Nach Michaels Verwandlung durch die unsterbliche Britanny stießen diese auf ein Tal bevölkert von Amazonen. Trotz eines Mordes durch Michael schafften sie es, sich in die Gesellschaft einzufügen.
Im Tal entdecken sie eine Hinterlassenschaft der uralten Zivilisation der Inoxcro, welche zusammen mit Atlantis unterging. Auch Römer interessierten sich für das Tal, was sich allerdings als Verschwörung gegen den Caesar herausstellte.
Das dunkle Geheimnis von Britanny und Michael kam ans Licht, aber sie halfen den Amazonen. Friede kehrte dennoch nicht ein. Eine der Amazonen hatte sich in ein verrücktes Monster verwandelt und griff das Tal an.
Schließlich erfuhren Michael und Britanny von Entwicklungen aus der Provinz Judäa, wo weltbewegende Ereignisse zu erwarten waren.
Wir hatten, nachdem wir von den Nachrichten aus Judäa hörten, möglichst schnell aufbrechen wollen. Der Rat der Weisen der Amazonen hatte uns aber gebeten noch für eine Abschiedsfeier zu bleiben.
Es kam uns fast vor, als rechneten sie nicht damit, uns jemals wiederzusehen. Es war sicherlich nicht unmöglich, dass wir einige Jahre wegblieben, aber vermutlich nicht so lange.
So begab es sich, dass ein wundervolles Fest zu unseren Ehren abgehalten wurde. Die zahlreichen Speisen konnten wir zwar essen, aber den in uns brodelnden Hunger nach menschlichem Blut würde dies kaum stillen. Es war aber nicht mehr lange, dann würde sich schon ein bereitwilliger Krimineller, als Opfer, zur Verfügung stellen. Ich hoffte es jedenfalls, während ich in die Flammen des Lagerfeuers blickte. Es war selten, dass die Amazonen ein derartiges Feuer entzündeten. Schließlich war in dieser Gegend Holz eher selten und wo es Bäume gab, wurden diese als Deckung gebraucht.
Den kleinen Hain, den ich im Tal angelegt hatte, würde noch viele Jahre brauchen, bis er groß genug war, um Holz zu liefern. Dieses wäre dann auch eher zum Bauen gedacht. Zum Verbrennen waren höchstens die Holzreste geeignet.
Noch immer war ich in der Gestalt einer Frau gefangen. Eine Verwandlung in meine männliche Form würde mich jetzt zu viel Energie kosten. Der Vorteil war, dass ein Überfall auf zwei Frauen wahrscheinlicher war.
Die Atmosphäre war irgendwie gelöster. Die Bedrohungen der letzten Zeit waren überwunden und es schien nicht so, als würde Leah zurückkehren. Vielleicht war sie wirklich stärker und konnte den Hunger besser kontrollieren. Ich wünschte es ihr und hoffte ihre Wut auf mich, für den Tod ihrer Mutter, würde vergehen.
Einige der Amazonen hatten von ihren Reisen in die Welt Musikinstrumente mitgebracht und gaben etwas zum Besten, was angenehm klang. Es war eine friedliche und beruhigende Melodie, welche sogar ein wenig den Hunger bezähmen konnte. Ich lehnte mich zurück an Britanny. Nach den Ereignissen der vergangenen Jahre, war ich mir sicher, dass wir die Körperlichkeit überwunden hatten. Es war nicht mehr wichtig, wer von uns Mann oder Frau war. Wir konnten beides sein und man gewöhnte sich an alles.
Viele redeten mit uns und verabschiedeten sich. Mehr und mehr fragte ich mich, ob die Amazonen etwas wussten, dass wir nicht wussten. Verheimlichten sie uns etwas oder erwarteten sie einfach nur, dass der 'Auftrag' länger dauern würde.
Es war auf jeden Fall schön, so den Amazonen noch mal nahe zu sein. Diesmal war ich nicht in einer monströsen, angsteinflößenden Gestalt gefangen. Ich merkte den Unterschied deutlich. Ob sie wohl auf meine männliche Form ebenso reagiert hätten?
