Cover

Vorwort

Kalter Wind pfeift durch die Straßen und Gassen die dunkel und verlassen da liegen.

Der Wind heult auf und fegt über die verlassen wirkende Stadt hinweg.

Nur vereinzelter Müll wird durch die Luft gewirbelt und hier und da sieht man einen Waschbären oder eine

Katze, ab und an sogar einmal einen Hund. Doch abgesehen von den Tieren ist alles seelenverlassen.

Die Straßenlaternen flackern ab und zu, doch sonst sind da keine Bewegung, kein Lärm, keine Autos, keine

Stimmen und keine Musik die aus irgendeinem Nachtclub dring.

Noch vor wenigen Stunden war alles belebt gewesen, Kinder die spielten, Jugendliche die sich nach oder

während der Schulzeit trafen um Unsinn zu machen und natürlich auch die Erwachsenen die geschäftig ihren

Dingen nachgingen.

Doch mit der Sonne die im Horizont verschwindet, verschwindet auch das Leben in der Stadt.

Alle ziehen sich in ihre Häuser zurück, flüchten regelrecht.

Sie wissen dass es gefährlich ist, wissen dass sie sich verstecken müssen wenn sie überleben wollen.

Die Nacht gehört nicht den Menschen und die Einwohner dieser Stadt wissen das.

Denn die wahren Bewohner dieser Stadt sind keinesfalls die Menschen, es sind wir.

Wir sind es, die über diese Stadt herrschen. Wir sind es, die die Menschen in Angst und Schrecken versetzen

und sie haben allen Grund dazu uns zu fürchten.

Ich wurde in dieser Stadt geboren, jedoch als Mensch.

Einst war ich der Sohn einer Mutter und der Bruder einer unschuldigen kleinen Schwester.

Ich war der Nachbarsjunge von nebenan der ab und zu oft zu laut und neben der Spur war, ich war der Junge

der in der Schule nicht akzeptiert wurde und von den anderen Schülern ausgegrenzt wurde.

Einst war ich der Junge, der diese Welt und ihre Regeln nicht verstand, derjenige der dachte dass er nichts zu

verlieren hätte.

Ich war derjenige der falsch lag mit dieser Meinung.

Ich war derjenige, der alles verlor.

Ich war derjenige, der Nachts nach draußen ging um zu wissen was dort Gefährliches lauerte.

Und ich war derjenige, der es herausfand und am eigenen Leib zu spüren bekam warum sich alle so fürchteten.

Nun bin ich nichtmehr der Junge von damals, bin kein Bruder mehr und kein Sohn.

Jetzt bin ich einer von ihnen.

Mein Name lautet Gabriel, meinen Nachnamen habe ich leider schon vergessen.

Ich will dir meine Geschichte erzählen, will sie aufschreiben bevor ich mich an nichts mehr erinnere.

Es geht schnell, zu vergessen ist so einfach und je länger ich nun schon einer von ihnen bin umso schneller

vergesse ich. Bald werde ich nichteimal noch meinen Namen wissen, ich muss mich also beeilen.

Bete dass ich alles aufschreiben kann bevor mir meine Vergangenheit aus den Händen gleitet.

Broken Heart

 

 

Die Nacht brach herein und ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.

Meine Mutter klopfte an meine Tür, wünschte mir eine gute Nacht und entfernte sich dann wieder.

Seit ungefähr 3 Wochen verlasse ich nun nicht mehr mein Zimmer, komme selbst auch nur zum Essen heraus

oder wenn ich unbedingt etwas holen musste.

Ich hatte mich zurückgezogen, ja.

Aber keine einzige Sekunde hatte ich geruht, keinen einzigen Augenblick hatte ich vergessen wer mir das

angetan hatte.

Mein Blick wanderte zu meinem Arm und ich strich über die Schnittwunden die darauf waren, spürte wie meine

innere Wut wieder anstieg. Mein Selbsthass regte sich wieder, flüsterte mir zu was für ein mieser Heuchler und

Schwächling ich doch war und wieder verspürte ich den Drang meine Hauf auf zu reißen.

Doch ich ließ es, hatte andere Pläne.

Die dritte Sirene erklang und ich sprang auf, schlich mich lautlos aus dem Zimmer und ging nach unten.

Dort zog ich mir eine Jacke und Schuhe an ehe ich nach draußen ging.

Kurz musste ich überlegen, doch dann fiel mir der Treffpunkt wieder ein, der mir genannt wurde.

Vor einer knappen Woche hatte ich herausgefunden dass es jemanden gab der mich mit Waffen versorgen

konnte, jemanden der mir genau das liefern konnte was ich brauchte.

Also hatte ich ihn verständigt, hatte ihm gesagt was ich brauchte und er hatte mir angeboten sich mit mir zu

treffen, doch verlangte er für die beiden Pistolen und das Springmesser insgesamt 400 Dollar.

Ich hatte das Geld nicht, denn meine Familie zu bestehlen brachte ich nicht über mich.

Abgesehen davon waren darin nur 200, das wäre zu wenig gewesen.

Mein Körper spannte sich an, ich musste einen anderen Weg finden um an die Waffen zu kommen und ich

würde mich am Ende noch mehr dafür hassen als eh schon.

Doch mir war es egal, mittlerweile war mir fast alles egal.

Dieser Bastard hatte mich gebrochen, mich zugrunde gerichtet und nun würde er den Preis dafür zahlen,

das war alles was für mich noch zählte.

Scheiß auf die Regeln. Scheiß auf die Gesellschaft. Und verdammt nochmal, scheiß auf diese Kreaturen.

Ich würde ihn finden, egal wie und egal wann aber sobald ich ihn gefunden hatte würde ich ihm den Gar

ausmachen.

Ich blieb vor der abgemachten Adresse stehen und sah mich um.

Links und rechts reihten sich alte modrige Gebäude und zwischen den Häusern sah ich den tot wirkenden Park

durchblitzen.

Die Häuser hatten keine Einfahrten, keinen Garten oder sonstiges.

Wenige Meter davor war die Straße, wer hier

ein Auto besaß musst es am Straßenrand abstellen.

Plötzlich hörte ich eine Autotür und sah die wenigen Wägen an, die am Straßenrand parkten.

Aus einem davon war jemand ausgestiegen und kam auf mich zu, ich sah sein Gesicht nicht.

Unweigerlich verkrampfte sich mein Körper und für einen Moment dachte ich dass er es wäre.

