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Titel

 

EIN T3 AUF ABWEGEN

Spannende Geschichten aus Afrika

 

René Bauer & Andrea Kaucká

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein T3 auf Abwegen © Copyright René Bauer & Andrea Kaucká. All rights reserved.

Danksagung

Ich möchte mich bei all denen bedanken, die mich bei diesem Projekt unterstützt haben und die mich motiviert haben, es überhaupt zu schreiben.

 

Andrea verdient für ihre Geduld und die guten Einfälle ebenfalls einen dicken Schmatzer. Toll, dass es dich gibt!

 

Ein extra Dankeschön geht an Wardruna, Nick Cave & The Bad Seeds und stundenlange Liquid Drum & Bass Remixe auf Youtube für die musikalische Untermalung beim Schreiben und die nötige Energie.

1. Vorwort

Schön, dass ihr das Buch aufgeschlagen habt und nun in brennender Erwartung dessen seid, was wir hier zu Papier gebracht haben. Es wird sicherlich keine sensationelle Geschichte darüber, was wir für Helden sind, dass wir die halbe Welt durchquert haben, nein, hier geht es um etwas anderes. Sicher, wir sind jetzt, im Jahre 2020 seit 12 Jahren auf dem afrikanischen Kontinenten unterwegs, da erlebt man schon so einiges und könnte alles irgendwie in ein abenteuerliches Buch verwandeln, aber es geht hier um etwas spezielleres. Es geht um unsere Abenteuer in einem Fahrzeug, welches zu einer Ikone und einem Kult wurde, weltweit bekannt ist und sowohl ein Segen, als auch ein Fluch zugleich ist. Ein Fahrzeug, welches sowohl ihre Besitzer inspiriert, als auch in den finanziellen Ruin getrieben hat. Lassen wir uns über ein Loch ohne Boden reden, theoretische Physiker nennen es auch ein schwarzes Loch oder Wurmloch, wir nennen es den Volkswagen Transporter, um spezieller zu sein, T3. Und glaubt uns, liebe Leser, auch wenn man keinen T3 oder von Autos nur wenig Ahnung hat, dann macht das nichts. Einfach weiterlesen und sich die ganzen Geschichten und Erfahrungen auf der Zunge zergehen lassen. IHR könntet als nächstes am Strassenrand liegenbleiben. Nicht, dass es hier im zivilisierten Europa so "spannend" werden würde, wie in Afrika, aber immerhin muss man sich einen Kopf machen.

 

Das Vorwort teile ich einmal in 3 Teile mit 3 Grundfragen: Warum Afrika? Warum Abenteuer? Warum ein T3?

 

 

Warum Afrika?

Die Wiege der Menschheit liegt in Afrika. Uralte Zivilisationen kommen von dort: die alten ägyptischen Dynastien, wilde Touareg und Beduinen, unsere Ur-Ahnin „Lucy“, der Voodoo, und mit ihm sämtliche kleine, mit Nadeln durchstochene Strohpuppen, die das Leben von Millionen von Menschen verändert und beeinflusst haben. Buschmänner haben uns dort ihre jahrtausende alten Felsmalereien hinterlassen und da gäbe es noch so vieles mehr, was ich anführen könnte. Wir hatten jedoch viel einfachere Gründe, nach Afrika zu reisen: wilde Tiere, endlose Landschaften, bunte Völkerstämme, die Seele voller Freiheit! Stellt euch den Geruch der Savanne nach einem Regen vor, die Geräusche des Busches bei Nacht, die unendlichen Sterne, wenn man am Lagerfeuer sitzt, das Gefühl von Abenteuer und Freiheit. Afrika fasziniert, Afrika verzaubert und Afrika kann man eigentlich nur lieben. Oder von Anfang an hassen und nie wieder hinfahren. Für uns kommt es manchmal, wie auch in jeder menschlichen Beziehung, einer Hassliebe gleich. Im Jahre 2008 haben wir den Kontinenten das erste Mal betreten, bzw. befahren. In unserem Nissan Patrol haben wir ihn durchquert, von Tunesien bis nach Südafrika, insgesamt 10 Monate und 55.000km voller Abenteuer und Erlebnisse, die uns prägten und süchtig nach mehr machten - nach mehr Afrika und nach mehr Abenteuern. Afrika ist für uns ein Lebensstil, eine Einstellung, eine Philosophie. Ja, wir wissen, daß es andere Kontinente gibt, aber dort gibt es nicht die gleichen wilden Tiere oder die gleichen Einheimischen. Man muß den Kontinenten durchreist haben, um ihn richtig zu verstehen und auch zu vermissen.

