Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten aus diesem Buch sind von mir frei erfunden und mein geistiges Eigentum. Änlichkeiten zu Personen aus dem realen Leben sind reinzufällig.
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Vor ewiger Zeit erschuf Gott die Menschen, doch diese waren nicht allein. Es gab noch ein weiteres Volk, ein Volk des Krieges, des Kampfes, der Zerstörung. Die Feinde dieses Volkes fürchteten selbst die Frauen, wenn diese zu den Waffen griffen. Dieses Volk gehorchte nur einem und das waren sie ur sich selbst. Sie ließen sich nicht unterjochen, liebten die Freiheit. Sie erschufen ihre eigenen Rechte und verweigerten sich der Unterdrückung durch andere Mächte. Ganz egal, wie groß die Streitmächte ihrer Feinde auch waren. Sie schlugen sie alle.
Unter den Überlebenden wurde behauptet, sie würden wie wilde Tiere kämpfen. Man hielt sie deswegen für ein sehr primitives und barbarisches Volk. Die Krieger dieses Volkes waren da ganz andere Meinung. Sie wollten einfach nur das beschützen, was rechtmäßig ihnen gehörte, kämpften für ihre Unabhängigkeit, Ansichten und ihre Prinzipien.
Die Clanmitglieder kennzeichneten sich mit einfachen Tätowierungen, um die Zugehörigkeit zu ihrem Volk und auch anderen zu zeigen. Die meisten dieser Muster waren mit wenigen Strichen recht einfach gehalten. Doch es gab auch einige unter ihnen, die viel aufwendigere Zeichnungen trugen. Niemand Außenstehendes erkannte die Bedeutung. Die Meisten vermuteten einfach nur, dass sie als Zeichen ihres unbeugsamen Charakters und barbarischen Verhaltens diente. Doch das wahre Geheimnis dieser Kunstwerke konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.
Dieser animalische Drang zu erobern, zu kämpfen war ein Teil des Wesens, das sie in sich trugen. Dies war ihren Gegnern einfach völlig fremd. Den diese Krieger waren einfachen Menschen, sie waren Gestaltwandler, die unerbittlich gegen die Menschheit und somit für ihr Geheimnis und ihre Freiheit kämpften. Es gab die verschiedensten Gestaltwandler: Katzen, Vögel und Wölfe. Stets Raubtiere, die sich selbst verteidigen und beschützen konnten.
Die erste Tätowierung bekamen die Mitglieder der einzelnen Familien im Kindesalter, wenn sie in ihren Clan aufgenommen wurden. Diejenige, die mit einer Verbindung zu einem Tier gesegnet waren, erhielten nach ihrer ersten Verwandlung das Zeichen ihres Tieres.
Doch die Menschen begannen, sich mehr und mehr auf dem Planten Erde auszubreiten. Dadurch wurden die Gestaltwandler immer weiter zurück gedränt, kämpften ums Überleben und mussten lernen, sich anzupassen. Und so lebten sie bis heute verborgen unter uns, in ihren eigenen Clans, nach ihren eigenen Regeln und Gesetzen. Jederzeit bereit, allem und jedem zu trotzen, das ihnen entgegen tritt.
Ungläubig und kopfschüttelnd sah er sein Gegenüber an. Verzweifelt kämpfte er gegen die Tränen an, versuchte den Kloß der sich in seinem Hals gebildet hatte hinunterzuschlucken. Das durfte doch nicht wahr sein. Meinte sein Gegenüber das wirklich ernst?
Mutlos sah er den Älteren an. Er war so schwach, wie der plötzlich so kaltherzige Mann ihm gegenüber behauptete! Er schaffte es nicht einmal, seine Tränen zurückzuhalten, die sich nun den Weg über seine Wangen hinan suchten. Und das alles nur, weil sein Vater sich in der Vergangenheit nicht hatte beherrschen können und ihn gezeugt hat. Weil er nicht vollständig, nicht perfekt war.
Ein letzter abfälliger Blick des Größeren traf ihn, bevor der sich, ohne ein weiteres Wort von ihm abwandte. Wie eine zu heiß gewordene Kartoffel ließ der Mann, von dem er dachte, er hätte Gefühle für ihn entwickelt, ihn fallen.
Schluchzend sank der Blonde auf die zitternden Knie, während er das gerade Geschehene noch nicht so recht verstehen konnte und auch wollte.
Gerade eben hatte er sich noch auf Wolke sieben befunden und im nächsten Moment zerplatzte sein Traum wie eine Seifenblase. Wieder einmal gedemütigt und verletzt, musste er sich wieder der Realität stellen, seinen Alltag alleine bestreiten.
Er hätte wissen müssen, dass ihn niemand mit diesem Makel je richtig lieben würde. Warum war er auch so dumm? Darauf zu hoffen, dass es doch jemanden geben könnte, der ihn so akzeptierte, wie er war.
Dieser letzte Blick, so verächtlich, so voller Abscheu, würde sich wohl für immer in sein Gedächtnis brennen. Natürlich öffnete der Himmel in diesem Moment seine Schleusen. Schon den ganzen Tag hingen die Wolken tief. Das war der Moment, indem er einen Entschluss fasste.
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Einige Tage zuvor
Ein kühler Wind fegte durch die menschenleeren Straßen und kroch durch alle Löcher und Ritzen in die warmen Häuser aus dunklem Stein. Der Mond stand hoch am Himmel inmitten eines hell leuchtenden Sternenmeeres, welches wie ein Netz aus Diamanten über der Stadt Taena, auf dem Kontinent Carthagon, hing. Eine zierliche Gestalt, flankiert von zwei hochgewachsenen Männern, schritt durch die verlassenen Straßen dieser Stadt. Einsam flackerte das Licht ihrer Laterne, während sie auf dem Weg zu der Gaststätte „Einsamer Wolf“ waren.
Ein Windstoß erfasste den Mantel des jungen Mannes in der Mitte und ließ ihn etwas frösteln, bevor er ihn enger um seinen Leib schlang. Er hoffte nur, dass er sich bald in ein warmes Bett kuscheln konnte. Die lange Reise hatte den Kleineren doch recht ausgelaugt.
In der Regel war es auf Carthagon über Tag immer recht warm, doch in der Nacht kühlte es ziemlich rasch ab. Seinen beiden Begleiter schien der Temperaturwechsel mal wieder nichts auszumachen.
Wie so oft war er mal wieder derjenige, welcher als schwächstes Glied der Gruppe galt, auch ohne, dass die Anderen zwei etwas dazu sagen mussten. Dabei war er sich noch nicht einmal sicher, ob sie genauso dachten wie er, oder einfach diese Tatsache ignorierten.
Er hasste sich für das, was er war. Für dass, was er in sich sah und dafür, dass er nichts an dieser Situation ändern konnte. Weder gehörte er richtig zu den Menschen noch zu den Wölfen, in deren Rudel er lebte. Obwohl seine Familie und der Clan versuchten, ihn als Mitglied des Rudels zu integrieren, gehörte er doch nicht richtig dazu,
Es war ja nicht so, dass er sie nicht auch liebte, aber Fynn wusste eben, dass er immer das schwächste Glied in ihren Reihen sein und die Anderen mit seiner Schwäche behindern würde. Ein lautloses Seufzen kam über seine Lippen, während er durch die kühlen Straßen stapfte. Er leckte sich über die leicht rauen Lippen, um sie ein wenig zu befeuchten. Was im Grunde sinnlos war, da sie mit dem nächsten Windstoß nur noch mehr austrockneten.
So in Gedanken bekam er von seiner Umgebung nicht mehr allzu viel mit, als ihn plötzlich sein Bruder am Arm packte und Fynn an seinen warmen Körper riss. Etwas überrascht und zugleich verwirrt, sah er zu seinem Begleiter hinauf. „Fynn… hör auf zu träumen und pass gefälligst auf wo du hintrittst!“, seufzte der Blonde mahnend, bevor er seinen Griff lockerte und ihn wieder von sich weg schob.
Fynnley hingegen verstand immer noch nicht so ganz, was hier los war. Bis er sah, vor was sein Bruder ihn bewahren wollte. Fast wäre er in ein tiefes Schlammloch getreten, hätte ihn Crispin nicht rechtzeitig zur Seite gezogen.
Noch ein Beweis dafür, dass die Anderen immer auf ihn aufpassen mussten, weil er so unachtsam war. Wie sehr er seine Schwächen doch hasste. Auch wenn ihm in dieser Dunkelheit, die ihn umgab, diese Pfütze nicht wirklich aufgefallen war. Sie lag auf seiner linken Seite, auf welcher er, seit einem Unfall in seiner Kindheit, nur noch eingeschränkte Sehkraft besaß.
In der Regel behinderte ihn sein Auge nicht, da er damit aufgewachsen und auch ausgebildet worden war. Doch seine Unachtsamkeit nahm darauf eben keine Rücksicht und führte ihm mal wieder vor Augen, was für eine Last er für seinen älteren Bruder wahrscheinlich war. Zugeben würde Cirspin das nie im Leben, aber Fynnley wusste es besser.
Fynn reiß dich zusammen, ermahnte sich der Kleinere in Gedanken und rang dabei etwas um Fassung. Nun versuchte er wirklich aufmerksamer auf seine Umgebung zu achten, anstatt vor sich hin zu grübeln und zu träumen. Die Dunkelheit in der Nacht war eben etwas tückisch. Vorsicht war geboten.
Zumindest schaffte er es bis zu ihrem Reiseziel in keine weiteren Schwierigkeiten zu geraten. Für die Zeit, die sie in Taena verbringen würden, hatte sein Bruder Zimmer im „Einsamen Wolf“ gemietet. Wie passend der Name doch war. Die Gaststätte sah auf den ersten Blick ziemlich heruntergekommen aus und befand sich auch nicht im Zentrum der Stadt, sodass sie in einer etwas ruhigeren Gegend gelegen war.
Ursprünglich kamen er und seine zwei Gefährten, sein großer Bruder und dessen Beta Kulon aus Neh’rit, der Hauptstadt von Carthagon. Crispin, sein älterer Bruder und Alpha ihres Rudels hatte hier ein paar Angelegenheiten mit dem Alpha von Taena zu klären und so hatten sie sich auf den weiten Weg hier her gemacht.
Es hatte schon einiges an Überredungskunst benötigt, Crispin zu überzeugen, ihn mit nach Taena zu nehmen. Schließlich wäre dem Älteren viel lieber gewesen, wenn er seinen kleinen Bruder hätte zu Hause in Sicherheit lassen können.
Normalerweise war es sogar üblich, dass ein Alpha eines anderen Clans seinen Gästen einen bessere Unterkunft bot, als eine einfache Gaststätte. Doch sein Bruder hatte darauf bestanden, genau hier zu übernachten, mit der Begründung, dass schon ihre Eltern und Großeltern, in dem kleinen Gebäude bei Verhandlungen übernachtet hatten.
Außerdem hörte Crispin auch nicht gerne auf andere Alphas, sondern setzte lieber seinen eignen Kopf durch. Warum sollte Cris auch? Wenn er der Stärkere war. Verstehe einer die Alphas. Das war das typisches Dominanz- und Konkurrenzverhalten unter ihnen. Doch wie es so schön hieß. “Regel Nummer Eins: Widersprich nie einem Alpha!“
Natürlich wäre es Fynn lieber gewesen, sie hätten bei Leon, dem Alpha des ansässigen Rudels, übernachten können. In einem warmen weichem Bett, auf einem großen Anwesen. Stattdessen mussten sie nun in dieser komischen Gaststätte nächtigen. Auf den ersten Blick war sie überhaupt nicht einladend, doch als sie die Tür zur Gaststube öffneten, und die kühle Nachtluft ausschlossen, wurden sie herzlich empfangen.
Ein großer, recht hagerer Gastwirt und eine recht kräftige, nette Dame empfingen sie in einem warm gestalteten Empfangsraum und zeigten ihnen freundlich ihre Zimmer. Im oberen Stockwerk angekommen, eröffnete man Fynn, dass er sich ein Zimmer mit seinem älteren Bruder teilen würde. Sofort glitt sein Blick zu dem Größeren hinüber, aber dieser zuckte nur unschuldig mit den Schultern. Das war doch mit voller Absicht so geplant. Crispin wollte ihn sicherlich im Auge behalten, damit sein kleiner Bruder keine weiteren Dummheiten mehr anstellen konnte.
Nur widerwillig ließ er sich, in ihrem gemeinsamen Zimmer angekommen, auf das große Doppelbett nieder. Es war ja nicht so, als würde er seinen Bruder nicht mögen. Eher im Gegenteil, doch ein Doppelbett mit ihm teilen, musste nicht unbedingt sein.
Außer dem Bett, zwei Nachtschränken, einer Kommode, einem Tisch mit zwei Stühlen, war auch schon nicht mehr so viel in dem kleinen Raum. Es gab noch eine weitere Tür, hinter welcher der Jüngere ein Bad vermutete. Wenigstens das war vorhanden und sogar noch im selben Zimmer. Nicht auszudenken, hätte sich das Bad im Flur befunden. Normalerweise war Fynnley schon ein bisschen mehr Luxus gewöhnt.
Schweigend beobachtete er seinen Bruder beim Entledigen seiner Kleidung, während er mit ein paar längeren Haarsträhnen spielte. „Ich komme morgen nicht mit euch mit“, verkündete der Kleinere. Sie waren heute Morgen bereits in Taena angekommen und direkt bei Leon gewesen. Fynnley hatte sich dort zu Tode gelangweilt und für sich beschlossen, die ganzen Diskussionen am nächsten Tag nicht noch einmal mit zu machen.
Das hatte ihm schon den ganzen Weg zu der Gaststätte auf der Zunge gelegen, nur bis jetzt hatte sich noch keine Gelegenheit gefunden, dies Crispin alleine mitzuteilen.
Er konnte zu diesen Gesprächen nichts beitragen und er würde ihm ja ohnehin kein Gehör geschenkt werden. Nicht einem Omega wie ihm. Wann kam Fynn denn schon mal aus Neh’rit raus? Wenn sie schon hier waren, dann wollte er sich auch etwas umschauen.
Fynn konnte genau beobachten, wie der Blauäugige erst einmal tief durchatmete, bevor er sein Hemd ordentlich gefaltet auf einem Stuhl in der Ecke ablegte. Er ahnte genau, was gerade in Cris´ Kopf vorging. Er wusste, wie seine Familie tickte. „Cris… ich bin kein Kind mehr und kann ganz gut auf alleine auf mich aufpassen.“ Zwar stimmte es wirklich, dass er manchmal ein kleiner Schussel sein konnte, aber dennoch war er ein halber Werwolf und konnte sich in der Regel selbst verteidigen.
„das weiß ich ja Fynn, aber….“
Bevor der Ältere mehr sagen konnte, schnitt Fynn diesem mit einer raschen Handbewegung das Wort ab. „Aber was Cris? Ich weiß, wie ich mich zu benehmen habe. Ich weiß, wie ich mich verteidigen muss, wenn es mal brenzlig wird. Außerdem kann ich dir bei deinen Verhandlungen mit Leon ohnehin nicht helfen, sondern stehe dir nur im Weg…, also lass mich doch ein wenig die Gegend erkunden. Ich komme nicht viel raus und würde mich sehr freuen, etwas Zeit für mich zu bekommen, um die Gegend zu erkunden.“
Fynnley versuchte es auf den ehrlichen Weg und hoffte inständig, dass er seinen Bruder mit seinem Verhalten und seinen Worten nicht zu sehr verletzte. Der Kleinere brauchte eben einfach auch mal ein wenig Freiraum und etwas Zeit für sich alleine. Und das am besten noch ohne einen Aufpasser.
„Ich weiß, dass diese Gespräche für dich recht langweilig sind. Besonders, da du oft nicht dabei sein kannst, aber dennoch sind sie wichtig für die weiteren, zukünftigen Verhandlungen und Beziehungen zwischen unserem und ihrem Rudel…“ Ein lang gedehntes Seufzen war nach einer kurzen Pause zu vernehmen. „Es kann hier sehr gefährlich werden… Du wirst wenigstens Kulon mit dir nehmen.“
War das wirklich Crispins ernst? Wollte er ihm wirklich ein Aufpasser auf den Hals hetzen? Fynn konnte es noch nicht glauben. Das ließ er nicht zu.
„Nein. Ich nehme Kulon nicht mit. Er ist da um dir zu helfen, wenn es ernst werden sollte und nicht um das Kindermädchen für mich zu spielen“, brachte er diesem entgegen. Er würde sicherlich nicht die Schuld auf sich nehmen, falls Cris in einen Kampf verwickelt wurde und Kulon seinetwegen nicht an der Seite seines Bruders sein konnte. Nein, nie im Leben. Auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich war.
„Kulon wäre nicht dein Kindermädchen. Er würde…“
„Er würde auf mich aufpassen, das ist genau das Gleiche. Aber nicht ich bin hier der Alpha, sondern du. Dir gilt sein Schutz. Ich bin entbehrlich, du aber nicht. Also versuch mir nicht Kulon aufzudrängen.“ Natürlich brauchte Crispin im Grunde niemanden der ihn beschützte, doch Kulon war eben für den Fall der Fälle mit dabei. Man konnte schließlich nie wissen, wann man vielleicht in einen Hinterhalt geriet. Zudem machte es Eindruck, wenn zwei starke Wölfe zu Verhandlungen kamen.
Der Kleinere konnte genau beobachten, wie die Worte seinen Bruder trafen. Trauer und Wut spiegelten sich gleichzeitig in seinem Blick. „Du bist nicht entbehrlich Fynnley! So darfst du nie denken!“ Fynn hatte es versaut. Wenn sein großer Bruder ihn schon bei seinem vollständigen Namen nannte, dann war es ernst.
„Es tut mir leid… Cris? Ich brauche einfach etwas Zeit für mich, okay?“, versuchte Fynn es wieder etwas versöhnlicher. Das Einzige was Fynnley noch von seinem Bruder bekam war ein knappes, aber einverstandenes Nicken, bevor dieser im angrenzenden Badezimmer verschwand. Seufzend ließ er sich auf ihr Bett zurücksinken.
Erst als Cris wieder aus dem Bad kam. erhob sich der Jüngere langsam. Fast wäre er eingeschlafen. Schnell huschte Fynn auch noch ins Bad, um sich den Staub des Tages und er langen Reise abzuwaschen. Nur mit einem T-Shirt und Shorts bekleidet, schlüpfte er zu Crispin unter die Decke. Auch wenn Cris ihm demonstrativ den Rücken zugewandt hatte.
Es war ja nicht so, dass er seinen Bruder nicht liebte oder dessen Beweggründe nicht verstand, dennoch musste er ihm langsam die Grenzen zwischen ihnen aufweisen. Er war schon lange kein Kind mehr und Crispin würde das langsam akzeptieren müssen.
„Gute Nacht“, meinte Fynn nur noch leise, bekam aber keine Antwort mehr von ihm. Das würde er irgendwie wieder gut machen müssen. Er wusste ja, dass sein großer Bruder es eigentlich nur gut mit ihm meinte.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, befand sich der kleine Mischling ganz alleine im Raum. Müde blinzelte er gegen die ersten Sonnenstrahlen an, welche zwischen den zugezogenen Vorhängen herein fielen und versuchten ihn aufzuwecken.
Vergebens versuchte noch einmal einzuschlafen, aber mit wenig Erfolg. Nach einer Weile des Dösens raffte sich der junge Gestaltwandler dann doch auf und zog sich etwas Leichtes über. Nur in einem locker sitzenden Hemd und einer eng anliegenden Hose, machte er sich auf den Weg an die frische Luft. Draußen angekommen, streckte er sich müde den warmen Sonnenstrahlen entgegen. Endlich mal wieder etwas Zeit für sich alleine zu haben war wundervoll.
Fynnley hatte seinen Tag schon geplant. Erst würde er ein leckeres Frühstück zu sich nehmen, dann die Umgebung erkunden und zum Abschluss würde er noch austesten, was hier abends so interessantes passierte.
Aber erst einmal musste er sich um ein ordentliches Frühstück kümmern. Suchend ließ er seinen Blick über die Häuser in der Straße direkt vor sich schweifen, bevor er sich auf den Weg in Richtung des Marktplatzes machte. Dort würde sich sicherlich etwas Gutes zu Essen finden lassen.
Leon hatte ihnen gestern gesagt, dass trotz den von Crispin gewünschten Unterkünften, alle anfallenden Kosten auf ihn gingen. So auch Fynns Frühstück und sämtliche sonstige Ausgaben. Recht am Anfang des Marktplatzes, fand er eine kleine Taverne, die recht vielversprechend aussah. Dort schlug er sich dann den Bauch voll, bis er das Gefühl hatte, gleich zu platzen.
Glücklich und zufrieden und vor allem satt, verließ der Kleinere wieder das Lokal und lief über den bunt gemischten Markt, um sich die vielen verschiedenen Waren an den Ständen anzusehen. So viele schöne Dinge gab es hier. Vom Viehhandel, über Lebensmittel und Schmuck, bis hin zu Waffen und andere Gebrauchsgegenständen.
Neugierig blieb er an einem der Stände stehen, als ihm ein kleines Schmuckstück ins Auge sprang. Es war eine schwarzer Lederkette mit einem blauen Saphir Anhänger, welcher die Form eines Wolfes besaß. Sie war wunderschön. Fynn konnte einfach nicht widerstehen. Vorsichtig ließ er seine Finger über den kleinen Wolf gleiten.
„So ein hübscher Kerl wie du einer bist, sollte so etwas auf seiner hellen Haut tragen“, hauchte ihm eine tiefe Männerstimme mit leichtem Akzent ins Ohr. Ein Schauer lief seinen Rücken hinab, bevor er sich langsam, dennoch mit einem gewissen Abstand zu dem Unbekannten, umdrehte. Fynn hatte ihn nicht kommen hören, doch bei den Menschenmassen war dies auch nicht gerade verwunderlich.
Honigfarbene Augen strahlten ihm aus einem gebräunten Gesicht entgegen, welches von schneeweißem Haar umrahmt wurde. Sein Gegenüber war wunderschön, alles passte bei ihm zusammen. Trotzdem war es ihm ein wenig unangenehm, von einem Fremden solch ein Kompliment zu bekommen.
Vielleicht lag es auch daran, dass er das Gefühl hatte, dass dieser nicht ganz ungefährlich war. Was Fynn aber definitiv wusste war, dass der hübsche Unbekannte ein Werwolf war. Also auf jeden Fall eine Bedrohung für ihn.
„Hör endlich auf zu flirten und komm endlich Andrej! Wir müssen weiter“, dröhnte hinter dem Stand eine weitere Stimme. Der kurze Blick des Fremden in Richtung aus der der Ruf stammte verriet Fynn, dass es wohl dessen Freund sein musste und er der Angesprochene war.
„Ich schätze ich muss weiter“, kam es zum Abschied winkend von dem Weißhaarigen, bevor er mit einem letzten, verführerischen Lächeln in seine Richtung, wieder in der Masse verschwand. Etwas unwohl rieb Fynnley sich über die leichte Gänsehaut, welche sich durch diese Begegnung auf seinen Armen ausgebreitet hatte. Etwas sagte ihm, dass er sich wohl besser von dem Fremden fernhalten sollte.
Mit einem letzten Blick auf die Kette, verließ er den Marktplatz wieder, um noch ein wenig durch Taenas Straßen zu schlendern. Fynnley beschloss, Cris später zu fragen, ob er ihm das Geld für die hübsche Kette leihen würde. Dieses Schmuckstück hatte ihm wirklich sehr gut gefallen.
Der Rest des Tages verlief ohne weitere nennenswerte Ereignisse. Als es am Abend langsam zu dämmern begann und der Wind auffrischte, wollte er sich auf den Weg zurück zu der Gaststätte machen. Doch als er in eine Nebenstraße einbog, wurde er an seinem Arm in die dunkle Gasse gezerrt.
Ohne großartig darüber nachzudenken, was hier gerade geschah, erinnerte sich Fynn sofort an seine Ausbildung, holte aus, um dem Kerl mit seiner Faust einen heftigen Kinnhaken zu verpassen. Durch seine rasche seitwärts Bewegung wurde seine Hand allerdings abgefangen, bevor sie ihr Ziel erreichen konnte.
Sein Arm wurde ihm blitzschnell schmerzhaft auf den Rücken gebogen. Ein Schmerzlaut unterdrückend, versuchte er sich aus dem eisernen Griff des Angreifers zu lösen, welcher ihn an die kühle Steinmauer drückte ohne eine Möglichkeit sich zu befreien. „Verdammt…“, fluchte der Kleinere leise. „Lass mich los!“
Keine Reaktion. Stattdessen spürte er einen warmen Atem in seinem Nacken. Der Geruch seines Angreifers ließ seinen Magen rumoren. Angewidert verzog er sein Gesicht. Fynn konnte hören, wie der Unbekannte hinter ihm tief seinen Duft durch die Nase einsog. So stark wie dieser Typ war, konnte er definitiv kein Mensch sein. Zu Leons Männern schien er aber ebenfalls nicht zu gehören. Kein Mitglied des Clans würde es wagen, Hand an ihre Gäste zu legen. Gerade während die heiklen Verhandlungen geführt wurden.
„Wenn du mich nicht gleich los lässt… verspreche ich dir, jeden Knochen einzeln in deinem Körper zu brechen“, zischte der Blondschopf drohend, was ihm aber direkt ein verächtliches gar belustigtes Schnauben einbrachte.
„Als würdest du dich aus meinem Griff befreien können“, erklang es leise lachend hinter ihm. Das würden sie ja noch sehen. Fynn holte aus und trat blindlings nach hinten aus, nur um kurz darauf ein schmerzhaftes Keuchen zu vernehmen. Er musste seinen Angreifer genau aufs Schienbein getroffen haben. Das war seine Chance.
Als der sonst so unnachgiebige Griff des Anderen sich zu lockern begann, entriss er ihm seinen Arm drehte sich um und holte noch einmal zu einem weiteren Schlag aus. Doch der Andere war flink und griff bereits erneut nach seiner Schulter. Wieder wurde er fest gegen die kalte Steinwand gestoßen. Fynn vernahm ein leises Knirschen und fühlte, dass sein Armknochen gleich brechen würde, wenn er das noch einmal machen würde. „Das wirst du mir büßen, du miese kleine Ratte.“
Schmerzhaft verzog der Jüngere sein Gesicht, während er versuchte, sich den Größeren weiterhin vom Leib zu halten. Aber seine Gegenwehr war zwecklos. Fynn spürte, wie ihn langsam die Kraft verließ.
Nur zu gerne würde er sich in dem Moment die schmerzende Schulter halten. Im nächsten Moment mobilisierte er seine letzten Kräfte und konnte er seinem Peiniger einen harten Schlag in die Magengrube versetzen, doch der Fremde krümmte sich nur einen Augenblick vor Schmerzen, bevor er zurückschlug und Fynns Kopf mit solch einer Wucht gegen die Mauer schlug, dass ihm schwarz vor Augen wurde.
Fynn versuchte gegen den dunkeln Schleier anzublinzeln, welcher sich vor sein Blickfeld schob und ihm die Sicht raubte. Der Schlag hatte gesessen und würde ihm am darauf folgenden Tag ordentliche wohl ein paar Kopfschmerzen bereiten. Aber erst einmal musste er das Ganze hier ohne weitere Schäden überstehen. Auf einmal wurde sein Angreifer von ihm weggerissen. Und das keinen Moment zu früh, denn der Jüngere konnte sich nicht mehr länger auf den Beinen halten. Blind tastete er nach der Mauer hinter sich.
Leicht zitternd, ließ er sich an dieser hinab sinken. Fynn hielt sich dabei seinen schmerzenden Hinterkopf, während er gegen die lähmende Dunkelheit, die vor seinen Augen tanzte, ankämpfte. Er durfte nicht ohnmächtig werden. Noch war der Kampf nicht vorbei.
Das Einzige, das er im Moment wahrnahm, war sein Gehör, das ihm eindeutige Kampfgeräusche aus seiner Umgebung zutrug und ihm vermittelte, dass ihm jemand zu Hilfe geeilt war. Nur langsam gekehrte seine Sicht zurück. Trotz seiner noch recht verschwommenen Wahrnehmung, versuchte er sich langsam aufzurichten. Leider hatte er immer noch recht weiche Knie, die ihn nicht tragen wollten.
Fynnley kippte nach vorne, wurde aber von zwei starken Armen aufgefangen. Sofort versteifte sich der Blondhaarige und machte sich für einen weiteren Angriff bereit, doch nichts dergleichen geschah. Die Arme hielten ihn nur fest und halfen ihm, sich wieder aufzurichten. „Es ist vorbei…“, drang eine recht beruhigend klingende Stimme an sein Ohr. Sie kam Fynn bekannt vor, konnte sie aber im Moment nicht richtig zuordnen.
Dennoch begann er sich langsam zu entspannen. Er glaubte dem Fremden. Auch wenn es in dieser Situation töricht erschien, er fühlte sich irgendwie geborgen. Noch etwas benommen, löste er sich aus dem Griff des Anderen und konnte endlich wieder klarer sehen. Honigfarbene Augen blickten ihn besorgt an.
Leicht stützte er sich noch ein wenig zusätzlich an der Mauer ab, während er vorsichtig seinen Hinterkopf abtastete. Fynnley roch Blut und erfühlte eine riesige Erhebung. Leise aufseufzend schaute sich der Kleinere suchend in der Seitenstraße um, bis sein Blick an zwei ringenden Körpern am Boden hängen blieb.
„Wir müssen ihm helfen“, brachte er stockend hervor, doch sein hübscher Retter schüttelte nur den Kopf.
„Nein… Dimitri braucht keine Hilfe. Der bekommt das sehr gut alleine hin“, kam es von dem Weißhaarigen. Nun betrachtete er den Anderen etwas genauer. Eng schmiegte sich schwarze Kleidung an diesen eleganten Körper und honigfarbene Augen blickten ihn besorgt an. Die schneeweißen Haare rahmten ein ich bekanntes Gesicht ein. Er brauchte nur noch einen Moment, bis ihm wieder einfiel, woher er dieses Gesicht kannte. Diese goldenen Augen würde er überall erkennen. Das war doch der Kerl vom Markt! Was für ein Glück er doch hatte, dass gerade diese beiden in der Nähe waren.
Neugierig wandte er sich noch einmal der Kampfszene zu. Der Braunhaarige, welcher eindeutig zu seinem Bekannten hier gehörte, hatte inzwischen seinen Peiniger bezwungen und bewusstlos geschlagen. Er bekam gerade noch mit, wie dieser sich den bewusstlosen Körper seines Angreifers wie ein Sack Kartoffeln über die Schulter warf und auf sie zu kam. Dimitri war wirklich sehr stark.
Trotz blutverschmierter und derangierter Kleidung, hatte der Unbekannte etwas an sich, das den Mischling vom ersten Augenblick an faszinierte. Eine dunkle Hose schmiegte sich perfekt an den muskulösen Körper, während ein dunkelrotes, offenstehendes Hemd seine Augen wie magisch anzog. Für Fynn sah er einfach zum Anbeißen aus.
„Vielen Dank für eure Hilfe“, kam es nun fast schüchtern von dem Halbling. Er traute sich kaum den Blick zu heben.
„Kein Dank nötig! Leichtsinnig genug von dir, zu so später Stunde alleine unterwegs zu sein!“, grummelte dieser Dimitri nur. Der Andere war ganz schön unverschämt. Wobei, wenn Fynn so darüber nachdachte, hatte er vielleicht nicht ganz unrecht. Fynn hätte es eigentlich besser wissen müssen.
Er nahm noch wahr, wie dieser dem Weißhaarigen ein Zeichen gab, zu gehen. Die zwei hatten ihm geholfen und, sich seiner Erziehung erinnernd, wollte er sie nicht so einfach ziehen lassen, ohne sich dafür erkenntlich zu zeigen.
„Bitte wartet doch! Ich stehe in eurer Schuld. Wie kann ich euch dafür danken?“ Schwankend trat er einen Schritt vor und war sichtlich überrascht, als er wieder drohte das Gleichgewicht zu verlieren. Da kam der Wolf mit den honigfarbenen Irden wieder zu Hilfe und fing ihn ab. „Dimitri… wir können ihn nicht so zurücklassen.“ Erklang die besorgte Stimme des Anderen.
„Vergiss es“, knurrte der Dunkelhaarige nur, während er den beiden einen genervten Blick zu warf. Fynn war im Moment einfach nur froh für den Halt und sah bittend zu dem Größeren auf. Auf einmal hörte er ein nachgebendes Seufze seitens Dimitris. „Na schön…“
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg und Fynn gab sich alle Mühe, mit Unterstützung des Weißhaarigen, Schritt mit dem mürrischen Zeitgenossen zu halten. „Mein Name ist Fynn“, kam es recht schüchtern von dem jungen Mischling. „Ich bin Andrej und der Griesgram dort drüben ist Dimitri“, stellte sich nun auch der hübsche Wandler mit den honigfarbenen Iriden vor.
Schweigend folgte er den beiden eine Weile auf ihrem Weg, bis ihm diese erdrückende Stille zu viel wurde. „Was habt ihr nun mit ihm vor?“ Er deutete auf den Mann, der über Dimitris Schulter hing.
„Den da? Den überlassen wir Leon“, meinte Andrej nur zu ihm. Ob sie wohl auch zu Leons Rudel gehörten? Eigentlich ging Fynn nicht davon aus, da die Zwei doch recht ungewöhnlich für diese Gegend gekleidet waren. Der breite Akzent ließ auch darauf schließen, dass sie nicht von hier kamen.
Aber er traute sich nicht so recht, die beiden darauf anzusprechen. Dann aber, kratzte der junge Halbwolf all seinen Mut zusammen und fragte. „Ihr kommt nicht von hier?“
„Ich wüsste nicht, dass dich das was angehen würde, Kleiner“, kam es daraufhin sofort noch schlechter gelaunt von dem Braunhaarigen. „Dimitri…“, ermahnte Andrej ihn sofort, bevor er sich mit einem sanften Lächeln auf den Lippen zu ihm wandte. „Du hast vollkommen Recht. Wir sind ursprünglich aus Turnak der Hauptstadt von Razzárd.“
Als Fynn sicher sein konnte, alleine weiter laufen zu können, löste er sich langsam aus dem helfenden Griff Andrejs. „Da seid ihr aber ganz schön weit weg von zu Hause.“
„Wir sind nur zu Besuch hier.“ „Andrej…“, kam es auf einmal mahnend von Dimitri. Nun war es wohl an diesem, den anderen ein wenig zu tadeln. Ihm schien es wohl nicht ganz so recht zu sein, dass sein Freund so offen über sie redete. Deshalb bohrte Fynn auch nicht mehr weiter nach. Er wollte die Zwei ja nicht bedrängen oder gar verärgern. „Verzeiht… ich war wohl etwas zu neugierig.“
Sofort hob der Weißhaarige beschwichtigend eine Hand und winkte ab. „Du musst dich nicht entschuldigen. Dimitri ist generell nicht besonders Auskunftsfreudig“, beruhigte ihn Andrej ein wenig. Es dauerte nicht mehr lange und sie waren an Leons Anwesen angekommen. Dimitri setzte den Kerl, der ihn angegriffen hatte, einfach vor der Tür ab.
Fynn zog sich ein wenig zurück, denn er wollte nicht, dass Leon ihn sah. Vermutlich würde dieser seinem Bruder alles erzählen sobald er ihn morgen wieder traf. So hatte er wenigstens eine kleine Chance darauf, dass Crispin nichts davon erfuhr.
Kurz warteten sie noch bis ein Angestellter von Leon ihnen die Tür geöffnet hatte und Andrej schilderte ihm in wenigen Worten das Geschehene, bevor die Zwei Werwölfe aus Turnak wieder zu ihm kamen. In stummen einvernehmen begleiteten die Beiden ihn zurück zum „Einsamen Wolf“.
„Vielen Dank für eure Hilfe“, bedankte sich der Kleinere erneut bei den, eigentlich fremden, Werwölfen und verneigte sich zusätzlich noch ein wenig. Ihm ging es dank Andrej und Dimitri wieder etwas besser.
Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen reichte ihm Andrej zum Abschied noch einmal die Hand, während Dimitri sich ohne ein Wort des Abschieds auf machte. „Schönen Abend noch Kleiner und pass das nächste Mal besser auf dich auf. Ach ja, lass Dimis Worte nicht zu nahe an dich heran. Er ist manchmal ein echter Brummbär“, kam es mit einem lustigen Grinsen von dem Weißhaarigen, bevor er sich von ihm abwendete und Dimitri hinterher eilte.
„Du hättest wenigstens auf mich warten können, wenn du schon so unhöflich bist und dich noch nicht einmal von Fynn verabschiedest!“, hörte er Andrej sich noch lautstark bei dem anderen Werwolf beschweren.
Für einen kurzen Moment noch, sah er seinen zwei Rettern kopfschüttelnd hinter her. Gleich darauf bereute er diese Geste auch schon wieder, als ihn sein Kopf schmerzlich daran erinnerte, was ihm noch vor einer Stunde geschehen war. Seufzend hielt er sich den brummenden Hinterkopf, bevor er sachte die Beule noch einmal inspizierte. „Es hätte schlimmer sein können“, murmelte Fynnley leise und machte sich auf den Weg zu seinem Zimmer und älteren Bruder.
Der kleine Halbling sah es schon kommen. Das würde nicht einfach werden, die ganzen Blessuren, die seinen Körper zierten, vor seinem Bruder zu verstecken. Fast lautlos schlich er die Treppe in den ersten Stock hinauf und öffnete so leise wie möglich die Tür zu ihrem gemeinsamen Zimmer. Vorher noch einmal kurz durchgeatmet, wappnete er sich auf einen noch wachen und vor allem beunruhigten Bruder.
Neugierig spähte er um die Zimmertür. Auf den ersten Blick war Crispin nirgends zu sehen und dadurch ermutigt, betrat er zögernd das dunkle Zimmer. Leise schob Fynn die Tür ins Schloss doch schon im nächsten Augenblick schoss eine Hand dicht an seinem Kopf vorbei und landete mit einem lauten Rums auf der Holztür. Mit einem kleinen Aufschrei zuckte der Kleinere zusammen und drehte sich in geduckter Haltung in Zeitlupe zu seinem Bruder um.
Die geladene Atmosphäre zwischen Cris und ihm, die in wenigen Sekunden entstanden war, war förmlich greifbar. „Fynnley Benett! Wo um alles in der Welt warst du so lange?“
Nervös hielt er seinen Blick gesenkt, leckte sich über die Lippen und zupfte an seinem zerknitterten Hemd. Eisern schwieg er seinen Bruder an. Unsanft griff Crispin nach seinem Kinn und zwang ihn regelrecht dazu, ihm in die Augen zu sehen.
„Ich hab mich nur umgesehen…“, hauchte Fynnley leise und wusste nicht so recht, was er noch sagen sollte. Schließlich waren seine Worte ja nicht gelogen. Er hatte ja wirklich einen kleinen Stadtbummel gemacht.
„Weißt du eigentlich was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe Fynn?“, wollte sein älterer Bruder von ihm wissen, während er mit seinen Fingern sanft den Dreck von seiner Wange wischte. Prüfend wanderte dabei Crispins Blick über den Mischling mit den unterschiedlichen Iriden. „Was ist geschehen?“, fragte Cris nun fürsorglich.
Kaum spürte Fynn wie Cris von ihm abrücke, ergriff er die Chance sofort, um etwas Abstand zwischen sie zu bringen. Wieder senkte er ergeben seinen Blick und war dankbar dafür, sich nicht mehr direkt dem besorgten, als auch vorwurfsvollen Blick seines Bruders stellen zu müssen. „Sprich bitte mit mir Fynn“, bat ihn der Ältere noch einmal. Würde er ihm jetzt erzählen, was wirklich passiert war, würde es Ärger geben. Aber anlügen wollte er seinen Bruder auch nicht.
„Als es begann langsam zu dämmern, machte ich mich auf den Rückweg, da packte mich auf einmal jemand und zog mich in eine dunkle Seitenstraße.“ Langsam blickte Fynn auf und konnte genau sehen, wie sich der Blick von Crispin veränderte. Die Sorge um ihn, wich Zorn und Wut.
Rasch sprach er weiter: „Es ist aber nichts passiert. Andrej und Dimitri haben mir geholfen und Leon wird sich nun um den Kerl kümmern, der mich angegriffen hat“, versuchte Fynn sofort seinen Bruder zu beschwichtigen. „Wer sind Dimitri und Andrej?“, wollte der Ältere mit recht scharfer Stimme von ihm erfahren.
„Das sind zwei Werwölfe aus Turnak, die zu Besuch hier in Taena sind“, erklärte er mit ruhiger Stimme. Entschuldigend sah er zu seinem Bruder hinüber und wartete jeden Moment darauf, dass dessen Wutausbruch doch noch kam, aber es geschah nichts. Fynnley sah Cris tief einatmen, bevor der Größere auf einmal auf ihn zu kam, um ihn fest in die Arme zu schließen.
„Fynnley… Was machst du nur? Dir hätte dabei ernsthaft etwas passieren können und ich war nicht in deiner Nähe um dir zu helfen“, vernahm er die fast schon verzweifelnd klingenden Worte dicht an seinem Ohr, während sich dessen Gesicht in seinen Haaren vergrub.
Etwas zurückhaltend erwiderte er die klammernde Umarmung seines älteren Bruders. „Es ist aber wirklich nichts passiert… Zumindest nichts, was nicht in ein paar Tagen verheilt ist“, versprach Fynn dem Anderen, während er ihm sachte über den Rücken zu streicheln begann. Er hatte Cris schon wieder so viel Kummer bereitet, dabei hatte er das noch nicht einmal gewollt. Fynn musste schon zugeben, dass er die tröstende Umarmung von Crispin ein wenig genoss und sich jetzt sicher und geborgen fühlte.
„Du musst endlich lernen, besser auf dich auf zupassen“, kam es nach einer Weile von dem Blondhaarigen. „Ich versuche mich zu bessern“, meinte Fynnley leise und hauchte seinem Bruder einen kleinen Kuss auf die Wange.
Vorsichtig begann er, sich aus der Umarmung des Anderen zu lösen, während er den Blauäugigen vorsichtig anlächelte. „Morgen wirst du Kulon mit dir nehmen. Ich will keine Widerworte hören.“ Mit diesen Worten wendete sich der Werwolf von ihm ab und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Typisch. Auf einmal konnte Crispin so kühl und beherrscht wie immer sein, aber was hatte Fynn auch erwartet? Er würde Crispin wohl nie ganz verstehen.
Gegen seine Worte würde er morgen ausnahmsweise nicht aufbegehren. Es sollte ihm recht sein, dass Kulon in morgen begleitete. Nach der Aktion von heute Abend war dem kleinen Mischling doch ein wenig mulmig zumute. Wann Cris wohl heute Nacht zurückkommen würde? Er war mit Sicherheit laufen, um sein aufgewühltes Gemüt ein wenig abzukühlen.
Fynnley ließ kurz darauf seine Kleidung fallen und gönnte sich ein heißes Bad, um den Dreck des Tages von seinem Körper zu waschen und um die einzelnen Kratzer und Schrammen zu inspizieren. Das warme Wasser tat seinem geschundenen Körper gut und die Stille war beruhigend für seine Gedanken.
Als er sich sauber genug fühlte, verließ er das noch angenehm warme Wasser und schlüpfte, nachdem er sich abgetrocknet und etwas übergezogen hatte unter die Bettdeckte. Heute war nicht gerade sein Tag gewesen und so hoffte der junge Werwolf, dass wenigstens der Morgige besser laufen würde.
Müde schlug Fynn am nächsten Morgen die Augen auf und reckte sich erst einmal genüsslich den ersten Sonnenstrahlen entgegen. Ein kleines Ziehen und Zwicken hier und da vor allem sein Kopf erinnerte ihn an die Geschehnisse vom Vorabend. Langsam rollte er sich auf die andere Seite und erblickte seinen noch schlafenden Bruder neben sich.
Crispin war wohl mitten in der Nacht zurückgekommen. Fynn hatte so tief geschlafen, dass er nichts bemerkt hatte. Was für ein schlechter Werwolf er doch war. Alle seine Freunde behaupteten, sein menschlicher Anteil, welchen er von seiner Mutter geerbt hatte, wäre nicht sehr ausgeprägt, aber daran glaubte Fynn schon lange nicht mehr. Immerhin war ihm ja auch die Verwandlung zu einem Wolf nicht gegönnt. Wieso sollten dann seine anderen Eigenschaften nicht auch eingeschränkt sein?
Leise erhob er sich aus dem Bett, um den Blondhaarigen nicht aufzuwecken. Die Tür zum Badezimmer lautlos schließend, machte er sich fertig und verließ kurz darauf das Zimmer. Kulon saß schon unten in der Gaststube und wartete auf ihn.
Ein leises Seufzen kam ihm bei dessen Anblick über seine Lippen. Sein Bruder hatte es also ernst gemeint, als er ihm das gestern Abend mitgeteilt hatte. Ausnahmsweise würde er sich heute dem Befehl seines Bruders fügen und Kulon für diesen Tag an seiner Seite dulden.
In einvernehmlichem Schweigen, verließen sie nach einer kurzen Begrüßung die Gaststätte, um erst einmal ein ordentliches Frühstück zu sich zu nehmen. Der Tag verlief relativ ereignislos. Sie liefen über den Markt und schauten sich einige Sehenswürdigkeiten in Taena an, betraten mal diesen und jenen Laden. Als sie am Abend zum „Einsamen Wolf“ zurückkehrten, eröffnete ihm Cirspin, dass Kulon ihn auch am nächsten Tag noch einmal begleiten würden. Schweigend ließ er den Wunsch seines Bruders auch die nächsten Tage über sich ergehen. Dadurch fühlte sich Cris wohler und konnte sich besser auf die Verhandlungen mit Leon konzentrieren. Die einzelnen Krater und Abschürfungen verheilten und bald war nichts mehr von diesen zu sehen.
Sie schlenderten gerade gemütlich über den Marktplatz, als ihm ein schneeweißer Haarschopf unter all den tummelnden Menschen auffiel. Ohne auf seinen Begleiter zu warten, eilte er auf Andrej zu. Gleichzeitig erblickte er auch Dimitri, welcher neben Andrej stand. Die Zwei schienen heftig mit einem Händler um ein Schmuckstück zu diskutieren, als er sich diesen näherte. Einen Moment lang genoss er noch die wundervolle Aussicht auf die hübschen Kehrseiten der beiden. Eng schmiegte sich die schwarze Hose an den wohlgeformten Hintern Dimitris, während diese dazu noch verführerisch tief auf seinen Hüften saß.
Er war zwar kein freundlicher Zeitgenosse, aber eins musste er ihm dennoch lassen: Dimitri sah verdammt heiß aus, egal was er trug. Und Fynnley könnte wetten, dass dessen dunkelgrünes Hemd wieder offen stand und den zarten Flaum auf seiner Brust hervor hob. Andrej trug hingegen ein schlichtes weißes Hemd zu einer dunklen Hose.
Nach dem er mit dem Anstarren fertig war, tippte er ein wenig zaghaft dem weißhaarigen Werwolf auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Ein etwas verwirrter Blick richtete sich auf ihn, als Andrej sich endlich zu ihm umdrehte. „Hallo“, sprach er lächelnd und blickte den Werwolf mit den honigfarbenen Iriden direkt in die Augen. Als er ihn endlich erkannte, schenkte ihm dieser das bezauberndste Lächelnd, das Fynnley je gesehen hatte. „Oh…! Hallo. Es freut mich dich wieder zu sehen.“ Fynn konnte sich ein Lächeln einfach nicht verkneifen. Andrej sah so verdammt süß aus und dieses charmante Lächeln war einfach nur ansteckend.
„Ja, ich freue mich auch! Wie ich sehe, seid ihr gerade beschäftigt.“
„Ach Quatsch, das ist mal wieder nur der Sturkopf da“, kam es mit einer abfälligen Handbewegung in Richtung Dimitri. „Der kann es mal wieder nicht lassen mit den Händlern um die Preise zu feilschen.“ Unschlüssig ob er es wagen sollte, strich er sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich wollte euch fragen, ob ihr zwei nicht Lust hättet, als kleines Dankeschön für eure Hilfe, mit mir etwas essen zu gehen. Ich hätte euch ja schon früher gefragt, doch ich hab euch nicht mehr gesehen“, kam es schüchtern von dem jungen Halbling.
Ein erfreuter Ausdruck trat auf das Gesicht seines Gegenübers und Fynn hielt einen Moment lang die Luft an, bevor er das zustimmende Nicken des Anderen erblickte. Er konnte beobachten, wie Andrej auf Dimitris Schulter schlug, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Bring die Verhandlung endlich hinter dich. Wir sind zum Ess…“ Mehr bekam Fynnley nicht mit, denn da legte sich plötzlich von hinten eine Hand auf seine Schulter, um ihn unsanft von den beiden wegzuziehen. Er schluckte schwer und sah dann langsam zu Kulon hinüber. „Hallo Kulon.“
„Verdammt Fynn! Was soll das? Du wirst wohl nie lernen auf deinen Bruder zu hören“, kam es sichtlich erbost von dem Älteren. Beschwichtigend hob er die Hände und blickte sein Gegenüber unschuldig an. „Dafür konnte ich dieses Mal nichts. Die Zwei haben mir geholfen und ich war ihnen noch was schuldig, also habe ich sie zum Essen eingeladen… Ich kann ja nichts dafür, wenn du nicht hinter her kommst.“ Das war zwar gemein von ihm, aber so war es nun einmal.
Da spürte er auch schon die Präsenz der zwei Werwölfe aus Turnak direkt hinter sich. „Fynn?“ Kurz warf er einen Blick zu den Beiden und zuckte bei Dimitris vernichtendem Blick Kulon gegenüber, etwas zusammen. „Jungs es ist alles in Ordnung. Darf ich euch vorstellen das ist Kulon der Schmied unseres Rudels und mein Begleiter für diesen Tag. Kulon, das sind Dimitri und Andrej, die zwei, die mich vor einigen Tagen aus einer misslichen Lage befreit haben“, stellte er die drei einander vor, bevor sie auch nur die kleinste Gelegenheit bekamen, sich die Köpfe einzuschlagen.
Fynn konnte deutlich die angespannte Atmosphäre zwischen den beiden Parteien spüren. „Nun da ihr wisst, worum es hier geht, suchen wir uns ein gemütliches Gasthaus, in Ordnung?“, schlug der Kleinste unter ihnen vor und versuchte die Stimmung ein wenig aufzulockern.
Erst beim Essen taute diese nach und nach auf. Sie unterhielten sich über ihre Rudel und über die verschiedenen Städte, die sie schon bereist hatten. Wobei das meiste Gespräch zwischen Fynn und Andrej stattfand, da Kulon eher der schweigsame Typ war und Dimitri sich weigerte am Gespräch teilzunehmen.
Genervt saß dieser mit verschränkten Armen am Tisch, während er seinen Blick auf das Treiben drauß0en warf. Ungeniert beobachtete Fynnley den Älteren ein wenig und sah dem Muskelspielt unter der Haut zu. Wie gerne er diese weiche Haut doch einmal berühren würde.
Erst als Andrej ihn wieder ansprach, riss dieser ihn aus seinen Gedanken zurück in die Realität. Sie unterhielten sich noch eine Weile, bis Dimitri förmlich dazu drängte, endlich zu gehen können. Nach der Verabschiedung entschuldigte sich Andrej noch einmal für das Verhalten seines Freundes, bevor er dem Braunhaarigen folgte und somit Fynn und sein Begleiter zurückließ.
Wie ausgemacht, bezahlte Fynnley die Rechnung und machte sich dann gemeinsam mit Kulon auf den Weg zurück zur Gaststätte. Bevor er das Zimmer betraten, rang er Kulon noch das Versprechen, ab seinem älteren Bruder nichts von dem Treffen und dem darauf folgenden Essen mit den zwei Werwölfen, zu erzählen.
Fynnley fand in dieser Nacht keinen Schlaf. Auch wenn er sich von der einen auf die andere Seite drehte, er war nicht müde. Leise aufseufzend, setzte sich der junge Halbwolf nach einer Weile auf, um mit seinen Fingern durch seine Haare zu fahren.
Vorsichtig linste er zu seinem älteren Bruder hinüber. Fynn wollte sichergehen, dass er nicht durch seine Unruhe ebenfalls aufgewacht war. Erleichtert stellte er fest, dass Crispin ruhig und gleichmäßig atmete. Unschlüssig saß er nur auf dem Bett und überlegte was er nun machen sollte. Einerseits konnte er nicht schlafen, andererseits konnte er auch nicht länger im Bett liegen bleiben. Er musste hier raus. Fynn beschloss, laufen gehen. Danach würde er schon müde genug sein, um schlafen zu können.
Lautlos erhob er sich vom Bett, zog sich rasch eine Jogginghose und ein Shirt über, bevor er leise nach draußen verschwand. Die Gaststube war dunkel. Ein lautes Schnarchen drang an Fynnns Ohr. Die Gastgeber schliefen bereits.
Tief sog er die kühle Nachtluft in seine Lungen, als er den Weg in Richtung Strand einschlug. Das Laufen tat ihm gut. Der Wind blies durch sein Haar und lief mit ihm um die Wette. Ein bisschen außer Atem, erreicht er viel zu schnell den Strandabschnitt. Nachdenklich ließ er sich in den kühlen Sand nieder und beobachtete, wie sich die Sterne diamantenähnlich im Wasser spiegelten. Eine Gänsehaut bildete sich auf seinem leicht verschwitzten Körper.
Es war heute Nacht recht kühl, dennoch wollte er nicht noch einmal zurück, um sich eine Jacke zu holen. Deshalb zog er seine Beine dicht an den Körper heran, umschlang sie mit den Armen, um sein Kinn darauf zu betten. Schweigend beobachtete er das wundervolle Bild, das sich ihm in dieser Nacht bot.
Der junge halb Halbwolf war so in seinen Gedanken vertieft, dass er nicht mitbekam, wie sich ihm langsam jemand näherte. Erst als derjenige direkt neben ihm stand, bemerkte er diesen und sah alarmiert auf. Es war Dimitri. Fynn entspannte sich wieder etwas und sah schweigend, zu wie der Andere sich einfach neben ihm niederließ.
Es wunderte den Blondschopf schon ein wenig, dass Dimitri sich zu ihm gesellte, obwohl der ihn anscheinend nicht leiden konnte. Fynn entging nicht, dass dieser nun eine recht weite Hose und ein lockeres Hemd trug, trotz der niedrigen Temperaturen. Richtige Werwölfe waren eben nicht so verfroren wie er.
Schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander, bevor Fynn diese Stille immer unangenehmer wurde. Vorsichtig sah er zu Dimitri hinüber, während er sich überlegte, was er sagen sollte. Da ergriff aber auch schon der Ältere das Wort. „Was treibt dich denn zu so später Stunde hier her und das ganz noch ohne Aufpasser?“ Das süffisante Grinsen seines Gegenübers entging Fynn nicht.
Was ging es den Anderen an was er hier trieb? Trotzdem antwortete Fynn ihm. „Ich konnte nicht schlafen, daher habe ich beschlossen etwas frische Luft zu tanken und ein wenig laufen zu gehen. Cris und Kulon wissen nicht das ich weg bin“, gestand er dem Anderen. Dimitri war wohl nicht entgangen, dass er die letzten Tage quasi einen Babysitter an seiner Seite gehabt hatte. Er strich sich verlegen ein paar Strähnen hinter sein Ohr, bevor er seinen Blick von dem Braunhaarigen löste und wieder auf das Meer hinaus sah.
„Und du?“ Er traute sich kaum die Frage zu stellen, da Dimitri ihm gegenüber bis jetzt immer recht mürrisch gewesen war. Vielleicht würde Dimitri sein Verhalten etwas ändern, wenn sie alleine waren?
„Ich brauche nur wenige Stunden Schlaf, verbringe daher die meiste Zeit in der Nacht am Strand. Hier ist es immer so wunderbar ruhig“, kam es recht leise von dem Dunkelhaarigen. Es wunderte Fynn immer mehr, wie offen Dimitri ihm gegenüber auf einmal war. Dadurch ermutigt, wollte Fynn noch viel mehr von dem Werwolf wissen. Er konnte es eben nicht lassen, mit dem Feuer zu spielen.
„Darf ich dich fragen, was Andrej und du hier in der Stadt macht?“, kam es zögernd über seine Lippen.
„Du bist ganz schön neugierig.“ Dimitri schien über seine Frage nicht gerade erfreut zu sein. Anscheinend wollte der Größere darauf auch nicht antworte. Fynn ließ es daher auch auf sich beruhen.
„Verzeih“, bat er leise. Ihm fiel nichts ein, worüber er sich sonst noch mit dem Werwolf unterhalten konnte. Schließlich wusste er nicht welche Fragen er stellen durfte und welche nicht. Der Andere war eben wie ein Buch mit sieben Siegeln, in dem er einfach nicht lesen konnte.
„Andrej und ich sind hier, um in diesem Teil von Calan’driel Verbindungen für unsere Rudel aufzubauen. Wir möchten vermehrten Handel mit ihnen treiben. Außerdem bringt die Reise doch ein wenig Abwechslung.“ Mit vor Verwunderung erhobener Augenbraue, sah er zu dem Anderen hinüber. Dass seine Frage doch noch beantwortet wurde, damit hatte Fynn nicht mehr gerechnet.
Im Grunde führten sie dieselben Gründe nach Taena. Nur beschlich Fynnley das Gefühl, dass Dimitri nicht ganz ehrlich zu ihm war. Er wollte aber nicht weiter nachhaken, damit er den Älteren nicht doch noch vergraulte. „Mein Bruder Crispin verhandelt im Moment ebenfalls mit Leon.“
Ein frischer Windstoß zog an ihnen vorbei und ließ Fynns Körper ein wenig frösteln. Nur wenige Sekunden später, spürte er etwas Warmes über seine Schultern gleiten. Sichtlich überrascht sah er zu dem Anderen hinüber, während er nach dem weißen Hemd griff. Heute war wohl die Nacht der Überraschungen.
„Aber ist jetzt nicht dir kalt?“ Was für ein Schwächling er mal wieder war. Spätestens jetzt musste Dimitri ahnen, dass mit Fynn etwas nicht stimmte.
„Mir und kalt? Dafür braucht es mehr als dieses Lüftchen. Ich bin viel kältere Gefilde gewohnt, als das Klima hier. Turnak ist eine Stadt, erschaffen aus purem Eis“, kam es lachend von dem Werwolf. „Für mich ist das hier eher wie ein Hochsommer in Turnak.“ Was nicht gerade warm zu sein schien, denn Fynnley war verdammt kalt. Im Grunde müsste Dimitri hier förmlich bei der Hitze, die am Tag herrschte, vergehen.
Der kleine Wolf konnte einfach nicht widerstehen und wagte einen kurzen Blick auf den gut trainierten Körper des Älteren. Das, was der Halbling zu sehen bekam, gefiel ihm wirklich gut. Seine Augen ruhten einen kurzen Moment auf dem Tattoo an Dimitris linker Schulter. Es war eine Wolfspfote, die mit recht wenigen Strichen tätowiert war. Ein Clanzeichen.
Leicht biss Fynn sich auf die Unterlippe und wendete rasch seinen Blick ab, um ein Starren zu vermeiden. Merklich zuckte er zusammen, als die warmen Finger des Anderen sachte über seine kühle Wange, bis hinab zu seinem Hals strichen. Sanft schlossen diese sich dann um sein Kinn, zwangen ihn dadurch, Dimitri wieder anzusehen.
Zögerlich folgte er der Aufforderung und sah verlegen zu dem Braunhaarigen hinüber. Für einen kurzen Moment hielt der Jüngere den Atem an, als er sah wie dicht Dimitri ihm mittlerweile gekommen war. „Wie geht es deinen Verletzungen?“
Die Frage brachte den Kleineren nun vollständig aus dem Konzept. „Ich… Es ist alles wieder soweit in Ordnung“, hauchte Fynn leise.
Tief versank er in den goldbraunen Augen seines Gegenübers. Langsam schloss Fynnley seine Augen. Nur wenige Augenblicke später, spürte er die warmen Lippen des Werwolfes hauchzart über seine wandern. Sachte kam er ihm ein wenig entgegen, forderte Dimitri regelrecht auf, mehr auf den Kuss einzugehen. Noch etwas zögerlich ließ er seine Zunge über die Unterlippe von Dimitri gleiten, doch der Ältere unterbrach den Kuss an diesem Punkt mit einem Kopfschütteln.
„Du solltest jetzt besser wieder zurück gehen“, kam es nur von diesem, während Dimitri sich wieder erhob. Ein wenig frustriert stand er ebenfalls von dem kalten Boden auf, bevor er sich den Sand von der Hose klopfte. Was sollte denn das gerade? Hatte es dem Anderen etwa nicht gefallen? War er so ein schlechter Küsser? Schweigend blickte er diesen fragend an, doch Dimitri machte keine Anstalten, sein Verhalten zu erklären. Stattdessen ließ dieser ihn einfach stehen und ging.
Gekränkt durch diese Zurückweisung, machte Fynn sich auf den Weg zurück zu der Gaststätte. Der Weg dorthin, erschien im plötzlich viel länger daher beeilte er sich noch ein bisschen mehr. Endlich im Zimmer angekommen, entledigte er sich seiner Kleidung und tapste dann barfuß auf das Bett zu.
Seufzend krabbelte er zu Crispin unter die Bettdecke und drückte sich von hinten an den wärmenden Körper heran. Sofort reagierte sein Bruder im Schlaf auf die ausgekühlten Füße, drehte sich zu ihm um und legte sachte seine Arme um ihn, um Fynn fest an seine Brust zu drücken. Der junge Mann fühlte sich im Moment irgendwie alleine und brauchte diese Nähe einfach.
Nach einer Weile des Nachdenkens fand er dann doch noch etwas Schlaf. Er konnte nur hoffen, dass Cris ihm nicht böse war, wenn sie wieder aufwachten. Immerhin war er mal wieder gegen seine Bitte alleine unterwegs gewesen. Mit dem Gedanken schlief er, dicht an den warmen Körpers seines großen Bruder geschmiegt, ein.
Erst am späten Vormittag des nächsten Tages wachte Fynn wieder auf. Er stellte fest, dass er ganz alleine im Zimmer war. Leise aufseufzend, rollte er sich auf die Seite und versuchte noch ein bisschen zu dösen, aber vergebens. Die Geschehnisse der vergangenen Nacht, trieben ihm die Schamesröte au die Wangen. Was hatte er sich nur dabei gedacht, sich von dem fremden Werwolf zu einem Kuss verführen zu lassen und sich ihm noch so anzubieten? Im Nachhinein schämte er sich für sein unangebrachtes Verhalten Dimitri gegenüber, doch Vergangenes konnte man eben nicht mehr ändern. Fynn nahm sich vor, das Geschehene der Nacht vergessen. Nichts desto trotz war er verwirrt. Immerhin hatte Dimitri ihm bis gestern Mittag noch das Gefühl gegeben, ein lästiges Anhängsel zu sein.
Schlaftrunken taumelte er in das Badezimmer und ließ sich dort ein Schaumbad in die Wanne ein. Wohlig aufseufzend, ließ er sich in das angenehm warme Wasser gleiten und genoss dabei die angenehme Stille, welche ihn umgab. Er summte leise, während er sich mit dem warmen Wasser wusch.
Erst das leise Klopfen an die Badezimmertür ließ den Mischling verstummen. Fynn konnte sich schon denken, wer das war. Er hatte nichts dagegen, dass sein Bruder zu ihm kam und rief daher nur. „Komm rein.“ Mit einem Blick zur Tür ließ er die Hand mit dem Schwamm sinken. Ohne zu zögern trat der Ältere ein, gesellte sich an die Seite der Badewanne, um sich neben ihm auf den Boden nieder zu lassen. Fynn lehnte sich ein wenig an den Wannenrand und ließ sich in stillem einvernehmen, die Haare von diesem waschen.
„Wo warst du die Nacht über?“ Mit dieser Frage hatte er gerechnet. Sein Bruder war schließlich nicht ohne Grund der Alpha seines Rudels. Es war ihm sicher keinesfalls entgangen, dass sein Bruder sich in der Nacht aus dem Zimmer geschlichen hatte.
„Ich konnte nicht schlafen“, murmelte Fynn ehrlich und öffnete wieder seine Augen, nachdem Crispin ihm den Schaum aus den Haaren gewaschen hatte. „Und wo bist du hingegangen?“
Der Jüngere wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte. Er wollte sein kleines Treffen mit Dimitri am Strand nur ungerne preisgeben. Auch wenn der Zusammenstoß nur Zufall war.
„Ich war am Strand etwas frische Luft schnappen und habe dabei die Zeit aus den Augen verloren“, gestand er seinem Bruder zumindest die halbe Wahrheit. In dem Sinne hatte er Cris ja nicht richtig angelogen. Er hatte ihm nur ein paar Details vorenthalten.
„Hm…“ Wirklich zufrieden klang Crispin ja nicht, aber er hakte nicht mehr weiter nach. Als Fynn sich von dem restlichen Schaum befreit hatte, stieg er aus der Badewanne. Mit dem flauschigen Handtuch, das Crispin ihm reichte, begann er sich dann abzutrocknen. Die Blicke seines großen Bruders, auf seinen nackten Körper, machten ihm dabei nichts aus.
„Musst du heute nicht zu Leon?“, fragte er Crispin, während er zurück in ihr Zimmer ging, um sich eine kurze cremefarbene Hose und ein türkisfarbenes Shirt über zu ziehen. Er war sich sicher, dass es heute sehr warm werden würde und der junge Halbling hatte nicht vor, bei dieser Hitze dahin zu schmelzen. Deshalb hatte er sich für die leichten, luftdurchlässigen Sachen entschieden.
„Heute nicht, wir können gerne etwas zusammen essen gehen oder sonst etwas unternehmen. Den heutigen Tag hast du mich ganz für dich alleine“, hauchte ihm Crispin in sein Ohr.
Eine leichte Gänsehaut überzog seine Unterarme, als er den heißen Atem seines großen Bruders dicht an seinem Ohr spürte. Dort war Fynn recht empfindsam, aber das wusste Crispin auch ganz genau und nutzte es immer wieder zu seinen Gunsten aus.
Leise grummelnd, drehte er sich zu diesem um und knuffte dem Größeren fest in die Seite. „Ich hab dir bereits oft genug gesagt, dass du das lassen sollst Cris“, zischte der Kleinere drohend und funkelte dabei seinen Bruder angriffslustig an.
Manchmal verstand er seinen großen Bruder nicht. Wollte er ihn damit nur aufziehen oder doch nur seine Überlegenheit zeigen? Diese Annährungen wären für einen Gefährten passend, doch nicht für einen Bruder! Fynn wusste aber genau, dass das für Cris nur ein Spiel war und er keine tieferen Gefühle für ihn hegte. Trotzde hatte er Crispin gerne.
„Für ein leckeres Mittagessen bin ich immer zu haben, doch wenn du mehr willst, musst du mich schon überreden, Mister“, ging er auf das Spiel ein. Ein verschmitztes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er die deutliche Belustigung in Crispins Augen aufblitzen sah.
Kopfschüttelnd sah er dem Älteren hinterher, als er zu der Tür hinüber ging. Wie ein vollendeter Gentleman hielt er ihm die Tür auf, um ihm den Vortritt zu lassen. Sein Blick schweifte ein letztes Mal durch den Raum und blieb an dem weißen Hemd des Werwolfes aus Rázzard hängen. Fynnley beschloss, es ihm heute Nacht wiederzugeben. Egal, wie viel Überwindung es ihn kosten würde, dem großen Werwolf noch einmal gegenüber zu treten.
Dann sah er wieder zu Cris. Mit hocherhobenem Haupt und kokettem Augenaufschlag, stolzierte er mit einem speziellen Hüftschwung durch die aufgehaltene Tür und schlug den Weg in Richtung Marktplatz ein. Dort würde er sich von seinem großen Bruder zu einem deftigen Eintopf einlasen lassen. Nach einem recht entspannten Essen, schlenderten sie noch eine Runde über den Marktplatz.
Fynn konnte nicht widerstehen seinen Bruder zu dem Stand zu ziehen, an welchem er die Tage zuvor, die hübsche Wolfskette hatte hängen sehen. Doch als er näher kam bemerkte er, dass diese nicht mehr da war. Nach kurzem nachfragen, teilte ihm der Besitzer des Standes mit, dass er genau die Kette heute Morgen verkauft hatte. So ein Pech, er hätte sie so gerne gehabt.
Enttäuscht betrachtete er den restlichen Schmuck, welcher noch dort auf dem Tisch lag, aber Crispin konnte ihn einfach für nichts anderes mehr begeistern.
Nach einer Weile ließ er sich von dem Älteren zu einem kleinen Schaukampf weiterziehen. Es dauerte nicht lange, da fieberte Fynn schon mit den zwei Schwertkämpfern mit. Es war wie der Kampf zwischen David und Goliath. Der Kleinere war recht schmal und zierlich. Kurze, gelockte braune Haare umrahmten ein zartes Gesicht, während strahlend grüne Augen seinen Herausforderer schelmisch anblitzten. Der Größere von beiden war ein stattlicher Kerl, der nur so vor Muskelkraft strotzte. Schwarze schulterlange Haare und eine gebräunte Haut, hoben die graubraunen Augen hervor.
Lautstark begann er den kleinen Braunhaarigen anzufeuern, welcher dem Muskelprotz mit der Breitseite seines Schwerts einen heftigen Hieb in die Seite verpasste. Keine Sekunde später streifte die Klinge des Größeren den Brustkorb des Grünäugigen und ließ das erste Blut auf den Boden vergießen. Doch der Kleinere schien die Verletzung gar nicht wahr zu nehmen.
Stattdessen warf dieser sich mit lautem Kampfgebrüll auf seinen Gegner und rang ihn geschickt zu Boden, um dann mit den Fäusten weiter zu kämpfen.
Fynnley ahnte, dass der ganze Kampf bloß eine Show war, dennoch ließ er sich dazu hinreißen das Schauspiel zu beobachten. Immerhin half es, seine Stimmung wieder zu bessern und die Grübeleien bei Seite zu schieben.
Es war schon erstaunlich, wie viel der Schwarzhaarige auf einmal einstecken musste und wohl keinerlei Chance mehr gegen den Kleineren hatte. Jauchzend beobachtete er die Zwei fasziniert, als der Größere den quirligen Zwerg schnappte und ihn endlich nieder rang. Außer Atem, aber mit einem Lächeln, zwang er seinen Gegner, sich zu ergeben.
Nach einigem Gerangel gab der Kleinere schließlich widerwillig auf. Unter tosendem Applaus der zahlreichen Zuschauer, welche sich inzwischen um die Zwei versammelt hatten, halfen sie sich gegenseitig auf die Beine und reichten sich freundschaftlich die Hand. Während sich die Menge langsam auflöste, warf ynn einen nachdenklichen Blick zu seinem Bruder hinüber.
„Weißt du Cris? Ich vermisse die kleinen Auseinandersetzungen und Rangeleien mit dir“, gab der kleine Halbling mit den unterschiedlichen Augen leise zu. Bevor ihr Vater verstarb, waren sie aus Spaß immer wieder aneinander geraten. Ab diesem Zeitpunkt aber war Crispin der Alpha ihres Rudels und seitdem hatte es diese kleinen Spielereien zwischen ihnen leider nicht mehr gegeben. Und das vermisste Fynn doch sehr. Es ziemte sich nicht für einen Alpha, wie ein junger Welpe herumzutollen. Erst solche Situationen erinnerten Fynnley fast schmerzlich daran, wie erwachsen sein großer Bruder, seit dem Tod ihres Vaters, geworden war. Es war auch seine Verantwortung dem Rudel gegenüber, die Cris rasch hatte reifen lassen. Es bestand zwar nicht die Regel, dass der Sohn eines Alphas automatisch den Platz nach seinem Tod einnehmen musste, aber Crispin hatte es so gewollt. Da ihm dieser Anspruch nicht einfach in die Wiege gelegt wurde, musste er sehr hart um diesen Platz, seinen Rang, kämpfen.
Kein Mitglied eines intakten Rudels, würde einen schwachen Alpha akzeptieren und ihn früher oder später von diesem Rang stoßen. Und so hatte Crispin seine Stärke unter Beweis gestellt und dem Rudel dadurch klar gemacht. wer ab diesem Zeitpunkt das Sagen hatte. Er vermisste den ausgelassen, lustigen Crispin von damals sehr, aber er verstand auch warum er mittlerweile so war. Schließlich konnte nur ein kluger, weiser und vor allem starker Wolf ein Rudel richtig führen.
„Mal sehen… Vielleicht können wir das in Zukunft wieder ändern, hm?“, erklang es direkt neben ihm. Bevor er sich weiter darüber seinen Kopf zerbrechen konnte, wuschelte ihm Crispin, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, durch sein Haar.
Da wurde er auch schon an der Hand geschnappt und weiter gezogen. Der restliche Tag verging wie im Flug. So ausgelassen und entspannt hatte er Crispin schon länger nicht mehr erlebte. Ausgelassen kehrten sie erst am späteren Abend in ihre Unterkunft zurück.
Es tat gut zu sehen, wie sein Bruder mal wieder etwas entspannter aussah. In letzter Zeit hatte er wohl nicht die Möglichkeit, weniger Alpha, dafür mehr ein junger Wolf zu sein. Crispin hatte Fynn auf seine Nachfrage erzählt, dass die Verhandlungen mit Leon soweit abgeschlossen waren. Sie hatten erreicht, was sie wollten und die Beziehungen zu dem fremden Rudel war gestärkt worden. In wenigen Tagen würden sie endlich wieder zu Hause sein.
Diese Nacht versuchte Fynn, absichtlich wach zu bleiben. Er hatte geplant, noch einmal den Strandabschnitt aufzusuchen, um Dimitri sein Hemd zurückzugeben.
Als er das leise Schnarchen seines Bruders vernahm, war der richtige Zeitpunkt gekommen, um das Bett zu verlassen.. Dieses Mal war der Blondhaarige schlauer und zog sich gleich etwas Warmes über, bevor er lautlos die Gaststätte verließ.
Zwar war Fynnley sich nicht ganz sicher, dass er den Braunhaarigen dort wieder treffen würde, dennoch war er recht zuversichtlich. Immerhin hatte ihm Dimitri in der Nacht zuvor selbst mitgeteilt, dass er nicht viel Schlaf brauchte und sich daher oft in der Nacht am Strand aufhielt.
Während er sich dem besagten Strandabschnitt näherte, sah er sich aufmerksam um. Schon kurz darauf, entdeckte er den Werwolf recht nahe am Wasser sitzend. Keine Sekunde später war sein mühsam angesammelter Mut auch schon wieder verpufft. Etwas nervös schluckte er den Klos, welcher sich in seinem Hals gebildet hatte, hinab. Fynn brauchte ein paar Augenblicke, um sich wieder zu fangen, bevor er sich mit dem sorgfältig zusammengelegten Hemd dem Älteren zu nähern begann.
Fynn war sich sicher, dass Dimitri ihn schon längst gewittert hatte. Werwölfe waren nicht nur stärker und schneller, als ein normaler Mensch, sie besaßen auch noch ein viel besseres Gehör, konnten besser sehen und vor allem riechen. Gerade in der Nacht, waren diese ausgeprägten Sinne von Vorteil.
Lautlos ließ er sich neben Dimitri in den etwas feuchten Sand nieder, während er ihm schweigend das Hemd hinhielt. Er wusste nicht so recht, was er dazu sagen sollte. Zudem konnte er den Kuss, den sie miteinander geteilt hatten, nicht vergessen. Der Kuss, der ihm nach wie vor peinlich war, auch wenn er ihm gefallen hatte. Fynn wusste nicht wirklich, wie er damit umgehen sollte.
Dimitris Zurückweisung hatte ihn getroffen. Er konnte sich nicht erklären, was an dem Kuss so falsch gewesen sein soll. Fynn hatte sich in diesem Moment fallen gelassen und leidenschaftlich den Kuss erwidert. Dimitri hatte einfach nach so viel mehr geschmeckt. Der Verlockung, noch einmal von dem starken Werwolf zu kosten, war fast nichts entgegen zu bringen. Fynnley würde zu gerne noch einmal diese Wildheit, diesen Drang nach Freiheit und den Duft des Wolfes schmecken. Insgeheim fragte er sich, ob sich der Geschmack noch verstärkt hätte, wenn sie den Kuss noch weiter vertieft hätten.
Leicht biss er sich bei dem Gedanken daran auf die Unterlippe. „Nicht“, durchbrach Dimitri auf einmal die Stille zwischen ihnen. Mit großen Augen und fragend nach oben gezogenen Augenbrauen, blickte er zu dem Größeren hin.
„Was ist denn?“, fragte er etwas unsicher. Noch einmal biss er sich auf die Unterlippe, bis er die rauen Finger des Größeren an seinen Lippen spürte. Diese kleine, zärtliche Berührung löste eine Gänsehaut auf seinem gesamten Körper aus. „Du sollst damit aufhören“, raunte sein Nebenmann leise. Sachte umschlossen die warmen Finger Dimitris sein Kinn und zwangen Fynn, seinem Blick standzuhalten, während Dimitris Daumen erneut über seine Unterlippe strich.
Fynnley versank regelrecht in den Tiefen der goldbraunen Augen, welche seinen Blick fest hielten. Nicht umsonst sagte man doch immer, die Augen wären die Spiegel der Seele. Nur, dass er bei seinem Gegenüber nicht so recht feststellen konnte, was dieser im Moment fühlte. Dimitri wirkte so verschlossen und undurchsichtig. Eins wusste Fynn aber dennoch ganz sicher, dass seine Gefühlwelt durch diese zärtlichen Gesten im Moment auf dem Kopf stand.
Als die weichen Lippen Dimitris ihm näher kamen, schloss der Blondhaarige langsam seine Augen. Dieses Mal wartete Fynn gespannt ab und überließ sich ganz dem Tempo Dimitris. Sanft streiften Dimitris Lippen seine eignen, begannen sie zu liebkosen. Der kleine Halbling hielt gespannt die Luft an. Was würde jetzt passieren? Dimitri war so vorsichtig, berührte ihn, als wäre er zerbrechlich.
Noch etwas zurückhaltend kam er dem Anderen doch etwas entgegen und ließ zu, dass der Kuss dieses Mal von beiden Seiten vertieft wurde. Nach Luft ringend, löste er sich nach einer Weile von Dimitri und wendete seinen Blick verlegen ab.
Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Dabei hatte er sich doch nicht noch einmal wie ein unerfahrener Jungwolf lassen wollen. Zumal das auch sonst nicht seine Art war. Allerdings musste Fynn zugeben, dass er noch nicht so viel Erfahrung mit körperlicher Liebe hatte. Aber verdammt, Dimitri schmeckte einfach nach so viel mehr. Mittlerweile sehnte sein Körper sich regelrecht danach, noch einmal den Älteren schmecken und vor allem spüren zu dürfen.
Wieder schlossen sich die starken Finger des Größeren sanft um sein Kinn und zwangen ihn damit, den Blick Dimitris zu erwidern. Zögernd gab er dem Älteren nach, drehte seinen Kopf um im nächsten Augenblick in dem Meer aus goldbraunen Tönen zu versinken. Diese Augen gaben Fynn das Gefühl, der Einzige zu sein, der das kalte Herz des Eiswolfes erwärmen könnte.
Tief in dessen Seelenspiegel versunken, merkte er nicht, wie Dimitri zu einem weiteren Kuss ansetzte. In Fynns Bauch fing es an zu kribbeln und er genoss diese Art der Aufmerksamkeit. Schweigend ließ er den Braunhaarigen gewähren, welcher erst sanft an seiner Unterlippe knabberte, bevor er seine weichen Lippen auf Wanderschaft schickte.
Vorsichtig strichen sie über sein Kinn, bevor sie an seinem Hals hinab zu der recht empfindsamen Haut an seiner Halsbeuge wanderten. Fynn genoss die Berührungen so sehr, dass er seinen Kopf willig auf die Seite legte, um Dimitri einen besseren Zugang bieten zu können. Obwohl das eine Geste der Unterwerfung war, seine Kehle zu entblößen, dachte Fynn nur einen kurzen Moment daran. Viel zu gefangen war er gerade von dem wunderbaren Gefühl, begehrt zu werden.
Immer mehr begann er sich unter den kundigen Händen Dimitris zu entspannen, während diese über seinen gesamten Körper wanderten. Sachte streichelte er über Fynnleys Brust und seine Seiten, was ganz leicht kitzelte. Fynn wollte Dimitri ebenfalls berühren, deshalb hob er noch etwas zurückhaltend seine Hand, um sie auf die Brust des anderen zu legen. Schlug dessen Herz ebenfalls so schnell?
Inzwischen wanderten Dimitris Hände unter den Stoff seines Oberteils, um die darunter verborgene Haut zu liebkosen. Als die kühlen Finger des Werwolfes auf seine bereits erhitzte Haut trafen, wurde der Blonde aus seiner Traumwelt schlagartig heraus gerissen. Fynn fragte sich plötzlich, wo dieser Abend enden würde? Was erwartete Dimitri von ihm? Wollte er mit ihm schlafen?
Er fühlte sich noch nicht dazu bereit, den einen Schritt zu gehen. Immerhin kannte er seinen Gegenüber zu wenig, als das er sich ihm heute schon hingeben konnte und würde. Er wusste auch nicht was ihn gerade angetrieben hatte, denn normalerweise ließ er sich nicht so schnell auf vollkommen fremde Leute ein. Sichtlich erschrocken kam Fynnley auf die Beine, bevor er einen sehr verwirrten und fluchenden Dimitri am Strand zurück ließ. Fast panisch jagte er den Weg zum Gasthof zurück.