Doch es war lediglich mein Händler, was mir bewusst wurde als er unter den Schein der Straßenlaterne trat.

,,Weißt du eigentlich wie scheiße gefährlich das am Abend ist? Verdammt Man‘‘ murrte der Dealer und ich

nickte einfach, starrte ihn mit leeren Augen an.

,,Verstehe, redest also nicht viel verstehe. Hier sind die Waffen die du wolltest, Magazin hab ich auch aber

kostet extra‘‘ murmelte der Typ weiter vor sich hin und zog die Waffen aus seiner Jackentasche und übergab

sie an mich.

Ich sah sie an, drehte sie in meinen Händen und schloss die Augen.

Ich konnte das nicht, so jemand war ich nicht.

Doch dann tauchte plötzlich sein Gesicht vor meinem inneren Auge auf, sein Grinsen und der Ausdruck in

seinem Blick sprachen Bänder und erinnerten mich wieder an den Grund.

Dein einzigen Grund warum ich überhaupt noch hier war, denn mein Verlangen aus dieser Stadt zu

verschwinden hatte sich in den letzten 3 Wochen sehr stark ausgeprägt.

Und das würde ich auch machen, ich würde hier verschwinden denn meine Mutter kam auch alleine klar, wenn

nicht musste sie eben mitkommen.

Ich hatte mich an jenem Nachmittag vor drei Wochen verändert, so stark das meine kompletten Ansichten

verändert waren.

So stark das meine kleine Schwester mich schon gefragt hatte wo ihr Bruder abgeblieben ist.

Diese Frage aus ihrem Mund brachte mich um, zeigte mir dass ich das hier endlich beenden musste um wieder

meine Ruhe zu haben.

Vielleicht würde mich sein Tod ja wieder heilen.

Ich sah den Typen vor mir an, er war vielleicht zwei Jahre älter als ich und wirkte ungepflegt.

Auch seine Kleidung zeigte das er nicht viel von seinem Äußeren hielt- ob er Familie hatte oder Freunde?

Nein, so durfte ich nicht denken ermahnte ich mich selbst.

Ich öffnete die Augen und sah ihn, atmete tief ein und aus und zählte die Sekunden.

Gleich würde die Sirene zum 4ten Mal ertönen, er würde unruhig werden und würde abgelenkt sein.

Das würde dann mein Stichwort sein, meine Gelegenheit um…

Nein, ich konnte ihn nicht umbringen denn damit wäre ich nicht besser als diese Kreaturen.

Die Sirene heulte auf und er hob den Blick, ließ sich davon für einen Bruchteil ablenken.

Ich hoffte dass ich genug Kraft aufbringen konnte und drehte die Pistole so dass der Lauf auf mich zeigte und

holte aus, zog ihm den Knauf der Pistole über den Kopf.

Er taumelte rückwärts, war aber noch bei Bewusstsein und sah mich erschrocken an.

Fluchend schlug ich erneut zu und er sackte zusammen und blieb regungslos liegen.

Um sicher zu gehen dass er noch lebte, fühlte ich den Puls an seinem Hals und war erleichtert als er noch zu

spüren war.

Er würde es überleben, hoffte ich zumindest. Schnell griff ich in seine Jackentaschen und durchwühlte sie.

Ich fand Munition für die Pistolen und schob sie in meine Jackentaschen.

Danach ging ich zu dem Auto aus dem er vorhin gekommen war und öffnete die hintere Wagentür, danach ging

ich wieder zu ihm und schleifte ihn in das Innere des Wagen, danach drückte ich den Knopf damit sich die

Türen verriegelten und machte die Tür wieder zu.

So hatte er eine Überlebenschance wenn er sich ruhig verhielt oder gleich erst morgen früh wach wurde.

Die fünfte Sirene ertönte genau in dem Moment als ich mich von dem Wagen entfernte.

Verdammt, ich musste noch nachhause um mich mit mehr als nur einer Hose und einer Jacke zu kleiden, ich

brauchte etwas das zwischen meiner Haut und den Kreaturen war.

Eine Rüstung oder so etwas wäre natürlich optimal dafür aber so etwas besaß ich leider nicht.

Ich fing an zu rennen, hielt mich im Schatten auf so gut es ging.

Zweimal hörte ich Knurren und Fauchen, doch es war mehrere Meter von mir entfernt und sogar ein

Menschlicher Schrei durchschnitt die Stille der Nacht.

Ich zuckte zusammen, lief jedoch weiter.

Menschen die Schrien waren normalerweise Menschen denen man nichtmehr helfen konnte, so lautete die

Devise der Leute hier und ich würde mich daran halten.

Wer auch immer das war, er wäre sicherlich auch nicht gekommen als mein Vater geschrien hat oder hätte

mich gerettet wenn ich hätte schreien können.

Niemand war gekommen, niemand würde kommen.

Wie durch ein Wunder schaffte ich es sogar nachhause ohne aufgehalten zu werden.

Doch ich hielt mich dort nur so lange auf wie ich brauchte um mir warme Sachen an zu ziehen.

Ebenso wie eine Stoffjacke die ich unter meiner Lederjacke trug.

Dadurch dass meine Lederjacke innere Taschen hatte, konnte ich die Waffen darin gut verstauen.

Aber vorher sah ich sie mir nochmal genauer an, lud sie und zielte auf irgendwelche Objekte ohne zu schießen.

Früher hatte ich schon mal des Öfteren eine Waffe bei mir gehabt, mein Vater war ein begeistertes Mitglied

des örtlichen Schützenvereins und hat mich manchmal mitgenommen doch das war lange her.

Bald würde ich herausfinden wie gut ich damit umgehen konnte.

Ich verließ das Haus wieder und versicherte mich dass niemand so leicht hineinkommen würde.

Dann betrat ich die Straße und atmete einmal tief ein und aus.

Das letzte Mal als ich Nachts draußen war hatte mein Adrenalin dazu geführt das ich mich frei fühlte, doch nun

roch die Nacht nur noch nach Kälte und der Geruch des Todes hing schwer in der Luft.

Ich hielt mich im Schatten und machte mich auf zum Bürgerplatz, vielleicht würde er sich dort herumtreiben.

Jemand der dort in der Nähe wohnte, hatte gesagt dass sich dort sehr viele aufhalten würden.

Ich würde ungefähr eine halbe Stunde brauchen um dorthin zu kommen, zumindest wenn ich nicht gerade

Schritte gehört hätte die mich dazu veranlassten stehen zu bleiben.

