Nur heisse Luft?
Hitze, Schweiss und eiskalte Dusche regen die Durchblutung an, härten ab und entschlacken. Nach den Ergebnissen unzähliger Studien soll Saunabaden neben einer entspannenden und erholenden Wirkung auch bei bestimmten Krankheiten den Heilungsprozess fördern. Enthusiasten glauben sogar durch regelmässiges Saunieren den Alterungsprozess der Haut aufhalten zu können. Ärzte raten aber nach wie vor in bestimmten Fällen strikt vor den extremen Kälte- und Hitzereizen ab. Millionen Deutscher besuchen jährlich eine Sauna. Doch wenige wissen, wie man aus welchen Gründen einen Saunabesuch optimal erleben kann.
Plus 100 Grad Celsius
Bei dieser Temperatur kocht Wasser, aber nicht die Menschen in der Sauna. Warum? Sobald man den auf etwa 100 Grad erhitzten dampfigen Raum betritt, melden die Wärmerezeptoren der Haut dem Zentralnervensystem Alarmstufe Rot. Die Blutgefässe unter der Haut werden daraufhin erweitert und die Herztätigkeit verstärkt, um die Wärme effektiv abzuleiten, was unter diesen hohen Temperaturen jedoch bewusst erschwert wird, um den ganzen Organismus aufzuwärmen und in Schwung zu bringen. Die Hauttemperatur erhöht sich nach 10 Minuten von 30 bis 32 auf 42 Grad. Auch im Körperinneren steigt die Temperatur von 37 auf 38 Grad. Nicht zu verwechseln mit Fieber!
Schwitzen und Schweiss sind weitere Massnahmen unseres Körpers gegen die extreme Hitze. Der kühlende Effekt des Schweisses kommt jedoch erst durch seine Verdunstung zustande. Da der Verdunstungsprozess sehr viel Energie verbraucht, kühlt sich die Hautoberfläche wieder auf ein erträgliches Mass ab, wodurch die Schmerzgrenze von 46 Grad Hauttemperatur nicht erreicht wird. Damit die Schweissdrüsen gleich zu Beginn Schweiss produzieren können, sollte man den Saunaraum trocken betreten. Schweiss entsteht schon gleich beim Betreten des Saunaraumes, perlt sich aber auf der Haut erst später, da er wegen der hohen Temperaturen zu Beginn sofort verdunstet. Nach regelmässigen Saunabesuchen erhöht unser Körper die Schweissproduktion, womit er sich wirkungsvoller an hohe Temperaturen gewöhnt. Diese Anpassung erleichtern Reisen in tropische Länder oder machen heisse europäische Sonnentage erträglicher.
Minus 10 Grad Celsius
In der Abkühlphase wird die Temperatur von Schleimhäuten der Atemwege und der Haut zunächst im Freien, später unter der kalten Dusche und/oder im eiskalten Tauchbecken sowie einem abschliessenden warmen Fussbad wieder normalisiert (Reihenfolge beachten!). Da sich heisse Luft ausdehnt und somit der Saunaraum weniger Sauerstoff pro Kubikmeter Luft enthält, sollte man gleich nach dem Saunagang erstmal wieder frische und sauerstoffreichere Luft im Freien schnappen.
Unter dem Kälteschock verengen sich die Blutgefässe und werden so gewissermassen trainiert. Warmes Wasser sollte hierbei vermieden werden, da dieser Effekt sonst verlorenginge. Tauchbecken und kalte Dusche sind deshalb so wichtig, weil die Haut ihre Wärme im Wasser etwa 200 mal besser abgibt als in der Luft. Im anschliessenden warmen Fussbad (etwa 40 Grad) erweitern sich die Gefässe wieder reflexartig im ganzen Körper und das wohlige Wärmegefühl kommt noch schneller.