Der Jagdtrieb der Werwölfe war sehr ausgeprägt. Dimitri sah ihn sicherlich als Beute und Fynn befürchtete, dass er seinem Instinkt nachgeben und ihn verflogen würde. Trotzdem versuchte Fynn, diese Gedanken zu verdrängen, er wünschte, er wäre bereits bei Cris. Bei ihm würde der Kleinere den Schutz und den Trost finden, welchen er im Augenblick brauchte.
Zu seinem Glück schien Fynn nicht verflog zu werden und so schaffte er es ohne weitere Zwischenfälle in ihr Zimmer. Sofort kroch er unter die warme Crsipins, schmiegte sich an dessen nackten Rücken. Sein Bruder regte sich ein wenig, eine kühle Wange an seiner warmen Haut war anscheinend dann doch etwas unangenehm.
Schlaftrunken drehte sich dieser langsam zu ihm um und zog ihn dicht an seinen Körper heran, ohne dabei richtig aufzuwachen. Im Schutz der starken Arme seines Bruders beruhigte sich sein aufgebrachtes Herz endlich wieder, sodass sich sein Körper auch nach und nach entspannte.
Sein Blick fiel auf die Brust seines Bruders und er betrachtete den Mond anheulenden Wolf. Sachte begann er, das sehr detailgetreue Tattoo mit den Fingerspitzen nach zu zeichnen. Dieses Tattoo war nicht zu vergleichen, mit jenem Dimitris, welches nur aus einfachen Strichen bestand. Wurde das in dessen Rudel immer so gehandhabt? Seine Gedanken kamen einfach nicht zur Ruhe.
Am liebsten würde Fynn den fremden Wolf gar nicht mehr sehen, doch bei seinem Glück würde er im sicher über die Füße stolpern. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass er nur noch ein paar Tage durchhalten musste, bis sie wieder nach Hause gingen. Erst mal wieder in der Gemeinschaft seines Rudels, würde alles wieder wie vorher und Dimitri schnell vergessen sein.
Die restliche Nacht bekam Fynnley kein Auge zu, denn die Angst, dem Älteren wieder zu begegnen, wühlte ihn auf. Nach der Aktion würde er Dimitri nicht mehr in die Augen sehen können. Zu peinlich war sein Verhalten in dieser intimen Situation gewesen.
Er konnte sich gut vorstellen, dass der große Wolf eine Erklärung für sein komisches Benehmen fordern würde. Fynn konnte doch nicht zugeben, dass er über keine so große Erfahrung verfügte, von einem feinfühligen Partner träumte und, was noch ein viel größeres Hindernis darstellte, er kein ganzer, vollkommener Werwolf war.
Es gab einfach keine Aussicht auf eine richtige Beziehung zwischen ihnen. Sie kannten sich kaum und Fynnley war niemand, der sich nur für eine Nacht hergab. Auch wenn das Dimitri gefallen würde, so wie er diesen einschätzte. Zu den ganzen Gründen kam noch dazu, dass die Entfernung zwischen ihnen viel zu groß sein würde, sollte jeder wieder nach Hause zurückgehen. Egal wie sehr er sich auch zu Dimitri hingezogen fühlte, er musste sich darüber klar werden, dass es keinen Sinn hatte, weitere Luftschlösser zu bauen. Es gab einfach keinen gemeinsamen Weg für sie beide.
Sobald die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg durch die Fensterläden fanden, kroch Fynn aus dem Bett, um sich ein entspannende Dusche zu gönnen. Das heiße Wasser floss in dünnen Bahnen über seinen schmalen Körper, ein Gefühl, dass er sehr genoss. Aber auch das Rauschen des Wassers konnte seine Gedanken nicht beruhigen. Er beschloss, heute den Tag im Gasthof zu verbringen. Er wollte unter keinen Umständen Dimitri begegnen.
Wer wurde denn schon gerne Sitzen gelassen? Dimitri war ganz sicher nicht der Typ, der das so einfach auf sich beruhen ließ. Mit seinem Aussehen konnte er sicher jeden haben, der ihm gefiel. Wer wusste schon, wie viele Frauen und Männer interessiert an einer Nacht mit dem starken Wolf waren? Da war sicher niemand dabei, der Dimitri eine Nacht voller Leidenschaft verweigert hätte. Fynnly tat es irgendwie leid, dass er das Ganze verbockt hatte, doch er wollte nicht einer von vielen sein.
Seine verschrumpelten Finger zeigten ihm, dass es Zeit war, die Dusche zu beenden. Noch etwas schlappt, ging er langsam zu Crispin ins Schlafzimmer zurück. Vom verschlafenen Anblick seines Bruders angestachelt, warf er sich mit Anlauf auf diesen. Ihm war einfach danach. Etwas Liebe und Aufmerksamkeit seines großen Bruders, würde dem jungen Werwolf sicherlich gut tun.
Das erschrockene aufkeuchen im ersten Moment gefiel dem Halbling ganz gut, doch als er fast aus dem Bett geschmissen wurde, quiekte er nur noch überrascht auf. Bevor er Bekanntschaft mit dem Fußboden machte, spürte er schon, wie Cris in seiner Bewegung inne hielt. Erleichtert wollte der Jüngere schon ausatmen, als er das Funkeln in Crispins Augen entdeckte. Auf fieseste Art wurde er für seinen frühen Überfall gekitzelt, bis er keine Luft mehr bekam. Lachend wand er sich unter den Händen seines Bruders, versuchte sich zu befreien, aber er hatte keine Chance. Cris war einfach viel stärker, konnte ihn ohne Mühe unter sich gefangen halten. Nach einer Weile klammerte er sich, nach Atem ringend, an diesen. „I…Ich gebe auf...“, keuchte der Kleinere nach Luft schnappend und Cris hörte, zu seiner Verwunderung, auch direkt auf.
„Das war die Belohnung für deine nette Art, mich aufzuwecken“, kam es nur lachend von dem Größeren. Cris zog ihn hoch und hielt ihn ein paar Augenblicke im Arm, während er ihm den Kopf tätschelte. „Ich hoffe, du ziehst daraus eine Lehre.“
„Jaja...“, erwiderte Fynn nur, versuchte nicht einmal, das Verdrehen seiner Augen vor seinem Bruder zu verbergen.
Gleich darauf wurde er erneut von einer Kitzelattacke überwältigt. „Jaja heißt Leck mich am Arsch Kleiner, das lasse ich dir ganz sicher nicht durchgehen.“ Abermals versuchte Fynn sich zu befreien. „Gnade! Ist ja schon gut! Ist ja schon gut. Es… tut mir… leid“, keuchte er ergeben, während er beschwichtigend seine Hände hob. „Bitte hör auf.“
Sein großer Bruder hatte Erbarmen mit ihm. Kurz darauf ließ er von ihm ab, damit Fynnley wieder zum Atmen kommen konnte und zog ihn auf die Beine. „Ich geh kurz duschen und dann gehen wir erst mal was essen Kleiner“, schlug dieser vor, bevor er sich ins Bad verkrümelte.
Nach einem ausgedehnten Frühstück zogen, sie sich mit vollgefressenen Bäuchen auf eine in der Nähe des Marktplatz stehenden Bank zurück. Zufrieden lächelnd, biss er in ihren mitgenommen Nachtisch hinein, leckere Erdbeeren mit Schokolade überzogen. „Ich platze gleich“, gluckste Fynn zufrieden, während er sich die Schokoladenreste von seinen Fingern und der Unterlippe leckte. Die Sorge Dimitri zu treffen, war vollkommen verflogen. Wenn er ehrlich war, hatte er die letzten Stunden nicht einmal an den anderen gedacht. Dank Cris.
„Dann solltest du endlich aufhören, weiter alles in dich hinein zu stopfen“, kam es leise lachend von Crispin, der sich frech eine weitere Erdbeere von ihm stahl.
„Hey…“, beschwerte sich der Jüngere und stopfte sich rasch die letzten Frucht in den Mund, bevor sich sein Bruder auch nur eine weitere von diesen Köstlichkeiten unter den Nagel riss. Genießend schloss er seine Augen und lehnte sich zufrieden aufseufzend zurück.
Auf einmal war die Sonne weg und Fynnley öffnete verwundert die Augen. Im nächsten Moment schloss er sie rasch wieder, als er einen finster dreinschauenden Dimitri vor sich stehen sah.
„Du kommst jetzt mal mit“, kam es leise knurrend von seinem Gegenüber, während er unsanft am Arm gepackt und auf die Beine gezogen wurde.
Sofort sprang Cris neben ihm auf und stieß den fremden Werwolf weg. „Lass meinen Bruder sofort los!“, fauchte dieser und stellte sich beschützend vor Fynn.
Dimitri war vermutlich hier, um ihn zu Rede zu stellen. Aber wollte er das überhaupt? Er war sich unsicher, was er nun tun sollte. Doch wenn er jetzt nichts unternahm, würde das Ganze in einem Streit ausarten. Fynn nicht daran, dass sich sein Gegenüber einfach so wieder aus dem Staub machen würde. „Cris…“, kam es leise von ihm, während er den Älteren am Arm zurück hielt. „Ist schon in Ordnung… ich kenne ihn. Das ist Dimitri, ein Freund. Er hat mir letztens geholfen“, versuchte er seinen älteren Bruder zu beruhigen.
Mutig trat er hinter seinem Bruder hervor. „Wir waren miteinander verabredet, aber ich hab es total vergessen. Tut mir leid, Cris. Bis später“, log er seinen Bruder an.. Fynn tat dies nicht gerne, aber er machte es nur um Schlimmeres zu verhindern. Cris warf dem anderen Wolf einen bösen Blick zu und riet ihm, noch während Dimitri sich abwendete, ja gut auf seinen Bruder aufzupassen.
Die Hand zum Abschied gehoben, folgte Fynnley Dimitri schweigend, aber mit mulmigem Gefühl in Richtung Strand. Jeder Schritt machte ihn immer nervöser. An ihrem Strandschnitt angekommen, der Größere hatte bis dahin immer noch nichts gesprochen, begann Dimitri sich plötzlich zu entkleiden. Was sollte das denn werden, dachte sich Fynn verwirrt.
Mit einem: „Zieh dich aus...“, riss er Fynn aus seinen Grübeleien. Mit gerunzelter Stirn sah er zu dem starken Wolf, der gerade dabei sich seiner Hose zu entledigen. Wollte der ihm jetzt auch noch Befehle erteilen?
„Nun mach schon, ich würde gerne mit dir schwimmen gehen.“ Leicht hob er eine Augenbraue und blickte seinen Gegenüber mit verschränkten Armen vor der Brust an. Wollte Dimitri jetzt, in dieser Situation, wirklich mit ihm schwimmen gehen?
Als Fynn sich immer noch nicht rührte, drehte der andere sich zu ihm um und kam auf ihn zu. Herausfordernd sah er den Anderen an, wich keinen Millimeter nach hinten aus. Egal was der Andere auch vor hatte, Fynnley würde es ihm nicht einfach machen. Genau in dem Moment, wo Dimitri die Arme nach ihm ausstreckte, sprang der Halbling zur Seite und begann, vor ihm wegzulaufen.
Weit kam er nicht. Da schnappte Dimitri ihn auch schon und schmiss ihn sich über die Schulter. Verschreckt schrie Fynnley kurz auf, während er versuchte sich zu befreien, in dem er mit seinen Fäusten auf den Rücken schlug. Das konnte Dimitri doch nicht mit ihm machen! Zudem hatte er noch seine Kleidung an!
Sie hatten sich noch gar nicht ausgesprochen, da kam Dimitri mit dem Vorschlag zu schwimmen? Was dachte dieser sich nur dabei? Dimitri verließ mit ihm den sicheren Strand, um tiefer in das kühle Wasser zu waten. „Lass mich runter“, schrie er frustriert zappelnd und zunehmend ängstlicher Dimitris Rücken an, während er nicht aufhörte zu strampeln.
Da bekam er auch schon einen kräftigen Klaps mit der flachen Hand auf seinen Hintern. „Ganz sicher nicht. Du läufst mir nicht noch einmal davon,“ brummte Dimitri mit seiner tiefen Stimme. Über seine brennende Kehrseite reibend, verlor Fynn nun jegliche Hoffnung, frei zu kommen. In der Zwischenzeit befand en sie sich schon im tieferen Wasser, als der Werwolf in von seiner Schulter zog, und ins kalte Wasser warf. Prustend und nach Luft schnappend, tauchte er wieder auf. Gleichzeitig wurde er wieder in die starken Arme des Größeren gezogen.
„Das war dafür, dass du mich scharfgemacht hast“, kam es nur als Erklärung von Dimitri, während er ihm gar zärtlich ein paar nasse Strähnen aus seinem Gesicht strich. Dann wurde er wieder hochgehoben und zurück ins kalte Wasser geworfen.
„Und das war fürs davonlaufen.“
Nachdem er wieder aufgetaucht war, wurde er auch schon von dem Anderen geschnappt. „Nein, bitte nicht noch einmal!“ rief Fynn verzweifelt, der immer noch Wasser aushustete Er wollte nicht noch einmal untergetaucht werden.
„Und das…“ Und wieder wurde er hochgehoben, doch dieses Mal klammerte er sich sofort an ihm fest und ließ sich nicht mehr abschütteln. „Bitte, bitte…“, flüsterte Fynn. Wie sollte er dem anderen nur erklären, dass er vor ein paar Tagen in Panik verfallen war, obwohl er sich zu ihm hingezogen fühlte. Dass die Gefühle ihn überwältigt hatten, obwohl er es nicht wollte.
„Und das…“, während Fynnley damit rechnete erneut ins Wasser geworfen zu werden, spürte er überraschend die heißen Lippen des Braunhaarigen auf seinen. „…ist dafür, um dich zu überzeugen, endlich bei mir zu bleiben.“
Dimitri war so warm, seine Lippen leicht rau und der Bartschatten kratzte unter Fynns Fingern. Es war angenehm, mit ihm im Wasser zu stehen. Vergessen war das vorherige Gerangel und trotz der Gänsehaut, die das kalte Meer ihm bereitete, spürte er Hintze in sich aufsteigen. Erregung machte sich in dem jungen Werwolf breit. Fynn versuchte sich aus der Umarmung zu lösen, was ihm aber nur einen misstrauischen Blick einbrachte. Gleichzeitig wurde er noch fester an die breite Brust des Älteren gedrückt. Dachte Dimitri wirklich, er würde ihm noch einmal davon laufen? 3w
„Ich werde dich nicht noch einmal entkommen lassen.“
So wirklich konnte Fynnley es noch nicht fassen, hatte Dimitri gerade tatsächlich behauptet, er würde ihn nicht wieder gehen lassen? Erschrocken bemerkte er, dass der Ältere damit einen Anspruch auf ihn stellte. Das war ganz und gar nicht das, was der kleine Mischling wollte. Obwohl sie sich gar nicht kannten, schien es trotzdem kräftig zwischen ihnen zu funken. Nichts desto trotz wurde es Fynnley auf einmal recht mulmig.
„Das wäre im Moment aber nicht so gut…“, kam es eingeschüchtert von dem Kleineren. Er spürte, wie erregt Dimitri war, trotzdem konnte, wollte er nicht weiter gehen. Fynn konnte ihm nicht erzählen, dass er kein vollwertiger Wolf war, was ihm mächtig Angst einjagte.
„Warum sollte das nicht gut sein?“ Leise aufseufzend, ließ er seinen Kopf gegen die breite Brust vor ihm sinken. Was sollte er bloß sagen? Dass der Werwolf eine Erklärung erwartete, war eindeutig.
Hin und her gerissen, fiel es Fynnley immer schwerer zu entscheiden, was er nun tun sollte. Je mehr er von Dimitri entdeckte und ihn berührte, desto mehr wünschte er sich, den anderen Haut an Haut zu spüren. Wie würde es sich anfühlen, sich leidenschaftlich mit ihm im Sand zu wälzen? Auch Dimitri musste inzwischen seine aufkeimende Erregung bemerkt haben. Die Nähe zu Dimitri machte ihm die Entscheidung nicht leichter.
„Weil ich gerne mehr tun würde, als mit dir hier im Wasser zu stehen und zu knutschen“, gestand er mutig, dennoch versuchte er sein Erröten an der Brust des Dunkelhaarigen zu verbergen.
Hauchzart spürte er die Finger Dimitris unter sein Kinn gleiten, um Blickkontakt herzustellen. Fynn versuchte, ihm auszuweichen, entziehen konnte er sich aber nicht. Zaghaft erwiderte er seinen Blick. „Damit bist du nicht alleine, kleiner Wolf“, hörte er den anderen raunen, bevor er zärtlich seine Lippen eroberte. Hatte er gerade richtig gehört? Dem Wolf mit den goldbraunen Iriden schien es wohl nicht besser zu ergehen. Trotzdem kamen leichte Zweifel in dem Halbling auf.
Kurz darauf, löste sich Fynn und blickte Dimitri fragend an. „Aber wir kennen uns doch kaum. Ist das nicht zu früh?“ Er wusste genau, dass dies ein Stimmungskiller war, dennoch fragte er nach. Fynnley fühlte sich total durch den Wind. Sollte er sich wirklich hierauf einlassen?
Sanft aber bestimmt, drückte er Dimitri von sich. Auch wenn er ihnen beiden eine Chance geben wollte und sich stark zu ihm hingezogen fühlte, würde er heute nicht weiter gehen. Mit diesem Entschluss watete er langsam zum Strand zurück. Man musste schließlich bedenken, dass sie sich erst seit ein paar Tagen kannten und das mehr als dürftig.
Er brauchte etwas Abstand und Zeit, um nachzudenken. Außerdem hatten sie immer noch nicht darüber gesprochen, was sie sich beide wünschten und vorstellten.
Weit kam der Kleinere allerding nicht, da wurde er auch schon wieder von dem Älteren ergriffen und zurück ins Wasser gezogen. „Ich habe dir doch bereits gesagt, dass ich dich nicht mehr gehen lasse, oder war ich etwa nicht deutlich genug? Ich wiederhole mich nur ungerne“, erklang die tiefe Stimme Dimitris dicht an seinem Ohr. Eine leichte Gänsehaut überzog seine Arme, breitete sich dann rasend schnell auf seinem gesamten Körper aus und ließ ihn erschauern.
Was für eine heiße Stimme. Dimitris Stimme hatte so einen speziellen Klang, wenn er erregt war, dass es ihm durch und durch ging. Trotzdem beschlich den Kleineren ein ungutes Gefühl, das Angst schon sehr nahe kam. Auf sein Bauchgefühl hatte er sich bis jetzt immer verlassen können. „Dimitri…“
Leicht biss er sich auf die Unterlippe. Fynn versuchte sich aus dem unnachgiebigen Griff des Größeren zu befreien, während er beschwichtigend weitersprach. „Ich… ich kann nicht“, brachte Fynn mit bebender Stimme hervor. Er traute sich nicht so recht diese Worte auszusprechen. Doch für mehr war der junge Halbwolf einfach noch nicht bereit.
Ein tiefes, bedrohliches Knurren hinter ihm, ließ ihn die Schultern nach oben ziehen. „Wie, du kannst nicht?“, kam es ungehalten von dem Anderen. Der starke Wolf presste die Worte so durch seine zusammen gebissenen Zähne, Fynn hätte ihn fast nicht verstanden. Der Griff um seinen Oberarm wurde so fest, dass er einen leisen Schmerzlaut nicht unterdrücken konnte.
„Ich kann nicht“, wiederholte Fynnley noch einmal seine Worte von vorhin. „Dimitri, bitte….“ Inzwischen hatte der Jüngere nur noch Angst. Seine anfängliche Schwärmerei hatte sich schlagartig gelegt.
Ruckartig wurde er von dem Dunkelhaarigen herum gewirbelt. Er sah seinem Gegenüber direkt in die Augen. Dessen Augen schienen vor Ärger Funken zu sprühen, veränderten sich langsam zu flüssiges Gold. Fynn wusste genau, dass dessen Wolf nun unter der Oberfläche lauerte und nur darauf wartete, endlich frei gelassen zu werden. Trotzdem wollte er nicht nachgeben. Er war sich in den letzten paar Minuten klar geworden, dass Dimitri nur seinen Körper wollte. Es interessierte diesen gar nicht, was in Fynn vorging. Ansonsten würde er nicht so reagieren.
Auch wenn es bedeutete, dass er Dimitri vielleicht das letzte Fünkchen seiner Kontrolle stahl, durch sein weiteres versagen des körperlichen Aktes. Denn mehr würde es für den jungen Halbwolf nicht sein, da er Dimitri nicht liebte.
„Du kannst nicht! Du kannst nicht? Du meinst wohl eher, du willst nicht! Ich meine... sieh dich an! Was ist das da zwischen deinen Beinen? Ich sehe doch, dass du es auch willst. Warum zierst du dich so?“ Von Satz zu Satz hob sich Dimitris Stimme immer mehr, bis er regelrecht von ihm angeschrienen wurde. Fynnley sammelte seinen ganzen Mut, reckte diesem trotzig sein Kinn entgegen, während er versuchte, dem Blick des Wolfes stand zu halten.
„Ich kann nicht… Bitte versteh doch!“ Er wusste, er sollte sich im Moment besser von seiner demütigen Seite zeigen. Doch er sah keine andere Möglichkeit, dieser Situation zu entfliehen. Außerdem war er kein normaler Wolf, sondern ein Omega. Damit stand er quasi außerhalb der Rudelhierarchie, war aber trotz seines Status ein wichtiges Mitglied.
Omegas besaßen denselben Beschützerinstinkt gegenüber der Rudelmitglieder, wie der Alpha, jedoch ohne das ganze Dominanzgehabe untereinander. Sie brachten Ruhe und Ausgeglichenheit in die Gruppe. Gerade im Zusammenspiel mit dem Alpha war dies eine wichtige Eigenschaft, da diese meist recht impulsiv und dominant auftraten. Von ihm fühlte sich kein anderer Wolf bedroht. Auch wenn Omegas die ein oder andere Regel nicht befolgten. Fynn befürchtete jedoch, dass Dimitris Zorn den Wolf noch mehr anstachelte.
Der Griff um seinen Arm wurde immer fester. Das würde bestimmt einen satten Handabdruck auf seiner Haut hinterlassen. Den Schmerz versuchte er erst einmal zu verdrängen. Auch wenn der Blondhaarige nur zur Hälfte ein Werwolf war, biss er tapfer die Zähne zusammen und versuchte, Dimitri die Stirn zu bieten.
Plötzlich lockerte sich der Griff um seinen Oberarm, bis die Hand des Älteren schließlich ganz von ihm abließ. „Wie du willst… du wärst es eh nicht wert gewesen“, kam es abwertend von Dimitri, auch wenn seine Augen immer noch golden schimmerten.
Was sollte das denn jetzt heißen? Ein wenig verwirrt blickte er zu dem Werwolf hinüber, während er versuchte zu verstehen, was gerade in dessen Kopf vorging. „Wie meinst du das?“, wollte Fynn von seinem Gegenüber wissen.
„Ich meine es so, wie ich gerade gesagt habe. Du wärst es eh nicht wert mit mir zu schlafen… Schließlich bist du nicht vollkommen“, warf ihm Dimitri ihm ohne Rücksicht an den Kopf. Fynn konnte es noch nicht glauben. Wie war der Ältere hinter sein Geheimnis gekommen?
Der junge Halbwolf hatte zwar geahnt, dass der Andere seinen Makel vielleicht bereits bemerkt haben könnte, dennoch hatte er gehofft, dass Dimitri darüber hinweg sehen würde oder es ihm egal wäre. Immerhin hatte dieser auch immer wieder die Nähe zu ihm gesucht. Denn Meisten war seine Unvollkommenheit nicht bewusst. Denn äußerlich gab es keinen Unterschied zu den anderen Werwölfen. Bis sie bemerkten, dass Fynns ich nie verwandelte. Hin und wieder kränkelte oder er nur halb so stark war, wie die meisten von ihnen.
„Komm schon Fynnyboy! Denkst du ernsthaft darüber nach, woran ich dein wahres Ich erkannt habe? Schau dich doch nur an… du bist nicht wie wir, du bist nicht vollkommen. Du bist schwach und ein hilflos. Du bist weder das Eine noch das Andere. Han ich Recht damit, dass du dich bisher noch nie verwandelt hast? Eben kein richtiger Kerl“, begann sein Gegenüber hämisch lachend alles aufzuzählen, das Fynn verletzen sollte. Ab diesem Punkt hörte der Kleinere auch nicht mehr zu, versuchte, seinen Ohren und sein Herz vor diesen bösen Worten zu verschließen.
Zu oft hatte er sich schon so etwas in der Art anhören müssen. Ihm kam das Ganze schon zu den Ohren heraus. Fynn konnte es nicht mehr länger ertragen.
Ungläubig und kopfschüttelnd sah er sein Gegenüber an. Verzweifelt kämpfte er gegen die Tränen an, versuchte den Kloß der sich in seinem Hals gebildet hatte hinunterzuschlucken. Das durfte doch nicht wahr sein. Meinte sein Gegenüber das wirklich ernst?
Mutlos sah er den Älteren an. Er war so schwach, wie der plötzlich so kaltherzige Mann ihm gegenüber behauptete! Er schaffte es nicht einmal, seine Tränen zurückzuhalten, die sich nun den Weg über seine Wangen hinan suchten. Und das alles nur, weil sein Vater sich in der Vergangenheit nicht hatte beherrschen können und ihn gezeugt hat. Weil er nicht vollständig, nicht perfekt war.
Ein letzter abfälliger Blick des Größeren traf ihn, bevor der sich, ohne ein weiteres Wort von ihm abwandte. Wie eine zu heiß gewordene Kartoffel ließ der Mann, von dem er dachte, er hätte Gefühle für ihn entwickelt, ihn fallen.
Schluchzend sank der Blonde auf die zitternden Knie, während er das gerade Geschehene noch nicht so recht verstehen konnte und auch wollte.
Gerade eben hatte er sich noch auf Wolke sieben befunden und im nächsten Moment zerplatzte sein Traum wie eine Seifenblase. Wieder einmal gedemütigt und verletzt, musste er sich wieder der Realität stellen, seinen Alltag alleine bestreiten.
Er hätte wissen müssen, dass ihn niemand mit diesem Makel je richtig lieben würde. Warum war er auch so dumm? Darauf zu hoffen, dass es doch jemanden geben könnte, der ihn so akzeptierte, wie er war.
Dieser letzte Blick, so verächtlich, so voller Abscheu, würde sich wohl für immer in sein Gedächtnis brennen. Natürlich öffnete der Himmel in diesem Moment seine Schleusen. Schon den ganzen Tag hingen die Wolken tief. Das war der Moment, indem er einen Entschluss fasste.
Noch etwas wackelig auf den Beinen, begann Fynn in Richtung Wasser zu wanken. Er verzweifelte an seinem Leben, das einer Katastrophe glich. Konnte er sich jemals normal fühlen? Fynn hätte einfach bei seinem Bruder bleiben sollen, anstatt mit Dimitri mitzugehen. Er hätte einmal vernünftig sein, seinen Kopf nicht wie üblich durchsetzen sollen.
Tief aufseufzend fuhr er sich durch sein Haar, taumelte gebrochen weiter. Das kalte Wasser schwappte um seine Knie, aber er ignorierte die wütenden Wellen, die versuchten, ihn zum Strand zurückzudrängen. Schließlich hatte er eine Tiefe erreicht, in der er schwimmen musste. Mit tiefen und langen Zügen, bewegte er sich immer weiter vom Festland fort. Er floh vor seinen Gefühlen, seiner Unvollständigkeit und seinen Gedanken. Eine Zeit lang funktionierte der Trick auch.
Erst als Fynn einen Blick hinter sich warf, wurde dem jungen Halbwolf bewusst, wie weit sich bereits entfernt hatte. In seiner Verzweiflung hatte er nicht darüber nachgedacht, was er als nächstes tun sollte. Trotzdem war Fynn sich bewusst, dass er die Strecke zurück höchstwahrscheinlich nicht mehr bewältigen konnte. Er schwamm so lange weiter, bis ihn die Kraft verließ, er langsam unter Wasser sank und aufgab.
Es war so ruhig und friedlich. Hier war keiner, der ihn aufzog, niemand, der über ihn schimpfte und sich über ihn ärgern konnte. Hier war seine Abstammung, seine Unvollkommenheit völlig egal. Er fühlte nur noch Ruhe, Frieden und Einsamkeit.
Fynn kam nach und nach zu sich. Das helle Licht der Sonne stach in seinen Augen, deshalb schloss er sie schnell wieder. Das Wasser in seinen Lungen suchte einen Weg nach draußen und ließ sich ihn hustend und würgend zusammen krümmen, bis ihm die Tränen kamen.
Nach Luft röchelnd, griff sich der Blondhaarige an den Hals und versuchte seine Atmung wieder zu beruhigen. Das stechende Brennen in seiner Luftröhre versuchte er zu ignorieren. Da wurde ihm auch schon ein Becher aus massivem Holz vor das Gesicht gehalten.
Sichtlich verwundert hob der Kleinere für einen Moment seinen tränenverschleierten Blick und bemerkte, dass eine Wölfin mit wunderschönem Gesicht neben ihm kniete. Lange, schwarzbraune Haare umrahmten ihr schmales Gesicht, volle rote Lippen leuchteten ihm entgegen, während graublaue Augen ihn wissend ansahen.
„Trink…“, befahl sie ihm mit fester Stimme und erhob sich wieder. Misstrauisch beäugte er kurz den Inhalt des Gefäßes, nippte daran und nachdem er festgestellt hatte, dass es Quellwasser enthielt lehrte er den Becher in einem Zug. Kurz darauf stellte er fest, dass sich seine Kehle danach viel besser anfühlte. Das Brennen ließ langsam nach und der Drang zu Husten verging.
„Charles sei so freundlich und hilf ihm auf die Beine. Es wird Zeit. endlich aufzubrechen. Alan fragt sich sicher schon, wo wir so lange bleiben.“ Bevor er den Satz wirklich verarbeiten konnte, ergriffen ihn schon zwei starke Hände und halfen ihm auf die noch etwas wackeligen Beine.
„Wartet mal! Wo bin ich hier? Und wo bringt ihr mich hin?“, kam es mit leicht rauer Stimme von Fynn. Das Letzte woran er sich noch erinnern konnte war. wie er, nachdem Dimitri ihm mitgeteilt hatte, was dieser von ihm hielt, schwimmen gegangen war.
An mehr konnte sich der Kleinere beim besten Willen nicht mehr erinnern. Eins wusste er auf jeden Fall, dass dies hier nicht mehr Taena war und er diese Leute noch nie zuvor gesehen hatte. Dichte Vegetation umgab den Strand. Alles war grün und blühte in den unterschiedlichsten Farben, ganz anders als in seiner Heimat.
Es war hier so viel schöner, aber auch kühler. Erst jetzt wurde er sich der warmen Decke um seine Schultern bewusst. Fynn schlang den weichen Stoff noch fester um seinen nackten bebenden Leib, während er erneut seinen Blick um sich wandern ließ. Er fühlte sich noch schwach und ausgewrungen, fragte sich aber trotzdem, wo er hier wohl gelandet war?
Erst da fiel ihm auf, dass sich noch weitere Werwölfe, teils in menschlicher, teils in Wolfsgestalt in ihrer Nähe befanden. Viele davon hatten dunkles Haar und waren groß und kräftig gebaut. Auch, was er von den Wölfen erhaschen konnte, wies auf deren Kraft hin. Die hübsche Frau vor ihm, war wohl das einzige weibliche Wesen, das zurzeit anwesend war. Die warme Kleidung, die sie trug, ließ ihn erahnen, dass das Wetter an diesem Ort unbeständig war. Es war wieder die Frau, die zuerst das Wort ergriff und ihn somit aus seinen Beobachtungen und Überlegungen riss.
„Du bist hier auf Beneál, im Gebiet des Elíonrudels. Solange wir dich nicht kennen oder den Grund erfahren, wie du hier her gelangen konntest, bist du unser Gefangener.“
Für einen kurzen Augenblick konnte er ein Entgleisen seiner Gesichtszüge nicht verhindern, bevor er wieder einen ausdruckslosen Blick aufsetzte. Wo war er nur wieder hineingeraten? Wenn sein Bruder ihn so sehen könnte, würde er nur wieder den Kopf schütteln. Mit den Gedanken an Crispin überkam ihn tiefe Traurigkeit und Sehnsucht. Hatte sein Bruder sein Verschwinden bereits bemerkt? Vermutlich schon. War er auf der Suche nach ihm? Auf jeden Fall. Wie viel Kummer musste er ihm noch bereiten?
Nach und nach erinnerte sich Fynn wieder an den tatsächlichen Ablauf seiner „Flucht“. Er war nach dem Streit ins Wasser gegangen, war viel zu weit hinausgeschwommen. An einem Punkt weit ab des Strandes, hatte ihn die Kraft verlassen. Was danach kam, entzog sich seinen Erinnerungen.
Oh mein Gott, er hatte quasi fast Selbstmord begangen! Wäre er nicht gestrandet und von den Wölfen hier gefunden worden, wer weiß, ob er die Nacht überlebt hätte. Wie hatte es nur soweit kommen können? Wie hatte ihn nur ein Idiot wie Dimitri so weit treiben können? Diese Leute hatten ihn zum Glück aus dem Meer gefischt und an Land gebracht. Jetzt war er zwar ein Gefangener, aber immerhin war er am Leben.
Fynnley hatte schon mal gehört, dass auf Beneál ein Rudel Wölfe lebte, welche auch ab und an Handel mit dem Festland trieben. Allerdings erzählte man sich auch, dass dies Barbaren waren. Man munkelte, dass diese Wölfe nur auf ihre Instinkte hörten und mit ihren Muskeln angaben. Krieger, die nichts anderes als den Kampf kannten. Egal ob Mann oder Frau, beide Geschlechter wussten sich zu verteidigen.
Noch wirkten sie friedlich, gar nicht dumm oder von wilden Instinkten getrieben. Wobei man seine Gefangenschaft ja schon irgendwie dazu zählen konnte. Was er aber dennoch nicht so ganz verstand war, warum er sich denn nun in Gefangenschaft befand? Er hatte doch im Grunde nichts getan, außer zur falschen Zeit am falschen Ort zu stranden. Aber diese Wölfe waren ihm fremd, woher sollte er ihre Beweggründe kennen?
Während Fynn von zwei Werwölfen in menschlicher Gestalt flankiert wurde, begann er ein wenig seine Situation und Möglichkeit abzuschätzen. Es stand fünf gegen einen und er war sich nicht ganz sicher, ob sich nicht noch weitere im Dickicht versteckt hielten. Er kam zu dem Schluss, dass eine Flucht unmöglich war.
Auch wenn er schaffte, sich von den Wölfen zu befreien, wie würde es dann weiter gehen? Eine eventuelle Flucht würde ganz schnell am Strand enden. Und dann? Schwimmen war für ihn keine Option mehr.
Nicht, dass er noch einmal kurz vor dem Ertrinken stehen würde. Er war geschwächt und am Ende seiner Kräfte, eine beinahe Todeserfahrung reichte dem jungen Halbwolf voll und ganz. Fynn konnte den Duft des Waldes wahrnehmen und sog ihn tief in seine noch schmerzenden Lungen.
Auf Carthagon war er bisher noch nicht oft in einem der Wälder gewesen. Schließlich war es in seiner Heimat flach und überwiegend von fruchtbaren Feldern überzogen. Dichter Bewuchs durch Bäume und Sträucher, wie hier war zu Hause eine Seltenheit. Trotz seines Status als Gefangener faszinierte ihn diese ganze Umgebung, die wirkte, als wäre sie direkt aus einem Märchen entsprungen.
Schweigend, mit noch unsicheren Schritten lief er neben den fremden Wölfen her. Langsam überkam ihn auch ein bisschen Angst. Was würde ihn am Ende des Weges erwarten? War er das Lamm, das zu seiner Schlachtbank geführt wurde? Aber was für eine Wahl hatte der Blondhaarige schon? Er vertraute darauf, dass das fremde Rudel ihm nichts tun würde.
Auf einmal lichtete sich der tiefe Wald in eine riesige breite Fläche aus bestellten Feldern, welche von einer massiven Mauer aus Stein umgeben war. Während sie das erste Tor passierten, konnte Fynn denn Anbau der Felder zuordnen. Zuhause bauten sie ebenfalls dieses Getreide an, aber die Gemüsesorten kannte er nicht. Vereinzelt standen hier und dort ein paar Häuser. Fynnley vermutete, dass dort die Bauern wohnten, die die Felder bewirtschafteten.
Überall war es grün, bunt und gemütlich. Trotzdem war es anders, als bei ihnen. Ihr Weg führte sie weiter in ein etwas höher gelegenes, unebeneres Gebiet. Als der junge Halbling erschöpft dachte, dass er die nächste Anhöhe nicht mehr schaffen würde, gab der Berg plötzlich den Blick auf ein wunderschön gelegenes Dorf frei. Eine massive Mauer schützte es vor Angriffen. Eingebettet in den Berg, brachte ihn das prächtige, mächtige Schloss zum Staunen. So etwas hatte er noch nie zuvor gesehen. Er befürchtete und hoffte gleichzeitig, dass die fremden Wölfe ihn dorthin bringen würden.
Was ihn hier wohl noch alles erwarten würde?
Das ungute Gefühl, sollte sich auch schon kurz darauf bestätigen. Auf sein Bauchgefühl war in der Regel immer Verlass. So wie es Fynn in der Sache mit Dimitri wieder mal bestätigt hatte, was für ein Idiot dieser doch war. Im Endeffekt war es so besser für den jungen Halbwolf gewesen, auch wenn eine recht schmerzhafte Erfahrung für ihn gewesen war. Zumindest wenn er davon ausging, dass dieses Ende besser für ihn war, als wenn er sich erst auf diesen eingelassen hätte und dann später von ihm abserviert wurde. Da war es so eindeutig besser für Fynnley.
Ein wenig aufgeregt lief er zwischen den Werwölfen her und sah sich dabei interessiert um. Wenn er kein Gefangener wäre, könnte es ihm auf Beneál doch glatt gefallen. Langsam spürte Fynn während ihrem Kraftmarsch deutlich die träge Erschöpfung seines Körpers, welche sich in seinen Knochen breitmachen wollte. Noch war er Meilen weit von einem sicheren Ort entfernt, also würde er sich zusammen reißen müssen. Zumindest musste Fynn erst vorher noch heraus finden ob sie ihm wohlgesinnt waren oder nicht.
Eigentlich war ihm im Moment egal, wo man ihn hinbrachte. Das Wichtigste war für den Blondhaarigen das es dort ein anständiges Bett, warme Kleidung und etwas Richtiges zu essen gab. Dann wusste er wenigstens, dass ihm das ansässige Rudel nicht ganz feindlich gegenüber stand.
Etwas beschämt zog er die Decke enger, um seinen schmalen Leib, als sie an den unzähligen Steinhäusern auf dem Weg zum Schloss vorbei schritten. Die neugierigen Blicke der Dorfbewohner bohrten sich regelrecht in seinen Rücken hinein, was ihm doch ein wenig unangenehm war. Er fühlte sich hier wie ein Außenseiter, was er ja auch im Grunde war. Nur war, dass nicht der Grund, was den jungen Mischling am meisten störte. Es war die Tatsache, dass alle ihn so ansahen, als wüssten sie, dass etwas mit ihm nicht stimmte.
Das führte Fynn mal wieder deutlich vor Augen, dass egal wohin er auch ging. Er immer ein Außenseiter sein würde. Auch wenn es im Grunde gar nicht sein konnte, dass die Anderen bereits jetzt schon von seinem Makel wussten. Dass er weder ganz Wolf, noch ganz Mensch war und eigentlich daher nie ganz zu ihnen gehören würde.
Leise aufseufzend senkte der Jüngere ergeben seinen Blick und folgte brav der brünetten Schönheit vor sich, bis die dem beeindruckenden Schloss immer näher kamen. Das Schloss besaß einen achsensymmetrischen Grundriss, bei dem vier Gebäudeflügel um einen geschlossenen Innenhof standen, welcher von einem hohen Bergfried überragt wurde. Fynnley staunte nicht schlecht, als sie das Anwesen durch ein mächtiges Tor im Nordosten betraten. Mächtige Türme mit Schießscharten ragten beeindruckensvoll über ihren Köpfen in den Himmel.
Einen letzten Blick nach hinten werfen, ließ Fynn ein wenig erschauern. Die ganzen Mauern und das Dorf, welches fast rund um das Schloss verlief, bis in den Berg hinein, wirkten wie eine einzige Festung. Das war einer der sichersten Orte, welche der junge Halbwolf je gesehen hatte. Voller er furcht betrat Fynn den Innenhof.
Zu seiner linken entdeckte er sogar noch ein paar Stallungen und eine Schmiede, zu seiner rechten ein Beet in welchem Gemüse von den Schlossbewohnern angebaut wurde. In der Mitte des Innenhofes überragte ein riesiger Springbrunnen in der Gestalt eines großen Wolfes, welcher mit Stolz erhobenem Kopf dem Mond ein Lied sang. Der Anblick war einfach nur wunderschön. Das alles, sollten alles Barbaren erbaut haben?
Langsam begann Fynn an den Erzählungen über Beneál zu zweifeln. Welcher Barbar würde das hier den so schön in Standhalten? Alles schien so sauber und gepflegt. Bevor der Kleinere sich weiter umsehen konnte, wurde Fynn auch schon durch einen unsanften Schubs zurück in die Realität geholt.
„Du wirst für den Rest deines Lebens noch genug Zeit haben, das alles bewundern zu können“, kam es nur unfreundlich von einem Rotbraunhaarigen Schönling. Wie war noch gleich sein Name? Carles. Das war auch der Typ gewesen, der ihm am Strand wieder auf die Beine geholfen hatte.
Ohne weiter auf seine beeindruckensvolle Umgebung zu achten, betraten sie über eine recht weitläufige Treppe die etwas karg gestaltete Eingangshalle, durch ein breites Flügeltor aus Eiche. Dafür, dass der Hof so wunderschön lebendig gestaltet war, mangelte es hier doch ein wenig an Feingefühl. Keine Teppichläufer, kein Schmuck an der Wand und keine liebevoll gestalteten Details zierten den Raum.
Nur ein paar Fackeln, die in der Nacht die Räumlichkeiten erhellen würden hingen an den Wänden. Es war alles eher praktisch gehalten. So als würde ein kleines bisschen mehr Inneneinrichtung auf einen zu netten Alpha hindeuten. Ob sich dieses Thema in allen Räumlichkeiten des Schlosses durchzog?
Leicht kopfschüttelnd beschloss Fynn, dass dies hier wohl nie wirklich sein zu Hause werden würde. Von außen wirkte das Schloss wirklich beeindrucken, aber von innen konnte es überhaupt nicht glänzen. Es hatte überhaupt nichts Gemütliches oder Heimisches an sich. Die Räume luden bis jetzt auch nicht ein darin zu verweilen. Außerdem fühlte er sich von vorne herein wie ein ungewollter Außenseiter, der bei jedem kleinsten Fehltritt aus dem Weg geschafft werden musste. Wieso sollte sich das in den nächsten Tagen ändern?
Eine breite Marmortreppe lud dazu ein ihr in den ersten Stock hinauf zu folgen. Wenigstens die Bodenfliesen wiesen ein schönes Muster auf. Überall sah man hier und da ein paar Dinge hervor stechen, die auf die Wölfe hindeuten. Wie kleine Figuren oder Malereien, aber alles eher zurückhaltend gestaltet.
Anstatt der breiten Marmortreppe zu folgen, betraten sie recht von der Treppe gelegen einen großen Saal, der für ihn stark wie ein Speisesaal aussah. Eine lange Kirchholztafel bildete das Zentrum des Raumes. Am Kopf der Tafel stand ein gigantischer Stuhl, gar thronartig. Ebenfalls aus dunklem Kirchenholt mit feinen Schnitzereien. Da nahm wohl eindeutig der Alpha sein Mahl zu sich.
Auf der linken Seite ziemlich mittig zu der Längsseite des Tisches befand sich ein wärmender Kamin, in welchem leider noch kein Feuer loderte um ihn zu wärmen. Ob die Anderen die Kälte die in diesem Schloss herrschte nicht spürten?
Ein wenig enger zog er die Decke noch einmal, um seinen nackten Lein. Fynn hoffte, dass sie ihm endlich neue Kleidung bringen würden oder zumindest bald den Kamin anfeuerten. Schließlich würde es heute Nacht mit Sicherheit noch kühler werden, als in Taena. Dem jungen Wolf war ja jetzt schon verdammt kalt. Solche Temperaturen waren zwar in dieser Gegend über Nacht nichts ungewöhnlich, um diese Jahreszeit. Aber für Fynn machte es schon viel aus. Normalerweise war er wärmere Gefilde gewohnt.
Gerade als er mit der kurzen Inspektion des Saales fertig geworden war, führte man ihn auch schon am anderen Ende des großen Saales nach einer weiteren Tür eine geschwungene Marmortreppe hinauf, welche über mehrere Stockwerke hoch zu gehen schien. An seiner linken Seite befanden sich nur noch die hübsche Wölfin und der komische Kerl namens Charles. Er zählte zwar nicht mit, aber es schienen einige Werwölfe hier auf der Insel zu wohnen.
Als es kein weiteres Stockwerk mehr gab, dass sie erklimmen konnten, schienen sie am Ziel angekommen zu sein. So wie es aussah schienen sie sich nun in einem der Türme des Schlosses zu befinden. Vor der einzigen Holztür auf diesem Stockwerk hielten sie an.
Sie betraten einen rundes Turmzimmer, welches nur die Nötigste Inneneinrichtung zu besitzen schien. Ein mit weißem Laken bezogenes Bett, zwei Stühle mit dazugehörigem Tisch, einer Truhe und ein Schrank für Kleidung. Mehr gab es hier nicht. Wobei Fynn auch nichts der Gleichen bei sich trug, mit dem er hätte die Schubladen füllen können.
Der Blondhaarige hoffte daher, dass man ihm bald etwas Anständiges bringen würde, den die ganze Zeit über nur mit einer Decke bekleidet herum zu laufen, war nicht gerade seine Traumvorstellung für seinen Aufenthalt in Beneál.
Fackelhalter an der Wand würden ihm in der Nacht für etwas Licht und Wäre sorgen. Es gab am Ende des Raumes noch eine weitere Tür, die wohl in ein angrenzendes Bad führte. Sollte er hier als ein Gefangener leben? Das wäre ja fast noch komfortabel, im Gegensatz zu einer dreckigen Zelle im Kellergewölbe des Schlosses. Rasch ließ Fynnley seinen Blick über sein zukünftiges zu Hause schweifen, bevor er wieder zu seinen zwei Begleitern hinüber sah.
„Das wird ab heute dein Zimmer sein. Durch die Tür dort drüben gelangst du in das angrenzende Badezimmer. Unser Alpha will dich eigentlich gleich kennen lernen, aber so wie du jetzt im Moment aussiehst, kannst du ihm nicht unter die Augen treten. Geh dich erst einmal waschen und in der zwischen Zeit besorge ich dir neue Kleidung, welche du dann später anziehen kannst. Damit du wenigstens einiger Maßen passabel aussiehst, wenn du meinem Bruder gegenübertrittst.“
Schweigend hörte er der jungen Wölfin aufmerksam zu und nickte nur leicht am Ende ihrer Ansprache, da ihm ja eh nichts anderes übrig blieb. „In Ordnung….“
Fynn kam sich jetzt schon vor wie ein Stück Fleisch das einfach herumgereicht wurde, wie würde das dann wohl erst sein, wenn er dem Alpha des Eliònrudels gegenübertrat? Schließlich schien sich keiner von den Anwesen dafür zu interessieren, wie er hieß oder woher er kam. Höchstwahrscheinlich würde der Alpha des Rudels eh kurzen Prozess mit ihm machen und ihn gleich in kleine Stücke zerreißen, wenn ihm auch das kleinste Detail an Fynn nicht passte. Und es gab viele Makel an dem jungen Halbwolf, die dem Alpha wohl nicht entgehen würden.
Auch wenn er in dieses Rudel integriert werden würde, wobei die Chance dafür sehr gering stand, würde er wohl immer ein Außenseiter sein, egal was er auch sagen oder tun würde. Fynn würde in diesem Rudel nur ein kleines Licht am Horizont darstellen.
„Wie lautet eigentlich dein Name?“ Es war zwar unverschämt von ihm die hübsche Wölfin danach zu fragen, aber er wollte ihn so gerne hören.
„Hat dir deine Mutter etwa keine Manieren beigebracht? Was für ein Glück du doch hast, dass wir auf solche Sitten keinen großartigen Wert darauf legen. Mein Name lautet Amira.“ Mit diesen Worten und einem kleinen Lächeln auf den Lippen verließ sie den Raum.
Fynn hätte schwören können ein kurzes Lächeln bei ihr gesehen zu haben, kurz bevor sie den Raum verlassen hatte. Dabei war sie bis jetzt nicht gerade nett zu ihm gewesen und er hätte auch nie gedacht, dass diese Barbaren vielleicht doch ganz normal sein könnten. Wie eigenartig.
Kaum war die Tür hinter den Zweien ins Schloss gefallen hörte er auch schon, wie der Schlüssel umgedreht wurde. Na super, jetzt wurde er auch noch eingesperrt. Aber was konnte man als Gefangener auch schon erwarten?
Leise seufzend ließ er seinen Blick noch einmal über das spärlich eingerichtete Zimmer schweifen, bevor er ins Badezimmer stiefelte. Dort angekommen sah er sich auch hier ein wenig um und staunte nicht schlecht als er eine frei stehende Badewanne entdeckte. Die mit dampfend heißem Wasser gefüllt war. Eins musste man den „Barbaren“ doch lassen, sie wussten anscheint mit was man einen halb erfrorenen Werwolf erfreuen konnte.
Mit so etwas hatte Fynn nun wirklich nicht gerechnet, da er ja nur als Gefangener unter ihnen weilte, doch ihm sollte es recht sein. Zum ersten Mal, seit er wieder zu Bewusstsein gelangt ist, zierte ein kleines Lächeln seine weichen Lippen.
Leise ging er auf die Badewanne zu und ließ seine Finger durch das dampfend heiße Wasser gleiten, bevor er die raue Decke von seinen Schultern gleiten ließ, um sich von der wärmenden Wasser in der Badewanne umfangen zu lassen. Tief ließ er sich in die heiße Badewanne sinken und schloss dabei genießend seine Augen. Ja, so konnte es sich als Gefangener leben lassen.
Umso entspannter er wurde, umso mehr begannen seine Gedanken in seinem Kopf umher zuwandern. Er dachte lange über Dimitri und ihre Auseinandersetzung nach, über seine Torheit einfach ins offene Meer zu schwimmen, bevor seine Gedanken zu seinem Bruder wanderten. Was Crispin wohl tun wird, wenn er bemerkte, dass er nicht mehr da war?
Fynnley fragte sich, ob dieser seine Entführung überhaupt schon spitz bekommen hatte. Aber er ging mal stark davon aus, dass dem so war. Die Chancen standen gut, dass sein Bruder es bereits wusste, will Cris immer überall seine Ohren hatte. Die schlechte Nachricht dabei war das wahrscheinlich keiner von den Anderen wusste, wo er sich zurzeit aufhielt. Leise seufzend ließ er sich noch etwas tiefer in die angenehme Wärme sinken, nachdem er sich gedankenverloren ein wenig den Dreck von der Haut geschrubbt hatte.
Vielleicht war es ja besser so, vielleicht sollte er ja hier sein. So würde er Crispin wenigstens nicht mehr zur Last fallen und er würde sich keine Sorgen mehr, um seinen kleinen Bruder machen müssen. Was dachte er denn da? Egal wie sehr er Crispin auch zur Last gefallen sein mochte, dieser würde ihn nie aufgeben und nach ihm suchen. Schließlich waren sie eine Familie.
Müde sah der Blonde auf, als er eine zufallende Tür vernahm. Er musste wohl eingeschlafen sein. Total entspannt rekelte er sich in dem bereits abgekühlten Wasser und setzte sich langsam auf. Kurz darauf vernahm er auch schon ein lautes Klopfen am Türrahmen des Badezimmers und wand dem Eindringling seine Aufmerksamkeit zu. Es war wieder dieser rothaarige Kerl.
„Es wird Zeit endlich aus der Badewanne zu kommen. Alan erwartet dich bereits“, kam es ruhig von Charles.
Er war komplett nackt und Charles machte keinerlei Anstalten das Bad wieder zu verlassen, was im Großen und Ganzen für ihn bedeutete, dass Fynn direkt vor seinen Augen aus der Wanne steigen musste. Unter normalen Umständen hätte er ja kein Problem damit sich vor einem seiner Rudelmitglieder zu zeigen, aber hier genierte er sich doch ein wenig. Schließlich sollte er gerade einem vollkommen Fremden gegenüber seinen Körper zu präsentieren.
Nach kurzem Zögern entschloss der Kleinere sich von der ganzen Situation einfach nicht einschüchtern zu lassen. Er musste stark sein, wenn er das Ganze hier heil überstehen wollte. Zumindest solange bis Cris ihn fand und zurück brachte.
Ein wenig verlegen stand er rasch aus der Badewanne auf und ergriff das ihm dargebotene Handtuch, mit welchem er sofort seine untere Körperhälfte bedeckte. Normalerweise schämten sich Werwölf nicht für ihre Körper, aber Fynn tat es. Im Grunde war er ja auch kein normaler Werwolf, da er ja nur zur Hälfte diese Seite in sich trug und im Grunde noch nicht einmal das. Bei Fynn war einfach nichts normal.
Rasch trocknete er sich etwas provisorisch ab, schlang danach das Handtuch fest um die schmale Hüfte und folgte dem Älteren zurück in das Schlafzimmer, wo auf dem Bett schon ein paar neue Anziehsachen für ihn bereitlagen. Mit dem Rücken zu dem Fremden gewandt zog er sich erst das schlichte weiße Hemd über die Schultern, bevor er sich die dunkle Baumwollhose über die Hüfte streifte. Ein Ledergürtel hielt die etwas zu große Hose an Ort und Stelle. Sogar ein paar Stulpenstiefel aus Wildleder waren dabei.
Ohne sich über die bis jetzt Recht angenehmen Gegebenheiten zu beklagen, nahm er das Ganze schweigend hin und drehte sich erst zu dem Größeren um, als er fertig war. So konnte er sich doch sehen lassen. „Ich bin fertig…“ Mit einem bestätigenden Nicken bedeutete ihm der Rotbraunhaarige ihm zu folgen.
Während sie die Treppe wieder hinabgingen, welche sie zuvor schon erklommen hatten, warf er immer mal wieder ein Blick aus den Turmfenstern, um einen Blick von der Außenwelt zu erhaschen. Aus einem der Fenster erhaschte er sogar einen kurzen Blick in einen wundervollen Ziergarten, umgeben von einer riesigen Parkanlage und einem Heckenlabyrinth. Das schien dann wohl die Rückseite des Schlosses zu sein. „Alan, ist euer Alpha?“, kam es nach einer Weile leicht zögerlich von Fynn.
„Ja.“ Sehr gesprächig schien der Andere ja nicht gerade zu sein. Was für gute Voraussetzungen, um sich besser kennenzulernen. „Verzeih mir meine unverschämte Frage…Aber was wird nun mit mir geschehen?“ Würde er gefoltert und misshandelt werden, oder noch schlimmeres? Irgendwie konnte er sich nicht ganz vorstellen, was die Werwölfe nun mit ihm vorhatten. Immerhin hatte man ihm doch recht passable Kleidung gegenüber und für ein anständiges Bad gesorgt. Solch eine Mühe machte man sich doch normaler weiße nicht, wenn man jemanden foltern wollte.
Aber andererseits war er ein Eindringling in seinem Territorium und somit auch ein Gefangener. Das hatte die hübsche Amira ihm ja deutlich klar gemacht. „Das wird nur Alan dir beantworten können.“ Dieser Charles schien auch von nichts eine Ahnung zu haben.
Fynn kam es gerade wirklich so vor, als würde ihn Charles zu seiner Schlachtbank führen, obwohl es eigentlich nicht so wirkte. Er strich sich nervös ein paar verirrte Strähnen hinter sein Ohr und achtete genau auf jede kleinste Möglichkeit, die ihm später eventuelle zur Flucht verhelfen konnte. Auch wenn er nicht gerade zuversichtlich war, das er von hier ausbrechen konnte.
Ein wenig eingeschüchtert blieb er einen Moment vor der breiten Tür des Speisesaales stehen, als er die vielen Stimmen hinter dieser vernahm. Wurde das Ganze etwa nun zu einer Vorführung für alle von dieser Insel? Fynnley wollte nicht vor allen vorgeführt werden. Er war sich seiner Schwächen bewusst und dennoch musste man ihn doch nicht noch offensichtlich daraufhin weisen und vor einer riesigen Menge fertig machen.
Der Blondhaarige war Charles dankbar, dass er kurz bei ihm verweilte damit er sich wieder sammeln konnte, bevor er seinem Schicksal in die Augen sehen musste. Fynn versuchte den Klos in seinem Hals hinab zu schlucken, der sich auf dem Weg zu dem Alpha des Eliónrudels gebildet hatte, bevor er mutig den großen Speisesaal unter den Blicken aller Anwesenden betrat.
Kaum hatte er diesen mit Charles betreten verstummten auch schon alle laufenden Gespräche. Der lange Tisch war gedeckt und ein paar Werwölfe saßen an diesem. Es waren doch nicht so viele, wie er eigentlich erwartet hatte. Dabei hatte es hinter der Tür, nach viel mehr Männern geklungen. Es waren ungefähr zwanzig die sich an dem reichlich gedeckten Tisch eingefunden hatten.
Mit Stolz erhobenem Haupt lief er neben Charles her, während sich die Werwölfe erhoben und erst wieder setzten, nachdem ihm sein Begleiter einen Stuhl auf der rechten Seite neben dem Monstrum von einem Thron zugewiesen hatte.
Auf der anderen Seite neben dem Thron saß wieder die hübsche Brünette, Amira und neben dieser ließ sich Charles nieder. Amira schien die einzige Wölfin hier zu sein. Ein wenig unangenehm war ihm die ganze Situation schon, doch davon ließ Fynn sich ganz sicherlich nicht einschüchtern. Wo war denn nur ihr geliebter Anführer? Von wegen er erwartete ihn bereits. Stattdessen ließ er ihn lieber warten, also doch kein Benehmen. Kaum saßen die Krieger wieder auf ihren Plätzen wurden die unterbrochenen Gespräche aufgenommen.
Ein wenig unwohl zupfte er an dem Saum seines Hemdärmels herum, während er auf seinen noch leeren Teller hinab sah. Es war komisch für Fynn sich trotz so vielen Leuten die sich in diesem Raum befanden sich immer noch einsam zu fühlen. Zwar war er quasi auch in seiner Heimat irgendwo ein Außenseiter gewesen, doch so alleine wie jetzt hatte sich der Blondhaarige schon lange nicht mehr gefühlt.
In dem Rudel seines Bruders war er nie allein gewesen, sondern hatte immer seine Familie und seine Freunde an seiner Seite gewusst, aber hier war niemand der ihm zur Seite stand. Der ihn unterstützen würde, wenn er was zu kritisieren hatte, ihn aufmuntern würde, wenn er traurig war, mit ihm lachen, wenn es etwas Amüsantes gab. Sie alle ignorierten ihn.
Der Kleinere glaubte nicht daran, dass dies hier jemals seine Heimat werden würde, doch zurück zu seinem Bruder würde er wohl auch nicht mehr dürfen. Schließlich hatte er bereits viel zu viel von Beneál gesehen. Also würde er hier wohl oder übel damit anfreunden müssen hier auf dieser Insel zu leben.
Als auf einmal alle Gespräche verstummten und sich die Köpfe der anwesenden Werwölfe in Richtung der großen Saaltür drehten, hob Fynnley ebenfalls seinen Blick, um den Übeltäter für die Stille zu mustern.
Ein Hüne von einem Mann stand aufrecht und stolz zwischen den weit geöffneten Flügeltüren. Rabenschwarzes Haare umrahmten ein hübsches maskulines Gesicht. Eisblaue Augen schweiften über die anwesenden Werwölfe im Raum, bis sie an Fynnley hängen blieben und sich regelrecht bis in sein tiefstes innerstes hineinbohrten. Das musste dann wohl Alan sein, der Alpha des hier ansässigen Wolfsrudels.
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Fynn musste sich ganz schön zusammenreißen, um nicht unter dem durchdringenden Blick des Dunkelhaarigen zusammenzuschrumpfen. Innerlich ermahnte sich der Kleinere zur Ruhe und erwiderte gnadenlos den erdrückenden Blick Alans, welcher auf ihm ruhte. Er wollte ein paar Dominanzspiele spielen? Die konnte der Alpha haben.
Wie es sich für einen Omega geziemte, welcher außerhalb der Rangordnung im Rudel stand, hielt er dem Blick des Blauäugigen ohne Probleme stand. Bis dieser sich langsam in Bewegung setzte und die Flügeltür geräuschvoll hinter ihm in die Angeln fiel, während die versammelten Werwölfe aufstanden. Mit eleganten und geschmeidigen Schritten kam Alan auf ihn zu und blieb erst dicht vor ihm stehen.
Unverschämt wie Fynnley im Augenblick war, blieb er frech auf seinem Stuhl sitzen und spießte mit seiner Gabel ein Stück Fleisch auf, um es sich demonstrativ in den Mund zu stecken. Fynn würde sich ganz sicherlich nicht von so jemandem einschüchtern lassen und erst recht würde er nicht vor Freude im Dreieck springen. Schließlich war er nur dessen Gefangener und das war kein Grund zur Freude.
Alan war nicht sein Alpha und würde es auch nie werden. So würde er sich diesem niemals winselnd unterwerfen oder ihm bereitwillig seine empfindliche Kehle da bieten. Darauf konnte Alan warten, bis die Hölle zufror.
Herausfordernd sah er zu diesem auf und kaute dabei brav auf dem zarten Stück Lammfleisch herum, bevor er ein weiteres Stück Fleisch mit der Gabel zu seinem Mund führen konnte, wurde ihm diese aus der Hand geschlagen.
„Willkommen in Ith’iel, der Hauptstadt auf Beneál. Ich bin Alan Rhys, der Alpha des hier ansässigen Rudels“, erklang eine wohlig tiefe Stimme. Was für ein verzweifelter Versuch mehr Aufmerksamkeit von ihm zu erhaschen. Eine spöttische Verbeugung wurde vor ihm nach der Vorstellung vollführt, bevor Alan sich lässig auf seinen „Thron“ niederließ. Was auch den Rest im Saal wieder Platz nehmen ließ.
„Wärst du vielleicht so nett und würdest mir verraten mit wem ich es hier zu tun habe?“, kam es nur mit einer abfälligen Handbewegung in seine Richtung von dem Schwarzhaarigen, während er herzhaft in eine Lammkeule hinein biss. Wie liebreizend der Ältere doch war. Das würde ein recht interessanter Aufenthalt in Ith’iel werden. Genervt seufzte der Blondhaarige innerlich auf. Okay, ein bisschen würde er diesem arroganten Sack entgegen kommen.
„Fynn….Fynnley Benett.“ Mit einem abfälligen Lächeln auf den Lippen steckte sich der Halbwolf nun ebenfalls wieder ein Stück Lamm mit den Fingern in den Mund, nachdem man ihm ja seine Gabel abgenommen hatte. Was blieb ihm da auch anderes übrig? Er würde sicherlich nicht um eine neue bitten, also würde er mit den Fingern essen. Von so einem Benehmen würde sich Fynnley nun wirklich nicht einschüchtern lassen. Provokativ leckte er sich genüsslich die mit Fett besudelten Finger sauber, während sein Blick weiterhin dem Älteren standhielt.
Ihm entging nicht das die Anspannung im Raum immer weiter anzusteigen begann, bis sie fast greifbar war. Dennoch sah Fynn nicht ein dem Alpha so einfach nachzugeben. Seinen Respekt würde sich dieser arrogante Trottel erst einmal verdienen müssen. Außerdem, wenn man ihn schon wie einen Außenseiter sah, konnte er das Ganze auch noch ein wenig auf die Spitze treiben.
Wobei sein Gegenüber sich eigentlich in seiner Position in keinster Weise bedroht fühlen musste, da Fynn als Omega eh keinerlei Ambitionen hatte das Rudel zu übernehmen. Als Alan endlich zu bemerken schien, dass ihm diese ganzen Machtspielchen nichts auszumachen schienen, trat auf einmal ein wissender Blick in seine Augen.
„Ein Omega…“ Noch sah er einen Moment lang zu diesem hinüber, bevor er nur mit den Schultern zuckte und sich ein weiteres Stück Lammfleisch zwischen die Lippen schob. Endlich schien dem Alpha aufzugehen was für ein Wolf er da vor sich zu haben schien.
Kaum hatte er seine Aufmerksamkeit seinem Essen gewidmet wurde er auch schon unsanft am Kinn gepackt und wieder zu dem Anderen hingedreht. Hätte er die Bewegung kommen gesehen, hätte er diese abgefangen, aber da diese von der Seite gekommen war auf welcher er nicht seine hundertprozentige Sehkraft hatte. War er nun gezwungen den Älteren anzusehen.
Grimmig schlug er die Finger von Alan weg und funkelte diesen wütend an, während er leicht die Zähne bleckte. Nur weil er hier der Gefangene war, hieß das noch lange nicht, dass dieser Hand an ihn legen durfte. So etwas würde sich Fynnley nicht gefallen lassen. Niemand fasste ihn ohne seine ausdrückliche Erlaubnis an.
Auch wenn er sich bewusst war, dass er sich im Augenblick quasi gegen den Alpha auflehnte. Aber noch war Alan nicht sein Alpha und ein Freund war er auch nicht. Also würde er sich diesem in keinster Weise unterwerfen. Fynn konnte regelrecht spüren, wie alle im Raum die Luft anhielten, aber anstatt in ein wutverzerrtes Gesicht von Alan zu blicken, lächelte dieser ihn nur herausfordernd an. Ein wenig verwirrt blickte Fynn dann doch drein und von jetzt auf gleich war seine Wut auch schon verpufft.
„Mir gefällt dein Temperament und deine unterschiedlichen Augen, kleiner Wolf.“ Was hatte der Größere da gerade gesagt? Fynnley konnte es nicht so recht fassen. Erst provozierte ihn Alan bis aufs äußerste und im nächsten Augenblick versuchte er mit ihm zu flirten. Man hatte der Kerl eine sprunghafte Laune, fast wie bei einer schwangeren Frau.
Leicht kopfschüttelnd wand er seinen Blick wieder von Alan ab und sah r auf seinen fast vollen Teller hinab. Was sollte er den da noch sagen? Damit konnte Fynn im Augenblick gar nicht umgehen und wollte es auch nicht nach seiner letzten Erfahrung.
„Was hast du denn? Sind wir auf einmal so schüchtern?“ Alan konnte es wohl auch nicht sein lassen ihn weiter zu sticheln.
„Klar doch…welcher Kerl steht den nicht drauf von einem Mann angemacht zu werden“, kam es nur spöttisch von dem jungen Mischling. Fynn hatte nicht vor sich hier vor allen Anderen zu outen und erst recht nicht , weil ihn der Ältere so anziehend fand.
„Miau…da ist wohl jemand etwas empfindlich, wenn man das Thema der gleichgeschlechtlichen Liebe anspricht.“ Leise verächtlich schnaubend blickte er wieder zu dem Alpha hinüber.
„Wie glaubst du denn, dass ich mich verhalten sollte wenn mir ein Mann solche Komplimente macht? Außer meinem Mundwerk bleibt mir doch eh nichts mehr. Ich bin ja hier nur ein dummer Gefangener, und wenn ich mich anders als mit meinem Mund währe, gibt es mit Sicherheit nur Ärger.“ Was dachte sich Alan nur dabei. Fynn steckte sich noch ein kleines Stück Fleisch zwischen die Lippen. „Du bist hier ein freier Mann und kannst dahin gehen, wohin immer du hingehen möchtest…“ Meinte Alan das wirklich ernst? Ein wenig zweifelnd sah er zu diesem hinüber. Er würde sich ganz sicherlich nicht von ihm übers Ohr hauen lassen. An seinen Worten hing noch ein ganz fettes, ABER dran.
„..doch nur in Begleitung einer meiner Männer und nur innerhalb Grenzen dieser Stadt.“ Fynn hatte es doch gewusst. Also war er weiterhin immer noch nur ein Gefangener.
„Also bin ich doch kein freier Mann“, meinte er leise.
„Du bist solange dein eigener Herr, wie du dich brav meinen Regeln beugst. Sei doch froh, dass ich dir überhaupt solch einen Luxus biete und dich nicht irgendwo im Kerker einsperre und da verrotten lasse. Dafür wärst du viel zu schade.
Außerdem hat sich keiner von uns in diese Situation gebracht, daran warst alleine du schuld.
Indem du dich auf unser Gebiet gewagt hast und fast darauf ertrunken wärst. Wäre Amira mit den Anderen nicht gerade in der Nähe des Strandes gewesen, hättest du den heutigen Morgen nicht mehr erlebt. Also du könntest dich ruhig etwas dankbarer zeigen.“
Kaum hatte Alan seine Rede beendet erklang ein leises Knurren im Raum. Als Fynnley bewusst wurde das dieser Laut aus seiner eigenen Kehle kam hörte er auf und sprang wie von einer Tarantel gestochen auf seine Beine.
„Dankbarkeit? Du erwartest wirklich von mir, dass ich euch dankbar bin? Dafür, dass ich noch am Leben bin? Darauf wirst du lange warten können. Ich bin euch doch nicht für etwas dankbar, dass ich selbst herbeigeführt habe.
Habt ihr vielleicht schon einmal daran gedacht, dass es vielleicht einen Grund für mein Verhalten gab? Daran, dass ich vielleicht mein Leben habe beenden wollen? Aber was erwarte ich schon von euch Barbaren. Keiner von euch denkt doch weiter als bis zum nächsten Essen oder wann er sich als nächstes Prügeln kann. “
Es war schon gemein von ihm den Anderen dies vorzuwerfen und sie alle damit unter einen Teppich zu kehren, aber er konnte im Moment einfach nicht anders. Obwohl sich von den Erzählungen her nichts dergleichen, was sie als Barbaren auswies bestätigt hatte. Eigentlich waren die anderen Werwölfe noch relativ nett zu ihm gewesen. Haben ihn gerettet, Kleidung gegeben, ein heißes Bad, ein weiches Bett und eine warme Mahlzeit. So etwas hätten Barbaren wohl nie getan. Doch Fyn konnte nicht anders als dies zu sagen.
Im Moment stieg einfach wieder alles in ihm hoch. Es war auch nicht erwähnenswert das er sich eigentlich nicht wirklich freiwillig fast zum Ertrinken gebracht hatte. Wütend funkelte er den Anderen an und schlug die Hand weg die ihn festhalten wollte, um ihn am Gehen zu hindern.
„Fass mich nicht an du Barbar“, schrie er den Dunkelhaarigen regelrecht an und wand sich auf dem Absatz um. „Du bleibst hier“, fuhr ihn Alan an und packte ihn trotz allem am Arm.
Ohne darüber nachzudenken, wirbelte Fynn auf dem Absatz herum und verpasste dem Blauäugigen eine deftige Ohrfeige, bevor er sich aus dessen unbarmherzigen Griff befreite. Ihm war bewusst, dass die Anderen sich alle erhoben hatten, als er die Hand gegen ihren Alpha erhob hatte, um ihn im Notfall zu beschützen, wenn Fynn noch weiter gehen wollte als er es im Augenblick eh schon tat.
Noch einmal würde er nicht zuschlagen, darüber würden sich die Rudelmitglieder Alans keine Sorgen machen müssen. Außer Alan sollte es noch einmal wagen Hand an ihn zulegen, dann würde er die ganze Aktion zu gerne noch einmal wiederholen.
„Du hast gesagt ich bin ein freier Mann, solange ich die Grenzen nicht überschreite, also hast du keinerlei Recht mich nun hier festzuhalten, wenn ich gehen möchte.“ Wieder wand er sich um und konnte dieses Mal gehen, ohne ein weiteres Mal aufgehalten zu werden den Raum verlassen. Emotional aufgewühlt stampfte er geladen durch das riesige Schloss und lief gerade dahin, wohin ihn seine Füße auch immer hinbrachten. Es sollte sich im Augenblick besser niemand wagen ihm in die Quere zu kommen.
Fynn folgte der breiten Marmortreppe in den ersten Stock und irrte dort ein wenig ziellos umher, bis er an einem der einladenden Fenster anhielt, um einen Blick nach draußen zu werfen. Er musste hier raus. Musste einfach frische Luft schnappen. Alles wirkte trotz der Größe auf einmal so beengen auf ihn. Seine Brust zog sich eng zusammen und er bekam auf einmal keine Luft mehr
.Fynn griff sich keuchend an die Kehle. Oh mein Gott, er hatte einen Panikanfall und hatte das Gefühl wieder im Meer zu sein und zu ertrinken, obwohl ihn dieses Mal kein Wasser umgab und nichts davon seine Lungen fluten konnte.
Da griff ihm auf einmal eine zarte Hand in den Nacken, führte ihn sicher zu einer weichen Sitzgelegenheit in der Nähe und drückte ihn sanft aber bestimmt in die Richtung, um ihn weiter zu leiten und seinen Kopf zwischen die Beine zu stecken, nachdem er sich auf der Bank nieder gelassen hatte. „Tief einatmen und wieder aus atmen“, erklang eine bekannte Stimme direkt neben ihm. Er tat, wie ihm gesagt wurde, und versuchte einfach tief die Luft in seine Lungen zu transportieren und es klappte erstaunlicherweise auf einmal wieder. Seine Lunge nahm wieder ihren Dienst auf.
Tief sog Fynn dankbar die frische Luft in sich hinein und versuchte seinen Puls wieder herunter zu fahren, während die Hand aus seinem Nacken verschwand. Amira zog sich zurück sobald sie bemerkt hatte, dass seine Lungen wieder ihre Arbeit aufgenommen hatten.
Als er sich so weit wieder unter Kontrolle hatte, hob er langsam den Kopf und blickte direkt in die graublauen Augen Amiras. Die ihn zu seiner Verwunderung weder vorwurfsvoll noch voller Mitleid ansahen.
„Danke“, murmelte Fynnley leise.
„Nichts zu danken.“ Leise aufseufzend strich sich Fynn etwas beschämend durch sein Haar. Er ritt sich mit jeder kleinen Tat, die er hier abzog, immer mehr in die Scheiße hinein.
Immer mehr wurde er zur Witzfigur des Jahrhunderts und er wusste einfach nicht, wie er diesen ganzen Kreislauf unterbrechen konnte.
„Ich…“ „Du musst nichts sagen. Du musst dich auch nicht für dein Handeln entschuldigen. Ich weiß, dass mein Bruder manchmal ein ganz schönes Arschloch sein kann und irgendwo hatte er die Ohrfeige schon verdient, da du ihn ja vorher vorgewarnt hast.
Dennoch war es nicht gerade klug von dir, die Hand gegen den Alpha zu erheben….Jetzt hast du deine Chance vertan dich mit dem Rudel gut zu stellen. Wer eine Hand gegen denn Alpha erhebt erklärt quasi den Krieg gegen ihn. Das müsstest du doch wissen, auch wenn du ein Omega bist.“
Es überraschte den Blondschopf, dass Amira ihm nicht vorwarf, dass sein Handeln vollkommen falsch war, doch was noch überraschender für ihn war, war die Tatsache, dass sie meinte, dass er es sich jetzt erst mit dem Rudel verscherzt hatte. „Du hast unrecht...sie konnten mich doch von Anfang an nicht leiden.“
„Das stimmt doch gar nicht. Sie kannten dich vorher nur noch nicht und das sie Fremden gegenüber misstrauisch sind kannst du ihnen nicht verübeln. Dein Rudel würde genauso handeln, oder etwa nicht?“
Sie hatte recht. Wo hatte er sich da nur hineingeritten? Seufzend strich er sich ein paar Strähnen zurück hinter das Ohr. Fynnley hätte wohl besser einmal sein Gehirn einschalten sollen, bevor er so eine Show abgezogen hatte.
„Ja schon…oh Mann. Ich bin so ein Idiot“, murmelte er leise und schlug sich innerlich für seine Torheit. Er war so in seine eigene Welt und seiner Traurigkeit vertieft gewesen das ihm gar nicht gekommen war das dies hier vielleicht hätte ein Neustart für ihn sein können, doch dies hatte er sich jetzt wohl reichlich verscherzt.
Es gab keine Entschuldigung für das, was er getan hatte. „Ich mag dich trotzdem Fynn. Wobei wir „Barbaren“ ja eigentlich nicht mögen können. Dann sagen wir einfach mal das ich dich ganz herzlich hasse.“ War das gerade ein Kichern gewesen, was er da von Amira vernommen hatte? Er sah zu ihr hinüber und musste anfangen zu lächeln.
„Es tut mir leid euch als Barbaren bezeichnet zu haben. Dabei ist keiner von euch so, wie mir erzählt wurde. Ich war voreilig und habe zu früh mein Urteil über euch gebildet.
Vielleicht war ich auch schon ein wenig voreingenommen von den Erzählungen, die mir zu Ohren gekommen waren. Dabei hat keiner von euch mir einen Grund gegeben anzunehmen, dass die Behauptungen über euch stimmen.
Sieh dir nur die Kleider, an die ich von euch bekommen habe oder die Gepflegtheit des Schlosses. Barbaren würden so etwas nie tun. Vergib mir meine ungeschickte Ausdrucksweise“, bat er bereuend und sah die brünette Wölfin dabei an.
„Ist schon gut Fynn. Mach dir keinen Kopf mehr darum…wir werden das schon wieder hinbekommen.“ Davon war er ja nicht gerade überzeugt, aber wenigstens beruhigte ihn das Wissen ein wenig das er doch nicht so alleine war, wie er bis jetzt immer gedacht hatte. Viel besser gelaunt als zuvor machten sie sich gemeinsam auf den Weg in den wunderschönen Garten, nachdem Fynn Amira darum gebeten hatte.
Die Natur und die Blumen hatten immer so eine beruhigende Wirkung auf ihn. Durch eine breite Allee gelangten sie zu dem vorderen Teil der Gartenanlage, mit den unterschiedlichsten Blumenbeeten und einem kleinen verwilderten Kräutergarten. Feinsäuberlich angelegte Kieswege wiesen ihnen dabei den Weg.
Dahinter erstreckte sich der riesige Irrgarten, welchen er bereits aus dem Turmfenster hatte sehen können. Amira erzählte ihm das es in der Mitte des Gartens einen wunderschönen kleinen Pavillon an sehr hellem Holz gab, den man aber nur mit viel Glück fand. Fynn bat sie ihm diesen zu zeigen, doch sie meinte nur, dass er den Weg schon selber finden müsste. Hinzu kam auch noch das der Irrgarten wohl drei Eingänge am Anfang hatte und nur einen auf der Rückseite, wo es dann durch die Parklandschaft Richtung Südtor hinaus ging.
Amira blieb noch eine ganze Weile an seiner Seite. Sie liefen eine ganze Weile durch den Park und hier und da erzählten sie sich ein wenig von ihrer Vergangenheit, bis es langsam dunkel wurde. „Ich glaube wir sollten unser Gespräch besser nach drinnen verlagern. Es wird ein wenig kühl hier draußen“, meinte Fynn lächelnd zu seiner neuen brünetten Freundin.
Auch wenn Fynnley Amira noch nicht lange kannte, so wusste er bereits jetzt schon, dass sie sich sehr gut miteinander verstanden. Sie befanden sich auf der gleichen Wellenlänge und teilten viele Ansichten miteinander.
„Ja, ich denke es wäre besser nun nach innen zu gehen.“ Auf dem Weg ins Innere des Schlosses, begegneten ihnen ein paar Werwölfe. Erst ab diesem Punkt wurde der blonde Werwolf mit den unterschiedlichen Augen daran erinnert, was heute Mittag geschehen war. Irgendwas würde sich Fynn einfallen lassen müssen, um seinen Fehler wieder gut machen zu können.
Schweigend liefen sie nebeneinander her und gesellten sich zu den Anderen in den Speisesaal, für das Abendmahl. Obwohl der junge Halbwolf lieber an Amiras Seite Platz genommen hätte, ließ er sich wieder zu Alans rechter Seite nieder. Zumindest von dessen Thron. Denn Alan war noch nicht da, aber es überraschte den Blondhaarigen nicht wirklich. Nachdem er sich heute Morgen beim Essen auch so viel Zeit gelassen hatte.
Während dem Essen spürte er die anklagenden Blicke der Anderen und versuchte sie zu ignorieren. Ein wenig lustlos stocherte er mit der Gabel in seinem mittlerweile kalten Braten herum. Fynn hatte sich bereits ein paar Worte zu Recht gelegt, welche er Alan mitteilen wollte, doch dieser schien an diesem Abend wohl nur mit seiner Abwesenheit zu glänzen..
Nachdem bereits so gut wie alle den Saal verlassen hatten, gab der junge Halbwolf die Hoffnung auf, den Älteren heute Abend noch einmal zu Gesicht zubekommen und ließ seinen noch gut gefüllten Teller zurück.
Langsam sah er auf und ging zu Amira hinüber. „Wo sind die Gemächer von Alan?“
Wenn der Andere schon nicht zu ihm kam, würde er wohl oder übel zu ihm gehen müssen. War Fynn im Grunde auch lieber, da er dann das Ganze nicht wieder vor allen Anderen breittreten musste. Was es eventuell nur noch schlimmer machen würde, als es im Augenblick eh schon war.
Nach einem kurzen überraschenden Blick von Amiras Seite erklärte sie ihm bereitwillig, wo er lang musste, um in den Wohnbereich ihres Bruders zu kommen. Aufmerksam lauschte Fynn ihren Worten und wünschte ihr zum Abschied noch eine ruhige und erholsame Nacht, bevor er den Speisesaal verließ und die breite Marmortreppe in der Eingangshalle erklomm.
