„Boah!“, schrie Lea laut auf und blickte von ihrem Smartphone auf. Joy drehte ihren Kopf in ihre Richtung und lies bei einer Bremsung des Busses ihre Busfahrkarte fallen.
„Shit!“
Joy bückte sich und versuchte, die Busfahrkarte wieder in ihren Besitz zu nehmen, was gar nicht so einfach schien, wie es sich anhörte, da sie einen Platz auf dem Stuhl hatte und die Busfahrkarte zwischen den Füße der riesigen Menge von Schülern, die sich im Gang herumschubsten.
Und plötzlich hatte sie sie auch noch aus den Augen verloren.
Das darf doch wohl nicht war sein...
Plötzlich tippte ihr jemand auf die Schulter. Joy blickte auf. Ihre Freundin Carolin hatte sie in der Hand.
„Oh, danke, Caro.“ Carolin lächelte Joy so lange an, bis sie einen Lachflash bekam. Und Joy gleich mit ihr.
„Ich habe gesagt: Boah!“, wiederholte sich Lea und zog somit die Aufmerksamkeit auf sich.
„Was ist?“, fragte Caro und Joy schlug sich sogleich mit der Hand aufs Gesicht, da sie schon ahnte, was jetzt kommen würde.
Lea kommentierte das mit einem gewissen Blick, der bedeutete, das sie sie mal am Arsch lecken konnte. Und zwar kreuzweise.
„Ihr glaubt nie, was ich gerade gelesen habe!“, fing Lea schon an, bevor Joy mit einem anderen Thema anfangen konnte, „Zayn hat sich von Perrie getrennt!“
Und ich hatte Recht, dachte sich Joy.
Es ging hier wieder um OneDirection, beziehungsweise diesmal um Zayn Malik, der sich von seiner langjährigen Freundin Perrie Edwards getrennt hatte. Joy fragte sich, wieso Lea das erst jetzt erfuhr, da dies schon vor über einer Woche bekanntgegeben wurde.
Nein, Joy war auf keinen Fall Directioner, wie sich laut Lea alle OneDirection-Fans nannten, aber wie konnte sie nichts von ihnen wissen, wenn ihre Freundin eben so einer war?
„Aber wieso erfahre ich das erst jetzt?“, flippte sie jetzt aus. Abgesehen davon, dass Lea ein Directioner war, war sie auch wirklich etwas verrückt und flippte allzu gerne aus, egal ob es ein Freuden- oder Wutausbruch war.
„Das ist jetzt schon ´ne Woche her! Oh mein Gott! Ich komme zu spät! Scheiße, wieso sagt mir das keiner?“
Und mit dem Zuspätkommen meinte sie, dass es angeblich zu spät sei, ihn sich zu angeln, da in einer Woche ja so viele andere ihn sich geholt haben könnten. Oh nein, die Arme!, dachte Joy und verdrehte die Augen.
„Jetzt mach dir keine Sorgen!“, versuchte Joy ihre beste Freundin zu beruhigen, „Er kommt doch bald nach Deutschland, ja sogar hierher, nach München und gibt ein Konzert! Dann kannst du ihn ja endlich kennenlernen!“
„Aber bis dahin ist er doch schon längst vergeben!“, jammerte sie.
„Nein, eben nicht. Denkst du etwa, er kommt so schnell über sie hinweg?“
Eigentlich war gar nicht Zayn ihr Liebling, sondern L... irgendwas, Joy wollte sich diese Namen sowieso nie merken. Aber da er nun mal Single geworden ist und der Name schon so oft erwähnt worden war...
„Natürlich. Das garantiert einzige, das er an ihr geliebt hatte, war sowieso nur der Sex!“
Caro hielt sich hektisch einen Finger vor den Mund. „Schrei doch nicht so!“
„Du wirst es schon sehen, wenn er herkommt. Komm, steigen wir aus.“ Joy zog ihre Freundin an der Hand hoch.
Der Bus hatte bereits angehalten und die Menge der Schüler quetschte sich nach draußen.
„Geht ihr noch mit in die Stadt?“, fragte Carolin ihre zwei Freundinnen.
Das „Nein, danke, hab noch was zu erledigen!“ kam genauso zeitgleich mit Leas „JA! Frustshoppen!“
Joy wusste nämlich, was Frustshoppen bei Lea hieß. Zuerst alles Geld, das sie hatte, ausgeben, auf Sachen, die sie gar nicht brauchte und Geld ausleihen und nicht mehr zurückgeben, um am Ende alle Sachen wieder zurückzugeben. Joy könnte ihr eigentlich helfen, aber sie musste wirklich etwas erledigen. Lesen oder so.
Sie nahm gleich den nächsten Bus nach Haus, während Lea und Carolin shoppen gingen. Arme Caro!
Joy lief von der Bushaltestelle wenige Meter noch, bis sie zu ihrem mehrstöckigen Zuhause ankam. Sie war nicht reich, jedenfalls nicht besonders reich, aber ihre Eltern führten so etwas wie eine Gaststätte, zu klein für ein richtiges Hotel.
Sie holte ihre Schlüssel raus und öffnete die Hintertür und trat somit in die Lagerhalle. Sie lief dadurch und durch einen Flur und hüpfte dann die Treppen hoch, so wie sie es früher auch immer in ihrer Kindheit getan hatte. Vor ihr war dann endlich die Tür zum Gemeinschaftsraum und sie öffnete sie.
Doch dann blieb Joy ruckartig stehen und stockte.
In dem Gemeinschaftsraum der Gaststätte ihrer Eltern saß jemand. Eher gesagt fünf Jungs. Alle im Alter von etwa 20 Jahren.
Sie war verwirrt, was aber auch kein Wunder war. Ihre Mutter hatte nämlich die Gaststätte geschlossen, aus einem Grund, den sie nicht kannte, und zwar für ganze drei Monate! Mitten in der Sommerzeit, wo ziemlich viele Touristen München besuchen kamen, vor allem kurz vor dem Oktoberfest. Sie verstand ihre Eltern einfach nicht, denn die Einnahmen, die sie von der Gaststätte verdienten, waren der Großteil ihrer gesamten Einnahmen. Sie würden viel Geld verdienen können, wenn sie nur diesen Sommer geöffnet hätten. Aber ihr Vater meinte, sie machten eine Art Sommerpause. Irgendwas war da falsch, das wusste sie, aber ihre Eltern wollten ihr die Wahrheit nicht verraten.
»Hi!«, sagte Joy zögerlich und hoffte hier nicht auf Einbrecher getroffen zu haben, was sie aber nicht wirklich glaubte, denn die Jungs schienen es sich ziemlich gemütlich gemacht zu haben. Einer hatte sogar eine Gitarre in der Hand und schien darauf gespielt zu haben.
»Hello«, antwortete einer der Jungs vorsichtig, einer mit leicht gelockten braunen Haaren auf dem Kopf. Auch die anderen versuchten vorsichtig mit dem zu sein, was sie taten. So als ob sie ein scheues Reh wäre, dass sie nicht mit ruckartigen Bewegungen erschrecken wollten. Ein paar kauten auf ihren Lippen herum und waren sichtlich nervös.
Aha, dachte sie sich, er hat auf englisch geantwortet, also wahrscheinlich Engländer... oder Amerikaner.
Wenn sie sich aber die fünf Jungs genauer anschaute, dann kamen sie ihr irgendwie bekannt vor. Aber woher sollte Joy Engländer oder eben Amerikaner kennen?
Sie kaute auf ihrer Lippe und beobachtete sie ganz genau. Auch die Jungs musterten sie genauestens. Sie wunderten sich bereits, wieso sie nicht ausgeflippt ist, da sie sie gesehen hat. Gekreischt, geheult vor Freude und in Ohnmacht gefallen. So war das bei den meisten der Fall, wenn sie sie sahen.
Die Erkenntnis traf Joy wie ein Schlag.
»OneDirection?«, fragte sie geschockt die fünf Bandmitglieder, die daraufhin kaum merklich nickten.
Oh Mann, was hat OneDirection hier zu suchen?, fragte sie sich verzweifelt. Okay, ich glaube es ist jetzt besser, wenn ich gehe.
Langsam bewegte sie sich nach hinten, ohne die Jungs aus den Augen zu lassen, als ob es böse Raubtiere wären, denen sie nicht den Rücken zu kehren wollte. Und als sie aus dem Türrahmen trat, schloss sie schnell die Tür und verschwand, so schnell sie konnte.
Sie rannte die Treppen wieder runter und lief in die Küche, wo sie ihre Mutter vermutete.
„Mama!“
Als sie in die Küche stürmte, sah Joy sich um, konnte aber keine Spur ihrer Mutter erkennen. Sie wollte gerade wieder weiter suchen, als sie sich umdrehte und fast in ihre eigene Mutter hineinrannte.
„Was ist los?“
Aus der Puste, bedeutete Joy ihr einen Moment zu warten.
„Ist etwas passiert? Etwas Schlimmes?“
Joy schüttelte den Kopf, dann entschloss sie sich aber zu nicken.
„Wer sitzt da eigentlich im Gemeinschaftsraum, Mama?“
Das Gesicht ihrer Mutter wurde etwas seltsam.
„Wieso bist du nicht durch die normale Eingangstür gekommen?“, fragte sie, „Eigentlich wollte ich dich dort treffen und dir darüber etwas sagen.“
Joy hob die Schultern. „Alte Gewohnheit.“ Denn wenn Gäste da waren, hatte sie es nie gemocht, wenn die dann sahen, wie sie von der Schule kam und sie mit dummen Fragen durchlöcherten und eine endlose Diskussion mit ihr begannen, die sie nie unhöflich beenden durfte, egal wie sehr es sich Joy wünschte.
„Und? Was ist jetzt?“, fragte sie nochmals ihre Mutter.
Sie atmete einmal tief ein und aus, ehe sie anfing: „Du weißt ja, dass wir für die anderen Gäste unser Hotel für drei Monate geschlossen haben...“
„Ja... Jetzt rede nicht um den heißen Brei herum, Mama!“
„Also, im Endeffekt: Der Manager einer Jungs-Band hat uns eine beachtliche Summe geschickt, im Austausch dafür, dass diese Band... OneDileption oder OneDiception... Kennst du die?“
„OneDirection. Ja, Mama.“
„Ja, also, dass die dann für diese drei Monate bei uns bleiben, bis zu ihrem ersten Deutschland-Konzert, hier in München.“
Joy schüttelte unverständlich den Kopf. „Ja, aber wieso unbedingt wir? Es gibt doch zig andere Hotels hier in München. Wieso wir?“
Die Mutter kaute an ihrer Lippe. „Nennen wir es mal Kontakte. Papa kennt einen, der einen kennt, der einen kennt, und so weiter. Und dieser eine hat uns eben weiterempfohlen. Und wir passen vor allem gut rein, weil wir das vielleicht kleinste, unauffälligste und wahrscheinlich sauberste Hotel beziehungsweise große Gaststätte sind. Und wir konnten dieses Angebot einfach nicht weg schlagen, da wir praktisch das doppelte von dem verdienen, als einfach so mit normalen Gästen und sogar noch mehr.“
Also das klang echt gut, fand Joy. Abgesehen von den fünf Weltstars, die hier einfach nicht dazu passen konnten. Denn wer brauchte schon verwöhnte Schnösel? Sogar auch noch fünf von ihnen. Sie eben nicht. Egal, da musste sie sich eben durchschlagen, vor allem, wenn sie sich danach einen großen Wellnessurlaub spendieren konnten.
Während Joy sich gerade ihren Urlaub so richtig plante, unterbrach sie dabei ihre Mutter.
„Joy, hör auf zu schwärmen und bring bitte diese Wasserflaschen zu ihnen nach oben! Danke.“
Joy wollte gerade erwidern, dass sie wegen nichts gerade schwärmte, wegen diesen Jungs erst recht nicht, aber das drückte die Mutter ihr schon ein Pack mit sechs Wasserflaschen in die Hand. Fast wäre sie von dem plötzlichen Gewicht umgefallen.
Na toll, jetzt muss ich wegen denen noch dieses Zeug schleppen!
Stufe für Stufe stieg sie mit sechs 1,5 Liter Glasflaschen die Treppe hoch bis sie endlich die Tür erreichte. Doch bevor sie außer Puste noch darein ging – das hätte ihr gerade noch gefehlt, das sie das sehen würden - , machte sie kurz noch eine Pause vor der Tür.
Sie hörte Stimmen von drinnen, lachende Stimmen. Und so schnöselig, wie gedacht, klangen sie auch nicht.
Das kommt noch.
Als es Joy wieder etwas besser ging, öffnete sie die Tür und brachte die Wasserflaschen rein. Sofort fielen alle Blicke auf sie. Joy wurde rot und stellte die Wasserflaschen auf den Tisch in der Mitte ab. Um sie herum die Sofas, auf denen die Stars saßen.
