Cover

Der Dualismus

Es war erstaunlich, wie viele Blätter der Wind in der letzten Nacht von den Büschen gerissen hatte! Außerdem war mit dem Wind ein Dunst vom Meer herüber getrieben, der jetzt als dünner Tau alle Außenanlagen überzog. Er war reichlich früh dran und blinzelte in den jungen Morgen. Die Blätter würden sich leichter zusammen fegen lassen, wenn die Sonne aufgegangen war und den Tau abgetrocknet hatte. Also beschloss er, sich erst einmal mit einem Lappen zu bewaffnen und die Gartenstühle trocken zu wischen. Obwohl so früh noch nicht mit Gästen am Pool zu rechnen war, schloss er den Schuppen auf und bewaffnete sich mit Putzeimer und Lappen.

 

Als er damit zum Pool kam, traf er zu seiner Überraschung den alten Professor an, mit dem er gestern ein so interessantes Gespräch geführt hatte und der jetzt mit einer Tasse Kaffee in der Hand etwas unschlüssig vor den feuchten Stühlen stand.

 

„Guten Morgen!“, begrüßte er ihn herzlich. „Moment, ich richte Ihnen mal eben einen Tisch vernünftig her“, und rieb den Tau von den schneeweißen Möbeln ab. „So! Jetzt ist es schon mal trocken und gleich hole ich Ihnen noch ein Sitzkissen. Die hatte ich über Nacht rein geholt, sonst wären sie bestimmt weggeflogen.“

 

„Vielen Dank! Ihnen auch einen guten Morgen“, antwortete der alte Professor und stellte seine Tasse auf dem Tisch ab. „Tut mir Leid, dass ich ihnen so früh schon solche Umstände mache, aber ich konnte nicht mehr schlafen.“

 

„Aber woher denn? Das ist doch meine Aufgabe und ich freue mich, wenn sich unsere Gäste bei uns wohl fühlen“, wiegelte er bescheiden ab und griff nach einem Kissen, das auf dem mitgebrachten Stapel lag und knöpfte es auf einen Stuhl. „So, jetzt kann ich Ihnen auch einen Platz anbieten“, sagte er dann und machte eine einladende Handbewegung. „Wenn es sie nicht stört, wische ich eben noch die anderen Möbel ab.“

 

„Aber ganz und gar nicht! Lassen Sie sich durch mich bitte von nichts abhalten“, ermunterte ihn der Alte, lehnte sich behaglich zurück, nahm seine Kaffeetasse zur Hand und blinzelte in die ersten Sonnenstrahlen, die gerade auf die Anlage fielen.

 

Im Nu hatte er die Möbel von den feinen Wassertröpfchen befreit und wrang den Lappen aus.

 

„Schon fertig“, sagte er. „Den Rest besorgt die Sonne. Scheint wieder ein schöner Tag zu werden, trotzdem die Nacht so stürmisch war.“

 

„Der Wetterbericht verheißt für Heute nur Gutes. Die Störung ist in den frühen Morgenstunden östlich abgezogen. Ich habe mich heute schon im Netz informiert. Ihr WLAN ist wirklich ausgezeichnet!“, teilte ihm der Gast mit.

 

„Das ist schön zu hören“, antwortete er erfreut. „Dann kann ich in aller Ruhe warten, bis die Blätter trocken sind, ohne Angst haben zu müssen, dass sie sonst wo hin geweht werden. Ich hoffe, Sie sind nicht deswegen so früh erwacht, weil ich im Schuppen zu laut war?“, erkundigte er sich.

 

„Ach, i wo! Ich konnte nur einfach nicht mehr schlafen. Ein alter Mann wie ich braucht nicht mehr so viel Schlaf“, sagte der Alte.

 

„Na, dann bin ich ja beruhigt“, entgegnete er, goss im nächsten Gully den Wischeimer aus und breitete das Putztuch zum Trocknen aus. „Tjaaa ...“, meinte er dann unschlüssig und sah sich um. „Bis die Oberflächen abgetrocknet sind, wird es wohl noch ein paar Minuten dauern. Kann ich derweil irgendwas für Sie tun?“

 

„Nein, ich bin wunschlos glücklich“, antwortete der Alte. „Aber wenn sie nichts Dringenderes zu tun haben, können sie mir gerne Gesellschaft leisten. Wollen sie sich nicht auch einen Kaffee holen?“

 

„Ja, das könnte ich eigentlich tun“, meinte er. „Dann bin ich gleich wieder da und setze mich zu Ihnen“, nickte dem Alten zu und ging zur Bar, wo er sich einen großen Cappuccino holte.

 

„Sooo ...“, hub er an, als er mit einem großen Becher voll frischem Cappuccino zurückkehrte. „Und es macht Ihnen auch wirklich nichts aus, dass ich Sie um

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 29.06.2017
ISBN: 978-3-7438-2044-9

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem verehrten Lehrer Hans Diekmann

Nächste Seite
Seite 1 /