Ich sah mich um, duckte mich in den Schatten und beobachtete einfach.

Irgendwo hier war einer von denen, ich spürte die Anwesenheit und fühlte wie mir plötzlich kalt wurde.

Aus einer Seitengasse schritt eine dieser Kreaturen und diese sah nicht so aus wie er.

Dieses Ding war über zwei Meter groß, die Haut war schwarz wie die Nacht und das Gesicht erinnerte stark an

ein Insekt.

Die Wangenknochen waren eingefallen, die Augen wirkten viel zu groß in diesem schmalen Gesicht und das

Gebiss war ausgeprägter als der Rest.

Fast sah es aus wie eine Schnauze, eine Nase konnte ich überhaupt nicht erkennen.

Der Körper war dürr wie ein Ast aber dafür waren die Gliedmaßen verdammt lang.

Die Beine sahen aus wie die Hinterläufe einer Katze, seine Zehen sahen aus wie lange scharfe Krallen und

sahen damit genauso aus wie die Finger.

Die Arme waren ebenso dürr, aber sie reichten wie bei einem Menschen nur bis zur Hüfte, die Krallen dafür

reichten bis zu den Knien. Ich erschauderte und spürte wie sich meine Kehle zu schnürte.

So etwas hatte ich noch nie gesehen, hatte ich mir nicht einmal vorstellen können.

Das Bedürfnis wegzurennen überkam mich doch ich hielt es zurück, kauerte einfach weiter in meinem Versteck

aber hielt mir den Mund zu um keine lauten Geräusche von mir zu geben.

Die Kreatur hob den Kopf und schien in der Luft zu schnuppern, so als ob es etwas riechen würde.

Plötzlich ruckte sein Kopf genau in meine Richtung und ein tiefes langgezogenes Knurren drang aus der Brust

des Wesens.

Langsam kam es immer näher in meine Richtung und ich fühlte wie sich meine Brust verknotete.

Panisch sah ich mich um, überlegte was ich machen sollte. Kämpfen? Dann würden andere kommen, ich wollte

nicht sterben bevor ich ihn nicht ebenfalls tot sah.

Da entdeckte ich eine alte Dose die wenige Zentimeter vor mir lag und ergriff sie.

Ich hoffte einfach dass das gleiche was in Videospielen funktionierte, auch in der Realität funktionierte.

Mit aller Kraft warf ich die Dose in die nächstbeste Seitenstraße und hoffte dass es funktionieren würde.

Leider tat es das natürlich nicht, denn nun schien die Kreatur genau zu wissen wo ich war und stieß eine

komische verzerrte Art eines Schreies aus ehe es mit einem Satz direkt vor mich sprang.

Schnell versuchte ich zurück zu weichen und zog die Pistole aus meiner Jacke ehe ich den ersten Schuss

abfeuerte.

Ich zielte direkt zwischen die Augen und wir schienen beide anfangs überrascht zu sein das es mir sogar

gelungen war, doch dann holte die Kreatur zum Gegenschlag aus.

Die Kugel hätte es töten sollen, doch es wankte nur leicht und schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen.

Vielmehr war es nun fuchsteufelswild und schlug nach mir.

Wieder versuchte ich zurück zu weichen, doch die scharfen Klauen trafen mich und schlitzten meine Kleidung

auf, ebenso wie die Oberfläche meiner Haut.

Doch ich war viel zu vollgepumpt mit Adrenalin um dem Schmerz auch nur irgendeine Beachtung zu schenken.

In mir war nur noch ein einziger Gedanke:

Wenn ich es nicht schaffte dieses Ding hier zu besiegen, wie soll ich es dann bei ihm schaffen?

Und genau jener Gedanke war es der mich dazu brachte weitere Schüsse ab zu feuern.

Ich verschoss das ganze Magazin, traf wahllos den Bauch, die Brust, die Schulter, den Kopf…aber trotzdem fiel

es nicht um geschweige denn war tot.

Ich hatte vergessen Abstand zu halten, das merkte ich erst als dieses Ding mir die Waffe aus der Hand schlug

und dabei meinen halben Arm zerschnitt.

Fluchend drückte ich meinen Arm an mich und musste unwillkürlich leise lachen.

Hatte ich doch tatsächlich gedacht ich wäre stark genug hier draußen zu überleben, wäre besser als die

anderen hier.

Doch die Kreatur die sich gerade vor mir aufbaute und zwar blutete, es aber vollkommen ignorierte, bewies mir

das Gegenteil.

Es schlug mehrmals nach mir und bei dem Versuch aus zu weichen, fiel ich auf den Boden und bevor ich mich

wieder aufrappeln konnte, kauerte es schon über mir.

Der faulige Atem schlug mir ins Gesicht und der Geruch nach Kanalwasser, der die Kreatur umgab, machte sich

bemerkbar.

Für einen Moment dachte ich mich übergeben zu müssen, doch ich sah einfach weiter in die riesigen

totwirkenden Augen und auf das Maul aus dem Sabber lief.

Das nächste spürte ich mehr als das ich es mit den Augen erfassen konnte.

Ich sah nur noch das aufblitzen von weißen dolchähnlichen Reißzähnen die das Licht der Straßenlaternen

wiederspiegelten, was danach geschah realisierte ich erst als ich einen ohrenbetäubenden Schrei hörte.

Anfangs erschreckte ich, fragte mich woher er kommen könnte. Doch dann wurde mir klar dass ich es war der

schrie, denn die Kreatur hatte ihre Zähne in meine Brust gebohrt und schien im Begriff zu sein mich bei lebendi

gem Leib zu fressen.

Doch aus irgendeinem Grund spürte ich es nur ganz dumpf, so als hätte ich nur einen sehr realen Traum.

Vielleicht war es der Schock, vielleicht war ich aber auch bereits schon so gut wie tot.

Innerlich könnte ich mich selbst dafür schlagen so dumm gewesen zu sein, mein Leben zu riskieren und im

Endeffekt zu verlieren wegen irgendeinem Idioten.

Mein Sichtfeld verschwamm und bald schon verlor ich das Bewusstsein.

Doch bevor ich ganz abdriftete, war mir als würde ich einen Schatten neben mir sehen, aber das konnte auch

reine Einbildung gewesen sein.

 

 

Ich schreckte mit einem erstickten Schrei auf den Lippen hoch und sah mich panisch um.