Entschlackung des Körpers
Schon relativ geringe Schwankungen im Wasserhaushalt können im allgemeinen schwerwiegende Folgen haben. In der Sauna verliert ein Besucher beim Schwitzen während drei Saunagängen etwa 1 bis 1,5 Liter Wasser über den Schweiss. Kalorien verbraucht der Körper übrigens währenddessen nicht! Das Wasser holen sich die Schweissdrüsen aus dem Blut. Die Folge: Das Blut wird vorübergehend dicker. Um es wieder zu verdünnen, dringt Wasser aus dem Gewebe in die Blutbahn. Diese Gewebsflüssigkeit enthält aber nicht nur Wasser sondern auch für den Körper unangenehme Abbauprodukte des Stoffwechsels wie beispielsweise Milchsäure (Muskelkater!). Dieser Transport vom Gewebe in die Blutbahn nennt man auch volkstümlich "Entschlackung". Die "Schlacke" geht demnach hauptsächlich ihren Weg nicht über den Schweiss sondern über das Blut, Niere und Harn. Um die Entschlackung nicht aufzuhalten, sollten Sie zwischen den Saunagängen möglichst nichts trinken. Das Blut ist nach einem Getränk dann nicht mehr auf die Gewebsflüssigkeit angewiesen und der Abtransport von Abbauprodukten in die Blutbahn wird unterbrochen.
Japanische Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass im Schweiss auch Schwermetalle wie Kupfer, Kadmium, Zink und Blei enthalten sind. Schwitzbäder seien deshalb besonders bei Schwermetallvergiftungen empfehlenswert.
Auch wenn im Schweiss nur ein Prozent an gelösten Stoffen enthalten ist, könnte diese Entschlackung beim Saunabaden gerade im Hinblick zunehmender Umweltverschmutzung eine gesundheitsfördernde und vorbeugende Rolle spielen. Der Verlust an wertvollen Mineralstoffen wie Kalzium, Kalium, Magnesium und anderen ist allerdings so gering, dass nur körperlich schwer arbeitende Menschen oder Sportler nach intensivem Training auf Fruchtsäfte oder Mineralgetränke nach einem Saunabesuch besonders durstig sind. Ausserdem enthält der Schweiss im Angesicht einer körperlichen Arbeit mehr Mineralien als der in der Sauna.
Schweissdrüsen geben auch Harnstoff ab. Wissenschaftler aus USA und Schottland sehen deshalb unter anderem im Saunabaden unter ärztlicher Betreuung eine wirkungsvolle therapeutische Massnahme für Dialyse- Patienten, deren Nieren giftigen Harnstoff nicht mehr ausscheiden können. Hinzu kommt, dass der Schweiss dieser Patienten zehnmal mehr Harnstoff enthält als der gesunder Menschen.
Hautpflege
Als erste Reaktion der Haut auf die Hitzewelle, erhöht sie ihre Durchblutung und folglich ihren Stoffwechsel. Im Laufe des Saunabadens werden verhornte Hautzellen, anhaftende Bakterien, Staubpartikel und durch die Wärme verflüssigten Talg (vor allem Fett) mit dem Schweiss weggespült. Im Gegensatz zu den Schweissdrüsen erhöhen die Talgdrüsen unter Hitze ihre Produktion nicht. Damit vor allem eine trockene Haut nicht noch mehr austrocknet, empfehlen Hautärzte, den Körper sofort nach der Sauna mit einer Fettcreme einzureiben. Menschen mit Akne, deren Drüsen zu viel Talg produzieren und mit Hornzellen verstopft sind, profitieren von dem Abfliessen des Talgs unter erhöhter Temperatur.
Durch den erhöhten Stoffwechsel der Haut in der Sauna wird dieses Organ auch besser mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Wassereinlagerungen straffen die Haut. Alterungsprozesse scheinen deshalb bei regelmässigem Saunieren langsamer abzulaufen.
Da sich bei hohen Temperaturen nur die Arterien erweitern, steht einem Saunabesuch von Venen-Patienten, die nicht an einer akuten Thrombose oder Venenentzündung leiden, nichts im Wege.
Um unangenehme Nebenwirkungen zu vermeiden und die ersehnte Erholung und Entspannung geniessen zu können, sollten Sie sich in Ihrer Sauna an die ausgeschriebenen Baderegeln halten. In Krankheitsfällen fragen Sie auf alle Fälle Ihren Arzt, ob Ihre Erkrankung einen Saunabesuch zulässt.