Ab dort folgte er genau Amiras Wegbeschreibung, bis er fast am Ende des gigantischen Flurs angekommen war. Als er endlich dort angekommen war, hatte er das Gefühl als hätte er gerade einige Meilen zwischen sich und die Eingangshalle gebracht. Was bei dem Ausmaß des Schlosses gar nicht mal so abwegig war. Ob er jemals zurück finden würde?
Fynnley klopfte leise an eine dunkle Eichenholztür in der Hoffnung Alan würde ihm Einlass gewähren, doch er bekam keine Antwort. Sollte dieser wirklich so eingeschnappt von seinem Benehmen sein? Noch einmal klopfte er an diese, aber er geschah schon wieder nichts.
Im ersten Moment spielte der Kleinere mit dem Gedanken einfach wieder umzukehren, entschied sich dann aber doch dagegen und so probierte Fynn ob die Tür sich nicht doch einfach öffnen ließ. Sie ging auf und Fynnley warf einen kurzen Blick in das innere, bevor er einfach eintrat. Es konnte nicht schlimmer werden, als die Situation im Moment eh schon war. Zumal ihm auch gerade bewusst geworden war, dass er wohl ohne Hilfe den Weg in sein Zimmer nicht mehr so einfach finden würde. Also blieb Fynn nichts anderes übrig, als auf Alan zu warten und mit ihm zureden.
Fynnley staunte nicht schlecht, als er den Raum betrat und von so viel Wärme umfangen wurde, wie sie im ganzen Schloss nicht zu herrschen schien. Viele Dinge waren in schwarzroten Tönen gehalten. Ein riesiges Himmelbett mit lauter weichen Kissen dominierte den gesamten Raum, während ein Feuer im großen Kamin direkt gegenüber Licht und Wärme spendete. Direkt daneben befand sich eine recht kleine, aber feine Sitzecke. Bestehend aus seinem weichen Sofa und zwei Sessel, welche auf einem flauschig aussehenden Teppich platziert waren. In der Nähe befand sich ein bis oben hin vollgestopftes Bücherregal. Das zeugte dann wohl davon, dass Alan auch lesen und schreiben konnte. Alan war wohl doch kein so ungehobelter Barbar wie er zuerst gedacht hatte.
An den Wänden spendeten noch ein paar Kerzen etwas Licht, während in der Ecke ein gigantischer Kleiderschrank thronte. Es gab auch noch zwei zusätzliche Türen in diesem Raum. Die eine würde sicherlich ebenfalls in ein angrenzendes Badezimmer führen. Fynnley sah das die zweite Tür offenstand und so warf er einen raschen Blick in ein schlich gehaltenes Arbeitszimmer. Frei stand dort ein riesiges Monstrum von Schreibtisch im Raum und Fenster die fast bis in die Decke reichten gewährten einem einen guten Ausblick auf den Schlosspark. Am Tag war das mit Sicherheit eine wunderschöne Aussicht.
Fynn konnte seiner Neugierde nicht wiederstehen und begann sich in dem Gemach des Dunkelhaarigen umzusehen. Als er alles besichtigt hatte ließ er sich auf der Kante des Bettes nieder und zu seiner Verwunderung musste er feststellen, wie bequem Alans Bett doch war. Nach einer Weile des Wartens wurde der junge Wolf immer müder und konnte der Versuchung nicht wiederstehen sich tiefer in die weichen dunkelroten Laken sinken zu lassen.
Er merkte gar nicht, dass er eingeschlafen war. Erst als sich die Tür des Badezimmers geräuschvoll öffnete schlug er die Augen wieder auf. Schwerfällig blinzelte er gegen die aufkommende Müdigkeit an und setzte sich langsam auf, nur um kurz darauf direkt in das nicht gerade erfreute Gesicht Alans zu blicken.
Das war dann wohl kein guter Ansatz für eine Aussprache zwischen ihnen.
Alan stand fast Splitterfasernackt, nur mit einem Handtuch um die Hüfte gewickelt, im Türrahmen des Badezimmers. Sein Haar war glänzten noch feucht und deutete auf ein heißes Bad hin.
Abwartend blickte er zu dem Alpha hinüber und fragte sich ob vielleicht Alan zuerst die Stille unterbrechen wollte, da ihm auf einmal seine ganzen zurecht gelegten Sätze die er dem Anderen eigentlich hatte mitteilen wollen, auf einmal nicht mehr einfielen . Auch wenn Fynn quasi ohne Erlaubnis in seine Gemächer eingetreten war.
„Was hast du hier zu suchen?“, wurde die Stille schneidend von Alans Stimme unterbrochen. Etwas verlegen strich Fynn sich über sein Haar, als er endlich seinen Blick von dem entblößten Oberkörper Alans abwenden konnte. Stattdessen sah er in diese eisblauen Augen, welche ihn mit kühlem Blick fixierten. Was hatte er noch einmal genau von Alan gewollt? Verdammt, Fynn sollte lernen sich besser einmal zusammen zu reißen. Er benahm sich gerade zu wie ein kleiner pubertierender Junge, der nur Sex im Kopf hatte. Auch wenn die Gegebenheiten nun etwas anders waren, als der junge Halbwolf erwartet hatte so ließ er nicht zu das ihn Alans Anblick einschüchterte. Alan war ja schließlich nicht der erste nackte Mann in seinem Leben und ein kleiner pubertierender Junge war der Blonde Wolf schon lange nicht mehr. Immerhin war Fynnley bereits 21 Winter alt.
„Zwar gefällt mir diese Aussicht wirklich gut und ich könnte mich doch glatt daran gewöhnen, aber trotzdem würde ich gerne wissen was du in meinen Räumlichkeiten zu suchen hast. Übrigens, die Röte auf deinen Wangen steht dir wirklich sehr gut.“
War er etwa wirklich rot? Kaum waren die Worte des Älteren ganz zu ihm durch gedrungen, erhob er sich sogleich von Alans Bett. Keinen Meter mehr befand er sich nun stattdessen von dem Alpha entfernt. Wie unverschämt Alan doch war, so etwas zu ihm zu sagen.
Er schien auch rein gar nichts aus ihrer kleinen Auseinandersetzung am Tisch heute Morgen gelernt zu haben. Wie hatte ihm nur in den Sinn kommen können, sich für sein ganzes Worte bei diesem perversen Schwein entschuldigen zu wollen?
„Ach, halt doch den Mund“, fuhr er seinen Gegenüber an. So eine Unverschämtheit würde er sich sicherlich nicht bieten lassen.
„Wird da etwa wieder jemand ausfällig? Willst du mich vielleicht noch einmal schlagen?“ Leicht zog Alan eine Augenbraue hoch und drehte ihm die andere Wange noch hin. „Die rechte Wange leuchtet noch nicht in dem saftigen Rotton wie ihr Gegenstück. Wir wollen doch ein wenig Gleichheit schaffen, oder nicht? Komm schon, schlag zu. Wenn du so sehr darauf stehst. Ich hab nichts dagegen.“
Wie auf dem Servierteller, wurde ihm nun auch noch die rechte Wange hingehalten. Der Blondhaarige war schon regelrecht dazu verführt Alan noch eine deftige Ohrfeige zu verpassen, bis ihm der Ältere auch schon unterstellte er würde darauf stehen andere zu verprügeln. Alan wusste wirklich, wie man jemanden zur Weißglut brachte.
Auf dessen Worte hin wurde die Röte auf seinen Wangen noch eine Spur dunkler, aber dieses Mal vor Wut. Sichtlich angewidert von Alans Worten stieß Fynn den Größeren auf die Seite, um in Richtung Tür davon zu stürmen. Das reichte ihm. So etwas musste er sich nun wirklich nicht bieten lassen.
Vielleicht sollte er seine Meinung doch noch einmal überdenken und sie wieder alle als Barbaren abstempeln. Bei so einem Alpha war man ja gerade zu verleitet voreilige Schlüsse zu ziehen. „Fick dich du Arsch“, keifte Fynnley nur noch.
„Danke…aber nein. Viel lieber würde ich dich ficken, kleiner Wolf“, drang es von direkt hinter ihm an Fynns Ohr. Dann schlug er dem Dunkelhaarigen die Tür direkt vor der Nase zu. Wutentbrannt stampfte er den Gang entlang, bis ihm wieder einfiel, dass er nicht mehr den Weg zu seinem Zimmer kannte.
Fluchend blieb er stehen und überlegte verzweifelt wie er das anstellen sollte, ohne Alans Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber ihm fiel nichts passendes ein. Verdammt. Sofort machte er auf dem Absatz kehrt und riss die Tür zu Alans Gemächern noch einmal auf. Gleich darauf bereute er sein Handeln, denn der Schwarzhaarige stand vollkommen unbekleidet mit dem Rücken zu ihm gewandt vor dem Kleiderschrank.
„Ehm..“ Fynn musste sich erst noch einmal sammeln. Verlegen sah er zur Seite, als dieser sich auch schon zu ihm umdrehte. „Wie gelange ich noch einmal zu meinem Zimmer“, kam es jetzt fast kleinlaut von dem sonst so temperamentvollen Mischling.
Als er ein leises Lachen vernahm, sah Fynnley wieder zu dem Werwolf hinüber und hätte ihm dabei am liebsten doch noch die Ohrfeige verpasst. Das ging ja nun leider nicht, solange er den Weg zurück nicht kannte. Alan schien ja wirklich ein Meister darin zu sein jemanden mit seinem Verhalten in den Wahnsinn zu treiben.
„Kleiner Wolf, wozu brauchst du denn dein ungemütliches Bett? Du kannst gerne die Nacht bei mir verbringen“, kam es mit wohlig warmer Stimme von dem Dunkelhaarigen.
„Nein danke, ich verzichte“, knurrte Fynn leise und schlug die Tür mit einem lauten Krachen in die Angeln. Na klasse, Alan würde ihm wohl keine große Hilfe sein. Wie konnte dieser auch nur die ganze Zeit über solche dummen Sprüche von sich geben? Wie war der überhaupt dazu gekommen sich Alpha schimpfen zu dürfen? Kopfschüttelnd wandte er sich auf dem Absatz um und lief munter darauf los.
Noch einmal würde Fynn seinen Stolz nicht über Bord werfen und zu diesem Egomanen zurückzukehren, um ihn noch einmal nachdem Weg zu fragen. Irgendwie würde er das auch alleine hinbekommen. Nicht umsonst, war er der Sohn seines Vaters. So eine Kleinigkeit würde er doch wohl mit Links schaffen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Fynnley gar verzweifelt das Handtuch warf. Laut aufseufzend ließ er sich an einer der unzähligen Wände hinab sinken. Das Ganze war doch einfach zum Mäusemelken. Wer hatte gedacht, dass dieses Schloss auch von innen so verdammt riesig war? Und dann auch noch so viele verwinkelte Gänge aufwies.
Heute war wirklich nicht sein Tag. Erst verscherzte er es sich mit dem gesamten Rudel, weil er sich die Unverschämtheit ihres Alphas nicht gefallen ließ. Dann suchte er doch tatsächlich dessen Gesellschaft auf, um sich bei ihm für sein Verhalten zu entschuldigen, nur um wieder dumm von Alan angemacht zu werden und am Ende saß er hier irgendwo, im nirgendwo. Verloren gegangen in diesem riesigen Schloss, auf der Hoffnungslosen Suche nach seinem Zimmer.
Fynn hatte noch nicht einmal die Marmortreppe gefunden, die ihn zurück ins Erdgeschoss führen sollte. Seufzend zog der Kleinere erschöpft seine Beine eng an seinen Körper und schlang seine Arme um diesen. Der heutige Tag würde wohl, als der zweitschlimmste Tag in seinem Leben, in die Geschichte eingehen.
Wenn er so recht darüber nachdachte, war es wohl eher der drittschlimmste Tag. Die Auseinandersetzung mit Dimitri war eindeutig schlimmer gewesen. Das Ganze wurde dann nur noch von dem Tag getoppt, an welchem Fynnley erfahren hatte das er anders war als andere Kinder. Seit diesem Tag wusste er wenigstens, warum sich sowohl Kinder, als auch Erwachsene ihm gegenüber so verhielten.
Es war einige Tage gewesen, nachdem ihn seine richtige Mutter bei seinem Vater abgesetzt hatte. Vater hatte ihm erzählt, dass er sowohl ein Mensch, als auch ein Werwolf war. Nur damals hatte sein Vater noch recht optimistisch zu ihm gemeint, dass sein Wolf sich noch zeigen würde, doch dies war nie geschehen. Er war nicht vollständig und würde es wohl auch nie sein. Fynn würde sein Leben lang weder zu der einen noch zu der anderen Rasse gehören.
Der junge Halbwolf bettete seinen Kopf auf seine Knie und versuchte wieder etwas zur Ruhe zu finden. Was hatte er nur verbrochen, um in solch eine missliche Situation zu geraten? Dabei konnte er doch nichts für die Fehler, die sein Vater in der Vergangenheit begangen hatte.
Natürlich liebte Fynn seine Familie und auch seinen Vater überalles, aber trotzdem würden diese wohl nie wirklich nachvollziehen können, wie es war weder zu dem einen noch zu dem anderen richtig dazu zugehören und das nur, weil sie alle reinrassig waren und er eben nicht.
Schwer aufseufzend schloss der Jüngere müde seine Augen. Trotzdem schaffte es der kleine Wolf nicht seine Gedanken abzustellen. Es kam einfach alles wieder hoch und Fynn verfluchte sich für diese Schwäche.
Was wohl wäre, wenn er ein vollständiger Werwolf wäre? Dann wäre er mit Sicherheit nicht so schwach, könnte sich selbst verteidigen und müsste nicht von allen beschützt werden, wie ein Schwächling, ein Versager. Wie sehr er dieses ganze Leben doch hasste.
Fynn musste wohl kurz eingenickt sein, denn als er das nächste Mal den Kopf hob, befand sich Alan direkt vor ihm in der Hocke und sah ihn an. Der Blondhaarige war total erschöpft und hatte im Moment keinerlei Kraft dazu sich weiterhin mit dem Größeren zu beschäftigen. Er wollte einfach nur noch seine Ruhe haben. Vor Alan, vor dem Streit, vor dem Rudel, vor seiner Familie, seiner Vergangenheit und Zukunft, einfach vor der ganzen Welt.
„Das war eben also kein Scherz von dir gewesen, als du gemeint hast, dass du nicht mehr wüsstest, wie du zurückgelangst?“ Was für eine dumme Frage das doch war. Auf dessen Mitleid konnte er gut und gerne verzichten.
„Könntest du mich bitte alleine lassen? Ich hab jetzt gerad keinen Nerv dazu mit dir weiter zu Streiten.“ Vielleicht würde ein wenig Nettigkeit den Anderen dazu zu bringen, sich endlich zurück in seine Gemächer zu verkrümeln. Fynn war müde, kaputt und sein Rücken tat weh. Der vergangene Tag war einfach zu anstrengend gewesen, um jetzt noch seine restliche Kraft mobilisieren zu können, um sich mit wieder mit dem Älteren anzulegen.
Fynn ließ den Kopf auf die Knie zurück sinken, in der Hoffnung, dass sich der Blauäugige vielleicht gleich einfach in Luft auflösen und ihn in Ruhe lassen würde. Doch seine Hoffnung war vergebens, als sich auch schon starke Hände um seine Arme legten, um ihn wieder auf die Beine stellten.
„Ich sagte du sollst mich in Ruhe lassen“, fauchte Fynnley sichtlich gereizt den Werwolf mit den eisblauen Augen an, während er ihm seine Arme entriss. „Jetzt halt doch einfach mal die Klappe und lass mich einfach mal machen.“
Fynn sah gar nicht ein, dass er so mit sich reden lassen sollte, und mobilisierte doch noch einmal etwas Kraft, um Alan wenigstens ein paar Gegenworte entgegen zu schmettern. „Ich lass dich ganz sicherlich nicht einfach machen, denn dabei wird eh nichts Gutes heraus kommen. Lass mich einfach in Ruhe und geh wieder in dein Zimmer. Mit mir ist alles in Ordnung. Mir geht es bestens.“
Anstatt eine wütende Reaktion bei Alan hervor zu rufen, lächelte dieser ihn nur leicht verstehen an, bevor er Fynn ohne Rücksicht auf Verluste über die Schulter warf. Keuchend traf er auf seinem harten Körper auf, bevor er auch nur ansatzweise auf dessen plötzlichen Angriff reagieren konnte. „Weißt du was Fynn…ich bin der Alpha hier und kann tun und lassen, was ich will. Und ich werde sicherlich nicht auf das hören, was ein kleiner Omega, wie du einer bist, versucht mir zu sagen. Also werde ich jetzt einfach mal ignorieren, was du mir gerad versuchst vor zu spielen. Dir geht es nämlich gar nicht gut.“ So einfach machte es sich der Ältere also. Der junge Halbling konnte es nicht so recht fassen.
Mühsam begann er zu zappeln und versuchte sich aus dem unbarmherzigen Griff des Alphas zu befreien, während dieser ihn gar mühelos durch den Flur zurück zu tragen begann.
„Lass mich runter du Barbar“, knurrte der Kleinere schwerfällig, weil ihm die Luft etwas weg blieb, während er fast verzweifelt auf dessen Rücken herum trommelte.
Kurz nachdem dessen Schultern unter ihm zu beben begannen, vernahm er auch schon ein lautes Lachen, was von den Wänden wiederhallte.
„Oh ja…wenn ich ein Barbar bin hab ich wohl jegliches Recht auf meiner Seite, dich wie ein Steinzeitmensch an den Haaren in meine Höhle zu schleppen. Was für ein Glück du doch hast, dass ich schon ein wenig kultivierter bin und dich lieber über die Schulter geworfen wie ein Kartoffelsack in meine Gemächer in meinem Schloss trage. Bin ich nicht ein echter Gentleman?“
Dieser verdammte Idiot. Was fiel diesem überhaupt ein so mit ihm umzugehen und das Ganze ins lächerliche zu ziehen? Er war doch kein Sack Kartoffel, wie dieser ihn gerade bezeichnet hatten, denn man so einfach über die Schulter werfen konnte.
Knurrend schlug Fynn frustriert auf dessen Rücken ein und betete zu Gott, dass sie keiner so sah. Den Gedanken einfach laut los zu schreien, legte er ebenfalls beiseite. Was würden die Anderen nur denken, wenn sie Alan und ihn so durch das Schloss gehen sahen? Mit Sicherheit nichts Gutes.
„Ein Gentleman würde nie mit einer anderen Person so umgehen, wie du es gerade tust. Und es kommt gar nicht infrage das ich mit dir in deine Gemächer gehen. Ich habe mein eigenes Zimmer zugewiesen bekommen und in das würde ich gerne zurückkehren.“
„Jetzt hör gefälligst auf so zu zappeln, sonst darfst du gleich dem wunderschönen Mosaikmuster im Marmorboden einen Besuch abstatten. An der ganzen Situation wirst du nämlich nichts ändern können, egal wie lange du noch versuchst, auf mich einzureden. Gib endlich auf und halt einfach mal deinen süßen Mund“, kam es nur mahnend von dem Dunkelhaarigen.
Sie hielten plötzlich an und er hörte, wie Alan die Tür zu seinen Gemächern geräuschvoll mit dem Fuß aufstieß. Grummelnd schlug er ihm noch einmal so fest wie er konnte auf den Rücken. So ein mieser Bastard. Er hasste sich für seine Schwäche, aber noch mehr hasste er Alan für seine Stärke. Der Alpha zuckte noch nicht einmal mit der Wimper, egal wie fest er auch zuschlug.
„Bastard…“, grummelte Fynn frustriert und keuchte erschrocken auf, als er mit einem Schwung auf das weiche Bett geworfen wurde.
„Du hast doch keine Ahnung, wer meine Eltern sind, also würde ich an deiner Stelle meine Zunge hüten. Sie mögen zwar nicht auf menschliche Art verheiratet gewesen sein, aber eine Gefährtenverbindung ist viel stärker als so eine langweilige Ehe. Demnach bin ich mit großer Sicherheit kein Bastard.“
Am liebsten würde Fynnley dem Älteren auf der Stelle die Kehle zerfetzen, wenn er weiterhin in solch einem ruhigen Ton mit ihm weiter sprach. Ihn brachte diese ganz ruhige geheuchelte Art von Alan regelrecht auf die Palme. Er war doch der Alpha. Warum machte Alan nicht einfach einen Rundschlag und verwies ihn auf seinen Platz zurück? Aber leider ging es ja nicht so einfach. Fynn mochte es nicht ein Omega zu sein, aber noch mehr gefiel ihm nicht nur ein halber Werwolf zu sein.
Rasch rappelte sich Fynnley von der weichen Decke auf und wollte wieder aus dem Bett springen, doch da stellte sich Alan schon direkt vor das Bett. „Du bleibst schön hier und hörst endlich auf, dich wie ein bockiges Kind zu benehmen.“
Bockiges Kind? Er würde ihm gleich bockiges Kind geben. „Vergiss es…“, fauchte der Kleinere und sprang auf. Nur um sofort wieder von dem Schwarzhaarigen abgefangen zu werden, der ihn mit einem Stoß zurück ins Bett beförderte.
„Du legst dich heute Nacht hier schlafen…oben ist es viel zu ungemütlich und kalt. Hier sind der Kamin, der dich wärmt und ein weiches Bett, indem du wundervoll schlafen kannst.
Du musst auch keine Angst haben das ich dich vielleicht in der Nacht überfallen könnte, ich habe besseres zu tun als das. Ich muss noch einige Dinge für morgen erledigen und werde heute Nacht wahrscheinlich eh nicht zum schlafen kommen.“
Misstrauisch blickte Fynn zu dem Dunkelhaarigen hinüber. Er traute der Sachenicht so ganz, aber es war doch recht verlockend. Das Bett war wirklich viel weicher als jenes das in „seinem Zimmer“ stand, wo er eigentlich hätte, die Nacht verbringen sollen und es war hier wirklich angenehm warm. Dafür, dass er schon fast die ganze Zeit über fror, seit er hier angekommen war. Es war ein wirklich gutes Angebot was ihm Alan da anbot, aber sollte er es wirklich riskieren? Immerhin war es immer noch das Bett von Alan, welches eindeutig nach ihm stank.
Unschlüssig blickte er zu dem Größeren hinauf und sah ihm direkt in die eisblauen Augen, um zu erkennen ob irgendwas Böses oder Hinterlistiges in dessen Blick lag, aber Fynn konnte nichts dergleichen erkennen. Der Andere schien es also wirklich ernst zu meinen.
Vielleicht sollte Fynnley ausnahmsweise auf dieses großzügige Angebot eingehen. Dann würde er sich auch nicht mühsam gegen diesen Sturkopf währen müssen. Die Erschöpfung machte sich langsam in seinen Knochen breit und die Müdigkeit kehrte wieder zurück. „Du hast gewonnen…aber das bleibt eine Ausnahme. Nur das, dass klar ist.“
Das breite kuschlige Bett war einfach zu verlockend, als das er Alans Angebot für eine einzelne Nacht ablehnen konnte. Zumal Fynn fest davon überzeugt war, dass ihm der Blauäugige diese Nacht nicht mehr den Weg zurück zu seinem Zimmer zeigen würde.
Als er das breite Grinsen auf dem Gesicht seines Gegenübers erblickte, wusste er, dass dieser sich über seinen Sieg für diese Schlacht freute. Diese Schlacht mochte Alan zwar gewonnen haben, aber das würde auch die einzige sein die der Alpha für sich gewinnen würde. Alan sollte sich bloß noch nicht zu früh freuen, denn so schnell würde er denn nächsten Streit nicht mehr gewinnen und Fynn war sich sicher das da noch mehr Auseinandersetzungen auf sie zukommen würden in den kommenden Tagen.
Langsam ließ Fynnley sich in die weichen Kissen zurück sinken, während sein Blick weiterhin auf Alan ruhte, welcher immer noch vor dem Bett stand. „Und ich will kein Körperteil in der Nacht irgendwo in meiner Nähe wissen“, drohte der Blondschopf und zeigte dabei auf den Anderen. So etwas ging gar nicht. Sie waren weder befreundet, noch waren sie zusammen oder gar Gefährten. Also kam es für ihn gar nicht infrage, dass Alan ihm in der Nacht auf die Pelle rückte.
Sofort hob Alan abwehrend die Hände. „Ich hab dir doch bereits schon gesagt, dass ich diese Nacht wahrscheinlich nicht zum Schlafen komme. Also brauchst du dir über deine Unschuld keine Sorgen zu machen.“
Grummeln blickte er diesen an und würde ihm am liebsten sein dämliches Grinsen aus dem Gesicht wischen. Fynn war sicherlich nicht mehr so unschuldig, wie Alan glauben mochte. Er hob den Mittelfinger und bedeutete damit dem Älteren ganz deutlich was er von seinen Worten hielt.
„Du kannst dir deine dummen Sprüche sonst wohin stecken.“ Mehr sagte Fynnley nicht mehr dazu und wartete nur noch darauf, dass Alan in seinem Arbeitszimmer verschwand, bevor er sich begann bis auf die Unterhose zu entkleiden.
Müde kroch er, mit einem letzten misstrauischen Blick zu der Tür des Arbeitszimmers werfend, unter die weiche Bettdecke. Kurz darauf war der junge Wolf auch eingeschlafen und bekam nicht mehr mit, wie er sich unbewusst auf der Betthälfte auf welcher Alan sonst immer schlief, zusammenrollte. Er war so tief eingeschlafen das er gar nicht mitbekam, wie Alan sich schmunzelnd zu ihm ins Bett gesellte und vorerst mit der anderen Betthälfte Vorliebe nahm.
Am nächsten Morgen wachte er eingehüllt in einer wundervollen Wärme auf, die ihn schützend umgab. Wohlig aufseufzend vergrub Fynnley sein Gesicht an der weichen Wärmequelle und versuchte den ersten Sonnenstrahlen zu entkommen, die ihn verzweifelt versuchten wach zu kitzeln.
Fröhlich zwitschernd sagen die Vögel an diesem Morgen lautstark ihr Lied und am liebsten hätte er ausnahmsweise jeden Einzelnen heute eigenhändig zum Schweigen gebracht. So gut wie diese Nacht hatte der Blondhaarige schon lange nicht mehr geschlafen.
Müde hob er ein wenig den Kopf an und blinzelte verschlafen, als sich auf einmal eine Hand auf seinen Rücken legte und ihn sanft zu streicheln begann. Fynnley realisierte im ersten Augenblick überhaupt nicht, was hier los war und wo er sich befand, bis er in die eisblauen Augen Alans blickte. Entsetzen machte sich in seinem Blick breit, während er sich von dem Anderen löste und soweit von ihm wegrutschte, wie das Bett ihm Platz bot.
„Du…“, knurrte er anklagend und richtete vorwurfsvoll seinen Zeigefinger auf den Werwolf mit den blauen Irden. Bevor er weiter kommen konnte, unterbrach ihn der Dunkelhaarige auch schon wieder. Unschuldig hob er abwehrend die Hände hoch.
„Ich schwöre, ich kann nichts für diese Situation. Schließlich war nicht ich der Jenige der sich auf meiner Seite zusammengerollt hat, wie eine kleine Katze. Außerdem bist du mir irgendwann mitten in der Nacht auf die Pelle gerückt und nicht umgekehrt.
Ich bin die Unschuld in Person, also erspar mir deinen vorwurfsvollen Blick und zieh dich lieber an. Das erste Mahl wird sicher schon fertig sein.“
Schweigend sah er zu, wie dieser sich aus den Decken schälte und sich vom Bett erhob, um sich für den Tag anzukleiden. Mühsam setzte sich der Kleinere auf und beobachtete den Älteren noch einen Augenblick lang.
„Wer ist eigentlich Cris?“ Ein wenig verwundert sah Fynnley dann doch zu Alan hinüber, als er diese Frage vernahm. „Warum?“, fragte er etwas misstrauisch.
„Weil du den Namen im Schlaf gemurmelt hast.“ Verdammt, seit wann murmelte er den Crispins Namen im Schlaf? Das würde er seinen Bruder mal fragen müssen, wenn er ihn je wieder zu Gesicht bekommen sollte. Wie peinlich war das den?
„Das geht dich nichts an.“ Alan musste ja nicht wissen, dass damit sein älterer Bruder gemeint war.
Alan war ihm immer noch halb zu gewandte und zum ersten Mal fiel ihm die große Narbe auf, welche der Ältere direkt über seinem Herzen trug. Es überraschte Fynn doch ein wenig, denn normalerweise verheilten normale Kampfverletzungen relativ schnell bei Werwölfen. Ohne das Narben zurück blieben, aber hier schien etwas schief gelaufen zu sein.
Als der Alpha seinen Blick wohl auf sich ruhen spürte, drehte er sich kurz zu ihm um, während er sich eine schwarze Stoffhose über die Hüfte zog. Bis er sah, wo Fynns Blick hinging. Seine Miene schien sich augenblicklich zu verfinstern, bevor er sich einfach von ihm abwandte und ein rotes Hemd über die Schultern streifte. Da schien der Kleinere wohl einen wunden Punkt Alans getroffen zu haben, aber da es Fynnley nicht zustand danach zu fragen, ließ er dies auch bleiben.
Mit einem leisen Aufseufzen schälte er sich aus dem Schutz der warmen Bettdecke, bevor er sich rasch die Kleider von gestern überstreifte. Kurz machte er noch einen kleinen Abstecher ins Badezimmer, dann machten sie sich auch schon schweigend auf den Weg nach unten in den Speisesaal. Aufmerksam achtete er genau auf den Weg, welchen sie nahmen und prägte sich diesen augenblicklich ein. Es würde ihm nicht noch einmal passieren, jemanden um Hilfe zu bitten, nur weil er sich den Weg zurück in sein Zimmer nicht gemerkt hatte.
Vor dem Saal bestand der junge Halbwolf darauf, dass sie nacheinander den Saal betraten, da er keine Lust hatte irgendwelche Gespräche im Rudel auszulösen. Nur weil sie beide zusammen gesehen wurden. Lachend hatte Alan nur den Kopfs geschüttelt und dann zuerst den Speisesaal betreten. Sollte er sich ruhig lustig machen, der Blauäugige würde noch sehen was er davon hatte.
Wenige Minuten später folgte Fynn dessen Beispiel und betrat mutig den Raum. Für einen kurzen Moment ruhten alle Blicke im Saal auf ihm, bis sie realisierten, wer sich da gerade noch einmal zu ihnen wagte. Sofort wandten sich wieder alle ihren Gesprächen zu und schienen ihn regelrecht zu ignorieren. Fein, sollte ihm auch recht sein. So würde er wenigstens seine Ruhe haben.
Mit Stolz erhobenem Haupt steuerte er zielsicher auf seinen Platz zu und ließ sich wieder zu Alans rechter Seite nieder. Heute griff Fynn eindeutig mehr zum Essen, als noch den Tag zuvor, weil sein Appetit endlich zurückgekehrt war. Außerdem war der gestrige Tag doch ziemlich anstrengend gewesen.
„Wie schön, dass du endlich deinen Appetit wieder gefunden hast Kleiner Wolf. Wo steckst du das ganze Essen bloß nur hin? Dabei siehst du nicht so aus, als könntest du so viel Esse verdrücken“, kam es leicht spöttisch von dem Dunkelhaarigen neben ihm, während Fynn sich gerade ein weiteres Stück Huhn zwischen die Lippen schob.
Brav wie es sich gehörte kaute er das Stück Fleisch schnell klein und schluckte es hinab, bevor er zu einer gemeinen Konterrung ansetzte. Während er Alan regelrecht mit seinem Blick aufzuspießen begann.
„Wer zwischen euch überleben will, muss viel zu sich nehmen, um bei Kräften zu bleiben. Schließlich brauch ich doch all meine Energie für den nächsten Gegenschlag“, meinte Fynn etwas bissig und steckte sich ein Stück Brot in den Mund. Der sollte bloß aufpassen, was er zu ihm sagte und keine allzu großen Töne spucken. Wenn jemand hier am Tisch dick war, dann Alan und nicht er. Schließlich könnte er wetten, dass er weniger auf die Waage brachte als der Alpha selbst. Wobei man fairerweise dazu erwähnen musste, dass er gut fünfzehn Zentimeter kleiner war, als der Schwarzhaarige.
„Pass lieber du mal auf wie viel Essen du zu dir nimmst. Wir wollen ja nicht, dass wir dich bald durch das Schloss rollen müssen.“ Fynnley hatte einfach noch eins draufsetzen müssen, die Versuchung war einfach zu groß gewesen. Eigentlich war der Blondhaarige sich sicher, dass dies Alan nie passieren würde, da es ziemlich schwer war als Werwolf überhaupt viel Fett anzusetzen. Mehr Energie bedeutete eben gleichzeitig mehr Bewegung und im Endeffekt mehr Muskeln.
„Wäre doch schön gerollt zu werden, da müsste ich mich nicht mehr von alleine fortbewegen.“ Ein noch etwas zaghaftes Lächeln schlich sich auf seine weichen Lippen, als er dies hörte. Alan schien doch ein wenig Humor zu besitzen. Das gefiel dem Halbwolf sehr gut.
Als Fynnley seinen Blick kurz über die Runde schweifen ließ, bemerkte er, dass der Rest sehr verwundert über ihr Gespräch zu sein schien. Die anwesenden Werwölfe wussten natürlich nicht was die Nacht zwischen ihm und Alan vorgefallen war und warum sie nun so locker miteinander umgingen. War wahrscheinlich auch besser so.
Die Einzige, die ansatzweise zu verstehen schien was zwischen ihnen passiert war, war wohl Amira. Die ihm über den Tisch hinweg ein aufmunterndes Lächeln schenkte. Was er auch kurz darauf erwiderte.
„Was hältst du davon, wenn ich mit dir heute einen kleinen Rundgang durch das Schloss und auf dem Schlossgelände mache? Damit du dich mit alldem etwas vertraut machen kannst“, ergriff Amira sofort das Wort. Die Idee war wirklich gut. So würde er sich die Wege auch viel besser einprägen können und würde sich ein wenig besser auskennen. Fynn wollte ansetzten dem Vorschlag zu zustimmen, da unterbrach Alan das Gespräch auch schon.
„Nette Idee Schwesterherz, aber das werde ich selbst übernehmen“, unterbrach Alan ihn und richtete seinen Blick auf Amira. Diese hielt seinem Blick einen Moment lang stand, bevor sie unterwürfig ihren Blick auf den Teller senkte. Wenn Blicke töten könnten, wäre Alan wohl auf der Stelle umgefallen. So ein Idiot. Wie konnte er nur auf so eine Schnapsidee kommen? Viel lieber hätte sich Fynn den Rest des Schlosses von der brünetten Wölfin zeigen lassen.
„Meinst du nicht, es wäre eine bessere Idee Amira das zu überlassen? Ich meine du hast doch sicher besseres zu tun, als irgendeinen „Gefangenen“ das Anwesen zu zeigen? Dabei vergeudest du doch nur deine Zeit.“ Dem jungen Mischling passte es überhaupt nicht, dass der Blauäugige sich dieser Aufgabe höchst persönlich widmen wollte. Schließlich war ihm Alan für seinen Geschmack, bereits eh schon viel zu nahe getreten. Fynn konnte gut und gerne darauf verzichten den Alpha des Eliónrudels noch besser kennen zu lernen.
Immerhin war es gut nachzuvollziehen, dass der Blondschopf keine Lust hatte einen zweiten Dimitri zu erschaffen. Sobald Alan heraus fand, dass Fynn kein vollständiger Werwolf war, würde er das Interesse an ihm verlieren und ihn wie eine heiße Kartoffel links liegen lassen. So war das doch immer, wenn jemand erfuhr dass sein Gegenüber nicht das war, was er vorgab zu sein.
Wer wollte den auch schon einen Partner an seiner Seite, der weder im Besitz seiner vollen Sehkraft, noch im Besitz seines Wolfes war? Das waren alles unentschuldbare Makel an Fynn, die er nie würde ändern können. Egal wie sehr er sich das auch wünschte.
„Wenn ich sage, dass ich das mache, dann wird das auch so gemacht.“
Betrübt erhob sich der Kleinere von seinem Platz, als er nach dem gemeinsamen Essen Alan folgen sollte. Sie begannen zuerst außerhalb der Schlossmauern. Schweigend sah Fynnley sich den Innenhof an, ließ sich die Stallungen und die Schmiede zeigen. Fasziniert sah er einige Augenblicke lang dem Hünen von einem Schmied bei seiner Arbeit zu. Danach ging es zum hinteren Teil des Schlosses in den Garten, wo er bereits mit Amira gewesen war.
Trotzdem ließ der Halbwolf die Führung über sich ergehen und betrachtete dieses Mal aber näher seine Umgebung. Alles begann prächtig zu erblühen. Nun würde es auch bald wärmer werden, zumindest hoffte Fynn das inständig.
Es gab hier so viele verschiedene Blumen in den unterschiedlichsten Farben und Formen. Fasziniert von all dieser Schönheit blieb er hier und da mal stehen. Er war sogar so neugierig, dass er sogar Alan fragte was dies für Blumen seien. Bei ihnen in Neh’rit gab es eben nicht so eine kunterbunte Pflanzenwelt, besonders da Carthagon eher ein sehr warmer Kontinent mit viel Wüste war. Es gab bei ihnen sehr wenige Wälder und höchstens in Gewächshäusern gab es exotische Pflanzen oder bei Personen die genug Geld besaßen, um sich so etwas leisten zu können.
Umso überraschter war Fynn wie belebt die ganze Pflanzenwelt hier auf Ith’iel doch war. Generell war dies eher ein grüner Kontinent. So ganz anders als seine Heimat, obwohl sie doch nicht allzu weit voneinander entfernt schienen.
Sie drehten im Anschluss sogar noch eine Runde durch das Heckenlabyrinth, aber obwohl Fynn den Weg vor gab fanden sie den kleinen Pavillon von dem ihm die brünette Wölfin erzählt hatte nicht. Expliziert hatte er Alan aber auch nicht danach fragen wollen. Schließlich sollte dieser Egoist bloß nicht auf den Gedanken kommen, dass ihm die die Rundführung gefallen könnte.
Nach der erfolglosen Suche verschlug es sie auch schon in das Innere des Schlosses. Dieses Mal war Fynnley voll bei der Sache und versuchte sich einige wichtige Orte zu merken, wie zum Beispiel die Küche, der Speisesaal und auch sein Zimmer. Natürlich ließ sich die kleine Leseratte auch noch genau zeigen wo sich die Bibliothek befand, in der die Bücherregale bis zur Decke gingen. Am besten gefiel dem Kleineren im oberen Stockwerk der Raum voller exotischer Pflanzen. Die Decke bestand vollkommen aus Glas, sodass die Pflanzen so viel Sonne tanken konnten wie sie wollten. Er liebte Blumen.
Es gab sogar im Keller einen Trainingsraums. Ihre letzte Haltestelle waren dann die Bäder. Kaum hatte Alan die breite Flügeltür aus Eiche aufgestoßen stieg ihm der Duft von frischem Lavendel und heißem Wasser in die Nase. Kristallklares Wasser sprang ihm regelrecht ins Auge. Als sie den Raum betraten entdeckte Fynnley ein riesiges verwinkeltes Schwimmbecken. Mehrere Säulen zierten diesen Raum und führten vom Boden des Beckens bis an die Decke. Es gab unzählige Nischen, in die man schwimmen konnte, um etwas Privatsphäre zu erhalten und am anderen Ende des Beckens befand sich sogar ein kleiner Wasserfall.
Bei diesem Anblick würde der Jüngere am liebsten direkt in das warme Wasser springen. Alan schien in diesem Moment genau seine Gedanken zu erraten und ließ einfach hinter sich die Tür ins Schloss fallen.
Als er leicht fragend zu ihm hinüber sah, bekam er noch gerade so mit wie Alan seine Hose zu öffnen begann. Das weinrote Hemd lag schon auf den Boden. Dieser Anblick ließ Fynn auf der Stelle erröten. „Ehm…“ So recht wusste der Wolf mit den verschiedenen Augenfarben nicht, was er dazu noch sagen sollte. Er konnte doch jetzt nicht so einfach mit dem Anderen schwimmen gehen.
„Na komm schon Fynn….nun zier dich nicht so und hör auf dich wie ein Mensch zu genieren. Du bist genauso ein Mann, wie ich und brauchst dich ganz sicherlich nicht für deinen Körper zu schämen.“ Beschämt senkte Fynnley seinen Blick, als Alan komplett im Adamskostüm vor ihm stand. Dieser Schwachkopf hatte auch gut reden, schließlich schien sein Körper nahezu perfekt zu sein.
Der Halbwolf schwankte immer noch zwischen davon laufen oder dem angenehmen Duft des Lavendels nachzugeben. Wobei wenn er es so recht überlegte, hatte er sich bereits entschieden. Was soll denn schon passieren? Abgucken konnte ihm Alan ja schließlich nichts. Sie waren beides erwachsende Männer und für seinen Körper schämte sich Fynn nun wirklich nicht.
Außerdem würde er nie vor dem Blauäugigen zugeben das er sich genierte vor anderen auszuziehen. Zwar war er ein halber Werwolf und besaß eindeutig so etwas wie Schamgefühl, aber ein normaler Werwolf schämte sich in der Regel für nichts. Also würde er sich endlich zusammen reißen und auch nichts anmerken lassen.
Nach einem letzten Zögern tat er es Alan gleich und begann sich komplett auszuziehen. Erst als er vor diesem stand, wie Gott ihn geschaffen hatte, sah er wieder zu dem Älteren auf. Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen streckte ihm der Alpha seine Hand entgegen, um ihn fürsorglich in das warme Wasser zu begleiten. Demonstrativ ignorierte Fynn die ihm angebotene Hand und stolzierte ohne jegliches Anzeichen von Scham in das türkisfarbene Wasser hinein.
Wer war er denn, dass er wie ein kleiner Junge eine helfende Hand benötigte, um in das Wasser zu gelangen? Erstens war er keine Frau und zweitens war er schon recht selbstständig. Demnach würde sich Fynn es nicht bieten lassen von dem Älteren so behandelt zu werden. Er sollte ja schließlich nicht auf den Gedanken kommen das der Blondhaarige wohlmöglich noch eine Frau war, oder besser noch das dieser annahm er wäre SEINE Frau. Nein, dass kam überhaupt nicht in Frage. So ließ sich Fynnley noch nicht einmal von seinem großen Bruder behandeln. Also würde sich Alan das erst recht abschminken dürfen.
Wohlig aufseufzend watete er immer tiefer in das angenehme Wasser hinein. So ein riesiges Schwimmbecken hatte Fynn noch nie zu Gesicht bekommen und er musste zugeben, dass ihm das echt sehr gut gefiel. Immer tiefer glitt er in das Becken und fing an zu schwimmen, als er den Boden unter den Füßen verlor.
Der Halbwolf musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass sich der Dunkelhaarige direkt hinter ihm befand. Gemütlich schwamm er in aller Ruhe bis an das andere Ende des riesigen Beckens, um dort endlich wieder Boden unter den Füßen ertasten zu können. Trotzdem musste er sich nicht unwohl fühlen, da das Wasser ihm immer noch bis unter den Bauchnabel ging. Leicht lächelnd stieg er unter den Wasserfall und schloss genießend seine Augen.
So etwas hatte Fynn in seinem ganzen bisherigen Leben noch nie erlebt und er fand es einfach nur wundervoll. Leise lachend strich er sich das Haar zurück und blinzelte gegen das Wasser an, was ihm dabei in die Augen lief. Nur um sich dann einmal lachend um die eigene Achse zu drehen. Alles um sich herum vergessend. Ja, so konnte man leben. Trotzdem entging Ihm dabei nicht, wie Alan sich keinen halben Meter mehr von ihm entfernt stehen blieb.
„Das hier fühlt sich wirklich gut an…“, meinte er leise und fuhr mit der Hand durch den warmen Wasserstrahl, der auf ihn hinab prasselte und durch seine Handbewegung kurz geteilt wurde. Wenn er das doch nur seinem Bruder zeigen könnte.
„Du fühlst dich sicher noch viel besser an“, hörte Fynn auf einmal die Worte des Anderen ganz dicht an seinem Orh. Der Blauäugige ließ ihm nicht mehr länger Zeit, sondern hielt ihn direkt an der Hüfte fest, während er die letzten Zentimeter überbrückte die sie noch voneinander trennten.
Bevor Fynn auch nur ansatzweise reagieren konnte, versiegelten die samtweichen Lippen Alans die seine. Leise erschrocken auf keuchend starrte er in die tiefblauen Augen des Älteren, bevor er sich für einen kurzen Augenblick dem Moment hingab und sich zu einem sehr sanften Kuss verführen ließ.
Noch sehr zaghaft erwiderte er den sanften Kuss, bis ihm Alan für seinen Geschmack doch etwas zu weit ging.
Sanft aber bestimmt drückte Fynnley den Alpha von sich und wandte sich von ihm ab. Ihm ging das Ganze einfach viel zu schnell. Zumal er nicht ganz mit Alans Art klarkam. Immer schwankte dessen Stimmung hin und her. Vor zwei Tagen hatte er so etwas auch noch mit Dimitri gehabt und nun umwarb ihn schon ein Anderer. Wobei Alan wirklich viel dreister vorging als Dimitri und ihm dessen Charakterzüge eigentlich ganz und gar nicht gefielen. Ein unverschämter Schuft, der nichts und niemanden zu respektieren schien und sich einfach alles nahm, was er haben wollte. Doch so einfach würde Fynn es dem Dunkelhaarigen nicht machen. Kampflos würde Fynn nicht aufgeben.
„Warum gibst du dich der Situation nicht einfach mal hin?“ Fragte der Andere das gerade ernsthaft? Leise aufseufzend wand er sich wieder zu diesem um.
„Vielleicht möchte ich das nicht tun, weil wir uns noch gar nicht kennen. Ich dein Gefangener bin oder, weil ich kein Flittchen werden will, der es mit jedem treibt, der ihm schöne Augen macht. Du ein unverschämter Rüpel und Egoist bist? Willst du noch mehr Gründe hören?“, gab er nur darauf zurück und strich sich die nassen Strähnen aus dem Gesicht.
Der Andere war echt zum Verzweifeln, aber auch sogleich verdammt heiß. Fynn könnte stundenlang zusehen, wie sich die Wassertropfen einen Weg an dessen Körper hinab schlängelten. Verdammt, ermahnte er sich in Gedanken. Er sollte sich nicht zu so etwas hinreißen lassen und endlich seinen Blick von diesem wohlproportionierten Körper abwenden.
„Nein das reicht…aber spürst du das nicht zwischen uns? Was zwischen unseren Wölfen besteht…“ Sein Wolf. Fynnley hatte seinen Wolf noch nie gespürt. Vielleicht mag er ja irgendwo in seinem Inneren als verkrüppeltes Etwas existieren, aber er wusste ernsthaft nicht, wo dieser in ihm sein sollte. Traurig wand er seinen Blick von Alan ab, bevor er einmal tief ausatmete.
„Können wir das nicht einfach verschieben? Ich brauche Zeit…Zeit für mich…Zeit für meine Gedanken und Gefühle. Schließlich hat sich mein Leben von jetzt auf gleich drastisch verändert. Außerdem lasse ich mich so schnell sicherlich nicht von dir rumkriegen.“
Leicht zögernd sah er wieder zu dem Älteren hinüber und fand in dessen Blick keinerlei Verständnis. Alan konnte doch nicht wirklich von ihm erwarten, dass er ihm willig in die Arme sprang? Alan war ihm bis jetzt nicht gerade sympathisch, aber dies würde er dem Schwarzhaarigen nicht auch noch auf die Nase binden.
„Was ist an dem Tag passiert, bevor du schwimmen gegangen und fast ertrunken wärst? Liegt es daran? Oder hast du einen Anderen? “ Wie konnte Alan jetzt nur damit anfangen? Darüber konnte er im Moment erst recht nicht sprechen. Fynn wagte einen Schritt auf ihn zu und legte sachte eine Hand genau oberhalb der Narbe auf seine Brust. Das kurze Zusammenzucken des Werwolfes ignorierend.
„Du hast deine Geheimnisse und ich habe meine. Da ich deine respektiere, wäre ich dir dankbar, wenn du das auch bei mir tun würdest. Vielleicht und nein.“ Wenn er ihm die ganze Geschichte einmal mitteilen würde, dann nur aus freiwilligen Stücken und nicht weil der Blauäugige unbedingt Erfahren wollte, wie er hier hingekommen war. Dafür war es im Augenblick einfach noch zu früh.
Mit diesen Worten stieg der junge Halbling wieder in tiefere Gewässer und schwamm zurück an das andere Ende des Beckens, wo er sich eines der bereitgelegten Handtücher schnappte und sich kurz ein wenig abtrocknete, bevor er sich die alten Kleider wieder überzog. In dem Moment beschloss Fynnley das er später Amira nach ein paar neuen Kleidern fragen würde. Schließlich konnte er nicht jeden Tag mit diesen herum rennen.
Ihm tat es irgendwo leid den Älteren abzuweisen, aber tief in seinem Inneren wusste Fynnley, dass es richtig war und er einfach noch nicht bereit war einen weiteren Neustart zu beginnen.
„Wie vielleicht und nein?“, kam es leicht verspätet von Alan. „Das waren die Antworten auf deine zweite und deine dritte Frage.“ Noch genauer würde er die zweite Frage auch nicht erläutern. Was musste der Ältere auch wissen, was an diesem Tag passiert war? Das ging niemanden außer ihn und Dimitri was an. Es gab Dinge die gingen eben niemanden etwas an und das war so eine Situation, die er wahrscheinlich noch nicht einmal Crispin teilen würde.
Am liebsten hätte sich Fynn mit einem schönen dicken Schläger eins über den Kopf gezogen, als er daran dachte das er sich von diesem Idioten hatte küssen lassen. Was war da bloß in ihn gefahren? Normalerweise sprangen seine Alarmglocken fiel früher ein. Das mit Dimitri hätte einfach nie passieren düfen.
Nun hatte er den ganzen Salat und Alan bildete sich auch noch ein, dass was zwischen ihnen wäre, dabei hatte der Blondhaarige nicht vor sich in nächster Zeit auf irgendwen einzulassen und dann mit Sicherheit nicht auf den Alpha des Eliónrudels.
Sich innerlich für seine Torheit schlagend kleidetet Fynn sich brav wieder ein und wartete schweigend auf den Älteren. Wo war er da nur hineingeraten? Er hätte sich am besten nie auf Dimitri einlassen sollen, dann würde er hier jetzt nicht stehen und nicht mehr weiter wissen.
Fynn wollte am liebsten einfach nur noch los heulen, weil er nicht mehr in sein altes Leben zurück konnte. Früher hatte Fynnley sich nach mehr Abenteuer, nach mehr Neuem gesehnt und jetzt wäre er froh, wenn er sein altes tristes Leben wieder bekommen würde. Er hatte genug von dem hier gesehen und gehört.
Was würde der junge Halbwolf dafür geben, wenn sein großer Bruder jetzt an seiner Seite wäre und ihn hier wieder raus boxen könnte? Doch leider würde das ein Wunschdenken von ihm bleiben, da die Realität doch in Wirklichkeit ein ganz anderes Bild aufwies. Fynn war noch nicht einmal überzeugt davon, dass sein Bruder mittlerweile wusste, wo er nach ihm suchen musste.
Die Stimmung zwischen ihnen war nach seinen Worten am Tiefpunkt für diesen Tag angekommen, nachdem sie gemeinsam den Raum mit den riesigen Schwimmbecken verlassen hatten.
Fynn hatte es ruiniert, aber es war für ihn so besser. Schließlich wollte er sich nicht schon wieder in einen vollkommen Fremden vergucken und mehr von ihm erwarten, weil sich dieser eh nur nach einem heißen Fick sehnte und das war Fynnley nicht bereit ihm zu geben. Da so ein Mann wie Alan, jeden haben konnte den er wollte.
Was könnte Alan auch schon ein einem halb Wolf wie ihm finden? Immerhin konnte er um jede Ecke einen richtigen Werwolf bekommen. Sobald dieser sein Geheimnis herausfinden würde, würde er den kleinen Mischling wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Und das musste sich Fynn nun wirklich nicht noch einmal antun.
Zwar hatte Fynnley nicht damit gerechnet, aber dies war das letzte Gespräch zwischen ihnen für zwei ganze Wochen gewesen. Alan schien ihn sogar regelrecht zu ignorieren. Hatten ihn seine Worte etwa dermaßen verletzt, dass er ihn mit Schweigen bestrafen musste? Fynn konnte sich einfach nicht vorstellen das ein stolzer Alpha wie Alan einer war, wegen so etwas schmollte. Dafür war Alan einfach nicht der Typ.
Zumal Fynn diesen doch nur um etwas mehr Zeit gebeten hatte, um sich besser kennen zu lernen. Auch wenn er sich dem Größeren eigentlich nicht hingeben wollte, nachdem was ihm bis jetzt alles in seinem Leben schon passiert war. Zu groß war die Angst vor der Zurückweisung. Dafür waren einfach die letzten Wunden noch zu frisch, als das der kleine Halbwolf das genau jetzt noch einmal durchmachen konnte.
Da es Alan wohl nicht für wichtig hielt ihm ein wenig Zeit zu widmen, unternahm Fynn viel mit Amira und ließ sich die komplette Insel und ihre Eigenschaften zeigen. Sie liefen durch die Wälder und das Dorf, an der felsigen Küste entlang. Amira zeigte ihm sogar die Ruine einer ehemaligen Festung von früher, welche sich verborgen mitten in den Wäldern befand. Beneál war verdammt riesig und so hatte er am Ende der zweiten Woche immer noch nicht alles von der Insel gesehen.
In dieser Zeit lernte Fynn auch ein wenig die anderen Wölfe kennen und merkte nach und nach wie sich die Stimmung zwischen ihnen wieder langsam zu erwärmen schien, nach seinem unverschämten Verhalten ihrem Alpha gegenüber. Das Verhältnis war zwar noch nicht ausgeglichen zwischen ihm und dem Rudel, doch akzeptabler als zu Anfang allemal.
Es war zwar nicht richtig gewesen die Hand gegen denn Alpha zu erheben, doch Alan hatte in diesem Moment regelrecht darum gebettelt eine Lektion zu bekommen. Alle Anderen schienen sich langsam mit der neuen Situation abzufinden, nur Alan tat weiterhin so, als würde es den Blondhaarigen gar nicht mehr geben und es wäre noch genauso wie vor wenigen Tagen.
Wie konnte es dieser wagen ihn so zu behandeln? Erst hechelte Alan ihm hinter her, als wäre es das Größte für ihn wenn Fynn in seiner Nähe war und nun würdigte ihn Alan nicht einmal mehr eines Blickes. Und das nur weil er um mehr Zeit gebeten hatte?
Klar hatte er nicht vor gehabt dem Älteren so einfach nachzugeben, besonders nach seinem Verhalten ihm gegenüber, welches er am Anfang an den Tag gelegt hatte. Ganz eines Alphas würdig. Dabei hatte er eigentlich nur Angst dass, das Ganze wieder nur auf das Eine hinaus lief. Dabei wollte der Blondhaarige eigentlich so viel mehr, als nur der Lückenbüßer oder der Platzhalter für irgendwen anders zu sein.
Aber irgendwo hatte es auch gut getan zu wissen, dass Fynn doch noch von irgendeiner Person auf der Welt begehrt wurde. Er wollte ja auch irgendwann noch mal jemanden an seiner Seite wissen, nur nicht so. Trotz der steigernden Aufmerksamkeit durch die Anderen fühlte sich der Blondhaarige hier immer noch recht einsam. Fynnley vermisste seinen Bruder, sein Rudel, seine Freunde, seine Familie.
Als er einen Blick aus dem Fenster warf befand sich ein frisch verliebtes Paar unter einem wunderschön blühenden Kirchbaum im hinteren Teil des Gartens. Überall, egal wo auch immer er hinsah, sah Fynn lauter verliebte Paare. Männer die sich liebevoll um ihre Frauen kümmerten. Gefährten die für ihre Liebsten da waren und Sie auf Händen trugen. Man konnte die Liebe die in der Luft zwischen ihnen hing regelrecht ergreifen.
Leise aufseufzend strich er sich durch sein Haar. Im Moment wünschte er sich auch nichts sehnlicher, aber solch ein Glück würde dem jungen Halbwolf wohl für immer vergönnt sein. Den er glaubte nicht daran das es hier auf Beneál jemanden für ihn gab der seine Makel und offensichtlichen Fehler die er aufwies ohne wenn und aber akzeptieren konnte. Traurig wandte er seinen Blick von dem großen Fenster ab, um dem verliebten Pärchen wieder seine Privatsphäre zu gönnen.
Das war doch alles nicht fair. Wie konnte die Welt nur so ungerecht sein? Natürlich war er nicht der beste Mann auf der ganzen Welt, aber auch böse Buben und andersartige Personen bekamen ein Happy End. Wo blieb dann seines? Das schien dann wohl zu viel verlangt.
Als Fynnley seinen Blick hob erblickte er auch schon Alan, welcher gerade um die Ecke trat. Demonstrativ wand er sich von diesem ab und machte auf dem Absatz kehrt. Von so jemand würde er sich ganz sicherlich nicht unterkriegen lassen, aber auf ein Gespräch hatte Fynn nun auch eine großartige Lust.
Der Halbwolf mit den unterschiedlichen Augen lief einfach weiter. Er blieb auch nicht stehen, als er seinen Namen von einem lauten Knurren begleitet hinterher geschmettert bekam. Seine Hoheit hatte also beschlossen wieder mit ihm zu reden. Warum auf einmal? Das konnte Alan definitiv vergessen.
Auge um Auge, Zahn um Zahn. Fynn tat einfach so als hätte er seinen Namen nicht gehört und bog um die Ecke. Das Spiel was Alan die ganze Zeit über mit ihm gespielt hatte, konnten auch zwei Leute spielen. Mit seiner Reaktion auf die Situation zufrieden ging er weiter. Da packte ihn auch schon eine Hand unsanft am Oberarm und drängte ihn mit dem Rücken an die kühle Steinwand. Alan schottete ihn komplett mit seinem Körper von allem anderen ab und versperrte ihm gleichzeitig mit seinen Armen links und rechts den Fluchtweg.
Was war denn auf einmal in Alan gefahren? Erst ignorierte er diesen, bis auf höchste Niveau und nun verlangte er nach Fynns Aufmerksamkeit. Alan hatte sie wohl nicht mehr alle. Auf eine Reaktion seinerseits würde der Schwarzhaarige lange warten können. Da begann Fynn auch schon so zu tun, als würde seine Aufmerksamkeit der Wand hinter Alans Rücken gellten.
„Fynn….ich hab es satt zu warten“, kam es relativ beherrscht von dem Blauäugigen. Er hatte es also satt zu warten? Und ihn fragte wohl mal wieder keiner. Wobei Fynnley keine Ahnung hatte, auf was er noch von Alan warten sollte oder gar hoffen konnte. Vielleicht auf ein Gespräch? Ein paar Zärtlichkeiten? Oder doch auf seine Freiheit? Dabei wusste der kleine Habling genau, dass wohl eh nichts mehr kommen würde.
Spätestens wenn er ihn das erste Mal im Bett gehabt hatte, würde er für Alan uninteressant werden. Da Alan nicht der Typ zu sein schien, welcher auf der Suche nach einem Gefährte war. Er schien ihm eher der Typ zu sein ein liebes Betthäschen zu suchen das nach einer Nacht brav wieder verschwand, wenn dieser ihm zu langweilig wurde. Aber ganz sicher nicht mit ihm. Das würde sich Fynn nicht gefallen lassen.
„Verdammt….hör gefälligst auf mich zu ignorieren.“ Während diesen Worten konnte Fynn spüren wie der Griff, um seinen Arm fester wurde. Mit Gewalt würde Alan schon gar nicht weit bei ihm kommen und das schien dieser auch relativ schnell zu merken, denn kurz darauf lockerte sich sein Griff auch schon wieder.
„Jetzt, sie mich doch an.“ Die Hand an seinem Arm verschwand und legte sich sanft aber bestimmt um sein Kinn, um Fynn dazu zu zwingen dem Größeren in die Augen zu schauen. Wiederwillig ließ er es geschehen und funkelte Alan herausfordernd an, während er weiterhin schwieg.
„Benimm dich nicht wie ein bockiges Kind das seinen Lutscher nicht bekommt und sprich endlich mit mir. Ich hab es satt auf deine Antwort zu warten, also wirst du sie mir jetzt auf der Stelle mitteilen“, kam es mit leicht knurriger Stimme von Alan.
Jetzt auch noch Ansprüche stellen? Wie eine lästige Fliege schlug er die Finger seines Gegenübers weg und nahm sich fest dabei vor, Alan nicht nachzugeben. „Nimm bloß deine dreckigen Finger von mir weg. Wie kannst du behaupten, dass du es satt hast zu warten? Wer hat ich die letzten Tage wie Luft behandelt? Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich mich hier einlebe und wie zu Hause fühle, wenn mich alle hier, einschließlich dir, wie Dreck behandeln“, schnauzte er den Älteren an.
Bevor Alan auch nur Ansetzen konnte sein Handeln zu verteidigen, brachte er ihn mit einer einzelnen Handbewegung zum Schweigen.
„Du brauchst erst gar nicht dazu anzusetzen es leugnen zu wollen mich ignoriert zu habe. Denn ich kenne die Wahrheit und habe sie mit eigenen Augen gesehen und am eigenen Leib zu spüren bekommen. Und jetzt hör endlich auf dich wie ein Testosteron gesteuerter Wolf aufzuführen der versucht sein Weibchen zu dominieren und lass mir etwas Luft zum Atmen. Zumindest wenn du es darauf abgesehen hast ein ordentliches Gespräch mit mir führen zu wollen.“
Abwartend sah Fynn sein Gegenüber trotzig an und wartete gespannt darauf, dass Alan ihm endlich wieder etwas mehr Freiraum zugestand. Kurz darauf vernahm er ein leises Grummeln von seitens des Dunkelhaarigen, bevor er ein wenig von ihm zurück wisch.
„So ist es brav.“ Fynnley hatte sich diesen Satz einfach nicht verkneifen können. Zumal es ihn schon etwas belustigte das er nun Alan in der Hand hatte, auch wenn es diesem eindeutig nicht zu gefallen schien. Sofort nutzte der Halbwolf den gewonnen Platz und trat von der Wand weg. Einen Sieg hatte er zumindest schon einmal in der Tasche.
„Hier hat dich niemand wie Luft behandelt. Nur weil ich dir Freiraum zum nachdenken gelassen habe, bedeutet das noch lange nicht das ich dich ignoriert habe. Ich wollte dir nur Zeit geben, damit du mir auch irgendwann eine vernünftige Antwort geben kannst.“
Mit einem abfälligen Schnauben verschränkte Fynn entschlossen die Arme vor seiner Brust. „Das war nicht Freiraum lassen. DAS war die Vollkommenheit der Ignoranz auf höchstem Niveau.“ Über dieses Thema ließ der Kleinere auf keinen Fall mit sich streiten. Da würde Alan noch so viel mit ihm diskutieren können wie er wollte. Es würde nichts dabei rauskommen. Entweder er würde sich für sein inakzeptables Verhalten entschuldigen oder er sollte gleich schon mal alle Hoffnungen, auf etwas mehr mit ihm, im Keim ersticken.
„War es nicht…vielleicht mag es dir so vorgekommen sein, aber dem war ganz sicher nicht so. Außerdem wolltest du doch deinen Freiraum und ich habe ihn dir bereitwillig gelassen. Was willst du denn noch?
Mir kommt es gerade so vor als wärst du nur auf einen weiteren Streit mit mir aus. Du benimmst dich gerade, wie ein bockiges Kind das versucht seinen Kopf durch zusetzen.“ Der Dunkelhaarige wollte es wohl wirklich nicht anders haben. Alan konnte wohl wirklich nicht aufhören, dass Ganze noch weiter zu provozieren. Aber bitte, wenn der Alpha es so haben wollte, würde er es auch so bekommen.
„Nur weil ich das Recht auf meiner Seite habe, bin ich also ein kleines Kind? Na schön…dann geht das kleine Kind nun eben“, gab der Kleinere nur bissig von sich und wand sich von Alan ab.
Alan würde ja noch sehen was er davon hatte ihn als kleines Kind zu bezeichnen. Doch weit kam er nicht, schon wurde er wieder fest gehalten. Ohne Rücksicht auf Verluste holte Fynn aus und rammte dem Anderen seinen Ellenbogen ins Gesicht. Er hörte einen Knochen brechen und war sich sicher, dass es Alans Nase war.
„Fass mich nicht an…das hab ich dir letztens erst versucht bei zu bringen, was offensichtlich bei dir nicht geholfen hat. Alte Hunde sind wohl doch lernen resistent“, meinte Fynn ganz gelassen und stampfte weiter ohne nach dem verletzten Alan zu schauen.
Der Blauäugige würde wohl noch lernen müssen, dass er nicht so mit ihm umspringen konnte, wie er gerade Lust dazu hatte. Fynnley hatte keine Probleme damit ihm das in der Zeit wo er hier war bei zu bringen. Alte Hunde konnten bekanntlich immer noch etwas lernen, auch wenn Alan sich da wohl recht schwer zu tun schien.
Fynn vernahm noch ein letztes Fluchen, bevor er um die Ecke bog. Erst als er ein paar Flure zwischen ihn und Alan gebracht hatte besah er sich seinen linken Ellenbogen der von dem Treffen mit dem Gesicht des Größeren schmerzte. Alan hatte einen ganz schönen Dickschädel. Er schien nichts abbekommen zu haben, aber das Hemd war mit ein paar roten Bluttropfen bespritzt. Das bedeutete dann wohl, dass er sich umziehen gehen musste.
Als es am Abend langsam zu dämmern begann, machte Fynn sich auf dem Weg zum letzten Essen für diesen Tag. Ein wenig ausgelaugt ließ er sich auf seinen angestammten Platz zu Alans rechter Seite nieder und war wie so oft wieder einmal vor Alan am Tisch. Es war ziemlich laut, alle unterhielten sich miteinander nur Fynn stand wieder außen vor. Er hatte es so satt. Ihm stand es bis zur Oberkante und dennoch schien ihn niemand zu bemerken.
Fynnley wollte endlich wieder zurück nach Hause, zu seiner Familie, zu seinem Rudel. Die würden ihn wenigstens nicht ausschließen, auch wenn sie um seine Fehler wussten.
Kaum hatte der Alpha den Raum betreten verstummten für einen Augenblick alle Gespräche. Auch Fynnley hob seinen Blick und konnte in ein ziemlich finster drein blickendes Gesicht Alans Blicken. Die Nase war noch leicht geschwollen und blau. Er hatte einen guten Treffer gelandet, aber die Nase schien leider wieder fast verheilt zu sein. Irgendwo tat ihm der Schlag ja schon leid, aber der Dunkelhaarige provozierte es auch immer.
Schweigend verlief das restliche Essen am Tisch von Alans Seite, bis Charles nachzufragen begann woher Alan den hübschen Bluterguss im Gesicht her hatte. Fynn begann lustlos in dem nun kalten Essens herum zu stochern. Er hatte den ganzen Tag über fast noch nichts gegessen und trotzdem keinen Hunger.
„Ich hatte einen kleinen Übungskampf mit einer kleinem kratzbürstigen Wolf gehabt.“ Wie er das aussprach. Alan war wohl echt hoffnungslos, denn er hatte wohl nichts daraus gelernt, stattdessen provozierte dieser ihn weiter. Und er machte einfach weiter, ohne den Anderen einen Namen zu nennen von wem diese Verletzung stammte. Ohne auf die Reaktionen der Anderen zu achten erhob Fynn sich geräuschvoll von seinem noch fast unangerührten Teller.
Fynnley hatte es so satt. Er wollte wieder nach Hause, wollte endlich nicht mehr alleine sein. Überall wurde er wie ein Außenseiter behandelt, wobei er in Alans Fall selbst schuld daran war. Zwar vernahm er noch ein paar Stimmen die ihm hinter her rief, darunter auch Amira und Alan. Doch Fynn ignorierte das konkret und lief einfach weiter. Er hielt es nicht mehr aus und musste an die frische Luft.
Draußen im Garten angekommen sog er tief die kalte Luft in seine Lungen und blieb für einen Augenblick stehen. Das beengende Gefühl um seine Brust wurde gleich schon etwas besser, aber es verschwand nicht ganz. Er vermisste seine Familie schrecklich und das schien keiner von den hier lebenden Werwölfen so recht verstehen zu wollen. Einerseits war es ja irgendwo verständlich, da sie ja hier ihre Familien hatten, aber andererseits hatte er auch mehr von ihnen erwartet da sie doch genau wussten wie es war wenn ein Familienmitglied nicht da war. Was Crispin wohl gerade machte? Schmerzlich rieb er sich über die Brust.
Es war schon fast zwei Wochen her seit er hier angekommen war und eigentlich hatten sie ja in Taena nur noch zwei Tage bleiben sollen. Ob Cris bereits zurück zu ihrem Rudel gereist war? Oder gar die Hoffnung aufgegeben hatte ihn wieder zu finden? Mit Sicherheit, er konnte das Rudel nicht so lange alleine lassen, aber er schätzte seinen älteren Bruder nicht so ein, dass er nicht wieder zurück kommen und nach ihm suchen würde. Wobei die Chancen für ihn relativ schlecht standen wenn sie ihn bis jetzt noch nicht gefunden hatten.
Als er rasche Schritte näher kommen hörte, lief er in Richtung Heckenlabyrinth. Der kleine Halbwolf wollte jetzt seine Ruhe haben und brauchte ganz sicherlich keine Zuschauer wenn er wieder einen Panikanfall bekam. Es war ja schon peinlich genug gewesen das Alans Schwester das mitbekommen hatte.
Vorerst brauchte er erst einmal etwas Zeit für sich alleine und da konnte er einfach keine Zuschauer gebrauchen oder irgendjemand der ihm Gesellschaft leisten wollte. Auf die Gesellschaft wo er hier bekommen würde konnte er gerne verzichten. Das Einzige was der Blondhaarige im Moment brauchte war die Chance sich ausnahmsweise mal ganz alleine in seinem Selbstmitleid zu suhlen ohne, dass ihn irgendwer darin unterbrach. Jeder brauchte Fynn mal Fünfminuten ohne, dass ihn jemand störte und die forderte der Kleine jetzt ein. Ihm war nur noch nach weinen, nach schreien und jammern zu mute.
Auf leisen Sohlen lief er in das Labyrinth hinein. Er folgte einigen Wegen und landete immer wieder in Sackgassen, bis er auf einmal vor einem kleinen hellen Pavillon stand, welcher von Kletterpflanzen umrahmt war.
Leise aufseufzend ließ er sich dort auf die Bank sinken und zog die Beine nahe an seine Körper, um seine Arme darum schlingen zu können. Zwar war es relativ schön hier, aber Fynn wollte wieder nach Hause. Nur wusste er, dass dies nie wieder geschehen würde.
Alan würde ihn nie im Leben wieder von Beneál weg lassen. Dieser Gedanke brachte das Fass zum überlaufen. Leise aufschluchzend vergrub er sein Gesicht zwischen seinen Knien und lies den Tränen einfach freien Lauf. Es tat richtig gut sich einfach mal Alles von der Seele weinen zu können.
Fynnley wusste gar nicht wie lange er hier saß, aber als er seinen Kopf hob bemerkte er das es schon langsam am dämmern war. Die Rufe nach ihm waren schon vor Stunden verklungen. Also hatte er die ganze Nacht hier draußen zwischen den kalten Hecken verbracht. Kraftlos wischte er sich über das Gesicht und versuchte die Spuren seiner Schwäche weg zu wischen. Jetzt wollte er einfach wieder zurück in sein Bett, niemanden sehen und nur noch schlafen.
Als auf einmal eine dunkle Gestalt um die Ecke bog sprang Fynn auch schon auf die Beine, doch weit kam er nicht. Denn da sprang ihn der dunkle Wolf einfach an und rammte ihn zurück auf den Boden. Die Luft wurde ihm regelrecht aus den Lungen gequetscht als sich ein über hundert Kilogramm schwerer Werwolf auf ihn fallen ließ. Keuchend rang er nach Atem, während er die schützenden Hände vom Gesicht nahm und in das Gesicht eines komplett schwarzen Werwolfes mit strahlend blauen Augen blickte.
„Alan…“, kam es gehaucht über seine Lippen. Der Ältere war ihn extra suchen gekommen und hat sich dabei auf seine Wölfischeseite verlassen. Fynnley stellte sich gerade regelrecht vor wie Alan mit der Schnauze am Boden nach seiner Fährte zu schnüffeln begann, was ihm ein kleines Schmunzeln entlockte.
Der Blondhaarige setzte schon an sich wieder aufzusetzen, aber als er sah wie der schwere Wolf auf ihm die Zähne zu fletschen begann ließ er sich wieder in den Dreck sinken und streckte die Arme von sich.
„Ist ja schon gut“, murmelte Fynn ergeben. Was war denn mit dem Älteren los? Freute er sich etwas so sehr ihn wieder zu sehen? Aber nun ließ er ihn nicht mehr aufstehen und langsam wurde ihm der Wolf schon recht schwer. Außerdem war ihm kalt und er war müde. Fynnley wollte nur noch in sein Bett.
„Alan..kannst du vielleicht wenigstens ein bisschen von mir rutschen? Du zerquetschst mich sonst nämlich.“ Zwar bekam er mit einem kurzen Zähne fletschen signalisiert das es dem Schwarzhaarigen nicht so ganz zu passen schien, doch spürt kurz darauf wie Alan etwas von ihm runter rutschte, um ihm mehr Luft zum Atmen zu geben. Schweigend lag er unter dem Älteren und ließ seinen unterkühlten Körper von dem warmen Wolf aufwärmen.
Auf was wartete der Andere denn jetzt noch? Sollte er ihm etwa erzählen warum er sich hier versteckt hatte? Mit großer Sicherheit nicht. Das war das Letzte über was er mit dem Älteren im Moment reden wollte.
Seufzend legte er eine Hand auf Alans weichem Fell und begann den großen Werwolf hinter dem Ohr zu kraulen. Kurz darauf war so etwas wie ein leises Schnurren von dem schwarzen Knäul auf sich zu hören, was den Kleineren ein wenig zu überraschte. Schließlich hatte er so etwas nicht von Alan erwartet. Trotzdem machte er weiter und begann ein wenig die traute Zweisamkeit zu genießen. Nach einer Weile kam gar nichts mehr von dem Größeren.
„Alan? Bist du eingeschlafen?“ Sachte stupste er den Wolf an und bekam keine Reaktion von ihm. Noch einmal stupste er ihn an. „Hey…aufwachen du Schlafmütze.“
Ein leises Brummeln und der riesige Schädel des Wolfes der sich kurz auf seinem Bauch bewegte war alles was er an Reaktion bekam. Seufzend schloss Fynn seine Augen und wusste einfach nicht, was er noch tun sollte. Vielleicht sollte er einfach noch für ein Weilchen so liegen bleiben. Ja, das klang gut.
Gemeinsam lagen sie noch eine ganze Weile bei einander. Schweigen beobachtete Fynn den wunderschönen Sonnenaufgang an diesem Morgen, bis Alan sich auf einmal zu verwandeln begann. Ein wenig erschrocken, über dessen Handeln richtete sich Fynnley etwas auf und musste dabei mit ansehen wie sich Alans Knochen zurück in ihre ursprüngliche Form schoben und das schwarze Fell verschwand. Das ging alles innerhalb weniger Minuten, während der Alpha jeglichen Schmerzenslaut dabei unterdrückte.
Zitternd von der anstrengenden Verwandlung lag Alan keine fünf Minuten später vollkommen nackt auf ihm und hatte seinen Kopf auf Fynns Brust gebettet. Sachte strich Fynnley über das weiche Haart und achtete dabei penibel darauf nicht die noch recht empfindsame Haut Alans zu berühren.
Schweigend lagen sie noch ein paar Minuten auf dem Boden und genossen gegenseitig die Nähe des jeweiligen anderen, bis der Schwarzhaarige seinen Kopf leicht anhob und ihn mit seinen eisblauen Augen zu fixieren begann. Alan sah ihn nur an und schien sich wohl denken zu können, dass er nicht über das geschehene reden wollte. Schließlich antwortete Fynn diesem nicht, sondern hielt Alans Blick einfach nur stand.
Der Kleinere versank wieder regelrecht in den Tiefen des blauen Meeres Alans Augen. Er spürte wie Alan langsam etwas höher kam und sich genau über ihn brachte, während er sich mit seinen Armen links und rechts von ihm abzustützen begann. Fynns Atmung wurde flacher. Langsam senkten sich die weichen Lippen des Dunkelhaarigen auf seine. Sehr zärtlich verwickelte ihn der Alpha in einen recht harmlos beginnenden, aber dennoch sanften Kuss.
Noch ein wenig zögernd ging der Halbwolf auf die süße Verlockung ein und begann den Kuss zu erwidern. Wohlig aufseufzend vergrub er seine Finger in dem weichen Haar und spürte kurz darauf wie die Zunge Alans bittend über seine Lippen wanderte. Leicht zögernd gab Fynn der Bitte nach kurzer Überlegung doch noch nach und öffnete der Zunge Alans willig seine Lippen. Forschend drang die geschickte Zunge Alans in seine Mundhöhle ein und eroberte diese augenblicklich für sich. Neckend stupste Fynnley die freche Zunge ebenfalls an und ließ zu das der Kuss immer leidenschaftlicher wurde, während die forschenden Hände Alans über seine Seiten zu wandern begann. Als ihm die Luft zum Atmen ausging hatte er keine andere Wahl als den Kuss abzubrechen, um nach Luft zu schnappen.
Alan erbarmte sich und ließ ihm einige Momente zum tief durchatmen, bevor er ihm noch einmal seine Lippen drückte und das ganze Spiel noch einmal wiederholte. Ganz außer Atem lag er unter dem warmen Körper des Dunkelhaarigen und erwiderte schweigend dessen intensiven Blick.
„Ich glaube wir sollten langsam ins Schloss zurückkehren“, kam es mit leicht belegter Stimme von dem Alpha. Mit einem schwachen Nicken stimmte er Alan zu und leckte sich leicht über die vom küssen geschwollenen Lippen. Oh man, war Alan ein guter Küsser. Und er schmeckte nach so viel mehr. Das war auf jeden Fall eine Wiederholung wert.
Fynn beobachtete entspannt Alan, wie dieser sich auf die Beine stemmte und ihm dann eine Hand reichte, um ihm ebenfalls auf die Beine zu helfen. Der kleine Halbwolf war nicht gerade überrascht, als der Blauäugige seine Hand nicht mehr losließ. So auf die Art: Du läufst mir nicht noch einmal davon. Sollte ihm recht sein, denn die Berührung war recht angenehm.
Der Blondhaarige versuchte nicht auf den nackten Unterleib des Größeren zu schauen. Was ihm ziemlich schwer fiel. Aber bei Alans Körperbau war das auch keine große Überraschung. Er sah einfach nur verdammt heiß aus und alles passte so gut zusammen. Alan erschien dem jungen Mischling in diese Moment nahe zu perfekt.
Als Alan sich etwas von ihm abwandte, fiel ihm sofort das schwarzweiße Tattoo ins Auge, was dieser stolz auf seinem Rücken trug. Ein komplettes Wolfsrudel lief über seine Schultern und schien dem hell erleuchteten Vollmond am Himmel hinterher zu jagen. Viele aufwändige Linien stellten das Tattoo Detailgetreu nach.
Fynn könnte schwören, dass der erste Wolf sogar Alan ähnelte. Am liebsten hätte er seine Hand nach diesem Abbild ausgestreckt und es mit dem Finger nachgezeichnet, doch Fynnley wiederstand dem drang. Alan gehörte ihm nicht und würde es wohl auch nie. Also hatte er keinerlei Anspruch darauf sich ihm auf diese Weise zu nähern.
Schweigend ließ er stattdessen seinen Blick an dessen Rücken hinab wandern und ließ diesen kurz auf dessen wohlgeformten Hintern ruhen. Das regelmäßige an und abspannen der Muskulatur. Leicht biss sich der Blondhaarige auf die Unterlippe. Verdammt, er musste sich mit irgendwas ablenken.
Da wandte sich Alan auch schon wieder zu ihm um und sofort hatte er dessen Körpermitte genau im Blick, was ihm direkt eine peinlich berührte Röte auf die Wangen trieb. Das war jetzt auch nicht gerade besser.
Keinen Moment später versuchte er stattdessen seinen Blick wieder auf Alans eisblaue Augen zu fixieren, um sich abzulenken. Der junge Halbling würde ihm ja sein Hemd oder Hose anbieten, aber dadurch, dass er davon ausging das Alan eh nicht reinpassen würde ließ er es bleiben. Zumal Alan ganz gelassen zwischen den Hecken herlief und sich wie alle Werwölfe die ihm bis jetzt über den Weg gelaufen waren nicht für seinen Körper schämte.
Sie hatten einfach alle noch nie etwas von Schamgefühl gehört. Einerseits fand er das ja schon recht beneidenswert, aber andererseits war er doch ganz froh, dass er ein Schamgefühl besaß. Obwohl ihm das mal wieder vor Augen führte wie andersartig er doch als die anderen Werwölfe war. Er war eben nur ein halber Wolf.
Ohne großartige Zwischenfälle kamen sie in Alans Privatgemächern an und zu seiner Erleichterung auch ohne, dass ihnen allzu viele Werwölfe aus dessen Rudel über den Weg gelaufen waren. Gar schüchtern folgte Fynn dem Anderen in seine Gemächer und ließ sich auf dessen Bett nieder, als dieser sich mit einer Hose in der Hand ins Bad zurück zog. Vorsichtig ließ er seine Finger über den feinen Seidenbezug gleiten, bevor er ein wenig nervös die Decke glatt zu streichen begann, während er auf den Älteren wartete.
