Als ich erwachte, schmerzte mein ganzer Körper. Bevor ich meine Augen öffnete, bemerkte ich dass ich mit meinem Bauch auf kaltem Boden lag. Es roch nach Moder und abgestandenem Wasser. Dieser Geruch war so penetrant, dass ich mich sofort nach dem Erwachen übergeben musste. Ich wusste nicht wo ich hier gelandet war, und wie spät es war wusste ich auch nicht, denn meine Armbanduhr war verschwunden. Orientierungslos wie ich war, fing ich erst einmal an mich umzusehen. Es war stockdunkel. Die einzige Lichtquelle, die es mir möglich machte, überhaupt etwas zu erkennen, befand sich in meiner Hosentasche. Es war ein mir völlig fremdes, altes Mobiltelefon, das mich an jenes meiner Mutter erinnerte. Ich klappte es auf und versuchte damit den Raum abzuleuchten, in dem ich mich befand. Ich erkannte grün angelaufene, glatte, Massivsteinwände, so wie man sie von Tunneln kennt. Der Raum war nicht groß, vielleicht zwei Meter hoch und höchstens doppelt so breit. Als ich erkannte, dass ich mich auf so engem Raum befand, stieg Angst in mir hoch. Ich leuchtete den Raum weiter aus, und konnte gerade noch eine stählerne Tür erkennen, bevor das Mobiltelefon zu flackern begann. Panik machte sich in mir breit, als ich auf das Display blickte. Die Digitaluhr zeigte 03:37. Ich hatte mich doch gegen 22 Uhr in mein Bett gelegt und war eingeschlafen. Wie konnte ich mich an so einem trostlosen Ort wiederfinden? Das Flackern am Display wurde stärker. Mit einem Blick auf den Akkustand, stellte ich mit Entsetzen fest, dass ich nur mehr 13 % Akku verbleibend hatte. Ich wusste, ich musste schnell etwas unternehmen. Ich trat mit aller Kraft gegen die massive Stahltür, doch ich hätte genauso gut meine Kräfte sparen können. Sie gab keinen Millimeter nach. Verzweifelt rutschte ich mit dem Rücken die Tür hinunter und blieb regungslos liegen. 12 % Akku. Plötzlich schreckte ich hoch, als das Handy, welches keinen Empfang hatte, seltsamerweise trotzdem eine SMS empfing. „Optimisten tragen den Kopf hoch.“ Ich konnte meine Wut gerade noch zügeln, ansonsten hätte ich das Handy, dass in diesem Moment so unendlich wichtig war, gegen die Wand gepfeffert. Optimisten tragen den Kopf hoch... Was konnte das nur bedeuten? Normalerweise war ich ein durchaus optimistischer Mensch, doch wie konnte man in so einer Lage auch nur im Entferntesten an Optimismus denken? Und wer war diese Person, die mir diese SMS geschrieben hatte? 11% Akku. Um vorzusorgen, schraubte ich die Helligkeit des Displays auf Minimum und schaltete das Telefon auf lautlos, ohne Vibration natürlich, um Akku zu sparen. Ich schaute nach oben, und plötzlich erkannte ich den Sinn dieser ominösen SMS. Es war ein kleiner Lüftungsschacht, welcher mit kleinen Kreuzschrauben festgeschraubt war. Das Metall war allerdings so dünn, dass man es in der Mitte etwas verbiegen konnte. Ich sah einen kleinen, silbernen Schlüssel an einer Schnur im Schacht blitzen. Möglicherweise konnte ich das dünne Metall mit einem gezielten Schlag brechen. Ich versuchte es, und schaffte es auch. Nur steckte meine Hand jetzt im Schacht, und ich konnte sie nicht mehr herausziehen, da das Metall nun wie eine Hummerreuse gebogen war, und ich mir alleine bei dem Versuch, die Pulsadern aufschneiden würde. Ganz vorsichtig bog ich mit der anderen Hand die Bruchteile, die sich schon ein wenig in meinen Arm gebohrt hatten, auseinander. Ich blutete stark, doch ich wirkte dem sofort entgegen, indem ich mir ein Stück meines staubigen, nassen T-Shirts abriss und um den Arm band. Ich nahm den Schlüssel an mich, steckte ihn in die Tür und betete, dass er aufsperren würde. Klick. Er passte. Allerdings verflog die Freude darüber schlagartig, als ich einen Blick auf das warf, was sich hinter der Tür befand.
Es war ein langer Gang, der durch seitlich angebrachte Neonröhren nur schwach erleuchtet war. Am Ende des Ganges konnte ich klar die Umrisse einer Tür erkennen. Irgendetwas störte mich an diesem Gang. Er strahlte eine gewisse Bedrohung aus und machte mir Angst, sodass es mir im ersten Moment schwer fiel, meine Beine zu bewegen. 10 % Akku. Ich stand unter Zeitdruck, das wurde mir von Sekunde zu Sekunde mehr bewusst. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, stieß mich von der stählernen Tür hinter mir ab, und rannte so schnell ich konnte in Richtung der anderen Türe, im Hinterkopf betend, dass diese nicht auch verschlossen sei. Als hätte ich es gewusst, füllte sich der schmale Gang, urplötzlich mit schwarzem, undurchdringlichem Rauch, als ich etwa bei der Hälfte des Ganges angekommen war. Vollkommen orientierungslos tastete ich mich hustend an der Wand entlang in Richtung der Tür, die mir als meine einzige Rettung erschien. Als das Geräusch des einströmenden Rauches nicht mehr zu hören war, vernahm ich dafür etwas noch viel beunruhigenderes. Es war ein leises Röcheln, etwas, dass mich entfernt an Apnoe-Schnarcher erinnerte und immer gieriger zu werden schien. Dazu kam ein Schlurfen, das immer lauter und schneller wurde. Im selben Augenblick verschwand der Rauch und ich konnte einen Blick auf das Wesen werfen, welches kriechend auf mich zu kam. Niemals in meinem Leben hatte ich etwas Schrecklicheres gesehen. Kein Alptraum dieser Welt konnte darstellen, was ich in diesem Moment sah. „Es“ hatte die Statur eines Menschen, nur war sein Körper vollkommen deformiert. Seinen Kopf schleifte dieses Wesen auf einem viel zu langem Hals auf Bodenhöhe vor sich hin, seine Beine waren überflüssig, denn es benutzte nur seine klauenartigen Hände um sich vorwärts zu bewegen. Es hatte einen Schweif, der mit spitzen, glasähnlichen Scherben überzogen war, und da wo sich bei einem normalen Menschen die Augen befinden, klafften zwei tiefschwarze Löcher. Der Sabber rann diesem Monster über die endlos lange Zunge, die ebenfalls den Boden berührte. Ich hatte genug gesehen. Ich wollte weg von hier. Die letzten paar Meter bis zur Türe musste ich in ein paar Millisekunden gelaufen sein, ich wusste nur mehr, wie ich durch die Tür hechtete, diese zuschlug und ich ohnmächtig zusammenbrach.
Fortsetzung folgt :)
Tag der Veröffentlichung: 02.04.2013
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