 

 

 

Warum Abenteuer?

Andrea und ich wollten nie ein normales Leben führen. Es ist uns nicht wichtig, einer Karriere nachzugehen oder von Montag bis Freitag von 9-17 Uhr zu arbeiten. Ich könnte jetzt zum Sinn des Lebens kommen, wir könnten darüber diskutieren, woher wir kommen und wohin wir gehen. (Meine Antwort wäre eh: "Wir kommen aus Afrika und wir fahren wieder nach Afrika!") Wir machen es einfacher: Wir wollen die Freiheit genießen. Wir wollen unser eigenes Leben so führen und leben, wie wir es uns vorstellen und wie es uns Spaß macht.

 

Schon als Kind habe ich nichts anderes als Abenteuerbücher gelesen, ganz egal, ob Jack London´s „Ruf der Wildnis“ oder andere Romane, ich habe sie verschlungen und fing an zu träumen. Von Abenteuern, Gefahren, wilden Tieren, undurchdringlichen Dschungeln und geheimen Missionen. Jawohl, ich war schon von früher Kindheit an geschädigt und angesteckt. Andrea ist da ebenso. Sie mag kein "normal", sie will kennenlernen, probieren, kosten, neue Welten entdecken und genauso frei sein wie ich.

 

Glaubt mir, Abenteuer ist wie eine Droge. Je mehr man davon erlebt, umso mehr will man davon haben. Brauchen wir nicht alle irgendwie einen kleinen Adrenalinschub, so von Zeit zu Zeit? Andrea und ich haben beide nie einen Karrierejob gehabt, wir haben uns immer gesträubt, uns in eine Form pressen zu lassen. Und doch sind wir einer Form verfallen - der der "Abenteurer".

 

Es ist nicht immer leicht, dieses Leben zu führen. Man hangelt sich von Job zu Job, um Geld für sein nächstes Abenteuer zu verdienen, manchmal verweilt man an Orten, an denen man sich gar nicht wohlfühlt, manchmal möchte man auch einfach anfangen zu heulen, am liebsten würde man alles sein lassen, weil eine Situation sich so verfahren hat - oder weil in unserem Falle der T3 wieder einmal sein bockiges, störrisches Wesen in Form eines zerbrochenen Getriebes oder anderer, diverser Teile demonstrierte. Wir haben gelernt, damit umzugehen, denn wir sind uns immer einer Sache bewusst: WIR haben es so gewollt! Wer das Abenteuer wählt, bekommt es auch. Ausreden zählen nicht.

 

Warum in "drei Teufels Namen" ein T3?

Wie beginnt man eine Offroad Expedition? Ich denke mal, indem man das richtige Fahrzeug auswählt. Warum wir dabei nach all unseren Erfahrungen mit dem Nissan Patrol auf einen T3 kamen, verstehe ich immer noch nicht. Pure Verrücktheit, ein aufgeblasener Sinn fürs Abenteuer oder gnadenlose Selbstüberschätzung? Ich denke, eine gute Mischung aus Allem.