„Kommst du Fynn?“, dröhnte auf einmal die tiefe Stimme Alans aus dem Bad. Ein wenig fragend blickte er dann doch drein, bevor er ihm nach kurzem Zögern ins Bad folgte, um zu schauen was der Ältere jetzt wieder ausgeheckt hatte.
„Was ist denn?“ Sichtlich verwirrt betrat Fynnley das Badezimmer und fand einen immer noch nackten Alan, aber nun in einer gefüllten Badewanne sitzend wieder. Eine recht große Eckbadewanne mit großem Fenster an der Seite und einer wunderschönen Aussicht auf den Irrgarten.
„Komm zu mir…“, erklang die verführerisch lockende Stimme des Schwarzhaarigen. Eine ausgestreckte Hand wurde ihm einladend entgegen gehalten. Es war ein sehr verlockendes Angebot. Wer konnte den schon von sich behaupten von solch einem hübschen Alpha zu einem heißen Bad eingeladen zu werden?
Ach verdammt. Was sollte er bloß tun? Im Augenblick fühlte er sich hin und her gerissen. Fynn sah sein altes Leben vor sich und direkt neben daran sein neues. Würde er nun zu Alan in die Badewanne steigen hätte dieser schon wieder einen Sieg errungen. Schließlich hatte Fynn nicht vor gehabt sich diesem egoistischen Alpha hinzugeben, da er doch nur allzu gerne in sein altes Leben zurückkehren würde.
Aber zu gerne würde er auch auf das verlockende Angebot Alans eingehen und sich zu diesem in die heiße Badewanne gesellen. Er liebte es zu baden und dann noch mit so einem sexy Kämpfer. Leicht biss sich der blonde Wolf mit den unterschiedlichen Augen auf die Unterlippe. Unschlüssig blieb er vor der einladenden Badewanne stehen, während ihn Alan mit wissendem Blick beobachtete. Im Grunde sprach doch nichts gegen sich etwas zu amüsieren. Solange das nicht ausartete.
Die Gefühle die ihn im Moment in Alans Nähe übermahnten hatte Fynnley schon lange nicht mehr gespürt. Diese Wärme und Geborgenheit. Er fühlte sich in der Nähe des Schwarzhaarigen wirklich aufgehoben und sicher. Einfach das Gefühl kein Außenseiter zu sein, sondern einer von ihnen zu sein. Ein vollständiger Wolf und das gefiel Fynn.
„Du musst nicht, wenn du nicht willst. Ich will dich zu nichts zwingen.“ Daran lag es ja nun wirklich nicht. Fynnley wollte ja, aber zu groß war die Angst vor den Konsequenzen. Mensch, was stellte er sich auch so an? Seufzend fasste Fynn nun einen Entschluss. Er hatte im Moment einfach auch nicht mehr die Kraft dazu, sich weiterhin dem Scharm des Anderen zu entziehen.
Ohne einen weiteren Gedanken an morgen oder an die kommenden Tage zu verschwenden. Er wollte einfach nur noch das hier und jetzt genießen und darauf hoffen, dass er seine Entscheidung doch nicht bereute und das Ganze mit Alan ein Reinfall wurde.
So gab Fynn der warmen verlockenden Wanne mit dem sexy Mann in ihr nach. Wer konnte auch solch einem Anblick lange wiederstehen? Außerdem war es ja nicht das erste Mal das ihn sein Gegenüber so sah. Schweigend ließ er sein Kleidung zu Boden sinken und nahm die ihm da gebotene Hand an, um sich in die große Wanne hinein helfen zu lassen.
Wohlig aufseufzend ließ Fynn sich von dem warmen Wasser einhüllen und lehnte sich an den gegenüberliegenden Wannenrand. Leicht zog er die Beine an, um den Anderen bloß nicht zu berühren. Das hielt sollte Alan ja nicht als Einladung auffassen. Mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen streckte der Dunkelhaarigen seine Hand nach ihm aus und zog ihn sanft an seine Brust. Ohne wirklich Widerstand zu leisten gab er dem Druck nach kurzer Zeit und fand sich kurz darauf an dem warmen Körper des Anderen gedrückt.
„Lass mich dir helfen. Ich werde dir all deine Sorgen wegwaschen und wenn es nur einen Moment lang ist in dem du einmal alles um dich herum vergessen kannst“, erklang die wohlig samtene Stimme Alans leise an seinem Ohr, bevor er ihm neckend in sein Ohrläppchen biss. Ein angenehmer Schauer ran Fynnley Rücken hinab. Mit einem schwachen Nicken ergab sich der junge Halbwolf und ließ sich von Alan mit einem weichen Waschlappen einseifen, nachdem er ihm den Rücken zugewandt hatte.
Mit geschlossenen Augen genoss er sichtlich die kreisenden Bewegungen auf seinem Rücken. Als dieser mit dem Rücken fertig war signalisierte Alan ihm durch einen kurzen Druck auf die Schultern, dass Fynn sich etwas aufrichten sollte. Ein wenig schüchtern setzte er sich gerade auf Alans Schoß und ließ sich auch noch seine Vorderseite einseifen bis hin zu seinem Bauchnabel, da hielt er die Hand des Anderen fest.
Bevor der Werwolf fragen konnte was los war hatte er sich den Lappen von diesem geschnappt und sich schon zu Alan umgewandt, um die ganze Prozedur nun auch bei dem Älteren zu wiederholen. Sehr sanft ließ er seine Hand mit genau überlegten Bewegungen über dessen Schultern und Arme gleiten, bis hin zu seiner Brust. Dort angekommen legte sich die Hand Alans auf seine und hielt sie fest. Etwas fragend sah Fynn zu ihm hinauf.
„Denk nicht nach, versuch es nicht, mach es einfach“, mit diesen Worten ließ ihn der Alpha wieder weiter machen. Fynnley sah den Blauäugigen noch einen Moment lang an, bis dieser die Augen schloss und den Kopf in den Nacken sinken ließ. Wie er so in der Badewanne saß, mit den Armen links und rechts auf dem Wannenrand liegend, der gebräunten Haut und dem dunklen Haar welche sich deutlich von dem hellen Wasser abhoben, sah er einfach nur aus wie ein Gott, wie ein Alpha, ein Herrscher der er auch in Wirklichkeit war.
Tief durchatmend versuchte er Alans Worte einfach umzusetzen und nicht mehr über das Ganze nachzudenken sondern einfach zu machen und es funktionierte. Seine Bewegungen wurden geschmeidiger, ungezwungener und sie schienen dem Älteren auch immer besser zu gefallen. Zufriedener mit sich und seiner Leistung genoss auch Fynn es ein wenig den Älteren verwöhnen zu können, ohne sich beobachtet oder dazu gezwungen zu fühlen.
Alan ließ ihm dabei freie Hand und versuchte ihn zu nichts zu überreden, das war ganz nach Fynns Geschmack. Sanft streichelte er über die weiche Haut und tauchte immer wieder den Lappen in das warme Wasser ein. An dessen Hals angekommen ließ er den Waschlappen auch dort entlang gleiten und die weiche Haut sanft reinigen.
Nach einer Weile erklang sogar ein leises Brummen von Alans Seite. Sein Blick glitt an der weichen Haut seiner breiten Brust bis zu dessen Hals hinauf und blieb an den zarten Lippen des Werwolfes mit den eisblauen Augen hängen. Ob er es wagen sollte? Sie glänzten so verführerisch.
Nach kurzem hin und her beugte er sich langsam zu dem Vollblut hinüber und berührte erst nur hauchzart die weichen Lippen des Anderen. Alan regte sich immer noch nicht, das ließ Fynnley ein wenig mutiger werden. Leicht stützte er sich etwas auf der Brust Alans ab, während er den Kuss wieder aufnahm und ihn zu vertiefen begann. Liebevoll knabberte er ein wenig an Alans Unterlippe, bevor er gar zärtlich seine Zunge über diese gleiten ließ. Willig wurde ihm auch schon sogleich Einlass in seinen Mund gewährt.
Kurz darauf spürte Fynn wie sich die starken Arme Alans seine Taille legten. Seine großen Hände wanderten erst sanft seinen Rücken hinauf und wieder hinab, bevor sie sich vorsichtig auf seinen Hintern legten. Sehr sanft begann Alan ihn zu massieren und der Blondschopf konnte sich ein leises Keuchen nicht verkneifen.
Leise keuchte er ergeben gegen die heißen Lippen des Blauäugigen. Ihm war das schon ein bisschen peinlich. Schließlich sollte es nicht so herüber kommen, als hätte er schon länger nicht mehr gehabt. Zwar entsprach dies der Wahrheit, doch wissen musste Alan dies nun wirklich nicht. Zumal er nicht vor hatte sich wie ein billiges Flittchen willig an Alans Hals zu werfen, nur weil dieser zum anbeißen heiß war.
Fynnley wollte schon den Kuss abbrechen, als sich der Werwolf auch schon leicht in seiner Unterlippe verbiss. „Fynn…“, raunte dieser leise. Als Fynn seinen Namen so aus dessen Mund gehaucht hörte, wäre er fast dahin geschmolzen. Augenblicklich beruhigte er sich wieder. So als wüsste Alan genau wie er ihn wieder beruhigen konnte, sobald der Kleinere in Panik geriet.
Sanft schlossen sich die Hände Alans etwas fester um seine runden Backen, während er ihn näher an ihn sich ran drückte. Nun konnte Fynnley deutlich die steife Männlichkeit des Anderen zwischen ihnen spüren die sich ihm erwartungsvoll entgegen reckte. Eine leichte Röte machte sich auf seinen Wangen breit.
Ziemlich eingeschüchtert von dessen Größe blickte er dem Schwarzhaarigen wieder in die strahlend blauen Augen. Es wäre zwar nicht der erste Mann der in beglückte, aber dennoch hatte er ein gewisses Maß an Respekt vor der Größe die Alan da zwischen den Beinen aufwies. Er wollte nicht verunsichert wirken und dennoch tat er es. „Hab keine Angst, Fynn…“
Als er diese Worte vernahm grummelte er leise. Verdammt, er stellte sich doch wirklich gerade wie eine dumme Jungfer an. Nein, das musste er verhindern. Diese Genugtuung würde er Alan nicht auch noch geben.
„Ich habe keine Angst“, gab er trotzig darauf wieder und griff dabei recht beherzt nach dem heißen Fleisch des Größeren. Was ihm ein kurzes recht überraschtes Aufstöhnen von Seitens des Älteren einbrachte. Triumphierend begann er den Dunkelhaarigen zu massieren, während dieser sich wieder langsam fing und nun selbst ans Werk ging.
Recht sanft wanderten die großen Hände Alans zielstrebig über seinen Hintern, bis zu seinem Eingang. Vorsichtig drang erst der eine Finger in ihn ein, bevor kurz darauf auch schon der zweite folgte. Nachdem Alan merkte wie entspannt Fynn war.
Durch das Wasser in der Badewanne benötigten sie keinerlei Hilfsmittel für die Vorbereitung auf mehr. Leise keuchend drückte er sich den forschenden Fingern entgegen, während Fynnley seine Finger über das samtweiche, aber harte Glied gleiten ließ. Es war ungewohnt endlich wieder intimer mit einer Person zu werden, aber dennoch kribbelte die Vorfreude auf mehr in seinen Nervenbahnen. Zulange hatte der kleine Halbwolf auf diese Art von Nähe bereits verzichtet und heute würde er das ändern.
Leicht musste er sich auf die Lippe beißen, als kurz darauf auch noch ein dritter Finger in ihn eindrang. Das war im ersten Augenblick schon ganz schön viel, dafür das sein letztes Mal schon ziemlich lange her war. Ein sanftes knabbern an seinem Ohrläppchen lenkte wieder seine Aufmerksamkeit von dem unangenehmen Ziehen in seinem Unterleib, auf den wunderschönen Mann vor sich.
Keuchend wand er diesem seinen Kopf zu und revangierte sich für das Knabbern an seinem Ohrläppchen mit einem recht sanften, aber dennoch vielsagenden Biss in die Schulter. Auch wenn er unten sein würde, so würde er sich dennoch nicht so leicht von dem Werwolf dominieren lassen, das sollte Alan sich gleich abschminken. Langsam wurde der kleine Schmerz erträglicher. Zumal ein bisschen Schmerz am Anfang dazu gehörte.
Ein braver Junge würde sich glücklich schätzen von so einem Mann wie Alan einer war dominiert zu werden, aber er war kein braver Junge der willig die Beine für jemand anderen breit machte. Er war zwar nur ein halber Wolf, trotzdem wusste Fynn genau was er wollte und sich so einfach von jemandem unterwerfen zu lassen gehörte ganz sicherlich nicht dazu.
Als Fynnley sich bereit dazu fühlte die Größe des Anderen in sich aufzunehmen entzog er sich ohne Ankündigung den zarten Finger Alans, bevor er sich auch gleich über dessen Männlichkeit positionierte und langsam keuchend auf diese niederlies.
Leicht kniff er im ersten Moment schmerzhaft die Augen zusammen und musste ab und an eine Pause machen, um das Gefühl gleich zu zerreißen nicht zu sehr aufkeimen zu lassen. Als Alan schon zu einem dummen Kommentar ansetzen wollte knurrte er nur leise. Am besten hielt er einfach die Klappe und ließ ihn machen, sonst würde er das Ganze gleich abbrechen. Schnaufend nahm er das letzte Stück von Alan in sich auf und verbarg dabei sein Gesicht in dessen Halsbeuge. Geschafft. Alan füllte ihn doch ganz schön aus.
Leise keuchend gab ihm der Ältere einen Augenblick lang zur Erholung, bevor Fynn sich dann langsam auf ihm zu bewegen begann. Langsam ließ er seine Hüfte kreisen und genoss dabei ein wenig die erfahrenen Hände die beruhigend über seinen Hintern und Rücken streichelte. Bis der Dunkelhaarige einfach nicht mehr still sitzen konnte und sich nun ebenfalls gegen Fynn zu bewegen begann.
Ohne Rücksicht auf Verluste krallte Fynnley sich in der weichen Haut Alans fest und hinterließ auf Schultern und Rücken ein paar rote Kratzer und Fingerabdrücke. Anstatt Alan damit aus dem Konzept zubringen schien ihn das Ganze nur noch mehr anzuheizen. Stöhnend drückte er sich immer schneller und härter in ihn und genoss die gewisse härte die Fynn mit in ihr Liebesspiel brachte.
Eigentlich war das nicht so geplant. Im Grunde war das Ganze überhaupt nicht geplant, trotzdem hatte Fynn vorgehabt den aktiven Part zu behalten auch wenn er der Jenige war der Alan in sich aufnahm. Doch das ganze Konzept war nun irgendwie über Bord gegangen, als der Alpha das Kommando besitzergreifend an sich riss und er durch dessen Handeln unfähig wurde noch genau über all das nachzudenken.
Ergeben bewegte er sich stöhnend gegen den heißen Körper Alans und bekam gar nicht mit wie das Wasser in der Badewanne immer mehr hin und her zu schwappen begann, bis sogar einiges über den Wannenrand hinaus lief.
Sanfte Bisse in seinen Hals heizten den jungen Halbling nur noch mehr an. Laut aufstöhnend bog der Blondschopf den Rücken durch, als Alan diesen süßen Punkt in ihm streifte. Natürlich entging es dem scharfen Sinnen Alans nicht wo dieser liebliche Punkt ihn ihm lag und so begann er seine Prostata immer mehr zu malträtieren, bis Fynnley nicht mehr konnte und laut stöhnend zwischen ihren Körpern kam.
Es brauchte nicht mehr lange und auch der Blauäugige entlud sich heiß in seinem innersten. Erschöpft ließ Fynn seinen Kopf gegen dessen Schulter sinken und sog noch etwas schwerfällig die Luft in seine Lungen. Das war gut gewesen, doch zugeben würde er dies nie. Lieber würde er sich den kleinen Finger abschneiden, denn den Triumph würde er Alan mit Sicherheit nicht auch noch überlassen. Immerhin hatte er diesem bereits zufiele Zugeständnisse an diesem Tag gegeben und dabei hatte war der Morgen gerade erst angebrochen.
Etwas platt löste Fynn sich von dem warmen Körper Alans und ließ sich wieder gegenüber von diesem in das Wasser sinken. Es war Zeit für eine heiße Dusche.
Langsam hob er seinen Blick und sah in das träge zufrieden lächelnde Gesicht des Anderen. So ein überhebliches Arschloch. Missmutig erhob er sich aus der Wanne und wollte aus dieser steigen, kam aber nicht weit da Alan ihn auch schon aufhalten wollte.
„Wo willst du denn so schnell hin?“ Mit einem Bein schon auf den nassen Fliesen stehen, brachte ihn der plötzliche Griff um seine Hand ziemlich ins Wanken. Das Gleichgewicht auf dem glitschigen Boden verlierend viel er rückwärts mit einem lauten Platschen zurück in die Wanne und drückte den Anderen dabei halb unter Wasser.
„Lass mich los du Arsch“, fauchte der Kleinere und begann leicht panisch herum zu zappeln, um sich wieder mühsam aus dem Wasser zu kämpfen. Da ließ ihn der Alpha mit dein eisblauen Augen auch schon wieder los.
Was fiel diesem Bastard auch ein ihn aufhalten zu wollen? Er war ein freier Mann und konnte dahin gehen wo er wollte. Auch wenn sie nun miteinander intimer geworden waren, er würde Alan nie gehören. Das sollte Alan sich gleich wieder aus dem Kopf schlagen. Das Ganze hatte rein gar nichts zu bedeuten.
„Dich geht es gar nichts an wo ich hin will.“ Wütend anfunkelnd blickte er den Dunkelhaarigen an und griff erzürnt nach einem der flauschigen Handtücher, um es sich um die Hüfte zu schlingen. Mit einem letzten Blick auf Alan sammelte er seine Kleidung wieder ein und verließ den Raum.
Alan war genauso ein Idiot wie alle anderen. Er hätte es wissen müssen. Dachte und handelte genauso oberflächlich und Instinkt gesteuert. Und nur weil er jetzt mit ihm geschlafen hatte erwartete er, dass alles in Ordnung zwischen ihnen war, aber da hatte er falsch gedacht. Alan hatte keinerlei Anspruch auf den kleinen Halbwolf.
So jemand würde nie sein Gefährte werden können. Dafür würde Alan sich vorher erst einmal zusammen reißen und sein Verhalten noch einmal überdenken müssen. Wobei Fynnley sich sicher war das sobald er heraus fand das er nicht vollständig war, eh wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen wurde und darauf hatte er keine Lust. Er würde sich nicht noch einmal sein Herz von so einem Mann brechen lassen.
Leise aufseufzend blickte Alan mit trägem Blick dem sexy Hintern des Kleineren hinterher, welcher aus dem Raum stürmte. Was hatte er den jetzt schon wieder verbrochen? Alan verstand die Welt nicht mehr und Fynn erst recht nicht.
Endlich hatte er Fynnley soweit gehabt ihm nahe kommen zu dürfen. Hatte ihn endlich berühren und spüren dürfen, hatte von diesen unglaublich weichen Lippen kosten dürfen und nun das. Von jetzt auf gleich entzog sich ihm sein kleiner Wildfang wieder. Dabei hatte er es doch nur gut gemeint. Zumal ihm bewusst war, dass auch Fynn eindeutig auf seine Kosten gekommen war. Der Akt ihrer körperlichen Nähe klebte immer noch überzeugend auf seinem Bauch.
Vielleicht hatte er diesen Abgang ja auch verdient? Aber so ganz genau, warum er das verdient haben sollte wusste Alan nun wirklich nicht. Der Sex mit dem blonden Wolf war fantastisch gewesen und Fynnley war auch endlich etwas aus sich heraus gekommen. Er wurde einfach nicht aus dem Jüngeren schlau. Nun sah er hier alleine in dem noch warmen Badewasser, während der Kleinere sichtlich erzürnt seine Gemächer verließ.
Erst rettete Amira Fynn aus dem Meer, Alan gewährte ihm ein Dach über den Kopf und Nahrung. Und so dankte Fynnley ihm dafür? Dabei fand Alan, dass er für seine Verhältnisse relativ zuvorkommend dem hübschen Werwolf gegenüber war. Nun hatte er es endlich geschafft Fynn aus der tristen Einsamkeit zu locken, welche ihn umgab, um ihm zu zeigen was alles mal ihm sein könnte, wenn er hier bleiben würde und dann ergriff er auch schon gar panisch die Flucht. Dabei hatte Alan den Blondhaarigen doch erst aus dem Heckenlabyrinth heraus geholt.
Es war doch immer das Gleiche. Am Ende kam immer das gleiche Ergebnis heraus. Kaum hatte er Fynn in die Finger bekommen, war dieser ihm auch schon wieder entwischt. Aber nicht mit ihm, so schnell würde der Alpha nicht aufgeben. Er liebte eine gute Jagd und Alan wusste genau, dass er immer alles bekam was sein Herz begehrte und im Moment war es nun einmal dieser kleine sture und recht bissige Wolf.
Frustriert auf grummelnd schlug Alan in das Wasser, welches ihn umgab, bevor er sich aus der Wanne erhob und abzutrocknen begann. Etwas gefrustet sah er sich im Badezimmer um und betrachtete die Schweinerei, die sie zusammen hinterlassen hatte. Das würde jemand wegmachen müssen und das würde auf keinen Fall Alan sein.
Nachdenklich begann er im Spiegel die roten Striemen auf seinem Rücken zu begutachten, bevor sein Blick zu der Bisswunde an seiner linken Schulter wanderte. Wenigstens wusste Alan, dass sich Fynn wohl nicht so schnell unterkriegen ließ, denn auch der kleine Wolf schien recht kratzbürstig zu sein. Zumal Fynnley recht einnehmen sein konnte wenn er wollte, aber das gefiel dem Alpha und heizte ihn nur noch mehr an mit dem Jüngeren zu spielen.
Ein sanftes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während er die Spuren ihres Aktes in seinem Spiegel betrachtete. Erst nach einem letzten Blick auf den recht besitzergreifenden Biss zog sich Alan wieder vollständig an, um sich auf zum Esszimmer zu machen. Immerhin war es Zeit endlich zu frühstücken und sich körperlich zu betätigen regte immer seinen Appetit an. Aber für guten Sex nahm Alan das gerne in Kauf.
In aller Ruhe ging er in Richtung Speisesaal und war nicht überrascht Fynn auf seinem Stammplatz vorzufinden. Eigentlich sollte er sich den guten Fynnley mal zur Brust nehmen und mal genau abklären, wie es nun zwischen ihnen weiter geht. Den im Grunde hatte er nicht mehr wirklich Lust auf das ganze Hin und Her. Es war ja nicht so, als würde Alan nicht auf etwas härteren Sex stehen, oder auf die Beleidigungen und dessen Kratzbürstigkeit, aber dennoch sollten sie sich einmal darüber unterhalten, um etwas Ruhe in die Sache zu bringen.
Wenn es nach ihm ginge konnte da ruhig etwas mehr sein, da er den Kleineren echt ziemlich amüsant fand. So jemanden wie Fynn, würde er sicherlich niemals von der Bettkante stoßen. In aller Ruhe schritt er an dem Tisch entlang und ließ sich auf seinem „Thron“ nieder, wie er den protzigen Holzstuhl mit den ganzen Verzierungen gerne bezeichnete.
Alan würde Fynn noch aus seiner Reserve locken, darauf konnte sich der Kleinere verlassen. Zwar hätte Alan selbst nie damit gerechnet, aber er hatte echt einen Narren, an dem blonden Wolf gefressen.
Während des ganzen Frühstücks sprach Fynnley kein einziges Wort mit ihm. Fynn schien ihn sogar regelrecht zu ignorieren. Fein, wenn er das so haben wollte, konnte er es gerne so haben. Nach dem Essen entging ihm nicht, wie sich der Jüngere direkt aus dem Staub machen wollte. „Fynn?“
Anstatt eine Reaktion von diesem zu bekommen, ignorierte dieser ihn weiterhin. Was für eine Unverschämtheit. Die Blicke seines Rudels blieben ihm nicht verborgen, als er sich von seinem Stuhl erhob, um Fynnley aus dem Saal zu folgen. Alan konnte spüren, wie die Blicke sich regelrecht in seinen Rücken hinein bohrten, als er Fynnley aus dem Saal folgte. Das würde er wohl nicht auf sich sitzen lassen können.
Wenn es so weiter ging, würde das noch in einem Dominanzkampf zwischen ihm und dem Rest des Rudels enden. Nun hatte er erst recht ein Hühnchen mit Fynn zu rupfen. Denn er musste dem kleinen Omega wohl mal deutlich klar machen, dass er nicht einfach so mit ihm umspringen konnte, wie es ihm gerade in den Kram passte. Anders würde er ihn wohl bald vor versammelter Mannschaft auf seinen Platz zurechtweisen müssen, dass war eigentlich das Letzte, was Alan wollte. Da seine Position als Alpha sonst noch etwas zu wackeln begann.
Nicht das er was dagegen hatte wenn der liebe Fynnley solch ein Temperament besaß, aber dann sollte er es am besten nur unter vier Augen an ihm ausleben und nicht vor den Anderen. So folgte Alan dem jungen Werwolf auf leisen Sohlen und stellte ihn erst, als sie draußen im Garten angekommen waren. Er griff nicht gerade sanft nach dessen Arm und drückte ihn recht aggressive an die kühle Schlosswand.
„Was hast du jetzt wieder für ein Problem?“, fragte er leise knurrend. Der Unterton, der dabei mitschwang, schien dem Halbling ganz und gar nicht zu gefallen, doch das interessierte Alan gerade nicht. Langsam ging ihm das Divagehabe des Kleineren echt auf die Nerven und im Moment hatte er andere Probleme, als Fynn zu besänftigen.
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht“, wurde er auch sogleich so recht gewissen. Trotzig wand der Blondschopf wieder seinen Blick von ihm ab. Irgendwie kam ihm das Ganze wie ein Déjà-vu vor, da sie das Ganze doch erst vor Kurzem gehabt hatten. Nur aus einem ganz anderem Grund, als den jetzigen.
„Fynn…“, kam es schon in sanfterem Ton von Alan. Immer noch keine Reaktion. Warum musste dieser auch so verdammt stur sein? Am liebsten würde er das Ganze aus dem Kleineren heraus prügeln, nur er glaubte nicht wirklich das er damit weiter kommen würde. Alan würde wohl damit eher das Gegenteil bewirkte. Zumal er doch den Jüngeren eigentlich mochte, wie er war und nicht vor hatte ihn zu verändern. Fynn musste nur lernen seine Aggressionen in den Gemächern Alans, an dem Alpha abzulassen und nicht vor dem Rest des Rudels.
Ruhig blieb Alan dicht bei ihm stehen und betrachtete ein wenig die feinen Gesichtszüge des Kleineren. Langsam hob er seine rechte Hand und strich Fynnley ein paar Strähnen, die ihm ins Gesicht fielen hinter das Ohr, bevor Alan seine Hand sanft über die Wange hinab zu seinem Kinn gleiten ließ.
Diese unterschiedlichen Augenfarben, dunkelgrün und leuchtend blau, waren einfach faszinierend. Einerseits lockte der tiefe Wald und auf der anderen Seite rief das Meer nach ihm. Fynnley war einfach nur wunderschön und wirkte gleichzeitig so zerbrechlich aus. Wobei er genau wusste das Fynn nicht so leicht zu brechen war. Er war schließlich auch ein Werwolf.
Nach einem kurzen Zögern beugte Alan sich langsam zu diesem hinab und begann kleine Küsse auf dessen Wange bis zu seinem Hals hinab zu verteilen, um dort ein wenig an der empfindlichen Haut zu knabbern. Sanft saugte er die weiche Haut zwischen seine Lippen und begann Fynnley einen deftigen Knutschfleck zu verpassen. Wenn er sich schon stummstellte konnte er ihn auch so lange provozieren, bis er wieder beschloss, mit ihm zu reden. Außerdem ärgerte Alan doch gerne seinen kleinen Fynn.
Ausgiebig verwöhnte er die malträtierte Stelle, bis ein wunderschöner Knutschfleck zu sehen war. Zwar würde das bei ihm als Werwolf nicht lange anhalten, aber trotzdem würden zumindest heute alle sehen, wem Fynn vorerst gehörte. Ein wenig sein Revier abzustecken konnte doch nicht schaden, auch wenn er genau wusste das es Fynn nicht in den Kram passte.
„Was machst du da?“ Mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen löste er sich von der weichen Haut Fynnleys und sah ihn an.
„Was glaubst du denn, was ich gerade gemacht habe?“, kam nur eine Gegenfrage von ihm. Etwas geschockt drein blickend griff der Kleinere sich an den Hals, genau an die Stelle, wo nun der Knutschfleck seine sonst recht makellose Haut zierte.
„Du wolltest ja nicht mit mir reden, da musste ich mir doch etwas einfallen lassen und wie gut das funktioniert hat, wurde ja gerade sehr deutlich bewiesen.“ Kaum hatte Alan dies ausgesprochen konnte er genau beobachten, wie sich die Miene des Blondschopfes augenblicklich zu verfinstern begann. „Jetzt sei doch nicht gleich wieder so angepisst.“
„Ich und gleich wieder pissig? Daran bist du ganz alleine schuld. Du spinnst doch…“, knurrte Fynn ihn an. Alan spürte, wie der Kleinere sich gegen ihn auflehnte und ihn von sich weg drücken wollte, doch er rührte sich keinen Millimeter.
„Nun hör mir mal gut zu mein Lieber. So wie es jetzt zwischen uns ist, kann es nicht mehr weiter gehen…wenn du dich öfters so aufmüpfig vor dem Rudel verhältst wird das Konsequenzen nach sich ziehen. Auch wenn du dich nicht als Teil des Rudels ansiehst, so gehörst du dennoch dazu und musst dich den Regeln des Rudels beugen. Anders muss ich dich das nächste Mal dann wohl oder übel auf deinen Platz zurecht weißen, was ich nur sehr ungerne tun würde.“
Wieder versuchte sich der Kleinere gegen ihn zur Wehr zu setzen und warf sich sichtlich genervt gegen Alan. Unbeeindruckt hob er eine Augenbraue und sah Fynn recht gelangweilt an. „Sollte mich das jetzt etwa beeindrucken?“
„Du starköpfiger alter Werwolf….du kannst mich mal. Ich werde nie Teil deines Rudels sein und erst recht nicht deinen Befehlen beugen. Da kannst du noch so dominant sein, wie du willst, bei mir hast du damit keine Chance“, kam es knurrend von dem Kleineren.
Belustigt beobachtete Alan wie der Andere sich immer mehr aufregte. AlsAlan dann auch noch leicht zu grinsen begann, war das wohl zu viel des Guten. Ein deftiger Kienhaken traf ihn im Gesicht, sodass ihm für einen kurzen Moment schwarz vor den Augen wurde. Er hätte nie damit gerechnet, dass so viel Kraft in dem Jüngeren steckte, aber Fynn war ja auch ein Werwolf, also kam es dann doch nicht so überraschend.
Fynnley nutzte die kurze Lücke seiner Unaufmerksamkeit und schlüpfte unter seinen Armen durch, um so viel Abstand zwischen sie zu bringen, wie es ging. Aber nicht mit ihm, da legte sich Fynn gerade mit dem falschen an. Alan sprang dem Kleineren hinter her, um ihn kurz darauf noch einmal besitzergreifend an die Wand zudrücken.
„Verpiss dich…“ Fynn versuchte ihn verzweifelt wieder abzuschütteln. Leise knurrend sah Alan Fynn heraus fordernd an und bewegte sich keinen Millimeter mehr von ihm weg, bevor er seine Zähne sanft in der weichen Haut an seinem Hals versenkte. Da gingen wohl gerade seine Instinkte mit ihm durch. Alan spürte deutlich, wie die zarte Haut unter seinen scharfen Zähnen nachgab und kurz darauf schmeckte er denn metallischen Geschmack von Blut heraus. Erst dann ließ er von dem hübschen Wolf ab. Fynnley gehörte ihm und niemandem sonst. Das würde dieser auch noch lernen müssen.
„So schnell entkommst du mir nicht…“, raunte er leise und leckte dabei sanft über die verletzte Haut. Neckend schleckte er das warme Blut von der Wunde, bevor er wieder zu dem Blondhaarigen aufsah.
„Fynn…“ Sanft zwickte er ihn in die Unterlippe hinein, bevor er sich das Blut von den Lippen leckte. Seine besitzergreifenden Markierungen an Fynns Hals standen dem Kleineren echt gut. An den Anblick konnte er sich doch glatt gewöhnen.
Alan gab es echt nur ungerne zu, doch er hatte den kleinen Wolf bereits ziemlich ins Herz geschlossen. Der Alpha wollte Fynn haben, egal um welchen Preis. Gut nicht um jeden, da er nicht vor hatte den jungen Werwolf zu verletzten oder zu irgendwas zu zwingen, aber ein bisschen überzeugen würde er ihn schon noch müssen. Sanft ließ er seine Finger über die Taille Fynns gleiten, bevor er seinen Unterleib näher an ihn ran drückte.
„Lauf nicht wieder weg“, bat Alan leise und knabberte zärtlich an der weichen Haut. Als er Blick von Fynn weicher wurde und er den Kopf etwas in den Nacken legte wusste er, dass er es endlich geschafft hatte Fynnley ein wenig zu besänftigen.
„Wovor bist du weggerannt?“ Das verstand der Dunkelhaarige immer noch nicht so ganz. Sie waren erst noch glücklich miteinander vereint gewesen und im nächsten Moment hatte der Kleinere wieder panisch die Flucht ergriffen. Alan war sich keiner Schuld bewusst. Er wusste echt nicht, was falsch gemacht hatte. Dabei hätte er nach dem Sex noch zu gerne ein wenig mit dem hübschen Fynn gekuschelt.
Der Ältere ließ ihm alle Zeit zum antworten. Schweigend stand Alan geduldig bei dem Wolf und verbarg sein Gesicht in dessen dargebotener Halsbeuge, während er ihn fest umschlungen hielt.
Wie würde er den kleinen Wolf nur dazu bringen können sich mehr ihm gegenüber zu öffnen? Alan würde ihm nur zu gerne bei seinen Problemen helfen, die dieser stillschweigend mit sich herumtrug und seine kleine Seele belasteten.
Sanft hielt er Fynn noch eine ganze Weile lang im Arm, bevor er sich vorsichtig von ihm löste und an der Hand haltend langsam Richtung Labyrinth führte. Es schien so als fühlte sich der Kleinere immer noch nicht dazu in der Lage ihm zu gestehen, was seine Seele so zu belasten schien.
Zielstrebig führte er ihn durch das komplette Heckenlabyrinth, an dem kleinen Pavillon vorbei, bis an das andere Ende. Sie verließen das Schlossgelände durch das Südtor und hielten erst kurz vor dem nächsten Waldrand und den Feldern an. Erst dort angekommen ließ Alan die zierliche Hand des Jüngeren los, nur um sich seiner Kleidung zu entledigen.
„Alan?“ Zaghaft wurde Alan am Arm berührt, um seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Er hielt in seiner Bewegung inne und blickte zu dem Blondschopf hinüber, als dieser ihn ansprach.
„Hm…?“
„Ich möchte nach Hause.“ Wie kam Fynnley den jetzt darauf? Dabei wollte er sich jetzt einen gemütlichen Abend mit ihm machen und eine Runde ganz alleine mit ihm laufen gehen. Das würde Fynns Kopf gut tun und sein Gemüt wieder etwas beruhigen. Einfach nur zu laufen und seinen Kopf dabei abschalten. Sich nur noch auf seinen Wolf und die Umgebung zu konzentrieren und die ganze Welt um sie herum vergessen.
„Nach Hause?“ Alan streifte sich sein Hemd wieder über die Schultern und wand sich dem Anderen nun ganz zu. Na schön, dann würden sie erst einmal reden. Wenn Fynn schon einmal den Drang verspürte mit ihm zu reden.
„Du bist da wo du hin gehörst, bei mir. Bei meinem…unserem Rudel.“ Alan hatte nicht vor ihn noch einmal gehen zu lassen, diesen Fehler würde er ganz sicher nicht begehen. Dafür hatte er zu schnell bemerkt, wie kostbar Fynn doch für ihn war. Ein Omega traf man nicht alle Tage und noch seltener traf er jemanden der ihm echt so schnell am Herzen lag wie der kleine Wolf vor ihm.
„Alan..“ Laut aufseufzend wand sich der Bondhaarige von ihm ab und sah dem offenliegenden Feld vor ihnen zu, wie sich die reife Frucht im Wind wog.
„Nein…bin ich nicht zu Hause. Ich will zurück zu meinem Rudel…zurück zu meiner Familie. Ich will wieder dorthin, wo ich hingehöre.“ Seine Familie? Seine Familie war jetzt hier. Fynn gehörte hier an seine Seite und sonst nirgendwo hin. Diese Flausen würde er dem Kleineren ganz schnell austreiben müssen.
„Ich und mein Rudel sind jetzt deine Familie und du gehörst hier an unsere Seite.“ So einfach war das.
„Meine Familie? Hast du dir mal angesehen, wie die Anderen mich behandeln? Wie könnte ich mich hier je zu Hause fühlen, wenn ich vom Rudel nur ignoriert werde. Das wird niemals mein Rudel werden. Mein Rudel, meine Familie, meine zu Hause ist und wird immer in Neh’rit sein an der Seite meines Bruders.“ Leise knurrend streifte er sich seine Jacke wieder über und ging langsam auf den Anderen zu.
„Untersteh dich mich einschüchtern zu wollen Alan“, zischte der Kleinere bedrohlich zurück. Alan würde das nicht zu lassen. Er würde Fynnley nicht gehen lassen. Nur über seine Leiche. Fynn gehörte ihm. Zumal der Jüngere doch selbst schuld an der Reaktion des Rudels auf ihn war.
„An dem Ganzen bist du selbst schuld. Hättest du dich nicht so…“
„Ich…? Ich bin schuld? Du bist doch an all dem Schlamassel schuld. Weil du so ein egoistisches Arschloch bist, das meint hier den dicken Alpha markieren zu müssen. Glaub bloß nicht daran, mir alles in die Schuhe schieben zu können.“ Leicht drückte sich der Zeigefinger des Kleineren in seine Brust, als er ihm so dicht gegenüberstand, dass er seinen Atem in seinem Gesicht spüren konnte. Niemand legte sich mit Alan an und setzte sich noch weniger über seine Befehle hinweg. Erst recht nicht auf seinem eigenen Grund und Boden.
„Ich bin der Letzte, der hier an der jetzigen Situation Schuld trägt. Wer ist denn von uns beiden hier halb tot auf der Insel angekommen und hat mich dann für die gut gemeinte Gastfreundlichkeit geschlagen?“, knurrend sah Alan Fynnley herausfordernd an. Ganz sicherlich nicht würde er sich die Schuld von ihm zuweisen lassen. Er hatte es nur gut gemein, als er Fynn hier aufgenommen und ihn versorgt hatte.
„Du bist so ein verdammt egoistischer Idiot…“ Frustriert aufseufzend warf Fynn verzweifelt die Hände in die Luft und wand sich von ihm in einem recht ruhigen Tempo ab, um ein paar Meter Sicherheitsabstand zwischen sie zu bringen. „Du verstehst gar nicht, wie ich das meine.“
„Ich und egoistisch? Denk mal lieber darüber, nach was du da gerade sagst. Jetzt reg dich mal nicht so auf…ich bin nicht blöd und verstehe schon was du mir zu sagen versuchst.“ Was dachte sich Fynn den dabei? So blöd wie dieser machte war Alan sicherlich nicht. Erst recht nicht als Alpha. So etwas konnte man sich in seinem Rang nicht leisten. Nicht ohne Grund wurde immer das stärkste und klügste Rudelmitglied zum Alpha ernannt.
„Ich reg mich doch nicht auf…ich stelle mal wieder nur fest, was für egoistische Bastarde Werwölfe manchmal sein können. Besonders Alphawerwölfe…“ Das ging zu weit. Fynn wusste wohl wirklich nicht, wo sein Platz im Rudel lag. Er war hier der Boss und er würde sich nicht länger diese Beleidigungen anhören. Egal wie gerne Alan den Blondhaarigen auch hatte, jetzt würde er ihn endlich mal auf seinen Platz zu Recht weisen müssen.
„Du bist auch ein Werwolf, falls du das bereits vergessen hast. Und du hast…“
Fynn unterbrach ihn einfach mit einer Handbewegung. Wütend auf knurrend trat Alan wieder auf ihn zu, doch da schoss der drohende Zeigefinger des blonden Wolfes nach vorne.
„Bleib gefälligst, wo du bist, und komm mir ja nicht noch einmal zu nahe. Du hältst jetzt mal die Klappe und hörst mir zu.“ Verbat ihm Fynn gerade wirklich den Mund? Seine Augen verengten sich zu schlitzen. Jetzt ging der kleine Omega eindeutig zu weit. Alan wollte schon auf Fynnley los gehen und ihn zu Recht stutzen, als dieser endlich weiter sprach.
„Aber ich bin kein Alpha, schon vergessen? Ich jedenfalls vergessen nichts….ich bin kein Werwolf und werde es auch nie sein. Also werde ich nie irgendwo dazugehören. Weder zu dir noch zu deinem Rudel noch gehöre ich richtig zu dem Rudel meines Bruders. Ich werde immer außen vorstehen und als Omega muss ich mich dir auch nicht unterwerfen.“
Sofort sah er die Veränderung in der Haltung des Jüngeren, nachdem Fynn diese Worte ausgesprochen hatte. Die für einen Augenblick weit aufgerissenen Augen verrieten ihm alles und er passte sich direkt der neuen Situation an und strahlte von sich auch etwas mehr Gelassenheit und Ruhe aus.
Alan war nicht entgangen, dass etwas nicht stimmte. Fynn hatte ihm von Anfang an einige Dinge nicht verraten wollten. Verschwieg etwas vor ihm und wenn Alan sich jetzt auf ihn stürzen würde, würde er nie von dem Omega die Wahrheit erfahren.
„Wie meinst du das?“ Jetzt würde Fynn ihm alles sagen müssen. Nun gab es kein Zurück mehr.
Alan trat einen Schritt vor, doch da hob Fynnley abwehrend die Hände.
„I..ich…nicht. Ich hätte das nicht erwähnen sollen. Das geht dich gar nichts an. Vergiss meine Worte.“ Total verunsichert wisch dieser vor ihm zurück und versuchte Alan dabei nicht in die Augen zu sehen. „Fynnley“, mit etwas mehr Nachdruck sprach er seinen Namen aus, blieb aber dabei stehen, um Fynn nicht weiter zu bedrängen. Als der blonde Wolf endlich seinen Blick hob, sah er in seinen Augenwinkeln Tränen glitzern.
„Ich….“ Fynn schluckte schwer und schien nicht so recht die passenden Worte zu finden, um ihm das mitzuteilen, was schon die ganze Zeit schwer auf seinem Herzen lag.
„Ich bin kein echter Werwolf….ich bin ein halber Mensch. Ein Mischling. “
Oh mein Gott. Fynnn hatte es tatsächlich ausgesprochen. Nun war es endlich raus. Sein dunkles Geheimnis war aufgeflogen, weil er seinen Mund einfach hatte nicht halten können. Jetzt würde er sich seinen größten Ängsten stellen müssen. Schwer schluckte Fynn den Kloß in seinem Hals hinab, der sich versuchte dort zu bilden.
„I…ich…Ich bin weder etwas Ganzes, noch etwas Halbes. Weder gehöre ich zu dem einen noch ganz zu dem Anderen. Ich bin halb Mensch und halb Wolf. Nie werde ich komplett irgendwo dazu gehören, da weder Menschen noch Werwölfe so jemanden wie mich tolerieren oder akzeptieren werden. Und wenn würde ich dennoch nie in meinem Leben respektiert werden“, kamen diese Worte schwer über seine bebenden Lippen.
Der Gesichtsausdruck von Alan, auf seine Worte sagte bereits alles. Wieder hatte Fynn jemanden vergrault der ihm langsam aber stetig näher gekommen war. Erst jetzt wurde ihm das so recht bewusst, dass er diesen sturen und arroganten Alpha, doch bereits begonnen hatte ins ein Herz hinein zu lassen. Langsam hatte sich Alan dort hinein geschlichen und sich begonnen dort einzurichten, ohne das Fynn es bemerkt hatte.
Es kam dem kleinen Halbwolf so vor, als würde er sich mal wieder nur im Kreis drehen. Immer wieder von vorne Anfangen zu müssen, ohne etwas dagegen tun zu können. Hilflos dem Lauf der Dinge zu sehen zu müssen und das Ganze nur, weil sein Vater sich in der Vergangenheit nicht hatte beherrschen können. Dieser hatte ja unbedingt eine menschliche Frau schwängern müssen, damit sie Fynn auf die Welt brachte. Eine für ihn fast fremde Frau, da er sie nie wirklich kennen gelernt hatte. Wobei. Eigentlich stimmte das nicht Ganz. Sie hatte ihn fünf Jahre im verborgenen groß gezogen, bis sie ihn einfach vor der Tür seines Vaters abgesetzt hatte, um dann für immer aus Fynnleys Leben zu verschwinden.
Früher hatte Fynn von seinem Fehler nicht gewusst, aber mittlerweile war es soweit das er alles an sich hasste. Allein die Tatsache, dass er ein Mischling war und niemand ihn je so lieben würde, brachte seine Welt schon ins Wanken. Er würde nie vollständig zu einer der beiden Rassen angehören. Kein Teil in ihm überwog den Anderen. Fynn hatte von beiden Seiten in bisschen. Also würde er sich nie für eine Partei entscheiden können.
Das hatte eben zur Folge, dass er sich nie vollkommen in eine der beiden bestehenden Gesellschaften einfügen konnte. Egal was er sagte, was er dachte oder tat. Es würde nie von großer Bedeutung sein. Es interessierte nie jemanden, wie es ihm ging und gehen würde. Er wurde nie wirklich ernst genommen, würde nie Anerkennung für erbrachte Leistungen bekommen.
Auch wenn er sagte sein zu Hause war bei seiner Familie und seinem Bruder, so fühlte es sich dennoch ganz anders an. Fynn war und würde immer ein Außenseiter bleiben, auch wenn er sich noch so anstrengte. Im Grunde war es noch nicht einmal von Bedeutung, dass er existierte. Weil er ja doch nur ein unbekanntes Licht unter vielen war. Einmal ein Außenseiter, immer ein Außenseiter. Aus dem Kreislauf der Zeit würde sich der junge Halbling nie befreien können. Egal wie sehr er sich auch anstrengte, diesen zu durchbrechen. Der Kreislauf drehte sich einfach weiter ohne die kleinste Veränderung aufzuweisen.
Mühsam versuchte der Kleinere die Tränen zu unterdrücken, die sich einen Weg nach draußen bahnen wollten. Tapfer versuchte er die aufkommenden Tränen hinab zu schlucken. Er wollte keine Schwäche vor Alan zeigen. Diese Genugtuung wollte er diesem nicht geben.
Nun würde ihn Alan auch hassen, jetzt wo er die Wahrheit kannte. Ihn wohlmöglich verspotten, verabscheuen und jagen. Oder gar noch Schlimmeres. Vielleicht war er ja bald ein toter Mann. Wobei das wohl auch niemanden interessieren würde. Die ersten Tränen bahnten sich einen Weg an seinen Wangen hinab.
Es gab also nur eine Möglichkeit. Er musste fliehen.
Rasch warf Fynnley einen letzten Blick auf Alan, bevor er sich von ihm abwand und relativ zügig das Weite suchte. Fynn musste hier weg. Er konnte den durchdringenden, anklagenden Blick des Älteren einfach nicht mehr ertragen. Zwar vernahm er wie Alan noch seinen Namen rief, doch davon ließ sich der Blondschopf nicht mehr aufhalten. Immer weiter entfernte er sich über das freie Feld und sah nicht einmal zurück.
Wahrscheinlich hatte ihn der Alpha bald eingeholt, doch das war ihm egal. Fynnley musste einfach im Laufen, auch wenn die Chance zu entkommen sehr gering war, aber Kampflos würde er sein Leben nicht aufgeben.
Als ein herannahender Wald in Sicht kam, nahm er noch einmal all seine Kraft zusammen und sprintete wie der Blitz in den Schutz der Wälder hinein. Atemlos sprang er über ein paar Wurzeln und über umgefallene Baumstämme, die ihm den Weg versperrten. Der erste Wahl der das Dorf umgab war schnell überwunden, danach konnte Fynn konnte bereits das Meer riechen. Weit konnte er vom Strand nicht mehr entfernt sein.
Nur noch ein paar Meter. Dann hatte er endlich sein Ziel erreicht. Seine vorläufige Freiheit.
Weiter kam Fynnley allerdings nicht mehr. Mit voller Wucht krachte er in etwas hinein oder besser gesagt in jemanden. Er riss den Anderen mit sich zu Boden. Es war keine Absicht gewesen, aber der Andere war so schnell aus den Büschen gesprungen das er einfach nicht mehr hatte bremsen können.
Alan. Oh Gott. Wie schnell hatte dieser ihn einholen können? Schmerzvoll stöhnte der unter ihm liegenden auf. Fynnley wollte schon aufspringen und davon laufen, als ihm ein vertrauter Geruch in die Nase stieg. Sogleich wurde er auch schon von zwei starken Armen festgehalten.
Der Kleinere öffnete langsam seine Augen und blickte in die ihm so vertrauten blaugrauen Augen, welche er bereits seit seiner Kindheit kannte. „Crispin…“, flüsterte der Halbwolf leise.
Auf schluchzend schloss er seinen großen Bruder feste in seine Arme und presste ihm damit noch zusätzlich die Luft aus denn schmerzen Lungen. Was den Größeren recht herzlich zu interessieren schien. Sein Bruder hatte ihn also endlich gefunden. Crispin war hier, er war wahrhaftig da. Keine Illusion. Der Mischling konnte es noch nicht so recht fassen. Endlich war er nicht mehr alleine.
Nun kannten die Tränen keinen Halten mehr und liefen nur so seine Wangen hinab, während er sein Gesicht an dessen Brust presste, um diese vor seinem Bruder zu verbergen. Fynn musste sich eingestehen das er bereits die Hoffnung aufgegeben gehabt, dass ihn sein älterer Bruder hier überhaupt noch finden würde. Schließlich hatte er Crispin keinen Anhaltspunkt hinterlassen, wo er hin verschwunden sein könnte.
Starke Arme drückten ihn fest an den warmen Körper unter sich. „Fynnley?“ Sanft begann sein Bruder ihm über sein Haar zu streicheln, während er noch ein wenig schmerzhaft ausatmete. Fynn hatte ihn ganz schön erwischt, doch das war im Moment völlig unwichtig. Hauptsache er hatte endlich seinen kleinen Bruder wieder. Wie sehr er ihn doch vermisst hatte.
Sein großer Bruder wusste eben genau, wie er Fynn beruhigen konnte. Cris ließ ihm die Zeit, die er brauchte, um sich wieder zu sammeln, bevor er sich langsam mit ihm aufsetzte und ihm die letzten Spuren der bereits versiegten Tränen wegwischte.
„Hi…“ Das typische Grinsen was er sonst immer auf seinen Lippen trug, wenn sie unter sich waren zierte die weichen Lippen des Älteren. Wie sehr Fynnley diesen Anblick doch vermisst hatte. Wider schloss er seine Arme um Crispin und drückte ihn nun auch feste an sich.
„Hallo“, murmelte er leise verlegen an dessen Halsbeuge. Sein Bruder, seine Familie war endlich wieder bei ihm. So recht konnte er es immer noch nicht fassen. Breite Hände rieben in beruhigenden kreisenden Bewegungen über seinen Rücken. „Alles klar Fynn?“ Schwach nickte der Kleinere und hielt sich einfach noch eine Weile an dem Älteren fest, bevor er ihm endlich ein wenig Platz zum Atmen gab. „Crispin….ich kann noch nicht so recht fassen, dass du wirklich hier bist. Du bist hier….“ Als sein Bruder seine Lippen einen kurzen Moment auf seine Stirn legte, um ihm einen kleinen Kuss wie früher darauf zu hauchen kehrte auch auf Fynnley Lippen ein schwaches Lächeln zurück.
„Ich hätte nicht erwartet dich ausgerechnet hier zu finden, mein Kleiner. Aber ich bin dennoch froh hier hingekommen zu sein und dich jetzt endlich wieder in den Armen halten zu können. Aber Fynn….langsam wirst du doch etwas schwer.“
Leicht empört über dessen Bemerkung plusterte der Gemeinte die Wangen für einen kurzen Moment lang auf. Als Fynn den Blick des Blondhaarigen sah, begann sie auf einmal beide laut los zu lachen, bevor er sich langsam von dem Schoß des Größeren erhob und ihm eine Hand reicht, um ihm wieder auf die Beine zu helfen. Ächzend kam Cris auf die Beine und hielt sich dabei leicht die Seite, welche Fynnley auf seine Flucht erwischt hatte.
„Mensch Fynnley, du hattest einen ganz schönes Tempo drauf gehabt“, kam es von dem Älteren, während Cris sich leicht über die schmerzende Seite rieb. „Vor was bist du denn davon gelaufen?“
Verdammt, das hatte er ganz vergessen. Sofort in Alarmbereitschaft begann er sich aufmerksam umzusehen, bevor er den Blauäugigen wieder ansah.
„Das ist eine lange Geschichte“, seufzte er schwer und strich sich sein Haar aus dem Gesicht. Sollte er seine großen Bruder wirklich erzählen was geschehen war? Crispin würde am Ende sehr wahrscheinlich stinksauer auf ihn sein und das wollte er eigentlich nicht. Jetzt wo er seinen älteren Bruder endlich wieder hatte, wollte er ihn nicht gleich wieder verärgern. Schließlich war der Halbling so froh darüber endlich wieder den Größeren um sich zu haben. Vielleicht würde Fynnley Crispin nicht alles verraten, aber sein Bruder hatte ein Recht darauf wenigstens einen kleinen Teil zu erfahren.
„Ehm…“ „Warte mal…fang am besten ganz von vorne an, an dem Tag wo du verschwunden bist“, bestimmte der Größere. Geduldig sah Crispin ihn an und ließ Fynn genug Zeit, um sich ein paar Worte zu Recht zu legen. Das würde nicht leicht werden.
„Naja…eigentlich hat alles mit Dimitri begonnen“, begann Fynnley zögernd. Als er den leicht fragenden Blick Crispins sah, wusste Fynn, dass er für Crispin noch genauer ausholen musste. „Dimitri…so ein großer mürrischer dunkelhaariger Werwolf aus Turnak. Das war der Jenige, welche mich am Markt mitgenommen hat. Ich hab ihn nicht ran gelassen und da ist er ausfallend geworden und ich bin eine Runde schwimmen gegangen.“
Fynn musste ja nicht unbedingt erwähnen, was für Gefühle da zwischen ihnen gewesen waren. Erst recht ließ er aus das er an dem Abend vollkommen den Verstand verloren und sich dann in die Fluten gestürzt hatte, nur um das Ganze nicht mehr ertragen zu müssen. Zwar sah Fynn den recht zweifelnden Blick seines Bruders, aber mehr wollte der Kleinere nicht mehr dazu sagen. Dimitri war schon lange Geschichte und nicht mehr der Rede wert.
„Ich hab wohl die Entfernung nicht richtig eingeschätzt und den Rückweg nicht mehr gepackt…das Nächste an das ich mich erinnern konnte war, wie ich von fremden Werwölfen umringt hier am Strand aufwachte. Sie klärten mich auf, wo ich mich genau befand und welchen Platz ich ab diesem Tag bei ihnen beziehen sollte und brachten mich in ihr Schloss. So bin ich hier auf Beneál gelandet und schlussendlich bei Alan in Ith’iel“, beendete er ruhig seinen groben Bericht über die vergangenen Wochen auf diesem Kontinent.
Als er den nachdenklichen Blick seines Bruders bemerkte, wusste Fynnley bereits genau, dass dieser sich die ganze Geschichte erst einmal durch den Kopf gehen lassen musste. Der Kleinere hoffte nur, dass Crispin nicht genauer nachhaken würde. Nur leider konnte er sich bis jetzt immer auf den scharfen Verstand des Älteren verlassen und so war es nicht verwunderlich das Crispin genauer nachfragen würde. Seinem scharfen Verstand entging eben nichts. Er war halt nicht umsonst Alpha des Nay'tirirudels.
„Und wie kommt es das sie dich hier ganz alleine herumspazieren lassen, wenn du quasi ein Fremder, gar Gefangener bist? Rück endlich mit der ganzen Wahrheit heraus und komm erst gar nicht auf die Idee mich anlügen zu wollen Fynnley Benett.
Du weißt ganz genau, wie sehr ich das hasse und du keine Chance hast damit durchzukommen. Also versuch es erst gar nicht. Außerdem weißt du genau, dass du egal mit welchem Thema, immer zu mir kommen kannst. Also warum bist du gerade um dein Leben gerannt?“
Fynnley hasste es, wenn sein großer Bruder das tat. Dabei wusste Cris genau, dass er egal in welcher Situation er sich auch immer im Moment befand, nie anlügen konnte. Dafür war Fynnley ein zu schlechter Lügner und Crispin bohrte einfach zu genau nach. Cris kannte seinen Bruder eben einfach zu gut, als das Fynn damit auch nur im Ansatz durch kommen konnnte.
„Ehm…“ Ein wenig nervös leckte sich der Jüngere unbewusst über die Lippen, bevor er sich genau überlegte wie er seinem Bruder das Ganze am berichtete, ohne das dieser gleich an die Decke sprang.
„Crispin? Wie kommt es eigentlich dazu, dass du hier alleine herumrennst? Ist alles in Ordnung beim Rudel?“ Natürlich wusste Fynnley genau, dass sein älterer Bruder ihm das nicht durchgehen lassen würde, aber dennoch musste er kurz von sich ablenken, um seine Worte genauer überdenken zu können. Als dieser schon die Augenbraue hoch hob und ihn zweifelnd ansah, wusste der Blondschopf genau, dass ihn der Größere durchschaut hatte.
„Fynnley.“ Ein leicht genervtes Seufzen kam von dessen Seite, bevor er sich locker an einen Baumstamm lehnte, um die ganze Situation ein wenig aufzulockern. Ein gutes Zeichen.
„Dem Rudel geht es gut und sie warten auf deine Rückkehr. Den Rest, den ich mitgebracht habe, ist drüben in Taena und wartet auf ein Zeichen von mir. Also komm mit mir zurück Fynn. Und jetzt lenk nicht länger vom Thema ab.“
Das war dann wohl sein Stichwort. Zwar hatte er noch nicht über alles nachdenken können, aber es hatte ihm genug Zeit gegeben zumindest die ersten Sätze zu Recht zu legen. „Okay…im Grunde lassen sie mich nicht alleine hier herumspazieren. Ich bin vor Alan, dem Alpha davon gelaufen. Er will mich…zum Gefährten haben.“ Zumindest hatte sich das Ganze so angehört, bis zu dem Punkt wo er sein Geheimnis verraten hatte. Fynn konnte genau hören, wie der Ältere kurz die Luft einzog. Er konnte sehen wie dieser schon drauf und dran war ihn zu unterbrechen, bevor er ihm mit einer Handbewegung bedeutete weiter zu erzählen.
„Erst war ich hier nur ihr Gefangener und dann irgendwie mehr…zwar hat Alan mich quasi von Anfang umworben und als sein Eigentum bezeichnet, doch das habe ich nicht so ernst genommen. Vielleicht, weil ich nie daran geglaubt habe das jemand wie er, an so jemandem wie mir etwas finden könnte. Und Ich denke das ich das erst richtig provoziert, als ich ihm die Stirn geboten habe und ihm eine Ohrfeige verpasst habe.“
Leise aufseufzend fuhr Fynnley sich mit der Hand durch sein Haar, bevor er wieder zu seinem Bruder aufsah. Dann dachte er noch einmal darüber nach und wand seinen Blick wieder doch lieber dem Gras zu. Das was jetzt kommen würde konnte er seinem Bruder nicht direkt ins Gesicht sagen. Dazu fehlte ihm der Mut.
„Dabei wollte ich nur nach Hause zurück. Zu euch und zurück unter Leute dich mich wenigstens ein bisschen leiden können. Ich wollte das nicht so recht und hab es auch erst nicht realisiert und hab mich dann doch irgendwie von dem Ganzen etwas hinreißen lassen und wir sind uns etwas näher gekommen.
Dabei hab ich Alan am Anfang überhaupt nicht leiden können, aber irgendwie hab ich ihn gern gewonnen und naja…jetzt hab ich es vermasselt. Im Eifer des Gefechts ist mir vorhin raus gerutscht, dass ich kein Werwolf bin, dann musste ich ihm die Wahrheit sagen und bin dann jetzt vor ihm geflohen. Also wird er hier wahrscheinlich bald auftauchen.“
Crispin war so still geworden. Ein wenig nervös sah Fynn zu dem Anderen auf und wusste nicht so recht, was er noch dazu sagen sollte. „Das war wohl so das Ganze, was mir die letzten Wochen wiederfahren ist“, murmelte Fynnley noch leise. Er hatte was anderes sehen wollen, jetzt hatte er es gesehen und wollte nur noch nach Hause zurück. „Cris…es…“
„Sag es nicht Fynn. Es gibt nichts, wofür du dich zu entschuldigen brauchst.“ Er sah, wie Crispin sich vom Baum abstieß und auf ihn zu kam. Ein wenig ungeschickt wisch er einen Schritt zurück, da stand sein Bruder auch schon vor ihm und hielt ihn fest.
„Hör mir gut zu Fynn. Es ist mir egal, was du gemacht hast. Hauptsache du bist wohl auf und ich hab dich endlich wieder kleiner Bruder.“ Sachte strich er ihm über die Wange und Fynnley konnte nicht widerstehen sich an die warme Hand des Größeren zu schmiegen. Verzieh ihm sein großer Bruder gerade wirklich?
„Es ist alles in Ordnung. Du kommst jetzt mit mir zurück nach Hause. Dort wird dir keiner mehr weh tun…egal ob seelisch oder körperlich. Und eins darfst du nie vergessen….wir können dich nicht nur leiden, wir lieben dich auch, kleiner Bruder.“
Das war es, was er immer gesucht hat und nie gefunden hat. Fynnley war blind gewesen. Eigentlich musste er nirgendwo anders nach jemandem suchen der ihn so liebte, wie er war, da seine Familie ihn schon immer so geliebt und respektiert hatte. Zumindest was seinen Bruder anging. Fynn erwiderte fest den Blick des Anderen und erkannte die Liebe, die aus diesem Blick sprach. Endlich war er wieder da, wo er hingehörte. Ihm stiegen schon wieder die Tränen in die Augen.
„Crispin…“, leise schluchzend umarmte er den Älteren und drückte sich fest an ihn. Normalerweise hasste Fynn sich für diese Schwäche, doch im Augenblick kümmerte es ihn nicht, da er sich vor seinem Bruder nicht zu schämen brauchte. Es konnte dem jungen Halbling doch egal sein, was andere über ihn dachten. Hauptsache er war mit sich selbst zufrieden und hatte eine Familie, die immer fest an ihn glaubte. Die ihn so liebte, wie er war und das akzeptierte was er nie würde sein können. Was wollte man im Leben mehr?
Jetzt wusste Fynn wieder, wo er hingehörte. Und das war in den schützenden Schoß seines Rudels zurück zu kehren. „Lass uns nach Hause gehen“, nuschelte Fynnley leicht verlegen an die Brust seines großen Bruders. Für den Moment reichten ihm die erlebten Abenteuer der letzten Wochen. Er wollte nur noch nach Hause, doch da hörte er schon etwas hinter sich.
„Moment…“, ertönte donnernd eine ihm wohlbekannte dunkle Stimme. Wenn man gerade vom Teufel sprach. Sichtlich erschrocken drehte sich der Kleinere langsam herum und blickte direkt in das recht wütende Gesicht Alans.
Verdammt, warum musste der Alpha auch ausgerechnet genau in diesem Moment hier auftauchen? Hätte Alan nicht einfach erst so in einer halben Stunde hier sein können? Dann wäre er und Cris schon über alle Berge gewesen. „Wo willst du hin?“
Sofort war sein großer Bruder an seiner Seite. Wobei er sich eher vor ihn stellte und Fynnley wieder hinter sich schob, als Fynnley versuchte eine freie Sicht auf den Dunkelhaarigen zu erhaschen. Das war seine Schlacht und die würde er auch gefälligst selbst schlagen. Doch Crispin war dabei wohl ganz anderer Ansicht und bot ihm gar nicht mehr die Chance sich hinter ihm wegzubewegen
„Das geht dich nichts an“, kam es recht unfreundlich von Crispin. Auf einmal veränderte sich der Blick Alans. „Oh…“ Was war der Andere den auf einmal so überrascht? Alan schien nicht mit dem Auftauchen seines älteren Bruders gerechnet zu haben. Dann verfinsterte sich Alans Blick zusehends.
„Hallo Crispin.“
„Hallo Alan….lange nicht mehr gesehen.“
Misstrauisch behielt er die zwei Alphas genau im Auge, als diese gefährliche Blickduelle miteinander aus zu fechten begannen. Irgendwas stimmte da nicht. Sie schienen sich nicht ganz fremd zu sein, doch woher kannten sie sich? Ihm ist noch nie zuvor aufgefallen, dass Crispin jemals Kontakt mit einem von Beneál gehabt hatte, erst recht wenn es deren Alpha Alan war. Davon hätte er mit Sicherheit was mitbekommen.
„Es ist wahnsinnig mutig von dir hier auf zu tauchen nachdem, was geschehen ist, doch deine Mühe ist umsonst. Fynn wird dich leider nicht begleiten können.“ Ihm entging nicht, wie sich die Haltung seines Bruders relativ schnell veränderte und er die Arme demonstrativ vor der Brust verschränkte, nachdem er die Worte Alans vernommen hatte.
Das würde noch Mord und Totschlag geben wenn die zwei aneinandergeraten würden. Also war es sein Aufgabe für die nächsten Minuten dafür zu sorgen, dass ein sich nicht gegenseitig an die Gurgel sprangen. Eine schwierige Aufgabe für einen jungen Halbwolf wie ihn. Dabei würde der Jüngste im Bunde nur zu gerne wissen, was zwischen den zwei Anführern vorgefallen war, das sie sich so feindselig gegenüberstanden. Sehr harmlos war das wohl nicht gewesen, anders würden sie sich nun nicht so feindselig gegenüberstehen und so ausschauen als wollten sie dem Anderen am liebsten jeweils einige wichtige Körperteile ausreißen und zu Mittag verspeisen.
„Mein kleiner Bruder wird mich sehr wohl begleiten und das ohne, dass ihn jemand daran hindern wird, weil er denkt, er hätte einen Anspruch auf ihn. Also wenn du uns entschuldigst...wir werden jetzt gehen.“ Sanft ergriff der Ältere seine Hand und wollte schon los gehen, da versperrte der Dunkelhaarige ihnen auch schon den Weg.
„Das kommt überhaupt nicht infrage, den du hast hier nichts zu sagen Crispin. Fynn schuldet dem Rudel etwas…wir haben ihn gerettet und versorgt. Er ist mein Gefangener. Er wird die Insel nicht ohne meine Erlaubnis verlassen. Zumal…Cris…Du hast meine Insel ohne mein Einverständnis betreten und du weißt genau was das heißt, wenn man ungefragt in das Jagdgebiet eines anderen eindringt.“ Ein wölfisches Grinsen machte sich dabei auf den weichen Lippen Alans breit. Dabei beschlich denn Jüngeren ein leicht ungutes Gefühl, das konnte wirklich nicht gut ausgehen.
Vorsichtshalber ergriff er den Arm seines großen Bruders und drückte etwas zu, um dem kampfbereiten Werwolf ein wenig zur Ruhe zu ermahnen. „Crispin…“ Doch anstatt ihn anzuhören entriss ihm der Ältere seinen Arm und trat einen Schritt auf den anderen Alpha zu. Bedrohlich die zähnefletschend blickte er dem fast gleich alten Werwolf tief in die Augen. Alan hatte wohl nie gelernt einen anderen Alpha nicht auf seinem eigenen Gebiet zu drohen. Zwar war es eigentlich sein Territorium, aber es war nie gut einem anderen dominanten Wolf zu drohen.
„Ich habe nur diese verdammte Insel betreten um mein Eigentum, mein Fleisch und Blut zurückzufordern. Du hältst ihn gegen seinen Willen hier gefangen und das werde ich nicht akzeptieren. Fynn gehört zu uns und ich werde ihn dorthin zurück bringen, wo er hingehört. Uns war zu seiner Familie. Wenn Fynnley sagt er kommt mit mir nach Hause zurück, dann geht er auch mit mir zurück. Und mir ist im Übrigen egal, was du denkst, denn ich werde nun deine Worte einfach ignorieren, mich umdrehen und gemeinsam mit Fynn diese gottverdammte Insel verlassen. Und ich will für dich hoffen, dass wir jetzt in aller Ruhe verschwinden können, weil sonst muss ich wohl oder übel handgreiflich werden und das wollen wir doch beide nicht Alan. Den das würde unschön für einen von uns ausgehen.“
Der Blondschopf konnte nicht so recht fassen, dass Crispin gerade quasi einem anderen Alpha Gewalt auf seinem eigenen Gebiet androhte, wenn er sich nicht klein und geruchlos hielt und sie einfach ziehen ließ. Das würde Alan sich nie im Leben bieten lassen, erst recht nicht, wenn das auf seinem Territorium geschah. Fynnley wusste echt den Einsatz seines geliebten Bruders zu schätzen, doch er bekam es langsam mit der Angst zu tun. Das war das Revier Alans und das sich sein Bruder so aufspielte ging überhaupt nicht, auch wenn er selbst Alpha eines ganzen Rudels war. Das würde noch sehr böse enden.
Zumal der Kleinere im Augenblick überhaupt nicht verstand, warum Alan so sehr darauf pochte, ihn hier auf der Insel behalten zu können. Dabei wusste er jetzt genau über seine Mängel und Fehler Bescheid, die er nie würde ändern können und das konnte so ein stolzer Wolf wie Alan mit Sicherheit nicht akzeptieren.
„Fynn gehört mir und du wirst ihn mir nicht wegnehmen.“ Leicht überrascht blickte er den Blauäugigen bei diesen Worten an und konnte nicht so recht fassen, dass dieser das gerade gesagt hatte. Hatte er das gerade wirklich richtig verstanden? Alan wollte ihn immer noch haben? Durfte er dem Ganzen etwa Glauben schenken und sich Hoffnungen machen? Sichtlich verunsichert sah er den Älteren an und wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Er glaubte ihm nicht. Ihm ging es sicherlich nur um den Machtkampf zwischen ihm und Crispin.
Auf einmal ging es so schnell. Erst war nur ein lautes Knurren zu hören, dann ging es richtig los. Der Halbling wurde von seinem Bruder los gelassen und zur Seite gestoßen, bevor er noch in die Schusslinie geraten konnte. Noch während ihre Verwandlung zum Wolf noch nicht ganz abgeschlossen war stürzten sich die zwei Alphas auch schon aufeinander. Crispin erreichte den Dunkelhaarigen zuerst und verpasste ihm einen deftigen Kinnhaken, der wirklich direkt ins Ziel ging.
Unsanft landete der Jüngste von ihnen auf dem kühlen Waldboden und rappelte sich sofort wieder auf die Beine. Doch anstatt zwischen die Zwei zu gehen, brachte er etwas Abstand zwischen sich und die kämpfenden Männer. Eine der ersten Regeln, die man als kleiner Welpe vom Rudel gelehrt bekam, war: Trete niemals zwischen zwei dominante Wölfe, wenn sie kämpfen wollen, den das könnte dein Ende sein. Erst recht nicht wenn sie um etwas kämpften das beide um jeden Preis der Welt haben wollten. Und er war sich sicher, dass beide bis aufs Blut, um ihn kämpfen würden. Auch wenn es für Alan wohl nur um das Recht zu gehen schien, als um ihn.
„Crispin….Alan…“, schrie der Kleinere verzweifelt, als die beiden Wölfe sich zu zerfleischen begannen. Im ersten Augenblick waren es noch Hände, dann waren es im nächsten Moment schon Krallen, Pfoten und Reißzähne die umherflogen. Der cremefarbene Wolf rammte Alan mit all seinem Körpergewicht zu Boden, während seine Reißzähne gefährlich nahe vor Alans Gesicht zuschnappten. Mit gefletschten Zähnen und wildem Geknurre schmiss der Andere den helleren Wolf von sich herunter und verbiss sich heftig in dem sonst so flauschigen Fell seines Bruders.
Doch das ließ sich Crispin nicht gefallen. Unbeeindruckt zog er dem anderen Wolf seine Krallen mitten über das Gesicht, bevor er sich aus dessen Kiefer befreien konnte. Blut tropfte von seinen Fangzähnen, was er sich nur zu gerne weg zu lecken schien. Wie sehr der junge Halbling es doch hasste, dass sie Raubtiere waren und sogar Gefallen daran fanden ihre eigene Artgenossen zu bekämpfen.
Dem rabenschwarzen Wolf sah man nach einigen Minuten die ersten Verletzungen nicht so recht an, wohingegen das weiße und cremefarbene Fell recht schnell mit Blut und Dreck getränkt war. Verzweifelt sah er den beiden wichtigsten Männern in seinem bisherigen Leben bei dem brutalen Kampf zu, da ihm nichts anderes übrig blieb als abzuwarten.
„Verdammt….ALAN….CRISPIN….“, schrie Fynnley die beiden Wölfe sichtlich verzweifelt an. Sie schienen ihn gar nicht mehr wahrzunehmen. Das Gold was in ihren Augen glänzte bezeugte, dass ihre Wölfe im Augenblick die Oberhand besaßen. Tief versuchte der Kleine durchzuatmen, um ja nicht in Panik zu geraten. Was sollte er nur tun? Das konnte ja nur böse enden, da Beide gleich stark zu sein schienen. Er musste was dagegen unternehmen, sonst würde einer von beiden den nächsten Tag nicht mehr mit erleben.
Auf einmal sprangen die beiden Wölfe auseinander und begannen sich in gebührendem Abstand zueinander zu umkreisen. Von der Kraftverteilung waren bei beiden gleich stark und in der Schnelligkeit schenkten sie sich auch nicht viel. Alan und Crispin waren sich wahrhaftig ebenbürtige Gegner.
Wenn er nicht schnell etwas unternehmen würde, würde es bald zu einem Kampf um Leben und Tod werden und das war das Letzte was Fynnley gewollt hatte. Es wurden Zähne gefletscht und bedrohlich durch die Luft geschnappt. Mit angelegten Ohren und angriffslustig funkelnden Augen umkreisten sich die Beiden immer enger. Das Knurren wurde immer lauter und Fynnley wurde von Minute zu Minute immer verzweifelter.
Er sah, dass Crispin leicht mit dem rechten Hinterbein hinkte und der schwarze Wolf eine riesige Bisswunde an der linken Flanke besaß, aus welcher ziemlich viel Blut herauslief. Wenn das nicht bald endete, würden die zwei Idioten noch an Blutverlust sterben. Anstatt durch die Hand ihres Gegenübers und das war wohl das Letzte was beide Werwölfe wollen würden, wenn sie bei Verstand waren. Was dominante Wölfe doch manchmal für Idioten sein konnten.
Dann ging es wieder los und sie stürzten wieder aufeinander zu. Crispin sprang elegant auf den Rücken des nur wenig älteren Wolfes, trotz angeschlagenem Hinterbein und verbiss sich heftig in dessen Nacken, was Alan daraufhin ein ziemlich schmerzhaftes Jaulen entlockte. Dann drehte dieser blitzartig den Spieß um und warf sich gemeinsam mit dem Anderen zu Boden, sodass dieser unter ihm lag und den Sturz für ihn abfing. Er hörte Knochen brechen und als er Cris schneller hecheln sah und ein unterdrückter Schmerzenslaut vernahm wusste er, dass es dessen zuvor schon lädiertes Bein war, das nun seinen Dienst quittierte, aber das schien noch lange kein Grund für diesen zu sein ans aufgeben zu denken.
Mit aller Kraft kämpfte er sich unter diesem hervor und verbiss sich ziemlich nah an der Hauptschlagader des Älteren und drückte zu. Ab diesem Zeitpunkt konnte der junge Wolf das Ganze nicht mehr mit ansehen. Tränen strömten ihm nun frei über das Gesicht, während er hilflos der Selbstverstümmelung der zwei Dickköpfe zu sehen musste. Das durfte doch nicht wahr sein. Was für Idioten die Zwei doch waren.
Ihm entging nicht, wie Alan wohl langsam die Nerven verlor und sich versuchte aus dem unbarmherzigen Biss seines Bruders zu lösen. Bei dem Versuch riss die Wunde immer weiter auf und immer Blut strömte aus der Verletzung.
Aus lauter Verzweiflung heraus stürzte Fynnley sich ohne Vorwarnung mitten in das Getümmel der zwei ineinander verkeilten Werwölfe und drückte seinem Bruder die Luft ab, achtete aber dabei darauf nicht allzu große Verletzungen davon zu tragen, bis dieser dann endlich das Bewusstsein verlor. Danach schmiss er sich rasch auf den schwarzen Wolf und hielt ihn fest umklammert, damit er sich nicht noch einmal auf seinen bewusstlosen Bruder stürzen konnte. Fynn trug zwar einige blutige Kratzer und eine Bisswunde an seinem Arm davon, bis Alan sich beruhigt hatte, doch das war im Moment sein geringstes Problem.
„Alan….Alan….bitte..bitte hör auf“, schluchzte der Blondhaarige und vergrub sein Gesicht in dem blutverschmierten Fell des Wolfes. Als der rabenschwarze Wolf in seinen Armen aufhörte zu kämpfen und sich seine Zähne aus seinem Arm lösten wusste der Kleinere, dass es nun endlich vorbei war. Erleichtert wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht und spürte kurz darauf schon, wie ihm der schwarze Wolf sachte über die blutende Wunde an seinem Arm zu lecken begann. Das konnte Alan ruhig auch leidtun, dass er ihn ausversehen erwischt hatte. Wobei es im Große und Ganzen ja eigentlich ein eigen Verschulden des Blondhaarigen war. „Ist nur halb so wild…nicht der Rede wert“, versuchte er mehr sich als den Wolf in seinen Armen zu beruhigen.
Er ließ kaum eine Minute später von dem Anderen ab, um zu seinem bewusstlosen Bruder hinüber und nach dem Rechten zu sehen. Als er ein lautes Knurren vernahm, drehte er sich um hob drohend seinen Zeigefinger in dessen Richtung. „Alan…Du bist jetzt ruhig und lässt meinen Bruder in Ruhe. Ich gehe jetzt nur nach im Schauen dann komm ich wieder und kümmere mich um dich. Also bleib gefälligst ruhig auf deinen vier Buchstaben sitzen und warte, bis ich wieder komme“, fauchte der Blondhaarige sichtlich erbost.
Zwar fletschte der Wolf danach immer noch die glänzend weißen Zähne, aber er blieb trotzallem ruhig dort sitzen, wo er war, und behielt jede einzelne Bewegung, die er machte, genau im Auge. Anschauen war jetzt also doch in Ordnung.
Bei dem großen cremefarbenen Wolf angekommen ließ er sich direkt neben ihm auf die Knie fallen und überprüfte erst einmal dessen Puls und Atmung, bevor er sich die ganzen Wunden ansah. „Ihr habt sie doch nicht alle“, murmelte Fynnley leise, als er das gebrochene Bein erblickte. Sachte strich er dem Älteren über die Schnauze. Wenn sie das nicht bald richteten, würde es falsch zusammenwachsen und das würde Folgeschäden mit sich ziehen. Schließlich heilte ein Werwolf viel schneller als ein normaler Mensch.
Er besah sich die größten Wunden und befand, dass es Crispin außer einem bisschen Blutverlust und dem gebrochenen Bein noch relativ gut weggekommen war. Jetzt konnte er nur hoffen, dass dieser nicht noch innere Blutungen besaß und noch mal relativ glimpflich davon gekommen war. Sanft strich er über das dreckverkrustete Fell des Älteren, bevor er sich langsam erhob und den Staub von der Hose abklopfte, um dann endlich wieder an Alans Seite zurück zukehren. Der schon ganz ungeduldig seine Rückkehr zu erwarten schien.
„Wir müssen ihn zu einem Arzt bringen, BEVOR er zu Bewusstsein kommt.“ Wenn er sein Bewusstsein bald wieder erlangte, würde er keinen Fuß mehr in Richtung Alans Territorium setzen, da es für ihn gar nicht in Frage kam sich von dem Feind helfen oder gar versorgen zu lassen. Er sah, wie auf seine Worte hin Alan wieder die Zähne zu blecken begann. „Keine Widerworte mein Lieber. Crispin kommt mit oder ich bleib hier bei ihm und du kehrst alleine zurück zum Anwesen.“
Daraufhin wurde der Wolf sofort wieder ruhig. Sachte strich er ihm über das weiche Fell am Kopf und bemerkte erfreut, dass auch er wieder die Kontrolle über seinen Wolf vollkommen zurück erlangt hatte. Rücksichtsvoll sparte er beim Streicheln die Krallenspuren in dessen Gesicht aus, während er ihn sanft weiter streichelte. Doch als er sich die Wunden von ihm endlich genauer ansehen wollte, sprang dieser wie von einer Tarantel gestochen auf und fletschte bedrohlich die Zähne. „Du hast zwar schöne Zähne, aber…“, begann der Kleinere ruhig und schlug ihm dabei sachte mahnend auf die Schnauze. „Das lass ich mir nicht gefallen Alan…..Komm schon du großer böser Wolf. Lass mich jetzt nach deinen Wunden schauen….die an deiner Flanke sieht ganz schön böse aus.“
Alan saß immer noch mit gefletschten Zähnen vor ihm und tat eine Kopfbewegung, die wie ein Kopfschütteln aussah. „Besser ich als jemand anderes, oder? Außerdem…umso schneller du mich danach schauen lässt, umso schneller ist das auch vorbei und umso schneller kommen wir hier weg.“ Fynnley konnte genau mit ansehen wie es in dem Kopf des Wolfes rundging, bis dieser sich ergeben auf den Boden sinken ließ und seinen Kopf auf die Vorderpfoten betete.