„Here are your water bottles“, sagte sie in fließendem Englisch. Sie war in der Schule in diesem Fach ein Ass, was auch kein Wunder war, wenn ihre Eltern sehr viel Wert auf Sprachen legten und sie diese auch oft im Urlaub einsetzen musste.
„Thanks“, antwortete einer hinter ihr, aber sie konnte nicht sehen, wer es war. Sie drehte sich um und lächelte den blonden Kerl an.
„Your Welcome.“
Joy drehte sich um und wollte gerade gehen, als einer plötzlich rief: „Hey!“
Sie drehte sich um.
„Wie heißt du?“, fragte einer mit schwarzen hochgegelten Haaren.
„Joy.“
„Also bist du die Tochter von Brigitt?“
Also eigentlich heißt meine Mutter Brigitte und nicht Brigitt.
„Ja.“
„Ach so. Okay.“
Ich drehte mich gerade um und wollte gehen.
„Also, wenn du willst, kannst auch mal einfach so zu uns kommen, nicht nur um uns etwas zu bringen. Wir dürfen sowieso nicht ohne Aufsicht raus, das heißt für eine lange Zeit erst mal gar nicht, also wäre es vielleicht keine schlechte Idee, wenn du uns einfach nur so besuchen kommen würdest“, sagte der eine mit dunklen Haaren. Aber hier waren auch vier von fünf dunkelhaarig und Joy konnte ihn schlecht von den anderen unterscheiden.
Hieß der nicht irgendwas mit L...?
„Hey, wieso, findest du meine Anwesenheit langweilig?“, fragte der Blonde seinen Freund und lachte.
„Natürlich. Außer fressen hast du ja auch nichts im Kopf.“
„Hey!“
Und das war der Teil, an dem Joy am liebsten gegangen wären, den der Blonde fiel plötzlich über L... her und fing an ihn spielerisch zu verprügeln. Sobald ein anderer eingriff, machte Joy langsam einen Rückzug.
„Bye!“ Sie öffnete bereits die Tür.
„Hey, warte. Willst du nicht hier bleiben?“
„Siehst du, du hast sie vergrault!“, rief L...irgendwas.
Joy schüttelte den Kopf. „Nein, nein! Ich komme später vielleicht wieder. Nur muss ich jetzt etwas erledigen.“
„Sag ich doch: Du hast Sie vergrault“, murmelte der eine.
Joy schloss schnell die Tür hinter sich und lief in ihr Zimmer. Sie brauchte dringend jemanden zum Reden. Dumm nur, dass keiner davon etwas erfahren durfte.
Dann bin ich wohl so etwas von gearscht!
Joy setzte sich in ihr Zimmer. Und weiter nichts. Ihr Kopf war so leer gefegt, dass sie nicht einmal daran dachte, etwas zu tun.
„OneDirection ist direkt unter meinen Füßen“, murmelte sie und ihr entglitt ein verrutschtes Lachen. „Wenn Lea das wüsste...“
Und in dem Moment bemerkte sie, dass sie sich ziemlich seltsam benahm. Also lief sie runter zu ihrer Mutter in die Küche.
„Was machst du da?“, fragte Joy ihre Mutter, als sie sah, was für ein Chaos da drinnen herrschte. Sie lachte.
„Die Band bestellt zu jeder Mahlzeit etwas, und zwar immer das, worauf sie gerade Lust hat. Das heißt, dass es beinahe unvorhersehbar ist zu wissen, was wir einkaufen müssen.“ Brigitte hob die Schultern und lachte. „Also wenn das nicht stressig mit dem Einkaufen wird, dann weiß ich auch nicht.“
Joy trat ein paar Schritte in die Küche. „Hier, schneide du mal die Karotte!“ Ihre Mutter drückte ihr ein Messer und eine Karotte in die Hand. „Alleine werde ich niemals rechtzeitig fertig.“
Joy besorgte sich ein Schneidebrett und fing an zu schnippeln.
„Wieso machst du dir eigentlich so einen Stress wegen den Jungs?“, fragte sie.
Brigitte blies die Luft aus ihren Lungen. „Ich weiß nicht. Eigentlich ist es dasselbe, wie immer, aber doch etwas anderes. Du weißt halt, dass du alles falsch machen kannst und es dieses Mal eine große Rolle spielt.“
„Wer weiß, vielleicht verklagen die uns, wenn ich ein einziges Mal etwas falsch mache“, fügte sie noch murmelnd hinzu.
„Du wirst gar nichts falsch machen.“ Joy lief auf ihre Mutter zu und umarmte sie. „Du bist doch Mama. Die macht nichts falsch. Niemals.“
So verschwand die Verzweiflung ihrer Mutter und sie musste herzhaft lachen.
Danach ging die Arbeit viel schneller und viel lustiger voran.
„Holst du die Lasagne aus dem Backofen, Schatz?“
„Klar, mach ich gleich!“
Joy holte sie vorsichtig raus und stellte sie auf den Essenslift.
„Geh schon mal hoch und richte im Esszimmer alles.“
Joy seufzte. Sie hasste es, wenn andere ihr dabei zuschauten, wie sie etwas machte, in dem Fall wie sie den Tisch deckte.
Hoffentlich sind die Jungs nicht im Gemeinschaftsraum!
Sie lief die Treppen hoch und lief so schnell wie möglich durch den Gemeinschaftsraum, damit sie ja keiner sah. Glücklicherweise waren sie nicht da, wahrscheinlich auf ihren Zimmern.
Es musste wohl ein glücklicher Zufall gewesen sein, dass sie genau fünf Gästezimmer besaßen. Joy fragte sich, welche zwei der fünf Bandmitglieder die zwei größeren bekommen hatte. Sie konnte das noch nicht einschätzen, wer eher der Platzeinnehmende von ihnen war. Sie konnte sie ja kaum mit Namen benennen.
Dann lief sie durch die Tür, wo „Personal“ draufstand und fand sich in der kleinen Küche wieder. Aus dem Essenslift holte sie die Lasagne und stellte sie ab. Dann holte sie Teller und Besteck und fing an, wieder draußen, den großen Tisch zu decken.
Joy wusste gar nicht, wie sie ihr Heim eigentlich nennen sollte, auch nach so vielen Jahren nicht. Ein Hotel war es nämlich nicht direkt, aber es war auch zu groß für eine durchschnittliche Gaststätte, da die Zimmer und vor allem der Gemeinschaftsraum wie das anliegende Esszimmer sehr groß waren.
„Hey!“
Joy schrak zusammen und stieß einen Schrei aus. Dann drehte sich um. Der Typ mit den schwarzen Haaren stand in zwei Metern Abstand hinter ihr.
Joy war wohl so sehr in ihren Tagträumern vertieft gewesen, dass sie sein Kommen gar nicht gehört hatte.
„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken!“, sagte er und guckte sie mit einem entschuldigenden Hundeblick an.
„Nein, macht nichts!“ Verdammt, jetzt ist doch einer hier und guckt mir zu!
„Ich wollte nicht stören, aber der Geruch des Essens hatte mich hergelockt. Ist es schon fertig?“ Joy hörte seinen britischen Akzent raus. Mittlerweile konnte sie das Englisch schon so gut, dass sie die Akzente voneinander unterscheiden konnte.
„Ja. Ich meine, gleich, nachdem ich gedeckt habe!“
Sie fühlte sich ziemlich blöd und sie spürte, wie ihr die Hitze in den Kopf stieg. Oh nein! Lass mich jetzt nicht rot werden!
Sie drehte sich extra um und machte mit ihrer Arbeit weiter. Als nach einer Weile nichts gesagt wurde, begann er – dessen Name sie nicht einmal wusste – ein Gespräch.
„Wie alt bist du denn schon?“
„Achtzehn“, antwortete sie.
„Also hast du schon die Schule fertig?“
„Nein, ich mache mein letztes Jahr, dann habe ich mein Abitur.“
„Abitur?“
„Ja, das ist der Abschluss nach der letzten Klasse.“
Joy war komplett fertig mit dem Decken und ging schnell in die Küche, hoffend, dass sie ihn damit abschütteln konnte. Aber ihr folgte ihr einfach.
„Ich habe gesehen, dass hier keiner Schuluniformen trägt. Muss wohl toll sein!“ Er lachte und plötzlich war Joy sofort bezaubert davon. Sie schüttelte schnell ihren Kopf, um nicht mehr daran zu denken.
„Also, ich könnte mir ein Leben mit Schuluniform nicht vorstellen!“ Nun lachte auch Joy, was sie dazu plötzlich gebracht hatte, wusste sie nicht.
„Na ja, so schlimm ist es gar nicht. Gewohnheitssache.“ Seine dunklen Augen glänzten.
Sie wusste nicht was mit ihr geschah, aber dann wurde ihr klar, dass das der Moment war, wenn Mädchen wegen erfolgreichen, gutaussehenden Sänger durchdrehen.
Ähm... Ist das jetzt gut oder schlecht?
Sie schaute ihn eine Weile an und bemerkte zum erneuten Mal, wie gut er doch aussah. Jap, eindeutig schlecht!
Auch er beobachtete sie, bis plötzlich ein Blonder in die Küche stürmte.
„Es hat nach Essen gerochen!“
Joy und der Kerl fingen beide gleichzeitig an zu lachen.
„Ja, ähm, ruf doch mal die anderen, ich stelle es schon mal auf den Tisch.“
Joy nahm die Lasagne und verließ mit den zwei Jungs die Küche. Im Esszimmer stand bereits Joys Mutter und stellte den Salat hin. Sie begrüßte den Blonden, während der andere die restlichen drei holen ging.
Brigitte wartete so lange, bis alle endlich da waren, und zwang Joy dasselbe zu tun, eindeutig gegen ihren Willen, dann begrüßte sie alle erneut und wollte gerade jedem sein Essen schneiden und förmlich in den Mund schieben – nach Joys Sicht - , als einer sagte: „Danke, das schaffen wir auch alleine.“
Brigitte winkte denen noch schnell zu und ging dann.
Joy wollte auch gerade gehen, da hörte sie, wie einer sagte: „Warte doch mal.“
Joy drehte sich um. „Braucht ihr was? Soll ich euch vielleicht das Essen vorkauen?“
Alle fünf fingen laut an zu lachen.
„Nein, aber du kannst ja vielleicht mit uns essen. Wir haben genug da, dass schaffen wir alle vielleicht nicht.“
„Als ob“, sagten der Blonde und einer mit dunklen Haaren gleichzeitig und mussten wieder zusammen lachen.
Joy lachte auch. „Nein, danke. Ich habe schon was zum Essen.“ Als ob ich euch zeigen würde, wie ich esse! Ich sehe danach schlimmer aus wie ein Schwein!
„Kommst du später vielleicht vorbei?“, fragte der Lockenkopf.
„Klar.“
Wenn ich eure Namen auswendig gelernt habe und sie dann endlich kann...
Als sie mit dem Essen fertig waren - es war Zayn so was von war klar gewesen, dass Niall selbst den übrig gebliebenen Rest aufessen würde -, setzten sie sich alle vor den Fernseher und zappten durch die Kanäle.
„Mann! Hier gibt es ja nur deutsche Kanäle!“, regte sich Harry auf.
„Oh nein, wer hätte das gedacht!“, erwiderte Louis sarkastisch. Liam hatte für ihn nur eine gerunzelte Stirn übrig.
Harry quittierte das mit seinem beleidigten Blick. „Aber das ist doch wirklich Scheiße! Wir können nicht raus und der Fernseher zeigt auch nichts!“
„Wozu gibt’s Smartphones, Harry?“, fragte Zayn ihn und lachte, „Im heutigen Entwicklungsstadium der Technik ist es sogar möglich, von überall aus sein Fernsehprogramm auf dem Smartphone zu sehen.“
Sein Freund und Bandkollege öffnete den Mund und sah so aus, als ob er eine Erleuchtung hätte.
„Ja, dein gesamtes Weltbild hat sich jetzt verändert.“ Zayn fing heftig an zu lachen. Und seine Freunde gleich mit ihm, abgesehen von Harry, der gespielt beleidigt seine Unterlippe vorschob. Dann konnte er es aber auch nicht mehr halten und lachte mit.
„Wenigstens haben wir hier W-LAN und kommen so besser an unser Programm“, sagte Niall.
„Haben die hier eigentlich Chromecast? Dass wir es mit dem Fernseher verbinden können?“, fragte sich Liam.
„Frag wir halt später nach.“ Louis schaute hinter den Fernseher. „Sieht nicht so aus.“
Danach fingen sie an, sich über Banalitäten zu unterhalten. Zayn schaute ihnen eine Weile zu und lachte mit ihnen, bis er sich anders entschied.
„Hey, ich geh mich hier ein bisschen umschauen. Vielleicht finde ich ja Joy und kann sie zu uns holen.“
„Klar. Aber nur, weil du jetzt Single bist, heißt es nicht, dass du dich gleich an das nächstbeste Mädchen ran schmeißen sollst!“, rief Harry und lachte. Auch die anderen stimmten mit ein.