Mein Atem ging hektisch und angestrengt horchte ich auf Geräusche, achtete auf irgendwelche Anzeichen.

Diese Kreatur…

Wo war sie? Wo war ich?

Ich ließ mich wieder zurück auf die Matratze sinken und beruhigte meinen Atem.

Meine Kehle war trocken und tat weh, ebenso wie meine Augen brannten.

Ich lag wohl in meinem Bett.

War das wirklich alles nur ein Alptraum?

Ich hoffte es inständig.

Als ich es geschafft hatte mich zu beruhigen sah ich mich zum ersten Mal richtig um und erstarrte.

Ich war nicht in meinem Bett und auch nicht in meinem Zimmer.

Der Raum war riesig und die Möbel waren dunkel, ebenso wie die Wand und der Holzboden.

Das Bett in dem ich lag war mit einer dunkelroten Bettwäsche bezogen und ich schreckte hoch, sprang aus dem

fremden Bett und presste mich an die nächstbeste Wand.

Mein Blickfeld verschwamm kurz doch ich ließ mich davon nicht beinträchtigen und sah mich nach Anzeichen

um wo ich mich befand. Eine weitere offene Tür führte in ein angrenzendes Badezimmer und ich überlegte kurz

ehe ich mich dort hineinwagte.

Niemand war zu sehen, vielleicht konnte ich abhauen bevor man mich entdeckte.

Jeden Moment fürchtete ich dass ich eine dieser Kreaturen zur Tür hereinkam oder einfach vor oder hinter mir

auftauchte. Immer wieder drehte ich mich panisch um, zu meinem Glück war ich auch nach dem zwanzigsten

Mal noch alleine.

Das Badezimmer war ähnlich eingerichtet, nur das hier der Kontrast von Schwarz und Weiß eine große Rolle

spielte. Aber am meisten Aufmerksamkeit bekam das Fenster neben dem Waschbecken.

Ich spähte hinaus und eine Woge der Erleichterung erfasste mich als ich sah das es hell war, das Tageslicht

wurde zwar durch mehrere Wolken in ein helles Grau gefärbt doch es war Tag.

Keine Kreaturen, sehr gut.

Doch ich erstarrte als mir mein eigentliches Ziel wieder einfiel.

Ihm hatte das Tageslicht auch nichts ausgemacht- hieß dass das diese Kreaturen auch Tags aktiv sein konnten?

Wenn ja war fraglich warum sie es dann nur nachts taten.

In meinem Kopf tauchten plötzlich noch viel mehr Fragen auf, doch unmöglich konnte ich auf jede einzelne

davon eine Antwort finden geschweige denn überhaupt eine finden wollen.

Ich fühlte mich als hätte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen und ich drückte mich wieder mit

dem Rücken an die Wand.

Der Gedanke, niemals sicher zu sein, erfasste mich und ich spannte mich an.

Ich durfte mich dieser Angst nicht hingeben, sonst war ich ebenso verloren wie die anderen auch.

Aber eigentlich wurde ich gefressen, ich war eigentlich schon verloren- warum lebte ich dann noch?

Ich wusste es nicht aber wollte ich es überhaupt wissen?

Wollte ich überhaupt den Grund wissen warum ich nicht tot war, warum ich hier war?

Ganz eindeutig Nein.

Ich hätte einfach mit meiner Familie wegziehen sollen, dann wäre ich nicht hier.

Verdammt, ich konnte später heulen. Jetzt musste ich erstmal hier raus und von hier weg so schnell es ging.

Der Blick aus dem Fenster hatte mir nichts gebracht, ich hatte nur Bäume gesehen.

Vielleicht stand das Haus direkt neben einem Park, davon gab es in der ganzen Stadt mehrere.

Ich war nicht in meinem Viertel, das wusste ich mit Sicherheit denn die Gegend kannte ich wie meine

Westentasche. Hatte ich doch so viele Tage damit vergeudet jeden einzelnen Winkel davon zu erkunden einfach

um das Gefühl zu haben, überall hingehen zu können wo ich wollte ohne mich verloren zu fühlen.

Doch nun war ich es.

Ich musste meine Familie finden, musste wissen ob es ihnen gut ging.

Sie würden sich sicher schon sorgen machen.

Der Gedanke dass meine Mutter außer sich war vor Sorge oder mich bereits tot glaubte, versetzte mir einen

Stich. Ich bereitete ihr nichts als Kummer, der Gedanke schmerzte.

Vor allem da ich wusste das es die Wahrheit ist.

Ich musste nicht erst in meinen Taschen nachsehen um zu wissen dass meine Waffen weg waren.

Meine gestohlenen Waffen wurden mir gestohlen- wenn das mal keine Ironie war.

Da fiel mir etwas anderes ein… Warum taten meine Wunden nicht weh?

Mein Arm wurde zerfetzt, aus meiner Brust ein Stück herausgerissen und mein Bauch aufgeschlitzt- wie konnte

ich da so bedenkenlos durch die Gegend schleichen? Ich müsste tot sein oder minder im Krankenhaus oder

etwas was dem nahe käme um überlebt zu haben.

,,Wie ich sehe sind sie endlich wach, sehr gut‘‘ ertönte plötzlich eine Stimme aus dem Türrahmen und ich fuhr

zusammen ehe ich herumwirbelte und den Quell der Stimme ansah.

Doch als ich einen jungen Mann mit weißen halblangen Haare sah die zu einem Zopf zusammengefasst waren

und der einen Anzug trug mit Fliege, stutzte ich.

War er mein Retter? Seine hellblauen Augen musterten mich forschend und ich erwiderte seinen Blick.

Ich wusste sofort dass ich ihn nicht verarschen konnte, er war schlau- sein Blick verriet es mir.

Intelligente Personen erkannte man meist schon an ihrem Blick oder spätestens an ihrer Art.

Der Schatten eines warmen Lächelns glitt über seine Lippen und er ging einen Schritt auf mich zu, schien kurz

ab zu warten was ich tat und ging dann weiter auf mich zu bis er kurz vor mir stand.

Ich blieb einfach stehen und wiederstand dem Drang wieder zurück an die Wand zu kriechen.

Egal was oder wer er war, ich würde mich nicht einschüchtern lassen- zumindest nicht sichtbar für ihn.

,,Ihre Kleidung ist in einem erbärmlichen Zustand, erlauben sie mir ihnen dabei zu helfen sie ab zu legen? ‘‘

fragte er höflich und ich brauchte einen Moment um zu begreifen was er mir damit sagen wollte.