Das nahm der Kleinere einfach mal als Zeichen hin das es in Ordnung war ihn auf seine Verletzungen zu untersuchen. „So ist es brav.“ Den recht bissigen Kommentar hatte sich der Halbling einfach nicht verkneifen können, auch wenn ihm das ein leises Knurren von Alan einbrachte.
Die zwei Dummköpfe würden in den nächsten Tagen noch sehen was es heißt, wenn sie solch eine Dummheit noch einmal vor ihm begehen würden. Das duldete Fynn einfach nicht mehr länger und das würden die Zwei noch deutlich zu spüren bekommen. Vorsichtig begann er den Wolfskörper des Anderen auf Verletzungen abzusuchen und musste nicht lange suchen, bis er die ersten Blessuren fand.
Die meisten schienen auch bei ihm nur oberflächlich zu sein. Nichts was nicht in wenigen Tagen wieder verschwunden sein würde. Bis auf ein paar tiefere Verletzungen an dessen rechter Schulter und Seite und der tiefen Wunde am Hals und der der linken Flanke, aus der zwar immer noch einiges an Blut austrat. Dennoch konnte man sehen, dass bereits die Heilung bei Alan eingesetzt hatte. Also machte er sich nicht allzu große Sorgen um Alan. Zumal er immer noch so ein Dickkopf sein konnte. Solange er noch so stur war, schien auch noch alles in Ordnung mit ihm zu sein.
„Mensch Alan…ihr zwei müsst beide zum Arzt.“ Auf seine Worte hin kassierte er wieder nur ein leises Knurren von seitens des dunkeln Wolfes. Wie sehr er doch dominante Wölfe hasste. Die wollten sich nie helfen lassen, man musste sie immer zu ihrem Glück zwingen, da sie selbst nicht wussten, was für sie am besten war. Also würde Fynn das für diese beiden Sturköpfe übernehmen, sobald sie wieder zurück waren.
„Gut ich verarzte dich, wenn wir zurück sind, trotzdem haben wir ein kleines Problem. Wie kommen wir mit Crispin so schnell wie möglich zurück zum Anwesen?“ Langsam setzte sich der schwarze Wolf vor ihm auf, schleckte ihm einmal mit seiner langen Zunge durch das Gesicht und stieß dann ein lautes Heulen aus, welches keine Sekunde später von jemand anderes nicht weit entfernt in nördlicher Richtung erwidert wurde.
Die Anderen waren also in der Nähe? Er wischte sich die Sabber des schwarzen Wolfes aus dem Gesicht, bevor er sich leicht an den Älteren lehnte. Irgendwie war er doch recht froh, dass Alan aufgetaucht war und quasi gestanden hatte das ihm doch etwas an ihm lag und andererseits wollte er ihm am liebsten gleich eins mit dem dicksten Nudelholz das er auf die Schnelle auftreiben über den dicken Wolfsschädel ziehen. Was hatten sich die zwei Alphas auch so aufspielen müssen?
Fynn hätte nie erwartet das sich zwei Männer wegen ihm bis aufs Blut zerfetzen konnten. Wobei man ja eigentlich seinen Bruder abziehen musste, da sie ja miteinander verwandt waren und das in der Regel nicht galt. Vorsichtig strich er über das weiche Fell des Wolfes, an den Stellen wo es nicht blutverschmiert war, während sie auf den Rest warteten.
Er konnte nur hoffen, dass sie ihn nicht schon wieder für das hassten, was er getan hatte. Wobei es ihm im Grunde egal sein konnte. Schließlich hatte ihn das Rudel davor im Grunde immer noch nicht wirklich leiden können, alle außer Alans kleiner Schwester.
Es dauerte nicht lange da preschten drei Wölfe aus dem unteren Dickicht des Waldes heraus und verwandelten sich augenblicklich zurück in ihre menschliche Gestalt. Amira, Alans jüngere Schwester war unter ihnen und schien die kleine Gruppe anzuführen. Dieser komische Typ namens Charles, war der zweite im Bunde und der dritte war für ihn ein recht unbekanntes Gesicht.
„Alan? Wir sind so schnell gekommen, wie wir konnten….was ist geschehen?“ Sie schien im Sekundenbruchteil die ganze Situation mit einem Blick zu erfassen, nur um kurz darauf zu reagieren und sich auf den bewusstlosen Wolf stürzen zu wollen. Bevor Fynn auch nur einen Schritt in ihre Richtung machen konnte, reagierte der schwarze Wolf an seiner Seite auch schon und stellte sich der jungen Frau in den Weg.
„Amira nicht…das ist Crispin, mein älterer Bruder“, sprach der Kleinere aus was Alan wohl sagen würde, wenn er sich in menschlicher Gestalt befinden würde. „Alan und er müssen zu einem Arzt.“ Wie zur Bestätigung gab der dunkle Wolf eine Art niesen von sich, bevor er den Kopf schüttelte, sich erhob und zu Amira herüber trotte, um sich eine Hand auf den Kopf legen zu lassen.
„Mein Bruder scheint das ganz anders zu sehen“, kam es recht kühl von der sonst so taffen Brünetten. „Fynn…was ist hier geschehen? Was hast du getan?“ Das saß. Im Grunde hatte der Blondschopf ja nichts getan, außer dem Alpha des Eliónrudels zu gestehen, dass er kein vollständiger Werwolf war. Nur um dann kurz darauf total aufgewühlt vor ihm davon zu laufen. Im Grunde war das Ganze dann wohl doch seine Schuld. Schließlich hatten die Zwei sich wegen ihm ihre dicken Schädel eingeschlagen.
„Ich…“ Oh Gott. Reiß dich zusammen Fynnley. Sie dürfen in deinem Verhalten keinerlei Schwächen entdecken, sonst war es das für ihn. Tief atmete der Kleinere durch und versuchte sich ein paar Worte zurechtzulegen. „Ich bin davon gelaufen und Crispin hat mich im Wald gefunden. Dann kam auf einmal Alan dazu und irgendwie sind die Zwei dann aneinandergeraten“, gestand er halb den wahren Verlauf der vergangenen halben Stunde. Alles musste die jüngere Schwester Alans auch nicht erfahren, zumindest nicht von ihm, da er nicht wollte, dass sie ihn hasste. Weil er Amira wirklich sehr mochte und ihr für ihren bisherigen Beistand sehr dankbar war.
„So verhält Alan sich ja jetzt nur, weil er keine Lust auf den Arzt hat. Wer weiß….vielleicht hat er ja auch nur Angst.“ Sofort setzte der Kleinere zu einem Themenwechsel an, in der Hoffnung Amira von dem vorherigen Thema ablenken zu können.
Mit voller Absicht versuchte der Blondhaarige das Vollblut so zu provozieren das er es als eine Herausforderung sah zum Arzt zu gehen, wenn er nicht als schwach da stehen wollte. Anders würde ein so stolzer Werwolf wie er wohl nie zum Arzt gehen, egal wie schwerwiegend die Verletzungen auch sein mochten. Lieber würden sie wohl sterben. Sein bester Lehrmeister darin war sein Bruder gewesen. Der war auch immer so stur wie Alan und ihn hatte er auch immer zu seinem Glück zwingen müssen. Also wenn er das Ganze mit Crispin überlebt hatte, würde das mit Alan hoffentlich ein Kinderspiel werden, oder zumindest ein wenig leichter.
Ein leises Knurren und das Entblößen seiner Reiszähne zog Fynnleys Aufmerksamkeit wieder auf den wunderschönen Wolf mit den leuchtend blauen Augen. „Was?“ Versuchte das junge Halbblut relativ desinteressiert zu klingen. Amiras Blick ruhte spürbar auf ihnen, doch sie sagte nichts, da sie wohl zu erraten schein, was Fynn ausgeheckt hatte. Nicht nur der junge Wolf schien sich mit seinem sturen Bruder hatte herumschlagen müssen. Er bekam wieder nur ein Knurren mit angelegten Ohren von seitens Alans auf seine Worte hin.
„Bist du nun ein echter Wolf oder ein kleine Pussy? Nun stell dich nicht so an und nimm es wie ein echter Mann. Damit wir jetzt endlich weiter machen können.“ Harte Worte, aber sogleich bekamen sie die Reaktion des rabenschwarzen Werwolfes darauf zu sehen. Er sprang sofort auf und schüttelte sich demonstrativ, bevor er leicht in Fynns Richtung schnappte und voraus lief, ohne sich die kleinste Verletzung anmerken zu lassen. Das war doch typisch Alpha. Sie ließen sich nie ihre Schwächen anmerken, egal wie schwer sie auch verletzt sein mochten.
Als er zu den anderen drei hinübersah schaute er nur in verblüffte Gesichter, bevor Alans Schwester ihn leicht anzugrinsen begann. Ja, sie schien das Ganze auch sehr gut nachvollziehen zu können. Ein Leben mit einem Alpha als Bruder war eben nicht leicht.
Das Leben war eben ein reines Glücksspiel, das aus einzelnen Erfahrungen und Erlebnissen zusammen gewürfelt wurde. Und wenn man Glück hatte, kam man eben damit weiter und wenn man Pech hatte, wurde es nur noch schlimmer. All die Jahre mit seinem großen Bruder hatte ihn schon einiges gelehrt. Als halber Wolf musste man eben eins am aller besten, uns war, wie man sich ein sehr raues Fell zu legte, damit man sich auch ohne seine wölfische gestallt gegen die Anderen behaupten konnte.
Natürlich hatte Fynn sich in keinen geringer als Alan, einen sturen, launischen, besitzergreifenden, sehr gut aussehenden und herrischen Wolf und Alpha eines kompletten Rudels verlieben können. Der sich nicht mit weniger als einer Insel und einer eigenen Burg zufriedengeben konnte. Warum musste er auch immer wieder sein Herz an solche Idioten verlieren? Vielleicht war es einfach nur Schicksal, das er hier gelandet war und bekanntlich kam man nicht dagegen an.
Mit einer provisorisch zusammen gebastelten Trage hatten sie seinen noch bewusstlosen Bruder zurück auf das Anwesen tragen können, der sich in der zwischen Zeit in einen Menschen verwandelt hatte.
Sie sperrten ihn gegen Fynns Willen in eines der Turmzimmer ein, um angeblich besser so für die Sicherheit des Rudels sorgen zu können, aber wenigstens ließen sie dem anderen Alpha eine ärztliche Behandlung zu kommen. Sodass sein Bein bald wieder gerichtet und er gut versorgt worden war. Er überzeugte sich selbst noch einmal von der Arbeit des Arztes, bevor er dem Älteren einen kleinen Kuss auf die Stirn hauchte. „Wir sehen und später Crispin…und stell bloß keinen Unsinn an, wenn du wach wirst“, hauchte er leise und ließ ihn dann alleine zurück.
„Sorgt dafür, dass er noch was zu essen und zu trinken bekommt….ihr wisst ja wie dominante Wölfe und besonders Alphas sein können, wenn sie hungrig sind“, riet er den eingeteilten Wachen. Der Blondhaarige wusste einfach nur zu gut, wie das war und an der Art wie ihn die zwei Werwölfe ansahen schienen sie diese Erfahrung auch schon bereits gemacht zu haben. Nach dem ganzen Blutverlust würde Crispin mit großer Sicherheit sehr hungrig sein und das bedeutete eben, dass er ziemlich ungemütlich werden konnte, wenn er nichts zwischen die Zähne bekam. Viel Eiweiß war für den Heilungsprozess wichtig.
Erst nachdem er sichergestellt hatte, dass es seinem großen Bruder gut ging, gesellte er sich zu Alan in dessen Reich. Kaum dort angekommen entging ihm nicht das der Arzt immer noch nicht bei ihm gewesen war. Kurz lief er suchend durch die Gemächer des Größeren, bevor er ihn in seiner menschlichen Gestalt im Bad vorfand. Vollkommen nackt stand er vor dem Badezimmerspiegel wie Gott ihn geschaffen hatte und wusch sich sorgsam das Blut von seiner Haut. Das war mal wieder typisch Alpha, ließen sich nie helfen.
Nur nicht auf seine Körpermitte schauen. Er war ein Werwolf und sollte daher an solch einen Anblick bereits gewohnt sein, egal ob er nur ein halber Wolf war oder nicht. Schließlich gingen alle Werwölfe ziemlich offen mit ihrer Sexualität und Nacktheit um. Doch verdammt sah Alan einfach nur heiß aus, wie er so vor dem Spiegel stand, auch wenn er noch über und über mit Blut und Schlamm verkrustet war. Alan schien ihn gar nicht zu bemerken, oder seine Anwesenheit in diesem Raum nicht zu bemerken wollen.
Leise aufseufzend trat der junge Halbling näher an den Dunkelhaarigen ran und schnappte sich ebenfalls ein Tuch, um ihm dabei zu helfen das Blut abzuwaschen. Er musste sich stark zusammenreißen ihn nicht doch anzustarren. Zwar hätte er lieber gesehen, dass Alan sich von dem Arzt untersuchen lassen würde, doch gegen dessen Dickkopf schien niemand anzukommen.
„Pussy?“ Autsch, das hatte der Andere wohl nicht vergessen. Der Blondhaarige sah nur, wie der Blauäugige für einen kurzen Moment seinen Blick durch den Spiegel auf ihn richtete und Fynn zuckte nur die Schultern, bevor er seinen Blick wieder senkte und wortlos weiter zu schrubben begann.
Das war ein Zeichen für ihn das Alan ihn wohl gewähren ließ. Gewissenhaft tauchte Fynn den Lappen in das lauwarme Wasser in der Schale die auf dem Waschbecken stand hinein und begann vorsichtig den Rücken des Älteren zu säubern.
Nach und nach befreite er das sehr filigran gestochene Tattoo auf seinem Rücken. Immer mehr legte er davon frei und tauchte immer wieder den Lappen in das Wasser hinein, bis die schwarze Tinte auf seiner gebräunten Haut von allem Dreck und Blut befreit war. Er konnte einfach nicht wiederstehen. Schon, nachdem er das erste Mal das Wolfsrudel auf seinem Rücken erblickt hatte, wollte er die Konturen nachfahren. Sehr vorsichtig strich er einige Linien mit dem Finger nach und hörte nur kurz auf, als er Alan im ersten Moment zusammenzucken spürte. Danach entspannte sich dieser unter seinen Fingern sofort wieder und er machte weiter.
Fynn hatte sich auch immer so ein Tattoo gewünscht, aber leider war so an kompliziertes Tattoo nur den Alphas vorbehalten. Alle anderen Mitglieder des Rudels trugen kleinere und aus einfachen Strichen bestehende Tattoos. Da Fynnley selbst nur ein halber Wolf war zierte seine Haut noch nicht mal einen einzelner Strich. Wieder ein Unterschied zu seiner restlichen Familie und den anderen Wölfen. Er war und würde wohl auch immer ein Außenseiter bleiben. Leise aufseufzend schob er all diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich nur noch darauf die Dreck und Blutkrusten von Alans Haut abzubekommen.
Schweigend wusch er danach noch den Rest des geschundenen Körper des Wolfes und ließ den Lappen oft mehr als nötig über manche Stellen gleiten, bevor er ihn wieder in die Schale hinein tauchte und ausrang. Irgendwie gefiel es ihm Alan zu waschen.
Der Schwarzhaarige ließ das Ganze nur geschehen und schien es irgendwann auch einfach nur noch genoss. Mit leicht nach vorne hängendem Kopf stand er da und stützte sich ein wenig mit den Händen auf dem Waschbeckenrand vor sich ab, während er mit geschlossenen Augen das Ganze sichtlich zu genießen schien. Zärtlich ließ er den weichen Stoff über die noch empfindliche Haut nach der Verwandlung des Älteren wandern, bevor er ihn nach einiger Zeit für sauber genug erklärte. Langsam ließ er das Tuch sinken und betrachtete schweigend den Rücken des Älteren. Ließ seinen Blick ein letztes Mal über das schwarze Tattoo schweifen.
Fynnley konnte einfach nicht mehr länger widerstehen. Der junge Wolf musste jetzt einfach das tun was ihm schon die ganze Zeit über im Kopf herumging. Langsam beugte er sich vor und leckte einen der verweilenden Wassertropfen von der gebräunten Haut des Anderen ab. Er schmeckte einfach so verdammt gut. Kaum hatte seine Zunge die noch sehr empfindliche Haut des Werwolfes berührt merkte er, wie sich die Muskeln darunter leicht anzuspannen begannen.
„Tut mir leid…“ Sofort richtete sich der Kleinere wieder auf und wand sich von dem Dunkelhaarigen ab. Er sollte sich nicht so von seinen Gefühlen hinreißen lassen, das war doch alles total falsch. Zumal er immer noch überhaupt nicht wusste, wie er Alans Worte von vorhin auffassen sollte. Ob er es wirklich ernst gemeint hatte? Es fiel dem jungen Werwolf einfach so verdammt schwer dem ganzen Glauben zu schenken und erst recht dem Dunkelhaarigen zu widerstehen. Schließlich war das Einzige, was er im Augenblick wollte, einfach nur von dem Älteren im Arm gehalten zu werden. Obwohl er noch überhaupt nicht wusste, wie dieser jetzt zu der neu Situation zwischen ihnen stand.
Gerade als der Jüngere schon drauf und dran war den Raum zu verlassen griff Alan nach seinem Arm und hielt ihn fest. Leicht verunsichert sah er zu dem Größeren auf und wusste nicht so recht, wie er mit der neu gegebenen Situation umgehen sollte. Fynn war hin und her gerissen zwischen schreiend von der Klippe springen oder sich heulend unter der Bettdecke zusammenzurollen, doch am aller meisten wollte er einfach nur an Alans Seite bleiben. Trotz der letzten Vorkommnisse zwischen ihnen.
Anstatt irgendwelche großen Worte von sich zu geben, zog ihn der Ältere einfach näher an sich ran. Leicht wurde er gegen den warmen Körper des Anderen gedrückt und Fynn konnte nicht verhindern, dass er sogleich ein wenig entspannter von seiner Körperhaltung wurde. Der junge Wolf konnte nichts dagegen machen, sein Körper schien automatisch auf die sanften Berührungen zu reagieren, welche ihm Alan zu kommen ließ.
Er blickte Alan dabei direkt in die Augen, doch er konnte darin nichts anderes als Fürsorge und Liebe erkennen, oder bildete er sich das gerade vielleicht ein? „Es gibt nichts, wofür du dich zu entschuldigen brauchst Fynn.“ Warum konnte Alan einfach nicht fies und gemein zu ihm sein, einfach das Arschloch sein das alle in ihm sahen. Da senkten sich die weichen Lippen des Werwolfes auch schon auf seine und verführten ihn zu einem recht sanft beginnenden Kuss, der mit der Zeit immer leidenschaftlicher wurde. Wie sehr er diesen sturen Wolf doch hasste.
Völlig außer Atem löste er sich kurze Zeit später von dem Schwarzhaarigen und verbarg sein errötetes Gesicht in dessen Halsbeuge. Okay, das hatte er sich also nicht eingebildet. Aber warum fühlte Alan auf einmal so für ihn? War ihm etwas entgangen? Warum war er nicht der gemeine Idiot, für den er ihn immer gehalten hatte und konnte ihn nicht einfach von sich stoßen so wie alle anderen vor ihm auch?
Tief sog er den Duft des Älteren in seine Lungen, während er die körperliche Nähe zu dem Anderen sichtlich zu genoss. Ob er das alles nicht nur träumte? So recht konnte der Wolf mit den unterschiedlichen Augen nicht so recht fassen, dass er gerade in den Armen des Alphas lag. Dabei hatte er nicht noch einmal sein Herz an jemanden wie Alan verlieren wollen und jetzt war es auf einmal doch geschehen.
Er traute sich gar nicht so recht sich von dem Anderen zu lösen, doch irgendwann mussten sie das Ganze zwischen ihnen ja klären. Wenn nicht jetzt dann eben ein anderes Mal, aber Fynnley wollte es einfach endlich hinter sich bringen, da ihm sonst alles noch mehr über den Kopf wuchs als im Augenblick eh schon. Jetzt oder nie.
Ihm brummte der Schädel. Schwerfällig öffnete der Blauäugige seine Augen einen Spaltbreit, bevor er sich den Arm leise schmerzlich aufstöhnend über die Augen legte. Es kam dem Werwolf fast so vor als hätte er den Tag zuvor gut einen drauf gemacht und das wäre die Strafe für ein Saufgelage, doch Crispin war sich hundertprozentig sicher das er in den vergangen vierundzwanzig Stunden keinen einzigen Tropfen Alkohol zu sich genommen hatte.
Erst konnte er sich an nichts Konkretes erinnern, aber nach und nach kehrten die letzten Stunden in sein Gedächtnis zurück. Er hatte erfahren, wo sich seinen kleinen Bruder noch aufhalten konnte, und war sofort nach Beneál aufgebrochen, um festzustellen das sich Fynnley wirklich die ganze Zeit über hier gewesen war. Hier bei dem größten Arschloch, das er je kennen gelernt hatte. Er konnte sich noch genau an ihren Zusammenstoß erinnern und dann wie Alan, der Alpha des ansässigen Werwolfrudels zu ihnen gestoßen war. Dann war ein Kampf zwischen ihnen ausgebrochen. Cris würde Alan nie das verzeihen können, was er ihm in der Vergangenheit angetan hatte und das war alles heute hochgekocht.
„Verdammt…“, leise fluchend versuchte sich der Blondhaarige aufzusetzen. Schmerzlich verzog er leicht das Gesicht, während er sich die schmerzende Seite hielt und gegen das grelle Licht im Raum anblinzelte. Ein stechender Schmerz fuhr durch seinen gesamten Körper, als er versuchte seine Beine zu bewegen. Unterdrückt auf keuchend biss er die Zähne feste zusammen, bis der Schmerz wieder ein wenig nachgelassen hatte, bevor er vorsichtig die Bettdecke anhob, mit welcher er zugedeckt worden war. Das sah nicht gut aus.
Er spürte deutlich das Pochen ihn seinem Bein und betrachtete seinen Gips. So recht konnte sich der Alpha nicht mehr daran erinnern, wann er sich sein Bein gebrochen hatte, aber dem Gips nach zu urteilen schien es wirklich gebrochen zu sein. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Dabei hatte er doch nur seinen kleinen Bruder abholen und direkt wieder von dieser Insel verschwinden wollen.
Crispin versuchte erst einmal einen klaren Gedanken zu fassen, während er vorerst aufrecht im Bett sitzen blieb. Die Gedanken drehten sich in seinem Kopf, überschlugen sich regelrecht. Irgendwas war ihm entgangen.
Langsam sah der Blauäugige auf und ließ seinen Blick durch den recht kahlen Raum schweifen. Neben dem Bett, auf dem er saß befand, sich nicht gerade fiel in diesem Raum. Gerade mal noch ein kleiner Tisch und ein Stuhlpaar. Die geschlossene Tür und die Gitter vor den Fenstern ließen ihn darauf schlussfolgern, dass auch diese Tür nach draußen für ihn verschlossen sein würde. Wobei Cris eh nicht genau wusste wie er mit dem Bein weit kommen sollte. Er musste zu seinem Rudel zurück und ihnen mitteilen, dass er seinen kleinen Bruder gefunden hatte und sie ihn von hier befreien mussten, da Alan ihn wohl nicht kampflos herausgeben würde. Aber nicht mit ihm.
Ein wenig verwundert griff er sich an den leicht schmerzenden Hals, bevor ihn die Erinnerung an den kompletten Kampf mit voller Wucht traf. Die Erkenntnis kam schnell das Fynnley in den Kampf eingegriffen hatte und ihn außer Gefecht gesetzt hatte, um Alan aus seinem Griff zu befreien. Wut stieg in dem Älteren hoch, als er daran dachte. Sein Bruder beschützte diesen Idioten auch noch und hatte lieber ihm statt seinem eigenen Fleisch und Blut geholfen. Cris konnte das Ganze immer noch nicht wirklich so recht fassen. Sollte das alles wahr sein und Fynnley hatte ihn für den dunkelhaarigen Wolf hintergangen?
Er hatte ihn verraten. Auch wenn er nur um seinetwillen ihm die Luft abgedrückt, bis er das Bewusstsein verloren hatte, so hätte er sich doch auch für Alan entscheiden und ihn bewusstlos schlagen können. So hatte er sich quasi auf die Seite des Schwarzhaarigen gestellt. Das würde er seinem kleinen Bruder nie verzeihen. Verraten hatte er seinen eigenen Bruder. Da würde sich dieser in nächster Zukunft noch so häufig bei ihm entschuldigen können, wie er wollte, Cris würde die Ohren auf Durchzug stellen. Er fühlte sich wirklich von dem Kleineren hintergangen und das würde er noch deutlich zu spüren bekommen. Von seinem eigenen Bruder, sein eigen Fleisch und Blut. So recht konnte es der Blondschopf immer noch nicht fassen.
„Fynnley….“, rief er laut und rieb sich dabei über den noch etwas wunden Hals. Er konnte nur hoffen dass, das Ganze bald vorbei war und er hier so schnell wie möglich wieder weg konnte. Am liebsten natürlich mit Fynn an seiner Seite, auch wenn er ihn im Moment am liebsten einfach nur übers Knie legen wollte. Er würde diesem Arschloch von einem Alpha sicherlich nicht seinen jüngeren Bruder überlassen. Nur über seine Leiche. Erst recht nicht nachdem, was Alan ihm damals angetan hatte. Fynnley hatte was besser als denn Alpha des Eliónrudels verdient, trotz seines Verrats.
Lieber würde er sein Bruder dem Teufel höchstpersönlich überlassen, als ihn noch einmal an der Seite dieses Bastards zu sehen.
Laut fluchend schwang Crispin sein gesundes Bein nach einiger Zeit über die Bettkante, um sein eingegipstes Bein besser betrachten zu können. Er hatte es satt tatenlos herumsitzen zu müssen und wollte endlich etwas unternehmen. Cris konnte nicht länger mit dem Gedanken leben, dass dieser Bastard sich hier irgendwo in der Nähe aufhielt. Wohlmöglich noch bei seinem geliebten kleinen Bruder in der Nähe. Wie weit er wohl mit dem Bein kommen würde? Also kämpfen würde wohl in nächster Zeit ausfallen.
Irgendwas musste er dennoch auf jeden Fall unternehmen, denn langsam musste er echt ins Bad. Also erst ab ins Bad und dann seinen Bruder vor Alan retten. Da sich niemand dazu verantwortlich zu fühlen schien ihm dabei behilflich zu sein, musste Cris wohl alleine schauen wie er dort hinkam. Gerade als er auch das verletzte Bein über die Bettkante schwingen wollte, hörte er ein leises Rascheln.
„Du solltest dich besser noch ein wenig ausruhen“, erklang auf einmal eine recht wohlklingende samtene Stimme von seiner linken Seite. Der Alpha war stolz auf sich nicht zusammengezuckt zu sein, bei dem plötzlichen Auftauchen der Stimme. Der Blauäugige versuchte nicht überrascht zu wirken, als er sich langsam in die Richtung drehte, aus welcher die Stimmen an seine Ohren gedrungen waren.
Ein recht hübscher junger Mann mit rotbraunen Haaren und Augen so grau wie flüssiges Silber, blickten ihn über ein aufgeschlagenes Buch hinweg an. Wo kam der den auf einmal her? Vorhin hatte sich noch niemand außer ihm in diesem Raum aufgehalten.
Langsam hob der junge Wolf den Blick und sah dem Älteren tief in die Augen. Wo sollte er nur anfangen? Es gab so viel, dass er fragen wollte und so wenig wo er wohl eine Antwort darauf bekommen würde.
Sie würden das Ganze aus der Welt schaffen müssen wenn mehr aus ihnen, als Freunde mit gewissen Vorzügen, werden sollte. Das würde Fynnley auch nie ausreichen, da er kein Mensch war, der für so etwas geschaffen war. Er wollte einfach mehr, als nur körperlich von dem Dunkelhaarigen begehrt zu werden. Der Kleinere wollte, dass auch Alan mehr Gefühle für ihn hegte, als in Wahrheit gut für sie zwei waren. Er wollte einfach von dem dominanten, herrschsüchtigen und recht ansehnlichen Wolf mit all seinen Fehlern von Kopf bis Fuß geliebt werden.
Im Grunde war ihm ja schon egal, was die Anderen über sie denken würden, aber dennoch würden sie wohl ein recht komisches Paar abgeben, wenn Alan sich wirklich für ihn entscheiden sollte. Immerhin war er nur ein halber Werwolf und würde auch nie wieder vollständig werden. Das sollte dem Alpha von Anfang an klar sein, wenn sie nun wirklich eine Beziehung miteinander beginnen wollten. Den Fynn würde sich nie für jemanden so verändern oder sich so biegen lassen, dass er sich selbst nicht mehr wider erkannte. Er blieb stets seinen Prinzipien treu und das würde er für keinen Wolf auf der Welt ändern, nicht einmal für Alan.
Wobei er seinen letzten Schwur gebrochen hatte. Nie wieder wollte er sich in so jemanden wie Alan verlieben und jetzt war es doch geschehen. Nur hier schienen seine Hoffnung und seine Liebe nicht ganz aussichtslos zu sein. Zumindest wenn er den Worten des anderen Glauben schenken durfte.
Ein wenig verunsichert sah der Kleinere zu Alan auf und wusste nicht so ganz, auf was er nun genau wartete. Ob der Blauäugige den ersten Schritt machen würde? Aber eigentlich schien er nicht wirklich gut mit Worten umgehen zu können. Alan war wohl eher der Typ, der sich viel lieber mit seinem Körper und seinen Taten ausdrückte, anstatt das Ganze einfach mal mit einem langen Gespräch zu klären. In der Regel störte das Fynnley auch nicht, doch im Moment erschien es ihm einfach nicht richtig die letzten vergangenen Stunden quasi zu vergessen und noch einmal von vorne anzufangen. Das konnte und wollte der junge Wolf auch nicht.
Doch von seitens des Älteren würde wohl nichts kommen. Leise aufseufzend wand er seinen Blick von diesem ab und löste sich langsam aus dessen Umarmung, aber er kam nicht weit. Sofort wurde der Griff des Dunkelhaarigen stärker und er zog ihn zurück an seine Brust. „Wo willst du denn hin?“ Er schien wohl gar nichts zu verstehen. Oder zumindest nichts verstehen wollen. Dabei war es doch so offensichtlich, dass es etwas zwischen ihnen zu klären gab. Warum musste er dieses Gespräch anfangen? Alan könnte ja auch mal den ersten Schritt wagen, wenn er wirklich das für ihn empfand, was er ihm bis jetzt vorgegeben hatte für ihn zu fühlen.
„Ich brauch ein bisschen mehr Freiraum“, meinte der Kleinere leise zu dem Alpha. Er war ein Denker. Wenn er wirklich das komplette Gespräch mit Alan führen wollte, würde er sich erst einmal ein paar Worte zurechtlegen müssen, um nicht dumm da zustehen. Schließlich würde er diesem auch seine Beweggründe so mitteilen müssen, dass auch dieser das Ganze leicht nachvollziehen konnte. Es war eben schwierig mit einem Gefühlsmuffel über so etwas zu sprechen. „Ich lass dich nicht wieder gehen.“ Wie lahm war den der Spruch bitte. „Du lässt mich nicht wieder gehen? Im Grunde hast du mich noch gar nicht zurück bekommen. Wobei….genau genommen hast du mich nie besessen.“ Das waren zwar harte Worte, die er da dem Vollblut da an den Kopf warf, aber es war die Wahrheit. Alan hatte ihn nie besessen, und wenn es so weiter gehen würde, würde er ihn auch nie besitzen. Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen veränderte sich auch schon die komplette Haltung des halb nackten Werwolfes vor sich. Mit verschränkten Armen vor der Brust blickte er zu ihm hinab. Er hasst es, wenn der Ältere dies tat. Dann kam er sich immer so klein und winzig vor.
Auch Fynn hatte seinen Stolz und ließ es nicht zu sich von irgendwem in seinem Leben unterdrücken zu lassen. Das war schließlich sein Leben und nur er konnte darüber frei entscheiden. Er war ein freier Mann. Weder seine Familie noch sein Bruder und erst recht nicht ein Kerl der meinte er würde Gefühle für ihn empfinden, würden ihn je zu etwas machen können was er nie hatte sein wollen. Alan konnte sich abschminken bei ihm den dicken Wolf markieren zu müssen, denn darauf fuhr der Blondhaarige überhaupt nicht ab.
So verschränkte nun auch er demonstrativ seine Arme vor der Brust und stand mit leicht nach vorne gerecktem Kinn mutig dem dominanten Werwolf vor sich gegenüber. So leicht ließ er sich sicherlich nicht unterkriegen.
Er war noch nie der unterwürfige Typ gewesen und das würde auch Alan noch lernen müssen. Entweder auf die sanfte oder die harte Tour. Es kam eben ganz auf die Reaktion und das Verhalten des Älteren ihm gegenüber an. Wenn der Andere das bis jetzt noch nicht bemerkt hatte, würde er das jetzt lernen müssen. Er konnte beobachten, wie dessen Mimik im Gesicht sich kurz verzog, bevor er ihn kühl wie immer anblickte. Dem Anschein nach schien ihm die ganze Situation wohl nicht viel auszumachen.
„Du bist mein und wirst es auch immer bleiben. In dir schlägt das Herz eines Wolfes. Egal ob du ein ganzer oder nur ein halber Wolf bist“, kam es recht gelassen von dem Dunkelhaarigen, während er die Arme wieder sinken ließ. Sollte er ihm das wirklich glauben? Zu viel war ihm in der Vergangenheit wiederfahren, als das er Alan seinen Worten Glauben schenken könnte.
Zumal das sich für ihn ganz danach anhörte als würde er Alan gehören und dem war nicht so. Fynn war sein eigener Herr und würde es auch immer bleiben. Er würde sich nie von irgendeinem Kerl unterdrücken lassen der ein Verlangen hatte unbedingt an seiner Seite haben zu wollen. „Du hast doch keine Ahnung wie es ist sich als unvollständiger Wolf durchs Leben schlagen zu müssen.“
Verunsichert strich er sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, bevor er sich nachdenklich von dem Größeren abwand. Ob er das jetzt wohl nur sagte, um ihn hier zu behalten? Quasi als Trophäe. Es hatte auf ihn so gewirkt als wäre etwas sehr gravierendes in der Vergangenheit der beiden Alphas passiert. Nach der starken Reaktion aufeinander war er sich sicher, dass es sehr verheerend gewesen sein musste, was zwischen ihnen vorgefallen war. Also könnte es auch gut möglich sein das Alan ihn einfach nur hier behalten wollte, um indirekt einen Sieg über Crispin zu erreichen.
„Da magst du vielleicht recht haben, aber ich weiß auch wie es ist nie ganz dazuzugehören. Was glaubst du warum ich und mein Rudel hier auf Beneál leben? Einer Insel ganz abseits jeglicher Zivilisation. Nicht nur du hast kein leichtes Leben in der Vergangenheit gehabt. Außenseiter..Einzelgänger…Verbrecher….Einsame Wölfe haben hier schon ihr zu Hause gefunden, weil ich unvoreingenommen auf sie zu gegangen bin. Ich gebe jedem eine Chance egal, welche Vergangenheit auch hinter ihm liegen mag. Das Einzige was ich von dem Jenigen verlange ist blinder Gehorsam und Loyalität mir gegenüber und wenn sie sich nicht dumm anstellen sind, sie meistens bald ein Teil des Rudels…Deswegen werde ich auch nie etwas auf mein Rudel kommen lassen. Wir sind alle eine große Familie, zu welcher auch du dazugehören kannst, wenn du das möchtest, Fynnley.“
Lautlos aufseufzend wand er sich wieder zu dem Blauäugigen um und nahm ihn genau unter die Lupe. Abwartend ließ Alan seine Blicke über sich ergehen. Sollte er seinem Kopf glauben oder lieber seinem Herzen? Sein Herz sagte ihm das er ihn wirklich zu lieben schien, doch sein Kopf Spinte sich zusammen das er eher an einem Sieg über seinen großen Bruder aus war. Vielleicht sollte er doch auf sein Bauchgefühl hören, denn das stimmte seinem Herzen zu und auf das hatte er sich bis jetzt immer verlassen können.
„Was ist zwischen dir und Crispin vorgefallen?“ Ganz direkt fragte er nun frei heraus, was er von dem Dunkelhaarigen wissen wollte. Bevor sie das Gespräch noch weiter vertieften und er irgendwann eine Entscheidung fällte wollte er diese wichtige Frage noch klären, da Fynn nicht wollte, dass irgendwas sich aus der Vergangenheit zwischen die drängte. „Das kann ich dir leider nicht sagen.“ War das wirklich sein ernst? Er konnte es ihm nicht sagen?
Ohne ein weiteres Wort an den Älteren zu richten, lief er in Richtung des Balkons, welches an Alans Zimmer angrenzte. Er brauchte dringend frische Luft, damit er besser über das Ganze nachdenken konnte. Die ganzen Worte die ihm Alan auch noch an den Kopf warf taten nicht gerade ihr bestes dazu ihn in Ruhe über das Ganze nachdenken zu lassen.
Schweigend ruhte sein Blick für einen kurzen Moment auf dessen Gesicht, bevor er seinen Gegenüber von Kopf bis Fuß musterte. Wie war der den auf einmal hier rein gekommen? Er könnte schwören er wäre bis gerade eben noch alleine in diesem Raum gewesen. Trotz der Worte des hübschen Fremden blieb er so aufrecht sitzen, bis dieser sein Buch zuklappte. „Legst du dich nun wieder hin oder muss ich dir helfen kommen?“ Mit diesen Worten erwachte er aus seiner Starre und sein Blick wurde automatisch finsterer. Er war hier der Alpha und würde sich ganz sicherlich nichts von diesem sagen. „Danke, aber ich komme ganz gut alleine zurecht“, knurrte er leise. Der Rothaarige gehörte eindeutig zu Alan, also gab es gar keinen Grund freundlich zu diesem zu sein. „Leg dich wieder hin“, kam es noch einmal mit mehr Nachdruck von dem Anderen. Leicht begann der Blondhaarige die Zähne zu fletschen. „Du hast mir hier gar nichts zu sagen.“
Crispin beobachtete den Fremden genau wie er ruhig das Buch was er gerade noch gelesen hatte zur Seite legte und sich langsam von seinem Platz erhob, um auf ihn zuzukommen. „Komm mir nicht ja nicht näher. Ich kann selbst für mich sorgen, also verpiss dich. Ich brauch keinen Aufpasser“, zischte Cris bedrohlich. Ihm passte es gar nicht das er hier mit seinem Bein festsaß und erst recht nicht das irgendjemand Fremdes diese Schwäche auch noch mitbekam. Der dominante Wolf fühlte sich einfach zu eingeengt und bedroht, als das er nicht leicht aggressive dem Anderen gegenüber war. Obwohl dieser noch gar nicht getan hatte, was ihn normalerweise sonst auf die Palme brachte.
Unbeeindruckt von seinen Worten kam der Rotschopf weiterhin auf ihn zu und blieb kurz vor ihm stehen. „Ich wiederhole mich nur ungerne, also mach das was ich dir gesagt habe und leg dich jetzt wieder hin.“ Ein leises bedrohliches Knurren entrang sich seiner Brust, als dieser ihm so kam. Der Alpha hasste es so bedrängt zu werden und erst recht so von einem unterwürfigeren Wolf behandelt zu werden.
„Nur über meine Leiche Junge. Ich werde gleich im Bad verschwinden und das ohne deine Hilfe. Ist das klar?“ Wütend anfunkelnd blickte er zu dem minimal Größeren auf. „Junge? Ich glaube du hast keine Ahnung, wie alt ich bin.“
„Und ich glaube du weißt nicht wo dein Platz ist. Mir ist egal, wie alt du bist. Hauptsache du lässt mich jetzt endlich in Ruhe. Am besten verlässt du ganz den Raum. Ich werde deinem „Chef“ auch nichts davon sagen“, gab er nur leicht bissig darauf. Ihm war doch egal, wie alt dieser Mann vor ihm war. Er war kein Alpha also stand er nicht über ihm und somit war er immer noch der dominanteste Werwolf hier im Raum. Was bedeutet, dass dieser sich ihm rein theoretisch zu unterwerfen hatte.
„Alan hat rein gar nichts hiermit zu tun und nur zur Information ich bin Charles und 27 Jahre alt. Also schon lange aus dem Kindheitsalter raus. Nun sei nicht so Starrköpfig und lass dir helfen.“ Das ließ ihn doch ein wenig stutzen. Sollte der Andere wirklich zwei Jahre älter als er sein? Wirklich älter sah er ja nicht aus, aber das war als Werwolf auch nicht gerade relevant, da sie auch bis ins hohe Alter hinein wie 20 oder 30 Jahre aussehen konnten. Wenn er so an seinen Vater dachte, dem hatte man, bis er 70 Jahre alt war, kein graues Haar angesehen, aber bei blonden Haaren fiel das meistens auch recht spät auf.
„Crispin…“ Wenn dieser sich ihm schon vorstellte, auch wenn es sehr unhöflich gewesen war. Gegen die gute Erziehung seiner Mutter kam er eben nicht an. Trotzdem würde er diesem Gegenüber nicht zu gebend das er hier der Jüngere von beiden war. Warum auch ein unbedeutendes Detail von sich geben?
„Komm schon…lass mich dir helfen.“
„Verpiss dich endlich….ich bekomme das alleine hin.“ Nie im Leben würde er sich die Blöße geben sich von einem Fremden auf die Toilette bringen zu lassen. Erst recht nicht einem so unhöflichen Kerl gegenüber. Auf einmal änderte sich die komplette Haltung des Anderen und er zog sich langsam zurück. „Wie du willst. Da steht was zu Essen für dich auf dem Tisch, wenn du Hunger hast. Ich bin vor der Tür, falls du mich doch brauchen solltest.“ Das ging ja mal schnell. Cris hätte nie gedacht den Kerl so schnell wieder los zu werden. Sobald Charles aus dem Raum verschwunden war, entspannte sich der Alpha auch langsam wieder. Charles, was für ein Name. Eine weitere unwichtige Person in seinem Leben mit der er hatte Bekanntschaft machen müssen. Egal wie gut er auch aussehen mochte, an so jemandem würde er nie Interesse haben. Schon rein aus dem Prinzip, das er ein Wolf aus Alans Rudel war.
Es war zwar nicht fair von ihm Alan einfach mitten im Gespräch stehen zu lassen, aber was war schon im Leben fair. Mit Schwung stieß er die beiden Glastüren auf und trat an die kühle Nachtluft hinaus. Ihm war egal ob ihm der Alpha folgen würde oder nicht. Erst einmal musste er wieder einen kühlen Kopf bekommen, um die ganze Situation besser einschätzen zu können. Tief sog er die kühle Luft in die Lungen ein die ihm sofort entgegen schlug, bis er einen leichten Schmerz verspürte und sie dann in kleinen rauch Wolken wieder ausstieß. Es war verdammt kalt die letzten Tage geworden und so verdammt hell.
Einen Blick nach unten werfend und er wusste genau das sie sich über dem Rosengarten des Schlosses befanden. Der Balkon war recht einladend durch seine beachtliche Größe und den wunderschönen Verzierungen, die den dunkeln Stein zierten. Die in Stein gehauenen Bilder von Wölfen und Menschen erzählten ihre eigene Geschichte.
Langsam richtete er seinen Blick gegen den Nachthimmel hinauf und blickte geradewegs in den grellen recht vollen Mond hinein. Es war Vollmond. Wie hatte er das die letzten Tage vergessen können. Er liebte es, wenn sich ihm der Mond in seiner vollen Pracht präsentierte. Wie er dann dort so Intensive den dunkeln Nachthimmel erleuchtete und alle Kummer und Sorgen, wie der Wind davon trug.
Er strahlte immer so eine Energie aus die beruhigend auf den Blondhaarigen wirkte. Leise aufseufzend schloss Fynnley seine Augen und reckte sein Gesicht genießend dem Himmel entgegen. Erst als er ein lautes Heulen aus der näheren Umgebung vernahm, öffnete er sie wieder und blickte in die Richtung aus, welcher der Ruf des Wolfes gekommen war.
„Das Rudel ruft nach dir“, meinte er leise zu Alan, der ihm auf den Balkon gefolgt war, ohne den Blick von dem grellleuchtenden Vollmond am Abendhimmel abzuwenden. „Fynn eins solltest du dir schon mal gleich merken. Das Rudel kann auch für einen Moment lang ohne mich klarkommen oder gar auf mich warten….du aber nicht. Das hier muss vorher geklärt werden, da ich nicht möchte, dass so etwas zwischen uns steht.“
Er wusste, wie der Ältere das meinte, doch so ganz passte es ihm nicht, wie dieser sich dabei ausdrückte. Zwar schien es dem Dunkelhaarigen nicht so bewusst zu sein, aber das würde er diesem jetzt klar machen, dass er kein unterwürfiger Wolf war, der sich einfach auf den Rücken drehte und auf die Gnade des Alphas wartete. Ganz sicher nicht mit ihm.
Er hatte auch Gefühle und seinen Stolz und die würde sich Fynn nicht nehmen lassen. Langsam wand er sich zu diesem um, verschränkte seine Arme vor der Brust und lehnte sich leicht mit der Hüfte an das marmorne Geländer des Balkons.
„Ich…? Du glaubst also wirklich ich käme nicht ohne dich aus?“, wollte er wie zur Bestätigung noch einmal von Alan hören. Wobei er ihm keine Zeit ließ, darauf zu antworten.
„Ich kam 21 Jahre lang auch ohne deine Hilfe aus, also werde ich wohl den Rest meines Lebens auch ohne Aufpasser verbringen können. Schließlich lebe und werde ich auch ohne deine Unterstützung und Hilfe weiter leben. Der Einzige auf den ich mich verlassen kann, bin ich selbst, daher bin ich auch nur von mir selbst abhängig, muss mich nur vor mir selbst rechtfertigen und für meine Fehler gerade stehen und sonst vor niemandem. Das sollte dir langsam mal klar werden. Also glaub ja nicht, dass ich dich in diesem Augenblick bräuchte.
Ich bin zwar kein vollständiger Wolf, aber auch kein zartes Persönchen, das jetzt nach Hilfe schluchzend in der Ecke sitzt und sich die Augen ausweint nur weil er alleine sein muss. Ich bin ein halber Wolf und stolz darauf. Ich komme gut alleine zurecht. Geh du jetzt nur mit deinem Rudel laufen, das hier kann noch warten“, gab der junge Halbling nur von sich und machte dabei eine umfassende Handbewegung zwischen ihm und Alan, um damit die ganze Situation damit zu erfassen.
Er musste dabei ja nicht erwähnen, dass er es eigentlich hasste, nur ein halber Wolf zu sein. Dies ging den Anderen auch gar nichts an. „Nein, das werde ich nicht tun. Solange das zwischen uns noch nicht geklärt ist.“
Wie hartnäckig er doch war. Gut, dann musste er wohl seinen letzten Trumpf ausspielen von dem er genau wusste das Alan ihm diesen nicht beantworten würde.
„Dann verrate mir endlich, was zwischen dir und Crispin vorgefallen ist. Das ist das Einzige was zwischen uns steht. Wenn das geklärt ist kannst du gehen.“
„Das kann ich leider nicht Fynn“, kam es aufrichtig von dem Dunkelhaarigen. Leicht aufseufzend strich sich dieser ein paar verirrte Strähnen aus dem Gesicht, während sein Blick fest auf Fynn ruhte. Wohl in der Hoffnung, dass er ihm das Ganze abkaufte. Doch nicht mit ihm. „Du kannst nicht? Du meinst, du willst mir nichts davon erzählen.“
„Nein, ich kann dir darüber wirklich nichts verraten.“ Verächtlich schnaubend blickte er den Älteren an. Wandte sich aber sogleich von diesem wieder ab, nur um dem Mond seine Aufmerksamkeit zu schenken. Erneut ertönte ein lautes Aufheulen in welches, dieses Mal, noch mehr Wölfe mit einstimmten. Sie riefen Alan. Doch darauf schien der Ältere nicht zu reagieren, seine ganze Aufmerksamkeit galt im Augenblick nur Fynn.
„Hör endlich auf mich anzulügen Alan! Du willst es mir nicht sagen, oder? Wenn du wieder so anfängst, hat das zwischen uns wohl weniger zu bedeuten, als gedacht. Geh…geh zu deinem Rudel, es wartet schließlich auf dich. Zwischen uns ist alles geklärt.“ Damit war das Gespräch für Fynn beendet.
Denn wenn ihm Alan nicht sagen wollte was passiert war, um damit die Vergangenheit aus dem Weg zu schaffen, war auch kein Platz für die Zukunft. Schließlich war die Vergangenheit ein aktuelles Thema zwischen ihnen, dank den Vorkommnissen des letzten Tages.
„Wie du wünschst! Ich wünsche dir noch eine geruhsame Nacht Fynn. Ich denke, wir werden uns später noch einmal sehen.“ Mit diesen Worten war der Ältere auch schon verschwunden und Fynnley alleine auf dem Balkon. Eine vereinzelte Träne lief seine Wange hinab. Die Erkenntnis, dass ihn der Andere quasi gerade hatte fallen lassen, sickerte in seinen Verstand. Er konnte es noch nicht so recht fassen. Erst bekundete er lautstark vor seinem Bruder, dass er ihm gehörte und ihn nicht mehr gehen lassen würde und nun ließ er ihn doch wieder allein. Schweigend beobachtete er wie wenige Momente später ein rabenschwarzer Wolf in den Wald hinein stürmte.
Was für ein elender Lügner der Schwarzhaarige doch war. Erst schien es so, als wollte er alles klären, wollte ihn nicht alleine mit seinen Gedanken in dieser trostlosen Vollmondnacht zurücklassen und nun tat er es doch. Nur weil er ihm nicht hatte verraten wollen was damals zwischen ihm und seinem großen Bruder vorgefallen war. Die Vergangenheit zwischen den Beiden musste ziemlich heftig gewesen sein, sonst würde sich Alan nicht ihm gegenüber wegen so einem Thema verschließen.
Wie hatte er sich nur in so einen verdammten Idioten verlieben können? Am liebsten würde er lautstark heraus schreien, was für ein gewaltiges Arschloch Alan doch war und was ihm einfiel ihn so zu behandeln. Er war auch ein Mann. Fynn hatte auch ein Recht zu Leben, ein Recht seinen eigenen Willen und seine eigene Freiheit zu haben. Wenn der Alpha einen unterwürfigen Wolf hätte haben wollen, hätte er ihn nicht als sein Eigentum beanspruchen sollen. Er war bereits viel zu oft, von ihm, an der Nase herum geführt worden. Hatte sich zu sehr von seinen gewand formulierten Sätzen einwickeln lassen. Das würde nicht noch einmal geschehen.
Tief holte er Luft und wischte sich rasch die verräterischen Spuren, seiner Schwäche, von den Wangen. Immer Ruhe bewahren, war die Devise. Er würde sich jetzt nicht die Blöße geben lauthals los zu schreien oder gar wegen Alan zu weinen. Nein, nicht um solch einen Dummkopf, der seiner nicht würdig war. Ein lautes Heulen und unzählige Stimmen die darauf antworteten, verkündeten ihm, dass Alan nun endlich bei den Anderen angekommen war. Sollte er sich doch mit seinem Rudel amüsieren. Er würde schon sehen, was er durch sein Verhalten ihm gegenüber erreichte.
So schnell kann es gehen. Endlich war Crispin wieder alleine. Er lauschte einen Moment lang noch den sich entfernenden Schritten, bevor er sich komplett aus dem Bett hochstemmte. Doch bereits nach wenigen Sekunden wurde er eines besseren belehrt. Mit zusammen gebissenen Zähnen schwankte er auf dem gesunden Bein vor und zurück, um sein Gleichgewicht zu halten. Doch es gelang ihm nicht sehr lange und er kippte nach vorne über und machte unfreiwillig Bekanntschaft mit dem kalten Boden. Das war keine gute Idee gewesen.
Er hatte etwas, bei dem Sturz, das verletzte Bein erwischt und sah für einen kurzen Augenblick nur Sterne.
Tief sog er sich die Luft in die Lungen, während er gegen die Schwärze anzublinzeln versuchte. Cris brauchte einige Minuten, um sich wieder zu sammeln. Leise grummelnd hievte er sich zurück auf das Bett. Sein Bein würde zwar in wenigen Tagen verheilt sein, aber dennoch tat es im Moment verdammt weh.
Irgendwie musste er es doch, ohne Hilfe, in dieses verdammte Badezimmer schaffen können. Nachdem der größte Schmerz vorbei war, ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. An zwei Stäben neben seinem Bett blieb er hängen. Zwar war ihm so etwas noch nicht unter die Augen gekommen, doch Crispin war fester Überzeugung, dass man sie ihm hingestellt hatte um sich alleine fortbewegen zu können.
Einen Moment lang sammelte er noch einmal all seinen Mut zusammen, griff nach diesen Dingern und testete die Stabilität. Daraufhin richtete er sich mit diesen auf und sein noch gebrochenes Bein entlastete. So dürfte es funktionieren. Also erst einmal zum Bad und dann etwas essen. Zumindest war das vorerst sein Plan.
Es dauerte zwar seine Zeit, aber nach kurzer Eingewöhnungszeit, schaffte er es erfolgreich ins Bad und auch wieder zurück. Nachdem er sich etwas umständlich Erleichterung verschafft hatte. Leicht erschöpft ließ der Wolf sich auf dem Stuhl nieder und legte sein gebrochenes Bein in eine, einigermaßen, bequeme Lage. Er hatte einen Bärenhunger. Sein Magen bekundete lautstark seine Zustimmung, dass es höchste Zeit war zu essen.
Misstrauisch betrachtete er, dass für ihn gebrachte Essen. Ein großes Stück Fleisch lag dort, neben einem halben Brotlaib und einem Krug voll Wasser, auf dem Tablett. Er brauchte die Energie und das Eiweiß für die Heilung. Außerdem hätte es schlimmer sein können.
Erst beschnupperte das Essen und das Wasser nach möglichen Veränderungen ab, bevor er es für ungefährlich erklärte und das Essen regelrecht herunter zu schlingen begann. Erst ein Klopfen an der Tür, ließ ihn in seinem Tun, inne zu halten.
„Niemand zu Hause“, gab er nur mit vollem Mund von sich. Er hatte jetzt keine Lust darauf gestört zu werden, aber der Eindringling ließ sich nicht abschütteln. Es klopfte noch einmal. „Was?“, maulte er und spülte den Rest, in seinem Mund, mit Wasser seine Kehle hinab. Cris hasste es beim Essen gestört zu werden. Zumal seine Stimmung zurzeit fast auf dem Tiefpunkt angelangt war.
Die Tür wurde leicht zögerlich aufgemacht, was seine Aufmerksamkeit doch auf den Neuankömmling zog. „Fynnley?“ Er schluckte die letzten Reste seines Essens hinab. Der konnte jetzt was erleben. Dass er sich überhaupt noch einmal in seine Nähe traute.
Leise klopfte er an der Tür zu Crispins Zimmer oder besser gesagt an dessen Zellentür. Nachdem ihn Alan einfach so alleine gelassen hatte, war Fynn zu Bett gegangen. Nur an Schlaf war nicht zu denken gewesen. Unruhig hatte er sich in den weichen Laken herum gewälzt, bevor er die triste Einsamkeit nicht mehr ausgehalten und sich auf den Weg zu seinem älteren Bruder gemacht hatte. Und jetzt stand er hier und hörte nur die unfreundlichen Worte des Anderen.
Ob er wohl wusste, dass sein kleiner Bruder vor der Tür stand? Wohl kaum. Er kratzte all seinen Mut zusammen und klopfte noch einmal an der schweren Eichentür. Egal wie mies gelaunt Cris auch sein mochte. Fynnley brauchte im Augenblick den Beistand seines großen Bruders. Zwar klang er immer noch recht unfreundlich, aber dennoch wollte er nicht davor zurückschrecken, einzutreten. Mutig trat er ein und schloss leise die Tür hinter sich.
„Hallo.“
Der Blick, mit dem ihn sein Bruder bedachte als er ihn sah, sprach Bände. Verrat blitzte darin auf und Enttäuschung. Er ahnte was sein Bruder im Moment fühlte, schließlich musste es für ihn so aussehen, als hätte ihn sein eigen Fleisch und Blut verraten. „Crispin…“
Trotzdem, es tat gut zu sehen, dass es seinem Bruder nicht allzu schlecht ging und er auch etwas Ordentliches zu essen bekommen hatte. Jetzt konnten er nur hoffen, dass er bald wieder auf den Beinen war und zu seinem Rudel zurückkehren konnte, ohne das ein Krieg zwischen denn Rudel ausbrach.
„Nichts da Crispin! Du brauchst gar nicht zu versuchen das bereits geschehene, erklären zu wollen. Ich weiß ja nun, auf wen ich mich im Notfall, verlassen kann.“ Das waren harte Worte.
„Aber Cris ich…“ Wie konnte er das je wieder gut machen? Dabei hatte er, dass alles nicht gewollt. Er liebte seine Familie über alles und nun sah ihn der Ältere so an.
„Verschwinde…ich will jetzt niemanden sehen“, keifte dieser nur, während er die Reste seiner Mahlzeit verschlang. Alle Gefühle der letzten Stunden brachen über dem Kleineren zusammen. Er ließ seinen Blick zu Boden schweifen und begann leicht zu zittern. Er versuchte nicht in Panik zu geraten und die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Fynn hasste sich dafür, dass er den Tränen immer so nahe wahr.
„I…ich wollte das nicht“, begann er mit zitternder Stimme. „Ich liebe dich doch…ich meine...Crispin...ich hatte so Angst um dich…um ihn…da war so viel Blut.“
Die Tränen kannten kein Halten mehr und begannen, heiß, seine Wangen hinab zu laufen. Wie hätte er ahnen sollen, dass es für alle Beteiligten so enden würde? Hätte er es gewusst, hätte er sich niemals auf Dimitri eingelassen. Dann wäre er nicht noch einmal enttäuscht worden, wäre nicht ins offene Meer geschwommen und wäre nie auf dieser Insel, bei Alan gelandet und hätte sich nie, in diesen egoistischen Wolf verliebt.
Seine Knie wurden weich, als ihn die Erkenntnis traf. Es war alles seine Schuld. Er brauchte erst gar nicht die Schuld bei anderen suchen zu wollen, da sonst niemand für das Ganze verantwortlich war, außer er selbst. Fynn wusste nicht, wie er das Geschehene je wieder gut machen konnte. Wie er je wieder das Vertrauen seines Bruders zurück erlangen konnte. Er hatte ihn verloren. Nun war er ganz allein, ohne den schützenden Rückhalt seiner Familie. Für ihn brach eine Welt zusammen. Noch nie zuvor hatte er sich auf der Welt so allein gefühlt wie jetzt, da seine Familie, egal was auch geschehen war, immer hinter ihm gestanden hatte.
„Ich...es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Oh mein Gott…es ist alles meine Schuld“, schluchzte der Blondhaarige verzweifelt und ließ sich auf den Boden sinken. Tief vergrub er sein Gesicht in den Händen und begann hemmungslos vor Cris´s Augen an zu weinen. Im Augenblick war dem jungen Werwolf alles zu viel. Sollte man ihn doch für ein Weichei halten, er konnte einfach nicht anders. Er hatte alles verloren und das alles nur, weil er nicht hatte hören wollen. Weil er etwas von der Welt hatte sehen wollen. Dabei war es ihm doch ganz gut gegangen, als er, in seinem goldenen Käfig, bei seiner Familie gelebt hatte. Was würde er im Augenblick doch dafür geben, wieder dorthin zurückzukehren. Zurück in den schützenden Schoß seiner Familie.
Fynn bekam gar nicht mit, wie sich die Haltung seines Bruders, im selben Moment seines Zusammenbruchs, veränderte. Schwerfällig erhob dieser sich und kam mit den Krücken zu ihm gehumpelt. „Fynn…“ Schluchzend vergrub dieser sein Gesicht tiefer in den Händen und nahm die Anwesenheit seines Bruders kaum war. „Fynnley.“ Sachte legte sich eine Hand auf seine Schulter. Er schüttelte sie ab. Er wollte sich nicht noch mehr anhören. „FYNNLEY…verdammt noch mal!“, kam es nun sichtlich erbost von seinem großen Bruder.
„Sieh mich an“, befahl dieser mit Nachdruck in der Stimme. Langsam hörte er auf am ganzen Körper zu zittern und blickte immer noch schluchzend zu seinem Bruder und Alpha auf. Sanft strich Crispin ihm über die Wange, während sein Blick wieder voller Liebe zu ihm war. Er sah ihn genauso an wie früher. Warum? Wie konnte er ihn nur so ansehen?
„Fynn ich werde dich immer lieben, egal was auch passieren mag. Natürlich habe ich mich im ersten Moment aufgeregt, als mir bewusst wurde, dass du ihn, anstatt mich gewählt hast. Aber ich kann verstehen warum…zumindest beginne ich es langsam zu verstehen, auch wenn es mir nicht gerade passt, was da zwischen dir und Alan läuft.“
Cris ergriff seine Hand und zog ihn zurück auf die Beine, um ihn dann, langsam zu seinem Bett hinüber zu geleiten. Mit den Krücken und seinem gebrochenen Bein war das nicht gerade ein Kinderspiel. „Und rede dir jetzt bloß nicht ein, dass dies allein deine Schuld war. An so etwas sind immer mindestens zwei beteiligt…wobei es in diesem Fall wohl eher mehrere Personen waren“, versuchte Crispin, Fynnley leise zu beruhigen und strich ihm dabei die letzten Tränen, mit dem Daumen, von den Wangen.
Fynnley nahm das dargebotene Taschentuch entgegen und wischte sich die verräterischen Spuren aus dem Gesicht. Es würde alles wieder gut werden. Er hatte schon Schlimmeres überstanden. Wobei der Verrat an seinem Bruder, bis jetzt, das Übelste gewesen war. Erst einmal beruhigen und dann konnte man in Ruhe über alles Weitere reden.
„Oh Crispin…es tut mir so leid“, murmelte er leise. Ihm war es so peinlich, aber in dem Moment hatte Fynn einfach nur nach seinem Herzen gehandelt und sein Herz schlug im Augenblick, nur für den dunkelhaarigen Wolf, der mit seinem Rudel durch die dichten Wälder streifte.
Fynnley wusste das es nicht richtig war was er für Alan fühlte, doch er konnte nicht anders. Wer konnte schon entscheiden in wen man sich verliebte? Wenn er könnte würde er dem ganzen sofort ein Ende setzen, aber er konnte es nicht. Er konnte Alan nicht einfach so aus seinem Herzen ausschließen und ihn ignorieren.
„Shh...Fynn. Es wird alles gut. Ich bin dir nicht mehr böse“, kam es ruhig von dem Blondhaarigen. Sanft strich ihm sein Bruder ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Er schmiegte sich an die warme Hand des Anderen, welche sanft, ihm über die Wange fuhr.
Wie sehr er seinen Bruder doch liebte und schätzte. Er wusste immer genau was er brauchte, um wieder auf die Beine zu kommen. Es wirkte immer so auf den jungen Halbling, als wüsste Crispin immer was er zu tun und zu lassen hatte. Natürlich hatte sein großer Bruder ein paar Jahre mehr Erfahrung als er selbst, doch dies war nicht ausschließlich ein Teil der Sicherheit, die dieser ausstrahlte und auch widerspiegelte. Im Grunde musste er auch nicht wissen woher das kam. Die Hauptsache war das er seinen Bruder endlich wieder hatte.
Leise aufseufzend ließ Fynn sich gegen den Größeren sinken und lehnte seinen Kopf an dessen Schulter. Ja, so fühlte es sich richtig an. Zwar war er noch nicht ganz da angekommen, wo er hatte hin wollen, aber dank Crispin´s Auftauchen, war er dem ein gutes Stück näher gekommen. Er hatte so zumindest wieder einen Teil seiner Familie bei sich. Es war ein guter Grundstein, auf welchem er seine Zukunft aufbauen konnte.
Schweigend saßen sie eine ganze Weile nebeneinander, bevor Fynn einmal tief durchatmete und langsam den Kopf anhob. Genug Zeit vergeudet. Jetzt war es an der Zeit seine Zukunft in die Hand zu nehmen und sie selbst in die richtige Richtung zu lenken.
„Cris?“, zögernd sprach er diese Frage aus. Schüchtern sah er zu dem Älteren hinüber und wusste nicht so genau, wie er seine nächsten Worte formulieren sollte. Fynn wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, aber dennoch wollte er gerne erfahren, warum das Wortgefecht zwischen den Zwein so eskaliert war und warum ihm Alan nicht sagen konnte, oder eher wollte, was zwischen ihnen vorgefallen war. Es musste wirklich verehrend gewesen sein, wenn die Beiden, immer noch, solch einen Hass füreinander hegten.
„Mh…?“ Leise aufseufzend wand Fynn seinen Blick wieder von ihm ab und blickte aus dem vergitterten Fenster hinaus. „Was…“ Er musste erst einmal den Klos hinunter schlucken, welcher sich in seinem Hals gebildet hatte.
„Was ist damals zwischen Alan und dir vorgefallen?“
„Kannst du das nicht Alan fragen?“ Crispin schien es wohl genauso wenig zu gefallen, ihm darauf eine Antwort geben zu wollen.
„Nein…er hat sich geweigert, mir davon etwas zu erzählen. Crispin…bitte.“ Er hatte schon ein wenig Angst, dass sie sich vielleicht so zerfleischt haben, weil sie mal etwas miteinander gehabt hatten. Der Halbling musste es heraus finden. Fynnley wollte nicht mit dem Wissen leben, dass er sich vielleicht in einen ehemaligen Liebhaber seines Bruders verliebt haben könnte.
Es war eigentlich ein total abwegiger Gedanke, aber dennoch musste er sicher gehen, dass es nicht stimmte. Er musste wissen, aus welchem Grund, die Zwei sich so abgrundtief hassten. Er hoffte wirklich, dass es nur ein dummer Gedanke von ihm war.
Es herrschte eine lange Zeit ein eisernes Schweigen. Die Frage hing wie ein dunkler Schatten, über ihnen im Raum. Fynn brauchte die Gewissheit, dass zwischen den Beiden nichts gelaufen war. Doch auch sein großer Bruder schien ihm nicht wirklich eine Antwort auf die Frage geben zu wollen. Er hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, da erhob sich der Blondhaarige etwas schwerfällig vom Bett und humpelte zu dem vergitterten Fenster hinüber. Ruhig verharrte er dort eine ganze Weile, bevor er laut aufseufzend zu erzählen begann.
„Fynn…erinnerst du dich noch an Emily?“
Fynn glaubte sich dunkel an eine kleine, brünette Wölfin erinnern zu können, die eine Zeit lang in ihrem Rudel gelebt hatte. Er war sich seiner Erinnerung nicht sicher, bejahte Cris Frage aber dennoch.
„Es war etwa vor zehn Jahren, Vater war noch der Alpha, als Emily, damals ein junges Mädchen, zu uns stieß. Sie hatte ihr Gedächtnis verloren und wusste noch nicht einmal mehr, wie sie hieß.
Ich habe mich damals vom ersten Augenblick an in Emily verliebt und war der Überzeugung, dass es ihr genauso ging. Sie war meine erste große Liebe. Damals bin ich noch sehr jung und unglaublich dumm gewesen. Die berüchtigte rosarote Brille hatte nicht nur meine Sicht verklärt, sondern auch meine Sinne und Instinkte betäubt. Ich ließ mich von ihr hinreißen und so kam es, dass wir, verbotenerweise, auf fremden Gebiet jagen gingen.“
Der Jüngere war doch ein wenig überrascht, von dem was ihm sein Bruder offenbarte. Immerhin konnte er sich kaum noch an diese Zeit erinnern. Erst recht nicht, dass sein Bruder eine Freundin in gehabt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war er erst 11 Jahre alt gewesen und hat wichtigere Dinge im Kopf gehabt als Frauen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass seine Bindung zu Crispin damals noch nicht annähernd mit heute zu vergleichen war.
„Abends bei Vollmond hatten wir uns vom Rudel fort geschlichen und verschwanden damals für eine Woche lang nach Taena.“
Nun musste Fynnley aber doch einmal unterbrechen. „Moment mal…daran kann ich mich nicht erinnern. Wo war ich damals?“
Sichtlich verwirrt, blickte er zu seinem großen Bruder hinüber, welcher seinen Blick nachdenklich aus dem Fenster in die Freiheit hatte schweifen lassen. „Du warst zu dem Zeitpunkt mit Mutter bei unseren Großeltern zu Besuch.
Weiter,… Emily und ich waren, wie bereits gesagt, auf der Jagd. Eins führte zum anderen. Wir lebten, die Woche über, in einer kleinen Gaststätte. In der dritten Nacht wurden wir dann doch im Jagdgebiet von Taena erwischt. Jedoch nicht von jemandem des ansässigen Rudels, sondern von Alan.
Sein Vater war damals wegen ein paar Friedensverhandlungen dort und hatte ihn mitgenommen. Alan behauptete Emily zu kennen und wollte sie mitnehmen, doch ich ließ nicht zu, dass er sie mitnahm. Emily schien ihn nicht zu erkennen. Alan schmetterte mir Worte entgegen, dass sie seine Freundin sei und sie ihn liebte und er mir nicht mit ihr verschwinden lassen würde. Als er sagte, sie hätte den Tag zuvor seine Gefühle erwidert, gingen bei mir die Lichter aus. Wir kämpften wie heute, nur um ein Vielfaches heftiger, bis schließlich Emily dazwischen ging.“
Wie konnte es noch heftiger gewesen sein? Crispin hatte ein gebrochenes Bein und genauso wie Alan, mehrere tiefe Verletzungen. Verfluchte Alphas, die sahen auch nie den Ernst der Lage.
„Alan und ich waren damals so in dem Kampf vertieft, dass wir erst aufhörten, als wir ihr Blut rochen. Emily war bei dem Versuch uns auseinander zu holen schwer verletzt worden. Sie blutete ziemlich stark am Hals und trotz der schnelleren Heilung, heilte es nicht gut. Alan und ich taten uns zusammen und brachten sie schnellst möglich zu Leon, dem Alpha aus Taena.“
Seufzend fuhr Crispin sich über sein blondes Haar, während er seinen Blick zu Fynn wandte. Langsam drehte er sich um und lehnte sich mit der Hüfte an die Fensterbank.
„Nach einem heftigen Anschiss und einer ordentlichen Tracht Prügel mussten wir beide für unser Fehlverhalten geradestehen. Wir durften den ganzen Tag Steine von einer Seite des Gartens zu der anderen schleppen und das bei brütender Hitze. Für unser Handeln war es nötig ausgiebig bestraft zu werden. Solch ein Handeln konnte Krieg zwischen den Rudeln auslösen. Vater wurde natürlich auch informiert.
Emily starb in der folgenden Nacht. Alle Versuche ihren Verletzungen Her zu werden, waren gescheitert.
Für mich brach eine Welt zusammen. Ich habe nie erfahren, ob sie nun an den, von mir zugefügten Verletzungen erlag oder ob Alan der Schuldige gewesen war. Aus diesem Grund werden wir immer zusammen die Schuldigen sein und es nicht so schnell vergessen können.
Eins stand auf jeden fall fest. Trotz ihres Gedächtnisverlustes hat sie mich und Alan an der Nase herumgeführt und so zwei angehende Alphas zu Feinden gemacht.“
Laut aufseufzend wandte er sich zu seinem kleinen Bruder um. Fynnley konnte ihm wirklich ansehen, dass diese Geschichte ihn fast zerriss, aber nicht nur Cris selbst war davon mitgenommen. Hätte er gewusst, dass seinem Bruder so etwas passiert wäre, hätte er nicht so gedrängt, zu erfahren, was damals zwischen ihm und Alan vorgefallen war.
„Oh Crispin.“ Rasch eilte er zu dem Größeren und nahm ihn in den Arm. Fest drückte er seinen großen Bruder an sich. Dieses Mal war er derjenige, der seinen Bruder in den Arm nahm, tröstete und Kraft gab. Auch wenn es ihn immer noch schockierte zu wissen, dass er davon überhaupt nichts mitbekommen hatte.
„Es tut mir so leid…“, murmelte er leise und streichelte seinem Bruder beruhigend über den Rücken.
„Hätte ich das gewusst, hätte ich nicht nachgebohrt.“ Das hatte er wirklich nicht gewollt. Es dauerte eine Weile, bis Cris sich wieder so weit gefangen hatte.
Laut aufseufzend ließ er von Fynn ab und strich sich sein blondes Haar aus dem Gesicht. „Schon gut….Was geschehen ist, kann man nicht mehr ändern. Wir leben in der Gegenwart und nicht in der Vergangenheit.“
Er beneidete seinen Bruder wirklich nicht, um das was geschehen war.
„Was ist nun zwischen dir und Alan vorgefallen?“
Themawechsel, eigentlich konnte er es sehr gut nachvollziehen, dass Crispin nicht mehr länger über dieses Thema sprechen wollte, trotzdem war der Halbling nicht sonderlich begeistert von dem Mann erzählen zu müssen, in welchen er sich verliebt hatte. Besonders nicht, nachdem es nicht gerade rosig zwischen ihnen aussah.
Fynnley wusste nicht so ganz wie er sein momentanes Beziehungsleben erklären sollte.
„Ich hab etwas ganz Dummes gemacht…was ich nicht hätte tun sollen.“ Für eine Sekunde lang zierte ein kleines Lächeln seine weichen Lippen.
„Irgendwie tue ich das in letzter Zeit sehr oft. Das ist wohl Alans schlechter Einfluss.“ Doch kam ihm wieder der Blick des Dunkelhaarigen in der Sinn, bevor er im Wald verschwunden war. Seine Stimmung verfinsterte sich schlagartig.
„Ich sollte es eigentlich besser wissen. Man zwingt einen Alpha nicht zu verraten, was man wissen möchte. Egal wie sehr man sich nach der Antwort sehnt“, meinte er leise. Er würde sich wohl oder übel für seine Dreistigkeit bei Alan entschuldigen müssen.
Du hast unrecht Fynn, wenn er wirklich so für dich fühlt, wie du glaubst, dann hast du jegliches Recht darauf, dass zu erfahren was du wissen möchtest. Wenn ihr wahre Gefährten seid, sollte sich nichts und niemand zwischen euch drängen dürfen.“
Das hatte Crispin schön gesagt.
Trotzdem war dem Halbling bewusst, dass die Worte seines Halbbruders nicht stimmten. Immerhin drängte sich nichts und niemand zwischen einen Alpha und sein Rudel. Erst recht kein Außenstehender, der noch nicht lange zu dem Rudel gehörte. Zudem trug Fynnley noch ein Problem mit in die Beziehung, er war weder ganz das eine noch das andere.
„Nein Crispin…du weißt besser als ich, dass sich niemand zwischen einen Alpha und sein Rudel drängen darf. Egal ob sie füreinander bestimmt sind. Erst recht niemand der so ist wie ich.“ Erschrocken zuckte der Kleinere zusammen und blickt auf, als ihm Crispin einen Klaps gab und rieb sich leicht den Hinterkopf.
„Hey...!“ „Du weißt genau warum Fynn….du solltest jetzt besser aufhören so viel dummes Geschwätz von dir zu geben. Du musst endlich lernen an dich und eure Gefühle füreinander zu glauben, dann werdet ihr die Probleme zwischen euch überwinden. Aber zuallererst musst du mit dir selbst ins Reine kommen. Akzeptiere endlich, dass du ein wundervoller Mensch und Wolf zugleich bist. Es ist schließlich das was dich aus macht und nur weil du es nicht siehst, heißt es nicht, dass es nicht da ist. In dir steckt ein wahrer Wolf, also mach endlich Gebrauch von ihm!“, ruhig sprach Cris die Worte aus und strich dem Kleineren dabei liebevoll über die Wange.
Sein Bruder hatte recht. Wie sollte Fynn von Anderen erwarten akzeptiert zu werden, wenn er es selbst noch nicht tat. Er würde lernen müssen sich selbst zu lieben und das mit allen Macken. Nur hatte Fynn keine Ahnung wie.
„Du hast recht Cris. Alles was ich will, ist mich selbst zu finden. Nur weiß ich nicht, wie ich das anstellen soll?“, murmelte er leise.
Wie sollte er das nur schaffen? Und wie konnte er Alan davon überzeugen, dass er ihm Unrecht getan hatte? Crispin würde schon recht haben. Wenn dieser ihn wirklich liebte, würde er es verstehen. Jede Beziehung wurde durch solche Prüfungen getestet.
Fynn hoffte nur, dass es ihre Beziehung auch Wert war, für ihre Gefühle zueinander, zu kämpfen. Sie hatten noch nie ausgesprochen, was sie füreinander empfanden, da es sich doch irgendwie nach und nach zwischen ihnen entwickelt hatte, ohne, dass sie sich dessen wirklich bewusst gewesen waren.
„Eine alte Legende besagt, dass wenn man, zu gleichen Teilen ein halber Wolf und ein halber Mensch ist, wird der Wolf durch den Menschen durchdringen und vor der Person, die man wirklich liebt, siegen.
Du wirst das schaffen, Fynnley. Ich glaube an dich.“ Aufmunternd klopfte ihm der Ältere auf die Schulter, bevor er ihn mit eine sanften Schubs vom Bett stieß. „So und nun geh und rede mit ihm und bring mir morgen mal was Anständiges zu essen vorbei, den Fraß da bekommt man ja kaum runter“, kam es mit einem schiefen Grinsen von seinem Bruder.
„Er wird noch nicht da sein…das Rudel hat nach ihm gerufen.“ Er konnte es nicht so recht fassen. Crispin setzte ihn doch tatsächlich vor die Tür und stellte dann auch noch Ansprüche! Doch so war sein großer Bruder, wie er leibt und lebt. Es schien wieder alles wie vorher zu sein.
„Dann hast du genug Zeit dich auf eure nächste Begegnung vorzubereiten. Denk über meine Worte nach und werde dir deiner Gefühle endlich bewusst. Gute Nacht Fynn.“
Der Halbling konnte nicht anders, als sich noch einmal zu Cris umzudrehen und ihn fest zu umarmen, bevor er sich mit dem Versprechen, ihm morgen etwas Richtiges zu Essen mitzubringen, auf den Weg in Alans Gemächer machte.
Es war mitten in der Nacht, als ihn ein leises Geräusch aus dem Schlaf erwachen ließ. Müde schlug der Blondhaarige die Augen auf und blinzelte ein paar Mal, bevor sich seine Augen an die Dunkelheit im Raum gewöhnt hatten. Nur der winzige Lichtstrahl, der zwischen den schweren Vorhängen vor dem Balkon in den Raum fiel, ließen ihn einige Umrisse im Raum erkennen.
Sein Blick wanderte zu der halb geöffneten Tür, in welcher ein großer schwarzer Wolf stand. Der Ältere war also von der Jagd zurückgekommen. Kaum schien der Wolf Finnley`s Blick auf sich zu spüren, schob er die Tür mit einem Hinterlauf zu, bevor er sich umwandte und zu ihm hinüber kam.
Schwer ächzte das Bett unter dem Gewicht des Werwolfes, als dieser sich zu ihm ins Bett gesellte. Fynn war mittlerweile hellwach und wusste nicht so recht wie oder wo er anfangen sollte. Er hatte sehr viel nachgedacht und ihm war viel eingefallen, was er dem Dunkelhaarigen sagen möchte, doch nun kam keine einzige Silbe über seine Lippen. Er sah den Wolf einfach nur an. Der Wolf jedoch kam zu ihm hinüber und schmiss sich regelrecht auf den Körper des Mischlings, nachdem er ihn von der Decke befreit hatte. Nur zu gerne schmiegte Fynn sich eng an den warmen Körper und das weiche Fell des Wolfes. Wie sehr er diesen doch vermisst hatte. Er hatte über so vieles in den letzten Stunden nachdenken müssen und doch hatte er das Gefühl, dass im Augenblick jedes Wort überflüssig war.
„Oh Alan…“, murmelte er leise und streichelte über das flauschige Fell. Sanft wanderte seine Hand über den pelzigen Körper seines Liebsten. Er liebte dessen wölfische Gestalt.
„Ich... es tut mir leid.“
Fynn musste etwas dazu sagen. Es sollte nicht so zwischen ihnen im Raum sein.
„Ich hätte nicht so darauf drängen sollen… es war falsch von mir dir…“
Weiter kam der junge Mischling nicht. Alan hatte sich zurück in einen Menschen verwandelt und stützte sich mit den Unterarmen auf, um den Kleineren nicht zu zerquetschen. Nackt drängte sich der heiße Körper Alan`s an ihn und Fynn konnte nicht leugnen das ihm das gefiel. Ganz im Gegenteil. Ihn machte das richtig an, sodass ihm die nächsten Worte fast im Halse stecken blieben. Sein Unterleib reagierte bereits auf den Körper über ihm und lechzte nach Aufmerksamkeit und den Berührungen des Anderen.
„Alan, ich hab….“ Rasch verebbten Fynnley`s Worte unter den weichen Lippen, welche seinen Mund versiegelten. Manchmal war es besser gar nichts zu sagen. Reden war eben nur Silber und schweigen war Gold. Zumindest für den Moment. Fynn warf all seine Sorgen und Gedanken über Bord.
Wohlig aufseufzend genoss der Blondschopf den zarten Kuss, während sich seine Finger in dem dunklen Haar des Älteren vergruben. Erst jetzt wurde dem jungen Werwolf bewusst, wie sehr er sich doch die letzte Zeit nach der körperlichen Nähe zu Alan gesehnt hatte. Immer öfters war ihm das klar geworden. Er hatte nur nie gewusst, wie er das dem Anderen hatte zeigen sollen.
