Vor exakt Zweihundert Jahren hatte sich ein kleines Dorf Namens Yama no fumoto no mura am Fuße eines Berges angesiedelt. Kleine Bauern und arme Landsleute hatten sich dort eingenistet. Es war ein kleines Dorf die Einwohnerzahl lag nicht mal über Hundertfünfzig. Innerhalb dieses Dorfes machte eine Legende seine Runden. Sie besagte, das Vier Götter die Jahreszeiten in ihrem Land herbei riefen. Die vier Götter, die in Gestalt eines Fuchses dargestellt wurden, trugen den Namen: Haru, der Frühlingsgott, Natsu, der Sommergott, Aki, die Herbstgöttin und Toki die Wintergöttin. Einer nach dem Anderen sollen sie das Land besucht haben und immer wenn sie eine Pfote auf das Land gesetzt hatten, sprossen die ersten Blumen, erwärmte der erste Sonnenstrahl die Erde, fiel das erste Blatt, und rieselte die erste Schneeflocke. Manche Einwohner des kleinen Dorfes haben sogar behauptet einen der Fuchsgötter gesichtet zu haben, doch die meisten Bewohner haben dies nur als Wichtigtuerei abgetan. Allerdings passierte diesen Menschen die dies behaupteten im nächsten Jahr nur Gutes, sie wurden vom Leben reichlich beschenkt und zwar genau ein Jahr danach, in dieser Jahreszeit wo sie einen Gott gesichtet hatten. Merkwürdigerweise kamen diese Gerüchte nur aus dem kleinen Dorf Yama no fumoto no mura, kein anderer Mensch im ganzen Land, hat je derartiges berichtet. Das kleine Dorf blühte und gedieh noch viele Jahrzehnte lang, die Jahreszeiten kamen und gingen, doch eines Tages wurde es nicht mehr Frühling. Ein ganzes Jahr blieb es Winter, die Leute warteten und beteten zu den vier Göttern, doch als der Schnee endlich schmelzte und die Menschen neue Hoffnungen schöpften, sprossen keine Blümchen, keine Schmetterlinge flatterten fröhlich herum und die Bäume trugen keine Knospen. Alles was die Bewohner des kleinen Dorfes so grün und bepflanzt in Erinnerung hatten, war nun verwelkt und unfruchtbar geworden. Die Bäume blieben kahl und nach kurzer Zeit fiel auch wieder Schnee, aber nicht durch die Wintergöttin Toki, wie viele geglaubt hatten, sondern durch die Eisesskälte die in dem Land das nun den Namen Fudotokuna trug, was soviel wie „Gottlos“ bedeutete, herrschte. Die Menschen versuchten trotz der aufgegebenen Hoffnungen und des unfruchtbaren Bodens in dem Dorf, am Fuße des Berges zu überleben. Aber alle Einwohner die noch nicht krank oder tot waren, wussten das die Götter sie verlassen hatten und sie fragten sich immer wieder, was sie den Göttern angetan hatten, dass sie so etwas verdient haben. Die restlichen Überlebenden flüchteten aus dem Dorf, verhungerten aber nach kurzer Zeit, da das ganze Land betroffen war. Überall lag dieser weiße Schnee, der die Menschen so sehr quälte, bis sie letztendlich starben. Die Einwohnerzahl des ganzen Landes sank rapide ab und es drohte die Gefahr, dass bald alle Menschen in Fudotokuna sterben würden. Doch die Nachbarländer, die komischerweise nicht von dieser „Gottlosigkeit“ betroffen waren, unterstützten das arme Land, indem es Fudotokuna mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen versorgte. Mit Hilfe der Nachbarländer, schafften sie es zu überleben. Die Nahrungsmittel waren knapp und die Einwohnerzahl des Dorfes lag nun nicht mal mehr über fünfzig Mann. Sie mussten sich nun voll und ganz auf ihre Brüder und Schwestern der Nachbarländer verlassen. Das einst so populäre und beliebte Land, war nun zu einem trost- und gottlosen Ort geworden. Dennoch blieben die wenig Überlebenden ihrem Land treu und versuchten ihr Leben dort weiterzuführen. Das Dorf das früher den Namen Yama no fumoto no mura trug, wurde von nun an nur noch Ghost Town genannt. Allerdings hatte das alte Dorf ziemliche Schäden von der Evakuierung abbekommen. So dauerte es nicht lang, dass zwei bis drei Kilometer ein neues Dorf errichtet wurde: New Ghost Town. Es sollte alle Nachfahren an diese Schande erinnern, in der Hoffnung, dass die Götter sich eines Tages wieder anders besinnen würden. Das taten sie nie. Nun, seitdem sind Hundert Jahre vergangen und damit wären wir in der Gegenwart angekommen. Eine neue Ära ist angebrochen...