,,Ich soll mich hier einfach ausziehen? ‘‘ fragte ich ihn leicht aus der Fassung und zuckte leicht zusammen als er

plötzlich anfing zu lachen.

Es war ein leises zurückhaltendes Lachen doch trotzdem erschreckte es mich dass er so etwas überhaupt

konnte.

,,Nun, sie können gerne auch hinter den Duschvorhang gehen wenn sie sich ihretwegen schämen sollten‘‘

antwortete er schließlich und ich hörte den dezenten Spott daraus und funkelte ihn wütend an.

Wenn er mich unbedingt nackt sehen wollte, bitte. An mir sollte es nicht liegen. Ich schnaubte verächtlich und

entledigte mich einfach meiner Kleidung die ich ihm dann mit Nachdruck in die Hand drückte.

,,Hier‘‘ zischte ich leise und sah wie seine Augen amüsiert aufblitzten, doch seine Miene verriet gar nichts.

Er nickte lediglich und verschwand mit meinen Klamotten kurz ehe er wieder zurückkam und mir einen Stapel

mit Kleidung auf den Waschbeckenrand legte.

,, Mein Meister wünscht das ihr das hier anzieht, danach will er dass sie nach unten kommen. Er erwartet sie im

Aufenthaltsraum- einfach die Treppe runter in das Foyer und dann die hintere Tür zur linken Seite‘‘ erklärte er

ehe er sich zum Gehen umwandte.

,,Dein Meister? ‘‘ wiederholte ich und er blieb stehen und drehte sich noch einmal zu mir um.

,,Ja, Master‘‘ erwiderte er und ich sah ihn an- das brachte mich nicht wirklich weiter.

Mich interessierte der Name seines Meisters.

,,Ich will eher wissen wie er heißt, nicht wie ihr ihn nennt‘‘ gab ich zurück und hoffte an einen Namen zu

kommen.

,,Nein, das Master war an sie gerichtet. Mein Meister nennt sich Nathan‘‘ sagte er und verließ dann ohne ein

weiteres Wort den Raum.

Warum zur Hölle nannte er mich Master? Und eine noch viel besser Frage:

Wer war dieser Nathan und warum war ich in seinem Haus? Ich fasste mir an die Stirn und seufzte frustriert.

Eigentlich wollte ich nur in mein eigenes Bett kriechen und dort nichtmehr herauskommen.

Nun endgültig nie mehr.

Ich ging zu dem Waschbecken und betrachtete die Klamotten.

Eine schwarze Lederhose und ein weißes Leinenhemd, ebenso wie ein schwarzes Halsband mit einem roten

Tränenförmigen Stein daran.

Das Halsband sah ich eine Weile verwirrt an, ehe ich es in die nächste Ecke warf und die Klamotten anzog.

Niemals würde ich ein Halsband tragen, dieser Nathan konnte seinen Fetisch woanders ausleben.

Überraschenderweise passten die Klamotten sogar doch ich fühlte mich trotzdem komisch.

Ich knöpfte das Hemd zur Hälfte zu und sah dann in den Spiegel.

Man könnte meinen ich wäre jemand anderes, was mich beunruhigte.

Lag das wirklich nur an den Klamotten oder sah ich anders aus?

Aber ich konnte mich ja über Nacht schlecht verändert haben. Oder?

Mir war als wären meine blauen Augen heller, fast so als wären sie Türkis und für einen Moment dachte ich

schon sie würden kurz aufglühen doch das war unmöglich.

Meine Sicht war immer noch teilweise verschwommen, also stempelte ich es einfach als Einbildung ab.

Aber das meine Haut bleicher geworden war konnte ich nicht leugnen aber vielleicht lag das auch einfach am

dem Blutverlust.

Das brachte mich wieder auf den Gedanken zurück was mit meinem Wunden passiert war, aber scheinbar

waren sie weg.

Ich sah nur noch blassrosa Striemen und die Stelle an meiner Brust war ebenfalls in diesem Farbton, es sah aus

als wären bereits mehrere Wochen oder Monate vergangen seit dem Angriff.

Aber das konnte unmöglich sein, oder?

Ich beschloss dem ganzen auf den Grund zu gehen und verließ das Zimmer, ging den Flur hinunter und dann

die Treppe. Jede Treppenstufe die ich nach unten stieg, schien mein Unbehagen zu stärken.

Ich wusste nicht was mich erwartet und das hasste ich, es machte mich wahnsinnig hilflos zu sein.

Unten angekommen zögerte ich kurz und sah mich um.

Das Haus muss riesig sein, die Vorhalle hier war es jedenfalls, sie war sicher dreimal größer als unser

Wohnzimmer aber das hatte ich mir schon gedacht in dem Raum in dem ich aufgewacht bin.

In dem hätte mein Zimmer wohl fast zweimal Platz gehabt.

Mein Blick wanderte zur besagten Tür und langsam näherte ich mich ihr, die Ungewissheit was mich dahinter

erwartete nagte an mir.

Ich riss mich zusammen, straffte meine Schultern und ging zu dem Raum, klopfte nur einmal beiläufig ehe ich

eintrat und mich umsah.

Jemand stand mit dem Rücken zu mir und sah aus dem Fenster, doch auf einen Schlag war er vollkommen

uninteressant.

Etwas anderes zog meine gesamte Aufmerksamkeit auf sich.

Als ich eintrat, umhüllte mich ein Geruch der mir unbekannter nicht sein konnte doch aus irgendeinem Grund

roch es vertraut.

Und absolut köstlich.

Ich wusste nicht was es war, aber es roch verdammt gut und ich musste den Speichel runterschlucken der sich

in meinem Mund gesammelt hatte.

Woher kam das und noch wichtiger, was war das?

,,Du bist Gabriel, nicht wahr? ‘‘ fragte der Mann der eben noch mit dem Rücken zu mir gestanden ist und ich

fing wieder an meine Umgebung wahr zu nehmen, versuchte den Geruch zu ignorieren.

Ein Mann Anfang zwanzig kam auf mich zu, er war etwas größer als ich aber hatte fast die gleiche Figur.

Seine hellblonden Haare waren aufgestellt und seine giftgrünen Augen waren auf mich fixiert, glitten über

meinen Körper und kurz umspielte ein Lächeln seine schmalen Lippen.