 

Was für ein Stück deutscher Ingenieurskunst ein T3 doch ist - es sieht aus wie ein Schuhkarton, es fährt wie ein Schuhkarton, wenn etwas repariert werden muss, dann braucht man theoretisch 10 ausgekugelte Finger, um an die ganzen Schrauben und Muttern zu kommen, die in den Untiefen des Vans versteckt sind - und das Ganze erfunden und designt von einem zwielichtigen, verrückten Designer, der wahrscheinlich auf Steroiden und Kokain war. Und trotzdem ist er eine Ikone der Autowelt, trotzdem zieht sein kantiges Design magisch an, trotzdem ist er aus dem Stoff gemacht, der einen träumen lässt und trotzdem hat er es geschafft, einer ziemlich großen, internationalen Gruppe von Autoliebhabern (meist Männern) sämtliche Gehälter aus der Tasche zu ziehen. Mich würde einmal interessieren, wie hoch die Scheidungsrate bei den Eheleuten ist, die einen T3 besitzen.

 

Was mich aber noch mehr verwundert, ist der Fakt, dass der T3 wie eine Frauenhandtasche ist! Genau das gleiche Prinzip. Er ist von innen grösser, als von außen. Ihr könnt euch ja sicherlich vorstellen, wie das mit einer Handtasche so läuft: Unscheinbar von außen, wenn man sie einmal aufmacht, dann findet man komplette, neue Sonnensysteme in ihr. Das ist für uns und unsere Passagiere ganz brauchbar und angenehm. Da muss ich den Designer (und Schrägstrich "Quantenphysiker") nun wieder loben.

 

Wir waren einfach im Jahr 2015 auf der Suche nach einem Minibus mit Allradantrieb, denn wir hatten eine Gruppe Bekannte und Abenteurer, die mit uns durch Afrika reisen wollten. Irgendwann kamen wir auf den T3 Syncro, den ein Bekannter von uns in Südafrika auf einer Farm stehen hatte. Ich hatte diesem Auto bisher nie viel Beachtung geschenkt - da ich in Europa einen viel schwereren Weg gewählt hatte und einen alten, russischen Lada besitze. Ich liebe diese Fässer ohne Boden. Es gibt sicherlich einfachere Wege, sein Geld zu verplempern, aber warum einfach, wenn es auch umständlich geht. Jedenfalls stand der T3 auf dieser Farm und zwinkerte uns zu. Fauchte mit seinem Motor und erregte unsere Aufmerksamkeit. Binnen kürzester Zeit hatte er uns in seinem charmanten Netz gefangen und wir waren infiziert. Das Versprechen von "Spannung" und Abenteuer reichte aus - wir planten unseren ersten Trip.

 

Ich werde in diesem Buch von unseren Erlebnissen, insbesondere mechanischer Art, erzählen, ich werde teilweise über den T3 herziehen und es mag euch so vorkommen, als hasste ich diesen Bus. Ich möchte hier jeden beruhigen – Andrea und ich lieben den T3, NIE hätte ich den Syncro als so geländetauglich eingestuft und trotz seiner Macken war und ist er uns ein treuer Begleiter. Liebevoll nennen wir ihn "Mistvieh" - das werdet ihr öfters lesen. Andrea und ich sind stolz darauf, gemeinsam mit dieser weltbekannten Ikone unsere Abenteuer in Afrika zu erleben. Viel hat er durchgemacht und viel wird er noch durchmachen und mein Herz macht jedes Mal einen Sprung, wenn er mich verschmitzt mit seinen Scheinwerfern angrinst.

 

Was ist "spannend"?