Ein junges Mädchen stapfte schnaufend durch den kniehohen Schnee. Ihre Arme hatte sie fest um den dunkelbraunen Pelzmantel geschlungen, die Fäustlinge grub sie tief in die Taschen des Mantels ein. Durch den dicken, dunkelblauen Wollschal und der Kapuze, konnte man gerade so einen Blick auf eine vor Kälte gerötete Nase erhaschen. Die hellblauen Augen trüb nach vorne gerichtet. Chiyo war ihr Name. Vor wenigen Minuten rieselten nur ein paar Schneeflocken, jetzt hat es sich schon fast zu einem Sturm entwickelt ! Dachte das junge Mädchen und pustete sich schwarze Haarsträhnen aus dem Gesicht. Warum muss ich eigentlich Feuerholz holen gehen ? Hätte das nicht jemand anderes aus dem Dorf erledigen können ? Empört grummelte Chiyo vor sich hin und bei jedem energischen ausatmen, quollen rauchartige Wölkchen aus ihrer Nase. Immer dieser verdammt lange Weg... einfach nur ätzend. Plötzlich blieb sie stehen und ließ ihren Blick über das weiße Ödland schweifen. Schnee, nichts als Schnee war zu sehen. Graue Wolken hingen am Himmel wie Zementblöcke, als ob sie verhindern wollten, dass auch nur ein kleiner Sonnenstrahl die Erde berühren konnte. Und diese völlig geräuschlose Stille..., sie war schlimmer als normale Stille. Die fünfzehn jährige Chiyo stand dort, eingehüllt in dieser völligen Ruhe, dass einzige was man wahrnehmen konnte, war das Pfeifen des Windes wenn er um das Mädchen wehte. Es war schon fast gruselig. Ich frage mich, ob es in Fudotokuna jemals warm war? Grübelte Chiyo vor sich hin, ehe sie weiter durch den hohen Schnee stapfte. Sie musste bevor es Abendbrot gab das Feuerholz in die Wohnstube der kleinen, über die Jahre morsch gewordenen Holzhütte schleppen. Ansonsten musste ihre kleine Familie frieren, sie hatten zwar noch wenige Holzblöcke zu verfügung, allerdings würde das allerhöchstens noch ein paar Tage reichen. Jeder andere hätte sich wegen dem Schneesturm und der anscheinend, endlosen Weite dieser Schneewüste verlaufen, Chiyo allerdings war diesen Weg schon hunderte Male gelaufen, so war es für sie schon fast unmöglich sich zu verlaufen. Normalerweise gingen eine Gruppe von jungen Männern diesen Weg und besorgten für das ganze Dorf Feuerholz, doch ein paar dieser Männer lagen krank im Bett oder waren gerade auf der Jagd. Deswegen musste jeder Dorfbewohner selber für sich sorgen.
