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Woran denke ich, wenn ich über die Farbe GELB nachdenke?

 

Die Gruppe „Biografisches“ im BookRix-Verlag München hat zu einem Schreibwettbewerb über die Farbe Gelb aufgerufen. Dem will ich gerne nachkommen.

 

Als jemand, der als Fremder schon über ein halbes Jahrhundert in Schleswig-Holstein lebt, kommen mir als erstes die weiten Flächen der im Mai blühenden gelben Rapsfelder in den Sinn. Mein Freund Walter aus dem bayerischen Wald war geradezu davon überwältigt, als er mich zum ersten Mal in einem Monat Mai besuchte. Und der Sportverein in der Kleinstadt Plön veranstaltet in jedem Mai einen 5 und einen 10 Kilometer langen „Rapsblüten-Lauf“ und eine Walking-Tour durch die gelben Felder.

 

Die Farbe Gelb leuchtet auch in jedem Jahr durch zahlreiche Lämpchen in der Vorweihnachtszeit in den Häusern und Vorgärten. Auch die meisten Lampen strahlen mit einem gelben Licht. Das ist für unsere Augen schonender, als das grelle weiße Licht der Neonröhren in mancher Werkstatt.

 

Auch die Wandfarben in den Räumen, wo ich allwöchentlich zur Krankengymnastik gehe, leuchten in einem zurückhaltenden gelb. Gelb ist die Farbe von Heiterkeit und Optimismus, von Wahrheit, Rationalität, Wissen und Weisheit, erfährt man in Wikipedia. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man das als Wandfarbe gewählt hat.

 

Gelb war auch der Raum gestrichen, in welchem ich auf meine Impfung gegen Covid-19 (Coronavirus SARS-CoV-2) wartete. Davon möchte ich ausführlicher berichten.

 

Schon seit Monaten war für mich klar, dass ich mich impfen lassen werde. Dafür sprechen für mich folgende Gründe: Zum Ersten leiste ich damit einen persönlichen, wenn auch sehr kleinen Beitrag zur Bekämpfung dieser schrecklichen Pandemie. Zum Zweiten komme ich bei der Risikoabwägung zu dem Schluss, dass es sehr viel wahrscheinlicher ist, sich mit diesem Virus anzustecken und eine schwere Erkrankung oder gar den Tod zu erleiden, als durch eine Impfung schwer zu erkranken. Und Langzeit-Nebenwirkungen habe ich mit über achtzig Jahren wahrscheinlich in diesem Leben nicht mehr zu befürchten. Und zum Dritten habe ich großes Vertrauen in die medizinische Wissenschaft. Mir ist bewusst, dass ich ohne die Erkenntnisse der heutigen Zeit längst nicht mehr am Leben wäre.

 

Als ich mich online zum Impfen anmeldete, bekam ich sofort einen Termin im Impfzentrum unserer Kreisstadt in der Jugendherberge Bad Oldesloe, den 6. Januar 2021, den zweiten Tag, an welchem bei uns in Schleswig-Holstein die über Achtzigjährigen geimpft wurden. Und ich erhielt auch gleich den Termin für die zweite Impfung. – So fuhr ich mit großen Erwartungen dorthin.

 

Schon am Eingang, bevor man das Gebäude betreten durfte, wurde mit einem digitalen Messgerät an der Stirn Fieber gemessen. Erst dann durfte man in das Gebäude zur Anmeldung. Dort überprüfte ein Soldat der Bundeswehr anhand meines Personalausweises und meiner Anmeldebestätigung meine Terminvereinbarung für die Impfung. Dann erhielt ich von ihm ein Merkblatt und eine Marke mit der Nummer F 83, und er bat mich, in dem Warteraum, wo die Stühle mit nötigem Abstand an markierten Stellen standen, Platz zu nehmen und zu warten, bis meine Nummer auf dem großen Monitor angezeigt wird.

 

Die Wände des Warteraums waren gelb gestrichen. Die gelben Wände und die Nummer F 83 werden mir immer im Gedächtnis bleiben. – So ähnlich lief es ab, als ich am 8. März 1959 im Flüchtlingslager in Berlin-Marienfelde als „jugendlicher Ostzonenflüchtling“ mit der Nummer 324 in der Hand auf meine Abfertigung wartete. (Ich war also vormittags um 11.00 Uhr schon der 324. Flüchtling. Bis zum Abend sollten es an diesem Tag noch über 1.200 werden.) Die Nummer 324 ist mir nach über sechzig Jahren noch in Erinnerung. So wird wohl auch die Nummer F 83 in meinem Gedächtnis haften bleiben.

 

Schon nach kurzer Wartezeit erschien meine Nummer auf dem Monitor. Dort wurde auch angezeigt, in welchen Raum ich mich zu einem Beratungsgespräch begeben sollte. Da ich schon sehr gut über die Wirkung des Impfstoffes Bescheid wusste, hatte ich nur eine Frage an die Ärztin: Wie lange muss ich pausieren, bis ich wieder meine Fitness-Geräte benutzen darf. Die Antwort darauf: Wenn keine Nebenwirkungen auftreten, genügt es, wenn ich einen Tag pausiere.

 

Dann ging alles sehr schnell. Die Ärztin begleitete mich in einen anderen Raum. Sobald ich meinen linken Arm frei gemacht hatte, wurde ich geimpft. Das sieht für mich im Fernsehen immer sehr martialisch aus, wenn mit einer fünf Zentimeter langen Nadel in den Oberarm gestochen wird. Doch jetzt habe ich den Piks kaum gespürt. (Ich kann also jedem die Angst vor dem Piks nehmen).

 

Danach ging es wieder in einen Warteraum mit Stühlen auf markierten Plätzen und einer Liege. Auch dieser hatte gelb gestrichene Wände. Dort sollte man etwa fünfzehn Minuten Platz nehmen und abwarten ob in dieser Zeit Nebenwirkungen auftreten. Danach wurde man von einer Fachkraft aufgerufen und befragt, ob man unangenehme Nebenwirkungen verspürt. Da das nicht der Fall war, durfte ich gehen. – In dieser Zeit habe ich nicht erlebt, dass irgendwer wegen Nebenwirkungen behandelt werden musste.

 

Auch zu Hause verspürte ich keine Nebenwirkungen, sondern hatte in der ersten Nacht wie nach jeder Impfung nur ein etwas dumpfes Gefühl an der Einstichstelle. So kann ich nur jede und jeden dazu ermuntern, sich auch impfen zu lassen, sobald das möglich ist.

 

Am 27. Januar erhielt ich, wie in Schleswig Holstein ganz planmäßig üblich, die zweite Impfung. Auch diese verlief ganz ohne Nebenwirkungen. Mein Masseur, bei dem ich regelmäßig Fango-Massagen erhalte, meinte, nun könne ich wieder problemlos zur Disco gehen, allerdings ohne meine Frau, weil sie noch keine achtzig ist, sondern mit einer über Achtzigjährigen. Ach nein, das ginge noch nicht, denn die Geimpften erhalten keine Privilegien.

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Tag der Veröffentlichung: 02.03.2021

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