Ich habe ein Wort in meinem Wortschatz, vor dem sollte man lieber in Deckung gehen und den Kopf einziehen: "spannend". Meist fällt dieses Wort, wenn wir in der größten Bredouille stecken, wenn der Motor ausgeht, wenn wir in einem Fluss steckenbleiben, wenn die Bremsen versagen oder während wir das Auto aus dem Sand ausbuddeln. Dann fangen meine Augen an, wild zu leuchten, ein Lächeln zieht über mein Gesicht, ich drehe mich dann zu meinen Mitfahrern um, schaue in angstvolle oder zweifelnde Gesichter und rufe laut aus, dass es doch jetzt "spannend" werden würde. Das ist genau meine Art von Humor. Andrea verdreht die Augen, hebt ihre Augenbrauen an und um ihre Lippen spielt ebenfalls ein Lächeln, denn sie weiß, dass es für mich genau die richtige Dosis Abenteuer ist, sie weiß aber auch, dass wir beide es schaffen werden, uns alle aus dem Schlamassel wieder herauszuziehen. "Jetzt wird es spannend" hieß es auch, als man uns im Sudan als angebliche CIA Spione verhaftete und wir stundenlang bei der Staatssicherheit mit konfiszierten Reisepässen festsaßen. Oder, als wir neben einem Löwenrudel unseren T3 nicht mehr anlassen konnten. Oder die Kanone des Panzers genau auf uns zielte, während die Rebellen unser Auto mit Kalaschnikows umzingelten. Spannend! Aufregend! Abenteuerlich! Das ist nur als eine kleine Vorwarnung und Erinnerung gedacht für die, die uns kennen, bzw. die, die sich nach diesem Buch vielleicht dazu entscheiden, mit uns beiden auf Expedition zu fahren.

 

"Spannend" ist eine Lebenseinstellung - wir sollten lernen, zu leben und nicht nur auf den Tod zu warten. Das Leben ist kein langweiliges "Vor-sich-hin-leiden", sondern eine aufregende Zeit voller Überraschungen und Erlebnisse. Es ist "spannend". Aufgeben gibt es nicht. Es geht immer weiter, wir machen immer einen Plan, schauen positiv nach vorne. Das fällt natürlich nicht immer leicht, es ist ja nicht so, dass wir nicht auch mit Zweifeln oder Bedenken konfrontiert sind, aber die Entscheidung, positiv oder negativ zu sein, liegt NUR bei uns. Wir sind unseres Glückes Schmied, so abgedroschen es auch klingen mag. Bzw. drücke ich es einmal in einem T3 Kontext aus: Wir sind unseres eigenen VW-Busses Mechaniker. Und das macht es schon einmal sehr "spannend".

 

Lasst uns also zusammen losreisen, lasst uns zusammen träumen, lasst uns zusammen erleben und entdecken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Der erste Schritt ins Ungewisse

Es würde unsere erste Expedition im T3 werden, unsere ersten Mitfahrer würden in 2 Tagen in Johannesburg landen und wir hatten den Plan, von Johannesburg aus bis nach Simbabwe zu fahren, dort durch verschiedene Nationalparks und Höhlenmalereien der Buschmänner zu erkunden, weiter zu den Viktoriafällen zu fahren, am Karibastausee entlang nach Sambia, dann in Richtung malawische Grenze in den South Luangwa Nationalpark, danach durch Botswanas Makgadikgadi Salzpfannen in Richtung Südafrika zurück. Wir konnten es kaum erwarten, aus Johannesburg herauszukommen. Es ist eine Großstadt, über der die meiste Zeit eine Dunstglocke aus Smog hängt, wo man nachts nicht einfach so herumlaufen sollte und wo es keine wilden Tiere oder Natur gibt. Es ist eine ursprüngliche Bergbaustadt und dicht besiedelt. Was gut ist, wenn man Ersatzteile braucht oder einkaufen will, aber wir freuen uns immer, wenn wir so schnell wie möglich unterwegs ins Nirgendwo sind und die Stadt verlassen.