Zayn lachte auch und tat so, als ob es witzig wäre, doch in Wirklichkeit verspürte er einen Stich in der Brust.. Er schloss die Tür hinter sich und sein Lächeln fiel.
Es tat ihm wirklich leid, dass er Perrie so weh tun musste. Aber ihm selber tat es noch viel mehr weh. Es war nicht nur Trauer und Schmerz, Tonnen Schuldgefühle lasteten auf ihm.
Sie hatten so viel miteinander durchgestanden.
Bevor er ihr ihre Liebe gestanden hatte, hatte er es bereits getan. Aber da war er noch dumm gewesen. Diesmal war er betrunken gewesen. Und zwar richtig. Er konnte sich nicht mal an die Nacht erinnern.
Nur an den nächsten Morgen. Als Perrie anfing zuschreien, weil sie ihren Verlobten mit einer anderen in seinem Bett sah.
Wie oft hatte er versucht, es ihr zu erklären, dass er sich an nichts erinnerte, dass es ihm leid tat. Doch sie konnte ihm nicht erneut verzeihen. Seine Anrufe nahm sie schon seit Wochen nicht mehr an. Aber wer konnte es ihr verübeln?
Eigentlich war es bereits zwei Monate her, ihre Trennung. Preisgegeben wurde es aber erst vor einer Woche. Als die Presse sich zum erneuten Mal fragte, wieso Perrie ihn nicht mehr begleitete.
Zayn atmete ein Mal tief durch, um jetzt nicht durchzudrehen. Er rieb sich seine Augen und normalisierte seinen Atem. Eigentlich ging es ihm bereits besser, besser als vor zwei Monaten. Lag vielleicht daran, dass er einfach nicht mehr an sie dachte.
Doch jetzt hatte er seine Gedanken wieder bei ihr. Und es fühlte sich schlimm an.
Aber nicht mehr so schlimm, wie als ich sie schreiend vor mir sah.
Er lief die Treppen runter und lief wahllos durch die Gänge. Nachdem er sich mindestens zehn Mal verlief, kam er in der Lobby an. Dort traf er auf Jonathan, neben Brigitt der Leiter des winzigen Hotels, diskutierend mit Paul, dem Manager von OneDirection. Jonathan hatte ihnen erlaubt, ihn John zu nennen.
Als sie Zayn bemerkten, wandten sie sich zu ihm.
„Hey! Wo sind die anderen?“, fragte Paul.
„Oben.“ Zayn machte eine Geste. „Ich bin alleine gegangen, wollte mich nur etwas umsehen.“
Beide nickten. „Wenn du oder ihr etwas braucht, gebt uns Bescheid“, sagte John lächelnd.
„Klar!“ Wenn ich mich nicht wieder zig mal verlaufe..., fügte er in Gedanken hinzu.
John hatte wohl seinen Gesichtsausdruck richtig gedeutet, denn er sagte: „Du bist am schnellsten oben, wenn du diese Treppe nimmst.“ Er zeigte auf eine hinter ihnen. „So musst du keine Umwege laufen. Und hoch geht es übrigens zu unserer Wohnung, also gibt es da nicht viel zum Schauen.“
Der Star nickte und John drehte sich wieder zu Paul und diskutierte weiter mit ihm, Zayn wurde nicht mehr beachtet.
Er tat, wie geheißen und nahm die andere Treppe. John hatte recht, hier war es wirklich einfach, denn in wenigen Sekunden war er bereits oben. Und stand vor dem Gemeinschaftsraum.
Der Gemeinschaftsraum lief über in die große Essecke und in den Gang, wo sich die einzelnen Türen zu den Zimmern befanden. Zayn fand, dass es hier wirklich stilvoll aussah, alles war aufeinander abgestimmt. Hätte man etwas anders gemacht, sähe es garantiert nur halb so toll aus.
„Hey, da ist er ja wieder!“, rief Niall.
„Woher kommst du?“, fragte Liam.
„Häh? Du bist doch durch die Tür rausgegangen.“, sagte Harry.
„Man sieht schon. Du kennst dich hier bereits bestens aus!“ Louis staunte.
Man konnte schon sehen: Den Jungs war eindeutig langweilig. Sie hatten nichts besseres zu tun, als unwichtige Fragen zustellen. Und das nach nur einem Tag.
Wie wird es dann wohl in drei Monaten aussehen? Zayn musste lächeln.
„Eigentlich nicht“, fing er an zu erzählen, „Ohne Johns Hilfe hätte ich mich wieder zehn Mal verlaufen.“
Alle fingen an zulachen.
„Okay, ich guck mich dann mal weiter um. War noch nicht überall.“
„Ich komm mit!“, sagte Louis.
Doch plötzlich griff Niall ihn an und schrie: „Nein! Mit dir habe ich noch eine Rechnung offen!“ Sie schlugen spielerisch auf sich ein und Zayn ging lachend, ohne auf sie warten. Denn bis sie erst mal damit fertig waren... So lange wollte er auch nicht warten.
Joy suchte in ihrem Laptop weiter nach Musik der Band OneDirection. Denn wenn sie sich wirklich mit ihnen treffen wollte – wollen eher weniger, aber immerhin musste sie drei ganze Monate mit ihnen auskommen –, dann wäre es von Vorteil, etwas über ihre Musik zu wissen. Zum Beispiel, welche Art von Musik sie machten. Es hätte auch Hard Rock sein können, während sie sich mit ihnen über ihre neuen Schlagersongs unterhalten konnte, von denen sie null Ahnung hatte. Es wäre einfach peinlich, keine Ahnung über sie zu haben.
Und ihre Namen. Oh Gott! Die musste sie auch noch auswendig lernen. Dann mussten ein paar von ihnen auch noch so komische Namen haben. Die Namen Louis, Liam und Harry habe ich ja schon mal gehört. Aber Niall und Zayn? Höre ich zum ersten Mal.
Jetzt wusste sie aber immerhin, wer der Typ war, der sich von Perrie Edwards getrennt hatte. Den Namen wusste sie schon, aber nicht wie er aussah. Und leider muss es genau der scharfe Kerl sein! Der, der sie bis in die Küche begleitet hat und ihr unbedingt zusehen musste, wie sie den Tisch deckt. Der sie mit Fragen gelöchert hat. Der so unglaublich heiß aussah.
Verdammt!
Das war das allerletzte, was sie wollte. Sich in einen Star zu vergucken. Und ausgerechnet in den, der Single war. Konnte er nicht einfach vergeben sein? Und somit das Problem lösen?
Joy schüttelte den Kopf, steckte ihre Kopfhörer in die Ohren und klickte das nächste Lied an.
Zayn lief mit Absicht die Treppen hoch, wo sich laut John der Wohn-, wie auch Schlafraum der Familie befand. Zwar hatte John gesagt, es gäbe dort nichts Interessantes, aber um die Langeweile loszuwerden, wollte er ja Joy zu sich holen. Und es juckte ihn hundsgemein, die indirekte Regel zu brechen und hoch zu gehen.
Oben sah es ähnlich aus, wie unten, wo sich seine Freunde gerade befanden. Ein großes Zimmer, so wie es aussah, das Wohnzimmer. Dahinter der Flur mit drei Türen. Eine Tür war nur angelehnt. Zayn spähte rein.
Er sah Joy mit dem Rücken zugewandt an einem Laptop sitzen. Sie schaute sich mit Kopfhörern ein Video an. Fünf lachende Jungs rannten am Bildschirm vorbei. Er erkannte das Musikvideo der neuen Single seiner Band.
Also ist sie doch ein verrückter Fan!
Er beobachtete sie weiter. Ihre dunkelbraunen Haare fielen ihr lockig über die Schultern. Sie waren nicht lang, aber auch nicht zu kurz. Die selbe Länge, wie die von Perrie. Er schüttelte den Kopf.
Sie bewegte sich. Zayn hatte Angst, er hätte ein Laut von sich gegeben. Aber Joy beendete nur das Video und öffnete einen neuen Tab. Sie gab etwas ein und Bilder von OneDirection erschienen. Dann klickte sie eins an und fing auf die Namen aufzuzählen, in der Reihenfolge, so wie sie standen.
„Harry. Liam und Louis. Nein, Fuck! Louis und Liam! Zayn. Und... Ach, Fuck!“
Zayn wunderte sich. Was macht sie da?
„Ähm...“ Joy schien langsam zu verzweifeln. Zayn verstand immer weniger. Denn aus welchem Gund sollte sie verzweifeln?
„H... He... nein... Harry!“
Das war der Moment, in dem Zayn verstand. Sie war gar kein verrückter Fan. Nein, sie kannte One Direction nicht mal. Und sie versuchte sich ihre Namen einzuprägen!
Zayn bekam fast einen Lachflash und versuchte so schnell und so leise wie möglich, zu verschwinden.
Das war das Letzte, was er erwartet hatte. Nicht, weil er sich seinem Erfolg so sicher war, sondern weil sie nicht dem Anschein erweckt hatte, dass sie sie nicht kannte. Sie war wohl die geborene Schauspielerin.
Sie konnte es einfach nicht hinkriegen. War es denn so schwer, Namen auswendig zu lernen? Immerhin konnte sie aber die meisten benennen, auch wenn sie dafür etwas Zeit brauchte.
Die Songs hatte sie sich jetzt auch angehört. Sie hatte eine ganz eindeutige Meinung dazu: Sie mochte sie nicht. Denn Joy stand eher auf Rap oder auf Kiffer-Lieder, gesungener Rap. Aber nicht auf so Boyfriend-Pop.
Sie klappte ihren Laptop zu und ging in ihr anderes Zimmer. Sie hatte zwei davon, glücklicherweise hatte Joy keine Geschwister.
Sie warf sich auf die mitten im Zimmer hängende Hängematte, stöpselte ihre Kopfhörer in die Ohren und lies ihre Musik laufen.
Sobald Zayn in den Gemeinschaftsraum kam und Louis ihn entdeckte, machte er ihm sogleich Vorwürfe. „Du hättest auf mich warten können!“
Zayn fing an zu lachen. „Hätte ich gewartet, wären wir erst jetzt losgegangen.“
„Trotzdem! Immerhin hättest du mir helfen können.“ Louis schob beleidigt seine Unterlippe vor.
Zayn lachte nun noch heftiger. „Klar!“ Als er sich wieder einigermaßen gekriegt hatte, fragte er: „Was hast du eigentlich gemacht, dass Niall dich verprügeln wollte?“ Er konnte sich nur zu gut vorstellen, worum es ging.
„Na was wohl?“, rief Niall, „Er hat meine Brownies aufgegessen!“
Nun fingen alle an zulachen. Selbst Liam und Harry, die sich schon ein Mal darüber lustig gemacht hatten, lachten aus vollem Hals.
„Ihr glaubt nie, was ich gerade gesehen habe!“, fing Zayn dann an, zu erzählen.
„Einen Elefanten?“, riet Niall.
„Einen nicht elektrischen, sondern mit Holz betrieben Kamin?“, machte sich Liam über Zayn lustig.
„Paparazzo?“, fragte Louis und runzelte die Stirn.
„Die nackte Joy?“, scherzte Harry.
Alle vier sagten dies beinahe zeitgleich.
„Nein“, erwiderte Zayn und warf Harry einen seltsamen Blick zu. „Aber mit Joy hat es schon etwas zu tun.“
Harry wackelte mit den Augenbrauen und Zayn schüttelte lachend den Kopf.
„Genau, Harry. Nein. Aber wir haben uns doch immer gewundert, was mit Joy los sei, ob sie vielleicht doch kein Fan wäre – zu unserem Glück. Doch als in ihr Zimmer geschaut habe...“
„Du hast sie ausspioniert?“, fragte Liam.
„Nein!... Oder doch? Egal, jedenfalls habe ich gesehen, wie sie sich unsere Musikvideos angeschaut hat...“ Er lies den Satz so in der Luft stehen.
„Ich hab´s doch gewusst!“, schrie Niall aus.
„Also doch noch eine Verrückte!“ Liam nickte.
Auch Harry und Louis fingen wild an, miteinander zu diskutieren.
„Das habe ich auch gedacht“, fuhr Zayn fort, „bis ich gesehen habe, wie sie ein Bild von uns geöffnet hat und versucht hat, die Namen von jedem von uns zu nennen.“
„Häh?“ Louis machte ein ratloses Gesicht. Auch die anderen waren verwirrt. Außer Liam.
„Sie weiß also nicht mal unsere Namen?“, fragte er.
„So sieht´s aus.“
„Warte. Echt jetzt?“ Nialls Augen waren auf einmal so groß wie Teller.
Zayn nickte.
„Sie weiß wirklich nicht unsere Namen?“
„Da waren wir unsrem Rum wohl zu sicher!“ Louis schlug Harry auf die Schulter und lachte los.
„Ja, eindeutig!“, stimmten alle zu.