,,Und du bist Nathan? ‘‘ stellte ich als Gegenfrage obwohl ich es eigentlich schon wusste und erwiderte seinen

Blick, versuchte ihn dazu zu bringen mir in die Augen zu sehen.

Doch er lächelte nur wissend und wandte den Blick wieder von mir ab, richtete ihn vielmehr auf das Glas in

seiner Hand.

Eine dunkelrote Flüssigkeit war darin, vielleicht irgendeine Wein-Sorte.

Er stellte es ab und deutete mir dann mit einer Handbewegung mit ihm zu dem großen schwarzen Sofa zu

gehen das vor dem Kamin stand.

Zögernd ging ich mit ihm und setzte mich neben ihn, sah ihm dabei zu wie er seine langen Beine

übereinanderschlug und eine seiner Hände auf die Rückenlehne legte.

,,Es gibt viel zu bereden, mein Kleiner‘‘ sagte er und ich schnaubte verächtlich.

,,Ich bin nicht dein und klein erst recht nicht‘‘ unterbrach ich ihn bevor er weiterreden konnte und er lachte kurz

leise, ehe er nickte.

,,Ja das stimmt, mir gehörst du nicht‘‘ pflichtete er mir bei und kurz sah ich den Schalk in seinen Augen

aufblitzen.

,,Du suchst immer Augenkontakt, man erzählte mir schon dass du sehr begabt darin bist die Absichten eines

Lebewesens in dessen Augen zu lesen. Vielleicht sogar auch noch viel mehr‘‘ fügte er nachdenklich hinzu und

sah mich an, er wirkte neugierig.

Ich fragte mich ernsthaft was er von mir wollte, so aufregend war ich nicht.

Also zuckte ich lediglich mit den Schultern und versuchte weiterhin seine Absichten zu lesen wie er es so schön

ausdrückte.

,,Was mache ich hier eigentlich? ‘‘ fragte ich und umging dieses ganze Höflichkeitsgeplänkel, ich wollte endlich

wissen warum ich hier bin.

Ich war alles aber nicht höflich oder geduldig und hatte auch nicht vor es zu werden.

Alles was ich wollte ist so schnell wie möglich zu meiner Familie zurückzukommen.

,,Also..‘‘ fing Nathan an, doch er wurde unterbrochen von einer anderen Stimme.

,,Du bist hier weil der Gharul dich umgebracht hat und durch einen sehr unglücklichen Zufall hat Nathan dich

gewittert und hierhergebracht. Mir blieb dann die Ehre dich wieder unter die Lebenden zu bringen‘‘ erklang es

schroff von der Tür und ich versteifte mich innerlich, würde ich diese Stimme doch nie wieder vergessen.

,,Du‘‘ zischte ich und sprang von der Couch auf während ich mich nach einer Waffe umsah die ich nach ihm

werfen konnte. Am Ende schnappte ich mir die Vase von der Kommode und schleuderte sie ihm entgegen.

Ohne zu Zögern ging ich auf ihn los, doch noch bevor er in meiner Reichweite war, packte Nathan mich am Arm

und zog mich mit einem kräftigen Ruck wieder zurück sodass ich gegen die Wand klatschte mit dem Rücken.

Er hatte unterdessen die Vase knapp vor seinem Gesicht aufgefangen und ließ nun die Hände wieder sinken,

ehe er die Vase auf den Beistelltisch stellte.

,,Nicht die Vasen, Nathans Diener meckert dann wieder weil er die Scherben beseitigen muss‘‘ kommentierte er

und sah mich spöttisch an, ein amüsiertes Grinsen auf den Lippen.

,,Ich bring dich um‘‘ brüllte ich ihm entgegen und versuchte mich aus Nathans Griff zu befreien der mich gegen

die Wand drückte. Der sah aus als hätte man ihm gerade den Lolli aus der Hand geschlagen.

,,Hat ja beim letzten Mal auch so gut geklappt‘‘ spottete er wieder und nahm Nathans Glas ehe er es mit einem

Zug austrank.

Kurz glühten seine Augen rot auf, ehe er einen zufriedenen Seufzer ausstieß als er das Glas wieder wegstellte.

,,Du bist also auch so eine verdammte Kreatur‘‘ murrte ich und sah dabei Nathan an, der den Kopf kurz

schieflegte ehe er nickte.

Ganz toll. ,,Ich wusste gar nicht das es ein ganzes Nest von euch Bastarden gibt‘‘ sagte ich mit angewiderter

Stimme und befreite mich aus Nathans Griff, dieses Mal ließ er es zu.

,,Ich nehme an du hast ein bisschen was ausgelassen als du sagtest du hättest ihn schon einmal gesehen‘‘

seufzte er noch ehe er sich wieder auf die Couch sinken ließ und hörbar die Luft ausstieß.

,,Ja, könnte man so sagen. Ich glaube ich habe ihn entjungfert‘‘ kam es spöttisch von dem Bastard den ich

nach wie vor umlegen wollte.

Koste es was es wolle.

Ich stieß ein menschliches Knurren aus und versuchte ihn mit Blicken zu erdolchen.

,,Süß‘‘ war alles was er dazu zu sagen hatte und die Wut kochte in mir.

,, Rayen!‘‘ Nathan klang ernsthaft entsetzt und sein Blick war voller Vorwürfe als er ihn auf ihn richtete.

Rayen also.

Endlich hatte das Böse einen Namen.

,,Keine Sorge, eigentlich wollte ich ihn ja fressen aber dann hat er mich auf ganz andere Gedanken gebracht.

Er ist selbst schuld das ich ihn gefickt habe, sein Verhalten und seine Angst waren einfach zu anziehend ‘‘ sagte

Rayen mit schmachtendem Tonfall, doch in seinen Augen lachte der Spott.

Ich zuckte leicht zusammen, hasste ihn dafür nur noch mehr.

,,Mir würde es schon reichen wenn du dich jetzt im Moment wieder normal benehmen würdest‘‘ antwortete

Nathan schroff und ignorierte seine Worte vollkommen- gut so.

Ein hartes Lachen ertönte aus Rayens Kehle und der andere zuckte kurz zusammen, sagte jedoch nichts darauf.

,,Du, mitkommen‘‘ knurrte der Bastard und ich sah ihn an, dachte nicht einmal im Traum daran mit ihm zu

gehen.

Doch es war ihm offensichtlich egal denn er ging einfach zu mir, packte mich am Arm und zog mich mit sich,

ohne Rücksicht auf Verluste.

Ich presste die Zähne zusammen und ging neben ihm, bemühte mich Schritt zu halten.