Das harte Glied des Andern drückte an seinen Oberschenkel, rieb sich daran. Fynnley unterdrückte mit Mühe ein leises stöhnen. Alan schien ihn auch vermisst zu haben. Das pulsieren an Fynnley`s Oberschenkel zeigte ihm schon recht eindeutig, dass nicht nur er besonderer Aufmerksamkeit bedarf.
Leise auf keuchend, begann er seine Hüfte an dem Anderen zu reiben und zeigte ihm was er momentan so sehr brauchte.
Er wollte Alan endlich wieder nahe sein und dieses Mal ohne Zurückhaltung der Gefühle. Diese Nacht würde ganz alleine ihm und Alan gehören. Heute Nacht würden sie endlich wieder eins werden.
Der Blondhaarige richtete sich ein wenig auf und ließ zu, dass Alan ihn von seinem viel zu großen Schlafshirt befreite, bevor auch der restliche Stoff von seiner Haut verschwand.
Nackt wie Gott ihn geschaffen hatte, räkelte er sich genüsslich unter den Blicken des Blauäugigen und genoss dabei, die Aufmerksamkeit, die ihm der Werwolf schenkte.
Sanft wanderten dessen Hände über die weiche Haut und liebkosten sie ausgiebig. Zahlreiche Küsse fanden ihren Weg auf Fynnley`s Haut. Eine warme Zunge und vorwitzige Zähne bahnten sich ihren Weg an seiner Halsschlagader entlang.
„Alan…“, hauchte Fynnley leise und vergrub seine Finger in dem dunklen Haar des Älteren, während er sich dessen Liebkosungen entgegen reckte.
Fynn fuhr ihm mit den Fingern durchs Haar und zog schließlich Alan`s Kopf zu sich. Zärtlich strich er mit den Fingerspitzen über Alan`s Gesicht. Über die Augenbrauen, über die Wangen und die weichen, sinnlichen Lippen.
„Ich hab dich vermisst“, kam es leise.
Alan roch so wundervoll. Er roch nach ungezähmter Wildheit, einer wilden Jagd und einem verführerischen Abenteuer. Er liebte diesen so verführerisch süßen Duft den der Werwolf verströmte. Bevor Fynn noch weiter reden konnte, drückte dieser seine Lippen fest auf Fynn`s und bat sanft mit seiner Zunge um Einlass, in dem Alan die Konturen von Fynn´s Lippe nachzeichnete und schlussendlich, leid des Wartens, sachte an dessen Unterlippe zu knabbern begann. Fynn keuchte und Alans vorwitzige Zunge suchte sich ihren Weg in das fremde, aber doch bereits bekannte Gebiet um Fynns Mundhöhle zu erforschen. Leise aufstöhnend hieß Fynn diesen Eindringling willkommen.
„Ich hab dich auch vermisst Fynn.“, flüsterte Alan und fuhr mit seiner Zunge tröstend über Fynns wunde Unterlippe.
Der Halbling verzehrte sich viel zu sehr nach der Nähe des Anderen um Widerstand zu leisten, als dessen angefeuchteten Finger seinen Eingang fanden. Erst massierten sie ihn sanft, bevor der erste Finger neckend in seinem Inneren verschwand und ihn dort zu reizen begannen.
Aus vor Lust verschleierten Augen sah er seinen Freund an. Fynn spreizte die Beine noch ein wenig weiter, eine wortlose Einladung. Seine Hände huschten ruhelos über den breiten Rücken des Blauäugigen und erfühlten noch an manchen Stellen den Schorf der verheilenden Wunden.
Fynn spürte, dass er die erregenden Berührungen des Anderen nicht viel länger aushalten konnte. Ungeduldig hinterließ er einige Kratzspuren quer über Alans Rückfront. Ein dunkles Knurren ertönte. Alan zog Fynn enger an sich heran und weitete ihn ausgiebiger. Dennoch ließ sich der Ältere die Zeit, um den Augenblick aus zu kosten den Blonden ein wenig mehr zu quälen und unter sich räkeln zu spüren.
Für Fynn fühlte es sich an als würde sein Körper in Flammen stehen, als würde ein inneres Feuer ihn verzehren. Als Alan`s Finger aus ihm verschwanden, konnte er ein enttäuschtes aufstöhnen nicht verhindern. Er wollte mehr, jetzt sofort! Fynn drängte sich an Alan, wollte ihn endlich wieder in sich spüren.
Alan spreizte Fynn`s Beine noch etwas weiter, strich über die erhitzten Innenseiten der Oberschenkel und spürte das Erschauern des Blonden unter ihm.
Als Fynn die feuchtwarme Spitze von Alan an seinem Eingang spürte, konnte er nicht anders als sich ihm entgegen zu drängen. Alan drang langsam in ihn ein, wurde empfangen von der verlockenden Enge des Jüngeren und kämpfte mit seiner Selbstbeherrschung.
Fynn schob sich ihm, mit einem aufreizenden Stöhnen weiter entgegen und Alans Beherrschung zerplatze wie eine Seifenblase.
Mit einer einzigen Bewegung seiner Hüfte drückte Alan sein Glied vollständig in Fynn hinein.
„Alan.“ Sein Name war gleichzeitig Bitte um mehr und um weniger. Fynn fühlte sich dem Dunkelhaarigen im Moment so nahe wie noch nie zuvor.
Vorsichtig drängte Fynn seine Hüften dem Älteren entgegen, eine stumme Bitte nach mehr. Zulange hatte ihn der Werwolf schon auf die Folter gespannt, als das Fynnley noch wirklich geduldig sein konnte.
Der Ältere verschränkte seine Finger mit Fynn`s und fing an sich langsam in ihm zu bewegen. Er zwang Fynn regelrecht mit diesem Tempo, jeden einzelnen Zentimeter von seiner Erektion zu spüren. Fynnley gab sich ganz seiner Macht, seines neuen Besitzanspruches hin.
Fynn`s Verlangen wurde immer drängender, sein Körper verlangte nach mehr. Zu sehr hatte ihn Alan bereits gereizt, als das ihm der langsame Rhythmus für den Augenblick reichen könnte.
Doch sein innerliches Flehen wurde nicht erhört. Stattdessen reizte Alan ihn weiter mit kleineren Spielereien und langsam, schneller und tiefer werdenden Stößen.
Frustriert stöhnte der Mischling leise auf, nahm jedoch jede Veränderung gierig in sich auf. Würde dieser nicht seine Finger immer noch verschränkt in seinen Fingern halten, wäre Fynn fast schon soweit es sich selbst Glück zu verschaffen.
Leise stöhnte der Blondschopf auf, als Alan eine seiner Brustwarzen zwischen seine Lippen gleiten ließ und anfing daran zu saugen. Er leckte über die rosige Knospe und liebkoste sie ausgiebig, während er endlich seine Stöße immer schneller werden ließ. Fynn ließ den Kopf dabei in den Nacken sinken und seine Schenkel spreizten sich automatisch noch ein Stück weiter, um Alan noch tiefer in sich aufnehmen zu können.
Stöhnend hob Fynn dem Anderen seine Hüfte entgegen, als dieser den Rhythmus seiner Stöße immer weiter erhöhte. Wie von selbst schlang er seine Beine, um die Hüfte des Schwarzhaarigen.
„Ich lieb dich…“, kam es leise über die Lippen des Blondhaarigen, ohne sich dessen im ersten Moment bewusst gewesen zu sein. Fynn hielt es kaum mehr aus. Immer wieder streifte Alan diesen süßen Punkt in ihm, der ihn Sterne sehen ließ.
Lange würde er das nicht mehr aushalten. Als Alan auch noch dabei seine Hand, um sein vernachlässigtes Glied schloss, war es um den Kleineren geschehen.
Gleichzeitig kamen die Beiden laut den Namen des Anderen stöhnend zum Höhepunkt, welcher sie mit einer unglaublicher Intensität packte. Kaum war dieser abgeklungen verwickelte ihn der Blauäugige auch schon in einen langen und leidenschaftlichen Kuss, während Alan sich langsam aus ihm zurückzuziehen begann.
Glücklich und erleichtert sank Fynn in die Kissen und ließ sich von Alan fest in die Arme schließen, nachdem dieser sich neben ihm niedergelassen hatte. Wohlig aufseufzend schmiegte er sich eng an den noch erhitzten Körper des Älteren.
Sanft vergrub der Größere seinen Kopf in der Halsbeuge des Blondhaarigen und verwöhnte dort, träge mit seinen Lippen, die empfindliche Haut.
Fynn schloss die Augen und genoss die Nähe zu Alan. Er ließ sich noch in dem leichten Nachglimmen seines Orgasmus treiben.
Ein Gefühl der Geborgenheit keimte in ihm auf.
Eine angenehme Wärme umgab den Blondhaarigen, als er am nächsten Morgen die Augen aufschlug. Wohlig aufseufzend schmiegte er sich an die Wärmequelle direkt neben sich. Er fühlte sich immer noch ein wenig wie in Watte gepackt.
Letzte Nacht war es recht spät geworden und so hatte es Alan an diesem Morgen mal nicht vor ihm aus dem Bett geschafft. Leicht schmiegte Fynn seine Wange an den breiten Rücken des Dunkelhaarigen, welcher sich ihm im glänzenden Licht der Morgensonne präsentierte. Tief sog er den Duft des Älteren in seine Nase.
Ein normaler Mensch würde das wohl nie nachvollziehen können, doch Fynnley liebte es zu riechen, wie sich ihre Gerüche miteinander vermischten. Genau wie letzte Nacht. Alan gehörte nun ihm und genauso war es auch anders herum. Die vergangene Nacht war wundervoll gewesen. Allein die Erinnerung ließ den jungen Mischling innehalten.
Hatte er Alan wirklich im Eifer des Gefechts seine Liebe gestanden?
An eine Antwort von seitens des Größeren konnte er sich nicht erinnern. Vielleicht hatte er sich das Ganze auch nur eingebildet? So schön es auch wäre, aber eine Antwort war ausgeblieben. Immerhin hatte Fynn keine Ahnung, ob der Schwarzhaarige genauso für ihn empfand.
Natürlich schien Alan eine gewisse Schwäche für ihn zu haben und sich zu ihm hingezogen zu fühlen, doch was sagte das schon aus? Es war ein großes Rätsel für den Jüngeren, ob auch von seiten des Alphas mehr im Spiel war.
Langsam setzte sich der Blondhaarige auf und streckte sich einmal ausgiebig, um das leichte Taubheitsgefühl was noch in seinen Knochen steckte abzuschütteln. Dabei schweifte sein Blick zu der wohl proportionierten Kehrseite des noch schlafenden Werwolfes. Jede noch so kleine Stelle seiner sonnengebräunten Haut spannte sich straff über seine wohlproportionierten Muskeln und zeigte die Macht die in diesem schönen Körper steckten.
In seinem bisherigen Leben hatte Fynnley noch keinen so schön geformten Männerkörper gesehen, wie diesen. Natürlich war auch Alan nicht perfekt, aber für ihn war er ziemlich nahe dran. Was Fynn ihm wohl nie direkt gestehen würde.
Sanft ließ er seine Finger neckend über das wunderschön anzusehende Tattoo auf Alans Rücken gleiten, was dem Dunkelhaarigen ein dunkles Knurren entlockte, bevor Fynn ein wohliges Seufzen vernahm. Spielerisch ließ Fynnley nochmals seine Finger, an den Konturen von Alans tätowiertem Wolfsrudels, entlang gleiten. Wieder ein ziemlich zufriedenes Seufzen seitens des Dunkelhaarigen.
Von wegen mürrischer Hund, eher eine kleine Schmusekatze, doch Fynn würde sich davor hüten, dass dem Größeren direkt ins Gesicht zu sagen. Manche Dinge musste man eben für sich behalten.
Ein kleines Schmunzeln zierte seine weichen Lippen, während er elegant ein Bein über den Größeren schwang und es sich auf dessen Hintern bequem machte. Langsam beugte er sich hinab, ließ zuerst seine Finger zärtlich an Alans Wirbelsäule hinab gleiten, bevor seine Lippen der unsichtbaren Spur dicht zu folgen begannen.
Leise murrend wegen der Störung, erfasste Alan mit einem kurzen Blick die Lage. Er lag ausgestreckt auf dem Bauch, während es sich Fynnley auf seinem Hinterteil gemütlich zu machen schien.
Das Laken bedeckte nur noch gerade so seine Oberschenkel. Wie viel Uhr es war, konnte er im Augenblick nicht sagen, aber das war ihm auch gleichgültig. Alan war immer noch müde, doch die zärtlichen Streicheleinheiten des Blonden weckten die Lebensgeister in dem müden Krieger.
Müde reckte er sich ein wenig unter denn wohltuenden Zärtlichkeit seines Liebsten, während er langsam wach wurde. Es wurde Zeit aufzustehen.
Wenn es nach ihm ginge, könnte er auch den ganzen Tag mit dem Jüngeren im Bett verbringen. Ihm würden genug Dinge einfallen, wie sie die Zeit vertreiben könnten.
Ein tiefes und zufriedenes Brummeln verließ Alans Kehle, während er völlig entspannt unter dem Kleineren liegen blieb.
„Alan?“
„Hm…?“, gab er nur halb wach von sich.
„Wir müssen uns unterhalten, ...über Crispin.“
Was sollte Alan dazu noch sagen? Wenn es nach ihm ginge könnte dieser auch für immer in seinem Zimmer weggesperrt sein, doch leider war er der nervige Bruder seines kleinen Freundes hier. „Alan?“ Drang Fynns sonst so sanfte Stimme energisch an sein Ohr.
„Ich bin am schlafen“, nuschelte er nun leicht angepisst in das Kissen unter sich.
„Du bist wach…also steh deinen Mann und unterhalte dich mit mir.“
Musste das wirklich jetzt sein? Dabei war es gerade so gemütlich. Ohne auf seinen Liebsten zu achten oder gar die Augen zu öffnen drehte Alan sich einfach um, schnappte sich Fynn, zog ihn zu sich unter die Decke und hielt ihn fest. Eng schmiegte er sich an den schmalen Körper, welcher perfekt zu seinem passend schien.
„Schlaf weiter“, murmelte Alan leise und vergrub sein Gesicht in dem nach Lavendel duftendem Haar von Fynnley.
„Hey, ...ich bin aber nicht mehr müde!“, beschwerte sich der Blondschopf und knuffte ihm in die Seite.
Anstatt großartig darauf zu reagieren, hauchte er nur einen zarten Kuss auf die Fingerknöchel des halben Werwolfes, bevor er die Hände von Fynn festhielt.
Egal wie sehr sich der Blondhaarige auch zu befreien versuchte, es misslang ihm immer wieder. „Mensch Alan, ...sei nicht so gemein zu mir“, begann der Kleinere nach einiger Zeit zu jammern, als er bemerkte das er keine Chance mehr hatte.
Nach einiger Zeit und Gejammere seitens Fynnley, gab er genervt aufseufzend, dessen Hände frei und wand dem Anderen den Rücken zu. Dabei wollte Alan doch nur noch ein wenig Fynns Nähe genießen.
„Schwein“, hörte er den Anderen frustriert grummeln.
„Soweit ich weiß bin ich ein Werwolf und kein Werschwein…..ich wüsste nicht, dass ich mich über Nacht in etwas anderes als einen Wolf verwandeln könnte.“
Er hörte das Laken rascheln und drehte sich langsam wieder zu dem Anderen hinüber. Dieser hatte sich mittlerweile schmollend auf die Seite gedreht. Lautlos seufzend, beugte Alan sich zu diesem hinüber und gab ihm einen kleinen Kuss auf die empfindliche Haut in Fynns Nacken.
„Worüber genau willst du mit mir sprechen?“ Anstatt ihm zu antworten rutschte der Kleinere nun von ihm weg, doch so einfach würde Fynn ihm nicht entkommen. Rasch hielt er seinen Schatz fest und zwang ihn sanft aber bestimmt auf den Rücken. Zärtlich strich er dem Anderen über die Wange, bevor er ihn zu einem ausgiebigen und leidenschaftlichen Kuss verführte.
„Du bist ein Idiot.“
„Ich weiß“, hauchte er an Fynnleys zarte Lippen. Neckend zwickte Alan diesem in die Unterlippe und ließ seine Zunge ein letztes Mal spielerisch über dessen Zähne gleiten.
„Was bedrückt dich denn nun?“
Ein wunderschöner Schmollmund wandte sich ihm zu.
„Kann ich dir nun endlich mein Anliegen mitteilen ohne, dass du dich lustig über mich machst?“, wollte der Kleinere leicht vorwurfsvoll von ihm wissen.
Nachdenklich blickte er zu seinem Schatz hinab, während er ihm ein paar Haarsträhnen hinter das Ohr strich, welche die zarten Konturen von Fynns Gesicht nachzeichneten.
Er war so wunder schön. Trotz Makel die er besaß, doch das interessierte weder Wolf noch Mann. Alan liebte den Blondhaarigen genauso wie er war und würde es ihm auch irgendwann von Angesicht zu Angesicht sagen können. Das einzige, was dem noch im Weg stand, war die Frage wie.
Langsam beugte er sich zu Fynn hinab und hauchte ihm einen kleinen Kuss auf das geschlossene Augenlied seines gehandicapten Auges.
Natürlich hatte ihn Alans Wolf direkt als seinen Gefährten erkannt. Dennoch fiel es ihm immer noch schwer dieses einschneidende Erlebnis in sein Leben vollständig zu akzeptieren. Immerhin war er bis vor wenigen Tagen immer mit seinem Rudel alleine gewesen und nun war da Fynn. Der so ganz anders war, als die Personen die bisher an seinem Leben teilgenommen hatten.
Doch Fynn brachte eine gewisse Unruhe, rein durch seine Anwesenheit, ibn das Rudel. Fynn war jemand geworden, auf den er von ganzem Herzen aufpassen wollte. Wobei Alan sich sicher war, dass Fynn sich sicherlich gut selbst verteidigen konnte.
Die Meisten aus seinem Rudel gaben nicht kund, was sie von der ganzen Situation hielten, aber die Unstimmigkeiten die zurzeit hier in seinem Territorium herrschten waren nicht von der Hand zu weisen.
Alan beschloss Fynnley noch heute Abend zu den heißen Quellen auf seiner Insel zu entführen, um ihre Verbindung offiziell zu machen. Er wollte den süßen Halbling nicht länger zwischen den Stühlen sitzen lassen.
Vielleicht würde sich die Stimmung des Rudels danach auch endlich wieder stabilisieren und auf ein ruhigeres Niveau abkühlen .
„Sprich…“, kam es nach endlos langer Wartezeit endlich von dem Blauäugigen. „Ich möchte mit dir über meinen Bruder reden.“
„Dieses Thema ist steht nicht zur Diskussion. Was liegt dir noch auf dem Herzen?“
Da schubste ihn der Jüngere auch schon von sich hinab und setzte sich auf.
„Das ist das einzige Thema über das ich mit dir reden möchte!“, kam es ein wenig herrischer von Fynn.
„Ich rede nicht mit dir über Crispin.“ Langsam erhob Alan sich von seinem Bett und begann sich anzuziehen.
„Das wirst du aber müssen Alan.“
„Ich bin der Alpha und ich muss gar nichts“, kam es nun genervt von Alan, während er sich die Hose zuknöpfte.
„Du musst jetzt nicht denken, dass du nochmal mit der „Ich alles. Du nichts“ Nummer kommen kannst! Ich mag zwar nur ein halber Werwolf sein. Aber in mir steckt trotzdem Wolf! Zumal es hier gerade um meinen Bruder geht und er mir wirklich sehr am Herzen liegt.“
Der Kleinere ließ nicht locker, aber der Alan wollte jetzt nicht darüber reden und was hatte dessen Gene mit dem aufspielen zu tun? Natürlich war er der Alpha und wollte, dass ihm alle gehorchten. Doch bei Fynn, einem Omega, brauchte er gar nicht damit an zu kommen. Alan wünschte sich auch eher einen gleichgestellten Partner, er wollte nicht, dass es so rüber kam, dass ihm Fynnleys Meinung nicht wichtig sei.
Nur weil dieser dumme Alpha auf einmal in seinem Reich aufgetaucht war, würde er sich nicht das Ganze mit dem kleinen Halbwolf kaputt machen lassen. Die Tatsache, dass Crispin Fynns Halbbruder war störte ihn tierisch und erst recht, die Tatsache, dass sich die Beiden sehr nahe standen.
Die Verwandtschaft war zu Alans Bedauern nicht zu übersehen. Wenn es nach ihm ginge würde der andere Alpha in seinem Kerker landen und dort für immer versauern.
„Mir ist es völlig egal ob er dein Bruder ist oder nicht. Im Augenblick will ich mit dir nicht darüber reden. Er ist zurzeit mein Gefangener. Schließlich hat er unerlaubterweise mein Territorium betreten.“
Damit war das Gespräch für Alan beendet. Sichtlich genervt streifte er sich ein lockeres, weinrotes Hemd über die Schultern.
Er sperrte Cris nicht ohne Grund weg. Er war schließlich selbst Alpha und würde wohl bestens die Regel kennen. Daher war sein Vergehen umso schwer wiegender.
„Du willst nicht über dich reden, du willst nicht über Crispin reden, du willst nicht über uns reden und du willst nicht über Emily reden. Willst du überhaupt über irgendwas mit mir reden oder mir etwas mitteilen? Anscheint nicht….du weißt, dass es recht enttäuschend ist, wenn die Person die man sehr gerne hat, sich vor einem verschließt? Zumindest dachte ich von meiner Seite aus, dass da mehr zwischen uns ist.“
Er verstand den Unmut der sich in dem Blondhaarigen aufkeimte, doch er wollte und konnte nicht über alles mit Fynnley reden. Dafür kannte er ihn einfach noch zu wenig und fühlte sich noch nicht sicher genug, um sich einfach mal fallen lassen zu können.
Moment, Emily? Langsam drehte Alan sich zu diesem um und blickte ihn finster an, während dieser sich nun sichtlich wütend seine Kleidung überstreifte.
Hatte Crispin, Fynn etwa davon erzählt? Wann hatte Fynn sich mit ihm unterhalten?
„Woher weißt du von ihr?“
Eigentlich brauchte er die Antwort von Fynn nicht. Er war sich sicher, dass es nur dieser dumme Idiot von einem Hund gewesen sein konnte, der es dem Kleinen verraten hatte. Wer außer ihren Eltern,ihm und Crispin könnten von den Ereignissen der Vergangenheit wissen? Wenn er diesen Bastard in die Finger bekam, würde er ihm den Hals umdrehen. Wie hatte er es wagen können das Ganze noch einmal aufzurollen?
Ein tiefes Knurren war laut und deutlich im Raum zu hören und als er bemerkte, dass es von ihm kam verstummte er sofort.
In dem Moment wo sich der Ältere von Fynn abwandte und ein lautes Knurren den Raum erfüllte, wurde der Abstand zwischen ihnen regelrecht greifbar. Fynn konnte spüren wie Alan sich immer weiter von ihm distanzierte. Das war ganz und gar nicht das, was er hatte erreichen wollte. Fynn sprang auf und folgte Alan in Richtung Tür, um seinen Arm zu ergreifen und ihn aufzuhalten. Er konnte ihn nicht noch einmal so gehen lassen. Er ertrug nicht länger diese Distanz zwischen ihnen und wollte das wieder in Ordnung bringen. Immerhin hatte er diesen sturen und egoistischen Werwolf schlussendlich lieb gewonnen.
„Es war nicht Crispins Schuld! Ich hab ihn dazu gedrängt es mir zu sagen! Ich hatte es dir gestern auch versucht mittzuteilen! Ich hätte nicht versuchen sollen dich dazu zu drängen! Das war egoistisch von mir. Schließlich habe ich nicht das Recht Geheimnisse von dir zu erfahren, die du noch nicht bereit bist mir freiwillig mit zuteilen. Es, … es... tut mir leid…“
Anstatt etwas zu sagen beugte sich der Schwarzhaarige überraschender Weise zu ihm hinab. Sanft gruben sich Alans Finger in seine Haare und bogen seinen Oberkörper leicht nach hinten, bevor er ihn zwar recht hart, aber dafür auch sehr lange und ausgiebig küsste. Fynns Blut geriet in Wallungen und er wimmerte leise. Er konnte ihn riechen und seine Wärme spüren. Es war wie ein Traum, aus welchem der Kleinere nicht mehr erwachen wollte. Leicht schmiegte er sich dabei an den breiten und starken Körper des Älteren. Zwar wusste er, dass er sich nicht so von Alan verleiten lassen sollte, aber er konnte dem Geruch des Alphas einfach nicht widerstehen. Für ihn war es nicht mehr von der Hand zu weisen, dass sie zueinander gehörten.
„Schon gut kleiner Wolf“, murmelte Alan leise an dessen Lippen. „Gib mir noch ein bisschen Zeit…. Lass uns erst einmal etwas essen gehen.“
Sanft wurde Fynnleys Hand ergriffen und ihre Finger miteinander verschränkt, bevor sie gemeinsam ihre Gemächer verließen.
Er gab Alan für den ersten Augenblick nach, doch das würde nicht immer so ablaufen können. Irgendwann würde Alan mit ihm reden müssen, ob er wollte oder nicht. Und wenn Fynn wieder versuchen musste, ihn dazu zu zwingen. Alan konnte Cris nicht für ewig in diesem Zimmer vergammeln lassen.
Es tat Fynn weh, die zwei wichtigsten Personen in seinem Leben so zerstritten zu sehen. Er würde sich definitiv etwas einfallen lassen müssen, um den Streit zwischen den Alphas zumindest etwas zu entschärfen.
Versöhnen würden die Zwei sich wohl nie, aber sie sollten sich wenigstens nicht mehr gegenseitig an den Hals springen sobald sie den Anderen sahen. Immerhin würden sie wohl bald mehr oder minder ein Familie werden.
Durch ihn waren die Zwei verbunden. Es gab genug Streit und Hass auf der Welt und das brauchte Fynn definitiv nicht in seiner Familie. Dafür war er viel zu friedliebend. Normalerweise machte es ihm auch nichts aus seinen Stand zu behaupten, doch vor den wichtigsten Menschen in seinen Leben erwartete und brauchte er Unterstützung, damit er es tagtäglichen schaffen konnte seinen Alltag als kleiner halb Werwolf zu meistern.
Alan hielt immer noch seine Hand, als sie den Speisesaal betraten und ließ sich auch nicht von dem Schweigen der Anderen beeindrucken, welches ihnen entgegen schlug.
Zahlreich hatten sich alle um den großen Esstisch versammelt, nur zwei Plätze waren noch frei. Der Platz zu Alans rechten Seite war bereits besetzt. Durch einen einzigen Blick seitens Alans wanderte derjenige einige Stühle weiter.
Alan ließ Fynns Hand erst wieder los, nachdem dieser sich auf den geradeeben freigewordenen Platz, neben seinem Liebsten nieder gelassen hatte. Erst danach nahm Alan selbst auf seinem großen „Thron“ platz.
Unbeeindruckt begannen die Zwei sich an den leckeren Speisen zu bedienen. Eine toten Stille hatte den Saal fest im Griff. Fast so als würde sich niemand außer ihnen im Raum befinden. Die Stille war erdrückend, doch sowohl Alan, als auch Fynn ließen sich davon nichtbeeindrucken.
"Habt ihr etwa alle eure Zungen verschluckt?“, kam es bissig von dem Schwarzhaarigen, während dieser seinen Blick über die Runde am Tisch schweifen ließ. Alans linke Augenbraue zuckte leicht, aber niemand wagte es sich bei dem Alpha zu beschweren. „Gibt es vielleicht irgendwas was einer von euch mir mitteilen möchte?“
Betretenes Schweigen breitete sich im Raum aus, bevor der Rest am Tisch wieder zu essen begann und gar reuevoll ihre Blicke abwanden. Allen schien die momentane Situation nicht ganz zu gefallen, aber keiner schien sich zu trauen sich darüber zu beschweren.
Fynns hingegen störte es nicht, dass sie alle die Klappe hielten. Es war nicht so als würde er nicht reden oder gar nicht dazu gehören wollen, aber der Halbling war nicht dumm. Das Rudel würde ihn nie im Leben so schnell akzeptieren, also hieß es Geduld wahren und das Ganze aussitzen. Irgendwann würde das Rudel sich schon an ihn gewöhnen. Zudem brauchte Fynn auch selbst noch etwas Zeit, um sich an die neu gewonnene Situation anzupassen; auch wenn es ihm etwas leichter fiel, weil er bereits Alan auf seiner Seite hatte.
Dennoch, Fynnley hatte immer noch ein Hühnchen mit dem Anderen zu rupfen. Es war noch nicht ganz geklärt, wie Alan nun zu ihm und ihrer Beziehung stand und diese Tatsache lag schwer auf dem Blonden. Zwar gab es immer wieder Situationen in welchen er glaubte, dass der Ältere nun hinter ihm stehen würde, doch dann gab es wieder Momente in denen sich ein tiefer Graben zwischen ihnen befand. So wie vorhin, im Schlafzimmer. Alan verschloss sich und zog sich komplett von ihm zurück und in der Regel ohne gerechtfertigten Grund.
Fynnley musste fairerweise zugeben, dass er die letzten zwei Tage selbst schuld an der Situation zwischen ihnen gewesen war. Schließlich war Fynn nicht gerade nett zu dem Größeren gewesen. Er hatte in ziemlich in die Enge getrieben und wie den Meisten bekannt sein dürfte, war dies eine der dümmsten Dinge, die man in seinem Leben tun konnte. Ein in die Enge getriebener Wolf, egal ob Alpha oder nicht, konnte sehr gefährlich werden.
Fynn wusste genau, dass es im Augenblick nicht klug war mit dem Feuer zu spielen und dennoch tat er es zu gerne. Seit er wusste, dass er jemanden gefunden hatte dem er endlich etwas bedeutete und der nicht zu seiner Familie gehörte, besaß der Kleinere mehr Selbstbewusstsein und da Fynnley nicht so schnell vor hatte Alan wieder aufzugeben, war er bereit, alles in seiner Macht stehende zu unternehmen, um das zu bekommen was er wollte und zurzeit war das eben dieser arrogante Alpha.
Fynnley sah die missbilligenden Blicke der Anderen und dennoch ließ sich der Blondhaarige nicht mehr davon verunsichern. Fynn würde für das kämpfen was ihm wichtig war und erst recht, wenn Alan offen und ehrlich zuzugeben hatte, dass er ihn ebenfalls liebte. Es war ja schließlich nicht das erste Mal das er seinen Anspruch auf Alan erhob. Zumal welche Regel besagte schon das nur der Stärkere eines Paares Anspruch auf seinen Partner erheben konnte? Was Alan konnte, konnte Fynn schon lange und seinen Anspruch würde er geltend machen.
Nach einer Weile begannen die Gespräche am Tisch wieder etwas ausgelassener zu werden, auch wenn immer noch eine gewisse Unruhe im Raum zu spüren war. Im Moment staute sich alles im Rudeln an, was bald heraus gelassen werden wollte. Doch bevor dies geschah musste Fynn abklären, ob sie nun Gefährten waren, damit er für ihre Beziehung kämpfen würde können.
Er wollte sich nicht schon wieder in etwas verrennen, wo es keine Hoffnnung für ihn gab. Da war der Kleinere ein gebranntes Kind und auf eine Wiederholung konnte Fynnley gut und gerne verzichten. Er sicherte sich lieber noch einmal von vorneherein ab. Fynn brauchte die Gewissheit das sie zusammen waren, bevor er Alan rechtmäßig für sich beanspruchte.
Nicht, dass Alan ihn doch noch wegen seiner Makel ablehnte und fallen ließ.
Sie beendeten in aller Ruhe das Essen, bevor sich Fynn langsam erhob und zu Alan hinüber ging. Die Blicke der Anderen ignorierend blieb er dicht vor seinem Freund stehen. „Alan.“ Fynnley sprach leise dessen Namen aus, um seine Aufmerksamkeit zu erhaschen, bevor er sich langsam zu Alan hinab beugte, damit er diesem vor versammelter Mannschaft einen Kuss stehlen konnte. Was sprach schon dagegen ein wenig sein Revier abzustecken. Durfte auch ruhig jeder hinsehen.
„Ich bringe Crispin was zu essen“, murmelte er leise an Alans zarte Lippen, bevor er mit schwingender Hüfte den Speisesaal verließ, ohne auf eine Antwort von Alan zuwarten. Oh, das hatte gut getan. Sollten sich die Klatschweiber ruhig ihre Mäuler über ihn zerreißen. Fynn war bereit für den Kampf.
Fynn wusste wie der Blauäugige auf das Thema zu sprechen war. Daher bat er Alan nicht, um einen Besuch bei seinem älteren Bruder, sondern nahm sich einfach das Recht heraus. Schließlich war Fynn hier kein Gefangener und Crispin war nicht irgend ein dahergelaufener Köter, sondern sein Bruder und ebenfalls Alpha eines Rudels.
Rasch machte er einen kleinen Abstecher zu der geräumigen Küche im Keller, um seinem Bruder allerlei Leckereien auf einem Tablett zu stapeln. Crispin hatte sich ja gestern über das „schlechte“ Essen beklagt und so suchte sich Fynn einfach Dinge raus die sein Bruder mochte. Damit dieser auch mal etwas seiner Meinung nach ordentliches zwischen die Zähne bekam. Wobei Fynnley nicht nur auf Snacks achtete, sondern auch darauf, dass er viel Fleisch mitnahm. Einen Krug voller Wein ließ er auch mitgehen.
Schließlich brauchte Cris viel Energie, um seine Verletzungen rasch kurieren zu können. Heute würde Fynn sich mal das Bein ansehen. Werwölfe hatten ja meistens eine schnellere Regeneration als andere Wesen, daher war es gar nicht so unwahrscheinlich das sein Bruder bis spätestens Ende der Woche wieder normal auf den Beinen stehen würde.
Doch bevor Fynn mit dem voll beladenen Tablett die Küche verlassen konnte, versperrte ihm eine blonde, vollbusige Werwolfdame den Weg, mit in die Hüfte gestemmten Händen stand sie breitbeinig vor ihm. „Du“, zischte sie ihn wütend an und zeigte anklagend mit dem Finger auf ihn. Er hatte sie bis jetzt nur einmal hier gesehen und kannte noch nicht einmal ihren Namen. Was sie wohl von ihm wollte? „Ich?“
Fynn konnte sich nicht daran erinnern ihr etwas getan zu haben. Aber was sollte er auch anders von diesem Rudel erwarten. Die Meisten mochten ihn immer noch nicht wirklich, also war es im Grunde nicht überraschend für den Halbling, dass sie sich ihm feindlich gegenüber verhielt.
„Du hast mir Alan weggenommen.“ Leicht zog er eine Augenbraue hoch, als er diese böse Unterstellung vernahm. „Ich habe was getan?“ Er wüsste nicht, dass Alan vorher vergeben gewesen war oder er gar jemand anderen liebte. Erst recht keine Frau von so einem Kaliber. Sie war eine wunderhübsche Frau ohne frage, ihre Kurven allein sprachen schon für sich, doch ihr Verhalten und ihr Auftreten sprachen nicht im geringsten für eine vornehme Dame. Allein ihre Größe. Sie war ein gutes Stück größer als Fynn, sodass er leicht zu ihr hinauf blicken musste.
„Du weißt genau was du getan hast! Also versuch nicht dich heraus zu reden! Du hast Alan hinterrücks verführt und ihn mir weg geschnappt!“, kam es vorwurfsvoll von der blonden Wölfin, sie richtete anklagend einen Finger auf ihn. Ungeduldig tippte sie mit dem Fuß auf den gepflasterten Boden.
„Ich weiße alle Schuld von mir, da ich nicht wüsste wann ich das getan haben sollte. “ Fynn hielt das Tablett fest zwischen seinen Händen eingepfercht. Die Frau war ganz schön unverschämt. Fynn sah ganz und gar nicht ein sich für etwas die Schuld in die Schuhe schieben zu lassen für was er nicht verantwortlich war.
„Ich wüsste nicht, dass Alan vor mir in jemand anderen verliebt gewesen sein sollte, außerdem ist doch klar, dass man jemanden nicht vorschreiben kann in wen er sich verliebt. Es mag zwar sein, dass du etwas für ihn empfindest, doch es scheint nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen, soweit ich das beurteilen kann“, gab Fynnley nur kalt darauf zurück. Die Trulla sollte endlich mal den Weg freigeben und ihn ziehen lassen. Er hatte jetzt nicht den Nerv dazu sich mit ihr anzulegen.
Empört schnappte diese nach Luft. „Wie kannst du es wagen so etwas zu sagen. Alan liebt mich und du bist uns im Weg. Du bist ein Störfaktor der eliminiert werden muss.“
„Wie Bitte?“ Der Halbling dachte wirklich er hätt sich verhört. Das durfte doch nicht wahr sein. Die hatte ja echt einen an der Klatsche. Er stellte das Tablett etwas ruppig auf einer Ablage ab und schlug endlich diesen dummen Finger aus seinem Sichtfeld. Was fiel der Trulla ein sich hier aufzuspiele?. „Um mal eins klar zu stellen. Alan gehört mir und sonst niemandem. Und solltest du es auch nur im Ansatz wagen dich zwischen uns zu drängen breche ich dir jeden einzelnen Knochen in deinem Leib“, sprach der Kleinere mit solch einem Nachdruck in der Stimme der die große Blondine gar zurück weichen ließ.
Auf einmal spürte Fynn eine mächtige Präsenz hinter sich und wusste auch ohne sich zu Alan umzudrehen, dass dieser sich kaum einen Meter hinter ihm befand. „Becca, gibt es hier ein Problem?“, kam es mit leicht knurriger Stimme von dem Alpha, während er besitzergreifend einen Arm um Fynn legte und ihn an seine Brust zog. Demonstrativ schmiegte sich der junge Halbwolf an seinen Liebsten und sah dabei zu der Wölfin hinüber.
„I..ich….nein…Sir“, stotterte die Köchin vor sich hin, bevor sie fast fluchtartig den Raum verließ. Das hatte gesessen. Mit triumphierenden Blick sah Fynn dieser hinter her. Erst als Alan sein Kinn packte und ihn sanft aber bestimmt zwang ihn anzusehen wand er seinen Blick von der Tür ab, durch welche Becca verschwunden war. „Das hast du gut gemacht“, raunte der Schwarzhaarige und drückte ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf. „Wie lange stehst du schon da?“ Alan hatte wohl alles mitbekommen. Ein wenig peinlich war es dem Jüngeren schon. Immerhin war er nur ein Omega und dennoch hatte er versucht sich dominant gegenüber einem anderen Werwolf zu verhalten, um seinen Standpunkt in dieser Sache eindeutig klar stellen zu können.
„Lange genug.“ Das war dann schon quasi die zweite Liebesbekundung gewesen, welche Fynn an den Älteren gerichtet hatte, ohne wirklich eine Antwort darauf zu bekommen. Da würde er wohl lernen müssen drüber zu stehen. Irgendwann würde auch Alan bereit dazu sein ihm seine Gefühle zugestehen.
„Du hast also alles mitbekommen?“, wollte er leicht grinsend gegen Alans weiche Lippen wissen. Daraufhin bekam Fynnley ein kurzes Nicken und einen sanften Biss in seine Unterlippe. „Ich wollte nach dir sehen…..ich mag es wenn du so dominant wirst“, raunte der Blauäugige an Fynns Lippen. Das ließ das kleine Herz des Omegas höher schlagen.
„Ich werde mit Becca sprechen. Sie wird dich nicht noch einmal belästigen“, kam es ruhig von Alan, während er ihm sanft über den Rücken strich. Die Berührung war so zart, dass Fynn fast verleitet war sich dem Größeren wieder hinzugeben. „Du weißt was sie für dich empfindet?“
„Natürlich….ich kann zwar manchmal ein echter Trampel sein, aber blind bin ich dadurch noch lange nicht“, lachte der Dunkelhaarige leise und verführte ihn wieder zu einem sehr fordernden Kuss. „Du musst nicht mit ihr reden. Ich komme gut mit ihr alleine klar“, murmelte Fynn leise an die verführerischen Lippen seines Liebsten.
„Das habe ich gesehen.“ Ein gewisser Unterton von Stolz schwang in seiner Stimme mit und dennoch klang es immer noch nach einem Aber.
„Aber?“
„Nichts aber….das nächste Mal lasse ich dich das alleine Regeln“, versprach Alan ihm, während der Ältere fast liebevoll an seiner Unterlippe knabberte. Fynn musste sich langsam zusammen reißen. Alan wickelte ihn wieder zu leicht um den Finger und wenn es so weiter ging war er gleich wieder Wachs in dessen Händen.
„Fein…Ich muss jetzt weiter zu Cris“, hauchte er leise und leckte Alan sanft über die Unterlippe. Fynn wusste, dass es die Stimmung töten würde, doch er musste das machen. Schließlich spürte er schon wieder das gewisse Prickeln zwischen ihnen und dem wollte er auf keinen Fall nachgeben. Nicht solange er nicht die richtige Antwort von Alan bekommen hatte. Außerdem schob sein Bruder sicher bereits einen Bärenhunger.
Langsam löste Fynnley sich von dem Größeren, aber weit kam er nicht. Stattdessen hielt ihn Alan fest und zog ihn wieder mit einer eleganten Drehung zu sich. „Du bleibst hier.“ Als er diesen Befehl vernahm blickte er etwas empört zu diesem hinauf und zog zweifelnd die Augenbrauen zusammen. „War das gerade ein Befehl?“ Der Andere sollte wissen, dass dies bei ihm keinen Zweck hatte. Schließlich war er mehr oder minder Immun gegen den dominanten Umgangston eines Alphas und das sollte Alan als Alpha doch wohl am besten wissen.
„Ich gehe zu meinem Bruder, ob du willst oder nicht. Soweit ich weiß bin ich kein Gefangener mehr, also sei so gut und lass mir auch meine Freiheit. Außerdem kannst du Cris nicht verhungern lassen. Wenn er zum Rudel zurückkehrt und in einem schlechten Zustand ist, werden sie das nicht ganz so gut auffassen“, meinte der Kleinere ruhig und befreite sich noch einmal sanft, aber bestimmt aus dem Griff des Anderen, um sich wieder das Tablett zu schnappen.
Wieder ließ Fynn den Schwarzhaarigen einfach so stehen, damit er endlich wie geplant zu seinem Bruder gelangen konnte. Fynn brauchte jetzt erst einmal etwas Abstand zu Alan, weil diese Begegnung mit Alan sein Gemüt wieder ganz schön aufgeheizt hatte. In Alans Nähe war er immer direkt wie aus Wachs und das musste er schleunigst ändern, wenn er weiterhin eine unabhängige Person bleiben wollte. Natürlich würde Fynnley sich auch dem Älteren vollkommen hingeben können, doch wo blieb dann seine Individualität? Er hatte sein eigenes Leben und wollte auch weiterhin sein eigener Herr bleiben. Trotz wachsende Beziehung zu einem Alpha.
Nur weil Fynn einen Alpha als seinen Gefährten nahm, hieß das ja noch lange nicht, dass er nun keine eigenen Entscheidungen mehr treffen konnte. Fynn wollte um jeden Preis weiterhin unabhängig von Alan bleiben, immerhin war er schon lange kein kleiner Junge mehr und konnte bereits sehr gut für sich selbst sorgen.
Am Turmzimmer seines Bruders angekommen bedeutete er der Wache ihm die Tür aufzusperren und ihnen etwas Privatsphäre zu geben. Wieder willig tat diese wie er ihm befiehl und ließ Fynn zu seinem Bruder herein. „Das wurde aber auch langsam Zeit“, war das Erste was dem Blondhaarigen entgegen schlug. Sein Bruder stand mit dem Rücken zu ihm an den vergitterten Fenstern und hatte seinen Blick sehnsüchtig nach draußen gewandt. „Pff…“, kam es nur etwas empört von Fynnley, während er das Tablett abstellte. Erst in diesem Moment wand Crispin sich zu ihm um und sah wer ihm sein Essen brachte.
„Oh Fynn…du bist es.“
„Wenn hast du den sonst erwartet du Krüppel? Du könntest schon etwas freundlicher zu mir sein. Immerhin habe ich dir unter Einsatz meines Lebens etwas zu Essen besorgt…“, meinte Fynn liebevoll zu dem Älteren. Fynn war nicht böse auf ihn. Schließlich konnte er dem Älteren nicht verdenken, dass er sich so abweisend bei jedem verhielt, welcher das Zimmer betrat. Cris war zurzeit in seinem Zustand doch recht verletzlich und angreifbar und das auf so engem Raum. Als Raubtier kein schönes Gefühl.
Sanft umarmte er seinen großen Bruder zur Begrüßung, bevor er diesem einen Arm anbot, um ihn zu seinem Essen am Tisch hinüber zu geleiten. Artig ließ Fynn seinen Bruder in Ruhe essen, der wirklich recht ausgehungert zu sein schien. So wie dieser rein haute. Wobei das bei einem gebrochenen Bein wirklich kein Wunder war, da so eine schnelle Heilung recht Kräfte zerrend sein konnte. Zumindest in dem Ausmaß in welchem es seinen Bruder getroffen hatte.
„Schieß los Fynnyboy…was ist gestern Abend bei eurem Gespräch noch heraus gekommen?“, wollte Cris während zwei Bissen von ihm wissen. Bei dem Gedanken an gestern Nacht konnte der Kleinere nicht verhindern, dass ihm die Röte ins Gesicht stieg. Wirklich geredet hatten sie ja nicht, obwohl Fynn es ja versucht hatte.
„Es gibt nicht viel zu berichten“, brachte Fynn leicht verlegen über die Lippen, während er auf seine verschränkten Hände hinab sah. Als Fynnley aufblickte sah er seinen Bruder nur kurz lächelnd den Kopf schütteln, bevor Cris wieder gierig das Hähnchen hinab zu schlingen begann. Wenn Crispin so weiter mache, würde er wohl noch Nachschub besorgen müssen.
„Du musst aber irgendwann mit ihm reden“, kam es nach einer Weile von dem Älteren. Fynn vernahm einen zufriedenen Rülps von seitens seines Bruders, bevor dieser sich gesättigt nach hinten lehnte. Okay, das hieß dann wohl das Cris vorerst nichts zu essen brauchte.
„Ich weiß…ich hab es ja auch versucht. Genauso wie heute Morgen, aber über gewisse Dinge ist es eben nicht ganz so einfach mit Alan zu reden“, gestand der junge Mischling und fuhr sich dabei aufseufzend durch sein Haar. Es war eben nicht leicht mit einem Alpha über Gefühle und Beziehung zu reden. Erst recht nicht wenn sie so dominant waren wie Alan.
„Wenn er will, dass es mit euch beiden funktioniert, wird er lernen müssen mit dir über solche Dinge zu reden. Auch wenn er ein Alpha ist und du ein Omega.“ Fynn wusste genau das der Größere recht hatte. Nur hatte er keinen Plan wie er, dass in die Realität umsetzen sollte. Man konnte eben niemanden dazu zwingen mit einem über Themen zu reden, welche Alan am aller liebsten verdrängen würde.
Natürlich wusste Fynnley, dass Alan tiefen Gräuel gegen Crispin hegte, doch das würde sich ändern müssen wenn Alan eine Zukunft mit ihm haben wollte. Fynn war eben jemand der über Dinge reden und diskutieren musste. Besonders wenn er dachte das sein Gegenüber unrecht hatte. Genauso wie in dem Fall um seinen älteren Bruder. Schließlich konnte Alan Cris nicht für immer hier fest halten, auch wenn er ohne Erlaubnis in sein Territorium eingedrungen war. Crispin hatte es ja nicht ohne Grund getan, sondern um seinen kleinen Bruder zu „retten“.
„Weißt du Crispin….wenn es so einfach wäre wie es sich anhört…würde ich mir auch nicht den Kopf darüber zerbrechen müssen, aber dem ist leider nicht so. Alan kann eben ziemlich…stur sein. Leider, eben eine der vielen Angewohnheit eines Alphas.“ Fynn wollte jetzt nicht mit Absicht seinen Bruder angreifen, aber so war es nun einmal.
„Vielleicht solltest du ihm einfach noch etwas Zeit geben…“ Bei diesen Worten blickte der blonde Wolf mit den unterschiedlichen Irden zu seinem älteren Bruder hinüber. „Das mit euch beiden ist ja noch relativ frisch. Wahrscheinlich braucht er nur ein wenig Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Schließlich war er Jahre lang allein stehend und trug die ganze Last alleine auf seinen Schultern. Nun muss er sich eben erst einmal daran gewöhnen jemand anderen an seiner Seite zu haben, der ihn auffängt wenn er mal ins Wanken gerät.“
Ergriff Crispin da gerade wirklich Partei für Alan? Fynnley konnte es nicht fassen. Ein wenig geschockt blickte er zu dem Älteren hinüber, bevor er sich zur Ruhe ermahnte und Cris Worte noch einmal in seinem Kopf wiederholte. Vielleicht hatte der Größere recht. Schließlich war es für sie Beide neu nun jemanden an ihrer Seite zu haben. Wobei immer noch nicht ganz geklärt war, ob es nun offiziell war oder nicht.
Am liebsten hätte Fynn das Ganze schon hinter sich, aber es schien noch ein langer und steiniger Weg vor ihnen zu liegen. Zumindest falls Alan die gleichen Ansichten teile, wie er selbst und sie sich füreinander entschieden. Nur so würden sie gemeinsam alle Hindernisse überwinden können, wenn sie gemeinsam zusammen an einem Strang zogen.
„Wenn du meinst…“ Fynnley konnte nur hoffen das sein großer Bruder recht hatte und Alan bald seinen verdammten Stolz über Bord warf und ihm endlich seine Gefühle gestand. Anders wusste der junge Halbwolf nicht, wie lange er diesen bohrenden und wissenden Blicken des Rudels stand halten sollte.
Bevor er noch mehr seinem großen Bruder sagen konnte, begann dieser auch schon kläglich herum zu jammern. „Fynn…es juckt so schrecklich unter dem Verband“, kam es auf einmal von Cris, während er sich am oberen Rand des noch eingegipsten Beines zu kratzen begann. „Das tut es schon seit gestern Abend und es will einfach nicht mehr aufhören.“
Sofort schlug er dem Blondhaarigen auf die Finger. „Hör auf zu kratzen…das zeigt doch nur davon, dass die Heilung eingesetzt hat. Sei doch froh darum, denn dies ist ein gutes Zeichen. Außerdem müsstest du es doch besser wissen als ich Cris.“ Schließlich war Crispin hier der Alpha von ihnen beiden und war immerhin schon mehr als einmal schwer verwundet gewesen.
Er hörte ein frustriertes Aufseufzen von seitens seines Bruders. „Du hast ja recht, aber ich glaube es wird Zeit den Verband abzumachen“, erwiderte dieser nur daraufhin. Fynns Blick glitt zu dem Bein hinüber und er rechnete nach wie lange der Gips drauf war. Schon zwei Tage? Wenn er Zeit mit Alan verbrachte verging die Zeit meistens wie im Flug. Es kam den jungen Halbwolf vor, als würden Alan und er sich bereits seit Jahren schon kennen und nicht erst seit ein paar Wochen. Es war wirklich erstaunlich wie schnell er sich doch an den Alpha gewöhnt hatte.
Es wurde also Zeit, seinen älteren Bruder von dem Gips zu befreien. Zwar würde Cris das Laufen am Anfang wohl noch schwer fallen, aber er würde sich wenigstens wieder besser bewegen können. Außerdem musste er sein Bein für den letzten Schritt des Heilungsprozesses bewegen. Langsam erhob sich Fynn von seinem Stuhl und lief nach draußen, um den Wachen vor Crispins Zimmer aufzutragen das sie ihm doch die Sachen bringen sollten, damit er Cris von dem Gips endlich befreien konnte.
Kaum hatte er alles parat ließ er Crispin auf dem Bett Platz nehmen und ging vor diesem brav auf die Knie. Sofort machte sich Fynn an die Arbeit und begann den Gips mit einer scharfen Schere aufzuschneiden. So vorsichtig wie er vermochte streifte er den Verband ab und betrachtete das vollständig geheilte Bein seines großen Bruders. Keine einzige Narbe war von dem Bruch zurück geblieben.
„So…fertig.“ Langsam erhob sich der Kleinere und hielt seinem Bruder die Hand hin. Dieser sah ihn einen Augenblick lang nur an, bevor er die Nase rümpfte und arrogant wie immer auf die Beine stand. Das war typisch Crispin, sobald er wieder gesund war musste er hier wieder denn starken Alpha heraus hängen lassen.
Leicht schmunzelnd beobachtete er den Anderen und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als dieser einen Schritt nach vorne wagte und ins Wanken geriet. „Ach, halt doch den Mund.“ Jaja, der starke Alpha. Trotzdem war Fynnley sofort zur Stelle und bot Cris noch einmal seinen Arm an, denn dieser dieses Mal auch annahm. „So ist es brav.“
Verächtlich schnaubend blickte Crispin ihn an, beließ es aber dann auf sich und ließ sich die ersten Schritte helfen. Nachdem Cris sich eingelaufen hatte, schien sein Bein wieder fast wie früher zu sein und nahm erneut seinen Dienst auf. Das war eben der Vorteil, wenn man ein vollständiger Werwolf war. Natürlich heilten auch bei Fynn die Wunden schneller, als bei einem Menschen, aber so gut wie bei einem richtigen Wolf war es dann auch wieder nicht.
Lächelnd ließ sich Fynn auf dem Bett des Blondhaarigen nieder und sah Crispin zu, wie er fröhlich durch das Zimmer tigerte. Ab und an sah er ihn noch ein wenig wackeln, aber spätestens morgen Abend war sein Bruder wieder topfit. Fynn musste wirklich dringend ein Wort mit Alan wechseln, denn so konnte es nicht mehr länger weiter gehen. Nun wo Crispins Bein so gut wie verheilt war, würde Alan diesen endlich ziehen lassen müssen. Ein Alpha gehörte eben einfach nicht auf so engem Raum eingesperrt, sondern in die Freiheit, an die Seite seines Rudels.
„Genauso gut, wie das Alte“, kam es sichtlich zufrieden von dem Größeren und stampfte auf den Boden auf. Fynnley konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, als Crispin kurz darauf ins Stolpern geriet und der Länge nach Bekanntschaft mit dem Boden machte. Hinter vorgehaltener Hand begann er seinen großen Bruder leise auszulachen.
„Fynnley“, knurrte sein Bruder sichtlich erbost. „Hör auf so dumm zu lachen und helf mir gefälligst hoch.“ Dem Anblick von Crispin flach auf dem Boden liegend und herum keifend, konnte sich der Kleinere überhaupt nicht mehr beherrschen. Da kam auch schon ein Schuh angeflogen und landete elegant neben ihm im Bett.
„Du blöd Mann…“ Lauthals begann er los zu lachen, bis ihm der Atem weg blieb und er immer noch kichernd nach Luft rang. „Hör endlich auf so dumm zu lachen und helf mir gefälligst auf.“
Gerade als er sich erbarmen wollte Crispin vom Boden hoch zu helfen klopfte es an der Tür. Fragend sah der Jüngere auf, bevor er sich rasch zu Cris gesellte und ihm gerade auf die Beine half, als die Zimmertür aufschwang.
Er stützte Crsipin noch einen Moment lang, bevor er sich zu dem Störenfried umwand. Bevor er ihn sah wusste Fynn genau, dass es nur einen gab der hier einfach so herein spazieren konnte und das war Alan. Eisblaue Augen fixierten ihn, nachdem sie die Szene abgeschätzt hatte, welche sich ihm bot. Alans Blick ruhte nur einen Augenblick lang auf Crispin und sein nicht mehr eingegipstes Bein, bevor es wieder zu Fynn hinüber sah.
Schweigend blieb dieser einfach nur im Türrahmen stehen und streckte ihm auf einmal auffordernd seine Hand entgegen. Eine sehr eindeutige und gleichzeitig so arrogante Geste. Ihm schien es sichtlich zu missfallen, dass Fynn bei seinem Bruder stand. Abwartend blickte der junge Halbwolf zu dem Älteren hinüber und hob leicht abschätzend eine Augenbraue an, während er die Arme vor der Brust verschränkte. Was wollte Alan jetzt schon wieder?
Nach einem kurzen Blickduell presste Alan missbilligt seine Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, bevor er leise Luft holte und zum Sprechen ansetzte. „Ich würde gerne mit dir sprechen“, kam es ruhig von dem Alpha. Ging es etwa um Crispins Freiheit? Oder versuchte er mal wieder nur Fynn von seinem Bruder zu trennen? Es war beides möglich. Wobei Fynn sich noch genau daran erinnerte das Alan eigentlich in dem Fall Cris noch um etwas Zeit gebeten hatte.
„Dann tu es jetzt. Ich habe keine Geheimnisse vor meinem Bruder.“ Was zwar nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber das musste im Moment ja niemand wissen. Jeder hatte seine eigenen kleinen Geheimnisse, so auch der junge Mischling. Die nur ihn was angingen.
„Unter vier Augen“, brummelte Alan nun leise. Natürlich ging es dem Schwarzhaarigen gegen den Strich, wenn sich Fynn so verhielt. Aber dieser wollte dem Alpha endlich einmal klar machen das er keine Puppe war die sofort darauf ansprang, wenn er pfiff. Es reichte bereits schon, dass er Alan zwei Mal, quasi schon drei Mal seine Liebe gestanden und trotzdem noch keine Antwort bekommen hatte. Langsam wurde es wirklich Zeit das auch Alan ihm einmal ein bisschen gab und nicht nur von ihm bekam, denn Fynn wurde ungeduldig.
Wenn er Alpha wollte das er blieb und nicht mit Crispin zurückkehrte, musste er sich noch ein wenig zusammen reißen, seinen Stolz zusammen kratzen und endlich über seinen Schatten sprang, um ihm endlich die drei kleinen Worte zu sagen, welche dem Halbwolf bereits länger zustanden.
Natürlich mochte Crispin recht haben und die ganze Situation auch für Alan neu sein, vielleicht brauchte auch der Alpha etwas Zeit, aber er musste ihm wenigstens einen kleinen Brotkrummen hinwerfen, an den er sich weiterhin klammern konnte. Schließlich wollte er sich nicht noch einmal in eine ausweglose Situation rennen, aus welcher er nur mit einem gebrochenen Herzen entkommen konnte. Das war Fynnley leider bereits zu oft wiederfahren. Was zumindest ein gutes Zeichen war, war die Tatsache, dass Alan seine Makel und Fehler zu akzeptieren schien. Immerhin wusste er um sein gemischtes Blut und schreckte nicht davor zurück. Stattdessen hatte er mit Crispin um ihn gekämpft.
Leise aufseufzend warf er seinem großen Bruder einen raschen Blick zu. Ein kurzes aufmunterndes Nicken und Fynn hatte sich entschlossen. Er würde lernen müssen nicht nur an sich, sondern auch an Alan zu denken.
Vielleicht musste auch der junge Mischling noch einmal einige Dinge überdenken und auch ein wenig zu und ab geben. Sie waren beide gebrannte Kinder und brauchten wohl beide noch ein wenig Zeit, um sich an einander zu gewöhnen und vor allem mussten sie lernen auch einander Vertrauen zu schenken.
Langsam ging er auf den Größeren zu und legte seine Hand in die ihm immer noch dargebotene Hand. Kühle Finger umschlossen sie und zogen ihn sanft, aber bestimmt aus dem Raum. Geräuschlos fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss und wurde von den Wachen wieder verriegelt.
Sie verließen das Schloss und passierten dann das Nordtor, bevor sie auch die Dorfmauern hinter sich ließen. Erst als sie sich immer weiter entfernten und tiefer in die Wälder gingen wurde der Kleinere immer stutziger. Wo wollte Alan mit ihm hin? Sanft drückte Fynn die Hand des Anderen, die immer noch seine fest umschloss. „Alan?“
Statt zu antworten hob dieser nur den Zeigefinger an seine Lippen und bedeutete ihm ruhig zu sein. Sie liefen tiefer in den Wald hinein und ließen das Schloss und die herumliegenden Felder weit hinter sich. Es war wirklich komisch, aber hier fühlte sich Fynn irgendwie frei. Hier war niemand, der sie aufzog oder verachtete. Hier waren nur er und Alan, der Wald, das Meer, die Freiheit. Alle Sorgen und Ängste fielen auf einmal von dem Blondhaarigen ab.
Das schien Alan ebenfalls zu bemerken, denn als er das Nächste Mal zu ihm hinüber blickte lächelte ihn der Alpha sanft an. Sein Herz erwärmte sich und machte einen kleinen Sprung vor Freude. Ja, sie waren auf dem besten Weg für beide Parteien. Sie folgten dem Fluss und wanderten immer weiter Berg auf, bis sie sich vor einem Wasserfall wiederfanden.
Von der Natur umgeben fiel alle Last von Fynns Schultern. Das war es was er im Augenblick wirklich brauchte. Einfach nur sich und Alan. Nur sie Beide, ohne jeglichen Einfluss von außen. Schweigend führte Alan sie über kleine Umwege durch den Fluss in Richtung Wasserfall. Hinter diesem kletterten sie einen etwas steilen Weg hinab. Ein kleiner Bachlauf verlief neben ihnen, was den Abstieg ein wenig erschwerte, da der Untergrund ein wenig aufgeweicht und rutschig war.
Dennoch geschah Fynn nichts, denn immer wenn der Kleinere ins Rutschen kam war Alan da, um ihn aufzufangen.
Als sie unten angekommen waren und Fynn sich umsah, erkannt er auf einmal, wo Alan ihn hin hingeführt hatte. Fynnley hatte schon viel von den Ruinen der alten Festung Beneáls von Amira erzählt bekommen. Beeindruckend ragten die alten Mauern der Festung aus dem Gestein heraus, während sie sich einerseits aus dem Stein hervor hob, schmiegte sie sich andererseits perfekt in das vorgefundene Bild hinein. Die Wildnis begann bereits die Ruinen wieder einzunehmen. Überall verliefen Ranken, wuchs flauschiges Moos, grüne Pflanzen und Wildblumen. Hier und dort war die Erde schon eingefallen und ließ das Tageslicht in die Höhle hinein scheinen. Der eigentliche Fluss der über ihren Köpfen hinweg floss, vom Wasserausfall weglaufend, bahnte sich hier und da durch die Löcher in der Decke einen Weg und fielen wie kleine Wasserfälle hinab.
Staunend drehte sich der Blondhaarige, um seine eigene Achse und bestaunte seine Umgebung. Der Anblick war einfach nur wundervoll und faszinierte Fynn zu tiefst. Langsam wandte er sich Alan wieder zu und sah ihn aus großen Augen an, bevor er dessen Blick sah, welcher zugleich Trauer, als auch Freude wieder spiegelte.
Nach und nach wurde ihm bewusst, dass dies wohl das frühere zu Hause von Alan gewesen sein musste, oder zumindest ein Ort an welchem viele Erinnerungen zu hingen schienen. Bis etwas Dramatisches passiert sein musste und die ganze Festung zerstört hatte. Vorsichtig trat er auf den Älteren zu, hob seine Hand und strich ihm in liebevoller Geste über die Wange. Sachte schmiegte Alan seine Wange gegen die warme Hand.
Sanft legte sich die Hand Alans auf seine und verschränkte ihre Finger miteinander, bevor er ihn durch die Ruine zu führen begann. Fynn, ließ dem Alpha mit den eisblauen Augen, alle Zeit der Welt, während sie über die Trümmer der Vergangenheit kletterten. Wenn Alan wollte, würde er sich diesem schon freiwillig ein Stück öffnen.
„Mein Vater Aleczander, ist hier damals aufgewachsen, die Festung, Candor, war sein zu Hause. Seit ich denken kann, erzählt man mir die Geschichten dieser Hallen. Candor war zu seiner Zeit beeindruckensvoll und wunderschön.“ Trotz des Pflanzenreiches, welches die Festung versuchte zurück zu erobern, ließ sich erahnen wie beeindruckend Candor gewesen sein musste. Wobei Ith’iel auch nicht zu verachten war.
„Niemand außer dem Rudel wusste, wo sie zu finden war. Mein Großvater verstarb und Vater sollte der neue Alpha werden. Sein Halbbruder, Corbin, weder ganz Wolf noch ganz Mensch. Wollte dies nicht akzeptieren und verriet meinen Vater. Die Festung wurde angegriffen, wir gewannen die Schlacht nachdem Corbin im Kampfe gegen Vater gefallen war.
Der Frieden war wieder eingekehrt, aber durch den erbitterten Kampf und der Zerstörung war Candor recht angegriffen. Vater leitete den Fluss um und ließ einen Wasserfall über der Festung fließen, um sie verkommen zu lassen, weil er den Verlust von Corbin.“
Alans Worte klangen nicht vorwurfsvoll. Also hatte auch Alan einen Mischling in seiner Familie gehabt. Aber so wie es sich anhörte hatte Alan seinen Onkel wohl nie kennen lernen dürfen und trotz allem klang seine Stimme voller Trauer. Eine leichte Wut schwang unerschwinglich mit.
Sie betraten die Ruine und Alan führte ihn in eine noch recht gut erhalten Eingangshalle. Einige Dinge, wie Wandschmuck und Teppichläufer ließen darauf schließen, dass man Candor fast Hals über Kopf verlassen hatte. Zwar schien Alan wohl noch öfters hier vorbei zu schauen, aber es blieb wohl alles an Ort und Stelle, wie es sein Vater zurückgelassen hatte.
„Candor wurde nie wieder aufgebaut, aber weiterhin als Andenken und gleichzeitig als Mahnmal für kommende Generationen in den Wäldern von Beneál verborgen. Eine Familie sollte nie so aus einander gehen.“ Gar liebevoll ließ Alan dabei seine Finger über die kühle Steinmauer zu ihrer linken gleiten. Auch wenn es nicht seine eigene Vergangenheit war, so ahm sie Alan doch sichtlich mit. Fynnley war regelrecht überrascht, wie sich der Größere ihm gegenüber auf einmal bereit war zu öffnen. Was hatte das zu bedeuten?
Da wandte sich Alan dem kleinen Halbwolf auch schon wieder zu und ergriff seine Hand. Sachte führte er diese an seine Wange und hauchte einen kleinen Kuss in die Handinnenfläche, bevor er seine Wange an dessen Hand schmiegte.
„Komm bloß nicht auf die Idee zu denken, dass so jemand wie du nichts Gutes zu bedeuten hat. Ich wollte dir damit eher sagen, dass es noch weitere Wesen wie dich gibt, welche halb Mensch und halb Wolf sind. Sie sind selten, aber es gibt sie….ich habe bis jetzt nur von meinem Onkel und dir gehört.“
Es war süß, dass der Ältere annahm er könnte auf den Gedanken kommen, dass er ihn mit dieser Erzählung abspeisen wollte. Gut, so abwegig war es wohl wirklich nicht, bei seinem wirren Gedankengang. Dennoch war es schön zu wissen, dass sich Alan deswegen seinen hübschen Kopf zerbrach. Es zeugte nur davon, dass er dem Anderen doch nicht so wenig bedeutete, wie er angenommen hatte.
Ein kleines Lächeln schlich sich auf die weichen Lippen Fynnleys, bevor er sich vor dem Schwarzhaarigen auf die Zehenspitzen stellte, um ihn zu einem zärtlichen Kuss zu verführen.
„Keine Angst Alan…ich habe deine Worte nicht falsch aufgefasst. Ich finde es sogar wundervoll, dass du mir solch einen faszinierenden Ort zeigst“, hauchte Fynn leise an Alans weiche Lippen. Neckisch biss er seinen Liebsten in die Unterlippe. Schließlich hatte er nach Alans letzten Worten nicht damit gerechnet, dass dieser sich ihm so schnell zu öffnen begann.
Sanft wurde er in Alans starke Arme gezogen und schmiegte sich in die Umarmung seines Freundes. Wohlig aufseufzend, drückte er sich an den Größeren heran und genoss sichtlich den Augenblick.
Es gab keinen Störenfried, kein Rudel, keinen Außenseiter. Im Augenblick gab es nur noch ihn und Alan. Zwei Herzen des einen gemeinsamen Rhythmus anstimmten.
„Jeder hat eben seine Geheimnisse“, kam es mit leicht rauer Stimme von Alan. Aufreizend begann dieser an Fynns Unterlippe zu knabbern, während seine Hände sanft über dessen Seiten wanderten. „Kann schon sein, aber deine Geheimnisse möchte ich nur zu gerne wissen“, erwiderte Fynn schmunzelnd. Er wusste es war gemein von ihm so viel von Alan zu verlangen. Doch für eine gemeinsame Zukunft, mussten sie alle Probleme und Geheimnisse zwischen ihnen nach und nach beseitigen.
„Und du? Wirst du mir auch deine offenbaren?“
Gute Frage, aber eigentlich wusste Alan bereits alles von ihm. Es gab nicht mehr fiel, was er ihm noch verschwieg. Sein Leben war bis jetzt nicht besonders spannend gewesen und es gab eben nicht viel darüber zu erzählen. Zwar könnte er ihm seine vollen Gefühle offenbaren, aber soweit war Fynn einfach noch nicht. Zumal er den Älteren damit wohl ganz schön erschlagen würde.
„Meine Geheimnisse? Die hab ich dir bereits fast alle verraten. Es gibt nicht mehr fiel über mich zu erzählen. So Interessant und wichtig war mein bisheriges Leben nicht“, lachte Fynnley leise.
„Ob du es glaubst oder nicht. Kein Leben ist unwichtig oder uninteressant. Das liegt immer im Auge des Betrachters. Und ich erachte dein Leben keines Wegs, als unwichtig, denn du bedeutest mir sehr viel.“
Ein breites Grinsen legte sich auf Alans Lippen, bevor er den Kleineren an der Taille ergriff und hoch hob, um sich mit ihm fröhlich grinsend um die eigene Achse zu drehen. Im ersten Moment keuchte Fynn erschrocken auf, dann hielt er sich lachend an seinem Gefährten fest und ließ sich herum wirbeln. Alan hatte gesagt er war ihm wichtig. Das kam bei diesem ja schon fast einem Liebesgeständnis gleich.
Erst als Alan schwindelig zu werden schien, hörte er sich auf zu drehen und hielt den kichernden Fynnley zufrieden im seinen Armen. Glücklich schlang Finnley seine Arme, um Alans Hals und seine schlanken Beine, um dessen schmale Hüfte. Dicht drückte sich Fynn an dessen warmen Körper heran und seufzte wohlig auf.
In solchen Momenten wollte er Alan nicht mehr verlieren, aber das Leben war nun mal nicht immer einfach und es lief so gut wie nie so wie geplant. Fynn hoffte wirklich, dass sie sich zusammen rissen, denn Finnley wollte Alan nicht mehr missen.
Auch wenn es nur Alan war der ihn hier haben wollte, so reichte es dem jungen Halbwolf. Der Ältere schien ihn genauso sehr zu lieben, wie Finnley ihn. Natürlich war Familie gut und schön und er würde seinen Bruder auch wirklich sehr vermissen, aber diese Art von Liebe zog ihn doch deutlich mehr an. Eben wie das Licht die Motten anzogen.
Im Augenblick genoss der kleine Mischling die traute Zweisamkeit, er vernahm ein zufriedenes Seufzen von dem Werwolf, als er sein Gesicht in Fynn´s Halsbeuge barg. Ein angenehmer Schauer ran Fynnley´s Rücken hinab, als Alans heißer Atem über die empfindliche Haut an seiner Halsbeuge streifte.
„Gib mir noch ein bisschen mehr Zeit dann wirst du nach und nach mehr über mich erfahren und lernen.“, vernahm er die gemurmelten Worte dicht an seinem Ohr. Sein Herz jauchzte bei diesen Worten vor Freude auf. Alan ahnte ja gar nicht, wie glücklich er den kleinen Halbwolf in diesem Moment mit diesen Worten machte.
Sanft schmiegte Fynnley seine Wange an das dunkle Haar des Alphas, während er nur allzu gerne die Nähe zu Alan spürte. Zärtlich vergrub er seine Finger in dem sündhaft weichen Haar und begann Alan liebevoll mit kleinen Spielereien zu necken.
„Ich bin sehr gerne dazu bereit noch ein wenig zu warten.“ Fynnley glaubte sich verhört zu haben, waren diese Worten eben wirklich aus seinem Mund gekommen? Doch wenn er so recht darüber nachdachte, schenkte er Alan gerne diese Zeit.
Noch etwas zaghaft, aber bestimmt zog Fynnley leicht an Alan´s Haaren, sodass dieser keine andere Wahl hatte, als den Blondhaarigen anzusehen. Sanft lächelnd blickte Fynn zu seinem Liebsten hinab, bevor er besitzergreifend seine Lippen auf die des Alphas drückte und ihn zu einem leidenschaftlichen Kampf ihrer Zungen aufforderte. Vorwitzige Hände fuhren an Fynn´s Rücken hinab und legten sich auf seinen Hintern.
Grinsend löste Fynn nach einer Weile den Kuss und leckte sich sichtlich angetan über die weichen Lippen. Erst als die Hände wieder seinen Hintern freigaben, gab Fynn gleichzeitig Alans Hüfte frei und ließ sich von dem Größeren auf dem Boden absetzen.
Der Blondhaarige lächelte seinen Gefährten aufrichtig an, nachdem er sich noch einen Kuss von Alans zarten Lippen stibitzt hatte. Der junge Halbwolf wollte sich zum gehen aufmachen, aber Fynn kam nicht weit. Alan ergriff seine Hand und zog ihn wieder zurück in seine Arme, um ihn zu einem weiteren Kuss zu verführen. Es wirkte fast so, als würde Alan gerade all seine Gefühle für den kleinen Mischling mit den unterschiedlichen Irden in diesen einen Kuss legen. Wie das hauchzarte streichen eine warmen Sommerbrise raubte er Fynn einen weiteren Kuss. Ihm kam es vor als würden die Zeit zwischen ihnen stehen bleiben und erst wieder weiter laufen, als Alan sich von ihm löste.
Fynnley brauchte keine weitere Antwort mehr auf die Frage in seinem Herzen. Jedoch würde er bald eine Entscheidung von Alan verlangen, doch ein bisschen gedulden konnte er sich noch.
Träge spürte er Alans Zunge noch ein letztes Mal über seine Unterlippe gleiten, bevor er ein sanftes Kneifen in seinem Hintern zu spüren bekam. Fynn knuffte den Werwolf mit den blauen Irden spielerisch erbost gegen die Brust. Ehe der Mischling seine Hand jedoch zurückziehen konnte, verschränkte Alan ihre Finger miteinander und hielt ihn fest.
Lächeln hob Fynn gespielt empört eine Augenbraue an, bevor er sich zu dem Dunkelhaarigen hinüber beugte, um ihm noch einen heißen Kuss auf zu drücken. Fynn schmiegte sich dicht an den Körper des Älteren. Starke Arme schlangen sich um die Schlanke Taille. Sehr deutlich spürte Fynn die harte Erhebung an seinen Oberschenkel drücken. Sachte schmunzelnd blickte er zu seinem Freund hinauf und ließ dabei seine Finger provozierend über den dünnen Stoff gleiten, welcher dessen Erektion noch von seinen Fingern trennte.
Ein leises, zufriedenes Knurren seitens Alan ermutigte den jungen Mischling weiter zu machen. Neckend wanderten seine Finger unter den dünnen Stoff, den ihn noch von dem heißen Fleisch trennte. Zärtlich ließ er seine Finger über Alans Männlichkeit gleiten. Tastete jede Erhebung und Vertiefung ab. Ließ seine Finger ein wenig mit dem Bändchen spielen und einmal über die empfindsame Öffnung gleiten, bevor er sie wieder auf Erkundungstour schickte.
Ein wohliges Aufseufzen seitens Alan heizte Fynn noch mehr an dieses kleine Spiel weiter zu treiben. Er blickte zu Alan auf und ein Schauer der Erregung lief direkt hinab in seine Lenden, bei dem vor Lust verhangenem Blick, welchen ihm Alan aus halb geschlossenen Augen zuwarf. Sanft fuhr er ein paar Adern nach, bevor sich seine Hand um den Schaft schloss. Er pumpte den mächtigen Schaft ein paar Mal, dann zog er seine Hand auch schon zurück.
„Fynn…“ Frustriert knurrte der Dunkelhaarige auf, als die weichen Finger seines Gefährten von seinem Glied verschwanden.
Alan wollte mehr, man sah es ihm deutlich an. Mit einem zufriedenen Grinsen ließ Fynnley sich vor Alan auf die Knie sinken, während seine Hände am Bund der dunklen Hose seines Liebsten entlang strichen. Ungeduldig öffnete er den Reißverschluss und zog sie ihm bis zu den Kniekehlen hinab.
Sofort ragte ihm die mächtige Erektion Alan´s entgegen. Neckend ließ er ein letztes Mal seine Finger am heißen Fleisch entlang gleiten, bevor er die Lippen, um die Eichel schloss. Sanft ließ er seine Zunge über die Spitze streicheln, versuchte sie ein wenig in das enge Loch in der Spitze zu drücken. Mit einem leisen Aufstöhnen spürte er wie die Finger des Schwarzhaarigen sich in seinen Haaren vergruben, um sich noch weiter in Fynnley´s sündigen Mund zu drängen. Ungeduldig aufstöhnen drängte sich Alan´s Hüfte weiter ihm entgegen.
Vorsichtig entließ er die Eichel aus seinem Mund. „Sei nicht so ungeduldig“, hauchte Fynnley leise gegen die feuchte Spitze und konnte dabei beobachten wie es erwartungsvoll zuckte. Er hauchte einen sanften Kuss auf die empfindliche Eichel und nahm dann sie dann wieder vollständig in seinem Mund auf. Immer wieder ließ er seine Zunge über die gesamte Länge seines Gefährten gleiten. Setzte hier und da vorsichtig seine Zähne an, reizte Alan immer weiter.
Als er merkte, dass der Alpha wohl nicht mehr lange konnte, ließ er eine Hand zu dessen Hoden hinauf wandern und begann diese spielerisch durch seine Finger gleiten zu lassen. Massierte sie mal hier und dort ein wenig, während er das Knabbern und Lecken an dessen Erektion noch einmal erhöhte. Das laute Stöhnen und Keuchen des Wolfes bestärkte Fynnley nur in seinem Handeln. Die Hände in seinen Haaren gruben sich fester in seine Haare. Kaum spürte er wie das heiße Glied in seinem Mund leicht zu zucken begann wusste Fynn, dass es gleich soweit war. Noch einmal verstärkte er das Lecken und Saugen an Alan´s Erektion und begann mit Schluckbewegungen Alan den letzten Kick über die Klippe zu geben. „Fynnley….“ Mit einem letzten Aufstöhnen ergoss sich der Werwolf heiß in seinem Mund. Brav schluckte der Kleinere alles und leckte die letzten Tropfen der leckeren Flüssigkeit von Alans Spitze, bevor er das bereits erschlaffende Glied aus seinem Mund entließ. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein, aber Alan schmeckte nach einer Wildheit und Freiheit, die einfach nach mehr verlangte. Die ihn lockte und rief, dass er weiter machen sollte. Verdammt, er war diesem sturen und uneinsichtigen Alpha total verfallen.
Zufrieden grinsend leckte sich der Jüngere ein letztes Mal über die Lippen und war sichtlich überrascht, als Alan ihn mit Leichtigkeit auf die Beine zog und zu einem recht stürmischen Kuss verführte.
Es schien Alan total egal zu sein, dass er sich selbst schmecken konnte. So waren Werwölfe eben, ihnen war nichts peinlich. Mit etwas wackeligen Beinen blieb Fynnley nach dem Kuss dicht an Alan gepresst stehen. Zwar war Fynn durch sein kleines Spielchen selbst total rattig, aber für ihn zählte im Augenblick nur die Befriedigung seines Liebsten.
Man musste nicht immer zum gleichen Zeitpunkt Geben und Nehmen. Manchmal reichte das Geben auch aus, um beide Parteien für den Moment glücklich zu machen. Auch als Alan ihn noch mit einem leicht verschleierten Blick auffordern ansah, schüttelte Fynnley nur leicht den Kopf, während Alan seine Hose wieder hochzog. Stattdessen stibitzte er sich noch einen Kuss als Ersatz von diesen sündhaft Lippen, bevor er seinen Kopf an die breite Brust Alans legte, um noch ein wenig dem beruhigenden Herzschlag des Älteren zuhören zu können.
So standen sie noch eine ganze Weile in den Ruinen von Candor, bevor Alan sich vorsichtig von ihm zu lösen begann. „Lass uns nach Hause zurück gehen und was Essen. Ich will ja nicht, dass du mir in der kommenden Nacht noch vom Fleisch fällst.“, kam es entspannt und gleichzeitig ein wenig amüsiert von dem Dunkelhaarigen. Es war schön mit anzusehen, wie jung und ausgelassen Alan sein konnte, wenn sie nur unter sich waren. Wirklich schade, dass sich der Ältere nur so selten fallen lassen konnte. Das Leben als Alpha war nicht immer einfach und es gab nur wenige Momente, in denen sich Alan gehen lassen konnte.
Trotzdem war Fynn stolz auf sich, dass er solch eine Auswirkung auf Alan hatte. Er hatte diesen arroganten Alpha endlich soweit bekommen, ihm zu vertrauen und sich ihm gegenüber wenigstens ein Stück weit zu öffnen. So sollte es auch zwischen zwei Gefährten sein. Sich zu jeder Zeit einander anvertrauen zu können, den anderen aufzufangen wenn er droht zu fallen und gemeinsam Probleme überwinden. Eine Beziehung war eben nicht einfach.