Nachdem das Lachen verebbte, fingen sie mit ihrem täglichen Ritual an, holten Gitarren und fingen an zu singen.
Es war zwanzig Uhr und plötzlich kam John, Joys Vater, in den Gemeinschaftsraum, wo die Jungs lustlos fernsahen. Er begrüßte sie und die Jungs schalteten den Fernseher aus, um zu hören, was er sagen wollte.
„Herzlich Willkommen hier nochmal. Ich hoffe ihr werdet gut schlafen, auch wenn es noch früh ist.“
Die Band nickte. John fuhr fort.
„Paul hat mir noch was mitgegeben, was ihr unbedingt haben wolltet.“
Den Jungs wurden die Augen groß und voller Vorfreude.
„Er hatte mir gesagt, ich sollte es euch erst um acht Uhr geben, damit ihr auch noch ein wenig singt und übt, bevor ihr anfangt, zu zocken.“
Alle fünf fingen an, zu jubeln und von sich von ihrem Sitzplatz zu erheben, um die X-Box, die John hinter seinen Rücken zauberte, zu sich zu nehmen. Sobald sie sie hatten, schlossen sie sie so schnell wie möglich an den Fernseher an. Vor lauter Freude, vergaßen alle, außer Liam, sich zu bedanken.
John lachte und ging wieder zurück nach unten.
Was ist das für ein Lärm? Den hörte Joy selbst durch ihre nicht gerade leisen Kopfhörer.
Sie sprang zum ersten Mal nach drei Stunden aus der Hängematte und machte sich ohne ihre geliebte Musik auf den Weg nach unten. Es hätte eh kein anderer gewesen sein, als die Band, die unter ihr hauste.
Als sie die Tür zum Raum öffnete, verstand sie zuerst das Chaos darin nicht. Erst nach einer Weile verstand sie die halbwegs geordnete Struktur darin. Zwei schlossen irgendwas an den Fernseher an, ein anderer feuerte sie dabei an, die restlichen zwei bereitet irgendwas auf dem Tisch auf.
Joy wurde stolz auf sich als sie merkte, dass sie sie voneinander unterscheiden konnte. Zayn und Harry waren am Fernseher und schlossen... eine X-Box an? Während Liam sie dabei anspornte und Niall und Louis den Tisch mit Controller ausstatteten.
Sie konnte ahnen, was jetzt kam. Doch ehe sie einen Rückzieher machen konnte, waren wie durch Zufall alle fertig mit dem, was sie taten und bemerkten Joy.
„Setz dich doch zu uns!“, forderte Zayn sie auf. Doch als sie gerade ihren Kopf schütteln wollte, zog Niall sie zu den Sofas. Oh nein!
„Was spielt ihr?“, fragte Joy.
„Call of Duty!“, erzählte Louis begeistert.
Also, eigentlich wollte ich wissen, ob das eine Wii oder eine PlayStation ist...
„Das wird lustig!“, freute sich Harry und auch die anderen bombardierten sie im Rausch mit ihrer Freude, wie sie erfahren konnte, weil sie die X-Box – achso, eine X-Box! - bekommen hatten.
Und bevor sich Joy wehren konnte fingen sie an, zu spielen und ließen sie nicht mehr gehen.
Sie sind eben doch fast wie kleine Jungs!
„Oh mein Gott!“, schrie Joy los. „Wieso spielt ihr so etwas?“ Sie drehte ihren Kopf weg, um nicht mehr hinsehen zu müssen.
„Häh?“ Das kam von Niall.
„Was ist los?“, fragte Liam. Die beiden hatten zwar keinen Controller in der Hand, allerdings waren sie zu sehr auf den Bildschirm fixiert.
Der Rest war zu beschäftigt mit spielen.
„Wer erfindet so ein Spiel?“, fragte Joy. Sie schaute auf die Altersfreigabe. Und die erklärte einiges.
Gerade als sie ihren Kopf wieder in Richtung Fernseher drehte, kam plötzlich eine weitere gewaltige Szene und sie schrie erneut auf. „Oh mein Gott!“ Sie hielt sich die Augen vors Gesicht. „Ich bleib jetzt so sitzen!“ Doch keiner kümmerte sich um sie.
„Jungs, stellt mal leiser! Wenn ihr nicht wollt, dass ich gehe, dann solltet ihr schon noch dafür sorgen, dass ich die Stunde heil überlebe.“ Nicht einmal hören wollte sie so etwas.
Erst war es einen kurzen Moment still bis plötzlich einer von ihnen anfing vor Freude zu grölen.
„Schau mal, Harry, ich hab's doch geschafft!“ Louis reichte den Controller an Niall weiter.
Joy bezweifelte, dass sie einer gehört hatte und stand auf.
„Nein, du bleibst schön da!“, rief Louis. Er hatte es wohl geschafft, sich auch noch auf etwas anderes zu konzentrieren. Allerdings war seine Aufmerksamkeitsspanne nicht gerade groß und er starrte schon wieder auf das Geschehen im Fernseher.
Joy schüttelte den Kopf. Schlimmer als Kinder! Aber vielleicht kann ich ja jetzt raus? Trotzdem blieb sie, da sie wusste, dass sie sauer werden würden und sie wieder zurückschleppen würden, sobald sie ging. Das hatte Louis vorhin immerhin gesagt. Und sie bezweifelte, dass er scherzte.
Nach einer Weile siegte trotzdem der Hunger und sie ging in die Küche, um sich etwas zu holen.
Grade öffnete sie den Kühlschrank, hörte sie ihre Mutter rufen: „Fass bloß nichts an! Wenn uns am Ende etwas zu Essen fehlt, dann sind wir am Arsch!“ Ja, solche Ausdrücke hörte man öfter von ihrer Mutter.
„Aber ich habe so Hunger!“
„Es ist fast zehn Uhr, verdammt noch mal!“
„Nur eine Karotte!“ Joy faltete ihre Hände und warf sich auf den Boden.
Und nun hatte sie ihre Mutter gebrochen. „Aber nur eine!“, ermahnte sie sie.
„Ja ja!“ Trotzdem schnappte sie sich zwei, als ihre Mutter nicht hinguckte und damit lief sie schnell hoch. Zu spät merkte sie, dass sie die Tür zum Gemeinschaftsraum geöffnet hatte, anstatt hoch in ihr Zimmer zu gehen und sich von den fünf Jungs etwas Freizeit zu gönnen. Aber selbst als sie die Tür geräuschvoll hinter ihr schloss, schaute keiner von den Bandmitgliedern hoch.
Haben sie überhaupt bemerkt, dass ich weg war?
Statt sich zu setzen, blieb Joy stehen und beobachtete die Jungs. Es gelang ihr mittlerweile, Zayn von den anderen zu unterscheiden, da sie mit ihm bereits geredet hatte und die Nachrichten auch eine gute Zeit über ihn berichtet hatten. Niall hob sich von den anderen aufgrund seiner blonden Haare an und Harry wegen seinen Locken. Nun war da noch das Problem, Liam und Louis zu unterscheiden und nach Joys Meinung konnten diese zwei Namen nicht ähnlicher klingen.
Sie fragte sich immer noch, ob sie sie richtig benannt hatte. Und das hoffte sie, denn sonst wäre das unglaublich peinlich für sie gewesen. Zum Glück wussten sie nicht, dass sie ihre Namen erst auswendig lernen musste. Das sie sich hier irrte, ahnte sie nicht.
Joy hatte Lust ins Bett zu gehen. Doch am Ende würden Louis und der Rest sie aus ihrem Bett hier her schleppen, also musste sie ihnen davor wohl oder übel Bescheid sagen, dass sie ging, wenn sie nicht noch Stunden warten wollte bis sie zu Ende gespielt hatten. Frustriert biss sie in die Karotte.
„Jungs?“, brachte sie mit vollen Mund hervor, verschluckte sich allerdings an der Karotte.
Und dann fing sie laut an zu husten. Merkt denn keiner, dass ich grade verrecke?
Als es ihr wieder etwas besser ging, wischte sie sich die Tränen aus den Augenwinkel und schaute die Jungs an. Sie saßen nicht anders da wie davor, außer dass der Blick von ihnen gehetzter aussah. Haben die wirklich nichts mitgekriegt?
Joy vermutete, dass das wohl an der Lautstärke liegen musste, denn eine bessere, nein, eine andere Erklärung fiel ihr nicht ein.
„Oh mein Gott, ich bin nackt!“, rief sie plötzlich.
Alle Köpfe drehten sich auf einmal zu ihr um und sie wusste nicht ob sie lachen oder sie wütend anschreien sollte.
Und plötzlich ertönten widerliche Geräusche aus dem Fernseher. „Fuck!“, rief Liam und hämmerte auf seinen Controller ein. Aber es war anscheinend zu spät. Zayn stellte auf Pause.
„Du bist ja gar nicht nackt!“, schmollte Harry. Und das war der Moment, in dem Joy ganz laut anfing zu lachen. Und auch die anderen stimmten nach einer Weile mit ein.
„Wieso hast du das dann gesagt?“, fragte Niall, während Joy immer noch versuchte sich zu fassen.
„Weil ich eure Aufmerksamkeit wollte!“
„Das hättest du auch aber anders machen können!“ Zayn grinste.
Sie blickte alle fünf verständnislos an und legte ihren Kopf schräg. „Ernsthaft?“
„Ja. Du hättest mich auch einfach rufen können und ich hätte dir geholfen. Mit was auch immer du Hilfe brauchtest oder so“, sagte Liam und meinte es wirklich ernst.
„Ich habe euch mehrmals gerufen und ich habt nicht reagiert!“
„Oh!“, sagten sie beinahe synchron und Joy unterdrückte einen weiteren Lachflash.
„Ja, Paul hat schon mal etwas davon gesagt, dass wir nicht gestört werden können, wenn wir spielen.“ Harry fing wieder an zu lachen. Und Joy nun auch.
„Respekt, Joy, du hast es geschafft, uns während eines Spiel aus unserer Trance zu holen. Das hat bisher noch niemand geschafft“, scherzte Louis und lachte.
Dann aber wurde er still und schaute auf Joys Hand. Sie hob die Augenbrauen.
„Ist etwas, Louis?“, fragte sie. Sie schaute auf ihre Hand, in der die eineinhalb Karotten lagen.
„Sind das Karotten?“, fragte er.
Die anderen Jungs stöhnten laut. Sie wussten, was jetzt kommen würde.
„Ja.“ Joy zog das Wort in die Länge und sah ihn sowie die anderen fragend an. „Wieso?“
„Kriege ich eine?“ Louis sah sie bittend an.
Deswegen das ganze Theater? „Klar, wieso nicht.“ Sie ging auf ihn zu um sie ihn zu geben und verstand die Situation immer noch nicht ganz.
„Magst du auch Karotten?“, fragte er, bevor ich sie ihm gab.
„Ja.“ Die Situation kam ihr immer noch surreal vor.
Plötzlich stand Louis auf und umarmte sie begeistert. Erst drückte sie ihn von ihr weg, jedoch erreichte sie dabei nichts.
„Jungs, könnt ihr mir das erklären?“ Verzweifelt blickte Joy die Superstars an.
Liam seufzte. „So wie es aussieht, kennst du seinen Standartspruch nicht. Entweder heißt er 'Ich mag Karotten' oder 'Ich mag Mädchen, die Karotten mögen'. Erklärt dir das einiges?“
Joy schüttelte ihren Kopf. „Nein, es wirft eher mehr Fragen auf.“
Die Jungs lachten. „Okay, Louis, jetzt reicht's. Du kannst sie loslassen“, sagte Zayn und lachte.
Joy spürte wie Louis seinen Kopf schüttelte.
„Louis!“, rief Harry. Und plötzlich war sie umringt von fünf riesigen Jungs, einer davon, der sie umklammerte, als ob sie zehn Milliarden teurer Schatz wäre, und die anderen vier versuchten ihn von ihr loszumachen.
„Au!“, rief sie als etwas an ihren Haaren zog.
„Sorry!“ Wem die Stimme gehörte, konnte sie nicht zuordnen.
Niemals hatte Joy erwartet, dass sie zwischen Weltstars stehen würde, die sich prügelten. Zwar schlugen sie sich nur leicht und spaßeshalber, aber diese Situation war mehr als unwirklich.
Nach einer Weile hatte sie sie los, lag allerdings aber auf dem Boden, weil sie durch einen Schubs das Gleichgewicht verloren hatte.
„Geht's dir gut?“, fragte Zayn lachend und bot ihr seine Hand an.
„Wow, hast du wirklich zu mir gesprochen oder schaust du noch auf den Fernseher?“, lachte Joy und nahm seine Hand an. Er zog sie hoch.
„Ich bin müde, ich gehe schlafen“, sagte sie dann zu allen und drehte sich um zu Tür.
„Warte, wir sind doch noch gar nicht fertig mit spielen!“, rief Louis.
