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Keks


,,Big City Life,
Here my heart have no base,
And right now Babylon de pon me case. „
-Mattafix ,,Big City Life“-

Ich schaute aus dem Fenster. Unter mir befand sich gerade ein hell erleuchtetes Viertel der Stadt. Die Bahn hielt an der Haltestelle nicht an, hier durften nur Personen aussteigen, die die Berechtigung hatten und die fuhren nicht Bahn. Natürlich gab es immer geheime Wege heraus aus der Bahn, doch meine Reise sollte mich heute nicht in die reichen Viertel führen. Um so weiter die Bahn aus der Stadt hinaus fuhr, desto dunkler wurde die Stadt. Von mir aus zum anderen Ende der Stadt dauerte um die 2 Stunden. An der Endhaltestelle stieg ich aus und schaute mich um. Der Bahnsteig war dreckig und die Steinplatten, mit denen der Boden belegt war, waren zerschlagen oder dienten als Versteck für Drogen. Ich schluckte noch einmal kurz, bevor ich mit hochgezogenem Kragen und angehaltenem Atem die Treppen in den Bahnhof hinunter stieg. Der Geruch von Kotze und Pisse empfing mich unten. Bis auf ein paar Drogendealer und Stricher war der Bahnhof verlassen. Auf dem Weg raus aus dem Bahnhof kam ich an ein paar verlassenen Läden des Bahnhofs vorbei. Die Fenster waren eingeschlagen oder die Rollläden voller Graffiti und Urin. Ich rümpfte meine Nase. Die einzigen Läden die es hier am Bahnhof gab, waren ein Bordell und eine dreckige Bar, welche sich am Südausgang des Bahnhofes befanden. Der Südausgang führte in den noch relativ sauberen Bereich des Stadtviertel, doch ich musste zum Nordausgang, welcher in den asozialeren Teil führte. Ein lautes elektrisches Zischen erklang über meinem Kopf und auf einmal war alles dunkel um mich herum. Ich blickte hinauf, über mir war eine Lampe ausgefallen. Zum Glück befand ich mich zu dieser Zeit schon in der Nähe des Ausgangs und konnte die Türen schon sehen. Mit meinem Fuß trat ich die Tür auf und sprang mit einem Satz nach draußen, nur um bloß die dreckige und angepisst Tür nicht berühren zu müssen. ,,Ekelhaft.“, murmelte ich angewidert und setzte meinen Weg fort. Die Nacht war kalt und windig. Ich schlang meine Arme um meinen Körper, obwohl ich wusste, dass das nichts bringen würde. Aus meiner Tasche wühlte ich einen langen, schwarzen Schal und wickelte ihn mir um den Hals. Mein Atem war in der kühlen Luft nichts als eine Wolke von Dunst. Auf meinem Rücken bahnte sich ein unangenehmes Gefühl an. Ich wurde beobachtet. Hinter mir erklangen schnelle Schritte. Bevor ich mich umdrehte, umschloss ich mit meiner Hand meinen Dolch. Misstrauisch beäugt ich das Wesen, welches nur noch ca. 10 Meter von mir entfernt stand. Was auch immer es war, es war groß, hatte einen langen, braunen Ledermantel an und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Kurz bevor ich meinen Dolch auf den Riesen schleuderte, begann er mit tiefer, rauer Stimme zu sprechen: ,,Juno Kali?“ Ich nickte. Das Wesen begann unheimlich zu lächeln, wobei die spitzen Eckzähne aufblitzten. ,,Vampir.“, schnaubte ich. ,,Oder Dämon.“, korrigierte mich das Wesen. ,,Ich brauche keinen Lehrer.“ Leicht angenervt verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Der Vampir schien sich herrlich zu amüsieren. ,,Mein Meister erwartet sie bereits. Kommen sie.“, sagte der Vampir mit leicht befehlendem Unterton und gab mir ein Handzeichen ihm zu folgen. Ich tat wie geheißen, aber hielt dennoch einen gewissen Sicherheitsabstand und meinen Dolch fest zwischen den Fingern.