Was Fynn aber dennoch leicht stutzig machte, war die Wortwahl des Älteren. Die kommende Nacht. Was war denn da? Hatte Alan etwas für diese Nacht geplant? Neugierig sah er seinen Liebsten an, aber dieser schweig eisern. Bis nach dem Essen sollte Fynnley auch keine sinnvolle Antwort mehr auf seine Fragen bekommen.
Das Essen verlief recht still, auch als der Rest begann den Saal zu verlassen, sprach Alan immer noch kein Wort mit ihm. Leicht fragend sah Fynn zu dem Dunkelhaarigen hinüber und wusste nicht was er nun tun sollte. Was hatte Alan geplant?
Nachdem alle den Saal verlassen hatten, erhob sich auch Alan endlich von seinem Platz. Lächelnd reichte er seinem Gefährten die Hand und Fynn ließ sich nur zu gerne auf die Beine helfen. Mit einem leicht flauen Gefühl im Magen blickte er zu seinem Liebsten hinüber.
„Alan?“, kam es zögerlich von dem Kleineren, als der Alpha ihre Finger wieder ineinander verflocht und ihn nach draußen führte. Langsam wurde ihm die Situation, doch ein wenig unheimlich. Sacht zog er verunsichert an der Hand des Älteren und zwang ihn damit mitten im Flur stehen zu bleiben. Fragend richtete sich ein leicht verwirrter Blick auf Fynnley, der den Kleineren nur noch mehr verunsicherte. Er musste wissen was auf ihn zu kam. Aufkeimenden Gedanken nisteten sich heimtückisch in seinem Kopf ein. Fynn wollte nicht daran denken was Alan eventuell für die kommende Nacht geplant hatte. Vielleicht wollte er ihn doch los werden? Schließlich waren nicht alle aus dem Rudel, dem jungen Halbwolf wohl gesonnen. Alan´s Blick wurde auf einmal ganz sanft und vorsichtig strich er Fynn eine einzelne Haarsträhne hinter sein Ohr.
„Hab keine Angst kleiner Wolf und vertraue mir bitte ein letztes Mal.“
Diese Aussage von Alan nahm ihm nicht wirklich seine Angst. Zu oft hatte er schon jemandem vertraut, bei dem er seine Naivität am Ende bereut hatte. Fynnley wollte es nicht schon wieder bereuen. Leise aufseufzend schloss er für einen kurzen Augenblick seine Augen. Alan war nicht wie alle anderen. Er hatte ihn nicht angesehen, als wäre er eine Abscheulichkeit, als er von seiner Unvollständigkeit erfahren hatte. Alan hatte ihn nie ausgelacht oder deswegen gar beschimpft. Der Alpha war ihm gegenüber sogar recht zuvorkommend gewesen. Natürlich hatten sie auch ihre Probleme und müssten mit gewissen Dingen kämpfen, um sich ihren Platz in der Welt zu erkämpfen. Aber wer musste das nicht? Man konnte nur Vertrauen zurück bekommen, wenn man selbst welches jemandem entgegen brachte.
Nun gut. Fynn wollte dem wunderschönen Wolf mit den graublauen Augen vertrauen. Schwach nickte er leicht. Um Alans Willen und vielleicht um endlich sein Glück zu finden. Immerhin war Vertrauern doch ein wichtiger Grundstein, um eine solide Beziehung aufbauen zu können. Das zarte Pflänzchen, welches die Beziehung zwischen ihnen bildlich darstellte, war noch sehr zart und zerbrechlich. Sie würden es von beiden Seiten hegen und pflegen müssen. Sodass aus ihr eine großer und kräftiger Baum werden konnte, welcher sich gegen alle aufkommenden Probleme wehren konnte.
Als Fynn seine Augen wieder aufschlug, blickte er direkt in die vor Freude funkelnden graublauen Augen seines Liebsten und er konnte einfach nicht anders, als sich von dem strahlenden Lächeln auf Alans Lippen anstecken zu lassen. Jetzt konnte der junge Halbwolf nur noch hoffen, dass er diese Entscheidung nicht bereuen würde...
Gemeinsam verließen sie das Schlossgelände. Alan ging voraus und schlug den Weg in Richtung Wald ein. Fynn schloss daraus, dass er ihm folgen sollte. Die Dämmerung setzte langsam ein. Sie liefen eine Weile schweigend nebeneinander her, während Fynnley innerlich immer unruhiger wurde. Was Alan hatte Alan vor? Der Schwarzhaarige führte sie zu einem unter Efeu verborgenen Höhleneingang.
Zögernd blieb Fynnley davor stehen, als Alan den Efeu zur Seite schob, um die Höhle zu betreten. Alan blieb am Eingang stehen und streckte dem Kleineren seine Hand entgegen. „Komm“, hallte sanft, aber bestimmt dieses einzelne Wort von den kalten Wänden der Höhle wieder. Es war kein Befehl, eher eine Bitte und dennoch zögerte Fynn.
Was sollte das Ganze? Ihm war unwohl bei der Sache und ein schwerer Stein begann sich in seiner Magengrube zu bilden. „Du musst mir schon vertrauen“, meinte Alan leise. Diese Worte hatte der Schwarzhaarige bereits zu oft in den letzten Tagen an den jungen Halbwolf gerichtet. Zu oft hatte Fynn diesem getraut und nie das gewünschte Ergebnis erhalten.
„Fynn…bitte. Ich verspreche dir auch, dieses Mal wirst du es nicht bereuen.“
„Ein letztes Mal.“
Als sie die Höhle dann endlich betraten fiel Fynnley als erstes auf, dass ihm keine kalte und feuchte Luft entgegen schlug. Alan führte ihn einen langen Gang hinab in eine Höhle, die von Fackeln an den Wänden und unzähligen Kerzen beleuchtet wurde. Das warme Licht der Fackeln, wurde von einem großen See am Ende der Höhle reflektiert.
Am Rande des Sees lagen einladend ein paar Felle ausgebreitet. Alan lächelte. Dieses Mal war sein Lächeln beinahe zärtlich. Hatte er diese ganze Geheimnistuerei etwa nur getan, um ihn zu überraschen? Fynn konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. Ach verdammt, er war einfach wirklich zu nahe am Wasser gebaut.
Das Schlimme aber war, dass Alan dieses Mal wirklich recht gehabt hatte. Dieses Mal bereute er es wirklich nicht, sich ein weiteres Mal auf den Alpha verlassen zu haben.
Da schlossen sich auch schon zwei starke Arme, um den Kleineren und drückten ihn an eine breite Brust. Leise schluchzend krallte er sich in das dunkle Hemd seines Liebsten und presste sein Gesicht an dessen Brust. Was für ein Weichei er doch war. Nun weinte er doch tatsächlich, weil Alan so etwas Wundervolles für sie beide organisiert hatte.
Sie standen eine ganze Weile so da. Alan ließ ihn gewähren und gab ihm genügend Zeit sich wieder in den Griff zu kriegen. Irgendwann beruhigte sich der junge Mischling und atmete nur tief den Duft des Schwarzhaarigen ein.
„Fynn“, drang die Stimme des Alphas sanft aber bestimmt an sein Ohr. Leicht schüttelte der Kleine den Kopf und drängte sich nur noch näher an den Wolf heran. Nein, er wollte Alan noch nicht los lassen. Er war noch nicht bereit dazu.„Fynnley“, kam es noch einmal von Alan. Sanft versuchte dieser ihn dazu, zu bewegen sich von ihm zu lösen. Doch der blonde Halbwolf gab sein bestes sich nicht von ihm abschütteln zu lassen. Ein leises Aufseufzend verließ Alans Kehle und Fynn spürte wie die ausgeatmete Luft seines Freundes zärtlich sein Ohr streifte. Ein angenehmer Schauer ran dabei seinen Rücken hinab.
„Komm schon Fynn…ich laufe dir nicht weg. Versprochen“, erklang die Stimme des Wolfes recht belustigt dicht neben seinem Ohr. Statt zu antworten schüttelte Fynn noch einmal den Kopf. Er würde Alan nicht los lassen. Er wollte nicht sein verweintes Gesicht zeigen.
Sanft aber bestimmt schlossen sich starke Finger um Fynnleys Kinn und zwangen ihn liebevoll zu dem Älteren aufzublicken. Nur wiederwillig gab Fynn der Berührung nach.
Alans goldene Augen suchten seinen Blick und seine Seelenspiegel gaben wieder, wie nahe der Wolf doch an der Oberfläche des Alphas kratzte. Davon hatte Fynn gar nichts mitbekommen. Ein sanftes Lächeln lag auf den weichen Lippen des Dunkelhaarigen. Da verführte Alan ihn auch schon zu einem Kuss. Ihr Kuss schien unendlich. Auf einmal drückte etwas gegen Fynns Lippen und zwang es mit Zeigefinger und Daumen zwischen seine Zähne, ohne seinen Mund von Fynns zu heben.
„Mein…“, hörte er ein leises Knurren von Alan. Leicht leckte sich der Wolf mit den unterschiedlichen Irden über die Lippen und schmeckte Blut. Alans Blut. Das Blut und Fleisch des Alphas.
„Von diesem Tage an…“, begann Alan leise mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. „…bist du ein Teil meines Rudels. Gehörst zu mir und den Meinen. Rudel…Familie…Mein Gefährte.“Auf Alans Gesicht und seinen Händen befand sich sein eigenes Blut. Magie brannte sich durch Fynn hindurch und folgte dem Weg des Fleischstückes.
Sein Körper begann unkontrolliert zu zittern, während Fynn leise aufschrie. Er konnte sie alle fühlen, durch Alans Blut, Fleisch und seine Berührungen. Nie wieder allein sein. Keuchend leckte sich Fynn über die Unterlippe und starrte Alan dabei sichtlich überrascht an. Es war unglaublich und es kam so plötzlich.
„Dein Gefährte“, erwiderte Fynnley leise. Der Mischling war sichtlich von dem plötzlichen Wandeln der Situation überrumpelt. Alan hatte ihn tatsächlich zu sich ins Rudel geholt, ohne vorher sein Einverständnis einzuholen. Nicht, dass er sich dagegen gewährt hätte. Da es doch genau das war, was Fynnley sich immer erträumt hatte. Aber Alan hätte wenigstens fragen können. Damit war dann wohl auch endgültig die Beziehungsfrage zwischen ihnen geklärt.
Langsam ließ das bewusste Wahrnehmen des Rudels in seinem inneren nach, aber sie würden nie wieder verschwinden. Nicht, nachdem Alan ihn einfach zu einem Teil des Rudels und zu seinem Gefährten gemacht hatte. Normalerweise war es üblich, es bei einer Rudelversammlung zu machen. Doch Alan schien diese Variante wohl zu bevorzugen. So war es Fynn eigentlich auch lieber. Nur spätestens morgen würden sie sich dann dem Rudel stellen und Alan würde Rede und Antwort stehen müssen.
Denn der blonde Mischling ging nicht davon aus, dass Alan dies vorher mit dem Rudel besprochen hatte. Das Rudel musste ihr Einverständnis nicht geben, aber es war immer angenehmer, wenn es hinter der Entscheidung ihres Alphas stand. Fynn war sich nicht so ganz sicher, ob dem Rudel Alans Entscheidung wirklich gefiel. Immerhin war er nur ein Halbblut.
Aber im Grunde kam es doch eh nur darauf an was der Alpha wollte und Alan hatte mit dieser Aktion doch ganz deutlich gezeigt, dass er Fynn nicht mehr so einfach ziehen lassen würde. So einfach würde keiner der beiden Parteien mehr aus diesem Pakt heraus kommen.
Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er wohl gerade Alans Rücken ziemlich zerkratzt hatte. Vorsichtig löste er seine Finger aus dem dunklen Stoff und legte seine Hände stattdessen flach auf dessen Brust. Seine Haut war ganz warm unter dem zarten Stoff und spannte sich hart über die darunter verborgenen Muskeln. Kaum war er Alan wieder so nahe, wurde ihm auch schon wieder ganz Heiß.
Erkundend ließ er seine Finger über den dunklen Stoff gleiten und begann einen Knopf nach dem anderen zu öffnen, bis die sonnengebräunte Haut des Älteren zum Vorschein kam. Alan machte keine besonderen Anstalten, Fynn in eine bestimmte Richtung zu drängen. Sondern erlaubte ihm eine kleine Erkundungstour zu starten, während er ihn immer noch aus leuchtend goldenen Augen beobachtete. Das war das erste Mal, dass Fynn Alans Wolf so dicht an der Oberfläche zu spüren bekam. Zumindest was die menschliche Gestalt anbelangte.
Liebevoll fuhren sFynns Finger einzelne Konturen der Muskeln nach, während seine Lippen sich auf die weiche Haut zwischen Schulter und Halsansatz senkte, um dort die empfindsame Haut ein wenig zu liebkosen.
Spielerisch knabberte er ein wenig an der weichen Haut und vergrub fast besitzergreifend seine Zähne in dem zarten Fleisch. MEIN. Ein Vibrieren in Alans Brust und ein besitzergreifendes Knurren von Alans Seite bestätigte sein tun. Ohne großartig darüber nachzudenken verpasste er dem Wolf einen wunderschönen und gut sichtbaren Knutschfleck. Es sollte jeder mitbekommen, wem Alan nun gehörte. Schließlich war Alan in solchen Dingen auch nicht gerade besser.
Danach ließ Fynnley seine Hände langsam tiefer wandern, bis sie an dem steinharten Sixpack des Schwarzhaarigen angekommen waren. Nicht ohne dabei noch beiläufig die Brustwarzen des Größeren zu streifen, welche sich augenblicklich zu verhärten schienen. Jedes Streicheln ließ Fynn, wie eine kleine Liebkosung anfühlen. Als Belohnung für seine Bemühungen bekam er nur ein wohliges Brummeln zu hören.
Neckend zogen seine Finger unsichtbare Kreise auf der zarten Haut, bis sie am Bund von Alans Hose angekommen waren. Geschickt hackte er seine Finger in den Bund des weichen Stoffes und schob sie elegant von der Hüfte des Alphas. Kaum hatte der Stoff den Boden erreicht sprang ihm auch schon Alans bereits steifes Glied voller Freude entgegen. Man könnte fast meinen, dass der hübsche Kerl sich noch genau an die Aufmerksamkeit von heute Nachmittag erinnern konnte und jetzt einfach nach mehr lechzte. Werwölfe waren ja bekanntlich in diesen Dingen eh unersättlich.
Statt sich dem bereits erregten Glied seines Liebsten zu widmen wandte er sich einfach unverfroren von diesem ab und konnte sich gerade so ein Grinsen verkneifen kaum, dass er Alan den Rücken zu gewannt hatte.
Ein recht animalisch klingendes Knurren, dass von den kalten Steinwänden widerhallte, war das Einzige was davon zeugte, dass er Alan mit diesem kleine Spielchen etwas zu sehr zu reizen schien. Statt darauf einzugehen ignorierte Fynn das dunkle Knurren und begann sich stattdessen ebenfalls zu entkleiden, während er langsam auf den See zuging. Wenn sich einem schon solch eine Gelegenheit bot, sollte man diese auch nicht ungenutzt lassen.
Mit verführerisch schwingender Hüfte und einem herausfordernden Lächeln auf den Lippen, ließ Fynn das letzte Kleidungsstück von seinen Hüften gleiten.
Der See war wirklich tiefer, als er auf den ersten Blick gewirkt hatte. Und das Wasser war wärmer als jedes Bad, das er in seinem bisherigen Leben hatte nehmen dürfen. Ehe seine Füße den Boden berührten, war er mit dem Kopf unter Wasser getaucht. Herrlich.
Mit einem wohligen Seufzen auf den Lippen tauchte der junge Halbwolf wieder auf und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Lächelnd sah er recht auffordernd zu dem Werwolf hinüber. Der sollte sich mal nicht so anstellen.
Aus wissenden goldgelben Augen beobachtete ihn der Alpha, wie es nur ein Raubtier konnte. Er kämpfte darum, Alans Blick stand zu halten. Biss sich dabei kurz auf die Unterlippe. Es war von Vorteil, dass er mittlerweile Alan recht gut einschätze konnte. So machte es für Fynnley gerade keinen Sinn sich wie die Beute vorzukommen. Er überspielte seine angeborenen Instinkte konkret und sah keck zu seinem Liebsten am Seeufer hinüber.„Das Wasser ist herrlich….“, schnurrte Fynn verführerisch, bevor er noch einmal unter tauchte. Ohne auch nur auf eine weitere Reaktion seines Gefährten zu warten. Der würde schon ganz von alleine in das Wasser finden. Schließlich war Alan bereits ein großer Junge und wusste doch genau was er wollte. Nur hatte Fynn nicht vor es dem Anderen diese Nacht einfach zu machen.
Es dauerte nicht lange da wirbelte das Wasser um Fynn herum auf, als Alan endlich zu ihm ins Wasser stieg. Elegant stieß sich der junge Mischling vom Grund des Sees ab und versuchte seinem Freund zu entkommen. Weit kam er aber nicht. Rasch schlossen sich ein paar starke Hände, um seine Hüfte und zogen ihn an die Oberfläche zurück. Etwas näher in Richtung Ufer, bis sie wieder Boden unter den Füßen hatten.
Prustend tauchte der Kleinere auf und ließ sich dabei in Alans Arme gleiten. Der Alpha beugte sich besitzergreifend zu ihm hinab. Seine Lippen streiften Fynns für einen kurzen Moment, dann verführte ihn der Dunkelhaarige zu einem Kuss. Hitze begann über seine Haut zu kriechen und wanderte direkt in seine Lenden. Der Abend konnte wohl kaum besser verlaufen. Dafür das Fynn sich zuvor noch so viele Gedanken darüber gemacht hatte, was sein Liebster sich wohl für sie ausgedacht hatte.
Nur mit den Fingerspitzen begann Alan ihm übers Gesicht zu streicheln, über seine Wangen. Fynn begann seine Augen zu schließen und gab sich vollkommen der Situation hin. Eine Hand schob sich langsam in seinen Nacken, während die andere Hand von Alan sich recht besitzergreifend auf seinen Hintern legte.
Als Fynn langsam seine Augen wieder zu öffnen begann, blickte er in die Augen des Wolfes, welche im kargen Licht der Fackeln wie flüssiges Honig aussahen. Mein, schoss es durch Fynns Kopf. Dann lächelten sie auf einmal beide, denn im Augenblick zählten nur sie. Alan zog ihn eng an sich, und als Fynn spürte, wie sich sein hartes Glied in seinen Bauch bohrte, konnte der blonde Wolf einfach nicht mehr länger warten.
Der kleine Mischling schlang seine Arme um Alans Hals und die Beine um seine Taille. Wunderbar große Hände umfassten seinen Hintern, drückten zu und ließen nicht mehr los. Das warme Wasser schwappte um sie, Fynn stöhnte leise auf und bog sich seinem Liebsten entgegen, drängte sich in seine Hände. Während Alan aufreizend seinen Hintern knetete und liebkoste, ließ er seine Zähne über die empfindliche Sehne an seinem Halsansatz gleiten.
Fynn streichelte dessen Schultern, dessen Rücken und begann seine Fingernägel in das harte Fleisch zu graben. Er wollte mehr und er brauchte es genau in diesem Moment. Alans sonst so wunderschönes Lächeln war tödlich, als er sich mit einer unheimlichen Kraft in ihn schob. Den Kopf zurück werfend, stieß Fynnley ein Seufzen purer Lust aus. So ganz ohne Vorbereitung schmerzte es schon ein wenig….aber er liebte es.
Alan`s beruhigende Küsse auf seine Schläfen und dem Knabbern an seinen empfindlichen Ohren, brachten ihn schnell dazu sich zu entspannen, während dieser für ein paar Sekunden still in ihm verweilte.
„Sieh mich an.“ Langsam schlug der kleine Wolf die Augen auf. Fynn hatte gar nicht bemerkt, dass er die Augen geschlossen hatte. „Ich lieb dich“, drang die recht belegte Stimme des Schwarzhaarigen leise an sein Ohr. Fynn war so erregt das er kaum noch klar denken konnte und dennoch machten ihn diese drei kleinen Worte einfach nur unglaublich glücklich. Sein Herz setzte für einen endlos langen Augenblick aus, bevor es regelrecht einen Purzelbaum in seiner Brust schlug.
„Ich lieb dich auch“, hauchte er heißer vor Erregung und musste dabei gegen ein paar Tränen anblinzeln. Verdammt. Alan wusste heute wohl wirklich welche Knöpfe er drücken musste, um Fynn zum Weinen zu bringen. Aber besser es waren Tränen vor Freude, als Tränen der Verzweiflung.
„Ich lieb dich“, murmelte Alan noch einmal glücklich lächelnd. Würde er es nicht besser wissen, könnte man fast meinen, dass Alans Lächeln wirklich Bäume versetzen konnte. Im Moment konnte Fynn sein Glück auch kaum fassen. Es kam ihm gerade vor als würde er Träumen. Doch die Wärme, welche von Alan ausging und dessen Glied in ihm bestätigten dem Mischling das es kein Traum war. Es war Realität.
Der Jüngere konnte genau spüren wie Alan sich quälend langsam aus ihm zurück zog. Nur um sich dann mit festen Blick in seine unterschiedlichen Augen erneut in ihn zu rammen. Fynnley stöhnte leise wohlig auf und klammerte sich dabei nur noch mehr an den ebenso erhitzen Körper seines Gefährten.
In dieser Nacht hielt sich Alan kaum zurück und das wollte Fynn auch nicht anders. Es war der reinste Genuss, zu sehen wie Alan dem Wolf in sich komplett freien Lauf ließ. Ihre Blicke blieben ineinander versenkt, während sie sich gegenseitig immer höher puschten.
Irgendwann waren sie näher ans Flussufer gewandert. Nur damit Alan ihn im seichten Wasser ablegen konnte, um noch mit mehr Kraft in ihn stoßen zu können. Als Fynns ganzer Körper zu beben begann, wusste er genau, dass der schnell näher rückende Höhepunkt unvermeidlich war. Sein Körper stand in Flammen. Laut schrie Fynnley auf, und er war dankbar, dass gerade niemand in der Nähe war. Wer wusste schon was der Jenige sonst denken würde.
Alan beantwortete seinen Schrei mit einem nicht ganz menschlichen Brüllen, bevor sie sich beide dem gemeinsamen Höhepunkt hingaben. Schwer atmend ließen sie sich in den weichen Sand am Ufer des Sees sinken. Ihre Körper blieben eng ineinander verschlungen, bis ihr schwerer Atem sich beruhigte und ihre Herzen zu einem normalen Rhythmus zurückgefunden hatten.
Sanft ließ Fynn seine Finger durch das weiche Haar des Alphas gleiten, bevor sie einen Weg in dessen Nacken fanden, um ihn dort ein wenig zu massieren. Die Nacht hätte wirklich nicht besser verlaufen können. Wenn Fynn nicht gerade eben eines Besseren belehrt worden wäre, würde er denken das Ganze wäre ein Traum.
Die schlanken Finger, welche gierig über seine erhitzte Haut strichen zeugten nur noch mehr davon, dass dies in Wirklichkeit geschehen war. Alan hatte ihn ins Rudel aufgenommen, zu seinem Gefährten erklärt und ihm seine Liebe gestanden und das ALLES in nur einer Nacht.
Erschöpft von den ganzen Ereignissen schloss der Blonde seine Augen, um sich für einen kurzen Moment auszuruhen. Da war er wohl auch schon eingeschlafen.
Ein unglaubliches Jucken riss Fynn überraschend aus dem Schlaf. Es begann an den Armen und breitete sich auf seinem ganzen Körper aus. Gequält schlug der junge Mischling seine Augen auf und ließ seinen Blick einen Moment lang durch die spärlich vom Kerzen- und Fackellicht erhellte Höhle wandern. Allzu lange konnten sie nicht geschlafen haben. Es war noch Nacht. Nur die fast nieder gebrannten Kerzen zeugten von ein paar Stunden.
Weicher Felle streichelten seine nackte Haut, als Fynn sich langsam aufsetzte. Sein Blick huschte kurz zu dem noch schlafenden Alan hinüber und ein sanftes Lächeln stahl sich auf seine weichen Lippen. Er war wohl eingeschlafen und Alan hatte sie wohl zu den Fellen verfrachtet. Die ganzen Geständnisse von Alan hatten ihn aber auch wirklich geplättet.
Bevor er weiter über die vergangenen Ereignisse der letzten Stunden nachdenken konnte lenkte ihn dieses verdammte Jucken von weiteren Überlegungen ab. Es war wirklich verlockend dem Drang sich zu kratzen nach zu geben. Genervt ließ er seine Finger über die gereizte Haut wandern.
Das Jucken trieb ihn schier in den Wahnsinn. Nur woher kam dieser Juckreiz auf einmal? Ihm war nicht bekannt, dass er gegen irgendwas Allergisch war. Wäre ja auch als Halbwolf ein wenig komisch. Gepeinigt von dem Schmerz konnte der Kleinere dem Drang des Jucken nicht mehr wieder stehen. Wohltuend ließ er seine Fingernägel über seine Arme kratzen. Das tat gut auch wenn der Juckreiz regelrecht weh tat.
Gerade als Fynnley dachte es könnte nicht schlimmer sein, bewegte sich etwas unter seinen Finger. Erschrocken keuchte der Halbwolf erstickt auf und starrte auf seinen Arm hinab. Ungläubig starrte er auf seinen Arm. Er konnte genau beobachten, wie sich etwas unter seiner Haut zu bewegen begann.
„Alan!!!“
Der Blondhaarige stieß einen erstickten Schrei aus. Panisch griff Fynn zur Seite und tastete verzweifelt nach seinem Gefährten. „Alan!!!“
Sein Hals fühlte sich so seltsam an. So trocken und gereizt. Was passierte hier gerade mit ihm?
Alan fuhr sichtlich erschrocken aus dem Schlaf. Sprang alarmiert auf die Beine und ließ seinen Blick jeden Winkel der Höhle abzusuchen. Er schien die Gefahr abzuschätzen, bis er realisierte das sich niemand außer ihnen in der Höhle befand. Sein Blick wanderte zu seinem frisch gebackenen Gefährten hinüber und blickte ihn fragend an.
„Alan…“, krächzte der Jüngere und schaffte es immer noch nicht seinen Blick von seiner juckenden Haut abzuwenden. Unfähig sich zu bewegen, blieb Fynn auf dem weichen Lager sitzen. Stattdessen ließ er den Schwarzhaarigen näher kommen und hielt ihm seinen Arm hin.
„I..ich…“ Er brachte kaum ein Wort heraus. Angst und Panik ergriffen den kleinen Mischling. Dieser Gott verdammte Juckreiz brachte ihn noch um. Panisch und zugleich flehend sah er zu seinem Liebsten auf, während er verzweifelt nach Luft rang.
Mit beruhigender Stimme begann Alan auf den hyperventilierenden Fynnley einzureden. Er hatte die Situation bereits erkannt.
„Beruhig dich. Wehre dich nicht dagegen. Die Wandlung ist etwas Wunderbares. Entspann dich und heiße sie willkommen. Dann wird es dir gleich viel leichter fallen.“ Sanft ergriff Alan Fynnleys Kinn und zwang den Kleineren seinen Blick von seiner, sich allein bewegenden, Haut abzuwenden.
„Fynn glaub mir, es wird alles gut werden. Atme tief ein und aus…So ist es gut. Ich bleibe bei dir, du bist nicht allein. Lass es einfach geschehen.“ Fynnley sah Alan fest in die Augen und glaubte ihm. Er war bei ihm.
Kurz darauf knackte seine Wirbelsäule laut und er stieß ein ersticktes Jaulen aus. Ohne es zu wollen schnappte er aus Instinkt nach Alan, sodass dieser erst einmal auf Abstand ging. Der unbekannte Schmerz ließ den jungen Wolf rot sehen. Wimmernd krümmte er sich auf dem vorher noch so weichen Lager. Die weichen Stoffe reizten seine Haut nur noch mehr.
Seine Knochen begannen sich zu formen und der Schmerz raubte Fynn den Atem. Jaulend und stöhnend wandte sich der Kleinere vor Schmerzen.
„Wir sind Wölfe. Gestaltwandler. Halb Mensch, halb Tier. Mit der Gabe gesegnet unsere Gestalt nach Belieben zu wechseln. Wir existieren bereits seit Jahrhunderten neben der menschlichen Gattung im Verborgenen. Mit unserer Geburt erwacht unsere zweite Hälfte und tritt normalerweise im Laufe der ersten Jahre in unser Leben. Erst mit unserem Wolf fühlen wir uns vollständig.
Ich weiß zwar nicht warum es genau jetzt geschieht, aber du musst dich entspannen. Dann wird die Verwandlung nicht ganz so schmerzhaft für dich werden.“
Fynnley jedoch schien seine Worte nicht mehr wahrzunehmen. Tränen flossen ihm über das Gesicht, während schneeweißes Fell aus seiner Haut zu sprießen begann. Sei Kiefer begann sich zu verformen und seine Wirbelsäule verschob sich in ihre endgültige Form. Von wegen sich beruhigen und entspannen. Leichter gesagt als getan.
Eine erneute Schmerzwelle rollte über ihn hinweg. Fynn krampfte erneut und rollte sich eng zu einer Kugel zusammen.
Es soll aufhören! Es tat so furchtbar weh! Gedanklich schrie Fynn nach Hilfe. Obwohl er sich bewusst war, dass ihm im Moment niemand helfen konnte. Ob die Anderen bei ihrer ersten Verwandlung ebenfalls so gelitten hatten?
Fynnley war am Ende seiner Schmerzgrenze angekommen. Laut schrie er auf, doch statt eines Schreis der nur aus Schmerz bestand, war ein lautes Heulen zu hören. Welches von den Wänden der Steinhöhle wiederhalte.
Jegliche Kraft und Anspannung entwich aus dem Körpers des Jüngeren und ließen ihn auf dem Boden zusammen sacken. Hechelnd rang er ungläubig nach Luft. Der Schmerz ließ nach und war von jetzt auf gleich komplett verschwunden.
Eine Weile blieb er noch mit geschlossenen Augen auf dem kühlen Steinboden liegen. Schnaufend lag er dort und wagte sich kaum einen Millimeter zu bewegen. Zögerlich schlug er nach einer ganzen Weile die Augen auf und blinzelte ein paar Mal.
Neue Eindrücke prasselten auf seine, noch übersensibilisierten Sinne ein und erschlugen Fynn fast damit. Alle Farben schienen viel Intensiver, seine Sicht schien klarer und Geräusche und Gerüche schienen viel komplexer. Tief in seinem inneren begann etwas unruhig auf und abzuwandern.
Etwas? Fynn schloss noch einmal seine Augen und begann sich auf dieses Etwas zu konzentrieren. Er war nicht alleine. Da war noch jemand in seinem Inneren. Aus dem Schatten trat ein schneeweißer Wolf mit unterschiedlichen Augen.
Im ersten Moment wirkte er bedrohlich, doch anstatt ihn anzugreifen sprang der Wolf schwanzwedelnd auf ihn zu. Wolf? Gefühle des Wolfes drangen zu ihm durch und dem Wolf schien es nicht anders zu gehen.
Mental riss sich Fynnley zusammen und hielt mutig dem hübschen Wolf seine Hand entgegen, nachdem er in die Hocke gegangen war. Zögerlich kam der Wolf auf ihn zu und schmiegte seinen Kopf an die ihm dargebotene Hand. Freund, schoss es ihm nur durch den Kopf.
Auf einmal vernahm er ganz dicht neben sich ein leises recht zögerliches Winsel. Erschrocken riss Fynnley seine Augen auf und sah direkt in die eisblauen Augen eines rabenschwarzen Wolfes. Welcher keinen Meter mehr von ihm entfernt stand. Wieder ein leises Winseln, doch dieses Mal klang es eher freundlich. Vorsichtig machte dieser einen Schritt auf ihn zu und legte seinen Kopf dabei schief.
Alan. Wolf. Gefährte. MEIN.
Erschrocken fuhr er zusammen, als diese ihm so bekannten Gedanken und doch nicht seine eignen durch den Kopf schossen. Der Wolf, sein Wolf. An den Gedanken musste sich der Kleinere erst einmal gewöhnen. Es war noch alles so neu und ungewohnt. Er würde sich daran gewöhnen müssen, nicht mehr allein zu sein.
Fynn konnte immer noch kaum glauben, dass er nun wirklich in Wolfsgestalt vor Alan stand. Es war noch so unwahrscheinlich, dass ihm sogar einen Moment lang der Gedanke kam das er vielleicht träumte. All die Jahre hatte er auf diesen Augenblick gewartet. Hatte sehnsüchtig darauf gehofft nicht mehr so anders zu sein, nicht mehr ausgegrenzt zu werden und jetzt wo er seinen wahren Gefährten gefunden hatte ging sein Traum in Erfüllung.
Ein wenig senkte er seinen Kopf, um Alan zu signalisieren, dass er seinen Gefährten erkannt hatte. Ein erfreutes Winseln erklang, bevor Alan nun ganz zu ihm hinüber kam. >>Fynn<< Ihre Wölfe begannen sich zu beschnuppern, dann wurde Fynn sanft an gestupst. Vorsichtig und noch etwas ungewohnt versuchte Fynn sich auf die weißen Pfoten zu erheben. Fynn gab ein leises Winseln von sich.
Alan stupste ihn wieder sanft an. >>Na, na. Nicht gleich frustriert sein<< Diese spöttische Stimme, hörte er direkt in seinem Kopf! Alans Stimme. Überrascht sah er zu seinem Liebsten hinüber und blickte in diese eisblauen Augen, die ihn auffordernd ansahen. Wölfe kommunizierten so miteinander. Zumindest die mit einer menschlichen Hälfte in sich. Er hatte bereits davon gehört, es aber noch nie selbst miterlebt.
Fynn versuchte es noch einmal und schaffte es. Seine Glieder fühlten sich noch ein wenig steif an. Unsicher trat er näher an den schwarzen Wolf heran und rieb vorsichtig seinen Kopf an Alans Hals.
>>So kommunizieren wir im Rudel, solange wir uns in Hörweite befinden. Du musst nur denken was du mir sagen möchtest<< Ermutigte ihn der Alpha und gab dabei ein wohliges Brummeln von sich. Alan schien tatsächlich voller Zuversicht zu sein. Alan freute sich regelrecht über Fynns Wolf und ermutigte ihn seine neue Gestalt und Fähigkeiten auszutesten.
Dabei war für Fynnley noch alles so verwirrend und ungewohnt. Seinen Körper und seine Gedanken so offensichtlich und ohne Einschränkungen mit einem zweiten Wesen in sich zu teilen. Er wusste der Wolf wollte ihm nichts Böses. Und dennoch zögerte der Blondhaarige ein wenig davor.
Die Gedanken des Wolfes prasselten wieder auf ihn ein. Gefährte…Unser Gefährte. Freiheit. Laufen gehen. Mühsam versuchte er den aufgeregten Wolf zu beruhigen, während er verunsichert eine Frage in seinem Kopfformte. Laufen. Es fiel ihm schwer seine Gedanken, von denen es Wolfes zu filtern.
>>Warum jetzt?<< Aus großen Augen sah er zu seinem Freund auf und wusste nicht so ganz mit seinen Gefühlen umzugehen. Sie begannen ihn regelrecht zu erdrücken. Fynn nicht mehr ob er weinen oder lachen sollte. Natürlich freute er sich. Das hier war ja auch immer das gewesen, was er immer hatte haben wollen. Und doch kam es alles so plötzlich. So unerwartet.wusste
Liebevoll rieb Alan seine Schnauze beruhigend an Fynns Hals und biss spielerisch in dessen Ohr. >>Ich weiß es nicht….aber ich rate dir jetzt einfach das Beste daraus zu machen. Schließlich ist es doch das, nachdem du dich immer gesehnt hast. << Erklang die beruhigende Stimme seines Gefährten in Fynns Kopf.
Innerlich seufzend senkte der weiße Wolf sein Haupt. Ja, es war immer das gewesen nachdem er sich so verzehrt hatte. Nun war es endlich soweit und er konnte sich noch nicht ganz mit der Situation anfreunden. Immerhin war er bereits einundzwanzig Jahre. Einundzwanzig Jahre in denen er in seinem Körper ganz alleine gelebt hatte und nun war da noch jemand. Die meisten Werwölfe besaßen ihren Wolf bereits seit ihrer Geburt, wuchsen mit ihm auf.
>>Ja, das ist es<< stimmte er zögerlich zu. Gut, jetzt war es nicht mehr zu ändern. Nun wüsste der junge Wolf nur noch zu gerne, warum ausgerechnet in dieser Nacht sein Wolf zum Vorschein kam.
Aufmunternd wurde er wieder von dem schwarzen Wolf an gestupst. >>Nun komm schon. Ich zeige dir wie wundervoll das Leben als Wolf sein kann<< Mit diesen Worten erhob sich Alan und trabte in Richtung Höhlenausgang. Fynnley sah ihm einen Augenblick hinterher, bevor er sich auch in Bewegung setzte. Das musste doch irgendwie mit den ganzen Beinen funktionieren.
Recht schnell hatten er und sein Wolf sich darauf geeinigt, dass dieser das Laufen für sie übernahm. Nachdem es nicht so ganz funktioniert, als Fynn noch das komplette Ruder in der Hand hielt. Es war ungewohnt, und gleichzeitig doch so vertraut.
Alan trabte locker auf den Wald zu und Fynn hinterher. Das Licht des Mondes gab Fynn zusätzliche Kraft und ließ all die Schmerzen der letzten Minuten vergessen. Er fühlte sich gut.
Kaum hatten sie die ersten Bäume erreicht, stieß Alan ein erfreutes Heulen aus und jagte davon. Seine Euphorie war ansteckend und so stürzte sich Fynnley nach einem zustimmenden Heulen hinterher.
Es war herrlich in welch unglaublicher Geschwindigkeit sie regelrecht über den Waldboden flogen. Die Bäume sausten nur so an ihnen vorbei. Der Wind pfiff Fynn um die Ohren, während er Alan durch das Unterholz hinterher hechtete.
Locker ließ er seine Zunge aus dem Maul hängen und duckte sich unter der nächsten Wurzel hindurch, ohne an Tempo nachzulassen. Testete nach und nach seine Grenzen aus. Sprintete über offene Flächen und verschwand kurz darauf wieder unter dichtem Gestrüpp. Der Boden unter seinen Pfoten flog nur so dahin. Seite an Seite jagten sie am Sandstrand entlang und spielten fangen quer durch den Wald. Sie machten nur eine kurze Pause, um sich an einer kühlen Bergquelle zu stärken.
Das Leben war wundervoll. Für einen Moment waren all seine Sorgen, wie weggeblasen. Es gab nur noch Fynn, seinen Wolf und Alan. Er hätte nie gedacht, dass es sich so anfühlen würde seinen Körper mit einem Wolf zu teilen. Und vor allem hätte er nicht damit gerechnet, dass Alan so ausgelassen mit ihm und ihren Wölfen spielen konnte. Im Augenblick fühlte sich Fynn so, als könnte er Bäume ausreißen.
Hechelnd liefen sie immer weiter. Bis ihm auffiel das Alan nicht mehr an seiner Seite verweilte. Unsicher verlangsamte Fynn seinen Schritt und begann sich langsam umzusehen. >>Alan?<<
Auf einmal erklang ein Rascheln direkt hinter ihm. Er hatte kaum eine Chance sich umzudrehen, da landete auch schon ein großer schwarzer Schatten auf ihm und riss ihn zu Boden. Sie rollten über den von Blättern bedeckten Waldboden, bis sie an einen Baumstamm stießen.
Alan stand triumphierend über ihm. Etwas mühsam schnaufte Fynn nach Luft und blickte in das recht amüsiert Gesicht des schwarzen Wolfes. >>Gewonnen<< erklang es fröhlich in seinem Kopf. Sanft wurde ihm über die Schnauze geleckt. Fynn konnte nicht verhindern, dass ihm bei dieser Geste doch ein wenig warm wurde. Gefährte.
Alan war aber auch in beiden Gestalten verdammt heiß. Dann ging er auch schon von dem Kleineren hinab und ließ Fynnley wieder aufstehen. Ergeben tapste er zu seinem Gefährten hinüber und rieb seinen Kopf an dessen Kinn. Auf einmal fühlte sich einfach alles nur noch natürlich und selbstverständlich an. Als wäre der Wolf schon immer ein Teil von ihm gewesen.
>>Ist ja kein Wunder, wenn du mit unfairen Mitteln kämpfst<< Er war Alan nicht böse. Immerhin war von vorne herein klar gewesen, wer hier der Stärkere war. Sein Liebster hatte ihn zudem auch ganz schön mit seiner Attacke überrumpelt.
>>Ich kämpfe nie unfair<< erklang es nur leicht empört in Fynn‘s Kopf. Ein abfälliges Schnauben verließ die Kehle des weißen Wolfes.
>>Und wie würdest du gerade deinen hinterhältigen Angriff aus dem Gestrüpp erklären?<< Schweigen. Tja, da hatte er den Schwarzhaarigen wohl eiskalt erwischt.
>>Lieb gemeinte Kuschelattacke?<< War das gerade wirklich Alans Ernst? Innerlich krümmte sich der junge Halbwolf vor Lachen. Der Größere war manchmal einfach nur goldig.
Verächtlich schnaubend sah Fynn seinen Liebsten an. Spielerisch stupste er den schwarzen Wolf an und jagte dann davon. Sichtlich überrascht sah Alan ihm hinter her, bevor er ihn nachsetzte. Sie jagten eine ganze Weile wild springend und raufend durch den Wald, bis Fynn an einer, in schummriges Licht getauchten, Lichtung halt machte.
Sanft leckte er über Alans Schnauze und ließ sich danach neben ihm ins Laub sinken. Etwas erschöpft legte der Jüngere seinen Kopf auf die Vorderpfoten und betrachtete das vom Wind aufgewühlte Laub vor ihnen.
Es dauerte nicht lange da verstand Alan, dass es wohl Zeit für eine kleine Pause war. Besonders da es bereits langsam zu dämmern begann und sie daran erinnerte, dass sie schon mindestens anderthalb Stunden durch die Wälder von Beneál tobten.
Gemächlich ließ er sich neben dem weißen Wolf nieder und legte seinen Kopf auf Fynns Rücken. >>Das hast du sehr gut gemacht<< erklang auf einmal ein Lob in Fynnleys Kopf. Leicht fragend hob er seinen Kopf und blickte zu seinem Gefährten nach hinten.
>>Nicht jeder hat von Anfang an seinen Wolf so gut unter Kontrolle, wenn er ihn zum ersten Mal trifft<< Als hätte Alan geahnt, dass Fynn nicht genau verstanden hätte was er gerade von ihm wollte. >>Du musst nur etwas vorsichtiger im Umgang mit deinem Wolf werden. Du darfst ihm nie die gesamte Kontrolle über dich geben. Vorhin warst du ganz schön nahe dran<< ermahnte ihn sein Liebster und schloss dabei seine Augen. Seine wunderschönen goldenen Augen.
Aber wie hätte er anders das Laufen in seinem neuen Körper hinbekommen sollen? Wer war da besser geeignet, als der Wolf? Immerhin kannte er sich bestens damit aus. Zumal er doch die ganze Zeit über das Gefühl gehabt hatte, es gäbe etwas nach zu holen, das bereits seit Jahren darauf gewartet hatte geweckt zu werden.
Nachdenklich ließ der Kleinere seinen Kopf wieder auf seine Vorderpfoten sinken und blieb eine ganze Weile so liegen. Müde streckte er alle vier Pfoten von sich und spürte jetzt deutlich jeden einzelnen Muskel im Leib. Das würde wohl Muskelkater geben.
Da Alan nichts mehr sagte, schloss auch Fynn seine Augen und brauchte nicht lange, um ebenfalls ins Land der Träume zu sinken.
Ein flaues Gefühl machte sich in Fynnleys Magen breit, was ihn auch aus seinem erholsamen Schlaf riss. Es hatte bereits begonnen zu dämmern. Der Himmel färbte sich in den unterschiedlichsten Rot und Orangetönen.
Als Fynn das nächste Mal seine Augen öffnete waren sie von unzähligen Wölfen umgeben. Sichtlich erschrocken sprang der kleine Wolf auf die Pfoten und trat unsicher einen Schritt nach hinten. Alle Müdigkeit und Schmerzen seines Körpers waren auf einen Schlag von dem blonden Wolf vergessen. Hilfe suchend, blickte er sich nach seinem Gefährten um und fand ihn erst, als er einen stechenden Blick im Rücken spürte.
Warum hatte Alan ihn nicht geweckt? Er hatte doch sicherlich mitbekommen, dass sein Rudel auf dem Weg zu ihnen gewesen war. Anstatt ihm Rede und Antwort zu stehen, blickte ihn sein Liebster nur durchdringend an und schien sich keiner Schuld bewusst zu sein.
Fynnley war noch nie bei einer Versammlung dabei gewesen, wenn jemand neu ins Rudel aufgenommen wurde. Daher hatte er auch keine Ahnung, was er nun machen sollte oder wie es überhaupt weiterging. Das Rudel hatte einen Halbkreis um sie gebildet. Ratlos ließ er sich auf seinem Hintern nieder. Die Anderen sahen nicht gefährlich aus, aber sie wirkten auch nicht gerade erfreut. Die Luft war zum bersten angespannt.
Alan unternahm immer noch nichts. Stattdessen ließ er sich gelassen an Fynnleys Seite nieder und blickte nun abwartend zu den anderen hinüber.
Unruhe kam im Rudel auf, als sie sahen, dass Alan nicht bereit war die Situation zu erklären. Einzelne Gedanken, drangen zu Fynn durch. Trafen ihn direkt und ließen ihn nicht mehr los. Rissen ihn mit. Wut und Hass schlug ihm entgegen.
>>Wie ist das möglich?<<
Er konnte all ihre Gedanken hören, die sie für das Rudel offen frei gaben. Es wurde gekläfft und sich gegenseitig angeknurrt, bedrohlich die Zähne gefletscht. >>Warum hast du ihn ohne zu fragen ins Rudel geholt<< Eher ein Vorwurf, als eine Frage. Einzelne im Rudel begannen teils sehr bedrohlich nacheinander zu schnappten. Fynn konnte beobachten, wie sie sich gegenseitig hochspielten.
>>Er ist nur ein Halbblut<< Die Luft vibrierte förmlich von ihrem Knurren. Wäre Alan nicht an seiner Seite gewesen, hätte er sich wohl schon längst zurückgezogen, um der Konfrontation zu entgehen. Es wäre nicht die richtige Entscheidung gewesen, aber im Augenblick war einfach alles zu viel für den frisch gewandelten Wolf.
Fynns Kopf begann vor lauter Gedanken zu schwirren. Abneigung. Verachtung. Verrat. Hass. So viele Eindrücke begannen auf ihn einzuprasseln und Alan saß nur schweigend neben ihm und tat nichts. >>Er gehört hier nicht hin!!!<< Zustimmendes Knurren erklang.
So viele Vorwürfe. Unruhe und Unmut über die neu gewonnene Situation. Fragen über Fragen und Hasstiraden rieselten auf den Halbling nieder. Es war zu viel auf einmal. Ein wenig begann er unter der Last der Stimmen zu schwanken.
>>Keiner von uns<< Das war alles zu viel. Zu viele Eindrücke, zu viel Hass, zu viel Abneigung auf einmal. Er hielt das nicht mehr länger aus. Verzweiflung und Panik machte sich in dem Mischling breit. Er musste hier weg, musste diesem lodernden Hass entkommen.
>>Verräter<< Verzweifelt versuchte Fynn das unkontrollierte Zittern seiner übermüdeten Muskeln zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht.
>>Er soll verschwinden<< Zustimmendes Knurren erklang aus den Reihen der Wölfe. Sie hassten ihn. Wollten ihn nicht. Fynn hatte schon die ganze Zeit über gewusst, dass sie ihn, ein Halblut, nicht gerade gerne in ihrem zu Hause sahen. Bisher hatten sie es immer toleriert, Alan zu liebe. Aber nun, als er endlich Alans Gefährte war, einfach ins Rudel hinein gezogen wurde und sich auch noch verwandeln konnte, war dies zu viel.
>>Er oder wir. Du musst dich entscheiden<< Fynnley wusste nicht von wem es kam, aber diese wenigen Worte trafen ihn zu tiefst. Hatten sie einen Fehler gemacht? Dabei hatte er sich in seinem bisherigen Leben noch nie so glücklich gefühlt. Alan machte ihn glücklich und gab ihm das Gefühl Vollständig zu sein, trotz seiner Makel. Es konnte nicht falsch sein, sich zu wünschen an Alans Seite bleiben zu dürfen. Einmal im Leben glücklich sein zu dürfen. Dieser Wunsch war doch nicht zu viel verlangt.
>>Er gehört hier nicht hin<< Auf einmal eskalierte die Situation. Ein cremefarbener Wolf löste sich aus der Gruppe und stürzte auf Fynn zu. >>Ich erledige das<< Becca‘s Stimme. Klar und deutlich formten sich diese Worte in seinem Kopf. Sie kam nicht weit. Bevor das ganze Rudel außer Kontrolle geriet, schritt Alan endlich ein.
>>ES REICHT!!!<< Eine Welle von Dominanz rollte über das komplette Rudel hinweg und Becca befand sich auf einmal winselnd am Boden. Der Rest des Rudels verstummte augenblicklich und Fynn hatte seinen Kopf endlich wieder für sich alleine. Sein Kopf schwirrte immer noch unangenehm.
Langsam fing sich der kleine Wolf wieder und hörte auf zu schwanken. Tief atmete er durch, sein Kopf hörte auf zu schwirren und er kam wieder zur Ruhe.
Mit Stolz erhobenem Haupt trat Alan auf die Wölfin zu und blieb erst dicht vor Rebecca stehen. Zähnefletschend blickte er zu der cremefarbenen Wölfin hinab. Winselnd wandte sich Rebecca unter Alans Blick auf dem Boden und bot ihm dabei unterwürfig den Hals dar. >>Es tut mir leid Alpha...ich wollte doch nur im Sinne des Rudels handel<< kam es winselnd von ihr.
Kaum hatte die Wölfin diese Worte ausgesprochen erklang ein wütendes Knurren von Alan.
>>Es tut dir nicht leid. Du hast dich nur von deiner Eifersucht leiten lassen, welche dich blind und taub hat werden lassen<< Zähne fletschend stand der schwarze Wolf bedrohlich über der zierlichen Wölfin. Es sah so aus, als wäre Alan wirklich versucht ihr die Kehle raus zu reißen. Alan war verdammt sauer.
Statt ihr Gehirn einzusetzen und besser den Mund zu halten erhob sich Becca langsam und blickte treu ergeben zu ihrem Alpha auf, während sie ergeben den Kopf gesenkt hielt.
>>Ich hab dir immer treu gedient und war nur um das Wohlergehen des Rudels besorgt. Es wurde von Tag zu Tag unruhiger und an allem ist dieser Mischling schuld. Er gehört hier nicht hin. Er wird nie ein Teil von uns werden. Daher kannst du nicht von uns erwarten, dass wir ihn mit offenen Armen empfangen<< Während Becca dies sagte klang sie sehr sicher, beinahe überheblich.
Anstatt auf die offensichtliche Provokation von ihr zu reagieren, begann Alan die junge Wölfin zu ignorieren. Regelrecht entspannt wandte sich der Alpha von der Wölfin ab und schenkte nun dem Rest des Rudels seine Aufmerksamkeit.
>>Ihr wisst, dass ihr immer eurem Unmut platz schaffen dürft, da ich gerne die Meinung des Rudels höre,… aber wagt es nie Hand an einen der Meinen zu legen. Fynnley gehört zu mir. Er ist MEIN GEFÄHRTE und somit auch Teil des Rudels. Ein Teil von euch.
Es mag wohl sein, dass er kein ganzer Wolf ist. Doch es gibt euch noch lange kein Recht ihn auszugrenzen und zu verurteilen. Wenn ich mich recht entsinne sind die Meisten von euch auch nicht ganz ohne Grund auf dieser Insel gelandet.
Mir war auch eure Vergangenheit von Anfang an egal. Ich habe euch so aufgenommen wie ihr wart und euch im Rudel akzeptiert, wenn ihr mir eure Loyalität erwiesen und euch einen Platz im Rudel verdient hattet. Genau das Gleiche erwarte ich nun auch von euch. So etwas nennt man Toleranz und Verständnis<< erklang nun sichtlich erzürnt die dominante Stimme des Alphas in ihren Köpfen.
>>Wer genau der gleichen Ansicht ist wie Becca sollte nun vortreten oder für immer seine Klappe halten<< Er lief kurz an den umher stehenden Wölfen vorbei, fixierte jeden einzelnen mit seinem Blick. Sofort senkten die meisten ergeben ihren Kopf zu Boden. Es wagte sich keiner vorzutreten. Schweigend nahmen sie das Ganze Schauspiel hin.
Bei dem ein oder anderen hielt der schwarze Wolf inne und beobachtete denjenigen genauer, ließ dann aber wieder von ihm ab, als sie den Blick in Demut zu Boden richteten.
Als Alan seinen Rundgang beendet hatte, stürzte er sich auf die Wölfin und riss ihr ohne ein Anzeichen des Zögerns die Kehle heraus. Ersticktes Jaulen kam von einigen der umher stehenden Wölfe, doch keiner wagte es Becca zur Hilfe zu eilen. Gehorsam blieben sie auf ihren Plätzen sitzen.
>>Ich dulde es nicht, wenn jemand einen der Meinen in Gefahr bringt. Rebecca hat es zum zweiten Mal gewagt….sie war vor gewarnt und hat sich aus dem falschen Grund für diese Fehltritte entschieden. Und ihr solltet nun auch gewarnt sein<< kam es gelassen von Alan, während ihm Blut von seinem Kiefer tropfte.
>>Ihr kennt mich und ihr wisst, dass ihr hier ein gutes Leben haben könnt. Natürlich gibt es Streitigkeiten untereinander. Manche heftiger als andere. Kein Tag verläuft wie die anderen Tage zuvor. Es wird geweint, gelacht und miteinander gefeiert. Aber von außen betrachtet sind wir doch alle eine große Familie und da sollte man niemandem den Tod wünschen.
Für Rebecca war es eben Zeit das Rudel zu verlassen. Ich wollte es zwar schon beim ersten Mal nicht wahr haben, aber ich habe schon länger beobachtet wie sie Unruhe in das Rudel gebracht hat und seit der Ankunft von Fynn versuchte das Rudel zu entzweien.
Ich will hoffen, dass nun alle Streitigkeiten damit aus dem Weg geräumt sind und unser Rudel wieder zur Ruhe findet. Den ihr gehört zu mir, genauso wie ich zu euch gehöre. Ich möchte keinen Abgrund zwischen uns wissen<< kam es recht zuversichtlich von dem schwarzen Wolf.
Zögerlich erklang hier und da ein zustimmendes Winseln, bevor sich das Rudel in alle Winde zerstreute. Bis nur noch er und Alan auf der kleinen Lichtung im Wald zurück blieben. Tief atmete der Kleinere aus und ließ sich erschöpft auf den kühlen Waldboden sinken. Das war gerade alles ganz schön viel für den jungen Halbling gewesen. Erst die Inbesitznahme seines Gefährten, dann die Verwandlung und jetzt die erste Auseinandersetzung mit dem Rudel.
Erschöpft ließ er seinen Kopf auf die schneeweißen Pfoten sinken und in dem Moment traf sein Blick genau auf Rebeccas toten Leichnam. Angewidert wandte er den Kopf ab und sah dann zu dem dunkeln Wolf hinauf, der sich auf einmal in den Weg des Sonnenlichtes schob. Graublaue Augen fixierten ihn, während sich der rabenschwarze Wolf das letzte Blut von seiner Schnauze leckte.
>>Du weißt schon, dass ich ihr Verhalten nicht länger dulden konnte?<< erklang es ruhig in seinem Kopf.
Es passte Fynn nicht wirklich, wie sein Gefährte gehandelt hat. Aber es war halt in einem Rudel so, dass es Regel gab an die man sich halten musste. Zum Beispiel, dass man sich nie ohne Grund an einem Gefährten oder gar einem anderen Mitglied des Rudels vergriff. Auch wenn sie im Großen und Ganzen eine Familie waren, so herrschte doch auch hier das Gesetz des Stärken. Sie waren schließlich keine Menschen, sondern auch zum Teil Wölfe.
>>Ich weiß…<< Natürlich war Fynnley zwischen Wölfen groß geworden und es war auch nicht der erste Wolf den er hatte sterben sehen, aber es war schon etwas anders dies direkt aus der Nähe mit zu erleben und dann auch noch in dieser Gestalt. Besonders in dem Wissen, dass ihn Rebecca eigentlich hatte töten wollen. Stattdessen lag nun sie dort und würde nicht mehr wieder zurückkehren.
>>Lass uns zum See hier in der Nähe gehen…ich würde mich gerne waschen, bevor wir zurück zum Schloss, unserem zu Hause, zurückkehren<< Fynnley gefiel es, wie Alan UNSEREM zu Hause aussprach. Außerdem war es nachzuvollziehen, dass Alan die Spuren des Streits von sich waschen wollte.
Unsicher erhob sich der Kleinere auf seine Pfoten und tapste zu dem leblosen Körper hinüber. Er warf einen letzten Blick auf Becca, bevor er sich von dieser abwandte und zurück in den Wald lief. >>Aber musstest du sie gleich umbringen?<< Fynn wusste, dass Alan ihm folgen würde und lief daher einfach weiter.
>>Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen?<< Er war seinem Liebsten dankbar, dass er so geduldig war und nicht gleich austickte, weil er quasi gerade seine Entscheidung und damit auch seine Autorität in Frage stellte. Zumindest klang er recht entspannt, aber vielleicht war die Stimme in seinem Kopf auch nicht so intensiv. Da hatte der Blondhaarige einfach zu wenig Erfahrung.
>>Ich weiß nicht…vielleicht mit ihr reden?<<
Auf einmal erklang ein leicht genervtes Seufzen in seinem Kopf. Okay, vielleicht passte es Alan doch nicht so ganz, dass er sein Handeln in Frage stellte.
>>Du weißt genauso gut wie ich, dass es nichts gebracht hätte. Die Liebe hat sie mit den Jahren blind werden lassen. Sie hat mit Absicht Unruhe in das Rudel gebracht und versucht es gegen dich aufzuhetzen.
Das in der Küche war nicht ihr erster Versuch. Egal wer erste Ansätze gezeigt hat mir gefallen zu wollen, dem ist sie direkt dazwischen gegangen. Ich hab es die ganze Zeit über geduldet, aber auch nur, weil ich sie mochte und es mir bisher mit niemandem so ernst gewesen war wie mit dir.
Irgendwann ist jedoch genug der Nachsicht. <<
Nachdenklich lief Fynn hinter Alan her und blieb erst stehen, als sie an einem kleinen See mit angrenzendem Wasserfall ankamen. Mit einem Satz sprang Alan in das kühle Nass und tauchte schon im nächsten Augenblick als Mann wieder auf. Wohlig aufseufzend strich er sich das feuchte Haar aus dem Gesicht und schrubbte sich den gröbsten Dreck von der Haut.
Vielleicht hatte Alan recht. Vielleicht war es besser so, wie es für Rebecca gekommen ist. Auch wenn die Entscheidungen nicht immer leicht waren, die man zu treffen hatte.
Geduldig blieb Fynnley am Seeufer zurück und ließ sich dort auf das noch leicht feuchte Gras sinken. Ob seine Verwandlung irgendwann genauso schnell und schmerzlos von statten gehen würde, wie die von Alan? Erst als sein Freund seinen Namen rief und ihm fordernd seine Hand entgegen streckte erhob Fynn sich vom Boden und tapste ins Wasser. Am Rand des Ufers blieb der Kleinere unsicher stehen und sah an sich hinab. Er wollte nicht als Wolf schwimmen gehen, da er auch keine Ahnung hatte ob sein Wolf überhaupt schwimmen konnte. Das musste er heute nicht auch noch ausprobieren, dafür hatte er bereits genug durchgemacht.
Aber wie verwandelt man sich zurück? Er hatte ja noch nicht mal die erste Verwandlung bewusst hervor gerufen, wie sollte er es den schaffen sich wieder zurück zu verwandeln? Konzentriert blickte der Kleinere auf seine weißen Pfoten hinab, die von dem seichten Wasser umspielt wurden. Nichts geschah. Angestrengt konzentrierte er sich auf seine menschliche Gestalt. Wider passierte nichts.
Verzweifelt entkam ihm ein fiepsender Laut und es dauerte keinen Augenblick da stand Alan schon bei ihm. Sanft vergruben sich Alans Finger in seinem Nacken und begannen ihn beruhigend zu massieren. „Was ist los?“ Der Alpha schien auf einmal genau zu wissen, welches Problem sein Gefährte zu haben schien. Das war dann wohl so eine Instinktsache von Alpha zu Rudelmitglied.
Ein klägliches Heulen verließ seine Kehle. „Versuchst du dich zurück zu verwandeln? Ganz ruhig…atme tief durch. Entspann dich und konzentriere dich auf deine Finger, deine Hände, Arme und Beine. Denk daran, wie es ist ein Mensch zu sein“, erklang es beruhigend von seinem Gefährten, während die Finger in seinem Nacken kleine Kreise zu ziehen begannen.
Erst entspannen. Tief atmete er ein und aus, begann alles um sich herum auszublenden. Er konzentrierte sich nur noch auf Alans Worte, seine Berührungen. Dachte nur noch daran, wie es war wieder ein Mensch zu sein. An seine Finger, wie sie durch Alans schwarzes Fell glitten, seine Hände, die über seine zarte Haut wanderten. Aber dann…
Frustriert jaulte der Wolf auf. Es funktionierte nicht. Kein Kribbeln, kein unerträgliches Jucken oder irgendwas anderes. Gar nichts. Nicht einmal ein klitzekleines bisschen. Stattdessen als er in sein innerstes horchte lag der weiße Wolf total gelassen auf seinem Platz und schien regelrecht amüsiert zu beobachten, wie er versuchte diesen zurückzudrängen. Super, der war mal keine große Hilfe für ihn.
Gut, man musste den Wolf auch etwas verstehen. Immerhin hatte er 21 Jahre lang darauf gewartet endlich in Erscheinung zu treten. Der Wolf strebte jetzt nicht gerade danach ihm seine Hilfe anzubieten, aber er verhinderte die Verwandlung auch nicht. Es ging ihm anscheinend darum, einfach noch etwas Zeit in diesem Körper zu verbringen. Nur alleine würde Fynn die Verwandlung zum Menschen nicht schaffen, dafür war der Mischling einfach zu erschöpft. Hilfesuchens blickte er zu dem Schwarzhaarigen auf, doch dieser schien für den Moment auch nicht so recht weiter zu wissen.
„Hm…ich schlag vor wir laufen nach Hause und dann schauen wir weiter. Immerhin war das Alles doch ganz schön viel für dich gewesen in den letzten Stunden. Vielleicht braucht dein Körper ja etwas Erholung und eine saftige Mahlzeit bevor du dich zurückverwandeln kannst“, schlug der Ältere vor und versuchte damit seinen aufgeregten Partner zu beruhigen.
Geknickt senkte Fynn ergeben seinen Kopf. Im Moment konnte er sowieso nichts anderes unternehmen, als einfach abzuwarten und zu hoffen, dass er bald genug Energie aufwenden konnte um sich zurück zu verwandeln. Auch ohne die Hilfe des Wolfes. Es schien auch so, dass umso frustrierte Fynnley wurde, umso wohler sich der Wolf in ihm zu fühlen schien. Sollte es nicht eigentlich so sein, dass sie als eine Einheit agierten? Wie sollte Fynn nur mit einem so sturen Wolf zurecht kommen? Bis jetzt schien es nur ein einziger Kampf zu sein, welcher ihn nach und nach immer mehr ermattete.
Vielleicht war er auch einfach zu ungeduldig. Schließlich hatten sie sich jetzt erst kennen gelernt und brauchten wohl noch etwas Zeit, um sich aneinander gewöhnen zu können. Es kam schließlich nicht gerade oft in der Geschichte vor, dass ein Wolf so spät noch in das Leben eines Werwolfes trat.
Da schien es kaum verwunderlich, dass zwei Wesen, die so lange alleine gelebt hatten und sich nun einen Körper teilen sollten, erst einmal auf Abstand gingen. Besonders wenn der Wolf genauso starrköpfig sein sollte, wie Fynnley selbst.
Sie brauchten einfach noch etwas Zeit. Aber wie viel? Fynnley war bereit seinem Wolf Zeit zu geben, um sich genauso wie er selbst an die neu gewonnene Situation anzupassen. Immerhin würden sie sich ja jetzt wohl bis zum Ende ihrer Tage einen Körper teilen müssen.
[I]Boys and girls of every age Wouldn't you like to see something strange?Come with us and you will see This, our town of HalloweenThis is Halloween; this is Halloween Pumpkins scream in the dead of nightThis is Halloween, everybody make a scene Trick or treat till the neighbors gonna die of fright It's our town, everybody scream In this town of Halloween[/I][I][/I]
Trick or Treat:
Laut dröhnte die Musik durch die großen Hallen des beeindruckendes Schlosses nach draußen und wurde von der verheißungsvollen Dunkelheit der Nacht verschluckt. Nur das Schloss und der Garten war hell beleuchtet. Überall auf dem Anwesen und in dem prachtvollen Gebäude tummelten sich die Besucher, welches dem Anlass entsprechend dekoriert war. Es war der 31 Oktober. Halloween stand vor der Tür.
Überall auf dem Gelände, um das Schloss herum waren ausgeschnittene Kürbisse mit den verschiedensten Gesichtern und Fratzen aufgestellt. Spinnennetze hingen von Bäumen, Skelette lauerten in ihren Verstecken und es konnte jederzeit eine gruselige Gestalt aus der Dunkelheit springen.Das konnte nur bedeuten, dass Alan Elias Rhys und seine Familie zu der alljährlichen Halloween Party eingeladen hatten. Für dieses Event wurden sogar Feindseligkeiten begraben, um sich in dieser Nacht zu amüsieren.
Die einzige Regel für diesen Abend bestand darin, dass jeder kostümiert sein musste, der nicht menschlich war. Demnach musste jeder ein Kostüm am eigenen Leib tragen, da keine menschlichen Wesen hier erlaubt waren. Die einzige Ausnahme bildeten Gefährten von Werwölfen oder anderen Wesen.Eine zierliche Gestalt in einem dunklen Umhang gehüllt huschte unbemerkt von dem Rest der Welt über den Rasen. Flinken Schrittes schlängelte sie sich geschickt durch die Mengen hindurch die über den beleuchteten Weg ins Schlossinnere drängten. Jeder wollte an diesem Fest teilhaben und war umso dankbarer wenn die fein zusammen gerollt und versiegelte Einladung vor ihrer Tür lag. Zwar hatte er selbst keine Einladung bekommen, doch das hatte sie auch nicht nötig.
Kaum waren die obersten Treppenstufen erklommen zog die vermummte Gestalt die Kapuze auf seinem Kopf noch ein Stückchen tiefer in sein Gesicht hinein. Niemand sollte ihn erkennen. Zwar war das komplette Schloss nur von Kerzenlicht erhellt, aber dennoch war es ja nicht schlecht auf Nummer sicher zu gehen.Zielstrebig bog die zierliche Gestalt um die Ecke und kollidierte dabei fast mit einer hübschen Dame, die sich als heiße Piratenbraut verkleidet hatte. Langes honigblondes Haar viel in üppigen Wellen unter dem hübschen Lederhut bis weit über ihre Brust. Kniehohe Stiefel mit hohen Absätzen betonten ihre langen Beine unter dem recht kurzen Rock. „Hey, pass doch besser auf wo du das nächste Mal hinläufst.“ Er kannte sie, Carolin. Graublaue Augen sahen ihn misstrauisch an, musterten ihn von Kopf bis Fuß. An ihrer Seite ein etwas älteres Ehepaar, das sich als die Schöne und das Biest verkleidet hatten. Elegant zog er die Kapuze noch etwas tiefer in sein Gesicht. Rasch verbeugte er sich kurz vor der jungen Dame, bevor er sich ohne ein Wort der Entschuldigung auf den Lippen von ihr abwand. Hätte er was gesagt, wäre er entlarvt worden.
Bevor sie ihn noch erkannte, verschwand er wieder aus ihrem Blickfeld und machte sich auf in Richtung Ballsaal auf. Einige ihm bekannte Personen liefen ihm über den Weg, doch niemand sprach ihn an. Seine Tarnung schien perfekt. Er sah die vier Musketiere vorbei laufen, Zombies, Van Hellsing, Hänsel und Gretel, einen Teufel und sogar jemand der sich einen Gack erlaubte und ein Werwolfkostüm unter ihnen trug. Der Plan verlief gut. So musste er nur noch zu seinem gewünschten Ziel kommen. Doch je wurde dieser zu Nichte gemacht, als sich ihm eine hübsche Brünette in einem eng anliegenden und recht knappen Rotkäppchenkostüm mit einem rotbraunen Werwolf an ihrer Seite in den Weg stellte. Mit in die Hüfte gestemmten Händen und recht breitbeinig stand sie so vor ihm und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Das war nun überhaupt nicht Damenhaft. Der Wolf an ihrer Seite blinzelte ihn kurz an, bevor er in der Luft seinen Duft aufschnappte und sich entspannt zu Amiras Füßen niederließ. Seelenruhig überschlug er die weißen Pfoten und beobachtete ihn genau aus den wissenden grauen Augen. Typisch Charles. Sollte der böse Wolf an Rotkäppchens Seite nicht schwarz sein? Naja, das konnte ihm auch egal sein. Was war den auch schon in einer Nacht wie dieser schon normal?
Nach einem kurzen Augenblick des Zögerns streckte Amira eine Hand nach seinem Umhang aus, doch er wisch geschickt den schlanken Fingern elegent aus. Mutig schob er den langen Stab mit der Sense zwischen sie. Er hoffte nur, dass dies half, aber so schnell gab die hübsche Werwolfdame nicht auf und wieder entwischte er dieser. Amira war hartnäckig, aber so schnell würde er seine Tarnung nicht aufgeben. Leicht verzog sie ihre rot geschminkten Lippen zu einem Schmollmund, was ihm ein kleines Lächeln entlockte. Er schüttelte nur schweigend den Kopf und wand sich von ihr ab. „Fynnley?“
Die Frage ignorierend lief die dunkle Gestalt einfach weiter, doch er kam nicht weit. Zwei starke Arme fingen ihn ab und zogen ihn hinter eine der breiten Marmorsäulen am Rande der Tanzfläche des Ballsaales. Er konnte sich gerade so noch beherrschen nicht auf den Jenigen einzuschlagen, welcher es gewagt hatte ihn einfach hinterrücks zu sabotieren. Als er aufblickte, erkannte er sofort die rüpelhafte Person, die ihn bei seinem Auftrag störte. „Crispin…“, schnaubte er leise und blickte ihn das blas angemalte Gesicht seines älteren Bruders.
„Hi Kleiner Bruder, wohin des Weges?“ Rasch befreite er sich aus den Armen des Größeren, bevor er wirklich noch gezwungen war ihm zu antworten. Leise seufzte Fynn sichtlich genervt auf, während er seine Kapuze wieder zurecht rutschte. „Das geht dich überhaupt nichts an,“ antwortete der Kleinere schnippig, während der das Kostüm des Blondschopfes kritisch zu mustern begann.
Eine Blutspur bahnte sich am linken Mundwinkel seines Bruders hinab, während strahlend weiße Vampirzähne nun sein Lächeln verschönerten. Sein sonst recht glattes Haar sah ziemlich zerzaust aus und mit den blaugrauen Augen wirkte er ein wenig unheimlich mit der ganzen weißen Schminke im Gesicht. Man könnte echt meinen, dass er nicht mehr unter ihnen leben würde.Zusätzlich trug er noch eine schwarze Hose, eine rote Anzugweste mit schwarzem Stickmuster über dem weißen Hemd und kniehohe Stiefel ebenfalls in Schwarz. Ein silbernes Medaillon mit rotem Lederband zierte seinen Hals. Das ganze Bild wurde noch von einem schwarzen bodenlangen Umhang mit Stehkragen abgerundet. Ein Werwolf, der zum Vampir wurde, unglaublich auf was für Ideen man so alles kommen konnte.
"Du weißt hoffentlich schon, wie lächerlich du dich damit machst?“ Es sah gut aus, keine Frage, aber dennoch wollte er auf Nummer sicher gehen, dass sein Bruder jetzt nicht total am Durchdrehen war. „Tzzz…du hast doch gar keinen Geschmack. Schau dich mal an, wie du nur rum läufst. Wie der Tod persönlich. Da hat mein Werwolf im Vampirkostüm mehr Klasse.“ Bevor sie sich noch gegenseitig an die Kehle springen konnten, war auch schon Kulon mit Zombietürsteher Outfit zwischen ihnen und hielt sie davon ab aufeinander los zu gehen. Sehr appetitlich sahen die sehr echt wirkenden Fleischwunden an dessen Körper aus. „Schluss jetzt, beide. Cris komm mit.“
Damit schob er Crispin einfach wieder in die Menge und ließ den Kleineren alleine zurück. Der nun enttarnte Halbling zog sich wieder die Kapuze tief in sein Gesicht und machte sich wieder auf dem Weg. Nirgendswo in der Menge konnte er sein Ziel für diese Nacht entdecken. Suchend schweifte sein Blick über die tanzende Menge. Zwar entdeckte er Alans und Amiras Eltern, die sehr elegant im Jack Skellington und Sally Kostüm aussahen, aber nirgends war sein Gefährte aufzufinden. Irgendwo musste er doch sein?
Genau in dem Moment wo ihm Andrej und Dimitri ins Auge fielen, die als der Hutmacher von Alice im Wunderland und Joker von Batman, wie passend das doch für dieses Arschloch war, gingen spürte er ein ihm wohlbekanntes Kribbeln im Nacken. Sofort wand er seine Aufmerksamkeit wieder, wo anders hin, da Dimitri, alias Joker, es eh nicht wert war, ihm noch mehr seiner kostbaren Zeit zu opfern.
Sein Blick glitt direkt zu der Tür im Eingangsbereichbereich hinüber und dort erblickte Fynn endlich die gesuchte Person. Alan sah zum Anbeißen aus. Sein dunkler Ritter in der silbernen Rüstung. Über einem silbernes Kettenhemd trug der Dunkelhaarige einen schwarzsilberner Waffenrock, auf dessen Brust ein schwarzer Wolfskopf von einem silbernen fünf Eck unterlegt wurde. Ein schwarzer recht breiter Ledergürtel zierte seine Hüften, an welchem sein Schwert befestigt war. Kniehohe Lederstiefel, Armschienen und ein Ritterhelm unter den Arm geklemmt rundete das Komplettpaket ab.
Am liebsten würde er den Wolf hier und jetzt vernaschen, doch der Jüngere wusste, dass dies nicht hier vor aller Augen Gehen würde. Langsam schängelte er sich geschickt durch die Menge, immer näher an seinen Gefährten ran. Bevor dieser auch nur von irgendwelchen arroganten Weibern angeschmachtet werden konnte, schnappte er diesen auch schon an der Hand und zog ihn in einem unbeobachteten Moment hinter einen der dunklen Vorhänge, die sich vor den Fenstern befanden. Schließlich gehörte Alan ihm und sonst niemandem. Ein recht überraschter Ausdruck lag auf Alans Gesicht, bevor er ihn wissend anzulächeln begann als er erkannte wer ihn da gerade entführt hatte. Eng ließ er sich an den warmen Körper des Älteren drücken, während dieser den Helm auf Seite legte. Dicht drückte er sich an Alans warmen Körper ran und ließ zu das dieser seinen Rücken immer weiter nach hinten bog, bis Fynnley automatisch die Kapuze vom Kopf rutschte welche die ganze Zeit über sein hübsches Gesicht im Dunkeln verborgen hatten. Immer näher beugte er sich zu ihm hinab, bis ihre Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren.
„Na, mein kleiner Tod. Du scheinst dich heute Abend ja recht gut zu amüsieren wie mir scheint. Hast du ein neues Opfer gefunden?“,wisperte er verführerisch an seinem Mund, während er ihm die Sense aus der Hand nahm und auf Seite stellte. „Immer doch, mein strahlender Ritter.“ Genau in dem Augenblick, als der Blauäugige das letzte Stück, was ihre Münder noch voneinander trennten überbücken wollte schob er seine Hand dazwischen.
„Was?“ Sichtlich verwirrt blickte ihn dieser an, was dem jungen Halbwerwolf ein kleines Lächeln entlockte.„Nichts, nur…“ Sachte strich er dem Älteren ein paar Strähnen aus dem Gesicht, bevor er ihm liebevoll über die Wange zu streicheln begann. „Trick or Treat, mein Schatz.“„Du lässt mir die Wahl? Dann nehme ich lieber das Süße, als das Saure“, raunte er verführerisch an seinem Ohr. Liebevoll zwickte er ihn sanft in dieses hinein, bevor er ihn zu einem recht ausgedehnten leidenschaftlichen Kuss verführte.
„Ich wusste schon, warum ich mich für das Süße entschieden habe.“ Sanft fuhr dabei eine neckende Zunge über seine weichen Lippen. „Hör bloß nicht auf, sonst muss ich mir doch noch eine Bestrafung überlegen.“ Eng schlang er seine Arme um den Nacken des Werwolfes. „Das würdest du nie wagen“, kam es leicht empört von dem Ritter. Hinter vorgehaltener Hand begannen beide zu lachen, da keiner der anwesenden Gäste mitbekommen, sollten was sie hier hintern den Vorhängen, vor ihren Blicken verborgen, trieben. Das ging auch niemanden sonst etwas an. "Und wie ich es wagen würde."
Erschöpft von den gesamten Geschehnissen der vergangenen Stunden trottete der weiße Wolf ergeben neben Alan her. Sie waren verdammt weit weg vom Schloss. Dabei war ihm die Strecke, welche sie nach der Verwandlung hinter sich gelassen hatten, gar nicht so lange vorgekommen. Schließlich war der Waldboden unter seinen Pfoten nur so dahin geflogen. Nur jetzt zog sich jeder Meter, jede Minuten, jede einzelne Sekunde wie Stunden hin. Sein gesamter Körper fühlte sich schwer und übermüdet an, als hätte er bei einem 12 Stunden Marathon teilgenommen. Dabei hatte Fynn nur seine erste Verwandlung hinter sich und im Anschluss noch einen kleinen Ausflug mit seinem inneren Wolf gemacht. Von Schritt zu Schritt fiel es ihm immer schwerer eine Pfote vor die andere zu setzen.
„Es dauert nicht mehr lang. Gleich hast du es geschafft…“ versuchte ihn der Ältere vergebens aufzumuntern. So als würde er wissen, wie matt sich Fynns Körper und sein Geist anfühlte. Das Leben als echter Werwolf war wohl nicht ganz so einfach wie gedacht.
Bleischwer schleppte er Pfote für Pfote über den feuchten Waldboden, bis der Schatten der Schlossmauern vor ihnen erschienen. Es war noch recht früh am Morgen, da war es kein Wunder, dass im Schloss bereits schon vereinzelte Lichter zu brennen begannen.
Schön für den Rest, aber er würde sich erst einmal schlafen legen. In ihrem Gemach angekommen ließ sich Fynnley sofort erschöpft auf das weiche Bett sinken, bevor er alle viere von sich streckte. Genau hier gehörte er jetzt hin und so schnell würde er das Bett auch nicht mehr verlassen. Kurz hob der Kleinere noch seinen Kopf, als sich das Bett neben ihm absenkte und der Schwarzhaarige unbekleidet neben ihm unter die Decke kroch. Sanft vergruben sich die schlanken Finger Alans in Fynns weichem Fell und entlockten ihm ein leises Seufzen.
Er war nun Teil des Rudels und auch ein Teil von Alan, seinem Gefährten. Sie würden für immer zueinander gehören und so schnell würde er den Schwarzhaarigen auch nicht mehr hergeben. Nur an seinen Wolf musste er sich irgendwie noch gewöhnen. Dieser war auf dem Weg zum Schloss still geworden. Anscheint ging es ihm nicht anders als Fynn selbst. Dachte er sich träger, als der Schlaf in langsam in sein Reich zog.
Seid Alan seinen kleinen Bruder entführt hatte, hatte er nichts mehr von Fynnley gehört. Chrispin konnte sich denken was die Beiden treiben würden, wenn sie sich versöhnt hatten, aber musste das sein? Natürlich hatte er nicht damit gerechnet seinen Bruder abends wieder zu sehen, aber es war recht ungewöhnlich, dass er auch noch nichts am nächsten Tag von ihm zu hören bekam.
Seit seinem Frühstück hatte er niemanden mehr gesehen und auf die Nachfrage wo sein Bruder steckte wollte ihm niemand antworten. Unruhig lief der Blondhaarige in seinem kleinen Turmzimmer auf und ab. Sein Bein war wieder soweit in Ordnung. Es war Zeit zu gehen. Sein Rudel machte sich bereits sicherlich große Sorgen um ihn. Schließlich schien sie noch niemand darüber benachrichtigt zu haben, dass er hier festgehalten wurde.
Als die Tür sich einen Spalt breit öffnete, drehte sich Crispin in ihre Richtung. Ein rotbrauner Schopf guckte um die Ecke. Charles. Wenigstes kein ganz so unbekanntes Gesicht. Charles trat ohne zu Zögern ein und brachte das Mittagessen. Nicht das der Fraß den man ihm vorsetzte schlecht war, aber er hatte es doch langsam satt auf so engem Raum eingesperrt zu sein. An die frische Luft gehen, die Sonne genießen, laufen gehen, was richtiges essen. Verdammt, er war ein Werwolf. Ein Alpha. Er gehörte hier nicht hin, sondern an die Seite seines Rudels. In die Freiheit.