„Er will dich nur nicht mehr gehen lassen, weil er jetzt weiß, dass du Karotten magst“, lachte Niall.
„Wie jetzt, ihr seid nicht fertig?“ Joy schaute sie entsetzt an. „Ihr habt doch verloren, als ihr euch zu mir umgedreht habt!“
„Da irrst du dich, du hast doch keine Ahnung, wie das Spiel geht.“ Harry schaute sie grinsend an.
„Natürlich, deswegen bringt es doch nichts, wenn ich noch da bleibe!“
„Doch, es bringt etwas. Du hinderst uns daran, noch bis morgen früh zu spielen!“, sagte Zayn.
Joy wandte sich zu Liam. „Du stehst so ruhig da. Du bist doch sicher auch dafür, dass ich schlafen gehe!“, jammerte sie.
„Auch wenn ich es dir gönne würde zu schlafen, gegen diese Jungs kann man sich nicht allein – oder zu zweit – durchsetzen. Sorry!“ Er schaute sie entschuldigend an.
„Aber ich muss doch morgen noch zur Schule!“
„Das ist nicht mehr unser Problem.“
„Dein Problem!“
„Tja!“
„Du schaffst es sowieso nicht mehr, dich rauszureden.“
Somit war ihre Niederlage wohl klar. „Aber dann schlafe ich eben hier ein!“
„Wenn du willst!“
Joy warf ihren Kopf nach hinten und stöhnte. Es brachte alles nichts.
Und so setzte sie sich zwischen Zayn und Louis, die ihre Controller wieder in die Hand nahmen und schloss die Augen, denn sie wollte auf keinen Fall noch mal zum Fernseher sehen. Das eine Mal war schon zu viel gewesen.
Zayn gab seinen Controller an Louis weiter als er merkte, dass Joy auf seiner Schulter eingeschlafen war. Er grinste.
„Hey, schaut mal!“, rief er seine Freunde. Sie reagierten nicht. Er wiederholte was er gesagt hatte. Und nun verstand er, was Joy damit gemeint hatte, als sie gesagt hatte, niemand hätte bei ihren Rufen reagiert. Er überlegte kurz, ob er rufen sollte, dass er nackt wäre, entschied sich aber doch dagegen. Stattdessen schaltete er den Fernseher aus.
„Hey!“, brüllten alle gleichzeitig.
„Psst!“, zischte Zayn. Dann grinste er. „Seht mal, wer eingeschlafen ist!“
Nachdem sie Joy auf Zayns Schulter sahen, regten sie sich ab und lachten.
„Es wäre am Vernünftigsten, wenn wir sie jetzt in Ruhe lassen und auch schlafen gehen“, sagte Liam.
„Das Vernünftigste vom Vernünftigsten“, lachte Niall. Liam schaute ihn kopfschüttelnd an.
Vorsichtig bettete Zayn Joys Kopf auf das Sofa. Louis half ihm dabei.
„Seltsam“, sagte Niall, „sie sieht so friedlich auf, wenn sie schläft.“
Harry lachte laut. „Ja, das tut sie!“
Das tat sie wirklich, denn sonst schaute Joy immer frech durch die Gegend und die Wirkung verstärkte sich noch durch ihre schulterlangen wilden Haare. Sie besaß ein normale braune Haarfarbe, wodurch sie nicht aus der Menge herausstach, aber der Schnitt lies sie darin nicht ganz untergehen.
Zayn grinste als Harry und Louis anfingen sich über ihren Charakter zu unterhalten. Er fand auch, dass sie ziemlich aufgeweckt war. Ja, und etwas verrückt war sie auch, dass konnte man an ihrer Art und ihrer Haltung erkennen.
„Gute Nacht!“, riefen sie noch alle der schlafenden Joy zu, ehe sie in ihre Zimmer gingen.
„Verdammt nochmal, Joy!“ Ihre Mutter stürzte in den Raum.
Joy rieb sich den Schlaf aus den Augen. Sie hatte ziemlich gut geschlafen, so gut wie schon lange nicht mehr. Kein einziges Mal war sie in der Nacht aufgewacht.
„Joy, was tust du hier?“, fragte ihre Mutter sie aufgebracht.
Sie öffnete die Augen. Und fand sich auf dem großen Sofa des Gemeinschaftsraumes wieder.
„Oh nein!“, sagte sie und setzte sich auf. „Ich bin wirklich eingeschlafen!“
„Du erklärst mir jetzt sofort, was du hier bei den Jungs suchst!“, forderte ihre Mutter und schaute sie verständnislos an. Dann aber wurden ihre Augen riesig und sie konnte sich vorstellen, was in der Nacht passiert sein könnte.
„Joy! Was hast du getan?“
„Nein!“ Sie klärte ihre Mutter über die Nacht davor auf. Dass sie praktisch gezwungen wurde, da zu bleiben und dann war sie eingeschlafen.
„Verdammt! Und ich habe dich überall gesucht und dachte, du wärst abgehauen und hättest mich mit diesen Jungs alleine gelassen!“ Sie stöhnte.
„Gehen wir lieber raus, bevor wir die Jungs aufwecken. Wenn das nicht schon längst geschehen ist“, fügte sie noch hinzu.
Joy musste sich beeilen. Sie hatte mächtig verschlafen und ihre Mutter konnte sie dazu auch nicht finden, um sie aufzuwecken, wobei noch mehr Zeit verloren ging.
Eigentlich hätte Joy auch gar nicht mehr gehen, nach dem ereignisreichen Abend einfach zu Hause bleiben können, aber so ein Typ Mensch war sie nicht. Selbst nach den ganzen Prüfungen nicht.
Den Bus hatte sie bereits verpasst, was klar gewesen war, deswegen rief sie einen Freund an, der sie fahren könnte. Dennis war ein Jahr älter als sie und gönnte sich nach dem Abitur ein Jahr Pause. Nach seinem halben Jahr in Amerika, verbrachte er seine Zeit nun wieder in Deutschland und genoss sein Leben, oft auf Partys.
„Was ist?“, hob er genervt sein Telefon ab. Gut gelaunt klang er nicht gerade, denn es war ja gerade mal halb acht und er war eindeutig kein Morgenmensch.
Joy klärte ihn über ihre Situation auf. Doch er hatte nicht die geringste Lust. Eigentlich war er immer hilfsbereit, vor allem gegenüber Joy, da sie sich schon so lange kannten. Nur nicht am Morgen.
„Ach komm schon! Gib' mir dann einfach nur dein Auto, ich komme schon selbst hin.“
„Nein, auf keinen Fall!“ Denn Dennis wusste, wie sie ihren Führerschein abgeschlossen hatte. Nämlich durch ihren Cousin, den Rennfahrer, und ein paar seiner Kumpels. Von ihnen hatte sie ihre harte Fahrweise. Sie fuhr nicht schlecht, nur überdimensional gut und zu schnell. Vielleicht sollte sie ja auch Rennfahrerin werden, fragte er sich oft.
Nicht, dass er kein Vertrauen in sie hatte. Es war nur sein teurer Mercedes, den er keinem anvertraute.
„Aber ich muss doch irgendwie zur Schule!“
Schon nach der ersten Sekunde, in der Joy ihren Freund um einen Gefallen bat, war klar gewesen, dass er es am Ende tun würde. Vielen konnte er die Wünsche abschlagen, nur konnte er es bei ihr nicht. Vielleicht war sie zu aufdringlich bei manchen Sachen.
„Okay, in zehn Minuten fahren wir los“, murrte er.
„Nein, in fünf“, und schon hatte sie aufgelegt. Er konnte sich schon vorstellen, wie sie aus der Haustür stürmte und zu ihm lief. Er wohnte ja kaum zwei Minuten von ihr entfernt.
Schnell packte Joy ihre Sachen und sprintete los. Bei ihm angekommen, klingelte sie laut und dann kam schon der müde Dennis heraus. Seine blonden Haare standen ihm unfrisiert in alle Richtungen ab, trotzdem sah er noch süß aus, fand Joy.
„Ich hatte nicht mal Zeit für einen Kaffee!“, beschwerte er sich, setzte sich dann aber mit ihr ins Auto und fuhr los.
„Du bist aber früh dran“, sagte Lea kichernd als sich Joy etwas verschwitzt neben sie in den Unterricht setzte.
„Ja, ich hab' verschlafen“, murmelte sie. Jetzt hatte sie sich den Eindruck bei ihrer Englischlehrerin verdorben, da es nun aussah, als ob sie die Schule nicht mehr kümmerte.
„Wie kommt das?“, flüsterte Lea ihr zu. Auch Carolin, die links von ihr saß beugte sich zu ihr rüber. Denn es war total untypisch für Joy, den Morgenmenschen.
„Ruhig, Mädels!“
Sofort vermummten sie.
Die Englischlehrerin war einfach nur erbärmlich, normalen Unterricht selbst nach den Prüfungen und allem zu verlangen. Einfach nur einen englischen Film zu schauen war doch nicht zu viel verlangt.
Aber sich einfach nicht mehr an die Regeln halten, war für die Schüler auch keine Lösung. Die Lehrerin würde es noch schaffen, jedem die Abiturnote zu versauen. Also mussten sie wohl oder übel die Klappe halten.
Später in der Pause fragte Carolin ihre Freundin: „Wie hast du es eigentlich geschafft rechtzeitig zur Schule zu kommen, wenn du den Bus verpasst hast?“
„Dennis hat mich gefahren“, antwortete Joy.
Es war kurz still.
„Oh mein Gott“, kam es nun von Lea. „Oh mein Gott!“
„Was?“ Joy runzelte die Stirn und verstand nicht, was ihre Freundin so aus der Fassung brachte. Vielleicht will sie ihr ja etwas Neues von OneDirection erzählen?
„Oh mein Gott, Joy!“ Lea fächelte sich Luft zu. Oder es ist doch nichts von ihrer Lieblingsband, sondern etwas Anderes. Liegt es daran, dass Dennis mich gefahren hat?
„Du hast mit Dennis geschlafen!“, rief sie quer über den Schulhof. Einige Köpfe drehten sich nach ihnen um. Joy klappte die Kinnlade herunter.
„Was? Nein! Wie kommst du da drauf?“
„Natürlich hast du das! Und deswegen hast du verschlafen und er hat dich dann gefahren“, schlussfolgerte Lea falsch. Und Joy schaffte es immer noch nicht ihren Mund zu zumachen.
„Warte mal, Lea, schrei' erst mal nicht so rum!“, versuchte Carolin sie zu beruhigen. Und dann drehte sie sich zu Joy. „Stimmt das etwa?“
„Hölle, nein!“
„Sicher?“
Joy durchbohrte Lea mit ihrem Killerblick. „Ja!“
Scheinbar konnte sie ihr aber noch nicht glauben. Und es dauerte noch eine Weile bis sie die beiden davon überzeugen konnte, dass Dennis sie nur gefahren hatte und mehr nicht geschehen war. Und noch länger, sogar bis zur nächsten Pause, bis sie ihnen eine erfundene Geschichte über ihr Verschlafen auftischen konnte.
Lea und Carolin glaubten schon seit Jahren, dass ihre liebe Freundin etwas für Dennis empfand und er genauso für sie. Und das obwohl Dennis für Joy nur ihr bester Freund war. Aber das konnten sie natürlich nicht verstehen und versuchten die Beiden immer wieder irgendwie zusammenzubringen. Total idiotisch!
Nachdem es zum Schulende geläutet hatte, flüsterte Lea ihr zu: „Ich habe gesehen, wie Leon erleichtert geschaut hat, als du in der ersten großen Pause gemeint hattest, dass du nicht mit Dennis geschlafen hast. Ich glaub', der mag dich auch.“
Joy verdrehte die Augen. Dann aber schaute sie sie verwirrt an. „Was hast hier 'auch'?“
Ihre Freundin grinste sie schelmisch an.
„Lass mich bloß mit deinen Vermutungen mit Dennis in Ruhe!“, warnte Joy sie, aber die grinste nur und folgte ihr stumm. Wow, sie ist gerade wirklich ruhig.
An ihrer Bushalte verabschiedete sie sich von ihren Freundinnen, jedoch folgte ihr Lea anstatt zu ihr nach Hause zu gehen.
„Was soll das, Lea?“, fragte Joy, die die Gedanken ihrer Freundin nicht nachvollziehen konnte.
„Ich komme mit dir mit“, antwortete sie.
„Ja, so viel ist mir jetzt auch klar“, meinte Joy. „Aber wieso?“
Ihre Freundin hob entschlossen den Kopf. „So schnell glaube ich dir nicht!“
„Was?“ Sie war irritiert.
„Als ob zwischen dir und Dennis wirklich nichts gelaufen ist! Ich spür' doch, dass heute Morgen beziehungsweise gestern Abend etwas war!“
„Und was hast du jetzt vor?“, fragte Joy.