Es dauerte nicht mehr lange, bis sie die Feuerholz Stelle erreicht hatte. Dort war ein großer Holz Unterstand direkt an der Landesgrenze, wo die ganzen Holzblöcke gelagert wurden. Chiyo schleppte sich zu dem Unterstand und kramte ein etwas zerfetztes, weißes Leinentuch hervor. Natürlich war das Holz nicht trocken. Bevor sie es überhaupt verbrennen konnten, müsste es noch circa eine Woche in der Scheune trocknen. Sorgfältig breitete Chiyo das Leinentuch auf dem Baumstumpf aus, der direkt neben der Feuerholz Stelle stand, damit sie das Holz ordentlich auf das Tuch anordnen konnte. Holzstück, für Holzstück stampfte sie zum Unterstand und wieder zurück zum Baumstumpf. „ Puh, endlich fertig“ schnaufte das Mädchen und knotete das Leinentuch zu einer Art Rucksack zusammen, damit sie das Holz besser tragen konnte. Sie schwang sich den improvisierten Rucksack über die Schultern und versank nun noch mehr im Schnee als vorher. Ihre Beine zitterten vor Anstrengung und ihr Gesicht rötete sich. Sie biss sich verzweifelt auf die Lippen, denn wenn sie sich vorstellte, dass sie diese schwere Ladung nun Drei Kilometer, bis nach Hause schleppen musste, wurde ihr ganz schwarz vor Augen. Durch das Gewicht wurde sie noch mehr nach unten gedrückt, so das der Schnee ihr mittlerweile bis zu den Oberschenkeln reichte. Dies machte die ganze Sache um einiges schwieriger. Einige hundert Meter schaffte Chiyo es den gebastelten Rucksack zu tragen doch auf einmal wurde ihr schwindelig. Obwohl sie kein zierliches Mädchen war, war sie sehr dünn, man könnte fast schon sagen ausgehungert. Sie schwankte gefährlich hin und her und letztendlich wurde ihr Schwarz vor Augen und sie fiel in den Schnee.
Chiyo... wach auf! Es wird Zeit... Chiyo! Folge ihm..., er wird dich durch das dunkel führen...
Blinzelnd kam das bewusstlos gewordene Mädchen wieder zu Sinnen. Stöhnend und zitternd hielt es sich den Kopf. Als sie wieder klar sehen konnte bemerkte Chiyo erst das es Nacht und somit stockdunkel geworden war, ihre Beine und Arme konnte sie vor Kälte kaum mehr spüren. Sie musste wohl ein paar Stunden bewusstlos gewesen sein. Panisch massierte sie ihre Gliedmaßen und versuchte aufzustehen, nach unzähligen Versuchen, gelang ihr dies, aber nur mit äußerster Anstrengung. Die Kälte schnitt ihr in die Haut wie ein scharfes Messer und bei jedem Holzstück, was sie wieder aufsammelte wurde der Schmerz schlimmer, sie sank wieder in sich zusammen. Chiyo war einfach zu geschwächt um weiter zu gehen. Werde ich hier jetzt sterben...? Ist das, dass Ende ? Ich will nicht...sterb- sie konnte ihren Gedanken nicht einmal zu Ende denken, als das in sich zusammen gesunkene Mädchen plötzlich von einen grellen Licht geblendet wurde. Chiyo schrie vor Schmerzen auf und hielt sich mit ihren schon vor Kälte, blau angelaufenen Händen die Augen zu. Das Licht allerdings hielt nur wenige Sekunden an und wurde zu einem hübschen dunkelblauen Schimmern. Nicht hell genug, dass es jemanden aufgefallen wäre, auch wenn er daran vorbei gegangen wäre, aber auch nicht dunkel genug um nicht den genauen Standort auszumachen. Vorsichtig und etwas ängstlich krabbelte Chiyo zu dem schimmernden Etwas hin. Es war ein Wunder gewesen das sie überhaupt überlebt hatte und nicht erfroren ist. Das junge Mädchen stützte sich auf auf ihre Unterarme um weiter voran zu krabbeln, doch da sie immer im Schnee versank, musste sie ihre letzten Kräfte sammeln um zu diesem leuchtendem Ding zu gelangen. Sie hätte einfach im Schnee liegen bleiben können, doch irgendetwas trieb sie an zu diesem Ding zu gelangen. Ob es einfach nur Neugierde war ? Keuchend stellte Chiyo erstaunt fest das das leuchtende Ding eine...Murmel war. Zögernd streckte sie ihre Hand aus und berührte die glatte Oberfläche der kleinen Kugel. Ein Gefühl des Glücks und der wohligen Wärme durchströmte das halb erfrorene Mädchen und sie hörte eine beruhigende, männliche Stimme in ihrem Kopf widerhallen: „ Komm schon, wenn ich dir helfen soll, musst du schon mitarbeiten Kleine! Wer wird hier denn wohl schon so schnell schlapp machen wollen?