Es war im März 1943. Ich war damals viereinhalb Jahre alt. Die Schlacht von Stalingrad, bei der die 6. deutsche Armee von der Roten Armee vernichtend geschlagen wurde, machte zum ersten Mal deutlich, dass auch denkbar ist, dass das nationalsozialistische Deutschland den Krieg verlieren könnte. Um das zu verhindern, gaben die Nationalsozialisten den politischen Glaubensgrundsatz auf, die Frau gehöre als bescheidene und zurückhaltende Ehefrau und gute Mutter möglichst vieler Kinder an den heimischen Herd. Nun war die Frau als Arbeiterin in der Waffenproduktion gefragt. Auch meine Mutter, Hausfrau und Mutter von fünf Jungen, überzeugte Nationalsozialistin und Trägerin des Mutterkreuzes, die bisher nur die Ortsgruppe „Mutter und Kind“ der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) ehrenamtlich leitete, wollte nicht abseits stehen, sondern Vorbild sein und ihren Beitrag für die Sicherung des „Endsieges“ leisten. Deshalb teilte sie mir und meinem zwei Jahre jüngeren Bruder nach der Niederlage von Stalingrad mit, dass wir beide ab morgen in den Kindergarten gehen müssten, da sie in der örtlichen Metalldreherei, welche nun Gewehrmunition herstellte, mitarbeiten wolle. Meine drei älteren Brüder gingen bereits zur Schule und stellten somit kein zeitliches Problem dar. Nur wir beide standen der Fabrikarbeit unserer Muter im Wege.
Am darauffolgenden Morgen wanderten wir zu dritt zum etwa einen Kilometer von unserem Haus entfernten Kindergarten. Unsere Mutter redete auf dem Weg auf uns ein und erzählte, wie schön und interessant es wäre, mit anderen Kindern gemeinsam
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Bildmaterialien: Kriegsbild von Dietrich Martin, 4 Jahre alt, 1931
Tag der Veröffentlichung: 07.05.2016
ISBN: 978-3-7396-7568-8
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