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Ein unerwarteter Besucher

Die Herbst Nachmittagssonne wurde von dem dunkelrotem, glänzenden Fell reflektiert und ließ die junge Füchsin regelrecht leuchten. Elegant glitt sie durch das Unterholz, auf der Suche nach Beute. Der Herbst war eine furchtbare Jahreszeit, das gleiche galt auch für den Winter. Die Beute wurde knapp und der Hunger wurde zum ständigen Begleiter. Die junge Fähe, namens Foxy, blieb abrupt stehen. Sie schloss die Augen und horchte dem Wind, wie er durch die Baumkronen wehte, wie die Bäume sich gegenseitig, uralte Geschichten zu flüsterten und letztendlich das Fell des roten Tieres zerzausten. Foxy genoss den Moment der Ruhe, doch fürchtete sie diese zugleich. Der Wald schlief niemals. Wenn man nur genau hinhörte, konnte man die Kaninchen und Mäuse in ihren Höhlen laufen hören, dass Knacken des Waldbodens vernehmen und die Vögel in den schönsten Tönen singen hören. Doch egal wie sehr sich Foxy auch zu anstrengen versuchte etwas zu hören, alles war still. Der Wald schien fast schon tot zu sein. Kein knacken, kein rascheln, kein quieken. Gar nichts. Beunruhigt setzte die Füchsin ihren Weg fort. Sie spürte es... irgendetwas, braute sich zusammen. Sie spürte es von ihren Ohrenspitzen, bis hin, in ihre kribbelnden Pfoten. Irgendetwas, stimmte hier ganz und gar nicht.                                                                                                                                                    Wenn ich nicht bald etwas finde, dann muss ich wohl den Fraß aus meinem Bau nehmen. Dachte sich Foxy verärgert und knurrte nun ziemlich laut: „ Was ist denn heute nur los!? Hat sich der ganze Wald in ihren Löchern verkrochen?“ Doch in diesem Moment, als sie den Satz beendet hatte, hörte sie ein panisches rumgeflatter. Ist das vielleicht...ein Spatz, eine Amsel !? Oder sogar , eine dicke, fette Stadttaube !? Erfüllt von Jagdlust und getrieben von Hunger, preschte die rote Jägerin geübt durch das Unterholz. Die frische Luft des Waldes, füllte ihre Lungen mit Leben und sie konnte schon das saftige Fleisch, zwischen ihren scharfen Zähnen schmecken.                                                                                                                                 Einige Meter vor dem Geflatter, stoppte sie und duckte sich ins Gras. Sie versuchte zwischen zwei dicken Ästen hin durch zu linsen und herauszufinden, was diesen Lärm verursachte. Und dort sah sie, sie. Es war tatsächlich eine dicke Taube, vollgefressen mit dem Fraß der Menschen, die Foxy so sehr verabscheute. Es sah so aus, als ob sich die dicke Taube in einer Art Netz verfangen hatte. Es musste der Müll der Menschen gewesen sein. Diese Chance konnte sich das Fuchsmädchen nicht entgehen lassen, mit einem kraftvollen Sprung, katapultierte sie sich auf die fette Taube, die wiederum jetzt noch panischer anfing mit den Flügeln zu schlagen und nebenbei ein krächzendes Gurren von sich gab. Geifer tropfte auf die vor Angst aufgeplusterten Federn der Taube und ließ sie zusammenzucken, als ob der Speichel der Füchsin eine giftige Substanz gewesen wäre, die sich durch alles hindurch fraß. Mit einem schnellen Biss ins Genick, erlöste der Fuchs die Ratte der Lüfte und versuchte den schlaffen Körper von dem Netz zu befreien. Doch plötzlich, raschelte etwas im Wald. Sofort ließ Foxy von der Taube ab und schärfte die Sinne. Sie spannte die Muskeln an und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Sie suchte die Umgebung mit den Augen ab, und dort, konnte sie etwas erkennen. Es waren zwei zu Schlitzen zusammen gekniffene Augen, die sie gefährlich anfunkelten und ehe sie sich versah, sprang ein völlig verwahrloster Fuchs ihr entgegen! Das ist unmöglich ! Kein Fuchs außer mir, lebt in diesem Teil des WaldesDer Angreifer, der ungefähr in ihrem Alter sein musste preschte auf einmal auf sie zu, obwohl er viel zierlicher und schwächer wirkte als Foxy. Doch sie war nicht das eigentliche Ziel. Es war die Taube ! Mit einer Geschicklichkeit, die Foxy dem zierlichen Räuber nicht zugetraut hätte, schnappte er sich die Taube und verschwand sogleich im nächsten Busch. Mit weit aufgerissenen Augen und angelegten Ohren starrte sie dem Taubendieb hinter her. Sie wirkte leicht benommen. Es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn sie Ohnmächtig geworden wäre. Doch als sie wieder zur Besinnung kam, presste sie ihre Kiefer fest auf einander, zog die Lefzen hoch und ihr Fell sträubte sich. Sofort folgte sie dem Dieb ins Dickicht und das einzige was man von der, vor Wut tobenden Füchsin hören konnte war: ,, Wenn ich den in die Pfoten bekomme, dann hat sein letztes Stündlein geschlagen ! Arrrgh !"                                                                       