Johnny hatte von seinen Freunden einen fast normalen Tod zum Nacherleben geschenkt bekommen. Dies war aktuell schwer in Mode. Bisher hatte er sich erfolgreich rausreden können, weil er keinen gesteigerten Bedarf darauf legte zu erleben, wie man starb. Lange hatte er gezögert, den Gutschein einzulösen, aber die Freunde nervten ihn immer wieder. Schließlich entschied er sich, den örtlichen Todeshändler aufzusuchen und es hinter sich zu bringen. Er konnte die ständigen Nachfragen nicht mehr ertragen, dennoch blieb die Nervosität, die ihn schon immer bei neuen Erfahrungen begleitete.
Mit unsicheren Schritten betrat er die Filiale der Sensenmann AG. Personal gab es hier keines, weswegen ihn auch eine computergenerierte weibliche Stimme aus einem verborgenen Lautsprecher grüßte.
"Guten Tag, wie kann die Sensenmann AG Ihnen heute einen guten Tod bringen?"
Johnny sah sich nach der Quelle der Stimme um. "Ich habe einen Gutschein geschenkt bekommen und wollte diesen nun einlösen."
"Was für einen Tod möchten Sie?"
Auf einem Wanddisplay erschienen verschiedene Todesarten. Johnny betrachtete diese lange und eingehend, konnte sich aber einfach nicht entscheiden. Die Stimme drängte ihn aber auch nicht, fast als wüsste sie, wie schwer ihm dies fiel. Die Beschreibungen klangen vage und trotzdem wurde Johnny bei jeder einzelnen mulmig.
"Ich kann mich einfach nicht entscheiden", brachte er schließlich hervor und war froh, dass hinter ihm keine Schlange wartete. Nichts war schlimmer als eine schwere Entscheidung zu treffen und dabei auch noch unter Druck zu stehen.
"Der Zufallsgenerator kann einen guten Tod für Sie auswählen, wenn Sie wünschen."
Da er nicht wusste, wie man einen 'guten' Tod wählte, ließ Johnny den Computer per Zufall wählen. Am liebsten hätte er gar nicht gewählt und wäre einfach wieder gegangen. Der Gedanke einen Tod zu erleben, verursachte Beklemmung bei ihm. Das war ein Thema, mit dem er sich lieber gar nicht befassen wollte.
Während Johnny anschließend im Wartezimmer der Sensenmann AG auf die Bereitstellung der sehr umfangreichen Datei mit dem Todeserlebnis wartete, las er zur Ablenkung einen Artikel über den Wandel zur elektronischen Unsterblichkeit auf seinem Ärmeldisplay. Seine Finger zitterten leicht, während er durch den Text scrollte. Der Ärmel konnte fast wie die gesamte Kleidung inzwischen zum Lesen genutzt werden. Druckbare OLEDs machten dies möglich. Teilweise wurde auch Werbung über die Klamotten eingeblendet. Akzeptierte man Werbeeinblendungen, gab es die Kleidung inzwischen häufig sogar kostenlos. Johnny verstand nicht, warum die ältere Generation werbefinanzierte Kleidung ablehnte.
Der Artikel, welchen er nur las, um das mulmige Gefühl zu vertreiben, wusste Johnny zu berichten, dass es seit kurzem möglich war, ein Bewusstseinsbackup zu machen. Das hieß,
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 13.04.2015
ISBN: 978-3-7368-8921-7
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