„Na, zu dir nach Hause gehen. Wenn Dennis nicht wieder in deinem Bett liegt, dann muss wohl noch seine Unterwäsche oder so bei dir liegen!“, überlegte Lea.
„Du spinnst doch!“ Die Brünette schüttelte den Kopf und fing an, sich über dummen Hirngespinste ihrer Freundin aufzuregen. „Mach doch was du willst!“
Und plötzlich fiel ihr ein, dass eine ganz bestimmte Band gerade an diesem Ort war, an den ihre durchgeknallte beste Freundin gehen wolle.
„Nein, warte, du darfst nicht zu uns!“, rief Joy erschrocken und merkte erst dann, dass das ein Fehler gewesen war.
„Siehst du, ich hatte doch Recht!“ Lea klatschte begeistert in die Hände. „Ich hab's gewusst, ich hab's gewusst!“
„Lea, nein, so meinte ich das ni...“
„Wahrscheinlich wartet er schon dort auf dich, damit ihr weitermachen könnt!“, unterbrach sie sie. „Oh, das muss ich unbedingt sehen!“
„Was genau? Ihn oder wie wir weitermachen?“, fragte Joy, weil es doch irgendwie witzig war, was Lea sich alles einbildete.
„Jetzt hast du es zugegeben!“, schrie sie und plötzlich war die gesamte Nachbarschaft wach. „Du hast es zugegeben!“
„Was? Nein!“ Joy fing an zu verzweifeln und doch sammelte sich bei ihr langsam Wut an. „Ach, sag doch was du willst!“ Sauer über ihre Freundin rauschte sie nach Hause ab.
Lea merkte, dass das etwas zu viel gewesen war. Sie sollte ihre Freude Joy nicht so sehr präsentieren, da ihre Freundin wütend war. Kein Wunder, Lea hatte es immer vorhergesagt, doch Joy wollte ihr ja nicht glauben und nun hatte Lea doch Recht gehabt.
„Komm schon!“, versuchte sie das wütende Mädchen zu beruhigen. „Ich komme jetzt einfach mit und wenn Dennis wirklich bei dir ist, dann halt ich eine Weile die Klappe und sage nichts mehr über euch. Aber ich komme nur zu Sicherheit mit.“
„Wieso sollte ich euch so etwas verheimlichen wollen?“, fragte Joy, lustlos auf alles. Wenn sie mitkommen wollte, sollte sie es ruhig. Der Tag war stressig genug gewesen, noch mehr Aufregung würde sie nur schneller ins Grab bringen. Und so lange sie nicht in den Gemeinschaftsraum gingen war alles gut. Lea hatte keinen Grund dahin zu gehen.
„Ist ja auch egal!“ Sie zog Joy mit sich um schneller bei ihren Zuhause zu sein. „Wenn er wirklich nicht da ist, dann sag' ich für eine Weile auch wirklich nichts mehr.“
Für eine Weile... Fast lachte Joy auf.
Lea stürmte beim Vordereingang des Hotels ein. Dann rannte sie die Treppen zu Joys Zimmer hoch.
Joy bekam langsam schwitzige Hände. Hatte ihre Freundin etwa vor, Dennis in diesem Haus zu suchen? Bis sie ihn fand?
Dann würde sie aber auch in den Gemeinschaftsraum gehen, um ihn zu suchen. Und die Jungs finden.
Schnell sprintete Joy ihr hinterher. Glücklicherweise fand sie sie in ihren Zimmer und nicht irgendwo anders. Lea schaute gerade in ihren Kleiderschrank als sie reinkam.
Joy hob verständnislos ihre Augenbrauen. „Ernsthaft?“ Denkt sie wirklich, er hat sich in meinem Kleiderschrank versteckt?
Ihre Freundin zuckte nur mit den Schultern, was so viel heißen sollte wie 'Was soll's? Ein Versuch war's wert!'. Sie schaute dann noch überall in den Zimmer, wo er sich hätte verstecken können, dann noch in den anderen Zimmern, fand Dennis aber nicht.
Wer hätte das gedacht?, dachte Joy sarkastisch und verdrehte die Augen.
Enttäuscht sanken Leas Schultern. „Na ja, dann halt nicht.“
Erleichtert stieß Joy die Luft aus.
„Warte!“, schrie sie doch plötzlich los. „Ich hab im Gemeinschaftsraum noch nicht geguckt!“
Joy hielt den Atem und ihr Puls beschleunigte sich, als Lea das sagte.
Nein, bitte nicht!
„Du kannst da aber nicht rein!“, sagte sie und hoffte ihre Freundin würde das akzeptieren.
Doch, wer hätte das gedacht, sie interpretierte den Gesichtsausdruck wieder falsch und stürmte los. Joy versuchte, sie noch aufzuhalten, was ihr gut gelang, da sie im Türrahmen stand und Lea somit den Weg versperrte, doch nach einem besonders heftigen Schubser fiel sie auf den Hinter und Lea rannte an ihr vorbei los und lief schon die Treppen runter zu den Raum, in dem sich die Band befand.
Schnell richtete Joy sich auf und eilte ihr hinterher.
„Bitte!“, rief sie. „Bleib stehen!“
Joy erwischte den Zipfel von Leas Jäckchen und hielt sie daran fest. Doch plötzlich fielen die beiden durch den gegenseitigen Impuls zusammen die Treppe runter. Da es nur noch wenige Stufen bis nach unten waren, kamen sie zwar nicht sehr hart, dafür ziemlich schmerzhaft und aufeinander auf dem Boden auf. Beide fingen an zu stöhnen.
Doch kaum waren fünf Sekunden vergangen, richtete Lea sich wieder auf und sprang zu der Tür, die als einzige Barriere zwischen ihr und dem Gemeinschaftsraum stand. Joy sprang auf und hielt Lea davon ab, die Türklinke herunterzudrücken, indem sie sie auf den Boden warf.
„Du darfst da nicht rein, hab doch dir doch gesagt!“, schrie sie ihre Freundin an.
„Wieso?“
Die beiden kämpften auf dem Boden, schlugen jedoch nicht gegenseitig auf sich ein.
„Weil da dein Geburtstagsgeschenk liegt und du es nicht sehen darfst!“, fiel Joy als Notlösung ein.
„Lüge!“, rief Lea. „Ich hatte vor zwei Monaten erst Geburtstag!“
Somit schaffte Lea es die viel schwächere Joy auf den Boden zu drücken und konnte dann zur Tür laufen. Mit einem Ruck öffnete sie sie.
„Gott, was ist das?“, fragte Niall.
Die anderen hörten auf zu essen und zuckten hoch.
Jemand rannte die laut die Treppen hoch.
„Wahrscheinlich Joy, die es kaum erwarten kann, mich zu sehen!“, sagte Louis.
„Weil sie Karotten mag, heißt es nicht, dass sie dich auch so sehr mag“, antwortete Zayn.
„Wow, das hat mich jetzt gekränkt!“ Spielerisch machte er eine traurige Grimasse.
Man hörte wie die Person an der Tür vorbeirannte und die Treppen weiter hoch stampfte. Somit war das Thema erledigt und sie aßen weiter gemütlich weiter.
Dann hörten sie wie jemand anderes die Treppe hoch rannte, allerdings viel leiser, aber genauso gehetzt.
„Wer ist das denn jetzt?“, fragte Harry.
„Ihr Besuch?“ Niall guckte komisch.
„Wer wird das wohl sein?“, fragte Louis.
„Jetzt hört mal, wie haben besseres zu tun, als uns um Joys Besuch zu kümmern“, antwortete Liam. „Sie hat ihr eigenes Leben, auch wenn wir sie es gestern Abend nicht hatten alleine leben lassen.“
Zayn grinste.
Es war wieder eine ganze Weile ruhig, als sie plötzlich jemanden etwas rufen hörten. Sie runzelten alle die Stirn. Es war Joy gewesen.
Wieder stampfte jemand die Treppen runter. Die Köpfe der Jungs drehten sich alle zur Tür.
Zayn wollte raus und schauen, was los war, aber er war wie festgefroren mit seinem Hintern am Stuhl, genauso wie die anderen.
Jemand anderes rannte hinterher und schrie irgendwas und plötzlich hörte man ein lautes Poltern.
Sind sie die Treppen hinuntergefallen?, dachte Zayn und wollte dieses Mal wirklich aufstehen, aber er konnte es nicht dazu bringen.
Es war kurz still, doch dann war da wieder Lärm. Joy schrie etwas. Und eine Mädchenstimme schrie etwas zurück. Es polterte wieder.
Irritiert und verwirrt starrten sich die Jungs nun an. Sie wussten lange nicht, was sie tun oder sagen sollten.
„Bitchfight?“ Louis versuchte einen Scherz zu machen und dieser holte die Band aus ihrer Trance und sie standen auf, um zur Tür zu gehen.
Und dann ging sie mit einem Schwung auf und ein Mädchen stand da, ihre Haare völlig durcheinander von dem Zweikampf. Im Hintergrund sahen sie Joy auf dem Boden liegen, die fertig das Mädchen ansah.
Das Mädchen sah sie an und es war eine ganze Weile still.
Doch dann fing sie an zu schreien.
„Oh mein Gooott!“ Sie hielt sich die Hände vor den Mund und fuhr sich dann damit durchs Gesicht. „One Di...“
Joy war schnell aufgestanden und hielt ihrer Freundin die Hand vor den Mund. Sie schrie in Joys Hand hinein.
„Verdammt, wenn du das jetzt laut herumschreist, erfahren die Nachbarn auch noch davon!“, schimpfte Joy auf deutsch und Zayn verstand rein gar nichts davon.
Sie nahm die Hand von dem Mund ihrer Freundin, die sich erst Luft zu fächelte und dann umfiel.
„Fuck!“
Dieser Ausdruck kam von Joy und allen Jungs der Band gleichzeitig.
Joy versuchte ihre Freundin erst in eine angenehme Pose zu bringen, dann klatschte sie ihr mehrmals auf die Wangen. Erst schien es, als ob es nichts bringen würde, doch dann schlug Lea plötzlich ihre Augen auf und sah verwirrt um sich.
Ihr Blick blieb wieder bei den Jungs hingen.
„Joy“, sagte sie.
„Ja?“
„Siehst du sie auch?“
„Wen denn? Ich sehe niemanden“, antwortete ihr Joy.
Wütend drehte Lea ihren Kopf zu ihr um. „Hör auf! Ich weiß, dass sie da sind!“
Schnell rappelte sie sich auf und Joy half ihr dabei. Doch kaum stand Lea, schwankte sie wieder hin und her. Joy schnappte sie am Arm.
„Oh mein Gott!“
„Okay, Lea, bevor du hier wieder ausflippst und ganz laut rufst, dass One Direction hier ist, setzt dich hin und hör mir zu!“ Joy versuchte beschwichtigend wie auch fordernd zu klingen.
Widerwillig lies es Lea über sich ergehen. Als sie endlich saß, schwankte sie weniger.
Die Bandmitglieder kamen nun auf Lea zu und begrüßten sie. Und sie konnte nur geschockt dasitzen und verträumt guckend ihre Hände schütteln.
„Also, eigentlich ist es gar nicht meine Schuld gewesen, dass sie hergekommen sind, aber...“, fing Joy an, aber plötzlich unterbrach sie Lea.
„Wieso hast du mir verschwiegen, dass One Direction in deinem Zuhause sitzt?“, schrie sie laut.
„Psht!“ Liam hielt sich den Finger vor den Mund. „Ich habe keine Ahnung, was du da sagst, aber solange du ruhig bist und das Wort 'One Direction' nicht herumschreist, ist alles okay“, sagte er, da er die deutsche Sprache nicht verstand.
„Joy?“ Lea drehte sich langsam zu Joy um.
„Was?“
„Er hat mit mir geredet!“, flüsterte sie und explodierte dabei fast vor Freude.
„Okay, setz dich erst mal!“ Joy begleitete ihre Freundin auf dem Weg zum Sofa. „Und jetzt erzähl ich dir, wie es dazu gekommen ist, dass One Direction bei mir zu Hause ist.“
Während sie die ganze Geschichte erzählte, setzten sich auch die Jungs und schalteten den Fernseher ein. Als sie fertig war, wandte sie sich dann an die Jungs.
„Sorry, wegen den Umständen mit ihr“, meinte sie und legte ihren Hundeblick auf. „Ich konnte sie nicht aufhalten, hier her zu stürmen.“
„Ja ja, das passt schon“, meinte Harry. „Solange sonst niemand anderes davon weiß...“ Er schaute sie genau an, um damit sicherzugehen.
„Nein, nicht mal sie wusste eigentlich davon, bevor sie euch gesehen hat“, meinte Joy und seufzte. Wie kurios die Situation geworden war. Erst beschuldigte, ihre Freundinnen sie, eine heimliche Beziehung mit Dennis zu führen, dann traf Lea auch noch auf One Direction und drehte durch.
„Warte, was?“ Louis drehte seinen Kopf zu Joy um.