Foxy gelang es, ihren Taubendieb ein zuholen und mit einem weiteren, kräftigeren Sprung, landete sie genau auf der Lunte des Diebes: ,, Ahaa ! Jetzt hab ich dich du feige Fellkugel !" Zusammen rollten sie auf eine kleine Lichtung und mit einem warnenden Biss ins Genick, signalisierte Foxy, dass sie nun die Oberhand hatte. Sie biss natürlich nicht zu, denn ihre Neugier war zu groß um den Kleinen sofort zu töten. Erst musste sie herausfinden, wer er war und vorallem, warum er hier war. ,, Bitte friss mich nicht !" winselte der junge Fuchs und verfiel in Schnappatmung. ,, Warum sollte ich dich nicht fressen ?! Du bist in mein Revier eingedrungen, du hast mir meine Beute gestohlen und jetzt verlangst du allen ernstes, dass ich dich verschone ? Du spinnst ja !" bellte das Fuchsmädchen nur erwidernd und drückte den Taubendieb noch ein Stückchen mehr auf den kalten Laubboden. ,, Aber ich hatte so einen Hunger !" führte der Dieb die Auseinandersetzung weiter. Foxy konnte nicht glauben was sie da hörte. Empört brüllte sie ihn nun an: ,, Hör mir mal ganz genau zu Kleiner. Weißt du eigentlich wie schwer es ist Frischbeute zu ergattern, wenn die Tage kürzer werden ? Es ist ein reiner Überlebenskampf !" Plötzlich spürte sie, dass der Körper unter ihr, ganz locker ließ. Er kämpfte nicht mehr gegen sie an, immer wieder versuchte er Foxy in die Augen zu blicken. Doch er wagte es nicht, deswegen antwortete er nur kleinlaut: ,, Nein, ich weiß es nicht...ich bin ein Stadfuchs und habe noch nie im Wald gelebt." Erstaunt riss die nun völlig überraschte Füchsin, ihre grünen Augen auf. Sie wich vor dem jungen Stadfuchs zurück und geblendet vor Wut war ihr garnicht aufgefallen, wie verwahrlost und ausgehungert er war. Sein Fell war völlig verfilzt und an einigen Stellen, mit irgendwelchen Flüssigkeiten verklebt. Seine Rippen stachen hervor und sein rasselnder Atem hörte sich nicht gesund an. Foxy hätte sogar ihren Schweif darauf verwettet, dass seine Zähne nicht weiß und spitz wie ihre waren, sondern vergilbt und abgebrochen. Die trüben, braunen Augen des verwahrlosten Fuchses wanderten wieder zur Taube, die er sich auch kurzerhand aneignete. Die völlig verblüffte Fähe allerdings, interessierte sich nicht dafür. Ein Stadtfuchs...? Das kann nicht sein, ich hätte es riechen müssen ! Statt der Stadt Gerüche, kann ich nur Wälder und Wiesen wittern. Gelähmt vor Erstaunen fragte sie mit sanfter Stimme: ,, Wie heißt du Kleiner ?" ,, ...Jeremy" flüsterte der Taubendieb zögernd und wagte es immer noch nicht der Füchsin in die Augen zu schauen. ,, Nun...Jeremy, was machst du hier ? Ich weiß, dass du nicht von hier kommst." Eine bedrückende Stille lag über den Beiden. Erst antwortete er nicht, doch auf einmal veränderte sich der Ausdruck in seinen Augen. Das Trübe verschwand und sie fingen an zu glänzen, ja regelrecht zu leuchten. Er spuckte die Taube aus, streckte die Brust raus und sah nun viel größer und muskulöser als vorher aus: ,, Ich bin nur auf der Durchreise, Bewohnerin des Waldes. Nicht mehr, und nicht weniger. Lässt ihr mich passieren ?" Die feine Ausdrucksweise des Fuchsjungen überraschte Foxy. Sie wollte ihm gerade höflich antworten, als er zu seinem Satz noch hinzufügte: ,,...mit der Beute ?" Sofort sträubte sie ihr Nackenfell und ihr Blick verfinsterte sich. Doch aus irgendeinem Grund, konnte sie keine Wut empfinden. Die Füchsin hatte eher Mitleid. So, wie Jeremy da stand, völlig verwahrlost, müde, wie es schien und auch noch Hungrig. Sie fasste einen Entschluss, der die sonst so freche Jägerin, von sich selbt erschrecken ließ. ,, Also gut Flohteppich, wenn du Lust hast, können wir uns die Taube teilen." Dabei zog sie das Wort "teilen", lächerlich lang. ,, Aber dafür, musst du schom mit in meine Fuchshähle kommen, ansonsten esse ich die Beute alleine !" Als sie den Satz geendet hatte, wedelte sie einladend mit ihrem buschigem Schweif und trabte gut gelaunt davon. Jeremy der in diesem Moment etwas verwirrt von diesem schnellen Sinneswandel der Füchsin war, schnappte sich die Taube und hechtete hinterher.

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Tag der Veröffentlichung: 05.11.2013

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