Ich kann jedoch nichts schönreden, wir kamen am ersten Tag auf Grund einer Panne noch nicht einmal aus Johannesburg heraus! Wir hatten diesen ersten T3 wie bereits erwähnt von unserem Bekannten aus Polokwane geliehen. Ein toller Bus, wie es schien, innen recht sauber, außen mit einem Schnorchel, großen Offroadreifen, höhergelegtem Fahrwerk und einem fauchenden 3l V6 Motor aus einem Ford. Das reichte für mich schon, um eventuelle Fehler am Wagen einfach zu ignorieren. Hauptsache, man(n) hat ordentlich Leistung und einem bissigen Motorenklang als Bonus konnte ich wirklich nicht widerstehen. Hinzu kamen die Differentialsperren, der mächtige Bullenfänger vorne und ein geräumiger Offroadanhänger. Ich hatte ganz klar die rosarote Brille auf, die riesigen Ölflecken unter dem Bus hatte ich nie bemerkt. Die leichten Geräusche des Anlassers interessierten mich ebenso wenig und die während der Fahrt selbstöffnende Schiebetür waren für mich kleine Details, die nicht weiter wild waren, ich würde ja nicht auf dem Platz neben der Schiebetür sitzen. Damals, vor 5 Jahren waren wir auch noch so wahnsinnig, dass wir wegen der Benzinersparnis die Kardanwelle abgebaut hatten, um wirklich nur einen 2x4 zu haben, wir hatten die wahnwitzige Idee, die Kardanwelle erst dann einzubauen, wenn wir sie benötigen würden. Mit dem V6 lagen wir so um die 20l/100km, mit ausgebauter Kardanwelle bei ca. 19,5. Ich betone hierzu einmal, dass es recht schwer ist, an einem steilen Hang mit Schotter und Geröll eine Kardanwelle einzubauen, aber dazu komme ich in der nächsten Geschichte.

 

 

Ich hatte mein gesamtes Bordwerkzeug aus unserem Nissan Patrol in den T3 geräumt, ebenso wie Abschleppseile, Gurte, einen Hi-Lift Jack, Kompressor, Kanister und vieles mehr, was wir so brauchen würden. Den Kompressorkühlschrank für das kalte Bier hatte ich gleich als erstes in den Bus geräumt - im heißen, afrikanischen Klima ist kühles Bier sehr wichtig, ihr wisst ja, wertvolle Mineralien und Spurenelemente und Vitamine. Wann auch immer ich versuche, Andrea so etwas zu erklären, verdreht sie die Augen, schüttelt mit dem Kopf und streicht mir mitfühlend über das Haar.

Nach unseren Vorbereitungen und mit gepacktem Bus und Anhänger warteten wir auf die Ankunft unseres Teams. Als ich den Wagen anließ, um alle vom Flughafen abzuholen, hörte ich wieder dieses komische Geräusch des Anlassers, aber war zu aufgeregt, um dem irgendeine Beachtung zu schenken, außerdem wollten wir doch heute noch bis an die heißen Quellen in Tshipise kommen, das ist kurz vor der simbabwischen Grenze. Murphys Gesetz besagt unter anderem, dass z.B. mechanische Fehler im ungünstigsten Moment passieren und wie sollte es in unserem Fall auch wieder anders sein. Unser Team wartete aufgeregt am Flughafen, wir luden alles in das Auto ein und wollten zu unserer Unterkunft und dem Anhänger zurückfahren, aber als ich den Zündschlüssel drehte, klickte es nur, der Bus sprang nicht an. Meine innere Stimme schrie lauthals: "Sch****!" (mehr auch nicht), mein Gesicht setzte ein Lächeln auf und ich erinnere mich noch, dass ich irgendetwas mit "spannend" murmelte. Also mussten am Flughafen schon alle wieder aussteigen und den Bus anschieben. Mir war dabei schon irgendwie klar, dass dies nicht das letzte Mal sein würde. Ich konnte jedoch die ganze Situation unseren neuen Mitreisenden als gutes Teambuilding verkaufen. Da glaubten sie es mir noch.

Der Bus sprang an und wir fuhren los in Richtung Andrea und Anhänger. Ich hatte den Anlasser schon wieder fast vergessen und konzentrierte mich auf den meditativ blubbernden V6, als an einer Ampel jemand aus einem Auto neben uns auf den hinteren Teil des Busses zeigte und wild gestikulierte. Ich dachte zuerst, er findet vielleicht den Bus cool, und winkte mit erhobenem Daumen zurück, aber auf einmal fiel mir die Temperaturanzeige auf, die auf "5 vor 12" stand. Mist! Mir wurde heiß und das Blut stieg mir in den Kopf. Sollte ich jetzt schon wieder eine Ausrede finden? Glück im Unglück - gleich hinter der Kreuzung war eine Tankstelle, da konnte ich mir einmal anschauen, was nun los war. Unser Team sagte nicht viel, manche verleierten ihre Augen, ich wusste nicht, ob es Müdigkeit nach dem Flug war oder Bedenken wegen der Verlässlichkeit unseres T3s. Nehmen wir einfach mal an, es war nur die Müdigkeit.