Jetzt kamen zu den Fragen des richtigen Zeitwortes auch noch die Fragen des Geschlechts. Was wohl die Frauenbeauftragte an der Uni in meiner persönlichen Vergangenheit gesagt hätte, wenn sie hiervon wüsste? Schließlich hatte ich mich damals, oder war es doch dereinst, viel mit ihr gestritten. Immer diese unleserlichen Doppelformen. Das war so anstrengend. Jetzt war ich definitiv eine Weile in den anderen Schuhen gelaufen, wobei mir glücklicherweise eine gewisse Frauenproblematik erspart blieb. Was aber auch leider dafür sprach, dass wir beide keine Kinder bekommen würden. Der Sohn, den Britanny vor ihrer Verwandlung empfing, würde unser einziges Kind bleiben. Vielleicht war dies auch besser so, dass es nicht zahlreiche Kinder mit unseren Fähigkeiten gab.
Es war schließlich recht spät geworden. Das Feuer war fast niedergebrannt. Das schwache Licht machte uns nichts aus. Unsere Augen waren eher zu empfindlich und Helligkeit war mitunter unangenehm. Aber unter diesen Bedingungen sahen wir so ziemlich alles.
Für einen Moment glaubten wir ganz alleine zu sein, da trat Athena an uns heran. Schon länger hatte ich mich gewundert, dass sie nicht gealtert zu sein schien. Ich hatte gedacht es läge daran, dass wir sie so lange kannten. Aber, dass sie sich uns so geräuschlos genähert hatte, suggerierte etwas anderes.
"Hallo Athena", grüßte ich die dunkelhäutige Frau mit lockigen langen Haaren.
"Ich grüße euch." Sie machte eine Pause, bevor sie fortfuhr. "Ich wollte euch alleine antreffen. Dies scheint mir gelungen zu sein. Ihr brennt darauf, die Reise zu beginnen. Seid bitte vorsichtig. Große Ereignisse stehen bevor."
Danach schwieg sie. Auch Nachfragen, warum wir vorsichtig sein sollten, vermochten ihre Lippen nicht zu entsiegeln. Es war für meinen Geschmack sehr orakelhaft.
Wir schliefen in dieser Nacht nicht sonderlich lange. Wir wollten früh aufbrechen, um möglichst viel Strecke bei Nacht zurückzulegen. Die Reise würde sicherlich einige Zeit dauern. Und je schneller wir ankamen, desto eher konnten wir uns überzeugen, was an den Legenden dran war.
Dabei wussten wir natürlich nicht genau, wohin wir mussten. Kannten den ungefähren Bereich, wo wir suchen würden. Wir hofften, dass wir irgendwie auf Spuren stießen. Es würde sich sicherlich herumsprechen, wenn jemand besondere Dinge tat. Ich hoffte bloß ich erinnerte mich gut genug. Wobei ich allerdings auch keineswegs sicher war, ob alles wirklich genau so geschehen war. Dazu kam noch, dass Überlieferungen zum Wandel neigten. Besonders mündlich weitergegebene Geschichte tendierte dazu, sich zu verändern.
Die Amazone, welche berichtet hatte, sollte vor Ort sein. Wenn wir sie fanden, würde sie uns sicherlich helfen. Aber auch diese mussten wir erst finden, da sie vielleicht auf Wanderschaft wäre. Es gab also keinen Ort, wo wir uns einfach hinwenden konnten. Ich überlegte zwar ständig, welchen Ort wir am Besten aufsuchen sollten, aber irgendwie kam mir dies nicht in den Sinn. Es was einfach schon zu lange her, dass ich mich mit diesem Teil der Geschichte beschäftigt hatte.
Die ersten Stunden waren geprägt von angenehmer Dunkelheit. Wir schienen ganz allein auf dieser Welt zu sein. Konnten offen sprechen ohne Angst, dass uns jemand hören würde.
Es half natürlich, dass die Straße hier kaum benutzt wurde, erst nach einigen Stunden kamen wir an eine Römerstraße. Diese würde uns zumindest in die richtige Richtung leiten. Wobei die Straße nicht dem entsprach, was ich als Römerstraße kannte. Es war staubig. Die Römer waren hier wohl bisher nicht zum Ausbau gekommen. Aber der Ausbau und Zustand von Straßen würde wohl zu allen Zeiten ein Thema bleiben. Mit Grauen dachte ich an den Kölner Ring. Angenehm war der Staub nicht, würde uns aber ganz sicher nicht umbringen. Die Unsterblichkeit brachte schon einige Vorteile mit sich.