So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf doch ich ignorierte sie, wollte erstmal hier raus kommen.

Rayen schleifte mich durch eine weitere Tür hinter der sich ein Flur versteckte in einen der hintersten Räume

wo er die Tür aufstieß und mich hineinschubste.

Kurz fürchtete ich schon er würde mich hier einsperren, doch er folgte mir und schloss die Tür hinter uns

ab- ich war mir nicht sicher ob ich nicht doch alleine eingesperrt werden wollte.

Ein wölfisches Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus und er ging betont ruhig und langsam auf mich zu.

Instinktiv wich ich zurück bis ich irgendein Möbelstück hinter mir spürte und er folgte mir so lange bis er kurz

vor mir stand.

,,Warum so ängstlich? ‘‘fragte er spöttisch und ich schnaubte wütend, wünschte mir ihm das Grinsen aus dem

Gesicht schlagen zu können.

Aber ohne Waffen hatte ich keine Chance, das war mir durchaus bewusst.

,,Also, ich schätze du hast eine Menge Fragen an mich‘‘ sagte er nach ein paar Sekunden und der Spott war

verschwunden, ebenso wie das Grinsen. Vielmehr schien er jetzt gut gelaunt zu sein, was mich vorsichtig wer

den ließ.

,,Fragen schon, nur ich glaube nicht das du sie mir beantworten wirst‘‘ antwortete ich wahrheitsgemäß und sah

ihn an- die Sache hatte doch einen Hacken.

,,Doch, werde ich. Ich will vorher nur dass du mir zwei Fragen beantwortest und zwar ehrlich. ‘‘

Ich wusste es, es gab einen Hacken.

Aber was hatte ich schon zu verlieren? Also nickte ich einfach.

Das Grinsen kehrte wieder auf sein Gesicht zurück und so wie er gerade aussah- ohne Grausamkeit oder Spott-

sah ich zum ersten Mal wie schön er sein konnte wenn er wollte. Zum ersten Mal wirkte er auf mich genauso alt

wie er aussah- Vielleicht 22.

Wenn er ein ehrliches Lachen auf den Lippen hatte sah er jung aus, fast schon unbeschwert.

Doch der Moment hielt nicht lange. Keine Sekunde später war er wieder wie zuvor.

Grausame Amüsiertheit lag in seinem Blick und ich erkannte dass er etwas vorhatte.

Aber Momenten schien mir nichts anderes übrig zu bleiben außer mitzuspielen.

,,Erste Frage: Habe ich dir wirklich deine Unschuld geraubt in jener Nacht? ‘‘ er klang ehrlich interessiert an der

Frage und keinerlei Spott schwang darin mit. Mit so einer Frage hätte ich rechnen müssen, doch ich hatte es

nicht getan- warum fragte er mich so etwas? Ich sah ihn kurz perplex an und zögerte, sah ihn forschend an

während ich versuchte herauszufinden warum er das wissen wollte.

Würde er sich noch mehr daran aufgeilen können wenn er wüsste dass er der Erste gewesen ist?

,,Ja‘‘ sagte ich leise und spannte meinen Körper an- verdammt, natürlich war er der Erste gewesen.

Ich war nicht schwul und hatte es auch nicht vor, auch wenn meine Gedanken vorhin bei seinem Grinsen

ungewohnt waren und wohl eher auf das Gegenteil hindeuten.

Aber ich konnte doch wohl einen anderen Mann schön finden ohne gleich Homosexuell zu sein!

,,Zweite Frage: Aus welchem Grund wolltest du mich vor zwei Tagen nachts finden und töten? Immerhin weißt

du doch dass ich stärker bin als du oder hast du ernsthaft gedacht du kannst einfach mal durch die gesamte

Stadt laufen ohne von jemandem oder etwas entdeckt zu werden? ‘‘ fragte er und auch in dieser Frage lag nur

aufrichtiges Interesse so wie ich es deuten konnte zumindest.

Ich sah ihn an, fragte mich ernsthaft warum er sich das nicht selbst denken konnte.

Wut stieg wieder in mir auf, doch ich unterdrückte sie. Er würde mir keine Fragen beantworten wenn ich ihn

jetzt angreifen würde.

,, Bist du ernsthaft zu dumm um dir dass selbst zusammen zu reimen?

Du hast mich zerstört, deswegen will ich dich jetzt auch zerstören‘‘ schnauzte ich ihn ungewollt an und er sah

mich einfach an, blinzelte lediglich.

,, Habe ich dich zerstört weil ich dich Vergewaltigt habe oder weil du ungefähr ab der Hälfte freiwillig

mitgemacht? ‘‘ hackte er nach und ich zuckte zusammen.

,,Das waren bereits zwei Fragen‘‘ wehre ich ihn ab und drehte den Kopf zur Seite, sah stattdessen aus dem

Fenster. Auch von hier sah man nur Bäume und Gras, einen riesigen Garten der mit einer Mauer eingezäunt

war.

Ein so großes Haus mit einem so großen Garten? Das Haus muss irgendwo in einem der reichsten Viertel sein.

Was das anging kannte ich mich nicht sonderlich gut aus.

,,Dann stell deine Fragen‘‘ sagte er und ich riss meinen Blick wieder von dem Fenster los, er sah leicht

zerknirscht aus, doch einen Augenblick später war es wieder verschwunden und er ließ sich auf das Bett fallen

das ungefähr der Mittelpunkt des Raumes zu sein schien.

,,Das ist dein Zimmer nicht wahr? ‘‘ fragte ich und wurde den Gedanken nicht los nun noch mehr in der Höhle

des Löwen zu sein als vorher.

,,Das ist eine deiner Fragen? Und ich dachte das würde interessant werden. Ja das hier ist mein Schlafzimmer‘‘

antworte er und ich nickte leicht, fühlte mich nun noch unwohler.

Vor allem da er einfach mit hinter dem Kopf verschränkten Armen da lag und mich ansah als wäre ich schon so

oft in seinem Zimmer gewesen das er sich benahm als würde ich gar nicht da sein.

,,Was war das für ein Ding was mich angegriffen hat? ‘‘ eigentlich wollte ich es nicht fragen, doch wenn ich

schon jemanden hatte der mehr über diese Stadt wusste als die Einwohner selbst dann konnte ich es

wenigstens ausnutzen.

,,Ein Gharul, man könnte sagen das sind für uns Haustiere wie Katzen oder Wellensittiche für euch‘‘ antwortete

er und beinahe hätte ich aufgelacht.