Ein kurzer Blick von unten zeigte mir: der Motor war eine absolute Ölschleuder und ein Wasserschlauch war einfach abgeplatzt. Anscheinend war wohl kein einziger Tropfen Wasser mehr im Kreislauf, aus dem Schlauch dampfte und zischte es noch etwas, ansonsten rein gar nichts. Toll! Also gut, ich setzte den Schlauch wieder dran, verschraubte die Schelle, machte Witze mit den anderen und füllte Wasser nach. Mit einem Grinsen und einem beruhigendem Rundblick auf unser neues Team warf ich den Motor wieder an und fuhr bis zu unserer Unterkunft, diesmal jedoch war mein Blick auf die Temperaturanzeige fixiert, die auch schon wieder in die Höhe schnellte. Ich runzelte die Stirn, da musste doch etwas faul sein. Aber wir wollten doch heute noch in Richtung Simbabwe aufbrechen!

Naja, man hat ja immer die Erwartung, ein Problem schnell zu lösen, wie sagt man, "Die Hoffnung stirbt zuletzt"! Glück im Unglück, Jirka, einer unserer Mitreisenden, hatte genau so ein technisches Denken wie ich und zusammen begaben wir uns auf Fehlersuche. Dabei flog der Anlasser heraus, den wollten wir untersuchen, unser Verdacht lag auf den Kohlen, die gewechselt werden mussten. Nur mit der Temperatur kamen wir einfach nicht klar. Und dabei sind Dinge manchmal so einfach, es reicht, wenn eine Frau, in diesem Falle Andrea, hinzukommt und mit ihrer weiblichen Unschuld meint, sie könne ja den Ventilator gar nicht hören, ob das denn normal sei. Dann ein verschmitztes Grinsen hinterher und mir wurde wieder einmal klar, warum ich mit dieser Frau zusammen bin. Logisches Denken! Und ein bisschen Glück! (Das sagen wir ihr jedoch nicht!)

Wir nahmen daraufhin den Kühlergrill ab, ich war unter dem Auto, um die Verkabelung des Kühlers zu prüfen, Jirka prüfte den Schalter des Zusatzlüfters im Auto. Man fährt eben gerne mit der Kirche ums Dorf und kommt nicht auf die einfachsten Dinge. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Jirka guten Slivovice mithatte, den wir verkosten mussten. Bitte lacht jetzt nicht, aber das Überhitzen des Busses hatte einen sehr simplen Grund - eine durchgebrannte Sicherung. Daraus habe ich nun gelernt: Als erstes immer den Sicherungskasten kontrollieren!

Den Anlasser hatte ich auf der Werkbank zerlegt, er hatte im Inneren einen Kabelbruch und zusammen mit Bill, unserem Freund in Johannesburg, löteten wir das Ding wieder zusammen. Wir kamen also an diesem Tag definitiv nicht in Richtung Simbabwe, sondern mussten wohl notgedrungen bei Bill übernachten. Für Bill, Jirka und mich auch nicht schlimm - wenigstens konnten wir die eine Flasche Slivovice noch vernichten.