Die Sonne stieg immer höher, als wir auf einige pausierende Reisende stießen. Unsere Muskeln spannten sich ein wenig, was man durch unsere hellen Gewänder aber nicht sah. Die Amazonen hatten inzwischen Kleidung hergestellt, welche so kunstvoll getragen wurde, dass ein Kampf kein Problem darstellte. Zugleich sah diese aber so aus, als trügen wir nur eine Art Kleid. Selbst das Schwert fiel nicht auf und wurde durch Falten verborgen.
Ich trug so ein Kleid. Auch als Mann im Körper einer Frau, war dies wohl einfach so, dass man nicht zu auffällige Kleidung trug. Schließlich wollten wir nicht zeigen, wer wir waren. Das wussten bereits viel zu viele.
So grüßten wir, die jungen Reisenden und wechselten einige Worte. Ich stellte Britanny als Elli und mich als Nexa vor. Es war einfach toll, dass man seine Identität ständig neu erfinden konnte. Details gaben wir kaum preis.
Sie waren auf dem Weg zum Tempel des David in Jerusalem. Eine Pilgerfahrt, bei näherer Betrachtung sah ich dann, dass sie viel zu harmlos für eine so lange Reise erschienen. Entweder spielten sie uns etwas vor, oder waren wirklich so naiv. Glaubten sie wirklich, dass sie es als Gruppe von drei Frauen und zwei Männern schaffen zu könnten?
Konnten wir es wagen? Schließlich merkte ich, dass der Hunger sich immer stärker ins Bewusstsein drängte. Andererseits dachte ich daran, dass wir vielleicht auch Geld brauchen würden. Die Amazonen hatten nur geringe Barschaften, die gerade ebenso zur Verwirklichung ihrer Pläne reichten. Und da der Aufbau eines Netzwerkes auch in unserem Sinne stand, hatten wir darauf verzichtet, um Geld zu bitten. Bei diesen Fremden befingen mich weniger Skrupel.
"Da unsere Wege die gleiche Richtung einschlagen, machen wir euch ein Angebot. Wir werden euch unterstützen und wenn euch, bis sich unsere Wege trennen, kein Leid geschieht, dann wären wir für einen Lohn dankbar."
Ich hatte natürlich viel zu geschwollen geredet. Britanny übersetzte es ihnen noch und zeigte eine kleine Demonstration des waffenlosen Kampfes. Einer der Jünglinge, war bereitwillig ihrer Aufforderung gefolgt, sie anzugreifen und durch gekonnte Anwendung von Kampfkunst ein Stück weit geflogen.
Die anderen hatten gestaunt, wir aber nur erklärt, dass zwei Frauen sich verteidigen können mussten. Allerdings ging mir nun auf, dass wir für die Hoffnung auf einen Lohn, weiterhin in dieser Gestalt bleiben müssten. Dies war eher ärgerlich. Ich wollte endlich wieder ein Mann sein. Nicht, dass ich nicht auch in dieser Form klar kam, aber irgendwie fühlte es sich doch falsch an.
Von den Pilgern erfuhren wir nach und nach, dass sie reiche Eltern in Athen hatten. Sie konnten sich diese Reise erlauben, allerdings waren sie ziemlich naiv, dass sie uns diese Information so anvertrauten. Entweder war ihr Ego so groß oder sie waren Aufschneider. Eigentlich konnte es uns egal sein. Auch mit sieben Personen würden wir überfallen werden.
Es war eigentlich schön, mal nicht alleine zu reisen. Auch wenn mein Hunger mich immer wieder daran erinnerte, was in mir für ein 'Dämon' lauerte, aber der Hunger würde sicherlich bald gestillt werden. Wir hatten uns weit außerhalb unseres Jagdgebietes entfernt, wo man vorsichtiger geworden war. Es gab hier sicherlich Gesindel, was diese Gruppe für harmlos hielt.
Nach einiger Zeit, machte mich Britanny darauf aufmerksam, dass der junge Mann, namens Benjamin anscheinend eine ganz andere Intention bei mir hatte, als die Unterhaltung, welche ich führte. Die lange Zeit unter Frauen, hatte mich natürlich völlig dem Balzverhalten von meinen Geschlechtsgenossen entfremdet. Erst jetzt ging mir auf, auf was er wohl aus war. Einerseits müsste mir das schmeicheln, andererseits war ich fest mit Britanny zusammen. Aber würde er akzeptieren, dass zwei Frauen so miteinander zusammen waren? Schämte ich mich jetzt etwa für meine Beziehung mit Britanny?