,,Das sollen Haustiere sein? Ich kann mir nicht vorstellen dass man mit sowas kuscheln will‘‘ sagte ich

ungläubig, konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen das so etwas ein Haustier sein soll oder überhaupt

ein Tier.

,,Kuscheln ist mir zuwider also habe ich damit wenig Probleme‘‘ erwiderte er trocken doch das hatte ich auch

schon vorher gewusst.

,,Es ist nur die Rede von Kreaturen, aber was genau seid ihr überhaupt?

Und jagt ihr ebenso wie diese Gharule? ‘‘ eigentlich wollte ich das gar nicht wissen doch die Neugierde siegte.

Wenn ich so endlich herausfinden konnte was in dieser Stadt vor sich ging, dann würde ich ihn die nächsten

vier Stunden mit Fragen löchern solange er sie mir beantwortete.

Er wirkte skeptisch, schien kurz nicht zu wissen ob oder wie er antworten sollte doch nach ein paar Sekunden

tat er es.

,,Du hast das Mädchen vor mir gerettet, natürlich jagen wir auch.

Die meisten von uns lassen sich zwar von ihren Haustieren ihr Essen bringen aber ich bevorzuge es selbst auf

die Jagd zu gehen‘‘ sagte er und ich merkte das er die erste Frage überging, mir dafür aber andere

Informationen gab um mich davon ab zu lenken.

Ich musste dem Drang nachzubohren wiederstehen, vielleicht würde er dann gar nichtmehr reden.

,,Warum?‘‘ die Frage war einfach, ließ tausend Interpretationsmöglichkeiten.

,,Das liegt in unserer Natur, vor allem in meiner‘‘ sagte er und ich war mir nicht sicher ob wir über das Jagen

redeten oder über etwas anderes.

,,Warum fresst ihr Menschen?‘‘ fragte ich also einfach und traute mich nicht auf seine Antwort näher einzugehen.

,,Das liegt ebenfalls in unserer Natur, die essen doch auch Fleisch und trinken Wasser. ‘‘

Also ging es gerade doch nicht um das Jagen sondern um etwas anderes, innerlich schüttelte ich den Kopf und warf die Gedanken von mir.

,,Was hat das damit zu tun? ‘‘ fragte ich und kam gerade nicht ganz mit.

,,Die essen Fleisch- wir essen das Fleisch von Menschen . Die trinken Wasser- wir trinken ihr Blut.

Das was vorhin in Nathans Glas war, war auch Blut‘‘ sagte er mit einem Schulterzucken und ich spürte wie ich

erschauderte. Er widerte mich an, seine Worte ekelten mich und die Vorstellung verursachte mir Übelkeit.

,,Das ist widerlich‘‘ stieß ich mit zusammengepressten Zähnen hervor und kämpfte den Drang nieder mich zu

übergeben.

Nathan hatte Blut getrunken, einfach so als wäre es Wein und er hatte es auch getan, hat dabei sogar

gestöhnt.

Das war so verdammt krank.

,,Noch mehr Fragen?‘‘ drängte er mich und ich blinzelte ein paarmal ehe ich nickte.

Er wollte nicht weiter darüber reden, gut ich auch nicht.

,,Du kannst heilen, das habe ich schon mitbekommen aber ich bin mir ziemlich sicher dass du niemanden

wieder zum Leben erwecken kannst der bereits tot ist‘‘ sagte ich und für einen Moment bildete ich mir ein das

ein trauriger Ausdruck auf seinen Augen erschien doch es war viel zu schnell wieder verschwunden, als das ich

mir sicher sein konnte.

Unwillkürlich fragte ich mich ob er überhaupt so etwas wie richtige Emotionen besaß.

,,Das ist keine Frage‘‘ knurrte er und ich zuckte leicht zusammen. Hatte ich etwas falsch gemacht? Nichts außer

Fragen zu stellen, er hatte es mir selbst erlaubt.

Also dachte ich erst gar nicht daran mich von ihm einschüchtern zu lassen sondern sah ihn wieder an.

,,Wie konntest du mich wiederbeleben? Und warum hast du es überhaupt getan? Du hättest mich einfach

fressen können‘‘ sagte ich und sah ihn neugierig an. Diese Frage nagte an mir, ich wollte endlich wissen wo der

Hacken der ganzen Sache war.

Wollte er mich etwa als seinen Sklaven weil er mir das Leben gerettet hatte?

Das konnte er sowas von vergessen.

,,Ich habe dich gewandelt‘‘ war alles was er mir sagte.

Doch es genügte um meine Welt in Trümmer zu legen.

,,Was meinst du damit?‘‘ flüsterte ich und war mir nicht sicher ob er es überhaupt gehört hatte.

Ich fühlte wie ich fiel, fühlte wie mir der Boden unter den Füßen weggerissen wurde.

Egal ob ich bis jetzt dachte gebrochen oder verloren zu sein… was ich gerade fühlte stellte all das in den

Schatten.

Verzweifelt klammerte ich mich an den Vorhang neben mir und presste mich an die Wand.

Ich legte die Hände an meinen Kopf, krallte mich in meine Haare und starrte den Boden an.

Noch nie in meinem Leben hatte ich ernsthaft gebetet doch nun tat ich es, ich betete das er nur einen Witz

machte, dass es nicht das bedeutete was ich annahm.

Ich hörte wie er vom Bett aufstand und sah aus dem Augenwinkel wie er näher kam.

Ich sah seine nackten Füße in meinem Blickfeld und schloss die Augen, ich spürte seine Körperwärme nah bei

mir doch ich ignorierte es, versuchte nur verzweifelt nicht in den Abgrund zu fallen der sich eben vor mir

aufgetan hatte.

,,Du bist nun einer von uns, du gehörst nun zu unsresgleichen aber was noch wichtiger ist: Du gehörst mir,

denn ich bin dein Schöpfer‘‘ sagte er und ich musste ihn nicht ansehen um das selbstgefällige Grinsen darin zu

sehen.

Ich spürte nur wie er mich endgültig in den Abgrund stieß und auf einen Schlag war alles um mich

verschwunden.

Da waren nur noch ich und die schwarze Leere die mich umgab.

Entfernt spürte ich wie auch mein Körper zu Boden fiel, wie ich das Bewusstsein verlor.

 

 

 

 

 

Fortsetzung folgt…

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.01.2015

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