S a t e l l i t
Verbot
In folgenden Fällen untersagen Ärzte auf alle Fälle das Saunabaden:
- fiebrige Erkrankungen
- Entzündungen jeglicher Art
- bestimmte Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs
- Epilepsie
- Krebserkrankungen
- schwerwiegende Leber- und Nierenschäden
- Durchblutungsstörungen im Gehirn
- schwerwiegende Regulationsstörungen des Nervensystems
Kein Risiko
In folgenden Fällen können Patienten weder mit einer Verbesserung noch mit einer Verschlechterung ihrer Leiden rechnen:
- nicht akut entzündete Venenleiden
- Krampfadern in den Beinen
- grüner Star
- chronische Leberentzündung
- Nierensteine
- Depressionen
- Gicht
Empfohlen
In folgenden Fällen kann das Saunabaden die Therapie unterstützen:
- Bluthochdruck, zu niedriger Blutdruck, Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefässe
- chronische Bronchitis, Asthma bronchiale
- chronischer Rheumatismus ohne akuten Entzündungsschub, Bandscheibenschäden
- Diabetes, Ödeme
- Neurodermitis, endogenes Ekzem, Schuppenflechte, Akne vulgaris
Professor Dr. Dr. Dipl.-Phys. Jürgen Kleinschmidt
Institut für Med. Balneologie und Klimatologie der Ludwig-Maximilian-Universität München
Die Sauna ist eine der Überwärmungsformen, bei der - anders als etwa bei lokalen Fangopackungen - der ganze Körper erwärmt wird. Der Organismus ist bestrebt, dieser Übererwärmung entgegen zu wirken und stimuliert dabei eine Reihe von Regelsystemen, die dabei quasi nebenbei auch noch Stoffwechselschlacken beschleunigt beseitigen oder zelluläre Prozesse (Immunsystem) in Gang setzen. Im Prinzip kann eine solche Übererwärmung auch mit anderen Anwendungsformen, etwa mit einem Moorvollbad, einem Thermalbad, einem Dampfbad oder einem Rasul-Bad erreicht werden. Die Unterschiede sind erst auf den zweiten Blick erkennbar. Beispielsweise unterscheidet sich der Druck des Wassers auf den Körper in Wasserbädern von dem bei der Übererwärmung in "Luftbädern". Hinzu kommt eine Unterscheidung der "Luftbäder" hinsichtlich der Möglichkeit, Schweiss als Wärmeregulator einzusetzen, was zumindest in der Anfangsphase für die Sauna zutrifft. Im 45 minütigen Rasul-Bad erfolgt der Temperaturanstieg im Vergleich zur Sauna relativ langsam und so weiter.
Ein sehr wichtiger Punkt ist bei allen Überwärmungsformen die anschliessende kurze Abkühlung, etwa im Nachreinigungsbad, durch Kneipp-Güsse oder im Tauchbad der Sauna sowie eine hinreichende Nachruhe von 30 Minuten und mehr.
Frau Professor Dr. med. Waltraut Kruse,
Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin
Rheinisch Westfälische Technische Hochschule Aachen - Medizinische Fakultät
Die Sauna dient vordergründig zur Entspannung, vor allem wegen der erholungsfördernden Wirkung. Ebenso spielen aber auch Abhärtung und Leistungssteigerung (verbunden mit Hautpflege und intensiver Reinigung) eine Rolle. In Deutschland ist die Sauna eigentlich erst seit dem Zweiten Weltkrieg bekannt, als viele deutsche Soldaten während Krieges mit dem Saunabaden in Finnland in Kontakt kamen.
Bei den Sauna-Gängen ist heute von Bedeutung, was vielen gar nicht so klar ist, dass zum Beispiel unbedingt zu Beginn des Sauna-Ganges das WC aufgesucht werden sollte, da Darm und Blase entleert sein müssen. Auch die Reinigungsdusche davor ist wichtig. Anschliessend sollte die Haut gründlich getrocknet werden, da dadurch die Schweissbildung rascher einsetzt. Die Füsse müssen unbedingt warm sein.