Wieder dachte ich an die Amazonen, da war unsere Beziehung, fast normal gewesen. Auch sexuell gab es eine ziemliche Offenheit, aber ich entsann mich auch, dass es nicht überall so war, wie in diesem Tal. Etwa, dass im Griechenland der Antike, Frauen nicht viel zu sagen hatten.
Ich war unsicher, ob es Scham oder nur Vorsicht war. Ich hatte allerdings auch nie gelernt, wie man sich Verehrer erwehrte. Wie brachte ich ihm bei, dass ich nicht interessiert war? Es war wirklich eine ziemliche sexuelle Verwirrung, wenn man das Geschlecht wechseln konnte. Unter den Amazonen hatte ich es nie bemerkt. Aber hier verunsicherte mich dies. Wie Britanny das wohl gemeistert hatte?
Der einfachste Weg, wären wohl klare Worte. Aber war dies nicht zu rau? Ich versuchte möglichst wenig interessiert zu sein. Fragte möglichst nichts Persönliches. Sondern versuchte mein Wissen, um die aktuellen Geschehnisse zu ergänzen. Was wir von den Amazonen wussten, über die derzeitige Lage, war nicht so viel, wie mir lieb war.
Bei einer Pause geschah es dann, dass ich etwas abseits in die Büsche ging. Trotz der Verwandlung in diese Wesen, welche wir jetzt waren, war dies ab und an unumgänglich. Leider ging dies nicht so bequem, wie in männlicher Form.
Da stand er plötzlich vor mir. War er wirklich so arrogant oder hatte er die Unterhaltung missverstanden. Auch mir war es schon mal so gegangen, dass ich das Verhalten einer Frau missverstanden hatte, das aber lag viele Jahrhunderte zurück in der Zukunft.
"Du siehst schon, dass ich beschäftigt bin?", fragte ich dann schließlich mit deutlichem Groll in der Stimme, als er sich nicht von selbst zurückzog. Auf einmal verstand ich auch, warum Frauen sich angewöhnt hatten zu zweit auf Toilette zu gehen. Zur Abwehr von Gefahren und lästigen Kerlen.
Er sah mich unsicher an. "Ich mag dich und wollte dir das sagen, wenn wir alleine sind."
Meine Gedanken rasten. Er schien eher der schüchterne Typ zu sein. Wenn ich jetzt etwas Falsches sagte, wäre er für sein Leben gezeichnet. Warum musste ich bloß schon wieder so geprüft werden.
Ich ordnete meine Kleidung, dass sie nun wieder alles verdeckte, und stand auf. Mir gingen Antworten durch den Kopf, die ich aber alle verwarf.
"Ich bin bereits vergeben", antwortete ich schließlich wahrheitsgemäß die ungestellte Frage.
"An wen?", kam sofort die Gegenfrage.
Sollte ich hier etwa die Wahrheit sagen? Würde er mir das überhaupt glauben? Ich sagte dann schließlich Britannys derzeitigen Namen Elli. Es passte irgendwie erstaunlich gut.
Sein Blick wurde skeptisch. Vielleicht kannte er das nicht. "Aber ihr seid beide Frauen."
"Die Liebe geht seltsame Wege." Eingestehen, dass ich eine Frau wäre, wollte ich dann doch nicht.
Sein Blick wurde bedrückt und er verzog sich. Keine Ahnung, was ich davon halten sollte, bis schließlich Britanny aus den Büschen hervortrat. Sie hatte natürlich gelauscht. Unser Gehör war so fein, dass wir manchmal gar nicht umhinkamen ungewollt Gespräche zu belauschen. "Du hast es also zugegeben, dass du mit mir zusammen bist."
Sie küsste mich intensiv.
"Deine Antwort hat den armen Kerl ziemlich getroffen. Aber gegen unsere Verbindung haben nicht einmal die Jahrtausende etwas bewirkt."
Ich wusste nicht warum, aber es kam mir ziemlich romantisch vor. Für einen Moment fragte ich mich, ob ich vielleicht doch verweiblichte. Dann fiel mir aber ein, wie lange ich jetzt bereits Monster gewesen war. Wenn die Form auf den Charakter abfärbte, dann hätte dies sicherlich zu einem monströseren Verhalten geführt.
Oder konnte ich mich durch die Verwandlungen endlich ausleben, ohne in ein Rollenklischee gesteckt zu werden. Es erschien mir irgendwie befreiend, nicht mehr festgelegt zu sein.