„Wusste sie es ernsthaft nicht?“, fragte Niall. „Denn eigentlich hab ich gedacht, dass du ihr von uns bei dir zu Hause erzählt hast und deine Freundin deswegen her gestürmt ist.“
Lea wurde langsam klar, wie idiotisch sie sich benommen hatte und sie wurde rot im Gesicht.
„Was?“, fragte Joy. „Ich erzähl doch gleich nicht jedem, wer gerade bei uns wohnt, obwohl ich es geheim halten soll!“
„Aber das war auch meine erste Vermutung gewesen“, meinte Liam.
Die anderen nickten zustimmend zu.
„Ihr Frauen seid halt geschwätzig“, meinte Niall. „Da ist so etwas eben das Erste, was man erwartet.“
Sie sah ihn stirnrunzelnd an und schüttelte den Kopf. Dann musste sie lächeln. „Klar, ich bin auch so wie alle anderen. Nein, eigentlich hatte meine Freundin Lea gedacht, dass ich hier irgendwo einen Übernachtungfreund versteckt hätte und da ich ihr nicht erlaubt hatte, hier her zu kommen, war sie sich dessen sicher und sie musste ihn ja unbedingt sehen. Na ja, und ich hab es schlussendlich nicht geschafft, sie dabei aufzuhalten.“
Die Jungs lachten alle gleichzeitig los.
„Das ist so verrückt!“, rief Liam.
Joy schüttelte ebenfalls lachend den Kopf und Lea wurde rot. Seltsam, dass sie schon seit einer ganzen Weile kein Wort mehr gesagt hatte, denn normalerweise redete sie wie ein Wasserfall.
Nachdem das Gelächter nach Minuten verstrich, sagte Lea zum ersten Mal etwas.
„Also, kriege ich... also nur wenn ihr wollt... vielleicht ein paar... ähm... Autogramme?“, fragte sie die Band im gebrochenem Englisch. Aber das lag vor allem daran, weil sie so aufgeregt war.
„Klar“, antwortete Liam sogleich und lächelte sie an.
Lea schmolz sofort dahin. Liam war ihr Liebling und ausgerechnet er sprach nun mit ihr. Sie schwebte wohl im siebten Himmel.
„Hast du ein Blatt Papier oder so und noch einen Stift?“, fragte er noch.
Panisch riss Lea die Augen auf und guckte energisch um sich, nur um sich dann wieder zur Besinnung zu rufen. Dann schaute sie mich mit großen Augen an.
„Holst du mir vielleicht...?“, fragte sie.
Joy stöhnte; ging aber trotzdem los, es ihr zu besorgen. Als sie gerade die Tür aus dem Gemeinschaftsraum schließen wollte, rief Lea ihr plötzlich noch hinterher: „Aber schönes festes Papier und einen guten Stift!“
Auch wenn es niemand mehr sah, verdrehte Joy die Augen.
Wegen ihr musste Joy auch noch stundenlang nach gutem festen Papier suchen, aber als sie es endlich in ihrem Zimmer fand, dazu noch einen einigermaßen guten Kugelschreiber, konnte sie endlich wieder runtergehen.
Sie öffnete die Tür und hörte die Stimmen von drinnen zu ihr nun durchdringen.
„Und was hast du vor, zu studieren?“, fragte Louis Lea.
Lea fing an zu verzweifeln, während sie nach dem Wort suchte. Dann wandte sie sich an Joy. „Was heißt Sozialwissenschaften?“
„Sie will social sciences studieren“, übersetzte Joy für die Jungs und Liam nickte anerkennend.
„Wow. So etwas würde ich nicht hinkriegen“, meinte er.
Joy schaute Lea an und sie sah aus, als würde sie gleich kollabieren vor Freude. So sehr bis zu den Ohren zu grinsen konnte einfach nicht gesund sein und Lea musste wohl bald umfallen.
Sie redeten noch weiter über irgendetwas, während Liam auch schon anfing, auf dem Blatt Papier zu unterschreiben. Joy lies sie einfach nur ihr Ding machen und setzte sich neben Zayn, der sich als einziger von allem raus hielt und starr zum Fernseher schaute. Aber wirklich mitkriegen, was dort lief, tat er nicht, denn er war mit seinen Gedanken ganz wo anders.
„Hey!“, rief Joy, um ihn aus seinen Überlegungen zu holen und warf sich neben ihm hin.
Zayn sah zu ihr und lächelte sie halbherzig an. „Hey.“ Sein Lächeln verrutschte.
Joy wusste, dass sie jetzt vorsichtig sein musste, mit dem, was sie sagte, denn ihm ging es sichtlich nicht gut.
„Und, wie geht’s?“, fragte sie ihn und lächelte ihn fröhlich an. Am liebsten hätte sie sich dafür geohrfeigt. Wie geht’s war nicht gerade das, was man einen fragte, dem es ihm sichtlich nicht gut ging.
„Gut“, murmelte er. Dann sagte er nichts mehr und starrte weiterhin lustlos auf den Fernseher.
Sie wusste nun gar nicht mehr, was sie hätte tun sollen. Er wollte ja nicht reden, warum auch immer, und sie musste ihn in Ruhe lassen. Aber gleichzeitig wollte sie ihm helfe und wissen, was ihm fehlte. Es konnte doch nicht sein, dass alle lachten und glücklich waren, aber Zayn stattdessen einsam in der Ecke saß.
„Willst du vielleicht irgendetwas essen?“, fragte sie. „Die meisten Leute, die meinen wütend zu sein, sind in wirklich nicht wütend, sondern hungrig, also würde dich vielleicht etwas zu Essen...“
„Halt bitte mal die Klappe!“, unterbrach er Joy plötzlich und ihr bleib das Wort im Hals stecken.
Wütend starrte Zayn auf den Bildschirm und Joy saß sprachlos neben ihm.
Sie war schockiert. Eigentlich wollte sie ihm ja nur helfen und nicht schaden.
Die anderen hatten mittlerweile auch mitbekommen, was zwischen Zayn und Joy vorgefallen war und es wurde still.
Monoton stand Joy nun auf und machte sich auf den Weg zur Küche. Jetzt brauchte sie nur noch
„Nimm es ihm bitte nicht übel“, meinte Niall und strich mir beim Vorbeilaufen über den Arm. „Er hat einen schlechten Tag, es...“ Es war wieder etwas lauter geworden und Lea unterhielt sich wieder aufgeregt mit den Jungs. Niall flüsterte jetzt nur noch. „Es ist nur so, dass... vor einem Monat hat sich Zayn von seiner Freundin getrennt und...“
Joy schüttelte den Kopf. „Ist egal. Es ist ja sowieso nicht meine Sache.“
Sie stolzierte trotzdem beleidigt in die Küche. Dort fuhr sie sich durch die Haare.
Joy vertrug es einfach nicht, wenn man sie anfuhr. Oder allgemein vertrug sie Auseinandersetzungen der harmlosesten Art nicht. Also nahm sie sich erst mal einen Pudding aus dem Kühlschrank und fing an, ihn auszulöffeln. Ja, sie durfte sich nicht wundern, woher sie manchmal die zusätzlichen Kilos hatte, die sie locker hätte verlieren können.
Wieso musste sie mir auch auf die Nerven gehen?, fragte sich Zayn, als Joy gekränkt in die Küche flüchtete.
Es ging ihm übel. Richtig übel, denn es schmerzte die Trennung von seiner Verlobten Perrie schmerzte immer noch stark. Mittlerweile war es bereits einen Monat her, aber es fühlte sich trotzdem noch wie vor einer Woche an.
Er war einfach wütemd auf alles und jeden. Heute musste man ihn nur in Ruhe lassen. Und die einzige, die das nicht verstehen konnte, war Joy.
So langsam holte ihn der Verstand ein und er merkte, dass er überreagiert hatte. Aber nun war es auch zu spät, es war bereits geschehen. Und Joy hatte einen schlechten Eindruck von ihm, aber nun spielte es keine Rolle.
Zayn erinnerte sich an den Vorschlag, den Harry gemacht hatte, als ihm eingefallen war, welcher Tag heute war. Er sollte sich ablenken und zwar mit anderen Mädchen. Das Dumme war nur, das beinahe jedes Mädchen ihn kannte und er sich schlecht normal mit ihnen unterhalten konnte, ohne dass sie in Ohnmacht fielen oder irgendwas von ihm wollten, wie Geld.
So gesehen wäre Joy eigentlich die perfekte Wahl gewesen. Er bezweifelte, dass sie in Ohnmacht fallen würde wegen ihm oder von ihm Geld wollen würde. Außerdem sah sie eigentlich recht gut aus.
Aber was machte er sich für Gedanken? Er verwarf sie schnell. Es würde sowieso zu nichts kommen. Vor allem nicht, nachdem er sie so angefahren hatte.
Einigermaßen von dem Vorfall erholt, warf Joy die leere Puddingverpackung in den Müll und betrat wieder den Gemeinschaftsraum. Die Situation hatte sich von vorhin kaum verändert. Ab und zu redete Lea noch mit den Jungs, aber ansonsten starrten sie auf den Fernseher, während Lea immer noch auf ihrem Sitz aufgeregt zappelte. Zayn saß auch genauso wie vor wenigen Minuten.
Halbherzig hörte Joy dem Fernseher zu. Da es sowieso nichts Interessantes mehr lief, wollte sie eigentlich in ihr Zimmer und sich dort von dem anstrengenden Tag erholen. Das Problem lag nur darin, dass sie wegen Lea dableiben musste. Ihre Freundin hatte sie schon nach den zehn Minuten, die sie Pudding essend in der Küche verbracht hatte, böse angeschaut. Wenn sie jetzt komplett verschwinden würde, würde Lea es ihr wohl nie verzeihen. Obwohl sie es Joy auch nie verzeihen würde, dass sie den Aufenthalt von One Direction bei ihr zu Hause verheimlicht hatte.
Kurz gesagt: Lea würde sie dafür hassen, wenn Joy sie jetzt alleine bei der Band lies. Wahrscheinlich war sie jetzt schon kurz vorm Durchdrehen und würde daran vielleicht bald sterben.
Es war dann irgendwann Abend und Joys Mutter brachte der Band das Abendessen, weswegen Lea und Joy so langsam mal gehen mussten. Lea verabschiedete sich von den Jungs mit einer Umarmung, wobei man hätte denken können, sie würde wirklich jeden Moment an einem Herzinfarkt erleiden. Joy hingegen winkte ihnen einfach nur zu, mit der Ausrede, dass sie sich eh jeden Tag sehen würden.
Was Joy aber am meisten wunderte, war, dass sogar Zayn sich von Lea umarmen lies und er dabei sogar ehrlich lächelte. Na ja, es sah ehrlich aus, aber vielleicht hatte er ja großes schauspielerisches Potential.
In ihrem Zimmer setzte sich Joy erst mal hin. Am liebsten hätte sie ganz laute Musik angemacht und sich in ihren schaukelnden Stuhl gesetzt; wäre da nur nicht Lea, die immer noch nicht von hier verschwinden wollte.
„Gott, du hättest mir davon erzählen müssen!“, machte sie Joy den Vorwurf. „Ich hab mich da so blamiert, als ich in Ohnmacht gefallen bin.“
„Was kann ich dafür, wenn du in Ohnmacht fällst?“
„Es ist einfach deine Schuld, okay?“
Joy zuckte einfach mit ihren Schultern. Okay, dann war es halt ihre Schuld. Gegen Leas Anschuldigungen kam sie sowieso nicht an.
Kaum hatte Lea aber angefangen, sich über die Situation aufzuregen, schwärmte sie bereits. „Gott, sie waren es wirklich! Und sie sind alle so heiß! Und hast du Liam gesehen? Der war aber auch so was von schnuckelig! Und wie süß er mit mir geredet hat!“
Dann schlug sie sich aber die Hände ins Gesicht. „Es war der schönste, aber auch schlimmste Tag in meinem Leben! Wie konnte ich nur vor ihm das Bewusstsein verlieren?“ Ihre Stimmungsschwankungen sorgten mal wieder dafür, dass sie nun total traurig war, nachdem ihre Wut über Joy und ihre Freude wegen One Direction verblasst waren.
„Liam hat doch gemeint, dass es voll süß von dir war, dass du da umgefallen bist“, meinte Joy, um einen Nervenzusammenbruch vorzubeugen.
„Ja, eigentlich hast du Recht. Ach, heute ist einfach der schönste Tag in meinem Leben!“
Lea warf sich in die Arme der überraschten Joy und fing an zu heulen. Erst verstand Joy nicht, was in dem Moment geschah, dann blickte sie aber, dass Lea vor Freude heulte. Etwas verklemmt strich sie ihrer Freundin über den Rücken.