Sobald das Gefühl der Abkühlung eintritt, sollte man zunächst eine kurze Zeit aufrecht sitzen bis die Regulationsmechanismen des Kreislaufs wieder für konstante Verhältnisse gesorgt haben. Denn infolge der Übererwärmung werden die Blutgefässe erweitert und das Blut versackt in den Armen und Beinen, wodurch unter Umständen ein Blutmangel im Kopf und eine Mehrbelastung des Herzens auftreten kann. Niemals sollte man aber die Sauna ohne anschliessende Abkühlung verlassen, da eine Erkältungsgefahr durch Nachschwitzen besteht und vermehrt Wärme durch die erweiterten Blutgefässe abgegeben wird.
In das kalte Tauchbecken sollte nur derjenige steigen, der eine gewisse Sauna-Erfahrung hat und nicht unter einer koronaren Herzkrankheit, Herzinfarkt und anderem leidet.
Sportler und Sauna-Geübte können ohne weiteres zweimal pro Woche saunabaden. Am besten spürt man selbst, was einem gut tut. Wenn sich statt Erfrischung und Wohlbefinden eine rasche Ermüdbarkeit einstellt oder sogar nervöse Reizbarkeit mit Schlafstörungen, dann war es wohl offensichtlich zuviel!
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Bei bestimmten Erkrankungen sollte man diese Form der Übererwärmung unterlassen: alle frischen Infekte, alle entzündlichen Erkrankungen innerer Organe, entzündliche Erkrankungen der Blutgefässe, Tuberkulose, Epilepsie, Krebserkrankungen und andere.
Inwieweit das Herz der Saunabelastung gewachsen ist, ist individuell zu entscheiden. Allgemein kann man sagen, dass Trainingsbelastung das Herz ökonomischer arbeiten lässt. Im Verlauf des Saunabades kommt es zu einem Konzentrationsanstieg des Urins, was unter Umständen bei Nierensteinleidenden zu einer verstärkten Anlagerung von Salzen führen kann. Generell kann man Nierensteinleidenden aber den Saunabesuch erlauben.
Empfehlenswert ist dabei, wenn sie vor der Sauna etwa 0,2 Liter trinken und nach dem Saunabesuch grössere Mengen an Flüssigkeit zu sich nehmen, um die Nieren zu spülen. Nierenversagen führt in aller Regel zu einem Saunaverbot. Doch gibt es aber immerhin Kliniken, die neben der Dialysebehandlung den Saunagang empfehlen.
Während des Badens soll auch der Nierengesunde nichts trinken, da ansonsten die angestrebte Ausschwemmung harnpflichtiger Stoffe (Entschlackung) gemindert wird. Wichtig zu wissen ist, dass es beim Saunabaden zu einer Sauerstoffverarmung des Organismus kommt. Darum sollte auf jede körperliche Anstrengung während und nach einem Saunabesuch verzichtet werden. Menschen mit Durchblutungsstörungen - ob peripher (Beine, Arme) oder Herzkranzgefässe - sind für die Sauna ungeeignet. Ebenso entzündliche und degenerative Herzerkrankungen sowie ein Blutdruck, der von einer Arbeitsinsuffizienz (-schwäche) begleitet wird. Als Grenzwert sollte man den systolischen (oberen) Wert bei 180 und den diastolischen (unteren) bei 110 bis 120 nehmen. Doch Vorsicht! Ein Hochdruckkranker sollte nicht in das Tauchbecken steigen. Der Blutdruck könnte durch den Kälteschock gefährlich in die Höhe schnellen. Infarktgefährdete müssen darauf achten, dass sie nach dem Schwitzen genügend Zeit verstreichen lassen, um wieder aufzustehen.
Wenn man sich an alle diese Regeln hält, dürfte das Saunabaden nicht schaden. Jedenfalls konnte man keine negativen Änderungen im EKG feststellen.
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Das Lebensalter spielt im Zusammenhang mit dem Saunabaden keine Rolle. Es gibt junge Alte und alte Junge. Bei manchen Menschen bleiben die Gefässe trotz der Jahre elastischer als bei anderen. Hinzu kommt die Situation der Gewöhnung. Wer seinen Körper fit hält, kann ihn auch mehr belasten.
Tag der Veröffentlichung: 06.10.2015
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