche Informationen. Aber auch die malten ein düsteres Bild.
Bei diesen Aussichten musste ich schwer schlucken. Als der Arzt etwa vier Wochen nach der Diagnose, in denen ich regelmäßig zu Untersuchungen in seiner Praxis gewesen war, schließlich sagte, dass wir uns dann in einem Vierteljahr zur Kontrolle wiedersehen würden, brach ich beinahe innerlich zusammen. Erst jetzt wurde mir so richtig bewusst, dass ich chronisch krank war und mit diesem Zustand der Atemnot dauerhaft würde leben müssen.
Im Normalfall würde sich mein Zustand im Laufe der Jahre verschlechtern, was bei vielen Patienten aufgrund der immer geringer werdenden Belastbarkeit zu depressiven Verstimmungen und oft auch zum Verlust sozialer Kontakte führt.
In den nächsten Tagen erlebte ich tatsächlich zum ersten Mal in meinem Leben so etwas wie eine depressive Verstimmung. Meine zwei kleinen Kinder, damals 5 und 2 Jahre alt, wollten gern mit mir toben, aber das schaffte ich nicht mehr. Das Tennisspielen, das ich erst kurz zuvor begonnen hatte, war ebenfalls nicht mehr möglich. Ich war am Boden zerstört.
Eines Abends auf der Autobahn, als ich meine Eltern nach einem Besuch bei uns nach Hause gebracht hatte und allein auf dem Rückweg war, bekam ich auf der ziemlichen leeren Straße und bei hoher Geschwindigkeit akute Atemnot, was zu einem weiteren Tiefpunkt und einem Trauma führte, das mich leider bis heute begleitet. In den folgenden Tagen lebte ich mit der ständigen Angst vor einem neuen Atemnotanfall und meine Stimmung wurde immer gedrückter.
Ich informierte mich weiter über den Hintergrund der Krankheit und erfuhr, dass die meisten Fälle von COPD mit Lungenemphysem durch das Rauchen verursacht werden.
Zwar hatte ich in meiner Jugend drei Jahre geraucht, das war aber lange her. Allerdings bin ich in einem Raucherhaushalt aufgewachsen, war also viele Jahre lang Passivraucher.
Dennoch konnte ich mir das plötzliche Auftreten dieser Krankheit und auch den Schweregrad nicht erklären. Ein Rat an Erkrankte war und ist, mit dem Rauchen aufzuhören. Da ich ja bereits seit vielen Jahren nicht mehr rauchte, half mir das nicht weiter. Was konnte ich sonst tun und wie sollte es jetzt weitergehen?
Doch ich bin von Natur aus eine Kämpfernatur und so fing ich mich einige Tage nach diesem Depressionsanfall mental zum Glück wieder.
In diesem ersten Teil werde ich mich etwas genauer mit den Auswirkungen der Krankheit, den Untersuchungsmöglichkeiten sowie möglichen Medikationen beschäftigen. Dabei geht es auch darum zu betrachten, was im Körper bei einer COPD mit Lungenemphysem passiert.
Der Alltag begann wieder, aber nun auf Basis eines für mich vollkommen neuen gesundheitlichen Hintergrunds. Auf der Arbeit war ich in einem komplexen Projekt eingebunden und mir erschien es fraglich, ob ich jetzt weiterhin mit dieser Belastung zurechtkommen würde.
Doch ich fasste den Entschluss, mich nicht unterkriegen zu lassen. Weder meinem Chef noch den Kollegen erzählte ich von meiner Krankheit. Ich wollte nicht mit Samthandschuhen angefasst werden und meinen Job weiter wie gehabt ausführen. Unbewusst hatte ich vermutlich das Gefühl, nicht mehr genügen zu können. Vielleicht wollte ich mir auch selbst beweisen: Ich schaffe das! Trotzdem musste ich nun natürlich alles etwas langsamer angehen, zumindest wenn es um körperliche Anstrengungen ging. Das brachte mich manchmal an meine Grenzen, zum Beispiel wenn ich neben meinem Chef herlaufen und ihm dabei Rede und Antwort stehen sollte. Leider konnte mein Chef nicht langsam gehen, sondern war stets in Eile. Im Nachhinein muss ich über meinen damaligen Stolz schmunzeln. Ich hätte es mir so viel einfacher machen können, wenn ich meinem Chef gegenüber offen über meine Krankheit gesprochen und meine Gespräche mit ihm im Stehen oder Sitzen hätten abgehalten werden können.
Diese Übung "gehen und dabei reden" wurde in den folgenden Jahren zu einer immer größeren Herausforderung für mich, wobei ich gelesen habe, dass bei manchen Menschen mit einer ähnlichen Erkrankung schon das Atmen beim Essen eine Schwierigkeit darstellt. So schlimm war es bei mir zum Glück noch nicht, und ich hoffte, dass mir das noch lange erspart bleiben würde.
Leider war ich aber nun von Medikamenten abhängig. Vier Mal am Tag sollte ich außerdem mit einem
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 02.05.2020
ISBN: 978-3-7487-3921-0
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