„Es tut mir auch leid, dass ich dir nicht davon erzählt habe. Aber ich bin der Schweigepflicht unterlegen. Stell dir doch mal vor, ich würde jedem von One Direction bei mir zu Hause erzählen. Nachdem sie mich erst als One Direction liebende Psychopathin abgestempelt hätten, hätten sie mein Haus gestürmt. Und das war nicht der Plan von dem Manager der Band.“
Lea sagte irgendetwas, was aber in ihrem Schluchzen unterging.
„Ja, ich hätte dir trotzdem davon erzählen sollen, da du meine beste Freundin bist“, erriet Joy und lag damit auch richtig. Hätte ich nicht, meinte Joy dann noch in Gedanken.
„Aber du entschuldigst dich jetzt wegen der Sache mit Dennis!“, forderte Joy, nachdem Lea sich beruhigt hatte.
Lea brauchte eine Weile, um zu verstehen, was sie meinte, da sie noch zu aufgewühlt für richtige Gedanken war. Dann aber sagte sie: „Nein, tu ich nicht. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass zwischen euch was läuft!“
Joy stöhnte. „Bist du dir wirklich sicher? Denn ich habe ein Stockwerk unter mir fünf andere heiße Jungs. Denkst du wirklich, ich würde dann was mit Dennis anfangen?“ Natürlich meinte sie das nicht ernst, aber sie musste Lea einfach von ihren falschen Gedanken abbringen.
„Ja, da hast du recht. Armer Dennis. Du lässt den verknallten Kerl wirklich sitzen.“
Joy stöhnte erneut. Wenn da wirklich etwas wäre, würde sie ihr ja recht geben, aber da lief ja rein gar nichts zwischen ihnen.
Genau in dem Moment klingelte Joys Handy. Lea nahm ab, bevor Joy es tun konnte.
„Ja, hallo?“
Irgendjemand antwortete.
Lea grinste und flüsterte Joy zu: „Es ist Dennis!“
Joy verdrehte nur die Augen.
„Klar, ich geb's ihr gleich, aber ein Tipp: Mach dir bloß keine Hoffnungen mehr!“
Damit überreichte Lea Joy ihr Telefon. Wütend starrte Joy ihre Freundin an.
„Hey!“, rief sie, wieder lächelnd, in ihr Handy.
„Was hat Lea damit gemeint, ich solle mir keine Hoffnungen machen und über was?“, fragte Dennis sie gleich.
„Ach, keine Ahnung, frag sie und ihre überdrehten Gedanken selbst“, antwortete Joy schnell und Lea streckte ihr dabei die Zunge raus. „Also, was gibt's?“
„Du warst den ganzen Tag nicht zu erreichen. Und eigentlich wollte ich fragen, ob du Bock aufs Kino hast, aber jetzt ist es ja schon zu spät für die Mittagsaufführungen.“
„Ja, sorry, du kennst doch Lea. Ich war wegen ihr den ganzen Tag zu beschäftigt.“
Als Lea das hörte, schlug sie Joy auf den Arm.
„Au!“
„Ich hab überlegt, ob du jetzt noch ins Kino willst?“, fragte er über den Hörer und ignorierte den kleinen Streit zwischen den Mädchen, die sich jetzt gegenseitig verhauten.
„Klar, wieso nicht? Ich brauche jetzt eh eine Auszeit von allem.“ Vor allem von One Direction.
Die beiden klärten dann noch, wann und in welchen Film sie gehen würden, dann versprach Dennis sie abzuholen und legte auf.
„Guck!“, rief Lea. „Er mag dich! Und jetzt will er sich auch noch mit dir treffen! Und zwar alleine, denn sonst hätte er mich auch eingeladen, er wusste ja, dass ich bei dir bin!“
Joy verdrehte nur die Augen und begleitete sie noch bis zur Tür zum Abschied.
Nach dem Essen klingelte es schon unten an der Tür und Joy ging runter und sie fuhr zusammen mit Dennis ins Kino.
Der Film war eigentlich genau die Art von Film, den beide so mochten. Ein Horrorfilm. Vielleicht war dieser ein bisschen zu psychopathisch, aber gut. Gut im Sinne von, dass dir beiden die ganze Zeit lachen mussten und sich mit Popcorn beworfen hatten.
Nach dem Film schauten sie sich das Filmprogramm vor dem Kino an.
„Das war witzig heute“, meinte Dennis.
„Ja.“ Joy lachte auf.
„Womit warst du eigentlich den ganzen Tag mit Lea beschäftigt? Was hat sie mit dir denn angestellt?“
„Ach, die Geschichte ist so lange, die erzähl ich dir mal, wenn ich nicht so müde bin.“ Und wenn ich eine bessere Ausrede dafür parat habe.
„Okay.“ Plötzlich beugte sich Dennis zu ihr runter.
Joy erstarrte.
Als seine Lippen ihre berührten, wusste sie nicht, was sie machen sollte. Sie wollte das nicht, denn Dennis war ihr bester Freund und sie wollte ihren besten Freund nicht küssen. Aber gleichzeitig wollte sie ihn nicht weg schucken, da er sonst beleidigt sein könnte.
Also hatten Lea und Carolin doch recht gehabt. Dennis wollte das etwas von ihr. Und Joy war zu dumm gewesen, um es zu merken.
Der Kuss dauerte nicht lange, vielleicht fünf Sekunden. Dann löste er sich von ihr und schaute ihr in die Augen.
„Also...“, fing er an zu reden, wusste dann aber nicht, was er sagen sollte.
Joys Augen blieben handtellergroß, ehe sie sich wieder fing. „Dennis, ich weiß nicht, was das gewesen sein sollte, aber... ich kann das nicht. Du bist mein bester Freund und deswegen geht das einfach nicht“, sagte Joy ehrlich. Sie hätte sich für diese Ehrlichkeit schellen können.
Verletzt schaute er sie erst an, dann wandte er seinen Blick von ihr. „Mhm.“
Es war für eine Zeit lang unendlich still, man hörte nur noch die vorbei fahrenden Autos. Und Joy verzweifelte dabei, die richtigen Worte zu finden, um aus der Situation noch glimpflich rauszukommen.
„Hat Lea das gemeint mit 'Mach dir keine Hoffnungen'? Warst du deswegen den ganzen Tag nicht zu erreichen? Weil du mit deinem Freund, von dem ich komischerweise nichts weiß, den ganzen Tag verbracht hast?“
„Was? Nein, aber...“
„Weißt du, eigentlich hatte ich es mir schon gedacht, als es Lea übers Telefon angedeutet hat.“ Er hielt kurz inne. „Deswegen habe ich dich ja erst gefragt, was du heute getan hast. Und da du mir nicht antworten wolltest, hab ich mich dann getraut dich zu küssen. Sonst hätte ich es mich wahrscheinlich gar nicht getraut. Aber jetzt weiß ich ja wenigstens, wo ich dran bin. Nämlich nirgendwo.“
Joy schaute ihn irritiert an. Wann war ihr Leben so schwer geworden? Erst One Direction, dann kam Lea und jetzt das Problem mit Dennis.
„Dennis, nein, ich habe keinen Freund und ich habe wirklich keine Ahnung, woher du das hast. Aber du hast recht, bei mir bist du wirklich nirgendwo dran, denn... Ich weiß nicht. Du bist mein bester Freund! Keine Ahnung, was du empfindest, aber für mich ist es nur Freundschaft! Es tut mir leid! Wirklich. Aber wie kommst du überhaupt auf die Idee, dass ich einen Freund habe?“
Er reagierte nicht auf die Frage. „Was hast du heute gemacht?“
Nun entschied sie sich doch zu lügen. „Lea hat mir ein Geheimnis anvertraut, okay? Und ich kann es dir doch nicht einfach so verraten!“
„Lüge!“
Joy schnappte empört auf, sagte aber nichts.
„Sag mir was du heute Nachmittag gemacht hast und ich glaube dir, dass du keinen Freund hast!", meinte er.
Erschöpft stöhnte sie auf. Das konnte sie nicht. Aber diese Heimlichtuerei ging ihr langsam wirklich auf die Nerven.
„Ich habe wirklich keinen Freund oder so. Wirklich. Ich habe heute nur... Das kann ich dir nicht sagen“, murmelte Joy.
„Dann kann ich dir auch nicht glauben!“
„Vertraust du mir?“, fragte Joy und schaute ihm ernst in die Augen.
Dennis schaute erst ratlos hin und her, dann meinte er: „Ja.“
„Dann vertrau mir und glaub mir, dass ich keinen Freund habe. Und das, was heute geschehen ist, darf ich wirklich niemandem verraten!“
Erst wollte er etwas erwidern; schloss dann aber den Mund.
Nach einer Weile sah er so aus, als ob er eine Erleuchtung hatte. Dennis beugte sich zu ihr runter und flüstere: „Also, wenn du in etwas Kriminelles mit verwickelt bist, dann kannst du dich mir problemlos anvertrauen.“
Joy schaute ihn entgeistert an. „Was? Nein!“ Dann seufzte sie einfach nur. „Aber vertrau mir. Bitte!“
Er biss sich auf die Lippe. „Okay“, presste er durch zusammengebissenen Zähnen. Seine Hand umfasste ihr Gesicht und er strich ihr mit dem Daumen über die Lippen.
Joy wich zurück.
„Ich hab das ernst gemeint", sagte sie und spürte wie bei ihm, wie auch bei etwas zerbrach, während sie die nächsten Worte sagte. „Nur freundschaftlich.“
Er seufze und stieg ins Auto. Sie wusste erst nicht, ob sie lieber nicht laufen sollte, entschied sich aber doch dagegen, da der Weg doch zu weit war. Sie stieg auf den Beifahrersitz.
Die Fahrt verlief schweigend. Dennis drehte die Musik extra laut auf, damit das Reden unmöglich war. Nur als sie an ihr Haus anfuhren, stellte er sie leiser und verabschiedete sich leise von ihr. Joy winkte ihm noch zu, während er davonfuhr, aber er war dann schon weggefahren.
Alkohol war nicht die Lösung und das wusste Zayn. Aber in diesem Fall war es eine gute Entscheidung gewesen, die halbvolle Flasche Wodka leerzutrinken, die er irgendwo bei sich versteckt hatte. Nun fühlte er sich viel besser. Er wusste, er würde es morgen bereuen, weil der Kater schrecklich werden musste, aber jetzt war es ihm egal.
Kaum vergaß er Perrie, kam ihm plötzlich Joy in den Kopf. Er hatte sie ziemlich schlimm an gemotzt. Na ja, er hatte sie eher wütend angefahren; was deutlich schlimmer war.
Ob sie wohl immer noch beleidigt war?
Als ihm einfiel, dass es ihm egal sein musste, schlug er sich den Gedanken aus dem Kopf und beobachtete weiter die Decke seines Zimmers.
Die anderen zockten im Moment „Call of Duty“, aber er wollte nicht. Der Grund, wieso er nun betrunken in seinem Zimmer auf dem Boden lag und Löcher in die Luft starrte.
Als ein Blitzgedanke kam, stand er auf. Seine Beine waren etwas wackelig, aber gehen konnte er noch.
Als er die Tür aus seinem Zimmer zum Gemeinschaftsraum öffnete, kamen die Geräusche des Spiels und Harrys laute Rufe zu ihm durch. Harry war schon immer der gewesen, der in den Spielen am lautesten schrie. Zayns Mundwinkel hoben sich.
Als er an seinen Jungs vorbeilief, merkten sie nichts, aber das war kein Wunder. Nur als Zayn ziemlich geräuschvoll die Tür öffnete guckte Liam auf.
„Wohin gehst du?“, fragte er.
Zayn zuckte nur mit den Schultern, damit er ihn in Ruhe lies. Er wollte weder antworten, noch konnte er es. Im Moment drehte sich sein Kopf.
„Warte, bist du betrunken?“
Zayn zuckte erneut mit den Schultern und schloss die Tür hinter sich. Liam folgte ihm glücklicherweise nicht. Er verstand, dass er in Ruhe gelassen werden wollte.
Zayns Idee war, sich bei Joy nun zu entschuldigen. Das Dumme war nur, dass er erst die Stufen nicht raufkommen konnte, und als er es doch geschafft hatte, wusste er nicht, wo ihr Zimmer war, obwohl er es mal gewusst hatte. Vielleicht hatte er doch mehr als die halbe Flasche getrunken. Und vielleicht hätte er nicht auf leeren Magen trinken sollen.
Er überlegte eine Weile, wo er hingehen sollte. Dann bemerkte er eine Tür, die sperrangelweit offen war und ging in dieses Zimmer. Es war tatsächlich Joys. Nur fand er sie darin nicht.
Seufzend ging er wieder zurück. Es war sowieso eine dumme Idee gewesen.
Auf dem Weg zurück lief er plötzlich gegen etwas. Oder eher gesagt gegen jemanden. Zayn verlor fast das Gleichgewicht, obwohl die Person viel kleiner war als er.
Oh. Da war sie ja.
Joy.
Texte: © elyn, 2015. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved.
Tag der Veröffentlichung: 27.10.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An meine Directionerin Lea. xD