"Warte nur bis ich wieder meinen ursprünglichen Körper habe", drohte ich Britanny scherzhaft und überlegte, warum ich mich Nexa genannt hatte. Mir war einfach danach gewesen. In dieser Zeit konnte man noch jederzeit eine andere Identität annehmen. Später würden wir vielleicht mal das Leben von anderen übernehmen müssen.
Wir umarmten uns kurz, denn vieler Worte bedurfte es nicht. Es gab wirklich dieses unsichtbare Band zwischen uns, was bisher keine andere Körperform unterbunden hatte. Ob dies wohl so bleiben würde?
Ich hörte den Herzschlag aus dem Gebüsch. Hatte Benjamin etwa zugehört. Ich war mir nicht mehr sicher, in welcher Sprache wir gesprochen hatten. Ich hoffte, es wäre Inoxcro gewesen, denn dann, hätte uns niemand verstanden. Ansonsten würde er sich jetzt fragen, was ich mit ursprünglichem Körper meinte.
Wenig später waren wir wieder bei der Gruppe. Bis auf Benjamin spürte ich keinen Verhaltensumschwung. Es wich mir jetzt aus. So hatte ich wenigstens ein wenig Zeit darüber nachzudenken, wie wir jenen, den wir suchten, finden würden. So genau wusste das ja keiner von uns, andererseits wollte ich auch nichts verpassen.
Unsere Informationen reichten einfach nicht und es gab viele Prediger in dieser Zeit, die alles Mögliche predigten.
Britanny und ich unterhielten uns leise. Natürlich in Inoxcro, schließlich war es schon schlimm genug, wenn Benjamin nun Seltsames über uns dachte.
Es wurde bereits langsam dunkel. Der Weg vor und hinter uns lag verlassen dar. Scheinbar verlassen, wie wir schnell feststellten. Zu beiden Seiten befanden sich bizarre Felsstrukturen. Taktisch eignete sich der Ort für einen Überfall, erkannte ich schließlich.
Wir waren unaufmerksam gewesen. Denn schon standen zwielichtige Gestalten vor und hinter uns. Jetzt war ich froh, dass wir Schwerter dabei hatten. Mit Krallen könnten wir vor Publikum schlecht kämpfen. Alles in mir drängte zur Verwandlung, aber dann hätte es neue Mitwisser gegeben. Die Amazonen waren verschwiegen, auch der Caesar war es, wobei dieser nur einen kleinen Teil wusste. Eine Verwandlung musste vermieden werden.
"Du nimmst die vorne, ich die hinten", zischte mir Britanny zu. Ganz unauffällig positionierten wir uns. Es sah aus, als wäre Britanny ein wenig ängstlich. So geschickt bewegte sie sich nach hinten. Es waren etwa ein Dutzend dunkle Gesellen. Die Intentionen waren schnell klar. Sie witterten wohl leichte Beute.
"Wir sind freie Zöllner und verlangen nun die berechtigte Abgabe für eure Weiterreise. Ihr könnt die in Wertsachen oder", er sah dabei uns Frauen an: "in Naturalien begleichen."
Anscheinend wollte er sich die Attraktivste aussuchen. Hinter mir hörte ich die anderen schluchzen und ängstliche Geräusche von sich geben. Ich dagegen zeigte mein schönstes Grinsen. Auch wenn es in dieser Gestalt nicht furchteinflößend wirkte, so verfehlte es die Wirkung nicht. Ein wenig Unsicherheit machte sich breit.
"Heute ist ein guter Tag zu töten", sagte ich frech und zog mein Schwert.
"Schaut mal, die hat ja ein Schwert", kam es höhnisch.
Ich stand da und wartete ab. Überlegte wie ich die vor mir überwältigen könnte. Das Schwert geworfen würde einen Ausschalten und die anderen sicherlich zumindest überraschen. Dem Gegner nie die Initiative überlassen.
"Jetzt", zischte ich und warf mein Schwert, was Britanny machte, sah ich nicht, musste den Moment der Überraschung voll ausnutzen. Stürzte sofort auf dem Nächsten. Unsere wirklich Kraft durften wir hier nicht zeigen. Nicht mit Zeugen. Alleine zu reisen, wäre einfacher gewesen. Für den Moment dachte ich nicht an Schuldgefühle, sondern gab mich hin. Wehrte Schwerthiebe mit der Hand ab. Schleuderte Angreifer hinter mich. Hatte zwischendurch ein Schwert in der Hand, dann wieder nicht. Unsere Begleiter gaben Laute der Angst von sich. Sie kauerten sich in ein wenig abseits zwischen zwei Felsen.