Der nächste Tag kam. Die Ibisse in den Palmen vor Bills Haus schrien schon seit 5 Uhr morgens. Ich wachte auf und fühlte mich bereit, uns alle gnadenlos ins Abenteuer zu stürzen. Auf in das tiefe Afrika, auf in die Wildnis, auf in den Busch! Ich trommelte mit den Fäusten auf meiner Brust und weckte den schlafenden Rest unseres Teams auf. Heute war der Tag! Hmm, der Tag, an dem wir wieder nicht weit kamen. Anlauf Nummer 2 missglückt. Wir hatten alles in den Bus geladen, der Anlasser funktionierte, die Temperaturanzeige blieb im unteren Bereich, der Motor schnurrte und fauchte - na gut, ab und an hustete er auch einmal wie ein alter Mann am Morgen. Wir hatten alle ein Lächeln auf dem Gesicht, der ganze Kontinent lag uns zu Füssen. Und auf einmal roch es nach Furz. Aber nach einem komischen Furz. Ich schaute in den Rückspiegel auf unsere Gruppe und sah, dass da auch jeder die Nase rümpfte. Ich fragte mich, wer von denen ranzige Eier gegessen hatte. Und dann zeigte jemand aufgeregt auf den Rauch, der unter Andreas Sitz hervorqualmte. Wir hatten es gerade einmal 40 km hinter Johannesburg geschafft. Klasse! Ich hielt auf dem Seitenstreifen an und sah mir die ganze Sache einmal an. Viel gab es allerdings nicht zu sehen, bloss eine kochende Batterie. Genau genommen zwei kochende Batterien. Der Bus hatte ein duales Batteriesystem, eine war unter dem Fahrersitz und die zweite unter dem Beifahrersitz. Selbst mein chinesisches Voltmeter schaffte es, mir die 16.5V anzuzeigen, die die Lichtmaschine in die Batterien drückte. Dafür gab es eigentlich nur eine Erklärung: der Laderegler war kaputt. So konnten wir jedenfalls nicht fahren, wir mussten zu Bill zurück und einen neuen besorgen. Ich fing an, innerlich zu fluchen, während ich den Bus meinem Team unbedingt als abenteuerlich verkaufen wollte. Die hatten schon resignierte Gesichter, man glaubte nicht mehr an ein Afrika jenseits von Johannesburg. Aber wir schafften es, wenn auch einen Tag später. Den neuen Regulator bekam ich gleich am Morgen, also schnell einbauen und danach brachen wir auf. Und wir kamen weit! Bis nach Polokwane, 260km weiter nördlich, als es auf einmal nach verbranntem Öl roch. Das war doch schon wieder komisch. Ich erinnere mich, es war eine Art Bergpass, wir hatten einen herrlichen Ausblick auf die umliegende Landschaft - und es roch nach Öl. Der Geruch der Freiheit. Der Geruch entweder eines Landrovers oder eines T3.

 

 

Um die Geschichte kurz zu halten, schließlich ist es ja die erste und es wird noch "spannender": Ich sprang wie immer aus dem Auto (daran sollte ich mich für die nächsten paar Jahre gleich gewöhnen!), legte mich auf den Asphalt (auch daran sollte ich mich gewöhnen) und schaute mir den Motor von unten an. Kein Wunder, dass es nach verbranntem Öl roch, wenn es auch verbranntes Öl war! Diese Ölschleuder leckte aus allen möglichen Öffnungen und Dichtungen. Und da der Auspuff beim T3 gleich unter dem Motor sitzt, tropfte Öl auf den Auspuff und bratzelte vor sich hin wie eine Rostbratwurst auf dem Grill. In Polokwane besorgte ich ein Dichtungsset für den Motor und fing dann an, auf der Tour Stück für Stück die eine oder andere Dichtung zu wechseln. Das tat ich immer abends, wenn die anderen um das Lagerfeuer ihren Spaß hatten. Dann schaute ich immer sehnsüchtig unter dem Auto hervor, auf das knisternde Feuer und die kalten Bierflaschen, bevor ich wieder verzweifelt auf das Drama "T3" vor mir schaute und anfing, leise vor mich hin zu weinen.