In der Wohnung roch es nach einer Mischung zwischen ätherischen Ölen und ekelhaftem Zigarettenrauch. Ich hustete. ,,Du solltest dich schon dran gewöhnt haben.", sagte Yova und stellte die Tasse mit Tee vor mir ab. Der Dämon ließ sich nach hinten auf seine rote Ledercouch fallen und seufzte. Er trug eine dunkle Jeans, ein offenes schwarzes Hemd und um seinen Hals baumelte eine Kette mit Kruzifix. ,,Ich bin immerwieder erstaunt.", murmelte ich, während ich wie so oft auf das Kruzifix starrte. ,,Kann man sich davon was kaufen?" Yova lehnte sich nach vorne, stützte sich mit den Ellbogen auf seinen Oberschenkeln ab und schaute mich ernst an. ,,Ist es wieder so schlimm?", fragte ich. Er nickte nachdenklich. ,,Die Zeiten sind hart, der Krieg ist nicht lange her und droht wiederzukommen. Auch wenn man es mir nicht ansieht, ich habe viel Angst davor." Ich schmunzelte und stand auf. Die Wohnung war schön geräumig, allerdings standen wenige Möbel darin. Die Luft war erfüllt vom Rauch der unzähligen Räucherstäbchen, selbst auf dem Klo entkam man diesem Gestank nicht. Ich kniff meine Augen zu, welche kurz davor waren zu tränen. ,,Kannst du nicht mal lüften?", hustete ich. Yova schaute vom Boden auf und grinste. ,,Niemals, Süße. Aber", er stand auf, ,,wir müssen jetzt eh los." Ich zog die Augenbrauen hoch und wunderte mich. War es wirklich schon so spät? Ich entschied mich einfach, dem Dämon zu folgen und verließ hinter ihm die Wohnung.

Yovas Haut war fast so dunkel wie die Nacht und ich hielt mich an seinem Mantel fest, um ihn nicht zu verlieren. Im Kern des Ortes herrschte wildes Treiben. Heute waren wieder die jährlichen Vampirkämpfe. Um ein Rednerpult hatten sich viele Leute versammelt und horchten dem, was der Mann, welcher auf dem Podest stand, erzählte. Die meisten Personen hatten sich hinter den Tribünen versammelt und auf Vampire zu wetten und sich die Kämpfer zu beschauen. ,,Das wird ein Spektakel!", freute sich ein Mann, der auf dem Bordstein saß und nun auf uns zukam. Soweit ich wusste hieß er Curt und war ein Werwolf, welcher dazu neigte Prostituierte zu vergewaltigen. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper. Ekelhafter Kerl. Yova funkelte Curt böse an, welcher auch sofort stehen blieb. ,,Is' ja gut.", knurrte er und verschwand wieder. ,,Brrrr", äußerte ich mich und schüttelte meinen Kopf. ,,Ich geb dir ganz und gar Recht, meine Liebe.", meinte Yova und zog mich weiter.