Es hatte schließlich nur ein paar Minuten gedauert, bis alle Angreifer tot waren. Für einen Moment hatte ich darüber nachgedacht Gnade zu zeigen, aber dann überlegt, welches Leid diese Menschen angerichtet hatten. Für einen Augenblick sah ich Benjamin, der mich verwirrt und ein wenig ängstlich ansah. Irgendwie traf mich dies mehr, als das, was ich gerade gemacht hatte.
Wir schickten unsere Begleiter ein Stück weiter. Sie gehorchten, wohl noch immer unter Schock stehend. Dann kümmerten wir uns um die Leichen. Sprich, wir tranken. Satt waren wir jetzt und es würde für eine Weile reichen.
"Wir könnten uns jetzt verwandeln", deutete ich an meinen Wunsch an. Britanny schüttelte aber mit dem Kopf.
"Ich weiß, dass du lieber wieder ein Mann wärst, aber jetzt haben wir uns verpflichtet, diese jungen Leute zu begleiten. Wir sollten sie nicht alleine lassen. Außerdem kannst du in der Form einiges über Männern lernen."
Über Männer lernen? Wollte sie jetzt etwas, dass ich am eigenen Leib spürte, wie es Frauen erging? Das würde wohl kaum passieren. An meinem Charakter hatte sich nichts geändert. Es war nur das Äußere. Also warum sollte es mich beeinflussen?
Wir säuberten uns und durchsuchten die Halunken. Es kamen ein paar Münzen zusammen. Aber keine wirklichen Wertsachen. Auf einmal taten mir die armen Schlucker leid. Vielleicht konnten sie nicht anders überleben. Innerlich wogte es in mir hin und her.
Britanny rüttelte mich auf. "Ich weiß, du hast wieder deine moralische Phase. Wäre es dir lieber, wir hätten die jungen Leute genommen? Sie haben uns angegriffen oder es zumindest vorgehabt. Das konnte ich deutlich sehen. Sicherlich wären sie auch nicht vor einer Vergewaltigung zurückgeschreckt. Hilf mir, sie hinter diese Felsen zu werfen." Mit dem Schwert hatte Britanny längst die Bissspuren unkenntlich gemacht.
Ich half, wenngleich es innerlich noch in mir wütete. Würde es jemals leichter werden so zu leben? Andererseits wollte ich leben. Die Alternative sagte mir gar nicht zu.
Wir gingen langsam zu der kleinen Gruppe. Diese starrten uns erst etwas schüchtern an. Dann fasste sich Chaja endlich ein Herz und meinte: "Es war unglaublich, wie ihr gekämpft habt. Ich hätte nicht gedacht, dass dies möglich ist."
Bescheiden meinte Britanny: "Wir haben auch lange trainiert und der Vorteil ist, dass Männer Frauen leicht unterschätzen."
Mir kam es vor, als hätte sie das Letzte in meine Richtung gemeint. Ich hoffte, nur um das Gesagte zu unterstreichen und nicht mit einer noch tieferen Bedeutung. Schließlich hatte ich sie nie unterschätzt. Es gab einfach Dinge, die konnte sie besser als ich. Anderes lag mir mehr. Etwa Schriften und Buchwissen.
Benjamin starrte mich noch immer an. Es war ein seltsamer Gesichtsausdruck, den ich nicht zu deuten wusste. Insgeheim hoffte ich, dass es ein wenig Angst wäre, denn ich wollte mich nicht mit Annäherungsversuchen beschäftigen müssen.
Für einen Moment überlegte ich, ihn zu schockieren. Britanny hier auf der Stelle zu küssen. Dies war aber sicherlich nicht der richtige Weg für mehr Toleranz zu werben.
Die weitere Reise verlief erst einmal ruhig, wobei uns die drei Frauen immer wieder darum baten ihnen etwas beizubringen. Zögerlich gaben wir ein paar Tipps für Schwertkampf und wo bei Männern die Schwachpunkte waren. Gleichzeitig empfahlen wir
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Lupus Malus
Bildmaterialien: Lupus Malus
Cover: Lupus Malus
Tag der Veröffentlichung: 24.11.2018
ISBN: 978-3-7438-8739-8
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