Bevor sein Gegenüber wusste, wie ihm geschah, hatte sich Crispin schon auf diesen gestürzt und presste ihn mit seiner gesamten Körpermasse an die kalte Steinwand. Leicht, dennoch konsequent und unnachgiebig, drückte er dem anderen Wolf die Luft aus den Lungen und fletschte die Zähne. Ein Grollen, welches tief unten aus seiner Kehle entsprang, unterstrich seine Körperhandlung und vermeintliche Absicht. Anstatt sich zu wehren, hielt der Braunhaarige einfach nur still und blickte ihn gelassen an. Er schien nicht einmal mit der Wimper gezuckt zu haben.
„Keine weiteren Ausreden mehr…ich verlange Antworten. Wo ist mein Bruder?“, zischte der Alpha und ließ seinen Wolf an der Oberfläche kratzen. Sodass ein leichter goldener Schimmer seine Augen zu durchziehen begann. Es war natürlich nicht gerade klug in seiner Position einen von Alans Wölfen anzugehen, aber langsam riss Crispin der Geduldsfaden.
„Das darf ich dir das nicht sagen.“ So einfach war das. Charles würde sich doch niemals gegen seinen Alpha auflehnen. Alan hatte ihm gesagt, dass er Crispin noch etwas hinhalten sollte also würde er dies auch tun.
„Was du nicht darfst ist mir scheiß egal. Ich will jetzt wissen wo mein Bruder steckt“, knurrte Crispin den älteren Wolf bedrohlich an, während sich ihre Gesichter Stück für Stück näherten, bis er nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt war. Auch wenn Cris ihm noch so drohen würde, Charles würde wohl nicht sein Schweigen brechen.
„Antworte mir gefälligst“, knurrte der Alpha und drückte noch etwas fester zu, als er sah wie sich ein freches Grinsen auf die Lippen des Brünetten stahl. Wie konnte es dieser wagen, diese Situation ins Lächerliche ziehen zu wollen? Er war zwar nicht Charles Alpha, aber er war auch einer und mindestens genauso dominant wie Alan und somit nicht weniger dem Respekt des Anderen wert.
Das dreckige Lächeln wich dem Beta des Eliónrudels nach und nach aus dem Gesicht. Entspannt beobachtete Crispin zufrieden die Reaktion seines Gegenübers, während dieser immer noch eisern seinem Blick standhielt. Nicht mehr lange und er hatte Charles soweit. Statt ihm zu antworten griff Charles nach einer Weile seinen Arm.
Oh, er bekam kaum noch Luft. Na gut. Cris wollte mal nicht so sein. Er würde Charles wohl etwas entgegen kommen müssen, wenn ihm sein Gegenüber Rede und Antwort stehen sollte. So ließ Crispin zumindest so weit locker, dass ihm der minimal Größere antworten konnte.
„Ich weiß es nicht…“, kam es leicht röchelnd von dem anderen Werwolf. Er wusste sicherlich was los war. Diese dreiste Lüge kaufte Cris ihm nicht ab. Jedes Mitglied eines Rudels wusste über den Aufenthaltsort seines Alphas Bescheid. Zumindest wenn kein ganzes Meer zwischen ihnen lag, wie zurzeit bei Crispin selbst. Sein Rudel war einfach zu weit weg, als das er in Gedanken Kontakt zu ihnen aufnehmen konnte. Aber die Insel war bei weitem nicht groß genug, um Alan von seinem Rudel zu trennen. Blöd wenn man als Alpha von der gesamten Rudelstruktur, ihren Geheimnissen und ihren Fähigkeiten bestens in Kenntnis gesetzt war.
Da ließ man sich nicht so leicht austricksen. Außerdem war Cris nicht umsonst für bereits so eine lange Zeit der Alpha seines Rudels. Wo dieser Idiot von einem Alpha war, da würde auch sicherlich sein Bruder sein. Immerhin war es nicht zu übersehen, dass sich zwischen den Beiden was anzubahnen begann.
Crispin konnte ja nicht ahnen, dass Alan Fynnley in der vergangen Nacht zu seinem Gefährten gemacht hatte und sein kleiner Bruder nicht mehr länger Teil seines Rudels war. Er musste ihn jetzt einfach sehen, um sicher gehen zu können, dass es Fynn gut ging. Denn er traute diesem verlausten Straßenköter nicht über den Weg.
„Verarschen kann ich mich selbst. Entweder du erzählst mir jetzt wo sich dein Alpha befindet oder ich zieh dir dein Fell über die Ohren“, drohte er dem Rothaarigen knurrend. Wenn er weiter den Ahnungslosen spielen wollte, würde er seiner Drohung nicht nur Worte folgen lassen. Denn verarschen ließ Crispin sich mit Sicherheit nicht. Er konnte förmlich sehen, wie es in dem hübschen Köpfchen seines Gegenübers zu rattern begann.
„In Ordnung….ich bring dich zu ihm“, kam es dann auf einmal von Charles. Er sah also endlich ein, dass es so nicht weiter gehen konnte. Kaum hatte ihm dieser zugesichert, dass er zu Alan gebracht wurde, ließ er von dem minimal Größeren ab. Feines Hündchen.
„Später…die beiden haben eine lange Nacht hinter si…“ Was waren das für Ausflüchte? Sofort war er wieder bei Charles und stieß ihn zurück gegen die Mauer.
„Jetzt“, befahl er mit knurrender Stimme und unterdrücke dabei nicht die Dominanz die darin mitschwang. Ihm war doch egal, wie lange die beiden miteinander geschlafen hatten. Wer die Nacht durch machen konnte, konnte auch früh aufstehen. So einfach war das. Crispin sah einfach nicht mehr ein das er weiter vertröstet wurde. Er brauchte frische Luft, Sonne, seinen Freiraum, seine Freiheit und das am besten alles an der Seite seines kleineren Halbbruders zurück in dem Schoß ihres Rudels. Beschwichtigend hob Charles nur seine Hände.
„Schon gut…keinen Grund zur Aufregung.“ Ohne weitere Ausreden entließ ihn Charles endlich aus diesem winzigen Zimmer. Es tat gut seine Beine zu vertreten. Allein der Gang die Treppen hinab war eine Wohltat. Zwar merkte er noch ab und an ein etwas unangenehmes Ziehen in seinem Bein, aber das würde auch bald verschwunden sein. Er war wieder topfit. Genau passend, um sich mit Alan anzulegen.
Im Grunde ging es nur noch um seine Freiheit, denn tief in seinem Herzen wusste er, dass er bei Fynnley bereits auf verlorenem Posten kämpfte. Schließlich schien der Kleinere sich Hals über Kopf in ihren größten Feind verliebt zu haben und gegen die Liebe kam nicht einmal er an. Dennoch brauchte er Gewissheit über den weiteren Verlauf ihrer Zukunft.
Wenn Fynn wirklich hier bleiben wollte, würde er dies akzeptieren müssen, aber nur unter der Bedingung, dass dieser Sohn einer räudigen Hündin sich auch gut um seinen kleinen Bruder kümmerte. Natürlich hätte er nun genauso gut die Flucht ergreifen könne, doch er musste sich einfach versichern, dass es Fynnley gut ging. Brav folgte er dem Beta des Eliónrudels quer durch das Schloss. Er prägte sich jedes kleinste Detail ein, was für ihn später vielleicht von Vorteil sein könnte. Man sollte seine Fluchtwege doch kennen. Falls es doch noch einmal zu einem weiteren Kampf kommen sollte und er fliehen musste.
Wenigstens war der Rotbraunhaarige nicht so dumm ihn direkt zu den Gemächern ihres Alphas zu führen. Stattdessen brachte er ihn in die Bibliothek und bat ihn es sich vor dem vorgeheizten Kamin auf einem der Sitzgelegenheiten gemütlich zu machen. Das ließ sich Crispin nicht zweimal sagen. Gelassen lehnte er sich in dem recht bequemen Sessel zurück und überkreuzte die Beine, bevor er seine Füße auf dem Beistelltisch ablegte. Es dauerte nicht lange da tauchte der Beta auch schon wieder auf.
„Alan hat gerade keine Zeit für dich. Ich soll dich zurück in dein Zimmer begleiten und dort wird er dich im Laufe des Tages besuchen“, teilte ihm Charles ohne mit der Wimper zu zucken mit. Wie bitte? Das konnte doch nicht deren ernst sein? Grummelnd zog er misstrauisch eine Augenbraue nach oben und erhob sich langsam und bedrohlich von seinem Sessel.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein?!“ Bedrohlich trat er auf den minimal Größeren zu und wollte gerade nach dessen Kragen fassen, als dieser einige Schritte zurück trat um nicht schon wieder Crispin in die Hände zu fallen. Gute Entscheidung, doch ganz so viel Verstand schien sein Gegenüber nicht zu haben, anders würde er ihn auf der Stelle zu Alan bringen.
„Ich hab es nur so wieder gegeben, wie Alan es von mir verlangt hat“, versuchte Charles den Alpha zu beruhigen.
„Mir ist es scheiß egal, was dieses Arschloch sagt. Ich will jetzt auf der Stelle zu ihm…und du wirst mir zeigen wo ich ihn finde“, kam es mehr knurrend, als alles andere von Cris. Er ließ die Leine seines Wolfes lockerer und wusste genau was für eine Macht sich in diesem Raum anzustauen begann, während sich seine Augen langsam golden zu färben begannen. Sollte der Scheißer vor ihm doch Angst bekommen, aber sie hatten lange genug miteinander gespielt.
Cris sah es nicht mehr länger ein sich wie ein Niemand behandeln zu lassen. Er war ein jemand. Ein Alpha mit einem treu ergebenen Rudel welches ohne wenn und aber hinter seinem Rücken stand. Er war stark und er war ungeduldig. Es wurde Zeit diesem Kleinkind von einem Wolf zu zeigen wo sein Platz war. Länger ließ er sich das Spielchen hier nicht mehr gefallen.
„Beruhig dich doch….“ Cris wollte sich aber nicht beruhigend. Natürlich war es nicht gerade fair seine aufgestaute Wut an Charles aus zu lassen, aber im Moment war niemand anderes da. Außerdem war Charles zurzeit der Einzige der ihm noch den Weg zu Alan versperrte.
„Ich will mich aber nicht beruhigen“, keifte der Alpha und ging ohne zu Zögern auf die Tür zu. Anstatt ihm klugerweise aus dem Weg zu gehen versperrte ihm Charles auch noch dreister weise den Weg. „Geh mir aus dem Weg oder es setzt was.“
Genau in dem Moment, als er durch die Tür schreiten wollte, griff ihn der Andere auch schon an und zog ihn wieder in den Raum zurück. „Ich kann dich nicht gehen lassen.“ Jetzt gab es kein Halten mehr. Dieser niedere Wolf glaubte doch wirklich ihm vorschreiben zu können, was er zu tun und zu lassen hatte? Wer glaubte er denn wer er war? Er verpasste dem Beta ohne zu Zögern einen kräftigen Tritt in die Magengrube, sodass dieser quer über den Holzboden schlitterte und kurz vor dem brennenden Kamin zum stoppen kam.
„Sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte….“ Charles hätte sich ihm nicht in den Weg stellen sollen. Noch einmal warf er einen Blick auf den Wolf, welcher auf dem Boden lag, bevor er wieder den Raum verlassen wollte. Weit kam Crispin jedoch nicht. Durch einen feigen Angriff von hinten, wurde sein Gleichgewicht gestört und er machte einen Ausfallschritt nach vorne. Wütend knurrend wirbelte der Blonde herum und holte aus, aber statt Charles zu treffen, duckte dieser sich und verpasste ihm sogleich den nächsten Hieb in die Seite.
Wie konnte dieser es wagen ihn anzugreifen? Cris ließ nicht länger mit sich Spielen sondert schlug dem Älteren mitten voller Kraft ins Gesicht, sodass er ein trockenes Krachen vernahm. Das war dann wohl die Nase. Blut tropfte von seiner Hand und Charles Gesicht, während dieser etwas Benommen von dem Schmerz nach hinten taumelte. Er hielt sich die Nase und lehnte sich dabei schmerzlich keuchend an die gegenüberliegende Wand.
Am liebsten hätte Crispin gleich noch einmal zugelangt, aber es war nicht seine Art jemanden noch einmal eins zu verpassen, wenn er doch bereits am Boden lag. Oder besser gesagt in Charles Fall benommen an der Wand lehnte. So wandte er sich von dem Verlierer ab, um sich auf den Weg zu Alans Gemächern zu machen. Er würde sie auch ohne Charles Hilfe finden.
Als er sich umwandte, krachte er gegen einen Felsen. Ach nein, Alan. Dieser sah ziemlich wütend aus und auch überhaupt nicht ausgeschlafen. Die einfache Stoffhose hing locker an seiner Hüfte und bot kaum Spielraum für Fantasie. Die roten Striemen an seiner Seite und seinem Rücken bestätigten seine Vermutung, warum die Zwei so wenig Schlaf in der vergangenen Nacht bekommen hatten.
Augenringe und das zerzauste Haar bezeugten nur noch mehr von der kurzen Nacht, doch Crispin fühlte keinerlei Mitleid mit dem anderen Alpha. Immerhin war er selbst Schuld, wenn er seine Finger nicht von seinem süßen, kleinen Bruder lassen konnte. Wenn Cris alleine daran dachte, überkam ihn das Verlangen ihm seine dreckigen Finger abzuhacken. Wie sehr er Alan doch hasste. Erst nahm ihm dieses Arschloch Emily und jetzt vergriff er sich auch an Fynnley. Warum musste er ihm immer eine geliebte Person streitig machen? Dabei hatte er Alan doch gar nichts getan. Er hatte Emily geliebt und sie war verstorben. Crispin wollte nicht das Fynn genau das Gleiche Schicksal ereilen würde.
„Wer gibt dir das Recht dich wie eine Furier unter meinem Dach aufzuführen?“, verlangte der Schwarzhaarige mürrisch zu erfahren. Alan versuchte sich wohl bedrohlich vor ihm aufzubauen, doch Crispin ließ sich davon nicht beeindrucken. Cris hob nur gelangweilt eine Augenbraue. Sollte ihn das jetzt einschüchtern? Wohl kaum. Er war nicht minder dominant.
„Du willst ernsthaft von mir wissen wer mir das Recht gibt? Ich gebe mir selbst das Recht…..immerhin lässt du mich bereits seit Tagen in diesem winzigen Loch versauern“, fauchte Cris und stieß dem Gleichaltrigen seinen Finger in die Brust. Ein Alpha ließ sich nicht lange einsperren und nun war es Zeit seine geliebte Freiheit wieder zu erlangen. Dabei ignorierte der Blondhaarige gekonnt, dass Alan ihn als Furie bezeichnete. Sein Finger wurde weg geschlagen und bevor er reagieren konnte, hatte ihm der Blauäugige den Arm auf den Rücken gedreht. Cris trat nach hinten aus und traf mit voller Wucht das Schienbein des Gleichaltrigen.
Schmerzvoll keuchte Alan hinter ihm auf und lockerte für einen kurzen Augenblick lang seinen Griff. Das reichte Crispin, um sich daraus zu befreien. Charles schien sich wieder so weit gefasst zu haben, doch bevor er auch nur in die Nähe von Crispin gelangen konnte stieß ihn Alan mit einem gekonnten Stoß aus der Schusslinie und fing einen Seitenhieb für den Anderen ab.
„Halt dich da raus Charles….das ist mein Kampf. Crispin gehört mir“, wies Alan seinen Beta zurück. Dieser hatte sich nicht in einen Kampf zweier Alphas einzumischen. Das hier musste er mit Crispin alleine Regeln, wenn sie sich jemals wieder würden einigen wollen. Eigentlich war dafür in ihrer Vergangenheit viel zu viel schief gelaufen. Geschickt wirbelte er herum und verpasste dem anderen Alpha einen Kinnhaken, bevor sie sich wieder in die Haare bekamen und er gegen die nächste Wand gestoßen wurde. Alan versuchte ihm trotz aufgeplatzter Lippe die Luft abzudrücken, aber dieses Mal nicht.
„Du wirst schon wieder verlieren“, kam es mit einem wölfischen Grinsen auf den Lippen, sichtlich amüsiert von dem Dunkelhaarigen. Dieser Bastard würde noch sehen was er davon hatte. Leicht schnappte Crispin nach Luft, während er seine Kräfte zu sammeln begann.
Weiter kam Alan nicht, da hatte sich Cris schon wieder von seinem eisernen Griff losgerissen und dem Alpha die Beine weggeschlagen. Hart kam der Blauäugige auf dem Boden auf, bevor sich Cris aber auf Alan stürzen konnte verkeilten sich ihre Körper ineinander und sie rollten über den Boden. Jeder kämpfte mit allen Kräften daran die Oberhand zu gewinnen.
„Ich werde nicht noch einmal derjenige sein der verliert…du hast nur gewonnen, weil Fynnley eingeschritten ist“, schnaufte Cris und kniete siegessicher über dem Anderen. Tja…was glaubst du wohl warum er sich für mich entschieden hat“, warf ihm Alan spöttisch entgegen. Crispin sah nur noch rot und ließ seinen Wolf frei. Pures Gold loderte in seinen Augen. Er holte immer wieder aus und schlug dem Alpha ins Gesicht, während er ihn unter seinem Körper eingekeilt hatte.
Nein, nein, nein. Das durfte nicht sein. Wie konnte Alan es wagen zu meinen Fynnley würde ihn mehr lieben. Wie konnte dieser es wagen? Zwar hatte der Andere es nicht direkt ausgesprochen, doch er schien felsenfest davon überzeugt zu sein, dass Fynn sich in dem Moment eindeutig für ihn entschieden hatte. Fynn war Cris Fleisch und Blut. Egal was auch passieren sollte. Fynnley würde immer ein Teil von ihm bleiben egal was auch geschehen mochte. Alan sollte erst gar nicht davon ausgehen, dass er sich jemals zwischen ihn und Fynn drängen konnte.
„Fynnley gehört jetzt mir. Er ist einer der Meinen und mein Gefährte ich werde ihn nicht mehr gehen lassen.“ Statt die Klappe zu halten versuchte Alan ihn nur noch mehr mit seinen Worten zu verletzen und in Rage zu bringen, während er einige Schläge parieren und sogar einige austeilen konnte. Den Schmerz ignorierend machte Cris einfach weiter. Lügen. Alles nur Lügen. Wie konnte Alan nur so dreist sein und ihm mitten ins Gesicht lügen?
Er würde Fynnley um jeden Preis mit nach Hause nehmen. Bei diesem arroganten Arschloch würde er seinen geliebten Bruder nicht lassen. Kurz bevor etwas Schweres auf seinem Rücken und ihn mitten auf Alan presste, vernahm er noch ein recht bedrohliches Knurren hinter sich.
Krallen gruben sich durch sein Hemd in seine Haut und hinterließen tiefe blutige Spuren. Schmerzlich keuchend fuhr der Alpha herum und schüttelte den Eindringling von seinem Rücken ab. Direkt machte er sich zum Gegenangriff auf den Störenfried bereit. Alan gehörte ihm und sonst niemanden. Crispin würde es nicht akzeptieren, dass sich jemand in diesen Kampf einmischte. Schließlich hatte er noch ein Hühnchen mit diesem Arsch zu rupfen.
Wie versteinert hielt er in Angriffsstellung inne, als er den Wolf genauer betrachten begann. Sein Kopf war auf einmal wie leer gefegt. Alle Gedanken und seine Wut waren von jetzt auf gleich verschwunden. Cris blieb vor Staunen fast der Mund offen stehen. Ein schneeweißer Wolf stand vor ihm mit unterschiedlichen Irden. Dunkelgrün und eisblau. Das musste ein Traum sein. Genau, er träumte. Eine Fatamorgana, ein Trugbild. Oder war er bereits Tod und hatte davon nichts mitbekommen?
„Fynnley?“ Sichtlich überrascht betrachtete er den Wolf, bevor er auf ihn zu ging als dieser nur leicht den Kopf senkte. Langsam ließ er sich vor diesem auf die Knie fallen und schlang seine Arme um den Hals des Kleineren. Sein kleiner Bruder hatte es tatsächlich geschafft. Nach all den Jahren war sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen. Vergessen war der Kampf mit Charles und Alan. Im Moment presste er sich nur noch an das flauschige Fell des weißen Wolfes, während Crispin vor Freude mit den Tränen zu kämpfen hatte.
„Aber wie kann das sein?“ Es war unglaublich, sodass er es kaum fassen konnte. All die Jahre hat sich nichts dergleichen gezeigt. Niemand wusste ob Fynnley jemals seine Verwandlung durch machen würde. Immerhin hatten sie alle geglaubt, dass er durch seine Mutter einfach zu viel menschliche Gene in sich trug. Er drückte den Wolf etwas von sich und betrachtete ihn eingehen. Das war sein kleiner Halbbruder. Es war real. Cris träumte nicht. Fynn’s Wolf war einfach nur wunderschön.
Alan fühlte sich gerade ziemlich durch die Mangel genommen. Etwas schwerfällig setzte sich der Alpha auf, während er sich das schmerzende Kinn zu reiben begann. Er gab es nur ungerne zu aber dieses blonde Prinzesschen hatte einen echt guten Schlag drauf. Gut, es war nicht das erste Mal das sie sich die Köpfe einschlugen, aber irgendwie machte es doch auch immer wieder Spaß sich mit Crispin zu messen. Leider nur umzusehen, dass keiner von ihnen beiden in all den Jahren seit Emily’s Tod stärker geworden war.
Gelassen beobachtete er die Reaktion von Crispin auf seinen kleinen Bruder. Okay, damit hatte er nicht gerechnet. Er schien sich echt Sorgen um Fynnley gemacht zu haben. Wobei…irgendwie konnte er es gut nachvollziehen. Schließlich wusste er auch was er an seinem Gefährten hatte und er schätzte Cris nun wirklich nicht als den Typen ein, der einfach jemanden eiskalt liegen lässt. Nicht umsonst hat er den weiten Weg übers Meer gemacht um nach seinem Halbbruder zu suchen. Die Geschichte war ja schon irgendwie rührend.
Ihm tat es ja schon fast leid, dass Fynn wohl nie wieder mit ihm mitgehen würde. Zumindest nicht solange er lebte. Fynn gehörte nun ihm. Er war Teil des Rudels. Fynnley war seins, sein Gefährte und niemand würde es mehr wagen sich zwischen sie drängen zu wollen.
Okay, so ganz tat es ihm nicht leid. Schließlich war das Crispin. Er hatte es verdient. Außerdem war er nicht alleine, denn der Rest seines Rudels wartete auf der anderen Seite auf ihn. Irgendwo mochte ein kleines Stück von Fynn an Crispin hängen, doch sein zu Hause war nun hier an Alan’s Seite. Ein kleines Schmunzeln schlich sich auf seine weichen Lippen, während er sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe mit dem Hemdärmel abwischte.
Gerad eben haben sie sich noch die Köpfe eingeschlagen und nun saß er hier und sah den Beiden zu. Unglaublich. Alan konnte über sich selbst nur den Kopf schütteln. Aber irgendwo konnte er auch Cris Sorge und seine Wut verstehen. Er wollte auch nicht irgendwo eingesperrt sein. Dafür war ihm seine Freiheit nun wirklich zu kostbar. Sie würden hier nach ein ernstes Gespräch miteinander führen müssen und das am besten ohne Prügelei. Sonst würden sie ja nie weiter kommen.
Crispin schien das Ganze auch noch nicht so recht glauben zu können. Immer wieder strich er über das weiße Fell Fynnley’s während er ihn noch einmal fragt ob er es auch wirklich sei. Das dumme war halt nur das Fynn sich in dieser Gestalt nicht mit ihm unterhalten konnte. Wohl oder übel würde Alan ihm das beantworten müssen.
Auf einmal stand Charles neben ihm und reichte ihm mit Blutverschmiertem Gesicht die Hand. Leise aufseufzend ließ er sich von ihm aufhelfen und musste etwas zerknirscht feststellen, dass wohl die eine oder andere Rippe angeknackst war. Nicht gerade angenehm, aber das war nichts was nicht bis spätestens übermorgen verheilt sein würde. Ohne lang zu zögern griff er nach Charles Nase und renkte sie mit einem lauten Knacken wieder ein.
„Danke…“, grummelte Charles leise und hielt sich die wieder blutende Nase. „Den Teppich darfst du reinigen“, meinte Alan nur noch zu seinem Zweiten. Wobei er felsenfest überzeugt davon war das Charles den Teppich nicht selbst reinigen würde, sondern das es irgendwer anders das übernehmen würde.
„Er ist es wirklich“, meinte der Schwarzhaarige leise und ging langsam zu den Beiden hinüber. Er wollte Cris nicht noch einmal provozieren. Bekanntlich gab der Klügere ja nach und er hatte nicht gerade Lust sich noch einmal mit Crispin zu schlagen. Immerhin hatte dies eh keinen Sinn, da keiner von beiden der Stärkere war und der Kampf wohl nie enden würde. Außer wenn einer von ihnen tot umfallen würde.
„Aber wie ist das möglich?“ Auch Alan selbst konnte das Ganze noch kaum fassen, aber es war nun eben mal geschehen. Natürlich wusste auch Alan selbst nicht so ganz wie dies passieren konnte und wie er dem Anderes dies erklären sollte. Schließlich hatte er selbst keinen Plan.
„Wir wissen es nicht…es passierte mitten in der Nacht, als sich Fynn über ein schreckliches Jucken zu beklagen begann und auf einmal war er ein Wolf.“ Seine einzige Vermutung war ja die, dass ihre Gefährtenverbindung vielleicht Schuld daran hatte. Immerhin war es die Einzige plausible Erklärung die sich in seinem Kopf für dieses Wunder gebildet hatte. Was sollte sonst der Auslöser gewesen sein?
Natürlich hielt er dies Crispin nicht noch einmal vor Augen, da sie Beide sich gerade erst beruhigt hatten. Wenn er im Eifer des Gefechts nicht zugehört hatte war dies ganz sicherlich nicht Alans Problem. Er hatte ihm fairer Weise ja mitgeteilt das sie nun Gefährten waren. Gut, er hatte nicht erwähnt das Fynnley nun nicht mehr länger zu seinem Rudel gehörte und für immer an Alan’s Seite bleiben würde, doch dies würde der andere Alpha noch früh genug heraus finden.
„Wir haben nur ein Problem….er kann sich nicht mehr zurückverwandeln“, kam es leise von Alan, als Crispin endlich fertig damit war seinen Gefährten zu begutachten. Am liebsten hätte er Crispin knurrend von dem Kleineren weggerissen. Fynn war jetzt sein Gefährte. Er gehörte ihm. Niemand sollte es wagen Hand an ihn zu legen. Noch nicht einmal sein Bruder. Aber diese Gedanken seines Wolfes versuchte er ein wenig zurückzudrängen.
Wenn er sich jetzt noch gegen Crispin stellte und Fynnley von ihm weg zog könnte sein Liebster auf ihn wütend werden und das konnte er im Augenblick nicht gebrauchen. Erst einmal mussten sie heraus finden, wie sie die Verwandlung rückgängig machen konnten. Das hier war zwar genau das, nach was sich Fynn all die Jahre so verzweifelt gesehnt hatte. Es konnte aber nicht sein, dass Fynnley nun sein restliches Leben in Wolfsgestalt ab fristen musste. Das wäre auch nicht richtig.
Crispin war in der zwischen Zeit recht ruhig geworden. Wirkte sogar recht nachdenklich. So kannte er denn anderen Alpha gar nicht, aber was wusste er schon über Cris. Schließlich hatten sie sich seit Jahren nicht mehr gesehen.
„Legenden sind Lektionen, in denen man die Wahrheit erfährt“, murmelte Cris vor sich hin. Auf einmal sprang der Blauäugige auf. „Die Legende Fynnley…sie ist wahr“, rief auf einmal der blonde Alpha aus.
Sichtlich verwirrt sah er zu Crispin hinüber. Wovon redete er gerade? Der ratlose Blick von Charles sagte deutlich, dass er ebenfalls nicht wusste worum es hier gerade ging. Auch Crispin schien endlich zu merken, dass der Rest wohl gerade auf dem Schlauch stand.
„Da muss ich wohl etwas weiter ausholen…es wundert mich nur das du unsere alten Geschichten nicht kennst Alan.
Eine alte Legende besagt, dass wenn man, zu gleichen Teilen ein halber Wolf und ein halber Mensch ist, wird der Wolf durch den Menschen durchdringen und vor der Person die man wirklich liebt, siegen. Eure Gefährtenverbindung war der ausschlaggebende Punkt“, rief der etwas jüngere Alpha gar übermotiviert aus.
Die alte Legende würde zumindest erklären warum Fynn auf einmal in Wolfsgestalt vor ihnen stand. Der Vollmond hat dann wohl ihr übriges dazu bei getragen. Fynnley liebte ihn wohl wirklich über alles, wenn sogar sein Wolf dadurch zum Vorschein kam. Irgendwie schon etwas beängstigend das er auf einmal von jemandem so der maßen begehrt wurde. Nicht das er was dagegen hätte. Anders hätte Alan den Kleineren jawohl kaum zu seinem erklärt. Fynn gehörte zu ihm, an seine Seite, in sein Rudel. Sein Gefährte. Er würde den kleinen Mischling nicht wieder her geben.
Es war auf jeden Fall von Vorteil, dass sie Cris wohl nicht mehr aufklären mussten, wie es nun zwischen ihm und Fynnley stand und das Fynn nicht mehr mit ihm zurückkehren wird. Wobei Alan sich fast sicher war, das dieses Thema noch nicht vom Tisch war. Aber für ihn stand auf jeden Fall fest das Fynn dorthin gehörte wo auch sein Gefährte war. Das war dann wohl an seiner Seite und hier auf Beneál. So einfach war das. Crispin würde wohl ohne seinen kleinen Bruder nach Hause gehen müssen. Gegen den einen oder anderen Besuch hatte er dennoch nichts einzuwenden. Auch wenn Alan es nicht wirklich wahrhaben wolle gehörte nun auch Cris wohl oder übel dank Fynn zu dieser Familie. Irgendwie…
„Da wir nun geklärt haben was wahrscheinlich der Auslöser für das Ganze ist. Müssen wir jetzt nur noch heraus finden, wie Fynn sich zurückverwandeln kann.“ Vorerst erwähnte Alan mal nicht, dass er glaubte, dass es verdammt schwer werden würde Fynnley zurück zu verwandeln. Immerhin war auch die Verwandlung zum Wolf nicht gerade einfach für den Kleinen gewesen. Er wollte seinem Gefährten keine Angst machen.
Zumal seine erste Verwandlung erst nach 21 Jahren hervor gerufen worden war. Eine lange Zeit die sein Wolf unterdrückt in einer kleinen Ecke gelebt hatte. Das dieser nun heraus wollte war für Alan vollkommen verständlich. Jahre lang in einem gläsernen Kasten eingesperrt zu sein. Nicht laufen, nicht atmen, nicht sehen zu können. Von der Außenwelt abgetrennt zu sein. Voller Verzweiflung und unendlicher Einsamkeit die einen in der Dunkelheit gefangen hält. Hin und wieder Eindrücke durch andere Augen zu sehen, aber diese Person nie erreichen zu können.
Der Alpha war sich sicher, dass der Wolf von Fynn mehr als einmal versucht hatte Kontakt zu Fynn aufzubauen. Nur hatte es nie funktioniert, weil sie eine unsichtbare Trennwand von einander fern gehalten hatte. Beide hatten sich nach der gemeinsamen Vollständigkeit gesehen. Zwei Hälften die hätten nie getrennt seien sollen und nun hatte der Wolf natürlich Angst zu diesem Zustand zurückkehren zu müssen.
Das Problem war nur, dass er auch seinen Gefährten verstehen konnte. Es war erfreulich und verwirrend zu gleich. So vertraut und doch so anders. Alles was in der vergangenen Nach geschehen war, war schon ganz schön viel Stoff zum nachdenken. Diese Gestalt erschwerte es Fynnley im Augenblick aber nur noch mehr das Ganze verarbeiten zu können, weil er es nicht gewohnt war. Seinen Körper und seine Gedanken zu teilen. Ab heute ein Teil eines gut funktionierenden Rudels zu sein.
Sie mussten die Beiden irgendwie dazu bewegen nicht mehr gegeneinander sondern miteinander zu arbeiten. Dem Wolf mussten sie klar machen, dass er nicht mehr weggesperrt werden würde und Fynnley musste akzeptieren das er nie wieder alleine sein würde. Dass sie nun eins waren!
Sie brauchten Zeit, um sich aneinander gewöhnen zu können. Das würde wohl noch ein langer Weg werden, bis alles wieder in Ordnung war. Wie zuvor würde es nicht werden, aber sie würden sich jawohl so zusammen gerauft bekommen das sowohl Fynn als auch sein Wolf miteinander auskamen.
„Warum kann er nicht mit uns sprechen?“ Eine berechtigte Frage von Crispin. Über die sich der dunkelhaarige Alpha auch schon bereits Gedanken gemacht hatte. Das Merkwürdige war, das sie sich in der Gestalt von Wölfen hatten unterhalten können. Normalerweise konnte das Rudel auf diese Weise auch zwischen Menschlicher und wölfischer Gestalt untereinander kommunizieren, aber es schien in Fynns Fall nicht zu funktionieren. Als gäb es keine Verbindung. Vielleicht bestand diese auch noch gar nicht!?
„Als Wolf konnte ich mich mit ihm unterhalten.“ Was sollte er auch sonst dazu sagen? Alan war auch nicht allwissend. Mit so etwas hatte Alan noch keine Erfahrung gemacht und zu Ohren war ihm auch noch nichts gekommen. Er konnte sich nur umhören und in den alten Schriften nach Rat suchen. Wobei das wohl eher die Aufgabe seiner Schwester, als eigentliche Gelehrte war. Das Amt des Bibliothekars hat sie schon von früh auf interessiert. Nur hin und wieder brauchte sie eben etwas Abwechslung und sehnte sich nach einem guten Kampf.
Der einzige Mischling den er neben seinem Gefährten kannte, war sein Onkel Corbin gewesen. Aber dessen Tod lag schon einige Jahre zurück, sodass sie ihn nicht um Hilfe bitten konnten. Soweit er sich erinnerte war auch dem Bruder seines Vaters die Gestalt des Wolfes verwehrt geblieben, aber sicher war er sich da nicht.
„Amira sucht bereits seit Morgengrauen in der großen Bibliothek nach einer Lösung. Wir wissen ja auch überhaupt nicht, ob so ein Fall schon einmal vorgekommen ist. Und wenn so etwas in der Vergangenheit vorgekommen war, wurde dieses Geheimnis sicherlich sehr gut behütet.“
Es war eher unwahrscheinlich, dass sich in den Aufzeichnungen ihrer Vergangenheit etwas befand. Die traurige Wahrheit war: Über so etwas unterhielt man sich nicht und hielt es erst recht nicht auf Papier fest. Auch heute noch gab es viele Werwölfe unter ihnen, die Mischlinge nicht akzeptieren wollten.
Dadurch das Alan eh recht viele Wölfe in seinem Rudel aufgenommen hatte, die in ihrer Vergangenheit wo anders oft Probleme gehabt hatten. Waren sie schnell wieder zur Ruhe gekommen. Zumindest vorerst. Er würde das Treiben in nächster Zeit genauer beobachten müssen. Nun da Rebecca nicht mehr da war, dürfte die Stimmung im gesamten Rudel nicht mehr ganz so stark schwanken. Natürlich war dem Älteren bewusst, dass die ein oder andere Sache noch nicht geklärt war. Aber es gab zumindest ein Unruhestifter weniger. Sein Wölfe brauchten eben auch ein wenig Zeit, um sich an die neue Situation gewöhnen zu können. Sie waren es eben nicht gewohnt ihren Alpha teilen zu müssen.
Alan war jetzt auf jeden Fall dafür, dass Fynnley sich erst ausruhte und sie das Spiel mit der Verwandlung später noch einmal versuchten. Ein wenig stärken und dem Wolf zureden. Vielleicht sah er dann ein, dass er nun für alle Ewigkeit einen Platz an der Seite des kleinen Halblings besaß.
Fynn sah immer noch total erschöpft aus. Aber nach der vergangen Nacht war das kein Wunder. Alan sammelte seinen Gefährten ein. Was leichter gesagt, als getan war. Denn die zwei Brüder wollten sich nicht so recht voneinander trennen. Irgendwann hatte er seinen Liebsten doch so weit ihn zu begleiten. Unhöflicherweise überließ er Charles die Aufgabe Cirspin bei Laune zu halten, während sie sich in ihre gemeinsamen Gemächer zurückzogen.
Er brachte Fynn ins Bett und wünschte ihm nach einem kleinen Kuss auf die Stirn einen erholsamen Schlaf. Erst im Bett angekommen schien der kleine Halbwolf zu merken, wie müde er immer noch war. Die ganze Aufregung machte sich langsam bemerkbar. Sie hatten auch nicht viel Schlaf in der Nacht zuvor bekommen, da sie ja erst bei Sonnenaufgang zurückgekehrt waren und kurz danach hat Fynns Bruder Stress geschoben.
Als Alan gerade den Raum verlassen wollte hörte er ein leises Winsel aus der Richtung des Bettes. „Ich wollte noch in die Bibliothek und Amira dabei helfen eine Lösung zu finden. Ruh dich ruhig noch etwas aus und mach dir keine Sorgen Fynn. Wir bekommen das schon hin!“, sprach er dem kleinen Wolf zu und schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Es wird nicht lange dauern.“
Leise schloss er hinter sich die Tür, bevor er zu seiner kleinen Schwester in die Bibliothek ging. Erst entdeckte er Amria gar nicht, bis er hinter einen Stapel Bücher sah hinter dem die Wölfin im Schneidersitz bei Kerzenschein saß. Nur kurz blickte sie auf, bevor ihre Augen wieder zu den Zeilen huschte die ihre Aufmerksamkeit zuletzt gebannt haben.
„Du kannst dir den Stapel dort drüben vornehmen“, wies sie ihren Bruder und Alpha zurecht ohne aufzusehen. Alan folgte ihrer Handbewegung und ging zu einem weiteren Stapel hinüber. Es war nicht so, dass er nicht lesen konnte oder es nicht gerne tat. Aber die alte Sprache war nicht gerade leicht und da waren so viele Bücher. Das hier tat er alles nur für Fynnley.
Auch wenn er vorhin noch zu ihm meinte es würde nicht lange dauern bis er zurück kam, jetzt bezweifelte er seine Worte. Nun war es aber zu spät um dem Kleineren noch einmal Bescheid zu geben. Außerdem war Fynn sicherlich schon am schlafen, da wollte er ihn nicht auch noch stören. Denn den Schlaf hatte er sich redlich verdient.
So ergab sich der Schwarzhaarige seinem Schicksal, überflog nur schnell die Schriftrollen, bevor er sich sich einen der dicke Wälzer schnappte. Schweigend ließ er sich mit diesem auf einem der Sessel nieder und begann die Zeilen zu überfliegen. Es ging diesem Buch um ein Teil der Geschichte von Candor, der alten Ruine im Wald. Das zu Hause seines Vaters und Corbin. Irgendwas musste doch über seinen Onkel zu finden sein. Tagebücher, alte Aufzeichnungen. Aber ihr Vater hatte alles entsorgt, was an seinen Bruder erinnerte. Nach dem Verrat hatte er nichts mehr von ihm wissen wollen. Viel zu sehr hatten ihn die Taten von Corbin verletzt.
Die Kerzen brannten langsam nieder. Hin und wieder verschwand seine Schwester und kam mit einem neuen Buch wieder. Alan bewegte sich kaum. Nur ab und an ließ er die mittlereile total verspannten Schultern kreisen. Das Ganze schien fast aussichtslos zu sein. Ihr Vater hatte alles vernichtet, was ihnen hätte helfen können.
Auch wenn er sich bei den Anderen Rudeln nach solchen Fällen erkundigen würde. Sie würden ihm nichts sagen. Selbst wenn sie Informationen oder alte Aufzeichnungen hätten. Zwar betrieben sie hin und wieder Handel mit den Rudeln an Land, aber sie waren trotzdem Außenseiter. Alan liebte Béneal über alles, gerade weil sie so abgeschottet von allem lebten. Doch dadurch wurden sie zu Außenseiter, weil die Anderen so schlecht an sie heran kamen.
„Alan!“ Auf einmal sprang Amira aufgeregt auf und kam zu ihm hinüber. Müde blickte der Größere auf und ließ sich von Amira ein weiteres Buch auf den Tisch legen. „Ich glaub ich hab was“, murmelte sie hochkonzentriert und deutete auf eine Textzeile.
„Ist das Corbins Buch? Woher hast du das?“ Es sah ganz danach aus. Das Siegel war gebrochen. Früher wurde die Geschichte jedes Wolfes von einem Bibliothekar festgehalten. Mittlerweile gab es zu viele von ihnen und die Arbeit war zu aufwändig. Amira hielt die Geschichte ihres Rudels dennoch weiterhin fest und hin und wieder schrieb sie für einzelne ihre ganz eigene Geschichte. Wie die Wölfe an Land dies hielten konnte Alan nicht sagen. Aber sie versuchten die alte Tradition weitestgehend bei zu behalten. Einfach weil sie daran glaubten, dass durch das festhalten des Lebens ein Wolf unsterblich wurde. Da er durch dieses Buch nie vergessen werden würde.
Er starrte immer noch das gebrochene Siegel an. Das Siegel stand für Verrat. Sobald ein Wolf des Hochverrates angeklagt wurde, wurde seine Geschichte verschlossen und für andere unzugänglich gemacht. Sie wurde nicht weiter geschrieben, um ihr ein ewiges Leben zu verwehren. Um seinen Besitzer in Vergessenheit geraten zu lassen. Amira war die Hüterin, aber dennoch gab ihr niemand das Recht so etwas zu tun. Ein Stoß in die Seite riss Alan aus seiner Starre.
„Ja ist es. Aus der verbotenen Abteilung und jetzt hör auf so geschockt drein zu blicken. Du willst deinem Liebsten doch helfen, da muss man eben zu härteren Mitteln greifen. Sei doch froh, dass wenigstens diese Aufzeichnungen noch da sind. Ich hab das nur durch Zufall entdeckt. Dadurch, dass sogar der Einband eingefärbt wurde. Ich wusste gar nicht das es noch existiert.“
Sie hatte recht. Eigentlich konnte er froh sein, dass Amira es entdeckt hatte. Vielleicht konnte es ihnen bei ihrem Problem helfen. Mit einem Seufzen gab sich der Alpha geschlagen und widmete sich den Zeilen.
„Hier steht etwas von einer Forschung an der unser Onkel dran gewesen sein soll und dann plötzlich nichts mehr. So als wären diese Sätze nie zu Ende geschrieben worden. Ich würde fast sagen, dass hier sogar eine Seite fehlt“, erzählte Amira stolz von ihrem Fund und zeigte ihm dabei die fehlende Seite. Alans Kopf dröhnte. Der heutige Tag war lang gewesen. Daher war er wirklich froh, als die Wölfin das Lesen zum größten Teil übernahm.
„Jetzt bleibt nur noch die Frage offen. Wo kann die Seite bloß sein?“, meinte sie nachdenklich und tippte sich an das Kinn. Auf einmal begannen ihre Augen zu leuchten und da war sie schon weg. So kannte er seine Schwester.
Geduldig blieb Alan auf seinem Platz sitzen und blätterte durch die Geschichte seines Onkels. Sie endete mit der Zerstörung Candors und Corbins Tod. Traurig und verwirrt zugleich strich er über das alte Papier.
Die letzte Erinnerung an eine längst vergangene Zeit. Etwas das ihr Vater dann doch wohl nicht hatte übers Herz bringen können. Eine letzter Erinnerung an seinen Bruder, auch wenn das Buch für immer hätte verschlossen bleiben sollen. Wie gerne er die mächtigen Hallen von Candor in ihrer Glanzzeit gesehen hätte. Ein bitterer Beigeschmack breitete sich auf seine Zunge aus, während seine Gedanken in die Vergangenheit abdrifteten.
Wo war seine Schwester nur abgeblieben? Ein lautes Poltern aus dem hinteren Bereich der Bibliothek ließ denn Alpha aufspringen. Es dauerte keine drei Sekunden, bis er bei dem Übeltäter angekommen war. Amira lag unter einem Bücherstapel begraben Man sah nur noch einige Stellen durch die verschiedenen Einbände aufblitzen, während das alte Holzregal mächtig am schwanken war. Alan brachte es zum Halten und stellte es in seine ursprüngliche Position zurück. Nicht, dass ein Regal einem Wolf gefährlich hätte werden können. Aber sicher war sicher.
Währenddessen krabbelte die brünette Wölfin unter den Büchern hervor und begann den Rest wider einzuräumen. „Hör auf da so blöd herumzustehen und hilf mir lieber“, murrte seine kleine Schwester leise. Mit einem amüsierten Schnauben erbarmte sich der Ältere und bückte sich nach ein paar Bänden. Man sollte mit so alten Büchern sorgsam umgehen. Seine Schwester sollte das eigentlich am besten wissen. Es waren die letzten Zeilen aus längst vergangen Zeiten und wenn die zerstört waren, gab es keine Erinnerung mehr die weiter getragen werden konnte. Als er genauer hinsah, bemerkte er, wo sie waren. In der Abteilung ihrer Ahnen. Leicht fragend zog Alan seine Augenbraue hoch, während er die einzelnen Buchtitel überflog. „Was hast du hier gesucht?“
Betretenes Schweigen machte sich breit. Dann hielt sie ihm ein dickes Buch mit grauem Einband vor die Nase. „Vaters Buch…“ Ehrfürchtig nahm Alan das Buch entgegen und schlug die Seite auf, die Amira mit einem Lesezeichen markiert hatte. „Ich wusste, dass ich die Schrift schon einmal gesehen hatte“, erklang es traurig von ihr. Alan musste die geschriebenen Zeilen drei Mal durchlesen, bis er langsam verstand, was dort stand. Corbin hatte Forschungen betrieben. Sein Onkel war schlau gewesen, das hatte er gewusst. Sein hoher IQ hatte ihm viel Leid, aber auch viel Freude gebracht. Oft hatte sein Vater erzählt, dass Corbin sich schnell gelangweilt hat, weil er Dinge in einem unglaublich hohen Tempo erfassen konnte.
Aber das was dort geschrieben stand erschreckte ihn. Corbin hat an Mischlingen herumexperimentiert und ihr Vater hatte dies versucht zu vertuschen. Hatte versucht vor ihrem Großvater geheim zu halten, aber er hatte es trotzdem herausgefunden und war sichtlich enttäuscht. Hatten ihm weitere Untersuchungen verboten und ihn bestraft. Ein Mischling, der an anderen seiner Art experimentierte, um eine Lösung für das ´Problem´ zu finden. Eine Schande.
Obwohl Corbin der Ältere von beiden war ernannte ihr Vater Aleczander nach seinem Tod zu seinem Nachfolger. Mit der Begründung das Corbin nicht reif genug dazu war die Verantwortung für ein gesamtes Rudel zu übernehmen.
Wobei Alans Vater anzweifelte, dass es nur deswegen war. Ein Rudel aus fast hundert Wölfen hätte wahrscheinlich nie einen Halbling als ihren Alpha akzeptiert. Auch wenn es hart klingen mochte, auch unter ihnen gab es ein paar Regeln, die niemand brach. Auch nach so vielen Jahrhunderten waren sie leider nicht gerne gesehen und es sprach kaum einer über sie. Oft wurden sie wie ein schmutziges Geheimnis der Wölfe behandelt. Es gab aber auch Ausnahmen.
Meistens entstanden sie durch die Bindung zu einem Menschen und hin und wieder kam es vor, dass es eine Affäre gab. Werwölfe blieben ihrem Gefährten in der Regel bis zum Tode treue. Aber wie bei jeder Regel gab es auch Ausnahmen. Manche lebten sich trotz allem auseinander und andere hatten die Verbindung nicht eingehen wollen. Es gab verschiedene Gründe, um woanders das zu bekommen, nachdem man sich sehnte.
Alan hatte zwar eine Vorstellung davon, aber wie genau sich das anfühlte, konnte er dennoch nicht sagen. Er hatte vor Fynn noch niemanden getroffen, denn er für den Rest seines Lebens an seiner Seite haben wollte. Der blonde Halbwolf war etwas Besonderes und da war es ihm, egal ob er durch einen Seitensprung seines Vaters entstanden war oder nicht.
Eigentlich wusste er nicht genau, wie es dazu kam. Wenn er so recht überlegte, wusste er kaum etwas von der Familie. Außer, dass er bei seinem Vater und der Mutter von Crispin und Caroline aufgewachsen war. Er hatte wirklich noch einiges nachzuholen, aber erst einmal musste er sich darum kümmern, dass sein Gefährte seine menschliche Form wieder bekam. Nicht, dass er was gegen seine pelzige Gestalt hätte. Der weiße Wolf war verdammt niedlich.
Sie würden einen Zwischenweg finden müssen, der den Wolf und den Mann zufrieden stellt. Das Beste wäre natürlich, wie bei ihm. Sich so oft nach Lust und Laune verwandeln zu können, wie es einem gefiel. Jetzt konnte er nur noch hoffen, dass es so etwas in der Art auch für Fynnley gab.
Er konzentrierte sich wieder auf das Buch in seinen Händen und begann weiter zu blättern. Mehr stand da nicht. Eigentlich wollte er auch nicht genauer wissen, wie sein Onkel mit den anderen Halbwölfen umgesprungen ist. Aber es war die einzige Hoffnung, die sie hatten. Wo waren Corbins Aufzeichnungen? Wie er seinen Vater kannte, würde er die sicher verbrannt haben. Es war eigentlich ein Wunder das überhaupt Corbins Buch noch existierte und einige Hinweise in dem Buch von Aleczander zu finden war.
„Alan?“ Enttäuscht seufzte der Alpha auf und blickte zu seiner Schwester hinüber. Die ihn Erwartungsvoll aus großen Augen ansah. Sie hatte währenddessen wieder alle Bücher zurück ins Regal geräumt. Außer eins. Ein winziges recht zerfledertes Heft mit dunkelbraunem Einband wurde ihm vor die Nase gehalten. „Ist es das, wofür ich es halte?“, fragte Alan mit neuer Zuversicht und legte das Buch ihres Vaters auf Seite, um sich das Heft unter den Nagel zu reißen.
Aufregung machte sich in dem Dunkelhaarigen breit. Das hier würde all ihre Probleme lösen. Er schlug das Heft auf, während Amira neugierig über seine Schulter linste. Auch sie schien nervös zu sein.
Nichts! Hier standen Versuche, Methoden und Folterungen der grausamsten Art, um herauszufinden, wie Corbin selbst zu einer Verwandlung kommen konnte. Doch das, was bei andren Halbwölfen funktionierte hatte keine Wirkung auf ihn. Jeder reagierte anders und es kam kein Leitfaden, der für mehrere Mischlinge galt.
Wut begann ihn ihm zu prickeln und seine Hände begannen leicht zu zittern. Corbin hatte andere gequält nur, um herauszufinden, wie er seine Verwandlung herbeiführen konnte. Er hatte sie teilweise bis zu Tode gefoltert. Aber was ihm am meisten zusetzte, war die Tatsache das so viele Mischlinge zu dessen vergnüge zu Verfügung gestellt wurde. Corbin hatte genau aufgelistet, wo er welchen Halbling herhatte und durch welche Umstände er an ihn kam. Das war einfach nur grausam. Wie hatte sein Vater das alles nur zulassen und dann auch noch vertuschen können?
„Dieses miese Schwein!“, fluchte der Ältere und ließ das Heft fallen. „Wie konnte er dies tun? Auch wenn sie nur die Hälfte eines Werwolfes in sich tragen, so gehören sie dennoch zu uns. Er hat unsere Rasse verraten.“ Grollend wandte sich der Alpha um und begann wütend in der Bibliothek umherzustreifen. Ihr Vater hatte immer von ihrem Onkel erzählt, was für ein toller Mann er war und das es ich das Herz gebrochen hatte ihm das Leben zu nehmen.
Alan war damals noch nicht geboren gewesen und dennoch hatte er sich immer danach gesehnt Corbin kennenzulernen. Nach den unterhaltsamen Erzählungen hatte er immer geglaubt, dass sie sich gut verstanden hätten. Jetzt war er nur noch enttäuscht. Am meisten von sich selbst und über die Lügen, die sein Vater ihm ins Ohr gesetzt hatte.
Amira stellte sich ihm mutig in den Weg und legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. Mit der anderen Hand hielt sie die Aufzeichnungen an ihre Brust gedrückt. „Es ist vorbei. Vater hat es beendet“, meinte sie leise und versuchte ihm nicht in die Augen zu sehen und ihn dadurch nur noch mehr aufzuregen. Gut für sie. Denn die Kontrolle über seinen Wolf hing am seidenen Faden. Er wollte Blut. Corbins Blut, um die Mischlinge zu retten. „Es ist vorbei“, versuchte die Brünette Wölfin noch einmal und begann ihm mit dem Daumen vorsichtig über den Arm zu streicheln.
Die Bibliothek war riesig, aber für den Moment erschien sie viel zu klein. Er musste hier raus und seinen unendliche Wut und seine Enttäuschung abbauen, sonst würde noch ein Unglück geschehen.
Leise grollend entzog er sich ihrer sanften Berührung. Das war im Moment einfach zuviel. „Er hat es aber nur getan, weil er keine andere Wahl hatte. Unser Vater hätte Corbin schon viel früher stoppen können. Stattdessen hat er so jemanden auch noch beschützt.“
Gefühle brachen über ihm zusammen. Was für ein Glück sein Vater doch hatte zurzeit nicht zu Hause zu sein, sondern auf einer kleinen Weltreise mit ihrer Mutter. Nachdem Alan das Rudel seines Vaters übernommen hatte, setzte sich dieser zur Ruhe und lebte mit ihr abseits mit ein paar alten Wölfen in einem winzigen Dorf in den Wäldern von Beneál.
Natürlich waren das Ereignisse aus längst vergangener Zeit. Etwas das man nicht rückgängig machen konnte. Die traurige Wahrheit war. Alan war sich dessen bewusst. Egal, wie sehr man sich auch danach sehnte die Fehler seiner Ahnen wären nie geschehen. Dieses Buch bezeugte etwas anderes. Im Moment empfand er nur noch abgrundtiefe Scham und Abscheu für seine Verwandtschaft. Das Thema war noch nicht gegessen und sobald seine Eltern zurück waren würde er seinen Vater zur Rede stellen.
Er brauchte frische Luft. Auf der Stelle! Ein lautes Kratzen riss ihn aus seiner Wut.
Alan fuhr herum und starrte die schwere Holztür der Bibliothek an. Goldene Funken tanzten in seinen Augen. Für einen kurzen Augenblick schien die Welt still zu stehen, bis er realisierte wer das Geräusch verursacht hatte. Zitternd sog er tief Luft in seine Lungen, während er um Fassung rang. Seine Nasenflügel bebten. Fynn war hier. Er konnte ihn spüren. Sein Gefährte. Für einige Sekunden schloss er seine Augen und rang um Beherrschung. Bevor seine Gedanken sich weiter um Corbin und seine grauenvollen Experimente drehen konnten war er schon bei der Tür und hatte sie geöffnet.
Er musste sich zusammenreißen. Fynn durfte nicht erfahren was sie heraus gefunden hatten. Es würde ihn verletzten und das wollte Alan nicht. Es reichte schon, dass er mit dieser Schmach leben musste. Corbin, sein ONKEL. Ein Mann aus ihren eigenen Reihen. Sein Blick glitt über den schneeweißen Wolf, der mit einem leicht fragenden Blick zu ihm aufsah. Dann huschte sein Blick auch schon schuldbewusst zu der Tür und Alan folgte ihm. Tiefe Kerben durchzogen das noch zuvor makellose Eichenholz. So ganz schien der junge Halbwolf seine neu gewonnen Kräfte nicht einschätzen zu können. Was nicht verwunderlich war.
Alan trat auf den kleinen Wolf zu und strich ihm kurz über das weiche Fell am Kopf. "Ist schon in Ordnung. Nichts das man nicht wieder reparieren kann", meinte er mit leicht rauer Stimme. Verdammt! Der Alpha schluckte. Das neu gewonnen Wissen war nicht so einfach zu verdauen. Schwer lag es ihm im Magen. Dankbar und nichts ahnend schmiegte sich Fynn an sein Bein. Wofür Alan ihm unglaublich dankbar war. Er konnte im Moment keine Fragen und keine vorwurfsvollen Blicke gebrauchen. Es kostete ihn schon genug Kraft nicht durchzudrehen. Für einen kurzen Moment genoss er einfach die Wärme, die der Jüngere ausstrahlte. Es tat wirklich gut zu wissen das Fynn für immer an seiner Seite bleiben würde. Sie waren nun durch ein unsichtbares Band verbunden. Immer mehr drängte sich ihm etwas auf. Ein großes Hungergefühl machte sich in ihm breit und sein Blick huschte auf seine Uhr. Es war schon Abend. Wie die Zeit verflog und wirklich weit waren sie auch nicht gekommen. Stattdessen hatten die gefunden Zeilen nur das Bild seines Onkels ins Wanken gebracht.
Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass er zwar auch Hunger verspürte aber diese Gefühle nicht alleine von ihm kamen. Sie kamen von Fynn! Schwappten zu ihm hinüber. Trotz der paar Stunden Schlaf die er hinter sich hatte war er immer noch erschöpft. Irgendwann hatte ihn der Hunger aus dem Schlaf gerissen und Alan auf suchen lassen. Zwar hatte er schon immer die Bedürfnisse seines Rudels gespürt, wenn er sich auf sie konzentriert hatte. Aber Fynns Gefühle waren so intensiver und er musste sich noch nicht einmal konzentrieren, um sie bewusst wahrzunehmen. Fasziniert blickte er sachte lächelnd zu seinem Liebsten hinab. Dieser legte aber nur neugierig den Kopf schief.
Interessant. In Gedanken konnten sie sich immer noch nicht unterhalten, aber ihre Verbindung trug Gefühle zu ihm hinüber. Neben dem großen Hunger den sie beide verspürten nahm er noch eine angenehme leicht prickelnde Wärme war die von Fynnley herüber schwappte. So fühlte es sich also an einen Gefährten zu haben. Irgendwann teilte man Alles miteinander. Aber bisher kannte er das nur aus Erzählungen. Ob es Fynn genauso erging? Einerseits würde es ihn freuen, aber andererseits hoffte er nicht, dass dieser mitbekam was für ein Gefühlschaos gerade in ihm herrschte. Alan wollte nicht, dass sich der Kleinere seinen Kopf über Dinge zerbrach die gerade nicht von Belang für ihn war. Sie mussten jetzt erst einmal schauen, dass es Fynn schaffte sich zurück zu verwandeln und dann konnten sie immer noch über das schwere Verbrechen von Corbin reden.
Immerhin sollte es keine Geheimnisse zwischen ihnen geben. Auch wenn es ihm verdammt schwer viel sich mit dem Gedanken anzufreunden so wollte er von Anfang an ehrlich zu Fynn sein. Schließlich würden sie nun für immer zusammen leben. Es war halt nicht gerade einfach sich auf einmal daran gewöhnen zu müssen mit seinen Ängsten und Sorgen nicht mehr alleine da zu stehen. Sondern endlich eine Person an seiner Seite zu haben die ihn verstand. Stützte wenn er einmal ins Wanken geriet und auffing wenn es nötig war. Ein vollkommen neuer, aber angenehmer Gedanke. Natürlich war er zuvor auch nicht alleine gewesen, aber ein Gefährte war eben doch etwas anderes als das Rudel.
Aber als aller Erstes stand es an dem Kleinen was zu essen zu machen. Vorsichtig löste er sich von dem Wolf und machte sich gemeinsam mit Fynn auf in die Küche. Während Alan für sie etwas zu Essen zubereitete wurde ihm bewusst, wie erschöpft er doch war. Müde strich er sich über das Gesicht und ließ seine verspannten Schultern kreisen. Er war der Alpha. Er durfte sich keine Schwäche leisten und musste stark sein. Zumindest nicht jetzt. Wo er dem Rudel gerade erst verkündet hatte das Fynnley jetzt an seine Seite gehörte.
Sie kannten den Halbwolf zwar mittlerweile ein wenig besser, aber sie verkrafteten immer noch nicht das er zu ihnen gehörte. Das Alan Fynn ohne zu fragen zu einem von Ihnen gemacht hatte. Natürlich war ihm die Meinung seiner Wölfe wichtig, aber es gab Dinge die musste er alleine entscheiden. Außerdem hatte er keinen Einfluss auf seine Gefühle. Es war halt nun einmal geschehen das er sich verliebt hatte und eigentlich war er nicht traurig darüber, dass er nun endlich jemanden gefunden hatte. Dass sein Rudel Fynn noch nicht ganz akzeptierte war zwar ärgerlich, aber das würde hoffentlich mit der Zeit kommen. Sie waren eben ein wenig eigen und brauchten noch ein wenig. Das war in Ordnung. Solange sie irgendwann damit klar kamen, dass es nun einen Mann an seiner Seite gab.
Sie hatten wohl nur nicht damit gerechnet das es ein Halbling, ein Wolf von Außerhalb wurde. Sondern eher gehofft, dass es jemand aus ihren Reihen wurde. Gut, Alan hatte selbst nicht damit gerechnet. Aber so war das Schicksal nun einmal. Es war immer für neue Überraschungen zu haben. Und in seinen Augen war Fynn nun wirklich nicht die schlechteste Wahl. Okay, er war der kleine Halbbruder von Crispin. Das war schon schwerwiegend. Aber da der sein eigenes Rudel hatte und auf dem Festland lebte würden sie sich nicht allzu oft sehen. Also würde er auch mit diesem unangenehmen Anhängsel leben können. Auch wenn Cris bisher nur Unheil gestiftet hatte. Vorausgesetzt natürlich Crispin ließ Fynn los, um sein eigenes Leben zu können. Er konnte nicht immer den großen Beschützer spielen. Fynnley war schon längst erwachsen und es wurde Zeit, dass Cris dies langsam akzeptierte.
Jetzt musste er nur noch schauen, dass er ihn sobald wie möglich wieder los wurde und das Leben auf Béneal in geregelten Bahnen weiterlaufen konnte. Natürlich nachdem er gemeinsam mit Crispin eine Lösung mit der zurück Verwandlung von Fynn gefunden hatten. Auch wenn es ihm nicht passte so würde er sich wohl mal mit seinem Ex Rivalen unterhalten müssen. Vielleicht hatte dieser eine Idee, wie sie das Problem lösen konnten.
Ein sanftes Stupsen an seinem Bein erinnerte ihn daran das brutzelnde Fleisch in der Pfanne zu wenden, damit es nicht Schwarz wurde. Als es fertig war ließ er sich mit zwei Tellern an der Küchenzeile hinab sinken und nahm neben Fynn platz. In trauter Zweisamkeit nahmen sie die kleine Stärkung zu sich, bevor sie noch eine Weile schweigend auf dem angenehm kühlen Boden in der Küche verbrachten. Fynn hatte seinen Kopf auf seinen Schoß gebettet und ließ sich ein wenig Kraulen, während Alan immer wieder mit den Gedanken abdriftete. Ihm war heute nicht mehr danach sich noch einmal mit dem Rudel auseinanderzusetzen. Die hatten noch den Dominanzkampf von heute Morgen zu verdauen. Hin und wieder schnappte er ein paar aufgeregte Gefühle von seinen Wölfen auf, aber nichts worüber er sich jetzt den Kopf zerbrechen musste. Erst einmal brauchte er eine ordentliche Mütze schlaf, um wieder richtig funktionieren zu können. Was auch Fynn zu spüren schien. Auffordernd schob ihn der weiße Wolf in Richtung ihrer Gemächer. Nachdem sie sich endlich dazu aufgerafft hatten vom Boden aufzustehen. Alan ließ es einfach zu und spürte eine gewisse Erleichterung als die Tür mit einem leisen Klicken zufiel.
Ohne großartig darüber nachzudenken streifte er einfach die Stoffhose von seiner Hüfte und ließ sie unachtsam zu Boden fallen, bevor er sich ebenfalls in seine wölfische Gestalt begab. Kurz schüttelte er das letzte Kribbeln der Verwandlung ab. Als auch schon Fynn an seiner Seite war und seinen Kopf sanft an Alans entlang rieb. >>Hallo<< Zärtlich leckte er dem Kleineren über die Schnauze. Fynn antwortete ihm nicht sofort. Ob die Leitung durch gebrannt war? Vielleicht konnte er nun auch in dieser Gestalt nicht mehr zu ihm sprechen.
>>Du warst ganz schön lange mit Amira in der Bibliothek. Habt ihr den etwas gefunden?<< Okay, die Verbindung funktionierte doch noch. Es tat gut die Stimme von Fynnley zu hören. Er klang noch ganz normal. Also hatte der Wolf noch nicht die Kontrolle übernommen. Nach dem Lauf hatte er ein wenig Bedenken gehabt, denn Fynns andere Hälfte scheint nicht sehr schwach zu sein. Nachdem sie endlich erwacht war. Das könnte noch ganz schön problematisch werden.
Dennoch stand er nun vor einem ganz anderen Problem. Was sagte er ihm? Alan wollte seinen Freund nicht anlügen und dennoch fehlte ihm gerade die Kraft über die große Enttäuschung zu sprechen die er heute erlebt hatte. >>Nichts das uns helfen könnte...<< Es war nicht gelogen, sondern drückte nur das aus was er und seine Schwester erfahren hatten. Sie standen wieder am Anfang. Enttäuschung schwappte zu ihm hinüber, als Fynnley zu ihrem Bett hinüber tapste und auf dieses Sprang. Alan tat es ihm gleich und rollte sich müde neben ihm zusammen. Betete seinen Kopf auf dem Rücken des Anderen und schloss die Augen.
>>Wir bekommen das wieder hin Fynn<< Zwar wusste er noch nicht, wie sie das hinbekommen würden. Aber er würde einen Weg finden. Immerhin hatte Fynn nach so langer Zeit seine wölfische Seite entdeckt und die wollten sie erhalten. Sie würden einen Weg finden wie Fynn und sein Wolf zusammen leben konnten ohne, dass einer der Beiden benachteiligt war.
>>Der Wolf hat nicht vor wieder zu gehen<< Unsicher drangen die Worte in seinen Kopf. Es tat ihm im Herzen weh den Jüngeren so verzweifelt zu sehen.
>>Das muss er auch nicht. Wir finden ein Weg mit dem ihr Beide gut leben könnt. Ihr seid jetzt Eins. Das muss euch Beiden nur noch bewusst werden<<
Alan hatte gut reden. Er hatte nicht den gesamten Tag alleine mit dem Wolf verbringen müssen. Von jetzt auf gleich mit jemandem auf engstem Raum leben, denn er noch nie zuvor gesehen hatte. Sein Wolf war von Anfang an da gewesen. Er kannte ein Leben ohne seine andere Hälfte nicht.
Es war nicht so, dass er diesen nicht mochte oder dergleichen. Es war nur ungewohnt mit jemandem wirklich ALLES zu teilen. Seine Gefühle, seine Gedanken. Nichts gehörte nur noch ihm alleine. Nichts blieb dem Wolf verborgen. Der Wolf sprach nicht auf die herkömmliche Art mit ihm. Es waren eher Erinnerungen und Gefühle die er ihm auf allen erdenklichen Wegen übermittelte. Solang es ihm beliebte. Oft kam es vor das er von jetzt auf gleich damit aufhörte und keine Lust mehr hatte sich ihm anzuvertrauen. Aber es kam nicht überraschend. Schließlich kannten sie sich gerade wenige Stunden und doch kam ihm der Andere irgendwie vertraut vor. Nur hatte Fynn das Gefühl, dass der Wolf ihn besser verstand als umgekehrt.
Langsam hatte er das Gefühl verrückt zu werden. Es war eigenartig und auch irgendwie beängstigend zugleich. So viele Jahre lang hatte er sich danach gesehnt ein vollständiger Werwolf zu sein und jetzt wo es soweit war, wusste der Halbling nicht, was er davon halten sollte. Er hatte keine andere Wahl. Sein tiefster Wunsch war in Erfüllung gegangen und nicht nur das. Er besaß einen Gefährten. Die Geschehnisse der vergangen Stunden erschienen ihm so unwirklich. Wie ein Traum aus dem er nicht mehr erwachen wollte.
Vielleicht schlug er im nächsten Augenblick seine Augen auf und alles war vergessen? Eine vage Erinnerung an die Sehnsucht, welche tiefe Kerben in seinem Herzen hinterlassen würde. Jeden Moment konnte es vorbei sein und er würde in dem kuschlig warmen Bett zu Hause aufwachen. Alles würde wie früher sein. Auf eine gewisse Art und Weise ein tröstlicher Gedanke, aber im Grunde wollte er die Erinnerung und Erfahrung nicht mehr missen die er hier auf Beneál gemacht hatte. Nicht mehr. Jetzt wo er wusste wo er hingehörte. Wo sein Platz war. Hier an der Seite seines Gefährten. An Alans Seite. Auch wenn ihm das Leben gerade ein wenig schwer gemacht wurde. Irgendwie würde er auch das überstehen. In seiner Kindheit hatte er schon schlimmeres durch machen müssen. Auch wenn Crispin immer versucht hatte ihn zu beschützen so hatte er dennoch viel einstecken müssen. Nicht zu guter Letzt auch die Tatsache, dass er durch einen Fehltritt seines Vaters entstanden. An seine Mutter konnte er sich nicht mehr erinnern und seine Stiefmutter hatte ihn zwar mit der Zeit lieben gelernt, aber hatte ihn am Anfang deutlich spüren lassen was sie von ihm hielt.
Seine Gedanken kreisten ununterbrochen und kamen nicht zur Ruhe. Während Alan bereits schon seit Stunden friedlich neben ihm schlief. Kaum hatte sein Kopf das Kissen berührt war die Atmung auch schon ruhig und gleichmäßig. Was kein Wunder nach den vergangenen Stunden war.
Erst die überraschende Verwandlung in der Nacht, dann das Aufeinandertreffen mit dem Rudel und die Störung von Crispin. Und am Ende hatte er den restlichen Tag mit seiner kleinen Schwester in der Bibliothek verbracht, um eine Lösung für ihr `Problem´ zu finden. Würden sie jemals einen ruhigen Tag in nächster Zeit erleben? Fynn konnte sich nicht darüber klagen, dass sein Leben zurzeit langweilig war.
Außerdem drängte sich immer mehr ein Gefühl in den Vordergrund. Alan verschwieg ihm etwas. Er war so komisch gewesen. Schon lange bevor er die Tür der Bibliothek erreicht hatte, hatte ihn eine Welle der Wut und Trauer überrollt. Wirklich faszinierend.
Fynn hatte bereits von diesem Phänomen gehört. Das zwischen Gefährten eine einzigartige Verbindung besteht, aber bisher dies selbst zu erleben war ihm immer vergönnt gewesen. Das war das erste Mal gewesen, das er Alans Gefühle so deutlich in sich wahrgenommen hatte. Nicht jedem Paar war mit dieser Gabe gesegnet und umso mehr schätzte Fynnley es diese Band zu dem schwarzen Wolf zu haben.
Erst als er seine Pfote gehoben hatte, um sich mit einem Kratzen an der Tür bemerkbar zu machen, verebbte die Welle der Macht. Wurde immer schwächer, bis sie nur noch unterschwellig zu ihm hinüber schwappte. Merkwürdiges Gefühl sich so bemerkbar machen zu müssen. Etwas an das er sich noch würde gewöhnen müssen. Genauso wie an seine Rute.
Dann wurde auch schon die Tür geöffnet und sein Traum in Schwarz hatte die perfekte Maske wieder aufgesetzt, um ihm keine Sorgen zubereiten. Ihm war es so vor gekommen als würde Alan wieder diese dicke Betonmauer zwischen ihnen hochziehen und das würde er dringend unterbinden müssen. Immerhin sollte es keine Geheimnisse mehr zwischen ihnen geben. Sie waren nun ein Ganzes, sie waren Gefährten. Seelenpartner.
Seine besser gewordene Sinne konnte man nicht mehr so schnell täuschen. Wohl ein Vorteil für Fynn. Eins zu Null. Dennoch ließ der Kleinere es zu, dass Alan nicht direkt mit der Sprache raus rückte. Sie machten Beide gerade keine einfache Zeit durch und morgen war auch noch ein Tag, um nachzuhaken was ihm sein Gefährte heute hatte nicht sagen wollen.
Dennoch juckte es ihn unter den Fingernägeln heraus zu finden, was der Schwarzhaarige erfahren hatte. Pardon, Pfoten. Leise seufzte er innerlich auf und schmiegte seinen Kopf noch ein wenig dichter an das weiche Fell an Alans Rücken. Ein angenehmer Duft stieg ihm in die Nase. Der Ältere roch immer so verboten gut. Ein ganz eigener Geruch, den er kaum beschreiben konnte. Eine Mischung aus Wald, einer gewissen Würze und animalischer Wildheit. Einfach nur ein betörender Duft.
Nein, er musste sich zusammenreißen. Wie sollte er auch in diesem Körper dem Anderen näher kommen können. Erst einmal mussten sie heraus finden, wie er sich zurückverwandeln konnte. Und dann konnte er sich darum kümmern, wieder seinem Geliebten nahe zu kommen
Es war noch früh am Morgen, als die Tür ihres Schlafzimmers aufgerissen wurde. Sodass sie an der gegenüberliegenden Wand einen lauten Knall verursachte, welcher Fynn und Alan aus dem Schlaf rissen. Ein Hauch von frischem Regen wehte ihnen entgegen.
Verschlafen blinzelte Fynn die Müdigkeit weg und rieb sich mit den Pfoten über die Augen. Bevor er registrieren konnte wer der Störenfried war landete auch schon eine klatschnasse und von Schlammbedeckte Amira direkt neben ihnen.
„Ich hab es….ich hab die Lösung“, verkündete sie freudig und hielt Alan ein paar zerflederte alte Papiere unter die Nase. Die Fynn leicht die Nase rümpfen ließen. Merke: Nicht in der Nähe muffiger alter Blätter Luft holen. Neugierig versuchte er über Alan hinweg auf die fein gekritzelten Buchstaben zu blicken, doch da verwandelte sich dieser auch schon und riss die Blätter an sich. „Wo hast du die her?“ Ungläubig und glücklich zugleich blickte er die brünette Wölfin an.
„Candor in Vaters Unterlagen…Du schuldest mir jetzt was“, murmelte die junge Frau schläfrig und rollte sich tot müde auf den Bauch. Amira sah wirklich mitgenommen aus. Augenringe zierten ihr hübsches Gesicht. Im nächsten Moment fielen ihr auch schon die Augenlieder zu und sie war neben ihnen eingeschlafen.
Alan sagte nichts und so versuchte der Blonde noch einmal sein Glück, schob seinen Kopf an Alans Arm vorbei und begann ebenfalls über die Zeilen zufliegen. Sanft legte sich eine schwere Hand auf seinen Kopf, bevor ihm ein Kuss auf die Schnauze gedrückt wurde.
„Das ist die Lösung. Ich gebe es nur ungerne zu, aber dafür brauche ich deinen Bruder.“ Da war der Alpha auch schon aufgesprungen, hatte sich eine Hose übergestreiften und den Raum verlassen. Anscheint war es also nicht dramatisch gewesen, dass Amira nicht zu Ende erzählt hatte. Das würden sie wohl zu einem späteren Zeitpunkt klären. Wichtiger war es doch jetzt das Ritual vorzubereiten. Was hatte da nun gestanden? So schnell wie Alan aus dem Raum gewesen war hatte er die Blätter nicht zu Ende lesen können.
Sie hatten nun eine Lösung, aber was mussten sie nun tun? Einen letzten Blick auf Amira werfen sprintete er seinem Gefährten hinterher und musste sich dabei auf seine Nase verlassen, weil dieser so schnell unterwegs war. Dank, der Hilfe des Wolfes war dies gar nicht mal so schwer. Anscheint konnte er kaum abwartend ihn zurück zu verwandeln. Dabei gewöhnte er sich langsam an seinen Wolf und dessen Gedanken.
Auf den ersten Blick schienen sie so ungewohnt und fremd zu sein, aber wenn er sie länger betrachtete wurde ihm bewusst, dass sie eigentlich ganz ähnlich dachten. So als würden sie sich in vielen Dingen einig sein. Etwas, was er sich all die Jahre vorgestellt hatte wenn sein Wolf doch noch erwachen sollte. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, wie er am Anfang gedacht hatte.
Es war halt alles neu, aber auf eine gewisse Art und Weise doch irgendwie vertraut. Etwas das bereits seit Jahren in ihm geschlummert und darauf gewartet hatte endlich frei zu sein. Ein Teil von ich sein zu dürfen.
Bei Crispins ´Gefängnis´ angekommen bekam er gerade noch mit, wie sich sein großer Bruder darüber beschwerte geweckt zu werden. Selbstsicher trat er hinter Alan ein und sprang neben Cris aufs Bett, um sich ebenfalls anzuhören, was sein Liebster zu sagen hatte. Schließlich ging es hier um ihn. Also war es auch sein gutes Recht zu erfahren, was Alan nun gedenkt zu tun.
„Ich hab dich nicht ohne Grund geweckt. Amira hat die Lösung gefunden…zumindest erzählen diese Notizen von einem sehr alten Ritual, dass wohl schon zur Rückverwandlung bei Mischlingen geführt hat wenn sie es nicht auf normale Art geschafft haben.“ Es passte Alan überhaupt nicht diesem Vollidioten um Hilfe zu bitten, aber anders würde es nicht gehen. Er brauchte Crispin, daher blieb ihm nichts anderes übrig. Das tat er alles nur Fynn zu liebe!
„Und was hab ich damit zu tun?“ Oh Crispin war bissig, aber kein Wunder wenn er eingesperrt wurde. Doch das war nicht sein Problem. Alan musste nur die Zähne zusammen beißen, um ihm nicht an die Gurgel zu springen. Der verlangte doch tatsächlich von ihm, dass er ihm eine genauere Erklärung abgab? Wenn es nicht um seinen Gefährten gehen würde könnte der Andere noch lange darauf waren.
Stattdessen zuckte nur genervt seine Augenbraue, während er sich Worte zu Recht legte die nicht ganz so feindselig und provozierend klangen. Sein Blick huschte kurz zu dem weißen Wolf auf dem Bett, dann begann er zu sprechen.
„Ich brauche dafür deine Hilfe…. Once in a blue moon, lautet das Stichwort. Der blaue Mond bezeichnet einen zweiten Vollmond innerhalb eines Monats und damit den vierten Mond in dieser Jahreszeit. Dieser Mond wird uns helfen Fynn die Verwandlung zu erleichtern, da von ihm wohl eine besondere Kraft ausgeht.
Das Problem ist, dass dieser Mond bereits schon in zwei Tagen ist und wir müssen noch einiges dafür vorbereiten. Außerdem steht in den Notizen, dass die Anwesenheit eines Blutsverwandten von Vorteil ist. “ Man musste ja nicht unbedingt erwähnen auf welche Art und Weise. Das würde Crispin noch früh genug heraus finden.
Als dieser die Hand ausstreckte, um die Notizen ebenfalls in Augenschein nehmen zu können rollte Alan sie einfach zusammen und verstaute sie in seiner Hosentasche. Dass er ihn um Hilfe bat war noch lange kein Grund ihm Vertrauen zu schenken. Was ein leises Knurren von seitens Crispin zufolge hatte. Sollte der doch genervt sein, aber er war immer noch Alpha dieser Insel und hatte damit die größere Macht.
„Ich mag dich vielleicht um deine Hilfe bitten, aber vertrauen tu ich dir noch lange nicht.“ Vielleicht soweit wie er ihn werfen konnte. Okay, das wäre schon zu weit. Soweit einfach, wie er seinem schlimmsten Feind vertrauen würde. Also gar nicht.
Auch wenn dieses Anhängsel nun einmal Fynns Halbbruder war und er ihn leider nicht so einfach los werden durfte, so würde er sich wohl nie mit ihm anfreunden können. Dafür war in der Vergangenheit zu viel zwischen ihnen geschehen. Tolerieren, vielleicht. Aber erst wenn er von seinem Grund und Boden verschwunden war. Was der nächste Punkt auf seiner Tagesordnung war, sobald sie es geschafft hatten Fynns Wolf davon zu überzeugen das er nicht mehr gehen musste. Sondern weiterhin ein Teil davon sein durfte.
Auf einmal sprang der andere Alpha auf und Alan was sofort alarmiert. Sein Körper handelte instinktiv und begab sich in eine Kampfposition. Bevor sie weiter gehen konnten hatte sich Fynn auch schon zwischen sie geschoben und knurrte beide mahnend an. Statt noch einen Schritt auf ihn zuzumachen funkelte ihn der Blondschopf nur wütend an. „Verdammt…“, fluchte dieser ungehalten und hätte Alan wohl gerade am liebsten eine Abreibung für seine Unverschämtheit verpasst.
„Es geht um meinen kleinen Bruder. Da hab ich wohl jedes Recht zu erfahren was du vor hast.“ Alan rümpfte nur missbilligt die Nase. Das er Crispin brauchte war eben Pech, doch deswegen würde er Fynn nicht für immer in Wolfgestalt festsitzen lassen. Er saß hier immer noch am längeren Hebel und würde sich ganz sicher nicht in die Karten schauen lassen. Wenn Cris an seiner Stelle säße, würde er das genauso wenig. Also gab es keinen Grund für Alan darauf einzugehen.
(to be continued)
The Legend exestiert bereits seid: 29.12.2012 Die Geschichte ist noch nicht Abgeschlossen!
Letztes Update: 05.12.2014 (Nächste Aktualisierung bis: 01.01.14 oder evtl. am 29.12 :D)
Zum Buchtrailer:https://www.youtube.com/watch?v=D5XTYnAjRTE
Texte: Alle Rechte Vorbehalten!
Lektorat: Fortuna
Tag der Veröffentlichung: 25.05.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle Werwolffans auf dieser Welt und auch ein
Großes Dank an Ultranumb für das tolle Cover ;)