Die Kämpfe hatten schon begonnen und alles lief in üblichen Abläufen. Erst viel später am Abend sollten die richtig spektakulären Kämpfe stattfinden, was nicht heißen soll, dass diese nicht auch gut waren. Die Stimmung spitzte sich zwischen den Vampiren immer weiter hoch und drohte immer wieder zu eskalieren. ,,Langweilig.", schnaubte ich und lehnte mich zurück. ,,Wird schon noch.", versuchte mich Daimon zu trösten, welcher zu uns gestoßen war. Daimon war ein großer, schlanker junger Mann mit schwarzen, mittellangen Haaren, welche blau schimmerten. An seinen Augen erkannte ich, dass er die Kämpfe im Moment noch genauso langweilig fand wie ich, da etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich zog. ,,Schau mal da.", sagte er und deutete auf eine Masse von Menschen, die sich um etwas gebildet hatte am anderen Ende der Tribüne. Ich beschaute mir das Geschehen misstrauisch und stand auf. ,,Lass mal hingehen.", meinte ich seltsam angespannt und bewegte mich in Richtung Menschenkreis. Daimon hinter mir schien schon ganz kribbelig darauf zu sein, zu erfahren, was da vor sich ging, währenddessen ich am liebsten umgedreht und gegangen wäre. Wir quetschten uns durch die Menschen hindurch, um ein Blick auf das Geschehen zu haben. Was mich erwartet lies mich schlucken. Ein Vampir schlug auf ein zusammengerolltes Etwas ein. Der Vampir hatte einen geistesgestörten Ausdruck im Gesicht und lachte so, dass sich mir schon wieder die Nackenhaare aufstellten. Das Häufchen Elend am Boden blutete wie verrückt und man hört zwischendurch die Knochen knacken. Wut stieg in mir hoch und meine Hand wühlte in meiner Jackentasche nach einer Waffe. Mit einem Dolch in der Hand ging ich auf den Vampir zu. ,,Ey, Arschloch!", machte ich auf mich aufmerksam. Der Vampir drehte sich um und hatte auch schon meine Faust im Gesicht. Ich stellte mich über das Monstrum und rammte ihm den Dolch durchs Herz. Dann schaute ich mich um. Dort, wo gerade noch der Vampir auf das Häufchen eingedrescht hatte, stand jetzt Daimon und half dem Etwas auf die Beine.

Das Etwas hatte sich als ein junger Mann mit rot gefärbten Haaren entpuppt. Nachdem Daimon, Yova und ich den Schwerverletzten in Yovas Wohnung geschafft hatten, hat der Dämon einen Hexenmeister kommen lassen, der den rothaarigen verarztet und geheilt hatte. Daimon hatte ein paar Anziehsachen für den Jungen aus seiner Wohnung geholt, damit er nicht mit blutverschmierten Sachen auf die Straße gehen musste. Nun saß der Rothaarige im Schneidersitz auf Yovas heißgeliebter roter Couch und trank einen Früchtetee. Yova hockte vor ihm auf dem Boden und musterte den Unbekannten. Die Augen des Fremdlings leuchteten, wie die eines kleinen Kindes zu Weihnachten und er sah so aus, als wüsste er gar nicht mehr, was gerade eben passiert war. ,,Warum hat der Vampir dich angegriffen?", fragte Yova. Der Rothaarige zuckte mit den Schultern. ,,Weiß nicht.", meinte er und lächelte freudig. Der Dämon vor ihm schien gerade an dem Jungen zu verzweifeln. ,,Juno, es ist spät, du solltest nach hause fahren.", bemerkte er, als ich den Raum betrat. ,,Und wer kümmert sich jetzt um ihn?", fragte ich und zeigte mit dem Finger auf den Fremden auf der Couch. ,,Er ist dein Problem.", sagte Yova. ,,Warum?!" ,,Du musstest ihn ja retten."

Die Bahn fuhr wieder über den hell erleuchteten Stadtvierteln der Reichen. An keiner Station wurde angehalten. Der Fremde, der für mich eher die Form eines Eindringlings angenommen hatte, saß gegenüber von mir im Schneidersitz auf dem Platz und blickte mit leuchtenden Augen aus dem Fenster. Ich schnaubte, immer konnte ich die Drecksarbeit machen, dabei hatte Yova doch genug Platz in seiner Rauchbude. Aber nein, er war der Boss und was der Boss sagte, wurde gemacht. ,,Wie heißt du eigentlich?", fragte ich den Rothaarigen wenig freundlich und beäugte ihn misstrauisch. Der junge Mann schaute mich an lächelnd an. ,,Weiß ich nicht." Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe geschlagen, doch das hätte niemandem etwas gebracht. Ich verzweifelte noch an dem! ,,Dann heißt du ab heute Keks." ,,Warum Keks?" ,,Weil ich Kekse mag, darum." ,,Magst du mich denn?", fragte er und freute sich schon. ,,Nein."

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.10.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich Saskia, meiner besten Freundin. Einfach nur, weil man mit ihr lachen kann über ,,Benchensteller" und über die Mehrzahlen von Wörtern... :DD

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