Fehler #1: Moral dieser Geschichte, bzw. was habe ich wieder durch harte Realität gelernt? Bevor ihr losfahrt, MÜSST ihr alles kontrollieren. Das Auto muss technisch in Top Zustand sein. Und trotzdem: Wenn etwas schiefgehen kann, dann geht es auch schief. Und das ganz unerwartet! Aber das wisst ihr ja, ansonsten hättet ihr euch nicht für einen T3 oder ein ähnliches, antikes Meisterstück entschieden!

 

 

 

 

3. Wie wir den Lower Zambezi bezwangen

Wie ich bereits erwähnt hatte, werde ich nicht chronologisch schreiben, vielmehr reihe ich die Geschichten eher willkürlich aneinander, macht auch Sinn, denn es ist ja nicht so, dass wir permanent mit Pannen, Motorenproblemen, Getriebeversagen, Ölverlust oder Bremsausfall zu kämpfen haben. Aber es gab diese Abende im Busch, an denen ich irgendwie am oder unter dem Auto etwas machte. Der Motorraum entwickelte sich langsam zu meiner "man cave", meiner Männerhöhle, wo ich alleine die meiste Zeit verbrachte. Ich war ja immer noch damit beschäftigt, den permanenten Ölfluss etwas einzudämmen und aufzuhalten und hier und da Dichtungen auszuwechseln, damit es durch das tropfende Öl nicht immer nach Frittenbude roch. Wer im T3 einen sensiblen Magen hat, sollte nicht auf der hinteren Sitzbank sitzen, wo der Motor so schön vibriert. Und wenn dann noch ein Ölgeruch hinzu kommt, dann wird es mitunter kritisch.

Abgesehen davon konnten wir eigentlich nur bestätigen, dass der T3 wohl ein sehr beruhigendes Auto sein musste, Andrea tippte mich oftmals an, grinste und zeigte nach hinten. Im Rückspiegel sah ich dann, dass die gesamte Besatzung wieder einmal friedlich am Schnarchen war und ihnen selbst die faszinierendste afrikanische Landschaft völlig egal war. Wir hätten im Jurassic Park durch eine Herde Brontosaurier durchfahren können, das hätte hinter uns keiner mitbekommen. Diese Inaktivität gefiel mir nicht, ich musste mir etwas ausdenken, um das gesamte Team ein bisschen körperlich zu fordern. Im Nachhinein denke ich, Andrea und ich hätten das mal lieber nicht zu laut denken sollen. Ich habe gelernt, dass man vorsichtig sein soll mit dem, was man sich wünscht. Als wir dann im Lower Zambezi am Bergpass steckenblieben, wurde es mir wieder einmal klar...

Als wir Lusaka verließen, waren wir bester Laune, die Sonne schien (gut, in Afrika macht sie auch nichts anderes!), der Bus lief, unser Hänger war noch dran und für uns ging es in Richtung Abenteuer. Mein Schädel brummte, denn wir alle hatten gestern die Ankunft des neuen Teams in Lusaka gefeiert, ich schaute miserabel zu Andrea herüber, sie lachte mich nur aus und meinte, dass ich mir das selber eingebrockt habe, ich sollte Wasser trinken und mich auf das Fahren konzentrieren. Also richtete ich meine blutunterlaufenen Augen wieder auf die Straße. Wenn man von Sambias Hauptstadt aus in Richtung Osten fährt, dann gibt es nur ein sehr dürftiges Netz an Tankstellen, man sollte unbedingt seine Kanister auffüllen, um nicht zwischendrin irgendwo auf dem Schwarzmarkt kaufen zu müssen. So sieht die Theorie aus. Die Praxis: René denkt an ein kühles Bier am Abend und vergisst natürlich, die Kanister vollzutanken.

Irgendwann auf der Strecke ging uns dann fast der Sprit aus, aber glücklicherweise kamen wir durch ein Dörfchen mit einem Markt durchgefahren. Die Frauen wurden eh schon nervös und wollten über den kribbelbunten Markt laufen,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: René Bauer und Andrea Kaucká
Bildmaterialien: René Bauer und Andrea Kaucká
Cover: René Bauer
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2021
ISBN: 978-3-7487-7145-6

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