“ Die Stimme lachte amüsiert und fuhr fort: „Na los, mach schon Kleine, leg die andere Hand auch noch auf die Kugel und streng dich gefälligst an. Wir sind hier ja schließlich nicht im Schlappi Verein!“ Chiyo war völlig verwirrt, hastig ließ sie ihren Kopf in alle Richtungen wirbeln, konnte aber niemanden entdecken. So tat sie das, was die mysteriöse Stimme ihr befohlen hatte. Mit beiden Händen hielt sie nun die Kugel umschlossen und das Gefühl des Glücks und der Wärme wurde noch viel intensiver und Chiyo fühlte sich nun völlig damit ausgefüllt bis all die Kälte aus ihrem Körper entwichen war. Die dunkelblaue Murmel leuchtete nun wieder heller, dieses mal aber nicht so grell und stechend. Keuchend und nach Luft ringend lag das junge Mädchen immer noch im Schnee, konnte aber allerdings nicht ihren Augen trauen, da die kleine Kugel einen Meter über dem Boden schwebte. Und wie durch Zauberhand, wurde sie durch eine unsichtbare Macht ebenfalls hoch gedrückt, ihre Beine füllten sich mit Kraft und Energie, ihr Herz schlug schneller und eine blaue, leuchtende Aura umgab nun das ebenfalls schwebende Mädchen. Die Kapuze war ihr bei der ganzen Prozedur vom Kopf gerutscht, so das man nun ihre langen, rabenschwarzen Haare sehen konnte, die sich untypisch, so als ob sich Chiyo unter Wasser befinden würde, bewegten. Sie hatte den Kopf gen Himmel gerichtet, die Augen geschlossen und Arme und Beine von sich gestreckt und das Mädchen hörte wieder diese freche Stimme in ihrem Kopf: „ Ja, Chiyo! Genau so meinte ich das. Jetzt lass uns hier endlich abhauen.“ Chiyo spürte plötzlich wieder den harten Boden unter ihren Füßen, allerdings wurde sie immer noch von diesem blauen Leuchten umgeben und als sie auf den Boden starrte, machte ihr Herz ein gewaltigen Sprung. Anstatt des Schnees, was sie erwartet hätte, stand Chiyo auf einer grünen, Gras bedeckten Fläche. Dies betraf aber nur das nahe Umfeld von ihr. Alles was mehr als einen Meter von ihr entfernt war, war mit Schnee bedeckt. „Was zum Geier ist das!? Wow, das kann echt alles nur ein Traum sein. In Wahrheit bin ich bestimmt tot und mein Geist irrt irgendwo hilflos herum.“ „ Das nennt man Gras, Kleines. Nein, du bist ganz und gar nicht tot, Schätzchen. Folge einfach dem Pfad des Frühlings, wir werden uns schon bald wieder sehen. Ach ja, vergiss bloß nicht mich nachher mit zu nehmen! Kapiert!?“ „Dich...mit nehmen?“ Jetzt verstand sie gar nichts mehr. Doch es wurde immer schöner, sie drehte sich um und konnte einen blau, schimmernden Pfad sehen, der sich über das ganze Ödland erstreckte. Der Himmel hatte sich an den Stellen von den Wolken gelichtet wo Chiyo langgehen musste. Zum aller ersten mal, sah sie tausende von Sternen über sich funkeln. Es war ein magischer Moment. Sie folgte dem schmalen Graspfad der zusätzlich mit allerhand Planzen und Blumen bedeckt war und blickte die ganze Zeit verträumt in den Himmel. Was war sie nur für ein Glückspilz? Dennoch würde sie sich sehr ärgern, wenn Chiyo bewusst wird, dass sie das Feuerholz zurückgelassen hatte.
Tag der Veröffentlichung: 05.11.2013
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